Protokoll der Sitzung vom 27.10.2008

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sondersitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien ebenfalls recht herzlich.

Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags auf Antrag der Fraktion DIE LINKE einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in Drucksache 4/4532 vor.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Abgeordnete Wolf. Die Rednerliste führt Abgeordnete Wackernagel.

Für die heutige Sitzung haben sich Herr Minister Wucherpfennig, Frau Abgeordnete Enders, Herr Abgeordneter Kubitzki und Herr Abgeordneter Gentzel entschuldigt.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung widersprochen? Das ist nicht der Fall, dann ist die Tagesordnung festgestellt und ich rufe unseren einzigen Tagesordnungspunkt heute auf

Auswirkungen der Finanz- marktkrise auf Thüringen, seine Bürger, die Wirtschaft und die öffentlichen Haus- halte sowie Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4531 - dazu: Alternativantrag der Frak- tion der SPD „Zügige und kraftvolle Maß- nahmen zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise und deren Folgen“ - Drucksache 4/4554 - dazu: Alternativantrag der Frak- tion der CDU „Auswirkungen der Finanz- marktkrise auf Thüringen, seine Bürger, die Wirt- schaft und die öffentlichen Haushalte sowie Maßnah- men zur Bekämpfung der Krise“ - Drucksache 4/4555 -

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung zu ihrem Antrag? Das ist nicht der Fall. Wünschen die Fraktionen der SPD und der CDU das Wort zur Begründung zu ihren Alternativanträgen? Das ist auch nicht der Fall.

Dann möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Landesregierung angekündigt hat, zu den Berichtsersuchen einen Sofortbericht zu geben. Ich erteile deshalb das Wort zuerst Herrn Ministerpräsidenten Althaus und daran anschließend Frau Ministerin Diezel. Bitte, Herr Ministerpräsident Althaus.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Thüringer Landtag befasst sich heute in dem Plenum mit der Finanzmarktkrise, die uns seit einigen Wochen international, national, aber natürlich auch hier in Thüringen bewegt. Was auf den Finanzplätzen der Welt an den Börsen und Banken im Gang ist und auf die Realwirtschaft überschwappt, stellt uns alle vor eine besondere Bewährungsprobe. Es handelt sich, das kann man so formulieren, um eine außergewöhnliche Krise und die Politik hat zügig gehandelt. Ich will die Entwicklung der Krise jetzt nicht in allen Einzelheiten nachzeichnen, wichtig scheint mir, dass wir alles Erdenkliche und Mögliche tun, damit unser Finanzsystem und damit unser Wirtschaftssystem nicht zusammenbricht. Wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen und nichts tun, sind die Folgen im Besonderen für Arbeitnehmer, aber auch für Unternehmen und im Besonderen auch für die Sparer verheerend. Demagogie, Lamento und reflexartige Schuldzuweisungen helfen hier nicht weiter. Wir müssen Schaden von der deutschen Volkswirtschaft abwenden im Interesse aller Bürger. Jetzt geht es darum, durch staatliche Garantien, durch gemeinsames staatliches Handeln das Vertrauen zu erhalten oder, wo es verloren gegangen ist, zurückzugewinnen, Vertrauen der Bürger, Vertrauen der Unternehmer in das deutsche Bankensystem.

Ich meine, die Bundesregierung unter Führung der Bundeskanzlerin hat ein überzeugendes Krisenmanagement geleistet; das schafft Vertrauen in Deutschland. Die Deutschen lassen ihr Geld auf den Konten, sie verfallen trotz der Krise nicht in Hysterie und Angst und das ist der Arbeit des Bundeskabinetts, vor allem dem souveränen Auftreten, der großen Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit des Duos Merkel/Steinbrück zu verdanken.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, auch der Föderalismus hat sich in dieser Notsituation bewährt. Bund und Länder haben gemeinsam bewiesen, dass unsere föderale Ordnung auch außergewöhnlichen

Herausforderungen gewachsen ist. Wir haben schnell und solide gehandelt.

