Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007

3. Erreicht wird das, weil der Freistaat nämlich mit viel Geld, Personal und Berufsschullandschaft in die Bresche springt und vielen jungen Menschen ein staatliches Ausbildungsangebot macht. Laut eben dieser Statistikstudie sind die Gesamtausgaben je Bildungsteilnehmer im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt pro Kopf überdurchschnittlich hoch im Freistaat Thüringen.

4. Jetzt mal etwas Negatives, nicht dass es immer heißt, wir sehen alles durch die rosarote Brille - allerdings haben wir bei den 25- bis 29-Jährigen eine zu hohe Arbeitslosenzahl mit 16,5 Prozent im Jahr 2005. Dies ist jedoch aufgrund der gesamtgesellschaftlichen, gesamtwirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern insgesamt ein speziell auftretendes Problem. Aber ich sage auch, mit 25 Jahren ist außer für Studenten auch einmal Schluss mit der Zeit des Schulbankdrückens.

(Beifall CDU)

Und es gibt eben keine Arbeitsplatzgarantie, auch nicht in einer sozialen Marktwirtschaft.

5. Der Anteil von 20- bis 24-Jährigen, die eine Hochschulzugangsberechtigung haben bzw. auch schon einen beruflichen Abschluss nachweisen, lag in Thüringen bei 79 Prozent und damit über dem EUDurchschnitt und weit entfernt vom schlechtesten deutschen Bundesland, das hier nur 55 Prozent nachweisen kann.

Also, meine Damen und Herren, das alles ist doch nun wahrhaft selbst aus internationaler Sicht nicht so schlecht. Oder?

(Beifall CDU)

Und trotzdem sieht unsere CDU-Landtagsfraktion weiteren Handlungsbedarf, insbesondere möchte

ich zwei Punkte nennen. Einmal: Die Treffgenauigkeit bei der Berufs- und Studienauswahl muss verbessert werden und sie kann auch noch verbessert werden. Schülern mit schwachen Lernergebnissen, die benachteiligt sind dann auch im Übergang in das Berufsleben, muss geholfen werden und ihnen muss bei dem Übergang in den Arbeitsmarkt noch besser geholfen werden. Dazu braucht es noch zusätzliche Initiativen, denn es kann nicht in unserem Interesse sein, dass diese schlecht qualifizierten Jugendlichen dauerhaft in Arbeitslosigkeit abgleiten. Das ist unsere soziale Verpflichtung eben auch. Das geht jedoch beides nur, wenn es gelingt, Schule auf der einen Seite und Betriebe auf der anderen Seite bzw. auch Schulen und Hochschulen näher zueinander zu bringen. Das funktioniert natürlich auch nur in den jeweiligen Regionen. Dazu braucht es nicht großsprüchige Landtagsbeschlüsse, sondern kontinuierliche Überzeugungsarbeit vor Ort und die Vermittlung von Partnern in den Regionen, wir sagen, auch in den wirtschaftssozialen Nahräumen. Der vorliegende Antrag ist jedoch absolut untauglich und wird daher von uns abgelehnt.

Zwei Worte noch zuletzt grundsätzlicher Art. DIE LINKEN wollen das polytechnische Prinzip ausprägen. Der Begriff scheint auch der DDR-nostalgischen Verklärung entliehen und ist eigentlich nicht genauer definiert. Oder? Ihr könnt es auch nicht definieren? Dahinter verbirgt sich u.a. sicherlich mehr naturwissenschaftlicher Unterricht. Das ist erst einmal nicht schlecht, deswegen so weit, so gut. Aber in der DDR-Schule, die man verklärt sieht, betrieb man dies auch zulasten der musischen und insbesondere auch der geisteswissenschaftlichen Bildung und damit auch zulasten der persönlichkeitsbildenden Erziehung. Bildung ist eben nicht, ich zitiere aus der Antragsbegründung, „ein strategischer Faktor für Politik, Gesellschaft und den Einzelnen, sondern Bildung ist für uns der Schlüssel zur Entfaltung der Persönlichkeit und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“ Ich sage deswegen noch einmal, dieser Antrag ist für uns überflüssig wie ein Kropf.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Leukefeld zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Bildung und Arbeit sind zwei Seiten einer Medaille, deshalb sollte Sie es vielleicht nicht verwundern, dass von unserer Seite nicht die Bildungspolitikerin spricht, sondern ich als Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitikerin.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Emde, wenn für Sie der Antrag so überflüssig wie ein Kropf ist, für uns ist er das nicht. Für die Wirtschaft ist er das nicht, für viele Vertreter aus Schule und Berufsausbildung ist es auch nicht und deswegen gehört er hierher und deswegen wird er hier auch diskutiert und Sie können ja ablehnen.

