Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Ich hoffe sehr, dass Sie eine Einigung mit den handelnden Personen vor Ort erreichen und vielleicht doch darüber nachdenken und den Standort Weber

stedt wieder in Betracht ziehen könnten. Die Thiemsburg mit ihrer Fülle ist ja da, sie stellt ein Zentrum und ein Tor zum Nationalpark dar, aber wir brauchen gerade in der Umweltbildung noch einen Ausgleich. Darüber müssten wir noch einmal reden, das kann die Thiemsburg allein nicht bieten. Ich bitte Sie, da auch noch mal - ich weiß, dass die Gespräche angedacht sind - mit der Region zu reden und doch wirklich ein Nationalparkhaus im Hainich nach zehn Jahren entstehen zu lassen. Denn es ist schon ein bisschen traurig, dass wir überhaupt zehn Jahre dazu gebraucht haben, drüber nachzudenken. Noch länger brauchen Sie ja, drüber nachzudenken, um einen Naturpark Südharz einzurichten. 1997 gab es eine Studie, die von Umweltminister Klaus Töpfer in Auftrag gegeben wurde, zu einem Biosphärenreservat Südharz - Schutzstellung der Karstlandschaft. Es wurde eindeutig favorisiert, dass ein Biosphärenreservat der Zukunft im ländlichen Raum dem Landkreis Nordhausen gut zu Gesicht stehen würde. Nein, es gab Gegenwehr aus der Landwirtschaft und schon haben Sie diese Studie im Schubfach verschwinden lassen. Aber, Herr Minister, Sie sagen doch selber, dass Naturschutz und Naturräume stärkend für die Wirtschaftsregionen sein können. Auch der Landkreis Nordhausen hat es bitter nötig, eine Stärkung zu erhalten. Jetzt hat der Kreistag schon ein paar Mal sich dafür ausgesprochen, da das Biosphärenreservat scheinbar nicht umsetzbar ist mit dieser Landesregierung, den Südharz als Naturpark auszuweisen. Ich weiß, dass Sie jetzt auf dem Weg sind und auch schon erste Gespräche geführt wurden und dass Sie für nächstes Jahr auch Geld bereitgestellt haben, aber bitte, machen Sie ein bisschen mehr Druck und lassen Sie die Region Nordhausen nicht im Stich. Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß und lassen Sie uns den Naturpark Harz einrichten, den es ja schon in Sachsen-Anhalt und in Niedersachsen gibt.

Der naturnahe Tourismus trägt auch zu einer stärkeren Vernetzung zwischen Stadt und Land bei und auch zu einer höheren Akzeptanz, dass die ländlichen Räume weiterer Förderung bedürfen. Ich finde diese Verzahnung zwischen Stadt, Tourismus und dem Naturschutz ist von besonderer Bedeutung und ist auch besonders wichtig für die Akzeptanz der ländlichen Räume. Von besonderen Naturschutzflächen im Waldbereich sprechen wir auch bei der Hohen Schrecke. Da zeigt sich, wie das Land wirklich vollkommen versagt hat. Ohne Not wurde eine der naturreichsten Flächen in der Hohen Schrecke an einen Freund des Ministerpräsidenten verkauft, der den auch noch bezahlen darf, indem er vorher die Bäume fällt und die Erlöse aus dem Holzverkauf dann nimmt, um den Wald zu bezahlen. Das gleicht schon fast einem Skandal und war gegen die Interessen der Menschen im ländlichen Raum.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Herr Minister, Sie haben zu Recht die große Bedeutung der Forstwirtschaft in Thüringen angesprochen. Da sind wir vollkommen d’accord. Die Forstwirtschaft in Thüringen leistet gute Dienste auch zum Nutzen und zum Wohle von Thüringen. Aber bei den ganzen Umstrukturierungen, die gerade die Forstabteilungen, die Forstämter, die Reviere und die Menschen im Forst in den letzten Jahren erdulden und erleiden mussten, die sie ja alle mitgetragen haben und dann bei Kyrill doch im Rahmen des Möglichen alle ihren Mann standen, hätten die sich vielleicht eine klare Aussage zum Erhalt des Einheitsforstamtes in Thüringen gewünscht. Das hat mir in Ihrer Regierungserklärung ein bisschen gefehlt, aber das können Sie ja noch nachholen. Wir sind uns alle einig, dass das Einheitsforstamt in Thüringen weiter bestehen soll und dass wir es auch weiter in Thüringen brauchen.

