Protokoll der Sitzung vom 13.07.2007

Der Länderfinanzausgleich steigt noch einmal um 30 Mio. € bei uns, die wir mehr von den anderen Ländern bekommen. Das belegt, dass die wirtschaftliche und die Einnahmedynamik in den anderen Bundesländern stärker ist als in Thüringen. Thüringen zehrt also in nicht unerheblichem Umfang von der besseren Einnahmeentwicklung anderswo. Der derzeitige wirtschaftliche Boom in Deutschland geht sicher auf viele Faktoren zurück, der entscheidende ist die Auslandsnachfrage. Die wirtschaftliche Entwicklung in Asien ist ganz entscheidend für den Aufschwung in Europa, für den Aufschwung in Deutschland und auch für den Aufschwung in Thüringen. Die Politik hat daran einen eher bescheidenen Anteil. Dass Sie, Frau Finanzministerin, aber heute die Einkommens- und Unternehmenssteuerreform der letzten Bundesregierung, den Subventionsabbau von RotGrün und die Blockadepolitik der unionsregierten Bundesländer aus Ihrer Betrachtung total ausgeblendet haben, zeugt nicht von Großmut.

Der Vizepräsident des Internationalen Währungsfonds, John Lipsky, brachte es im Handelsblatt-Interview im März 2005 auf den Punkt. Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Zustimmung: „Es gibt keinen Zweifel, dass in Deutschland die Reformen der letzten Jahre jetzt Früchte tragen.“

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns zu den Parametern dieses Doppelhaushalts kommen. Beginnen wir mit der Investitionsquote: Im Jahr 2008 16,44 Prozent, 2009 16,14 Prozent. Schauen wir noch einmal auf die zurückliegenden Jahre. Im Jahr 2002 hatten wir 22,54 Prozent geplant, das Ist war aber nur 19,74 Prozent. Im Jahr 2003 waren 20,22 Prozent geplant, das Ist lag aber nur bei 19,23 Prozent. Jetzt könnte ich die ganze Reihe fort

setzen. Jedes Jahr immer das Gleiche. Beim Soll- und Ist-Vergleich sehen wir, wie Schein und Wirklichkeit bei dieser Landesregierung zusammenliegen. Jedes Jahr haben Sie die Investitionsquote geschönt und in diesem Jahr wollen Sie die Mittel jetzt auf 16 Prozent senken, die sie für Investitionen zur Verfügung stellen. Das ist erst einmal deutlich weniger als in den vergangenen Jahren und dann stellt sich die Frage: Können wir die Zahlen dieses Mal glauben oder haben Sie sie wieder geschönt und nehmen sie nachher wieder als Einsparung für andere Zwecke?

Die Investitionsquote belegt die Mittel, die unmittelbar der Wirtschaft zufließen. Das sind Arbeitsplätze in Thüringen, die da dranhängen. Und Sie nehmen diese Zahlen Jahr für Jahr nach unten. Was ist das für eine Wirtschaftspolitik? Das ist Ihr Zeichen an die Menschen in Thüringen. Das ist genauso schlecht für die Wirtschaft wie die Zurückweisung der Bundesmittel bei der Gemeinschaftsaufgabe, die sich ja inzwischen auch schon auf einen dreistelligen Millionenbetrag summiert haben. Ich hoffe, dass wir bei den jetzigen Steuereinnahmen wenigstens in der Lage sind, dass nicht wieder Bundesmittel nicht angenommen werden und unserer Wirtschaft vorenthalten werden.

Dramatischer noch als bei der Investitionsquote sieht es bei der Personalausgabenquote aus. Hier belegt Thüringen aufgrund hinausgeschobener Strukturreformen seit Jahren den letzten Platz unter den deutschen Flächenländern. Das muss die Finanzministerin so gewurmt haben, dass nun der Vergleichbarkeit mit anderen Ländern ein Riegel vorgeschoben wurde. Die Personalausgaben für die Hochschulen werden ab 2008 als Zuschüsse ausgewiesen und erscheinen nicht mehr als Personalausgaben. So wird eine Quote geschönt, so wird die Öffentlichkeit hinters Licht geführt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Pensionslasten steigen dramatisch an - ich hatte es vorhin erwähnt - 33 Mio. € sind für 2007 vorgesehen, 45 Mio. € sind es schon 2008 und 50 Mio. € 2009. So geht das steil weiter und es ist keine Vorsorge getroffen. Das wird uns in den kommenden Jahren bei den schweren Aufgaben ab 2010 wie ein Bleigewicht am Bein hängen, was jährlich schwerer wird.