(Beifall DIE LINKE)

Verfügbares und anwendungsbereites Wissen ist eine Schlüsselressource. Das ist klar. Gute Bildung und lebenslanges Lernen werden immer mehr zur Bedingung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und sind auch Voraussetzung für den individuellen emanzipatorischen Anspruch und Selbstverwirklichung eines jeden Menschen. Und so ist Bildung im Zusammenhang mit Arbeit, von der man leben kann, eben tatsächlich ein strategischer Faktor für Politik, Gesellschaft und den Einzelnen. Bei diesem Thema sind sich - von Herrn Emde abgesehen, der das negiert hat - die meisten Akteure, übrigens auch in der Politik über Parteien hinweg, grundsätzlich einig. Selbst bei der Landesregierung klingt das ähnlich - ich zitiere: „Wissen und Innovationskraft sind die Grundlagen für Wohlstand und Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“ Der Satz stammt von Finanzministerin Diezel und das hat Sie am 19. September vor der Vollversammlung der IHK Erfurt gesagt.

Doch ist Thüringen auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet? Sie meinen, es läuft alles. Ich erkenne an, dass vieles, übrigens auch auf Druck der Wirtschaft, bereits auf den Weg gekommen ist, aber bei der Frage wird es konkret und da bröckelt die Übereinstimmung schon in manchen Dingen. Die Richtung in Thüringen stimmt, sagt Frau Diezel. Ich meine, die IHK in Erfurt - es ist schon darauf verwiesen worden - hat gerade mit ihrer „Zukunftsinitiative Bildung“ viele der offenen und unzureichend geklärten Fragen konkret angesprochen und für uns als Opposition sehen wir das natürlich als Aufgabe an, diese Dinge auch mit unserem Antrag aufzugreifen.

Jenseits der regierungsamtlichen Jubelmeldungen gibt es auch eine ganze Menge von kritischen Erscheinungen, die sind aus meiner Sicht in der letzten Debatte ein bisschen kurz gekommen. Gestatten Sie mir vier Dinge, die ich noch einmal ganz kurz ansprechen möchte. Berufsabschluss - die aktuellen Zahlen vom letzten Jahrgang liegen bei 5,1 Prozent Jugendlicher ohne Berufsabschluss hier in Thüringen. Das ist weniger geworden, Sie loben das Herr Emde; ich finde es schade für jeden jungen Menschen, der das nicht schafft, weil die nachhaltig von Zukunftschancen abgekoppelt sind. Es ist auch eine

Tatsache, dass wir nach wie vor eine außerordentlich hohe Abbrecherquote in der Ausbildung haben. Das betrifft jeden fünften Ausbildungsvertrag hier in Thüringen und da gibt es die verschiedensten Erklärungsmöglichkeiten. Allerdings kann man das längst nicht nur in Vorwürfen an die Jugendlichen erschöpfen.

Ich will noch einen Fakt nennen, und zwar ist das der der sogenannten Altbewerber. Das betrifft in Thüringen jeden zweiten Auszubildenden, der also nicht im ersten Ansatz, der oftmals mehrmals auf der Matte steht und sich um eine berufliche Erstausbildung bewirbt. Das ist eine Zahl, die ist deutlich zu hoch.