(Beifall CDU)

Ich will auf einiges kurz eingehen und Frau Kollegin Diezel wird dann im Detail vertiefen. Am 17. Oktober haben der Deutsche Bundestag mit deutlicher Mehrheit und der Bundesrat einstimmig das Finanzmarktstabilisierungsgesetz beschlossen; ein beispielloses Rettungspaket, um den deutschen Finanzmarkt zu sichern. Das Vorgehen ist, wie Sie alle wissen, auch eng mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union und den G 7-Staaten abgestimmt. Das Gesetz hat vor allem zwei Ziele:

Erstens soll damit das Vertrauen in das Finanzsystem wiederhergestellt werden und zweitens soll damit der sogenannte Interbankenmarkt wieder aktiviert werden. Dabei sollen die Maßnahmen, wenn überhaupt, die deutsche Volkswirtschaft und die Steuerzahler nur minimal belasten. Das Paket bietet Sicherungsmöglichkeiten, mobilisiert aber auch Eigenverantwortlichkeit. Die geplanten Maßnahmen sehen vor, dass die Finanzinstitute ihr Eigenkapital stärken und Liquiditätsengpässe durch staatlich abgesicherte Garantien beheben können. Das Angebot ist nach Gesetz befristet bis zum 31. Dezember 2009.

Der sogenannte Finanzmarktstabilisierungsfonds hat drei Komponenten: Die Rekapitalisierung, die Garantieermächtigung und die Risikoübernahme. Mit Bürgschaften und Kapitalhilfen im Umfang von bis zu 480 Mrd. €, im Extrem bis 500 Mrd. €, will die Bundesregierung die Finanzmarktbranche unterstützen. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Garantieposition von 400 Mrd. € für Geschäfte von Bank zu Bank. Der Staat springt erst ein, wenn ein Kredit platzt. Der Bund veranschlagt dafür 20 Mrd. €. Außerdem soll ein Sonderfonds bis Ende des nächsten Jahres Banken Eigenkapital von bis zu 80 Mrd. € bereitstellen. Institute, die den Fonds in Anspruch nehmen wollen, müssen dafür aber Gegenleistungen erbringen. Dazu ist der § 10 besonders wichtig, denn - das ist auch eine wichtige politische Aussage - der Staat stellt Anforderungen, zum Beispiel zur Verwendung der Mittel oder wie die Gremien und die Verantwortlichen in einer Bank in einer solchen Situation vergütet werden. Er stellt auch Anforderungen an mögliche Ausschüttungen. Das ist wichtig, damit die berechtigte Sorge, die auch in Thüringen überall diskutiert wird, dass die Verantwortung der Manager in den entsprechenden Banken nicht wahrgenommen wird, dass sie aber trotzdem entsprechend hohe Vergütung bekommen, nicht einzeln erfüllt wird, sondern dass es umgekehrt dann Finanzhilfe gibt, wenn auch eine Managerverantwortung wahrgenommen wird und wenn sich auch die Vergütung der Manager an Regeln orientiert, die der Staat vor

gibt.

(Beifall CDU)

Falls es zu Defiziten aus dem Fonds kommen sollte - ich spreche bewusst im Konjunktiv, weil das heute niemand abschätzen kann -, werden sie im Verhältnis 65 : 35 zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Ich mache ausdrücklich deutlich, dieser Verteilungsschlüssel ist eine Ausnahme, der der gesamtstaatlichen Notsituation geschuldet ist. Bund und Länder sind einig geworden, dass wir das auch festlegen. Es gibt ein Schreiben des Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, der darauf verweist, und es gibt eine entsprechende Reaktion des Bundeskanzleramts. Wir haben eine Deckelung der möglichen maximalen Belastung erreicht, sie liegt bei 7,7 Mrd. €. Das ist immer noch eine große Summe, aber erstens haben wir so Planungssicherheit und zweitens haben wir für die Abwicklung und Auflösung des Fonds auch Mitsprache gesichert. Ich bin sehr froh, dass wir uns als Länder einstimmig entscheiden konnten, Kurt Biedenkopf in den Lenkungsausschuss zu entsenden. Er vertritt Landesinteressen und ist als Volks- und Finanzwirt ausgewiesener Fachmann.

Außerdem haben wir erreicht, dass für Landesbanken oder Zweckgesellschaften, aber auch Finanzinstitute des Bundes die Länder bzw. der Bund entsprechend der jeweiligen Anteile die Verantwortung tragen. Auch das war ein Streitpunkt, der gut aufgelöst worden ist. In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass nach aktuellen Erkenntnissen die Hessisch-Thüringische Landesbank im Grundsatz eine solide Finanzsituation aufweist. Ein Beispiel dafür, dass das auch national so gesehen wird, ist, glaube ich, dass der frühere Vorstandsvorsitzende Dr. Günther Merl jetzt dem Bewilligungsausschuss vorsitzt, auch eine Wertschätzung seiner Arbeit, aber auch der Arbeit der Hessisch-Thüringischen Landesbank.