Wir haben schon so eine Last zu buckeln - die Zinsausgaben. 2008 sind 708 Mio. € vorgesehen und 2009 sollen sie auf 720 Mio. € steigen. Die Steigerung resultiert natürlich aus Umschuldung bei derzeit wieder steigendem Zinsniveau. Wir leisten es uns aber, über 700 Mio. € im Jahr nur für Zinsen auszugeben. Das tut weh, und das alles wegen ei

ner verfehlten Politik der letzten Jahre. Deshalb sage ich, die Doppel-Null ist wichtig, aber sie ist nicht genug.

(Beifall bei der SPD)

Das Minimalziel muss es sein, ein Ansteigen der Pro-Kopf-Verschuldung zu verhindern. Wenn wir keine neuen Kredite aufnehmen, steigt die Pro-KopfVerschuldung weiter, da die Bevölkerungszahl in Thüringen schrumpft. Wir haben zum Jahresende 2007 eine Pro-Kopf-Verschuldung von 6.870 € pro Einwohner vorgesehen. Sie wird Ende 2008 bei 6.940 € und Ende 2009 bei 7.010 € pro Einwohner liegen, ohne dass wir 1 € zusätzlichen Kredit aufnehmen. Um den Stand Ende 2007 in den Folgejahren zu halten, hätte der klitzekleine Betrag von 16 Mio. € jährlich getilgt werden müssen. Bei den sprudelnden Steuerquellen, die wir haben, hat die Regierung diesen kleinen Tilgungsbetrag nicht vorgesehen. Ich halte das für frevelhaft.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen Erfolge der Landesregierung nicht schlechtreden, wir wollen auch Erfolge bei einzelnen Reformmaßnahmen, die Sie durchgeführt haben, durchaus anerkennen, aber in wichtigen Feldern hat die Landesregierung ihre Arbeit nicht erledigt, ist mit ihren Maßnahmen steckengeblieben oder zurückgepfiffen worden, weil sie nicht rechtssicher waren. Deshalb sind die Parameter, die ich gerade eben genannt habe, so ernüchternd. Wir hatten gestern eine große Debatte über Behördenstrukturreform und über die zahlreichen offenen Baustellen, die die Regierung hat, und über die Gebietsreform - dazu will ich heute gar nichts sagen. Ich will nur noch ein Zitat hinzufügen, und zwar aus einem Artikel der „Thüringer Allgemeinen“, überschrieben mit „Verschenkte Zeit“. Frau Präsidentin, ich zitiere: „Alles ist der Machtsicherung untergeordnet, in Partei, Parlament, Kabinett. Was das Land voranbringt, mag wohl wichtig sein, aber es kommt erst danach.“ Traurig!

Meine Damen und Herren, mit dem jetzigen Doppelhaushalt vollzieht die CDU einen Strategiewechsel. Bisher wurde der Rotstift bei Einzeltiteln angesetzt - mal 5 Mio. € da gestrichen, mal 8 Mio. € dort gekürzt. Das Blindengeld möchte ich nennen, Lernmittelfreiheit, Theater und Orchester. Jetzt kommt der Befreiungsschlag. Mit einer Großattacke sollen jährlich 200 Mio. € eingebracht werden. Ich rede von dem schamlosen Griff in die Taschen der Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Verschleiert wird das Ganze in einem Zahlenwirrwarr, so dass jegliche Vergleichbarkeit mit dem bisherigen Kommunalen Finanzausgleich nicht mehr möglich ist. Mit einer Unverfrorenheit versuchte die Landesregierung, die Kommunen über den Tisch zu ziehen. Landrat Dohndorf aus Ihrer Partei sprach von massiven Fehlern bei der Finanzbedarfsentwicklung.

