Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

z.B. im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktförderung des SGB II oder durch zusätzlichen Einsatz von Mitteln des Europäischen Sozialfonds, zusätzliche Sprachkurse anzubieten? Wenn das erforderlich ist, dann kann man das einfach konkret benennen. Stattdessen sagt die Landesregierung, dass es keine spezifischen Sprachförderungsangebote für Arbeit suchende Migranten gibt und dass es keine spezifischen Angebote zur beruflichen Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund an der ersten Schwelle gibt. Das passt doch nicht zusammen. Wenn gleichzeitig eine enorm hohe Arbeitslosenquote für Ausländer beschrieben wird und wenn bei den Sprachkursen zusätzlicher Bedarf erkannt wird, was hindert uns dann daran, die zeitlich befristete bundesfinanzierte individuelle Migrationserstberatung dort zu erweitern, wo es sich als notwendig erweist? Es ist doch wenig aussagefähig, wenn die Landesregierung in ihrer Antwort lediglich darauf hinweist, dass die Migrationsberater einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten. Das Gleiche gilt für die Jugendimmigrationsdienste, bei denen die Landesregierung ebenfalls keine Aussage darüber trifft, ob die geleistete Arbeit ausreichend ist.

Ein deutlicher Indikator dafür, dass mehr getan werden muss, sind die Aussagen zur Arbeitslosenquote der Ausländer. Sie liegt bei knapp 40 Prozent und in früheren Jahren lag sie sogar darüber - weit oberhalb der Arbeitslosenquote der hier ansässigen Bevölkerung. Hier geht es schließlich um die Ausländer, die eine Berechtigung haben. Deren Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist mit knapp 6.000 geradezu verschwindend gering. Statistische Angaben zu arbeitslosen deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund, also Spätaussiedlern, können leider nicht getroffen werden. Nun ist aber der weitaus größte Teil der Migranten in Thüringen als Spätaussiedler aufgenommen worden. Aufgrund unserer Erfahrung ist die Annahme sehr wahrscheinlich, dass auch diese Bevölkerungsgruppe weitaus mehr von Arbeitslosigkeit betroffen ist als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dies allein dem problematischen Arbeitsmarkt anzulasten, wäre verfehlt. Wer die deutsche Sprache nicht beherrscht und wer keine nachgefragte berufliche Qualifikation erhält, der hat eben gar keine Chance. Deshalb geht es auch hier um die drei Schwerpunkte, die meines Erachtens die Schlüsselbegriffe für bessere Integration sind. Es geht um bessere individuelle Förderung, um verstärkte Sprachförderung und um berufliche Qualifikation. In allen diesen Bereichen lassen die Antworten zu wünschen übrig. Wenn in den Antworten zu unseren Fragen Nummer 42 und 43 keinerlei Aussagen zu Aufbau- und Anschlusskursen für Migranten getroffen werden können, dann spricht das für sich. Wenn in der Frage 44 zur sozialpädagogischen Betreuung wiederum ausschließlich auf die bundesfinanzierten Migrationsberater hingewiesen

wird, dann ist mir das auch zu wenig.

Wenn schließlich auf unsere Frage nach Siedlungsschwerpunkten von Migranten darauf hingewiesen wird, dass der Landesregierung keine entsprechenden Wohngebiete mit einem signifikant hohen Migrantenanteil bekannt sind, denke ich, dann kennt die Landesregierung offenbar die Situation in machen Plattenbaugebieten nicht. Verfehlte Wohnraumzuweisungen sind sehr wohl ein Problem. Ich nehme an, dass mancher Kollege in seinem Wahlkreis darüber berichten kann. Ich will das auch nicht dramatisieren, aber eine solche Antwort ist mir einfach zu oberflächlich.