Ihre Ansätze zur Dorferneuerung, zur neuen Untersetzung können wir teilen. Wir sehen auch, dass die Kirchturmpolitik zu Ende gehen muss. Wir müssen auch fragen: Wer hat die Kirchturmpolitik denn bis jetzt betrieben? Das waren nicht die Oppositionsparteien in Thüringen; das war die CDU, die diese Politik bis jetzt im Land vorangetrieben hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Nichtsdestotrotz ist Ihr Ansatz vollkommen richtig. Wir können darüber nachdenken, diese Förderung und diese Ansätze zu teilen, aber die SPD-Fraktion möchte gern im Dezember zur Haushaltsberatung einen Antrag stellen, die Fördersätze noch mal zu überdenken und hochzunehmen, da ja jetzt die Mehrwertsteuer nicht mehr gefördert werden kann. Das wissen wir alle, das ist ein Problem für die Kommunen. Wir sehen eine große Gefahr, dass dadurch die Kommunen die Gelder nicht mehr so abrufen können. Wir würden doch bitten, dass man darüber nachdenkt, die Fördersätze wieder hochzunehmen und damit den Kommunen mehr Spielraum zu lassen.

(Beifall SPD)

Neben der Erzeugung von Agrarprodukten nehmen die Landwirte wichtige gesellschaftliche Aufgaben wahr. Sie erhalten und pflegen unsere wertvolle Kulturlandschaft. Sie schützen damit die Vielfalt der Flora und Fauna, dies auch besonders in unseren benachteiligten Gebieten, die es im Thüringer Wald und auch im Südharz gibt. Deshalb bitte ich Sie, Herr Minister, vielleicht noch mal darüber nachzudenken, ob die Änderung der Richtlinie jetzt so gut ist mit diesen 10-ha-Größen, dass wir dann vielleicht gerade bei den benachteiligten Gebieten noch mal davon ausgehen können, dass diese drei Hektar vielleicht bleiben können, weil sonst die Kleinbetriebe nicht mehr diese Fördermittel beziehen können. Es wäre nur eine Anregung; vielleicht könnten wir darü

ber noch mal nachdenken, weil das Hochsetzen auf 10 ha gerade für diese sehr sensiblen Bereiche nicht der richtige Weg ist.

Eine wesentliche Bedeutung kommt der Förderung der Energiegewinnung und der Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen für energetische und stoffliche Zwecke zu. Der Landwirt - auch so ein Schlagwort aus der heutigen Zeit - wird in der Zukunft zum Energiewirt. Es kommt allerdings darauf an, die weitere Entwicklung so zu gestalten, dass die Landwirtschaft nicht nur auf die Rolle von bloßen Rohstoffproduzenten reduziert wird und dass die Förderung nicht zu neuen Abhängigkeiten führt. Wer die Entwicklung der ländlichen Räume ernst nimmt, muss aber die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eher beschleunigen und nicht verhindern. Da haben Sie sich seit dem Jahr 2000 wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Die Blockadehaltung beim Erneuerbare-Energien-Gesetz war zum Schaden dieses Landes und zum Schaden der ländlichen Räume in Thüringen.