Der Trick, der vollzogen wird, heißt Korridorbildung. Nicht dass wir etwas gegen Korridorbildung hätten, das wäre sogar sinnvoll, die Frage ist natürlich: Wie gestaltet man den Korridor? Wenn man aber den Korridor wie Sie „50 - 100“ nimmt, bei dieser Korridorbildung wurden hohe Ausgaben auf den Durchschnittswert abgesenkt und sehr niedrige Werte auf die Hälfte des Durchschnittswerts angehoben. Auf diese Weise lassen sich Mittelwerte nach unten rechnen und genau das war Ihr Ziel. Laut Berechnungen des Landkreistags führt die Korridorbildung à la Landesregierung zu Einnahmeverlusten von über 200 Mio. € pro Jahr zuungunsten der kommunalen Familie. Dazu kommen dann die ganzen ungelösten Probleme bei der Kommunalisierung, die alle ins Haushaltsbegleitgesetz gepackt sind. Die finanziellen Folgen für die Kommunen dort sind noch unübersichtlich. Wir werden ja dann vielleicht noch Näheres darüber in den Beratungen erfahren. Ich möchte für meine Fraktion auf jeden Fall schon mal beantragen, dass das Haushaltsbegleitgesetz nicht nur an den Haushaltsausschuss überwiesen wird, sondern auch an den Innenausschuss, den Umweltausschuss, den Sozialausschuss und den Bildungsausschuss.

Meine Damen und Herren, dann gab es ja zum Glück für die Kommunen diese Nachbesserung, aber nur für 2008 und 2009. Der Kern dieser Nachbesserung ist die Spitzabrechnung; das sind Mittel, die den Kommunen laut Gesetz sowieso zustehen. So sind die Kommunen mit dem jetzigen Kommunalen Finanzausgleich für 2008 und 2009 finanziell gut bedient - da gebe ich Ihnen vollkommen recht - und bis nach der Wahl sind sie ruhiggestellt oder wollen Sie sie ruhigstellen mit einer Revisionsklausel. Aber ab 2010 schlägt die Reduzierung im Kommunalen Finanzausgleich voll zu und dann haben die Kommunen schlechte Karten. Die Bedarfberechnung ist das entscheidende Kriterium und wenn die nicht geändert wird, dann fehlen den Thüringer Kommunen im Jahr 2010 und in den Folgejahren - welch Wunder, nach der Landtagswahl - dann jährlich 200 Mio. €, 200 Mio. € weniger Jahr für Jahr.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in einigen Bereichen zieht sich der Freistaat komplett aus der Finanzierung zurück. Das betrifft die Schulsporthallen, die öffentlichen Bibliotheken, die Musik- und Jugendkunstschulen.

Die Mittel, die bisher veranschlagt waren, werden jetzt im Kommunalen Finanzausgleich ausgewiesen, sie sind in der Schlüsselmasse enthalten. Das ist ja vom Prinzip her gut, dass man das so macht ist ja auch richtig, aber dann hätte die Schlüsselmasse entsprechend erhöht werden müssen und nicht, dass man einfach sagt, die sind darin enthalten. Da das nicht der Fall ist, ist zwar der Freistaat fein raus, aber die Kommunen haben den schwarzen Peter. Nun wird es einige geben, die finanziell in der Lage sind, alles fortzuführen wie bisher, und das wegdrücken können; es wird aber andere geben, in denen wichtige Einrichtungen den Bach runtergehen. Das müssen wir wissen für die nächsten Jahre.

Meine Damen und Herren, positive Dinge sind von der Finanzministerin genannt worden. Hochschulfinanzierung erkennen wir an, die Mittel für Wissenschaft und Forschung zu steigern, ist der richtige Weg. Es gibt aber auch genug Einzeltitel, bei denen die Landesregierung weniger gut aussieht. Ich will nur mal ein paar nennen. Beginnen wir mal bei den Verbraucherzentralen. In vergangenen Haushalten wurden die Mittel drastisch gekürzt, jetzt wird der Ansatz wieder erhöht. Die Praxis hat gezeigt, dass die Verbraucherzentralen mit so wenig Geld einfach nicht überlebensfähig sind. Das haben wir Ihnen vor zwei Jahren auch schon gesagt, da wollten Sie es nicht hören. Beispiel Tourismus: Die Erhöhung an der einen Stelle wird bei der Förderung der touristischen Infrastruktur außerhalb der Gemeinschaftsaufgabe wieder gekürzt. Aber das ist genau das falsche Signal, weil es notwendig ist, touristische Highlights in Thüringen zu schaffen und zu fördern. Schauen wir uns die Förderung von Maßnahmen zur sparsamen, rationellen und umweltverträglichen Energienutzung an. Null steht im Haushalt; es steht wieder null im Haushalt. Der Ministerpräsident - schade, dass er bei der Haushaltsdebatte, einer der wichtigsten im Jahr, hier nicht anwesend ist - lässt sich feiern bei Spatenstichen für Solarfabriken, wo es um Zukunftsenergien geht, er lässt sich feiern, wenn Mittel des Bundes und der privaten Wirtschaft hier in Thüringen verbaut werden, aber bei dem wichtigen Zukunftsfeld hat er eine Null in seinem Haushalt stehen.