Schließlich würde mich sehr interessieren, was der Thüringer Länderbeitrag zum Nationalen Integrationsplan tatsächlich ist. Der Antwort ist ausschließlich zu entnehmen, dass es einen solchen Länderbeitrag geben soll. Es ist nicht zu entnehmen, wie dieser Länderbeitrag aussieht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sind also noch entscheidende Fragen offen, wobei - ich wiederhole mich da gerne - die Antworten zunächst mal eine wichtige Grundlage sind. Jetzt aber sollten wir die beiden Anfragen nutzen, um uns in der Ausschussarbeit nicht nur mit dem Fachressort zu dem gesamten Komplex auseinanderzusetzen, sondern vor allen Dingen mit denjenigen, die als Experten in diesem Bereich tätig sind. Dazu zählen die Verbände der Migranten ebenso wie die freien Träger der Wohlfahrtspflege, die Kommunen und die dortigen Ausländerbeauftragten, die Bundesagentur für Arbeit und auch Bildungsträger, die in diesem Feld tätig sind. Wir sollten in der Diskussion mit den Genannten herausarbeiten, wo konkreter Handlungsbedarf gegeben ist. Da ich den gesamten Bereich des Spracherwerbs vom Kindergarten bis hin zur Erwachsenenbildung für das zentrale Thema einer besseren Integration halte, plädiere ich hier im Namen meiner Fraktion für eine Überweisung an den Bildungsausschuss. Ich danke.

(Beifall SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Stauche, CDUFraktion.

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zuerst auch mein Dank an die Landesregierung für die umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage der CDU zur Integrationspolitik in Thüringen und die Beantwortung der Großen Anfrage der SPD zur Situation der Migrantinnen und

Migranten in Thüringen.

Es ist wichtig auch für uns Politiker im Landtag im Gebot vorausschauender Politik im Landtag, die Situation der Ausländer, Spätaussiedler und anderer Gruppen mit Migrationshintergrund in Thüringen aus der Perspektive der Integrationspolitik zu analysieren und die vorhandenen integrationspolitischen Instrumente zu prüfen, um etwaige Defizite zu erkennen und daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen abzuleiten. Die Erkenntnisse sind wichtig für das Land, für die Kommunen, für den Bund, aber auch für Bürgerinnen und Bürger in Thüringen und für die Migranten selbst.

Es ist auch wichtig, weil, wie der Thüringen-Monitor zeigt, die Bürger kein realistisches Bild der Situation haben. Der Thüringen-Monitor hat das ausgesagt, die Mehrheit der Thüringer Bürger hält Thüringen in gefährlichem Maß für überfremdet und ihre Ansicht ist, dass die Ausländer nur herkommen, um den Sozialstaat auszunutzen. Deshalb bringt die Beantwortung der Großen Anfragen mit ihrer durchaus differenzierten Sicht uns der Realität nah und kann die Integration als Chance vermitteln.

Ich möchte hier ein Zitat unseres Ausländerbeauftragten mit Erlaubnis der Präsidentin vom vorigen Jahr mal vortragen. Ich denke, das ist auch eine gute Einschätzung. „Es ist eine gottverfluchte Irrlehre zu glauben, die Integrationskraft einer Gesellschaft hängt einzig und allein von den ökonomischen Daten und der Qualität der Zuwanderung ab. Mindestens ebenso wichtig sind geistige Prozesse und die politischen Einstellungen.“ Es freut mich, dass die SPD einen Teil ähnlicher Anfragen auf den Weg gebracht hat, denn dieses Thema war und ist wichtig und bedarf einer umfassenden und differenzierten Betrachtung. Das unterscheidet die SPD und uns als CDU-Fraktion von der LINKEN auf der rechten Seite des Hauses. Sie beschäftigen sich fast ausschließlich mit den Fragen wie Bleiberecht, Härtefälle oder ausländerfeindliche Übergriffe. Man sieht es besonders auf Ihrer Internetseite. Ich habe gestaunt, als ich mir mal vorweg die Auflistung Ihrer Meldungen aus dem Internet herausgezogen habe. Schon die bezeichnende Sammelrubrik „Migration, Asyl und Antifa“ auf Ihrer Internetseite

(Zwischenruf Abg. Hauboldt, DIE LINKE: Klicken Sie mal drauf.)

ist eine sehr reduzierte Sicht des Themenfelds und dessen Herausforderung ist nicht umfassend.