Meine Damen und Herren, wir sind auch der Ansicht, dass die anhaltende Kritik aus der Wirtschaft an den Schulabsolventen ernst genommen werden muss. Kritisiert werden in diesem Zusammenhang vor allem der Bildungsstand und das Niveau praktisch anwendbarer Kenntnisse und Fertigkeiten. Herr Minister Goebel, Sie waren mit bei dem I. Rohrer Dialog, eine für mich ziemlich beeindruckende Veranstaltung, zu der die Wirtschaft eingeladen hat. Dort wurde auch Klartext gesprochen. Im Übrigen titelte gestern die Osterländer Volkszeitung „Lesen, Schreiben, Rechnen“. Frau Lieberknecht war in Altenburg, hatte dort eine Veranstaltung und wenn sie gestattet, würde ich gerne noch einmal sagen, auf was sie verwiesen hat. Sie mahnte nämlich eine Rückbesinnung auf die drei Grundsäulen der Bildung, auf das Lesen, Rechnen und Schreiben an und zugleich forderte sie aber, mehr Betriebe müssten in die Schulen gehen, aber auch noch mehr Schüler in die Unternehmen. Recht hat sie! Ähnliche Debatten haben wir ja auch in allen Orten in unseren Wahlkreisen und hören diese Kritik. Ich merke noch an, neben Lesen, Rechnen und Schreiben gehören auch Schlüsselkompetenzen und soziale Kompetenzen dazu. Was immer stärker auch eingefordert wird, Fähigkeiten zu entwickeln zu eigenständigem verantwortungsbewusstem Handeln, zum Denken in Zusammenhängen, zur Konflikt- und Teamfähigkeit sowie auch Mehrsprachenkompetenz. Das alles wird immer mehr eingefordert und man könnte sicher die Latte noch viel breiter fassen. Ich will es dabei belassen.

Meine Damen und Herren, mir geht es schlicht und einfach darum, dass Menschen gut ausgebildet werden und dann auch die Chance haben, hier in Thüringen eine Arbeit zu finden, von der sie leben können, und ihr Leben aus eigener Kraft zu gestalten. Das ist einfach der Anspruch und dem werden wir im weiten Sinne noch nicht gerecht. Politik muss dafür mehr tun und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen.

(Beifall DIE LINKE)

Das müssen wir auch tun, damit lebenslanges Lernen nicht nur eine schöne Formel bleibt, sondern tatsächlich in der Praxis umgesetzt wird und damit eben auch der Fachkräftebedarf der Thüringer Wirtschaft gesichert wird. Dazu zwingt uns, auch das ist schon gesagt worden, der demographische Wandel. Thüringen hat nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt den dritthöchsten Schülerrückgang im Bundesvergleich zu verkraften. Der zunehmende Fachkräftebedarf lässt sich nicht aussitzen. Ich sage Ihnen, das ist nicht zuerst ein quantitatives Problem, das ist ein qualitatives Problem. Kultusminister Goebel hat ja beim 2. Mitteldeutschen Bildungskongress konstatiert: die Schülerzahlen sinken, die Konkurrenz um Schulabsolventen, die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fach- und Führungskräften in der Wirtschaft steigt. Und er sagt, Thüringer Schulpolitik stelle sich dem. Das bezweifle ich in der Konsequenz.

Ich möchte noch mal auf den Beitrag von Herrn Abgeordneten Döring verweisen, insbesondere, was er auch gestern gesagt hat hier in der Aktuellen Stunde. Es geht um grundlegende strukturelle Veränderungen der Thüringer Schule, um eine grundlegende Bildungsreform. Das kann man sicherlich nicht alles in diesen Antrag packen. Das will ich auch nicht tun. Aber was und wie konkret das passieren soll, dazu hätte ich schon gern noch ein paar konkretere Ausführungen. Vor allen Dingen, Herr Minister, wie stehen Sie denn nun z.B. zu der Forderung der Südthüringer Wirtschaft und auch der IHK Erfurt nach längerem gemeinsamen Lernen und der Schaffung eines diesbezüglichen Modellprojekts? Das würde ich schon gern wissen.

