Bis 2020 wollen wir in Thüringen 20 Prozent des Primärenergiebedarfs allein durch Biomasse abdecken. Ein anspruchsvolles Ziel, davon können andere nur träumen, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn wir haben damit einen Stand erreicht, der einem Vorlauf gegenüber anderen Ländern von rund zehn Jahren entspricht. Seit 1994 gibt es den Bioenergietag, der von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft ausgerichtet wird. Anfangs belächelt, hat sich der Bioenergietag zu einer festen Größe entwickelt, wofür ich an dieser Stelle für das Engagement und die Beharrlichkeit der TLL einschließlich des angegliederten Zentrums für nachwachsende Rohstoffe in Dornburg recht herzlich Dank sage.
Die Besucherresonanz führte dazu, dass alle fünf Jahre ein größerer Saal angemietet werden musste. Vor einigen Tagen wurde hier im Landtag der nunmehr 13. Bioenergietag abgehalten. Dieses Jahr stand das Thema „Bioenergiedörfer“ im Mittelpunkt. Das steigende Interesse auch von Thüringer Kommunen zeigt, dass wir möglicherweise vor rasanten Veränderungen hin zu einer dezentralen Energieversorgung aus eigenen Ressourcen im ländlichen Raum stehen. Neben dem Effekt der Erschließung von Einkommensalternativen für Land- und Forstwirtschaft wird in Zukunft der verstärkte Ausbau der regionalen Energieversorgung auch zu gravierenden Veränderungen im ländlichen Raum führen. Die Strompreispolitik der Energiekonzerne forciert diesen Prozess noch zusätzlich.
Meine Damen und Herren, wir müssen darauf achten, dass die große Spannweite zwischen von der Natur begünstigten Lagen mit wettbewerbsfähigen Agrarproduktionen wie im Thüringer Becken einerseits und von der Natur benachteiligten Regionen, und zwar geringer Standortproduktivität, jedoch besonderer ökologischer und touristischer Bedeutung wie im Thüringer Wald andererseits in Zukunft für den Erhalt einer flächendeckenden und nachhaltigen Land- und Forstbewirtschaftung differenziert Hilfen erfordert. Auch hier wird daran gearbeitet, ich nenne nur die Stichpunkte „Grünlandprämie“ und „KULAP“.
Ein insbesondere im ländlichen Raum bedeutsamer Sektor, meine Damen und Herren, in Thüringen ist der sogenannte Cluster Holz und Forst. Als holzreiches Bundesland ist es uns in Thüringen gelungen, sowohl auf dem Laubsektor als auch beim Nadelholz leistungsfähige Sägewerke, die zu den produktivsten in Europa zählen, zu errichten. Damit errei
chen wir beim Rohstoff Holz eine überragende Exportquote. Darüber hinaus haben wir insbesondere in Ostthüringen mit dem Standort Ebersdorf und dem Zellstoffwerk in Blankenstein bedeutende Standorte der holzverarbeitenden Industrie, die sich positiv für den Holzabsatz auswirkt. Die Forststruktur haben wir in Thüringen in den letzten Jahren immer angepasst und waren dort immer relativ schnell an den neuen Aufgaben. Es hat sich bewährt, was wir mit dieser Umstrukturierung gemacht haben. Nicht zuletzt am Beispiel der Aufarbeitung des Schadholzes nach dem Kyrill hat sich gezeigt, dass sich diese Struktur des Festhaltens am Einheitsforstamt für Thüringen bewährt hat. Das muss und soll auch so bleiben. Die Beispiele anderer Länder, die diesen Weg nicht gegangen sind, sind negativ. Sie werden zurückkommen und schauen, was habt ihr in Thüringen gemacht, wie habt ihr es in Thüringen realisiert, und werden sich wieder umstrukturieren. Ich gehe fest davon aus.
Meine Damen und Herren, wer die Abteilung nun leitet, das interessiert keinen Menschen. Wichtig ist, dass die Arbeit erledigt wird, und die wird hervorragend erledigt. Dafür danke ich allen, die dafür zuständig waren ganz besonders.
Wir haben Kyrill-Schadholzaufarbeitung ohne die zu erwartenden schweren Unfälle durchgezogen und sind fertig. Danke schön an die Leute, denn nur mit diesem Engagement in allen Bereichen des Waldes, ob privat, ob kommunal oder staatlich, sind super Aufgabenerledigungen durchgeführt worden; die Leitung, die im Amt war, hat das - das sage ich ausdrücklich - hervorragend gemacht und hervorragend gemeistert.
