Protokoll der Sitzung vom 13.07.2007

2. Unter welchen Voraussetzungen dürfte der IlmKreis den Bau eines Aussichtsturmes auf dem Schneekopf zu touristischen Zwecken finanziell unterstützen, kommt doch dem Ilm-Kreis aufgrund des in Thüringen geltenden Kommunalverfassungssystems keine Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion zu und liegen diese Voraussetzungen gegenwärtig vor?

3. In welcher Höhe kann der Investor mit Fördermitteln von Land und Ilm-Kreis rechnen und aus welchen Titeln des Landeshaushaltes soll die Förderung durch das Land erfolgen?

Es antwortet Staatssekretär Baldus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Landesregierung hatte in den genannten Anfragen u.a. zum Ausdruck gebracht, dass eine finanzielle Unterstützung mittels einer Förderung aus dem LEADER-Plus-Programm nicht möglich sei. Hintergrund dieser Aussage war, dass zum damaligen Zeitpunkt die in diesem Programm zur Verfügung stehenden Mittel vollständig gebunden waren. Es konnte daher eine Förderung nicht in Aussicht gestellt werden. Da zwischenzeitlich für das Programm wegen des Auslaufens der EU-Förderperiode überplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen genehmigt wurden, ist eine LEADER-Plus-Förderung des Projekts Schneekopfturm grundsätzlich möglich geworden. Ein entsprechender Förderantrag befindet sich derzeit in der formalen Prüfung durch das Landesverwaltungsamt als Bewilligungsstelle. Erst nach Abschluss der Prüfung kann endgültig gesagt werden, ob und in welchem Umfang eine Förderung erfolgt. Zu beachten ist zusätzlich, dass es aufgrund der besonderen Ausrichtung der LEADERPlus-Förderung zunächst den lokalen LEADERGremien vorbehalten bleibt, darüber zu befinden, ob ein Vorhaben gefördert werden soll oder nicht. Der entsprechende befürwortende Beschluss des LEADER-Beirats „Thüringer Wald“ liegt seit Anfang Juni vor.

Zu Frage 2: Der dem Förderantrag zugrunde liegende Finanzierungsplan sieht für die Errichtung des Schneekopfturms eine Mitfinanzierung durch den Ilm-Kreis nicht vor. Die zuwendungsfähigen Kosten würden vollständig von der EU, dem Land und der Gemeinde Gehlberg getragen werden.

Zu Frage 3: Die Förderung würde aus dem Haushalt des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, Kapitel 02, Ausgabetitelgruppe 85, in welcher die LEADER-Plus-Mittel veranschlagt sind, erfolgen. Wie ich bereits erwähnt habe, kann über die Höhe der Fördersumme erst nach Abschluss der Prüfung des Förderantrags etwas gesagt werden.

Danke. Es gibt Nachfragen. Abgeordneter Kuschel, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, in der Antwort in Drucksache 4/2625 hat die Landesregierung mitgeteilt, dass außer der Mittelausschöpfung

die Landesregierung auch deshalb keine Förderung vorsieht, weil aus touristischer Sicht ein solcher Aussichtsturm nicht förderfähig wäre. Inwieweit gibt es da einen neuen Kenntnisstand? Ich habe Ihren Worten entnommen, dass die Landesregierung jetzt die Förderfähigkeit auch aus touristischer Sicht heraus bejaht.

Der Antrag befindet sich noch in der Prüfung. Ob die Landesregierung eine Förderung und in welcher Höhe dann genehmigen wird, ist noch offen.

Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke schön. Damit kann ich die Fragestunde schließen, wir haben alle Mündlichen Anfragen abgearbeitet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Thüringens Verantwortung für ein erfolgreiches NPD-Verbots- verfahren Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/3044 - dazu: Alternativantrag der Frak- tion der SPD - Drucksache 4/3123 -

Wünschen die Fraktionen Begründung ihrer Anträge? Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Aussprache eröffnen und als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Dr. Hahnemann, Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das zentrale Problem beider vorliegender Anträge ist die Frage nach einem NPD-Verbot. Ein NPD-Verbot ist nicht das Zentrum der politischen Forderungen der LINKEN bezogen auf den Umgang mit dieser neonazistischen Partei. Parteiverbot ist prinzipiell nicht die Forderung der LINKEN im Zusammenhang mit dem Umgang mit Parteien. Denn ein Parteienverbot ist nur eine, ganz bestimmt nicht die erste, eher die letzte Handhabe gegen Rechtsextremismus und Neonazismus, die da unter dem Deckmantel einer angeblich demokratischen Partei daherkommt.

Ich würde hier nicht stehen, wenn ich die Zuversicht des Innenministers hätte, der auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des letzten Verfassungsschutzberichts erklärte, die Entwicklung des Rechts

extremismus in Thüringen sei ärgerlich, aber sicherlich nicht besorgniserregend und schon gar nicht gefährlich. Das sehe ich anders und ich will dazu später noch mehr sagen. Ich würde auch nicht hier stehen, wenn ich es mir so leicht machen könnte, wie es Herr Gasser in letzter Zeit zu nehmen scheint. Auf einer Tagung der Kirchen und der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus unlängst in diesem Hause verwies der Innenminister zu Recht darauf, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, dem Rechtsextremismus zu begegnen. Da hat er sogar recht. Das haben wir schon gesagt, als viele es noch nicht hören wollten. Eines jedoch geht nicht. Wenn gefragt wird, welche Verantwortung die Politik in diesem Bereich hat, dann muss auch diese Frage beantwortet werden. Die Zivilgesellschaft wird nämlich nicht das leisten können oder leisten wollen, wo Politik versagt, verfehlt oder gar befördert. Zu dieser Verantwortung der Politik will ich ganz kurz etwas sagen. Unser Primat liegt weiter auf dem bürgerschaftlichen Engagement, aber auch der Landtag kann und muss eindeutigere und wirkungsvollere Zeichen setzen und darf sich nicht in verbalen Beschlüssen ohne Folgen erschöpfen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zur Situation: Die NPD-Führung hat ein funktionsfähiges Bündnis mit Kameradschaften, die sie ursprünglich nicht mochte, und anderen gewaltbereiten Gruppen geschlossen. Die NPD hat eine eindeutige und zunehmende Dominanz im Spektrum neofaschistischer Wahlparteien errungen. Eine solche Situation, wie wir sie momentan haben, gab es in der Bundesrepublik nach meiner Kenntnis noch nie. Die sozialen und politischen Krisen stärken die NPD. Sie nutzt diese für eine noch aktivere und demagogischere Politik, keinesfalls aber eine, die man demokratisch-progressiv nennen könnte. Nichts, aber auch gar nichts, deutet darauf hin, dass sich dieses Problem von selbst erledigen würde.

Die Ziele der NPD, meine Damen und Herren, sind eindeutig. Es geht der Partei bei aller inszenierten Bürgernähe und bei aller vorgetäuschten politischen Harmlosigkeit im Kern nicht um Demokratie, eher um die Beseitigung von Freiheit und Demokratie zur Errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur. Wenn sie könnten, wie sie wollten, die Kameraden, würden sie dies auch offen formulieren. Da sie sich nach außen aber gern gesetzestreu geben, heißt die Losung auf den Transparenten zum Beispiel „Nationaler Sozialismus“. Was gemeint ist, ist klar, eine moderne Neuauflage des nationalsozialistischen Staates und was das heißt, wissen wir alle. Der Verfassungsschutzbericht 2005 hat mit der Dechiffrierung von NPD als Nationalsozialistische Partei Deutschlands tatsächlich einmal ins Braune getroffen. Dafür muss sogar ich den Verfassungsschutz einmal lobend er