Na klar ist schon etliches gemacht worden. Wir haben den Berufswahlpass, Berufsorientierung und bessere Berufsvorbereitung. Das sind alles richtige Schritte, aber für die Erhöhung der Qualität des Unterrichts braucht es eben günstigere Rahmenbedingungen. Da braucht es fachlich gut ausgebildete und motivierte Pädagogen und es muss mehr Praxisnähe erreicht werden, auch wenn hier das polytechnische Prinzip etwas belächelt wird. Wir wollen nicht zum polytechnischen Unterricht zurück, das ist ja Quatsch, aber Praxisnähe und anwendungsbereites Wissen, das ist eine Forderung der Wirtschaft, die greife ich hier gern auf und stelle sie auch zur Diskussion.

Im Übrigen, weil Sie gestern auch diskutiert haben zur World Vision Studie 2007, dazu will ich noch eine Zahl beisteuern. Dort wurden z.B. Kinder gefragt zu der These „Ich bin ein guter Schüler“. Die Antworten waren sozial differenziert. 74 Prozent der Kinder der sogenannten Oberschicht haben gesagt „Ich bin ein guter Schüler“. Bei der Mittelschicht

waren dies 57 Prozent der Kinder. In der sogenannten Unterschicht sagen nur 28 Prozent der Kinder „Ich bin ein guter Schüler“. Fazit, so titelt die Böckler-Stiftung: Arme Kinder trauen sich weniger zu. Das ist schade. Auch sie werden gebraucht und auch sie sind wichtig.

Unsere Fraktion hat mit diesem Antrag ein Maßnahmepaket entworfen. Sicherlich ist das nicht vollständig. Es war auch nicht unsere Absicht, ein gesamtes Landeskonzept zu entwerfen, aber wir wollen wirkliche Verbesserungen im Komplex erreichen. Außerdem ist dieser Antrag auch Ergebnis einer Fachkonferenz und vieler Gespräche mit Akteuren sowohl der Schulbildung, der Berufsausbildung und vor allem auch aus der Wirtschaft. Aus unserer Sicht geht es wirklich darum, sich nicht gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben - die Schule macht nicht genug, in der Berufsausbildung gibt es Defizite, die Wirtschaft macht auch nicht genug -, sondern die Kräfte müssen gebündelt werden und man muss gemeinsam an notwendigen Veränderungen arbeiten, und zwar kurz-, mittel- und langfristig.

Lassen Sie mich kurz noch etwas sagen zu unseren Forderungen im Einzelnen. Der erste Komplex befasst sich mit dem Bereich der besseren Vorbereitungen von Schülerinnen und Schülern auf die Arbeits- und Berufswelt und mit Vorschlägen für eine nachhaltige Berufsorientierung. Dazu wollen wir erreichen, dass die naturwissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Bildung - und das meinen wir mit polytechnischem Prinzip - an den Regelschulen und Gymnasien verstärkt wird. Wir alle wissen, dass der Bedarf nach besserer naturwissenschaftlicher Bildung im Jahre 2000 durch die PISA-Studie mit wenig schmeichelhaften Ergebnissen für Deutschland deutlich geworden ist. Im Übrigen erwarten wir ja im Dezember die nächsten PISA-Ergebnisse, diesmal sogar mit dem Schwerpunktthema naturwissenschaftliche Konsequenzen. Ich bin da schon gespannt. Dazu, das ist vorhin von Herrn Abgeordneten Pilger angesprochen worden, gehören auch Konzepte, wie gerade Mädchen und junge Frauen motiviert werden können, naturwissenschaftliche und technisch orientierte Berufe zu erlernen oder solche Studiengänge zu absolvieren. Da sage ich Ihnen, dass der Girls'Day, so gut und wichtig, wie er ist, einmal im Jahr dafür nicht ausreicht. Da brauchen wir weitergehende Konzepte.