(Beifall bei der SPD)

Noch eine letzte Bemerkung: Die Spielbank in Erfurt scheint wohl nicht so zu laufen, wie erhofft. Die Einnahmeansätze, die 2007 noch bei 3,65 Mio. € geplant waren, werden für 2008 und 2009 auf 1,65 Mio. € geplant. Das ist nicht einmal die Hälfte. Sind uns falsche Zahlen vorgegaukelt worden?

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich positiv anmerken, dass die Landesregierung erstmals einen Haushalt vor der Sommerpause vorgelegt hat. Das ermöglicht uns umfassende Beratung im Landtag, im Haushalts- und Finanzausschuss und hoffentlich auch in den Fachausschüssen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass bei der Erarbeitung des Haushalts nicht Gründlichkeit vor Schnelligkeit ging, sondern umgekehrt. Insbesondere das Haushaltsbegleitgesetz und das Finanzausgleichsgesetz sind trotz beträchtlicher Vorbereitungszeit mit der heißen Nadel gestrickt. Der Ministerpräsident hat sich zuerst vergaloppiert und es dann nicht geschafft, mit den kommunalen Spitzenverbänden eine einvernehmliche Lösung bei diesen wichtigen Gesetzesvorhaben hinzubekommen. Dies dokumentiert in bezeichnender Weise einen Regierungsstil fernab der eigenen kommunalpolitischen Basis, fernab der Sorgen und Nöte der Menschen in Thüringen und in etlichen Fällen auch fernab der Vernunft. So passiert es einem, der sich ums Bürgergeld für ganz Deutschland kümmert, aber die sozialen Errungenschaften seiner Vorgänger, wie das Blindengeld, die Lernmittelfreiheit oder die Kindergartenfinanzierung im eigenen Lande zusammenstreicht. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will für die CDU-Fraktion zum eingebrachten Doppelhaushalt sprechen und will auch gleich zu Beginn sagen, dieser Doppelhaushalt ist die Eingangspforte auf einen guten Weg für eine weitere gute Zukunft Thüringens.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind deshalb der Landesregierung dankbar, dass sie uns einen Doppelhaushalt vorgelegt hat, der sich an seinen Parametern messen lassen kann mit anderen Haushalten und auch Vorbild ist für die zukünftige Arbeit künftiger Landtage. Birgit Diezel und Dieter Althaus haben einen Haushalt vorgelegt, der für 2008 und 2009 keine Schulden mehr für diesen Freistaat vorsieht und das ist schlechthin überhaupt die Ausgangsvoraussetzung, um mit den künftigen Entwicklungen aus der Einnahmeentwicklung Solidarpakt, aus der Einnahmeentwicklung EU, aus der demographischen Entwicklung Herr zu werden. Ohne diese Doppel-Null würden wir die Zukunft nicht gestalten können. Deshalb, liebe Birgit Diezel, ausdrück