(Beifall CDU)

Ich will an dieser Stelle etwas zur Wahrscheinlichkeit möglicher Verluste sagen, weil die Spanne aller denkbaren Szenarien sicher sehr breit ist. Die Bundesregierung hat sich an den Erfahrungen Schwedens Anfang der 90er-Jahre orientiert. Nachdem alle Risiken überstanden waren und abgerechnet wurde, hat der Staat nicht eine einzige schwedische Krone verloren. Sicher anders als damals beschränkt sich jetzt die Finanzmarktkrise nicht nur auf ein Land, sondern hat eine globale Dimension, aber gleichwohl kann man auch Parallelen ziehen. Nach heutigem Kenntnisstand ist es nicht wahrscheinlich, dass die öffentlichen Haushalte das gesamte Paket im Umfang von 480 Mrd. € finanzieren müssen. Experten gehen - und so ist es auch im Gesetz verankert -

von einer Summe bis 20 Mrd. € aus. Sollte aber der worst-case-Fall eintreten und der Staat für Verluste aus dem Rettungspaket haften, müsste der Freistaat Thüringen rund 184 Mio. € zahlen - eine Belastung, die für Thüringen einen enormen Kraftakt bedeutet, das wissen wir alle, wenn wir unseren Haushalt anschauen. Ich will das auch gar nicht schönreden, aber es ist ein außergewöhnlicher Erfolg, dass wir eine Deckelung der Risiken erreicht haben und sie auf ein Niveau begrenzen konnten, das über Jahre auch tragbar ist.

Neben der möglichen Beteiligung Thüringens am Rettungspaket muss es vor allem darum gehen, weiterhin unsere regionale Wirtschaftsstruktur zu stärken und zu verbessern, denn wettbewerbsfähige Unternehmen sind auch für die Zukunft der wichtigste Garant für Arbeitsplätze. Und gerade in Krisenzeiten wie der jetzigen beweist sich, dass die Thüringer Mittelstandsstruktur eine solide Grundlage bietet.

Aber auch Schönrechnerei hilft nicht. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft hat sich deutlich abgeschwächt. Die Finanzmarktkrise befördert diese Entwicklung.

Gleichwohl müssen wir auch aufpassen, dass wir nicht den Teufel an die Wand malen. Die Experten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, der Bundesregierung, der Bundesbank, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages sind sich einig, ich zitiere beispielgebend den Hauptgeschäftsführer der IHK Erfurt: „Populistische Ausgabenerhöhungen und ein Aktionismus in Einzelbranchen werden derzeit als Konjunkturprogramme verkauft, erhöhen aber nur die Staatsverschuldung.“ Nachhaltige Investitionen - so sind wir der Meinung - und gezielte Entlastung sind wichtig. In diese Richtung zielen ja auch die Punkte, die die Bundesregierung derzeit diskutiert. Ich spreche nur einige an - steuerliche Absetzbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge schon auf 2009 vorziehen, das entlastet das private, aber auch das unternehmerische Budget;

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das entlastet nicht.)

die Lohnnebenkosten zu senken, Arbeitslosensicherungsbeitrag, der Beschluss ist gefasst; die KfzSteuer von der Hubraum- auf die CO2-Bemessung umzustellen oder auch die CO2-Gebäudesanierung nochmals deutlich zu erhöhen. Außerdem wird über einen kommunalen Investitionspakt diskutiert, über die Förderung stromsparender Elektrogeräte und Infrastrukturinvestition.

Wir als Thüringer Landesregierung bleiben bei unserer Investitionspolitik, die die großen Ziele Bildung,

Forschung, Entwicklung und Wirtschaft haben. Ich erinnere an das Gesamtpaket von weit über 2,8 Mrd. € in vier Jahren, das genau an diesen Nahtstellen zwischen Wirtschaft, Forschung, Entwicklung und Technologie greift.

(Beifall CDU)

Wir wollen aber auch, dass die vorhandenen Instrumente sich in dieser Situation anpassen:

1., dass man zum einen das sogenannte GuW-PlusProgramm öffnet. Dazu muss man nicht mehr Geld in die Hand nehmen, sondern muss in der heutigen Situation die Konditionen prüfen.

2., dass wir die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen durch den gezielten Einsatz der Bürgschaftsprogramme des Freistaats stützen. Auch dazu gibt es die entsprechenden Programmmöglichkeiten.