Dass wir aus Brüssel nun aus Solidarmitteln noch einige Millionen als Entschädigung zur Verbesserung für Wege usw. bekommen, ist hervorragend und super. Das mit den Wegen ist auch dringend notwendig. Ich denke, da haben wir noch eine ganze Menge zu tun, aber das wird sich auch leisten lassen. Das ist eine richtig gute Geschichte, dass sich Europa mit uns solidarisch zeigt.
Meine Fraktion ist der festen Überzeugung, dass die Landwirtschaft als innovativer und multifunktionaler Wirtschaftszweig auch weiterhin eine tragende Säule für die Stabilität der ländlichen Räume bleibt. Ich glaube, die Entwicklung der derzeit steigenden Rohstoffpreise in der Landwirtschaft, die Chancen sich zunehmend am Markt zu bewegen, mit unseren Agrarstukturen haben wir gegenüber
anderen deutliche Vorteile, das sollten wir auch nutzen. Unsere Agrarbetriebe sind - ich sage es mal - europäische Global Player in der Branche. Wir wissen auch, der ländliche Raum kann heute nicht mehr nur allein von der Landwirtschaft leben. Lassen Sie mich nur einige Punkte anreißen, die es auszubauen gilt: Leistungsfähige Verkehrswege sind wichtige Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Regionen, insbesondere im ländlichen Raum. Daher muss ungeachtet der bisherigen Leistungen im Verkehrswegebau auch in der Fläche weiter investiert werden, wo es notwendig ist, Herr Verkehrsminister. Wir müssen Chancen des Tourismus nutzen, dieser hat für Thüringen schon jetzt eine sehr große Bedeutung. Und wenn man meint, die Bezeichnung „Naturpark“ bringt uns große Vorteile, dann muss man das Schild malen und es hinhängen. Die Verordnung machen wir bei den anderen Naturparken auch später. Wenn das das Primat ist, dann sollte man es tun, da wird der Minister nichts dagegen haben, Frau Becker.
Durch die vielfältige Verflechtung mit anderen Wirtschaftszweigen machen andere auch die mittelbaren Effekte, den Tourismus, zu einem wichtigen Impulsgeber für Handel, Freizeit, Industrie und andere Dienstleistungsgewerbe. In den wachsenden Wirtschaftsbereichen Erholung, Gesundheit, Fitness, Wellness haben die ländlichen Räume mit ihrer intakten Natur und vielfältigen Kulturlandschaft gerade in einer alternden Gesellschaft hervorragende Chancen. Wir müssen angesichts des Wettbewerbs verstärkt auf Qualität setzen.
Unser Landwirtschaftsminister hat vor wenigen Tagen das erste Fünf-Sterne-Qualitätszertifikat für einen Ferienhof in Remptendorf vergeben. Das ist der richtige Weg und ich hoffe, es gibt bald mehr davon.
Der ländliche Raum darf bezüglich der Medienkommunikation nicht schlechter gestellt werden. Wir brauchen flächendeckend auch Breitbandanschlüsse. Inzwischen gibt es ernsthafte politische Initiativen, um diesen Missstand abzubauen.
Selbstverständlich darf sich die Bildung nicht aus der Fläche zurückziehen. Wir brauchen außer dem Schulsystem - darüber haben wir schon gesprochen - auch Schullandheime, die wir haben, wir brauchen die Jugendherbergen, die wir haben, wir brauchen die Jugendhäuser, Jugendverbände, Bildungsstätten, Schulwaldheime, Umweltbildungseinrichtungen etc. und sie stehen für ganz bestimmte Formen der Bildung und Erziehung, die sich in den ländlichen Regionen Thüringens inzwischen etabliert haben.
Der Agrarausschuss hat auf Initiative meiner Fraktion eine umfassende Anhörung zum Thema „Grüne Berufe“ durchgeführt, um es mal salopp zu sagen, ein dummer Bauer oder Forstmann ist heutzutage im
Beruf nicht mehr einsetzbar. Hier sind umfassende Kenntnisse verschiedenster Bereiche erforderlich, besonders bei der Technik. Deshalb ist es erfreulich, dass das Image der Branche deutlich gestiegen ist und für die Jugend zunehmend attraktiver wird trotz der bekannten persönlichen Einschränkungen im landwirtschaftlichen Bereich, die immer noch mit diesen Berufen verbunden sind und die abverlangt werden. Es sollte hier deutlich gesagt werden, dass der Freistaat mit den schulischen Ausbildungsstandorten Schwerstedt, Stadtroda für die Landwirtschaft, Erfurt für den Gartenbau - der Minister hat das ausgeführt, wie viele von Hessen hier rüberkommen - sowie Gehren für die Waldarbeiter ein überdurchschnittliches Niveau anbietet. Aber wir können z.B. auf Gehren bezogen nicht ausbilden auf Teufel komm raus und die Jugendlichen anschließend ohne eine Arbeit stehenlassen. Das muss auch verantwortungsbewusst gemacht werden. In diesem Sinne ist gedacht, dass alle, die diese ausgebildeten Forstwirte brauchen, sich auch an der Ausbildung beteiligen, um sicherzustellen, dass die Lehrlinge anschließend auch einen Job haben. Das ist Ziel und Zweck der Angelegenheit, nicht um Leute zu zwingen, Geld abzugeben, dass eine Ausbildung stattfindet. Das ist nämlich der falsche Weg.