(Beifall CDU)

Das sieht man auch an dem Inhalt. Ich habe in der Zeitschrift des Flüchtlingsrates den Kommentar von

Frau Berninger über die Großen Anfragen gelesen. Eigentlich ist es nur ein polemischer Artikel. Mit den Inhalten, den Aussagen der Großen Anfragen hat sie sich überhaupt nicht beschäftigt. Sie hat uns einfach nur immer wieder beschimpft und der CDU und auch der Landesregierung mangelhafte politische Flüchtlingskompetenz vorgeworfen.

(Beifall DIE LINKE)

Ansonsten hat sie sich mit fachlichen Sachen überhaupt nicht auseinandergesetzt.

(Zwischenruf Abg. Buse, DIE LINKE: Das machen Sie bisher auch noch nicht.)

Nein, das kommt schon noch. Das wird einfach der Situation im Land nicht gerecht.

(Beifall CDU)

Die Antwort der Landesregierung auf unsere Fragen und auch der der SPD lässt eigentlich nur eine Zusammenfassung zu, die heißt: Die Weichen in der Integrationspolitik in Thüringen sind richtig gestellt.

Die Antwort der Landesregierung zeigt zunächst, dass die Zahl der Ausländer in Thüringen seit 2004 zurückgeht und im Jahr 2006 mit rund 47.000 Menschen gerade mal einen Anteil von 2 Prozent an der Gesamtbevölkerung Thüringens ausmacht. Diese relativ geringe Zahl an Ausländern in Thüringen setzt sich dabei aus ca. 150 verschiedenen Herkunftsländern zusammen. Die meisten Ausländer stammen aus Vietnam, der Russischen Föderation, der Türkei und kriegsbedingt war in den Jahren 1997 bis 1999 das ehemalige Jugoslawien an erster Position. Größer ist allerdings die Gruppe, wenn man die Menschen mit Migrationshintergrund einbezieht. Sie belief sich in Thüringen im Jahr 2005 auf rund 101.030, davon haben drei Viertel eigene Migrationserfahrung, die anderen haben Eltern, die Migranten sind. Die größte Gruppe bilden in Thüringen seit 1991 die aufgenommenen deutschen Spätaussiedler, sie sind Deutsche.

Ziel war und ist eine gelingende Integration dieser Menschen im Freistaat. Gelingende Integration setzt dabei die gleichberechtigte Teilhabe von Zuwanderern am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben voraus. Daneben setzt Integration aber auch ein klares Bekenntnis der Zuwanderer zum Grundgesetz und der Verfassung unseres Staats sowie die Akzeptanz der bestehenden Grundwerte voraus. Integration kann nicht verordnet werden. Sie erfordert Anstrengungen vom Staat und von der Gesellschaft, die mehrheitlich aus Menschen ohne Migrationshintergrund und einer beachtlichen und sehr vielschichtigen Minderheit von etwa 5 Prozent