lichen Dank dafür, für die Konsequenz in den Beratungen. Ich will das auch untersetzen mit weiteren Zahlen, die sich aus den Eckwerten zum Haushalt ergeben, die genau uns durch diese Eingangspforte für eine gute Zukunft Thüringens gehen lassen. Zu Recht haben die Finanzministerin und der Ministerpräsident gestern darauf hingewiesen, dass unsere Steuerdeckungsquote von jetzt noch 46 Prozent auf knapp 55 Prozent ansteigen wird. Jeder weiß, das sind die Parameter schlechthin, wenn man einen Haushalt bemessen will, wie stark ist ein Land, um aus eigener Wirtschaftskraft und aus eigener Finanzkraft so viel Mittel zu generieren, dass die eigenen Aufgaben erledigt werden können. Wenn der Herr Abgeordnete Pidde zu Recht davon spricht, welch schwierigen Weg wir zu gehen haben bis 2020, um den Herausforderungen gerecht zu werden, dann ist eine der Grundvoraussetzungen neben der Neuverschuldung Null, dass wir aus eigener Steuerkraft stärker unsere Ausgaben finanzieren können. Dieser Doppelhaushalt beschreibt diesen Weg. Es gibt keine bessere Wegmarkierung als mit Doppel-Null und mit Steuerdeckungsquote - jetzt 55 Prozent - diesen Weg der nächsten zwölf Jahre einzuleiten. Wir sind als CDU-Fraktion wirklich sehr dankbar dafür, dass wir auf diesem Weg mitwirken können und auch mitgetragen haben und vor allen Dingen, dass wir diesen schwierigen Weg in den letzten Jahren, vor allen Dingen seit 1999, allein gegangen sind ohne Ihre Hilfe. Deshalb werden wir auch den zweiten Teil dieses schwierigen Weges ohne Ihre Hilfe, aber begleitend aus ihrer Rolle, aus der Opposition heraus, gehen.

(Beifall bei der CDU)

Birgit Diezel hat zu Recht in ihrer Einführungsrede vorhin gesagt, die Kreditfinanzierungsquote beträgt 0 Prozent, die Neuverschuldung je Einwohner Null, die Aufnahme von Schulden Null. Ich sage das deshalb allen noch mal, weil wir uns damit wirklich in einem historischen Kontext bewegen. Für Thüringen ist dieser Haushalt ohne Neuverschuldung erstmalig und einmalig, aber er ist die Voraussetzung für die gute Zukunft. Meine Damen und Herren, weil er die Voraussetzung für die gute Zukunft ist, muss uns nicht bange sein vor der Zukunft. Uns muss nicht bange sein in Thüringen vor einem Haushaltsvolumen von 7 Mrd. €. Ich beschreibe das deshalb zuerst, bevor ich auch noch mal darauf eingehe, welche Kürzungen und Einnahmerückgänge uns zu erwarten haben. Aber uns muss nicht bange sein vor dem Weg, weil wir mit dem Doppelhaushalt die Voraussetzungen geschaffen haben und weil wir auch sagen können, wenn wir uns mit anderen vergleichen: Wenn wir im Jahr 2020 einen Haushalt von 7 Mrd. € bewerkstelligen werden, dann sind wir auf dem gleichen Niveau wie Rheinland-Pfalz, wie SchleswigHolstein, wie Nordrhein-Westfalen. All diese Län

der, die ich Ihnen jetzt genannt habe, haben genau ein Ausgabevolumen pro Einwohner, wie wir dann haben werden im Jahr 2020 mit 7 Mrd. € Haushaltsvolumen, jetzt noch. Das ist der Ausgangspunkt. Vor dem Doppelhaushalt haben wir noch zwischen 500 und 1.000 € pro Einwohner jedes Jahr an Mehrausgaben in Vergleichbarkeit zu diesen Ländern, die ich genannt habe. Genau das speist sich aus den Solidaritätsgeldern, die wir noch bekommen aus dem Solidarpakt II, aus der EU-Förderung und aus dem Länderfinanzausgleich. Ich will das auch noch mal - nicht hier in diesem Saal, aber ruhig noch mal auch nach Deutschland sozusagen - hinausrufen. Wir sind dankbar für die Solidarität, die wir die ganzen Jahre bekommen haben, weil die Solidarität uns aus den reichen Geberländern ermöglicht, dass wir den Aufbauprozess hier in Thüringen auch vollenden können. Deshalb vielen Dank an all die, die mit Schmerzen eigene Haushalte gestalten müssen und trotzdem die jungen Länder so lange und so stark unterstützt haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben jetzt einen Doppelhaushalt vorliegen mit einem Ausgabevolumen von 9,3 Mrd. €. Natürlich hat dieser Anstieg des Ausgabevolumens auch seine Gründe. Die Gründe sind zuerst zu finden in Tarifsteigerungen, in den Anpassungen, die wir leisten müssen in den verschiedensten Bereichen, wo auch Urteile uns heimgesucht und Richter entschieden haben, dass Thüringer, die ihre Ausbildung nicht in Thüringen gemacht haben, eine höhere Vergütung bekommen - all das kostete mehr Geld -, und das hat die Regierung mit ihrem Doppelhaushalt nachvollzogen. Aber ich will auch sagen, natürlich darf man nicht vergessen - und der Abgeordnete Pidde hat das angesprochen -, wir haben eine neue Förderperiode der EU. Wir wollen diese Mittel - das war ein Riesenvorwurf jahrelang aus Ihren Reihen - alle kofinanzieren. Wir wollen die Mittel des Bundes, wir wollen die Mittel der EU so einsetzen, dass uns all diese Mittel auch zur Verfügung stehen. Aber dieser Wunsch und diese Durchsetzung kostet uns 200 Mio. € jährlich mehr an Geld. Genau das ist - wenn Sie es nachvollziehen können und das auch nachrechnen wollen - zu begründen in der Steigerung des Haushaltsvolumens für die nächsten zwei Jahre. Aber ich sage auch - weil das Herr Pidde angesprochen hat -, wann, wenn nicht jetzt, wollen wir diese Mittel kofinanzieren? Jetzt sind wir noch ausgestattet mit reichlich mehr an Geld durch den Solidarpakt II und durch die EU. Wann, wenn nicht jetzt, wo wir auch mehr Mittel zur Verfügung haben, weil auch die wirtschaftliche Entwicklung uns begleitet, nutzen wir mehr Geld zu Beginn der neuen Förderperiode, um all diese Programme für Thüringen auf den Weg zu bringen, die eine gute Zukunft sichern. Wie lange sollen wir warten - bis 2012, bis 2013,