Wesentliche Ursachen für junge Menschen, im ländlichen Raum zu bleiben, ist neben der sozial-kulturellen Verwurzelung über den Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis auch die Attraktivität des ländlichen Lebensraums. Damit der ländliche Raum als Lebensraum für junge und ältere Menschen attraktiv bleibt, brauchen wir attraktive Sportangebote. Unsere Sport- und Schützenvereine, das möchte ich hier lobend erwähnen, leisten mit ihrem ehrenamtlichen Engagement einen wesentlichen Beitrag dazu. Das müssen wir auch einmal positiv darstellen.
Obwohl wir, meine Damen und Herren, im Bereich Wasser/Abwasser deutliche Fortschritte erzielt haben - das ist auch schon mehrfach erwähnt worden -, ist der Anschlussgrad an eine Kläranlage aufgrund der katastrophalen Ausgangssituation nach der Wende noch deutlich niedriger als in anderen Bundesländern. Wir werden daher die Bürger im ländlichen Raum beim zukünftigen Anschluss an das Abwassernetz oder alternativ bei der Errichtung von Kleinkläranlagen finanziell unterstützen. Meine Fraktion setzt sich konsequent für eine Förderung der Kleinkläranlagen in der Zukunft ein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass vorher die Verbände ihre Abwasserbeseitigungskonzepte dahin gehend überarbeiten und die Grundstücke ausweisen, die zukünftig nicht an die zentrale Kläranlage angeschlossen werden können.
Im ländlichen Raum sind die Strukturen überschaubar, meine Damen und Herren. Die Bürgermeister und Gemeinderäte kennen relativ viele Bürgerinnen und Bürger persönlich. Durch die persönliche Ansprache der politisch Verantwortlichen kann die Motivation zum bürgerlichen Engagement noch intensiviert werden, wenn danach auch die Anerkennung hinzukommt. Deshalb müssen die zukünftigen Strukturen so ausgerichtet sein, dass diese Bindung zwischen den Bürgern und den kommunalen Verantwortungsträgern nicht verloren geht.
Meine Damen und Herren, mit den von mir ausgeführten Zielen für den ländlichen Raum steht meine Fraktion in Übereinstimmung mit ihrer Partei. Die CDU Thüringen ist die einzige Partei Thüringens, die im Juni dieses Jahres einen einstimmigen Beschluss zum ländlichen Raum gefasst hat. Ich empfehle Ihnen von der Opposition, sich diesen Beschluss einmal anzuschauen. Die CDU Thüringen hat sich hier den Anforderungen der Zukunft, wie Geburtenrückgang, demographischer Wandel, Zukunftsperspektive für junge Menschen, gleichwertige Lebensbedingungen für Stadt und Land, Wirtschaftsentwicklung des ländlichen Raums, Ausbau der Daseinsvorsorge, gestellt und ein deutliches politisches Ziel vorgegeben.
Die SPD - hören Sie zu, Herr Höhn - hat zumindest noch in ihrem Leitantrag einige Zielvorgaben aufgeführt. Die Forderungen nach Gentechnikfreiheit, Energieholznutzung sowie Nationalparken, Biosphärenreservaten und Naturparken erscheinen mir etwas dünn und ideologiebelastet.