mit Migrationshintergrund besteht. Maßgebend zur Bereitschaft der Zuwanderer ist, sich auf ein Leben in unserer Gesellschaft einzulassen, was die vorbehaltlose Akzeptanz der Rechtsordnung mit einschließt. Aufseiten der Aufnahmegesellschaft benötigen wir Akzeptanz, Toleranz, zivilgesellschaftliches Engagement und die Bereitschaft, die Menschen, die regelmäßig bei uns leben, ehrlich willkommen zu heißen. Die CDU wirbt dafür, sich ausländischen Mitbürgern tolerant, offen und verständnisvoll an die Seite zu stellen, damit sie sich schneller in die Gesellschaft integrieren können. Wer in völlig neuer Umgebung auf Menschen trifft, die interessiert, gastfreundlich, hilfsbereit und offen sind, dem fällt es leichter, sich in der Fremde heimisch zu fühlen. Thüringen hat eine gute Integrationspolitik vorzuweisen. Die Rahmenbedingungen im Freistaat stimmen. Jeder Zugewanderte kann seine Fähigkeiten, Erfahrungen, Potenziale in die Gesellschaft einbringen. Größtes Hemmnis bei der Integration sind oftmals jedoch unzureichende deutsche Sprachkenntnisse sowie teilweise schlechte Ausbildungen und Arbeitsmarktchancen. Doch ist gerade die Kenntnis der deutschen Sprache ureigenste Voraussetzung für die gelingende Integration. Sie öffnet den Weg zur Bildung und damit für die Teilhabe und Aufstiegschancen in diesem Land. In Thüringen angebotene Integrationskurse sind dabei ein wichtiges Instrument, Zugewanderte in die Lage zu versetzen, selbstständig handeln zu können. Die Kenntnis der deutschen Sprache - das vermittelte uns auch im vorigen Jahr in der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ ein Gastredner, Herr Sait, der dort einen Vortrag gehalten hat, und er hat uns eigentlich aus seiner eigenen Erfahrung klargemacht, dass er den Zugang zur deutschen Gesellschaft und zu Deutschland eigentlich wirklich erst bekommen hat, je intensiver er sich mit der deutschen Sprache beschäftigt und die dann auch verstanden hat. Als er die deutsche Sprache gut beherrschte, hat er auch die Gesellschaft verstanden und konnte auch mit der Gesellschaft umgehen, deshalb ist es wirklich ganz, ganz wichtig. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat mit Stand vom 31. Dezember 2006 in Thüringen 66 Kursträger zugelassen. Allein in den vergangenen beiden Jahren haben insgesamt 3.366 zugewanderte Menschen einen Integrationskurs begonnen. Der im Sommer beschlossene nationale Integrationspakt sieht eine Erhöhung der Stundenzahl der Integrationskurse vor und unterstreicht damit die Wichtigkeit der Kurse. Statt bisher 600 werden künftig die Integrationskurse 900 Stunden betragen. Sie wollten vorhin eine Antwort auf diese Frage haben, ich denke, das ist schon eine gewisse Antwort. Zudem wird es differenzierte Kursangebote für die Jugendlichen sowie Frauen und Mütter geben.

Die Verbesserungen der Sprachkenntnisse beginnen jedoch schon im Kindergarten. In den Thürin

ger Kindertageseinrichtungen, in denen die Kinder mit Migrationshintergrund aufgenommen worden sind, wird Sprachförderung als Gesamtkonzept in den Alltag der Kindertageseinrichtung integriert. Das Land unterstützt mit Fortbildungen von Erzieherinnen und Erziehern sowie Finanzierung von Lehr- und Lernmaterial diesen Prozess.

Neben der Sprache sind Bildung und Ausbildung der Schlüssel zu einer gelingenden Integration. Auch hier nimmt Thüringen eine Vorreiterrolle ein. Der Schulbesuch von Schülerinnen und Schülern nicht deutscher Herkunftssprache wurde mit der gleichnamigen Verwaltungsvorschrift vom 19. Juli 2005 neu geregelt. Die Schulen sind seitdem angewiesen, ein Förderkonzept und einen individuellen Förderplan für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zu erstellen. Die Mindestteilnehmerzahl von fünf Schülern für den Förderunterricht Deutsch fällt weg. Stattdessen kann individuell bereits ab einem Schüler gefördert werden. Im Schuljahr 2006/2007 lernten insgesamt 4.105 Ausländer und Spätaussiedler an Thüringer Schulen. Davon haben allein 1.497 Schüler Förderunterricht erhalten. Zur Unterstützung an den Schulen wurden in Thüringen vier Regionalberaterteams eingerichtet. Diese Teams bestehen aus einem Lehrer und einem Mitarbeiter der Schulaufsicht. Durch diese Organisation der Regionalberaterteams ist eine enge Verzahnung von Fragen der Beschulung und die inhaltliche Abstimmung des Sprachlernens und der Schullaufbahnberatung sichergestellt. Dieses Konzept stellt sich als ein funktionierendes System dar und hat sich in Thüringen etabliert. Damit schafft der Freistaat optimale Rahmenbedingungen für einen barrierefreien Zugang von Migrantinnen und Migranten zum deutschen Bildungssystem. Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht dies. Bei der Betrachtung des Schulwahlverhaltens, das heißt des Besuchs weiterführender Schulen, zeigt sich in Klassenstufe 6, dass die Rangreihe des Besuchs der Schularten Regelschule, Gymnasium, Gesamt- und Förderschule mit Schülern deutscher Muttersprache und Schülern nicht deutscher Muttersprache gleich ist. 37 Prozent aller Kinder mit deutscher Muttersprache und 30 Prozent aller Kinder mit einer anderen Muttersprache besuchen Gymnasien. 56 Prozent aller Kinder mit deutscher Muttersprache und 64 Prozent aller Kinder nicht deutscher Muttersprache besuchen die Regelschule - ein Erfolg, der sich sehen lassen kann. Gute Sprachkenntnisse und eine qualifizierte Schulbildung sind die besten Voraussetzungen für weitere erfolgreiche Bildungswege an den Thüringer Universitäten.