Wie sieht es nun aus mit der Verantwortung der Politik bei der Zurückdrängung des Rechtsextremismus? Damit habe ich nicht gesagt, dass Politik nichts unternimmt. Das tut sie schon, zwar nicht immer genug und manchmal auch das Falsche, z.B. wenn sich das Verbot auf jüdische Klezmer-Musik bezieht und nicht auf die Naziveranstaltung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Politik kann und muss aber noch viel mehr. Bisher fehlen vielleicht die Einsicht, die Entschlossenheit und der Mut zu klaren Schritten. Was passieren kann, wenn solche nicht oder zu spät erfolgen, haben wir gerade beim Bund der Vertriebenen gesehen. Also, vorher die Konsequenzen ziehen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist doch ein Witz. Unverschämt.)

Eine Konsequenz, die Politik ziehen kann, wäre ein Verbot der NPD.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Eine Konsequenz, die wir nicht wollen, ist eine erneute ziellose Debatte um ein NPD-Verbot, die bringt nichts. Die Forderung nach einem NPD-Verbot ohne Konsequenzen und ohne flankierende andere Maßnahmen nützt allein der NPD. Wer in Regierungsverantwortung im Bund oder in den Ländern sitzt und für ein Verbot ist, muss dieses auch einleiten, und zwar so schnell wie möglich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Forderung nach einem NPD-Verbot ist kein antifaschistischer Ablassbrief, den man gelegentlich mal aus der Tasche zieht und dann wieder in der Versenkung verschwinden lassen kann. Wer also ein NPD-Verbot debattiert, der muss gleichzeitig darüber reden, wie und dass die Gründe für das Scheitern des letzten aus dem Jahre 2003 beseitigt werden.

Meine Damen und Herren, die Forderungen nach einem NPD-Verbot werden immer häufiger und lauter. Da stellt sich die Frage, was bringt überhaupt ein NPD-Verbot? Das Parteivermögen und der Immobilienbesitz würden eingezogen, das Erscheinen der Parteizeitung „Deutsche Stimme“ müsste eingestellt werden, die NPD würde keine Wahlkampfkostenerstattung mehr erhalten und die Finanzierung der Fraktionen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern entfiele. Die NPD könnte nicht länger ihr Parteienprivileg dazu missbrauchen, rechtsextreme Veranstaltungen anzumelden und Räume für Nazipropaganda zur Verfügung zu stellen.

Ein NPD-Verbot, meine Damen und Herren, wäre kein undemokratischer, sondern ein rechtsstaatlicher Akt. Die NPD ist kein schützenswerter Bestandteil dieser Demokratie, sondern eine latente und zunehmende Gefahr für dieselbe.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Grund- und Bürgerrechte von Migranten, Linken und anderen von den Neofaschisten als Feinde auserkorener Gruppen werden in zunehmendem Maße massiv attackiert. Die Legalität der NPD führt außerdem fortlaufend zur Kriminalisierung antifaschistischer Gruppen und ihrer Aktionen. Ein Verbot der NPD würde also ein Mehr an Freiheit bedeuten können, wenn Zivilgesellschaft und etablierte Politik sich nicht damit allein begnügen. Ein NPD-Verbot könnte den unerträglichen Zustand beenden, dass eine rechtsextreme Partei die Möglichkeiten und Mittel der parlamentarischen Demokratie für sich nutzt, um Menschen- und Freiheitsrechte mit Füßen zu treten, denn damit übernimmt die heutige NPD die Strategie der damaligen NSDAP. Der Vorsitzende der Schweriner NPD-Landtagsfraktion, Udo Pastörs, hat vor 250 Neonazis gesagt, wenn die NPD an die Macht gelange, bestehe die Verpflichtung, „jene einer gerechten Strafe zuzuführen, die Verantwortung für die Politik tragen.“ Das erinnert an den NSDAPPropagandisten Goebbels, der 1928 formulierte: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freikarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir kommen als Feinde. Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir.“