bis zum Ende der Förderperiode? Ich kann Ihre Vorwürfe nicht verstehen. Das, was die Regierung vorgelegt hat, ist genau der richtige Gestaltungsweg,

(Beifall bei der CDU)

zumal Sie doch alle wissen, dass das Leben nicht immer so spielt, wie man sich vornimmt. Keiner weiß doch, wie die wirtschaftliche Entwicklung sich in den nächsten sechs Jahren entwickeln wird in der Förderperiode. Deshalb ist es gut, jetzt die Mittel zu konzentrieren und auch verstärkt einzusetzen und damit die Pflänzchen des Wachstums in Thüringen, die entstanden sind, weiter zu gießen und zu düngen, damit wir aus eigener Kraft künftig Thüringen gestalten können. Wir wollen das, das sage ich ganz deutlich, diese CDU in Thüringen will, dass wir Thüringen weiter auch nach Auslaufen des Solidarpaktes aus eigener Kraft gestalten können.

(Beifall bei der CDU)

Der Abgeordnete Dr. Pidde hat zu Recht auf die Einnahmeentwicklung jetzt gegenüber 2020 hingewiesen. Ich will auch noch einmal im konkreten drei Zahlenblöcke nennen, weil die wichtig sind, um auch zu sehen, welche Aufgaben uns mit dem Doppelhaushalt, aber auch darüber hinaus auf dem Weg begleiten werden. Das ist zum einen natürlich der Rückgang der Bevölkerung und der damit verbundene Steueraufkommensverlust im Rahmen des Länderfinanzausgleichs kostet uns bis 2020 800 Mio. € dann jährlich; unterstellt bei dieser Rechnung ist eine jährliche Steigerung des Bruttoinlandprodukts von 2,2 Prozent. Jeder weiß, dass das eine sehr positive Prognose, eine anspruchsvolle Prognose ist. Jeder weiß, wenn das unter 2,2 ist im Durchschnitt dieser Jahre bis 2020, entsprechend höher ist der Einnahmeverlust.

Ein zweiter Punkt ist der Solidarpakt II aus dem Korb I und Korb II. Er wird uns im Jahr 2020 Einnahmeverluste von dann per anno 1,65 Mrd. € verursachen. Das ist die Solidarität, die ich gemeint habe, für die wir dankbar sind, die aber dann auslaufen wird, und auch alle sagen, unisono die großen Parteien im Bundestag, es wird nach 2019 keinen dritten Solidarpakt geben. Wir wissen das und wir akzeptieren das. Wir wollen deshalb drängen mit dem Doppelhaushalt, dass uns gleiche Ausgangsbedingungen zur Verfügung stehen. Wenn wir uns messen lassen wollen mit Westländern, vergleichbaren Flächenländern West, dann brauchen wir gleiche Ausgangsbedingungen und die wollen wir jetzt sicherstellen. Wir stellen sie nur sicher, wenn wir wissen, dass wir den Zukunftsherausforderungen nur dann auch finanziell gewachsen sind, wenn wir uns nicht mehr leisten in der Zukunft als die, mit denen wir uns vergleichen wollen. Deshalb gehört auch dazu,