Hier muss das Potenzial der klugen Köpfe im Freistaat noch besser ausgeschöpft werden - sowohl zu deren eigenem Wohl als auch zum Wohl unseres Landes. Es müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um mehr Jugendliche aus Zuwan

dererfamilien dafür zu gewinnen, ein Studium aufzunehmen. Ein abgeschlossenes Studium erhöht der aktuellen OECD-Studie zufolge die Chancen auf Beschäftigung und schafft deutliche Einkommensvorteile. Beschäftigung und ein gutes Einkommen sind ebenso wichtige Voraussetzungen für gelingende Integration.

Mit dem Blick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel in Thüringen sollten wir versuchen, noch mehr ausländische Absolventen der Thüringer Hochschulen für eine Arbeit im Freistaat zu gewinnen. Deutschland ist nach den USA und Großbritannien innerhalb der OECD das beliebteste Land für ausländische Studierende. Diese Chance muss genutzt werden. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten unter den nicht deutschen Staatsangehörigen zeigt den Angaben der Landesregierung zufolge in den letzten Jahren einen stabilen Aufwärtstrend. Trotzdem ist die Arbeitslosenquote mit fast 40 Prozent der Ausländer mit Arbeitserlaubnis noch immer viel zu hoch - und das kann nicht zufriedenstellen.

Die ausreichende Integration in den Arbeitsmarkt ist eine große Herausforderung. Ziel muss sein, den Zuwanderern den Einstieg in den Arbeitsmarkt und damit ein selbstbestimmtes, von staatlichen Transferleistungen unabhängiges Leben zu ermöglichen. Diesbezüglich plant die Landesregierung unter Einbeziehung von ESF-Mitteln Qualifizierungsprogramme, die auch eine bessere Integration von Migrantinnen und Migranten in die Arbeitswelt zum Inhalt haben. Im Operationellen Programm des ESF für die Förderperiode 2007 bis 2013 ist ein spezieller Förderbereich zur sozialen Eingliederung von Benachteiligten durch die Erhöhung der Beschäftigungsfreiheit vorgesehen. Hierzu zählen auch die in Thüringen lebenden Migrantinnen und Migranten. Die Eingliederung in das Erwerbsleben wird durch Lohnkostenzuschüsse und auch bedarfsorientierte individualisierte Angebote der beruflichen Qualifizierung unterstützt. Beide Instrumente können auch auf Kombination eingesetzt werden. Lokale Beschäftigungsinitiativen bieten weitere Möglichkeiten, einen Beitrag zur Überwindung von kultureller und sprachlicher Barriere mit dem Ziel der beruflichen Integration zu leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Integration von Zuwanderern ist eine zentrale, aber nicht alleinige Aufgabe der Politik, sondern ein gesamtgesellschaftlicher Prozess. Nach Auffassung der Landesregierung kann Integration nur gelingen, wenn Zuwanderer in der einheimischen Bevölkerung akzeptiert werden. Die Landesregierung setzt sich mit vielfältigen Maßnahmen für den Abbau von integrationshemmenden Vorurteilen ein. So trägt die Landeszentrale für politische Bildung durch eine Fülle von Bildungs

veranstaltungen und Projekten sowie durch eigene Publikation zur Stärkung von interkulturellen Kompetenzen und Eindämmung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus bei.