(Beifall SPD)

Selbst im Jahre 2004 haben Sie noch blockiert bei der Überarbeitung dieses Gesetzes. Ich hoffe, dass Sie jetzt von Ihrer Blockade abgehen. Jetzt ist die nächste Überarbeitung mit der Kraft-Wärme-Kopplung vorgesehen und da können Sie mal zeigen, dass Sie auch auf der Höhe der Zeit sind und endlich erkannt haben, wie wichtig die erneuerbaren Energien auch für Thüringen sind. Alle Bereiche der Landwirtschaft, unabhängig von der Betriebsgröße, von der Betriebsstruktur und Produktionsweise, müssen weiter unterstützt werden. Ich möchte gar nicht zwischen der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft unterscheiden, denn wir brauchen in Thüringen alle, um das Land weiter voranzubringen. Ein großes Plus für uns ist der hervorragende Ruf unserer Thüringer Lebensmittel. Dieser Ruf darf wirklich nicht gefährdet werden. Deshalb sollten wir als Politiker die Initiativen für eine gentechnikfreie Region unterstützen. Damit können wir den Ruf unserer Lebensmittel weiter schützen. Sie wissen, die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland möchten keine gentechnikveränderten Lebensmittel und wir sollten diesem Rechnung tragen und Thüringen gentechnikfrei gestalten. Es wäre ein Ansatz, wo wir auch wieder davon profitieren können und unsere Lebensmittel einen guten Ruf behalten können. Bei allen Problemen, die auf uns zukommen, die ja auch von allen Vorrednern schon beschrieben wurden, bin ich überzeugt, dass die Menschen weiter gern in Thüringen auf dem Land leben möchten. Ich bin überzeugt, dass das als positive Signale auch von unseren ländlichen Regionen und von unserem ländlichen Raum ausgehen wird, wenn wir alle mittun. Wir dürfen die Menschen in den ländlichen Regionen

nicht allein lassen, wir müssen sie weiter unterstützen, wir müssen sie auch weiter fördern und wir müssen den Demographen zeigen, dass es nicht so schlimm sein kann, wenn der ländliche Raum, so wie die Demographen es beschreiben, männlich wird, dumm und alt. Wir müssen dagegen arbeiten, dass es nicht so wird,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da gibt es keinen Zusammenhang, hoffe ich.)

aber die Hoffnung besteht, im Jahre 2050 gibt es wieder einen Frauenüberhang, besonders von 90jährigen Frauen im ländlichen Raum. Also haben wir die Hoffnung für den ländlichen Raum, vertrauen wir auf 2050 und schauen frohgemut in die Zukunft. Danke schön.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Primas, CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank an unseren Minister für den ländlichen Raum, Dr. Volker Sklenar, für die Regierungserklärung, die deutlich macht, welche enormen Leistungen unsere Bürgerinnen und Bürger seit der Wende erbracht haben,

(Beifall CDU)

wie der Strukturumbruch in unseren Dörfern und insbesondere auch in der Landwirtschaft gelungen ist.

Wir können auch ein wenig stolz sein, meine Damen und Herren, dass die Politik mit ihren Rahmenbedingungen einen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat. Ich möchte darauf verweisen, dass das Thema ländlicher Raum nicht das erste Mal debattiert wird. Hier erinnere ich an die Debatten im März und im Juni dieses Jahres im Rahmen der Großen Anfrage. In den Medien fand zu diesem für mich wichtigen Thema leider kaum eine Würdigung statt und wir sollten auch im Ergebnis der heutigen Debatte nicht zu viel erwarten, denn die Materie ist vielleicht zu trocken und komplex, bringt keine Skandale und ist also nicht so interessant. Meine Meinung bestätigt sich darin, wenn ich mir die heutige Presse anschaue, Ostthüringer Zeitung: „So wird die Aktuelle Stunde im Parlament mehr Aufmerksamkeit erregen als die Regierungserklärung des Agrar- und Umweltministers Sklenar zum Thema „Ländlicher Raum in Zukunft“. Das ist alles. Ich mache mir keine großen Hoffnungen, dass sich das ändern wird. Unabhängig davon sollten wir uns wenigstens damit befassen als Par

lamentarier und auf diesem guten Weg, den wir gehen, fortschreiten. Es ist nämlich wichtig, Signale zu setzen, dass der ländliche Raum nicht von der Politik vergessen ist.