Aber immerhin, im Gegensatz zur Linkspartei kann man zumindest noch einige Zielstellungen erkennen. In der Programmatik der Linkspartei ist totale Ebbe angesagt. Beispielsweise findet sich in der Vorbereitung zum Parteitag der Linkspartei am 1. und 2. Dezember in keinem der Papiere eine Aussage zum ländlichen Raum, in keinem der Papiere. Das will ich auch nicht weiter kommentieren, auch nicht den Vortrag von Frau Dr. Scheringer-Wright am heutigen Tage. Ich bin Minister Dr. Sklenar für die Aussagen dankbar, dass die Landesregierung noch im Dezember den Bericht zum ländlichen Raum vorlegen wird und darüber hinaus ein ressortübergreifendes Konzept zur Entwicklung des ländlichen Raums erarbeiten will. Dabei werden Sie sehen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, dass wir dabei auf einem guten Fundament aufbauen können und vielfach Be
währtes weiter fortführen werden. Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit erneut die Gelegenheit haben, uns hier im Hause mit dem Thema „Ländlicher Raum“ zu beschäftigen. Das ist auch richtig so. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zu drei Aspekten etwas ausführen. Ein Aspekt, der aus meiner Sicht in der Regierungserklärung viel zu wenig Beachtung gefunden hat, und zwei Aspekte, bei denen wir der Überzeugung sind - auch ich persönlich -, dass wir dort die Diskussion fortsetzen müssen.
Der erste Aspekt ist: Wer tatsächlich den ländlichen Raum stärken will, muss die dort vorhandenen Stärken erhalten und Defizite möglichst nivellieren, ausgleichen. Keinesfalls soll es so sein, dass wir den ländlichen Raum der Stadt angleichen wollen; dort sollen schon Unterschiede bleiben. Andererseits haben mit der Zielstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse auch die Bürger im ländlichen Raum einen Anspruch darauf, dass zum Beispiel kommunale Dienstleistungen und Angebote für sie mit erschwinglichen Aufwendungen erreichbar sind.
Deshalb wundert es uns, dass Sie, Herr Minister, im Namen der Landesregierung auf einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Diskussion, welche Verwaltungsstrukturen bieten wir denn im ländlichen Raum an, überhaupt nicht eingegangen sind. Wenn Sie aber tatsächlich den ländlichen Raum stärken wollen, werden Sie nicht umhinkommen, sich mit dieser Problematik zu beschäftigen. Sie sollten hier noch mal darlegen, warum Sie gerade diesen Punkt ausgeblendet haben. Die Antwort der CDU auf die Herausforderung im ländlichen Raum, nämlich die Bildung von sogenannten Landgemeinden, ist eher ein Armutszeugnis, ein Armutszeugnis, dass Sie offenbar die Probleme des ländlichen Raumes zumindest nicht nachhaltig und zukunftsweisend lösen wollen. Sie wollen jetzt im Rahmen der aktuellen Diskussion ein Zeichen setzen. Das ist aber viel zu kurz. Wenn ich Ihr Modell der Landgemeinden einmal heranziehe, ist es nichts anderes als eine qualifizierte Amtsgemeindestruktur. Es hat sich in anderen Bundesländern herausgestellt, dass das für den ländlichen Raum keinesfalls zukunftsichernd ist. Also, noch einmal: Wir gehen davon aus, ohne effiziente Verwaltungsstrukturen im ländlichen Bereich ist die Entwicklung
Einen zweiten Aspekt, der steht mit dem ersten unmittelbar im Zusammenhang: Gerade im ländlichen Raum sehen wir, dass die Bürger zur gemeindlichen Entwicklung ein ganz anderes Verhältnis haben als im städtischen Raum. Dort funktionieren demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten in viel intensiverem Maße. Das ist eine Stärke des ländlichen Raumes und deswegen sollten wir uns darauf konzentrieren, diese Stärke zu bewahren. Aber auch dort müssen Sie die Frage beantworten, warum Sie nicht bereit sind, auf das Interesse der Bürger abzustellen und die Möglichkeiten der demokratischen Mitwirkung zumindest an das Niveau der anderen Bundesländer anzupassen. Wir sind nach wie vor in Thüringen Schlusslicht, was die Möglichkeiten von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden betrifft, und das betrifft gerade die demokratische Mitwirkung im ländlichen Raum. Wenn Sie aber den ländlichen Raum wirklich stärken wollen, brauchen wir dort die Mitwirkung der Menschen.
Das geht nur auch über den Ausbau derartiger Elemente von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Deshalb sollten Sie den Mut haben, die jetzige Initiative für ein Volksbegehren zu unterstützen, weil sie insbesondere auch den Menschen im ländlichen Raum neue Perspektiven eröffnet.