Auch die Institution des Ausländerbeauftragten hat sich in diesem Zusammenhang bewährt. Bei einer hohen Frequenz von themenspezifischen Veranstaltungen seien hier nur zwei stellvertretend angeführt: die alljährliche zentrale Veranstaltung zur Woche des ausländischen Mitbürgers, die ich vorhin schon nannte, sowie der Tag der deutsch-ausländischen Gesellschaft.

Auch die Landesregierung selbst trägt Sorge dafür, dass Mitarbeiter relevanter Behörden im Freistaat ihre interkulturelle Kompetenz für eine bessere zielführende Kommunikation mit Migrantinnen und Migranten erhöhen. Ein Blick in das aktuelle Jahresprogramm der Thüringer Staatskanzlei zeigt zahlreiche Seminare auf, die dazu beitragen, mittels interkultureller Kommunikationsfähigkeit die interkulturelle Kompetenz zu stärken. Alle hier genannten Maßnahmen dienen auch insbesondere dazu, Konflikten und Konfliktpotenzialen zwischen Migranten und den deutschen Staatsangehörigen, aber auch der Migranten untereinander vorzubeugen. Ein Blick in die Kriminalstatistik zeigt zunächst: Offenbar unterscheiden sich die Delikte der Migrantinnen und Migranten nicht wesentlich von denen der übrigen Bevölkerung. Am 12. Februar 2007 befanden sich insgesamt 126 Ausländer zur Verbüßung einer Haftstrafe in Einrichtungen des Thüringer Strafvollzugs. Es handelt sich dabei ausschließlich um Männer, die meisten im Alter zwischen 31 und 40 Jahren. Zahlreiche Initiativen und Vereine haben Maßnahmen ergriffen, die hier ansetzen und ebenfalls dem Ziel der Stärkung der interkulturellen Kompetenz gewidmet sind. Seit 2003 organisiert und unterstützt die Landesstelle Gewaltprävention zahlreiche Fachtagungen, Zeitzeugengespräche sowie Präventionsprojekte in verschiedenen Regionen Thüringens. Thüringenweit konnte in den Kommunen ein Netz von themenbezogenen Gremienarbeiten entwickelt werden. Seit Jahren arbeiten zum Beispiel der runde Tisch gegen Gewalt, „Treffsicherheit“, Präventionsräte gegen Gewalt und Extremismus und Verantwortungsträger gemeinsam an der Minimierung von spezifischen Gewaltvorkommnissen. Bei ihren Arbeitsvorhaben sind sie dabei stets darum bemüht, zivilgesellschaftliches Engagement zu integrieren. Hervorzuheben ist auch das in den Jahren 2007 bis 2010 in Thüringen veranstaltete Modellprojekt „Perspektivwechsel“, Bildungsinitiative gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. in Kooperation mit der Landesstelle Gewaltprävention. Ein weiterer Maßnahmeschwerpunkt ist die Qualifizierung und Sensibilisierung von Experten durch spezielle Fortbildungsan

gebote des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien zu diesem Themenkomplex, beispielsweise für Mitarbeiter schulpsychologischer Dienste oder für Beratungs- und Vertrauenslehrer. Wie Sie sehen, existiert in Thüringen ein umfangreiches und über Jahre gewachsenes gefestigtes Netzwerk an Akteuren, die sich gemeinsam mit der Thüringer Landesregierung dem Ziel der Prävention von Konflikten mit Migrationshintergrund verschrieben haben. Auf diesem Gebiet wird erfolgreiche Arbeit geleistet.

Meine Damen und Herren, dies alles zeigt, dass die Thüringer Landesregierung ihrer Verantwortung für das Gelingen von Integration von Migrantinnen und Migranten im Freistaat gerecht wird.

(Beifall CDU)

Integration ist eine zentrale politische wie auch eine gesellschaftliche Aufgabe, die den Staat als auch die Bürgergesellschaft gemeinsam fordert. Wir können stolz darauf sein, was in diesem Bereich in den vergangenen Jahren geschaffen worden ist und wollen gemeinsam mit der Thüringer Landesregierung und den Thüringer Bürgerinnen und Bürgern auf diesem erfolgreichen Weg weitergehen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich glaube, das war eine umfangreiche Berichterstattung, was hier alles schon in Thüringen geleistet worden ist. Danke.