Die Regierungserklärung zeigt ganz deutlich, dass das Gegenteil der Fall ist. Bekanntlich besteht der Freistaat bis auf wenige Ausnahmen aus ländlichem Raum. In den Dörfern und Kleinstädten leben die meisten Menschen, ländliche Räume sind Standorte der Wirtschaft, des Handels, der Dienstleistungen, der Kultur und der Erholung und Thüringen ist auch vor allem Wohnstandort. Die seit Jahrhunderten wachsenden Dörfer, die in unsere Kulturlandschaft eingebettet sind, üben eine große Identifikations- und Bindungswirkung aus. Traditionen spielen hier noch eine große Rolle und führen zu einem ausgeprägten Heimatgefühl. Es gibt in Thüringen derzeit 992 Gemeinden, davon 32 mit mehr als 10.000 Einwohnern. Die restlichen 960 Gemeinden bestehen zumeist aus vielen kleinen Ortsteilen, ehemals selbständigen Dörfern. Gemessen am maroden Zustand zum Zeitpunkt der deutschen Einheit haben die ländlichen Regionen flächendeckend eine sehr positive Entwicklung genommen. Der ländliche Raum hat die Marke Thüringen nach der Wende wesentlich mitgeprägt. Mit dem grünen Herz Deutschland verbindet man automatisch die Kulturlandschaften des ländlichen Raums. Uns stehen zur Entwicklung des ländlichen Raums die vielfältigsten Entwicklungsprogramme, gespeist aus den Töpfen der EU, des Bundes und des Landes, zur Verfügung. Die Maßnahmen der integrierten ländlichen Entwicklung, also im Wesentlichen LEADER, integrierte ländliche Entwicklungskonzepte, Regionalmanagement, Dorferneuerung und Dorfentwicklung, Flurbereinigung und ländlicher und forstwirtschaftlicher Wegebau leisten einen wesentlichen Beitrag zur Förderung und Verbesserung der Lebensqualität in den ländlichen Regionen.

Neue oder ausgebaute Straßen, sanierte öffentliche und private Gebäude, dörfliche Gemeinschaftsanlagen und eine geordnete Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie neu geordnetes Eigentum bewirken einen bemerkenswerten Entwicklungsschub. Allein diese Aufzählung der Förderinstrumentarien zeigt, was für komplexe Möglichkeiten existieren, um die ländlichen Regionen für die Zukunft fit zu machen. Ich kann daher den Rechnungshof nicht verstehen, der jüngst an Einzelbeispielen zu dem Ergebnis gekommen sein will, dass die Dorferneuerung nicht effizient sei. Die Instrumentarien sind sehr komplex und es gehören immer noch engagierte Bürger und besonders Kommunalverantwortliche dazu, daraus etwas zu machen. Nicht jede Gemeinde hat die gleichen Voraussetzungen, das sollten die Bürokraten beachten.

Wir in Thüringen können gerade auf die Leistungen aus der Dorferneuerung stolz sein. Wer mit offenen Augen durch die Dörfer geht, sieht, wie attraktiv unsere Dörfer geworden sind. Das sind eben nicht nur die Fassaden, hier wurde das Dorf im Kern erneuert, hier wurden die Straßen gemacht, hier wurde die Entwässerung gemacht, hier wurde ein Dorfgemeinschaftshaus gebaut, das ist in jedem Ort unterschiedlich - und nicht nur die Fassaden, Frau Dr. ScheringerWright, das ist nicht Inhalt der Dorferneuerung.

(Beifall CDU)

Das war gut für die Infrastruktur, für die Landwirte, aber auch für die privaten Hausbesitzer, die haben auch etwas davon gehabt. Ich sage Ihnen, wenn einer anfängt, die Fassade zu machen, machen es die anderen auch. Wenn die Gemeinde anfängt, die Straße zu machen, dann gehen die Bürger auch hin und fegen die Straße. Aber wenn die Straße kaputt ist, haben sie keinen Anreiz dazu. Ich denke, mit dem Thema „Dorferneuerung“ haben wir eine ganze Menge geschafft. Das sollen wir auch nicht kaputtreden als „Fassaden“. Ich fand es daneben.