Die Abgeordneten dieses Hauses sehen sich sicherlich nur ungern als Schafherde. Trotzdem sollten wir einen Moment über dieses Bild nachdenken. Auch wenn der Innenminister, Herr Gasser, das Gegenteil behauptet, der Wolf steht schon vor Tür. Er schwenkt in der Jürgen-Fuchs-Straße Transparente, er beklebt die Fassade, er meldet sich als Praktikant, er trägt sich in Gästebücher ein, er sitzt auf den Abgeordnetensitzen Probe, er attackiert Demokraten beim Tag der offenen Tür, er sitzt mehr oder weniger regelmäßig auf der Besuchertribüne im Vorgefühl des sicheren Einzugs in dieses Haus nach den Landtagswahlen 2009.

Meine Damen und Herren, die NPD ist kampagnefähig geworden, sie hat ihre Mitgliederzahl im Vergleich zu 2003 verdreifacht, sie kann 300.000 Zeitungen drucken und vermutlich auch verteilen. Sie kann Dutzende von Veranstaltungen in acht Wochen durchführen. Das bürgerschaftliche Engagement vor

Ort ist wichtig, es ist richtig und zum Glück wird es häufiger und stärker, aber die Frage ist: Reicht das zivilgesellschaftliche Engagement allein aus? Jeder kann sich doch einmal mit Blick auf seinen Wahlkreis die Frage beantworten. Brauchen wir nicht jenes gesamtgesellschaftliche Signal? Aber es darf nicht als Alternative zur Bürgerschaft, zum zivilgesellschaftlichen Engagement gesehen werden, sondern in Ergänzung dazu gedacht und gesetzt sein. Das ist eben die grundlegende Frage vor dem Hintergrund des hohen Gutes, des Parteienprivilegs des Grundgesetzes. Brauchen wir nicht letztlich doch das NPD-Verbot? Noch vor zwei oder drei Jahren habe ich diese Frage verneint. Heute komme ich zu der bitteren Erkenntnis, das Versagen und die Untätigkeit der herrschenden Politik und die Schwäche der Demokratie raten diesen Weg an und wenn ja, dann machen Sie den Weg frei durch auch alle anderen notwendigen Maßnahmen. Wie ramponiert die Demokratie durch Ihren Umgang mit ihr ist, kann man an Herrn Gassers richtiger Beobachtung erkennen, dass nämlich die Untersuchungsausschüsse nicht mehr das schärfste Schwert des Parlaments, sondern das „untaugliche Instrument einer hilflosen Opposition“ sind. So weit haben Sie Demokratie hier im Saal bereits demoliert.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Unruhe bei der CDU)

Wir hätten die Möglichkeit, als Land Thüringen selbst Antragsteller im Rahmen einer Bundesinitiative zu sein. Aber vorher müssten, beginnend mit dem Abschalten der V-Leute in den Führungsetagen der NPD, einige Voraussetzungen geschaffen werden für den Erfolg

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

eines solchen Verbotsverfahrens und für die Zeit danach. Zu dieser Zeit danach wird meine Kollegin Frau Berninger noch sprechen.

Ich will nicht unerwähnt lassen, wie ungünstig unsere momentane Situation zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen die NPD ist, nämlich dann, wenn eine DPA-Meldung ausweist, dass der Generalsekretär der Thüringer CDU Mike Mohring sich in Tonarten versteigt, wie z.B. ein Urteil über die Linken, das da lautet: „Demokratiefeindliche Parolen, radikale Extremisten in den Reihen und Stasi-Spitzel im Landtag machen DIE LINKE unbrauchbar für die Demokratie.“

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da hat er recht.)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Unruhe bei der CDU)

Und an anderer Stelle - und das erinnert mich zurück: „Auch ein neuer Anstrich kann das alte blutbefleckte SED-Gesicht der LINKEN nicht verdecken, egal wie oft sie ihren Namen wechselt.“

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da hat er wieder recht.)

Meine Damen und Herren, das ist die Atmosphäre, die uns am Ende alle Opfer von Neonazismus werden lässt.