3. Wir wollen mit dem Bund darüber reden, dass wir die Anwendung der Förderinstrumente der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ebenfalls durch eine erleichterte Anwendung der Situation entsprechend anpassen. Wir werden auch mit Nachdruck gerade in dieser Situation für die Reform der Erbschaftssteuer einstehen; denn die mittelständische Wirtschaft - gerade die Thüringer - und das Handwerk brauchen eine solche Reform, um ihre Eigentumsstruktur auch in die nächste Generation überführen zu können.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort zur Föderalismuskommission II und ihrer Arbeit sagen. Wir wollten ursprünglich vor 14 Tagen in die entscheidenden Verhandlungen eintreten. Das wird nun um etwa einen Monat verschoben durch die Situation, aber die Thüringer Landesregierung rückt von ihrer Position in einer entscheidenden Frage nicht ab. Wir wollen nach wie vor ein grundsätzliches Neuverschuldungsgebot; denn das schließt gerade ein, dass man in Notsituationen wie dieser handeln kann. Ein Haushalt darf nicht in Stein gemeißelt sein und diese Situation, die der Bund jetzt durch seine Vorlage so bewältigt, zeigt, dass in Ausnahmesituationen wie dieser Finanzmarktkrise schnell gehandelt wird. Diese Flexibilität steht nicht im Widerspruch zu einem grundsätzlichen Neuverschuldungsgebot. Wichtig ist, dass eine solide Abfinanzierung mit festgelegt wird, und auch da zeigt die jetzige Regelung mit der Deckelung, dass wir einen solchen Weg gehen können.

(Beifall CDU)

Thüringen hat eine, wie Sie alle wissen und in Ihren Regionen tagtäglich nachvollziehen können, sehr kleinteilige Wirtschaftsstruktur. Unser Mittelstand hat sich sehr solide entwickelt und, Gott sei Dank, ist das Ergebnis am Arbeitsmarkt entsprechend positiv. Wir haben, so meine ich, wie der Bundesfinanzminister formuliert hat, die größten Brände gelöscht oder sind dabei, die größten Brände zu löschen, aber diese Krise hat auch dreierlei deutlich gemacht:

1. Es war richtig und bleibt richtig, an der Drei-Säulen-Struktur unseres Bankensystems in Deutschland festzuhalten: private Banken, Genossenschaftsinstitute und Sparkassen. Das ist eine solide Grundlage in einer internationalen Finanzwirtschaft und es zeigt sich auch im europäischen Kontext, dass es richtig war, gerade für die Sparkassen einzustehen und die Sparkassen zu sichern.

2. Diese Krise zeigt ganz eindeutig, wir müssen europäisch und international handeln. Es geht nicht so sehr um deutsche Finanzmarktregeln, die sind außergewöhnlich gut und haben sich auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer als handlungsfähig erwiesen.

3. Die soziale Marktwirtschaft hat einen Ordnungsrahmen, der einzuhalten ist. Das heißt, wir brauchen nicht eine Veränderung der sozialen Marktwirtschaft, sondern umgekehrt, wir brauchen eine stärkere Akzeptanz der Regeln der sozialen Marktwirtschaft auf europäischem und vor allen Dingen auf internationalem Gebiet. Deswegen hat die Bundeskanzlerin sehr recht, was sie schon in der Zeit der EU-Ratspräsidentschaft deutlich gemacht hat: Wir brauchen an dieser Stelle internationale Absprachen. Die Dringlichkeit ist jetzt, ich denke, existenziell deutlich geworden. Was wir brauchen, ist aber nicht Staatswirtschaft oder staatlichen Dirigismus, sondern wir brauchen eine Ordnung der Zukunft, die auch international angewandt wird; denn gerade die Finanzwirtschaft der USA zeigt, dass dort eine erhebliche Nachbesserung im Blick auf finanzielle Ordnungsrahmen und wirtschaftliche Ordnungsrahmen gerade auch für die kleinen Sparer und die kleinen Immobilienbesitzer von großer Bedeutung ist, denn der Verlust dieser Immobilien und finanziellen Grundlage vieler in den USA führt zu einer erheblichen Liquiditätsproblematik, führt aber auch im individuellen Fall zu einer erheblichen Belastung für den Einzelnen, das heißt, ein internationales Regelwerk, das Durchsichtigkeit, Redlichkeit und Kontrollierbarkeit gewährleistet, das gleiche Chancen im internationalen Wettbewerb für das deutsche Bankensystem, für die deutsche Wirtschaft und damit auch für die Thüringer Wirtschaft sichert. Ein Regelwerk, das auch, und das will ich deutlich sagen, die Verantwortung des Managements klar definiert und bei Verstößen auch entsprechende Konsequenzen einfordert. Die Bundesregierung hat