(Beifall CDU)

Wir wissen aber auch, dass gerade die Dorferneuerung dem örtlichen Handwerk zugute gekommen ist, damit versteht sich die Dorferneuerung auch als regionale Handwerksförderung. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass wir die Mittel der Dorferneuerung im zukünftigen Doppelhaushalt sogar um jährlich 10 Mio. € erhöhen wollen. Dass sich Politik und Verwaltung an geänderte Situationen anpassen kann, zeigt, dass jetzt diese Vitalitätsprüfung an die Ausreichung der Fördermittel vorgeschaltet wird. Das bedeutet, dass man nicht die gleiche Einrichtung in diesem Dorf und daneben auch noch mal haben muss, dass das abgestimmt ist. Was daran falsch sein soll, kann ich nicht verstehen. Ich denke, die, die intensiv in der ländlichen Entwicklung tätig waren, haben das auch in der Vergangenheit schon gemacht. Dass wir das jetzt als zusätzliches Instrument der Prüfung vorschalten, ist nur folgerichtig und auch in Ordnung.

Das müssen wir auch sagen, das gehört dazu, in einem der nächsten Tagesordnungspunkte werden wir über Eingemeindungen von Ortschaften in die Städte reden. Dann sollen wir auch jetzt sagen, wenn das passiert ist, werden diese Ortschaften nicht mehr in der Dorferneuerung sein, das ändert sich auch an der Richtlinie. Das wissen viele nicht, aber das muss man auch dazu sagen. Es findet dann keine Dorferneuerung mehr in den kleinen Orten statt, die weit weg von einer Stadt sich eingemeinden lassen wollen in eine Stadt. Aber es ist wichtig, dass man auch das sagt.

Meine Damen und Herren, die landwirtschaftlich geprägten Regionen sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Thüringen. Als mittelständisch strukturierter Wirtschaftszweig sichern die Landwirtschaft und die übrige Agrarwirtschaft wichtige Arbeitsplätze, der Minister hat das ausgeführt. Ländlich geprägte Regionen tragen nicht nur zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung bei, sie sind auch Rohstoff- und Energielieferant.

Wie sieht die zukünftige Entwicklung aus? Unsere ländlichen Regionen im Freistaat Thüringen stehen angesichts der Globalisierung, der zunehmenden Liberalisierung der Märkte im Zuge der Osterweiterung, der Rationalisierungsprozesse der Wirtschaft, wie schon mehrfach angeführt, der demographischen Entwicklung, der begrenzten finanziellen Ressourcen und nicht zuletzt des fortlaufenden Strukturwandels vor großen Veränderungen. Wir befinden uns in einem immerwährenden und sich beschleunigenden Veränderungsprozess. Der Wandel wird zum Normalfall. Dies gilt natürlich auch für den ländlichen Raum. Aber am grundlegenden Ziel wird sich dennoch nichts ändern, denn der Erhalt bestehender und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze sind die zentralen Herausforderungen und Ziele für die nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume. Beschäftigung und Wachstum entstehen durch Investitionen, Innovationen, Existenzgründungen, Infrastruktur, Entbürokratisierung und Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte. Letztere setzen entsprechende Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten im ländlichen Raum voraus. Diesen Prämissen müssen wir uns stellen und unsere Rahmenbedingungen daran anpassen. Eine Veränderung des Bildungssystems werden wir in Thüringen nicht vornehmen, Frau Becker, denn genau das, was wir in Thüringen haben, zeigt uns anhand der Ergebnisse, dass wir auf dem richtigen Weg sind und das nicht verändern müssen, sondern wir müssen es qualifizieren und ausbauen. Trotz der übersehbaren positiven Entwicklungserfolge in Thüringen stehen weiterhin strukturelle Unterschiede im Entwicklungsstand der einzelnen Regionen. Der demographische Wandel wird diese Unterschiede noch verstärken.