Zu einem zweiten Komplex, der in Ihrer Regierungserklärung eine Rolle gespielt hat, aber der bestimmte Dinge ausblendet, das ist der Bereich der Abwasserentsorgung im ländlichen Bereich: Die SPD-Fraktion hat schon darauf verwiesen - 3,5 Mrd. € investiert. Damit haben wir erst die Hälfte der notwendigen Investitionen getätigt. Es freut uns, dass bei der CDU offenbar hier ein Umdenken erfolgt ist - weg von zentralen Lösungen hin zu dezentralen Lösungen. Sicherlich hat jetzt die CDU auch erkannt, dass 80 Prozent der Investitionskosten auf die Leitungsnetze entfallen und aufgrund der demographischen Entwicklung auch der Unterhaltungsaufwand dieser Leitungssysteme völlig unkalkulierbar ist. Deshalb wollen Sie verstärkt auf dezentrale Lösungen setzen. Aber wie machen Sie denn das? Sie bleiben dort im Promillebereich und Sie veralbern damit wieder die Öffentlichkeit. Im Haushalt haben Sie 2,5 Mio. € für die Förderung von Hauskläranlagen vorgesehen, von dezentralen Anlagen - mit 1.000 € wollen Sie so eine Anlage fördern -, das heißt, 2.500 Anlagen werden gefördert. Nach Angaben Ihres Hauses sind gegenwärtig 280.000 Grundstücke noch nicht an eine zentrale Kläranlage angeschlossen und Sie gehen davon
aus in der Prognose, wenn die abwassertechnischen Konzepte der Aufgabenträger realisiert sind, werden etwa 120.000 übrig bleiben. Nun stellen Sie das mal ins Verhältnis: 2.500 Anlagen wollen Sie fördern zu der Notwendigkeit von 120.000 Grundstücken. Die Frage müssen Sie mal beantworten, wie damit ein Umsteuern erreicht werden soll. Sie machen hier Aktionismus, wollen hier belegen, Sie würden angeblich umsteuern, aber haushaltstechnisch haben Sie das bedauerlicherweise nicht untersetzt. Es kommt natürlich hinzu, manche Entwicklungen sind so einfach gar nicht umzudrehen, denn bestimmte Anlagen stehen und die Funktionsweise dieser Anlagen ist davon abhängig, dass weitere Grundstücke ihr Abwasser in diese Anlagen entsorgen ganz nach der Devise: Koste es was es wolle. Die Entwicklung haben Sie zu verantworten, Sie als Landesregierung, weil Sie über Jahre den Bau von zentralen Kläranlagen gerade in Thüringen gefördert haben.
Jetzt kommt noch etwas erschwerend hinzu, was auch gegen Ihr Konzept der dezentralen Abwasserentsorgung spricht, das sind die Neubestimmungen bei der Verrechnung der Abwasserabgabe. Bisher konnte die Abwasserabgabe vollständig mit Investitionen verrechnet werden und hatte damit eine Wirkung wie Fördermittel. Jetzt führt das nur noch zu dieser Wirkung, wenn durch diese Investition die Schmutzfracht tatsächlich reduziert wird. Das heißt, nur wenn durch Investitionen in Leitungsnetze weitere Grundstücke an ein zentrales Klärwerk angeschlossen werden, nur dann kann die Abwasserabgabe verrechnet werden. Das kann natürlich nicht Ziel sein. Damit fördern Sie wieder das zentrale System, das zentrale Konzept, aber nicht das dezentrale. Ihre Politik ist in dieser Hinsicht völlig widersprüchlich. Das führt zu einer hohen Verunsicherung bei den Aufgabenträgern, die gar nicht richtig wissen, was machen wir denn jetzt, weil der Druck da ist, möglichst auch die Abwasserabgabe beitrags- und gebührenreduzierend verwenden zu können und sie nicht ans Land abzuführen. Da rede ich gar nicht davon, dass im Jahr 2009 letztlich die Förderung von Abwasseranlagen in Thüringen zusammenbricht, sie bricht zusammen auf ein Vierteil. Sie begründen das mit der Neuausrichtung des Finanzausgleichs und haben dabei wahrscheinlich völlig übersehen, dass die möglichen erhöhten Schlüsselzuweisungen, die Sie den Gemeinden geben, nicht eins zu eins bei den Aufgabenträgern der Abwasserentsorgung landen, wenn sie sich zum Beispiel in Zweckverbänden organisiert haben. Ihr System führt nämlich dazu, dass die Mitgliedsgemeinden von Zweckverbänden einen Teil der Landeszuweisungen an die Zweckverbände abführen müssten. Wie das geschehen soll, weiß keiner. Vielleicht hat der Innenminister darauf eine Antwort, in der Haushaltsdiskussion konnte die Landesregierung zumindest keine geben. Aber es wird ja möglich sein, dass Sie beide als Fachminister sich irgendwo