(Beifall DIE LINKE)

Unsere Fraktion hält es für eine bessere Berufsorientierung für geboten, dass in den allgemeinbildenden Schulen die bestehenden Angebote und Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und Berufswahl auch evaluiert werden, und zwar die Angebote innerhalb

und außerhalb des Unterrichts. Zudem sollte das Gemeinschaftsprojekt „Berufsstart“ für alle Schülerinnen und Schüler ab Klasse 7 verbindlich eingeführt werden, auch an den Gymnasien und das ist auch eine konkrete Forderung beispielsweise der Südthüringer Handwerkskammer, die ja federführend dieses Projekt „Berufsstart“ entwickelt hat, in dem derzeit etwa 10.000 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang einbezogen sind und dort jeweils für 2 Wochen über 3 Jahre ein entsprechendes Praktikum absolvieren. Das zeigt einfach gute Auswirkungen, weil sie sich über ihre berufliche Perspektive und Entwicklungsmöglichkeiten nicht nur informieren, sondern auch praktisch erproben können und die Kontakte zwischen Schule und Wirtschaft werden außerdem so ausgebaut und langfristig gestaltet.

Das ist übrigens auch eine Aufforderung an die Wirtschaft, die sich mit größerem Nachdruck der Reproduktion ihres eigenen Fachkräftebedarfs stellen muss. Das will ich auch ganz klar sagen. Bei vielen Unternehmen ist durchaus die Bereitschaft vorhanden, manche, vielleicht sind es auch noch zu viele, erwarten aber immer noch, dass ihnen die Fachkräfte passgerecht serviert werden; das wird auf die Dauer nicht funktionieren.

Für den Bereich der Berufsausbildung, dazu hat meine Kollegin Hennig gesprochen, erwarten wir eine deutliche Erhöhung der Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze und lassen Sie mich die Zahl noch einmal sagen, nur 25 Prozent der Unternehmen bilden aus. Auf der Eröffnungskonferenz des Europäischen Sozialfonds wurde unter anderem gesagt, dass es eine Studie gibt, dass 64 Prozent der Unternehmen ausbilden könnten, da rede ich doch gar nicht einmal über die Ausbildungsabgabe. 64 Prozent könnten ausbilden, bleibt real eine Differenz von 29 Prozent und das wäre ja wenigstens ein erster Schritt in diese Richtung. Das Problem kann auch gelöst werden, indem das Land in einer gemeinsamen Initiative mit Kammern, Unternehmensverbänden, Gewerkschaften und Kommunalverbänden tätig wird, um eine Erhöhung der betrieblichen Ausbildungsplätze, insbesondere auch in zukunftsfähigen Arbeitsfeldern zu erreichen. Da reicht meines Erachtens der bisherige Ausbildungspakt nicht aus und da kommt der Landesverwaltung auch eine Vorbildrolle zu, wenn es um eigene Ausbildung geht. Deshalb braucht es eine Strategie, wie bisher nicht ausbildende Unternehmen zu motivieren sind, sich angemessen an der Berufsausbildung zu beteiligen. Zu dem Gesamtkomplex gehört insbesondere auch die Förderung benachteiligter Jugendlicher. Unsere Fraktion hält es dazu für erforderlich, flächendeckend Schulsozialarbeiter an Schulen und auch an Berufsschulen einzusetzen - Sie haben das ja immer abgelehnt - sowie eine frühzeitig beginnende persönliche und differenzierte Bildungsbegleitung der Betroffenen

zu sichern.

(Beifall DIE LINKE)

Wir hatten auf unserer Fachkonferenz Prof. Bojanowski von der Universität Hannover eingeladen. Das ist ein ausgewiesener Experte, der auch in der Enquetekommission Bildung bei Frau Schavan mitgearbeitet hat, und der hat dort nachdrücklich noch einmal dafür plädiert, ein höheres förderpädagogisches Niveau zu erreichen und er hat gesagt, es gibt langfristige Untersuchungen, die sagen - und das ist jetzt nicht unbedingt ein Ergebnis von schlechter oder guter Politik -, dass langfristig gesehen 15 bis 20 Prozent der Jugendlichen Defizite haben, dass sie benachteiligt sind aus den verschiedensten Gründen und dass sie längerfristige Förderung brauchen. Ich will das jetzt nicht zitieren, aber wer gestern den Pressespiegel bzw. die TA gelesen hat, unter der Überschrift „Durchgefallen“ gibt es gerade zu dieser Thematik einen sehr interessanten Artikel, der dort abgedruckt ist. Wir wollen dem Rechnung tragen, benachteiligte Jugendliche brauchen eine verlässliche Perspektive und ich sage Ihnen, das kostet Geld, das kostet Zeit, das ist uns allen klar, aber wenn wir das frühzeitig in die Hand nehmen, dann stehen Menschen nicht dauerhaft auf der Matte von Hartz IV und das wird sich auch gesellschaftlich rechnen und für den Einzelnen rechnet es sich allemal.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb haben wir auch vorgeschlagen, im Sinne der Übernahme erfolgreicher Projekte, z.B. von den dänischen Erfahrungen der Produktionsschule, so etwas auch in Thüringen zu etablieren und ich weiß durchaus, dass es mit den Praxisklassen dort auch erste Ansätze gibt.