Der Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Regionen Thüringens ist und bleibt ein zentrales gesellschaftspolitisches Anliegen. Ich sage ganz klar, wir wollen keine regionale Abkopplung zugunsten von Metropolregionen oder ländlichen Leuchttürmen, wie es beispielsweise in nördlicheren Bundesländern zu sehen ist. Gleichwohl bedarf das Prinzip gleichwertiger Lebensverhältnisse vor dem Hintergrund insbesondere des demographischen Wandels einer Präzisierung und Neuinterpretation. Wir benötigen mehr differenzierte und angepasste Lösungen. Das räumliche Nebeneinander von wachsenden, stagnierenden und schrumpfenden Gemeinden erfordert

differenzierte und an die Besonderheiten des jeweiligen Teilraumes angepasste flexible Lösungsmöglichkeiten, um den Stärken und Schwächen der Teilräume bestmöglichst gerecht zu werden. Genau hier setzen die planerischen, Boden ordnenden und investiven Instrumente der integrierten ländlichen Entwicklung an. Wir unterstreichen das Prinzip der eigenständigen Entwicklung für unsere ländlichen Regionen. Nur so wird es gelingen, sie zukunftsfähig zu gestalten, Stärken zu stärken und Schwächen abzubauen. Dies ist kein Paradigmenwechsel zugunsten einer einseitigen Schwerpunktsetzung, sondern weiterhin der Kompromiss zwischen gleichwertiger Verteilung und Konzentration.

Der CDU-Fraktion und der Landesregierung war und ist an einer angemessenen Finanzausstattung der für die Entwicklung der ländlichen Räume in Thüringen nutzbaren Förderinstrumente gelegen. Dies ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen und insbesondere bei der FörderInitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen, prägnant und landwirtschaftsnah „FILET“ genannt, auch gelungen. Mit der neuen Förderperiode war von Anfang an klar, dass der bereits eingetretene Rückgang an EU- und Bundesmitteln leider nicht verhindert werden konnte. Dies ist spürbar und schmerzhaft. Gleichzeitig stellt diese Entwicklung aber auch eine Herausforderung und eine Chance dar, die vorhandenen Förderinstrumente zukunftstauglich auszurichten und die Mittel auf die Vorhaben zu konzentrieren, die nachweislich für dörfliche und ländliche sowie städtische Entwicklung unerlässlich und effizient sind. Mit der FörderInitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen wird auf mehr Wachstum, Beschäftigung und verbesserte Wettbewerbsfähigkeit im ländlichen Raum orientiert. Die Entwicklungsstrategie für unsere ländlichen Räume ist klar. Bis 2013 bietet das bereits angeführte, unter anderem mit EFRE und ESF abgestimmte FILET eine gute Ausgangsbasis, um mit Blick auf die erreichte ressortübergreifende Förderung auch von ländlich geprägten Kleinstädten Wachstums- oder Schrumpfungsprozesse im ländlichen Raum und in den Städten begleiten zu können. Die bis 2013 in der Förderinitiative vorgesehene Finanzausstattung wird es bei Konzentration auf wesentliche Entwicklungsbeiträge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, Verbesserung der Umwelt, Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum, Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft ermöglichen, diese angemessen begleiten zu können. Neben gesunkener Mittelausstattung für unsere bewährten Instrumente zur Förderung des ländlichen Raums zwingen auch andere Entwicklungen, insbesondere die demographische Veränderung, die Abwanderung junger Menschen oder die sich abzeichnende Überalterung, zur strategischen Neuausrichtung dieser Instrumente. Die politischen Weichen wurden gestellt. Positive Anknüpfungs