das mit „Verkehrsregeln“ überschrieben. Es gibt erste Verhandlungen, die Anfang und Mitte November auch international verstärkt werden. Das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit des Staates und die Zukunftsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft auch damit in die Überlegenheit der Demokratie fordert uns alle. Denn zur Freiheit gehört auch Sicherheit und auch die Sicherheit für persönlich Erarbeitetes, das solide gespart und angelegt ist, gehört zu dieser Sicherheit. Hierfür steht die klare, unmissverständliche Zusage der Bundesregierung. Und wir sehen in dieser Situation überhaupt nicht, dass ein ideologisches Süppchen gekocht werden kann oder dass - wie das im Antrag auch deutlich wird - die LINKE hier eine neue politische Ordnung einfordert. Ich halte das sogar für verwerflich. Das ist eine Krisensituation, der wir gerade mit unserer Systematik in der Demokratie gewachsen sind, soziale Marktwirtschaft mit klaren Regeln bewältigen können. Das heißt, wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Wir handeln, um die Krise zu bewältigen. Aber ich bitte auch, dass wir das gemeinsam tun. Es ist die Aufgabe aller Demokraten, der wir uns mit gemeinsamer Kraftanstrengung stellen.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Frau Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident hat auf die wesentlichen Neuerungen für den deutschen Finanzmarkt hingewiesen. So soll die Garantie der Bundesregierung für die privaten Spareinlagen das Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern wieder herstellen. Wie notwendig diese Garantie war und ist, zeigt eine aktuelle Umfrage des Allenbach-Instituts vom 22.10.2008, in der knapp ein Viertel das große Vertrauen in Banken verloren hat.

Seit einer Woche nun ist das Finanzmarktstabilisierungsgesetz in Kraft getreten, um vor allem das Interbankengeschäft, das heißt den Handel der Banken untereinander, aufrechtzuerhalten und wieder zu beleben. Es war wichtig, dass der Bund und die Länder mit diesen Maßnahmen ein Signal für Stabilität und Verlässlichkeit des Finanzplatzes Deutschland setzen. Diese Stabilisierung musste in gesamtstaatlicher Verantwortung durchgeführt werden. Der Freistaat Thüringen hat deshalb im Bundesrat dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz unter Wahrung der Thüringer Belange zugestimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Lage an den Finanzmärkten ist sehr ernst.

Aber wie konnte es überhaupt dazu kommen? Seit Anfang 2000 erlebt der Markt für Wohnimmobilien in den Vereinigten Staaten von Amerika einen starken Aufschwung. Maßgeblich begünstigt wurde diese Entwicklung durch expansive Geldpolitik der amerikanischen Notenbank. Dadurch kam es zu einem ungewöhnlich niedrigen Zinsniveau von zwischenzeitlich 1 Prozent. Im großen Umfang konnten auch Bürger mit geringer Bonität ihre Eigenheime finanzieren. Die Immobiliennachfrage führte zu erheblichen Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt. Solange der Wert der Immobilien stieg und die Zinsen stabil niedrig blieben, konnten Immobilienbesitzer auf ihre Grundstücke sogar zusätzliche Konsumkredite aufnehmen. Die schnellen Preisanstiege im Immobiliensektor verleiteten eine Vielzahl von Kreditinstituten, ihre Risiken bei der Kreditvergabe gering zu gewichten. So vergaben sie sogar Kredite an Schuldner mit mangelhafter Bonität, die sogenannten SubprimeKredite. Das wäre in Deutschland in dieser Weise völlig undenkbar. Kreditvergabestandards sind ein unverzichtbares Erfordernis für ein funktionierendes Finanzsystem.

(Beifall CDU)

Auf diese Standards haben wir in Deutschland nie verzichtet. Vielmehr ist und bleibt in Deutschland die Bonität des Kunden für die Kreditvergabe das Ausschlaggebende. Dies verhindert in Krisenzeiten unüberschaubare Ausfälle. In diesem Zusammenhang tragen auch oftmals die als lästig und überflüssig empfundenen Auskünfte von SCHUFA oder BÜRGEL für einen Schutz in der Kreditvergabe bei.