dass wir wissen müssen, dass nach der nochmaligen EU-Förderung bis 2013 uns dann nach dem Ablaufen dieser Förderperiode 311 Mio. € jährlich weniger zur Verfügung stehen werden, die wir jetzt bekommen haben. All das in Summe, diese Mehreinnahmen, die uns jetzt zur Verfügung stehen, die finden sie genau in der Beschreibung wieder in der Investitionsquote, die Herr Dr. Pidde beschrieben hat, in ein bisschen einer nicht nachvollziehbaren Erklärung. Ich will darauf noch einmal eingehen. Er hat ja beschrieben, was wir uns jeweils in den Haushalten vorgenommen haben und wie dann jeweils die Ist-Investitionsquote war. Jetzt haben wir die Investitionsquote an die Realität angepasst, jetzt sagt Herr Dr. Pidde, sie ist zu niedrig. Ich meine, das muss schon erst einmal einer erklären. Planen wir sie zu hoch und ist sie im Ist-Vollzug dann schwieriger, dann kritisieren Sie das; planen wir sie realistisch, passt es Ihnen auch nicht. Aber eins steht fest, diese 16 Prozent Investitionsquote, das ist unsere Stärke. Schauen Sie doch einmal in die Länderhaushalte in den alten Bundesländern, schauen Sie in die reichen, in die starken Staaten Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, was die für eine Investitionsquote haben. Die liegt fast 10 Prozentpunkte, außer in Bayern, niedriger als unsere. Das ist unsere Stärke und das ist unsere Chance aus dem Solidarpakt, die wir bekommen haben. Deshalb müssen wir mit einer starken Investitionsquote in den nächsten Jahren unseren Aufbauprozess fortsetzen und nutzen. Deswegen kommt es nicht darauf an, ist die Investitionsquote 19 Prozent, ist sie 16 Prozent. Sie ist deutlich höher als bei den Ländern, die uns Geld geben. Das ist der Maßstab und das ist genau der Korridor der Chance, der uns die Voraussetzung dafür schafft, dass wir am Ende aus eigener Kraft Thüringen gestalten wollen. Deshalb ist es gut, dass diese Landesregierung mit 16 Prozent Investitionsquote noch einmal ein deutliches Zeichen für Arbeitsplätze, für Aufschwung und für Aufträge in den Mittelstand nach Thüringen setzt.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich, meine Damen und Herren, dass die Investitionsquote nicht mehr so hoch ist wie in den 90er-Jahren und auch vielleicht seit 2000, hat doch auch seine Ursachen. Herr Huster hat ja vorhin noch einmal Grafiken hochgezeigt, die ihm jemand ausgedruckt und aufgemalt hat. Er hat eins dabei vergessen, wenn wir jetzt vergleichen 2004 zum Beispiel mit dem Doppelhaushalt jetzt, dann gibt es einen wichtigen Parameter, der die Unterscheidbarkeit deutlich macht. Wir haben im Jahr 2004 mit unserem Haushalt noch 988 Mio. € als Schulden aufgenommen - jetzt nicht mehr. Es war die Leistung der Regierung Althaus, 988 Mio. € Verschuldung abzubauen und trotzdem Thüringen gestalten zu können.

(Beifall bei der CDU)

Schauen Sie doch mal nach draußen, weil Sie immer ein Horrorszenario an die Wand malen. Christine Lieberknecht hat es in ihrer Rede in der letzten Plenarsitzungsfolge gesagt, als Sie die Regierungserklärung schon eingefordert hatten, schauen Sie doch nach Thüringen, schauen Sie nach draußen in unsere Städte und Gemeinden, unsere Dörfer. Wo, sagen Sie, sind wir unserer Aufgabe nicht gerecht geworden? Wo finden Sie denn unglückliche Leute, die sagen: „Thüringen hat sich schlecht entwickelt“. Wo sind die denn? Dieser Freistaat hat sich stark und gut entwickelt und es war die Leistung der CDU in Thüringen.