punkte sind dafür: die Bündelung von raumwirksamen Planungen, koordinierter ressort- und sektorenübergreifender Einsatz von Fördermitteln, neue Formen der freiwilligen Zusammenarbeit von Akteuren in regionalen Arbeitsgruppen als Form der aktiven Bürgergesellschaft nach dem LEADER-Muster anstelle verordneter Zusammenschlüsse sowie die Ausrichtung der staatlichen Förderung auf neue Inhalte wie Arbeitsplätze, Jugend, Bildung, Bindung an die Heimat statt Abwanderung, Anpassung der Infrastruktur, Verstärkung der Innenentwicklung der Dörfer, Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, auch durch Brachflächenrevitalisierung.

Meine Damen und Herren, auch in der Neuausrichtung der ländlichen Förderung wollen wir, dass die Landwirtschaft als innovativer und multifunktionaler Wirtschaftszweig auch weiterhin die tragende Säule für die Stabilität der ländlichen Räume bleibt. Das macht auch Sinn in einem Land, in welchem die Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft Wirtschaftsfaktor Nummer 1 ist und nicht zuletzt durch die Landwirte gestaltete Kulturlandschaften - ich sage Kulturlandschaften - den Erholungswert ausmachen und Wertschöpfungen im Tourismus überhaupt erst eröffnen. Eckpunkte einer solchen Weiterentwicklung sind die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden und umweltverträglichen Landbewirtschaftung, die Steigerung der Wertschöpfungstiefe durch Ausbau regionaler und lokaler Wertschöpfungsketten, die Erschließung weiterer Einkommensquellen, beispielsweise energetische und stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen als Beitrag zur Ressourcenschonung und zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Die Pressemeldung des Thüringer Landesamtes für Statistik vom 13. November belegt deutlich, dass Thüringen bei der Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien die bundesdeutsche Spitzenstellung - gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern und Bayern - einnimmt, Frau Dr. Scheringer-Wright.

(Beifall CDU) Den wesentlichen Beitrag in Thüringen liefert nicht Wind, nicht Fotovoltaik, sondern die Biomasse, die aus dem ländlichen Raum kommt, und das ist unsere Stärke. Dies soll mithilfe unseres Bioenergieprogramms noch weiter ausgebaut werden. (Beifall CDU)

Das EEG, das Frau Becker angesprochen hat, was angeblich die CDU blockiert hat, haben wir nicht wegen der Biomasse blockiert,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nein, aber wegen der Windenergie.)

sondern wegen der Windenergie. Denn wenn man durch die Bundesrepublik fährt, dann sieht man in Baden-Württemberg kein Windrad, da sieht man in Bayern kein Windrad und in Thüringen haben wir sie dafür stehen und wir wollten sie eigentlich gar nicht. Wir wollten das mit Bioenergie machen und nicht mit Windkraft unsere Landschaft verschandeln.

(Unruhe SPD)

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: Landschaft verschandeln, welche Alternativen haben Sie dann?)

Jetzt, meine Damen und Herren, reden wir nicht über das EEG, das in der Form, wie es ist, super ist - das ist okay so -, sondern wir reden im Moment in Thüringen darüber, dass wir bei den Biodieselherstellern Probleme haben,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja, wo denn?)

nämlich mit der Besteuerung, weil diese Besteuerung in mehrere Stufen geteilt ist. Jetzt geht es darum, wenn wir schon die erste Stufe haben, die schwer verkraftbar ist, so die Erzeuger von Biodiesel, dann sollten wir wenigstens für nächstes Jahr die geplante zweite Stufe nicht machen. Da weigert sich aktuell eben die SPD mitzuziehen, sie will das

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist doch dummes Zeug, das stimmt doch nicht.)

und gefährdet damit Arbeitsplätze und Betriebe in Thüringen. Das muss man wissen. Sie sollten sich, Frau Becker, mal erkundigen, was die SPD in Berlin im Moment treibt. Das ist gegen unsere Entwicklung in Thüringen gerichtet, das muss man mal deutlich sagen.

(Beifall CDU)