Wir haben eine weitere Forderung aufgenommen, die darin besteht, ein Förderprogramm für junge Menschen aufzulegen, um eine an die Ausbildung direkt angeschlossene Weiterbildung zu sichern. Wir denken dort insbesondere auch an benachteiligte Jugendliche. Das ist aber auch ein Problem für Unternehmen. Sie werden sagen, da gibt es ja auch schon Fördermöglichkeiten. Man braucht aber einen Anschluss und manche Unternehmen bilden auch nicht aus, weil sie sagen, das ist über dem Bedarf, derzeit brauche ich noch niemanden und ich kann die Weiterbeschäftigung nicht sichern. Dort wäre es für viele, damit sie dann auch nicht abwandern müssen, eine Chance, tatsächlich eine Weiterbeschäftigung zu finden. Vielleicht ist das demnächst aus demographischen Gründen nicht mehr notwendig, aber jetzt auf jeden Fall.

Wir haben dann noch die Frage der Unternehmenskooperation, der Entwicklung von Netzwerken beruf

licher Weiterbildung, von Netzwerkbeiräten thematisiert und haben hier insbesondere das Projekt und die Erfahrungen aus dem Projekt „Lernen in der Region zwischen Rennsteig und Rhön“ im Blick, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Ich denke, das ist ein richtiger Weg.

Zum letzten Punkt will ich noch etwas sagen, das ist die Frage, dass wir es für nötig halten, dass die Berufsakademie in Thüringen erweitert wird, sie platzt aus allen Nähten. Das zeigt nicht nur die Antwort auf die Kleine Anfrage, die ich gestellt habe, dazu, davon haben wir uns auch selbst überzeugt. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie waren ja auch dort, dann werden Sie das sicherlich auch wahrgenommen haben, es ist notwendig, dort etwas zu tun, um der gestiegenen Studienplatznachfrage und dem gestiegenen Bedarf an Fachkräften auch gerecht zu werden, weil - und da befinde ich mich zum Teil auch im Widerspruch zu Vertreterinnen meiner Fraktion - ich denke, dass die Berufsakademien mit diesen Studiengängen eine ausgezeichnete Arbeit leisten, um sehr praxiswirksam und in unmittelbarer Verbindung mit Unternehmen dort entsprechende Fachleute auszubilden und heranzubilden.

Lassen Sie mich das zum Schluss sagen: Zu einer bedarfsgerechten Ausbildung gehört auch, rechtzeitig jene Berufsbilder zu erarbeiten und auf den Weg zu bringen, die es heute noch gar nicht gibt, aber die notwendig sind mit dem Blick auf Zukunftsbranchen, z.B. auf den Energiesektor, auf erneuerbare Energien und Klimaschutz. Ich glaube, da haben wir eine ganze Menge zu tun und da muss sich was tun.

Zum Schluss: Arbeit und Bildung sind zwei Seiten einer Medaille, sage ich. Deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung an den Bildungsausschuss und an den Wirtschaftsausschuss und wenn Sie es ernst meinen mit der Entwicklung und wenn Sie tatsächlich nicht so arrogant sind zu sagen, es ist alles bestens, wir brauchen da nichts zu tun, dann werden Sie dem auch zustimmen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Pilger zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zwischenruf Abg. Lieberknecht, CDU: Wir versprechen großen Applaus, wenn es kurz ist.)