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen nicht vor. Für die Landesregierung hat das Wort Minister Dr. Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr geehrter Herr Ausländerbeauftragter der Landesregierung, die Großen Anfragen der CDU-Fraktion vom 12. Februar sowie der SPD-Fraktion vom 20. Februar sprechen unter anderem Maßnahmen der Landesregierung zur Integration von Zuwanderern an und beleuchten in insgesamt 184 Fragen alle für die Integration von Zuwanderern wesentlichen Bereiche. Ich möchte mich zunächst bei allen Mitarbeitern der Ministerien bedanken und natürlich den Mitarbeitern des Innenressorts, insbesondere bei denen, die an dieser umfangreichen Arbeit beteiligt waren und sich hier engagiert haben. Die Antworten der Landesregierung auf die Großen Anfragen liegen Ihnen in Form der Landtagsdrucksachen 4/3232 vom 1. August 2007 und 4/3243 vom 6. August 2007 vor. Sie enthalten eine Vielzahl von detaillierten Angaben. Ich möchte mich

heute auf die aus meiner Sicht wesentlichen Aspekte einer erfolgreichen Integrationspolitik beschränken.

Meine Damen und Herren, die Integration von Zuwanderern ist eine so komplexe Aufgabe, dass Bund, Länder und Kommunen sowie die mit Integrationsfragen befassten Organisationen und nicht zuletzt auch die Zuwanderer selbst aktiv am Integrationsprozess mitarbeiten müssen. Inzwischen leben mehr als 15 Mio. Menschen aus annähernd 200 Staaten in Deutschland. Das Zusammenleben mit ihnen hat unsere Gesellschaft kulturell, wirtschaftlich und politisch verändert. Ein Prozess ist in Gang gekommen, der Chancen eröffnet, aber auch gesellschaftliche Spannungen erzeugt, denen es mit einer zukunftsweisenden und nachhaltigen Integrationspolitik zu begegnen gilt. Auf Initiative der Bundeskanzlerin fand im Juli 2006 der erste Integrationsgipfel statt. Damit wurde ein von allen staatlichen Ebenen und der Gesellschaft geführter Diskussionsprozess eingeleitet, den es in dieser Breite und Intensität bisher in Deutschland noch nicht gegeben hat.

Integrationspolitik ist als wichtige politische Aufgabe in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Dabei gilt es, Realitäten zu analysieren, Defizite zu benennen und alle Menschen, die dauerhaft in Deutschland leben, in diesen Prozess einzubinden. Integration muss als ein wichtiger Bestandteil für den Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft begriffen werden. Dieser Prozess setzt die Einbeziehung der Länder zwingend voraus.

Die Bundeskanzlerin hat der Öffentlichkeit am 12. Juli dieses Jahres den Nationalen Integrationsplan vorgestellt. Die Länder hatten zuvor mit Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. Juni dieses Jahres ihre gemeinsamen Positionen zu den wesentlichen Handlungsfeldern der Integrationspolitik formuliert. Die Länder legen dabei einen besonderen Schwerpunkt auf den frühzeitigen Erwerb der deutschen Sprache, auf die Bildung sowie auf die Integration in das Erwerbsleben.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, vier Themenkomplexe der Großen Anfragen aufzugreifen, die mir besonders wichtig erscheinen. Die Zuwanderung nach Thüringen erfolgte bisher im Wesentlichen im Rahmen der bundesweiten Zuweisung. Eine Zuwanderung durch Arbeitsmigration findet praktisch nicht statt. Auch gibt es in den neuen Ländern keine Generation von Gastarbeitern wie in den alten Ländern. Wenngleich die Zuwanderungszahlen in Thüringen im Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung gering sind, gilt es dennoch, gesellschaftliche Bedingungen zu schaffen, die eine Integration ermöglichen. Derzeit leben rund 100.000 Menschen mit Migrationshintergrund aus annähernd 150 verschiedenen Herkunftsländern in Thüringen, darunter viele

Kinder und Jugendliche.