Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007

Zur Jarass-Studie: Wie bereits vom Minister ausgeführt, wird die Studie, nicht nur ihre Ergebnisse, Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens sein und damit in die Abwägung einfließen, doch kann ich eben nach Sichtung der Studie nicht empfehlen, sie kritiklos zu übernehmen. Ich möchte das im Folgenden auch begründen. Erstens stellt sich hier die

Frage der Beteiligung. Weder Vattenfall noch irgendeine andere verantwortliche Institution wie die für den europäischen Netzausbau zuständigen Behörden oder die Deutsche Energie Agentur bzw. das für die dena-Studie verantwortliche Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln wurden offensichtlich kontaktiert. Die Datenbasis von Vattenfall, die Grundlage der netztechnischen Beurteilung für Vattenfall war, wurde nicht berücksichtigt.

Meine Damen und Herren, das will ich von vornherein sagen, dies relativiert sicher nicht den wissenschaftlichen Wert des Gutachtens, aber - und darüber müssen wir uns hier im Klaren sein - es schränkt deren praktische Relevanz mitunter sehr viel stärker ein, als ihre Auftraggeber wahrscheinlich gewollt haben.

Punkt 2 - Nutzung des Einspeisemanagements: Das EEG schreibt in § 4 Abs. 2 den unverzüglichen Netzausbau vor, sofern wirtschaftlich zumutbar. Ein Netzausbau ist dann zumutbar, wenn dieser mit niedrigsten Kosten verbunden ist, das heißt, die kürzeste und kostengünstigste Übertragungstechnik - dies ist nach allgemeiner Auffassung die Technik der Luftisolation - sollte genutzt werden. Das Gebot des unverzüglichen Netzausbaus gemäß dem EEG erlaubt das Einspeisemanagement eben jedoch nicht als Planungsgröße. Nach § 13 Abs. 1 und 2 Energiewirtschaftsgesetz ist ein Einspeisemanagement hingegen nur bei Gefahrenlage oder Störung des Systems erlaubt. Das heißt, es scheint zumindest fraglich, ob die in der Studie aufgezeigten Alternativen rechtskonform sind.

Drittens - die Ergänzung der Remptendorftrasse: § 12 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes verlangt vom Übertragungsnetzbetreiber, dauerhaft die Fähigkeit des Netzes sicherzustellen, die Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität zu befriedigen und insbesondere durch entsprechende Kapazität und Zuverlässigkeit des Netzes zur Versorgungssicherheit beizutragen. Eine neue Beseilung, eine Erhöhung der Maste sowie möglicherweise auch ein Versetzen von Masten können hingegen nicht während des Betriebs und unter Spannung erfolgen und bedingen - darüber müssen wir uns im Klaren sein - eine mindestens bis zu einjährige Abschaltung bzw. Unterbrechung des Stromtransports auf diesem Netz. In dieser Zeit ist die Versorgungssicherheit des Netzes reduziert, da ja eine lebenswichtige Leitung abgeschaltet ist. Mal ganz abgesehen davon, dass das ein Verstoß gegen § 12 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes wäre, ist wahrscheinlich die Folge, nämlich dass wir flächendeckende Stromausfälle zu befürchten haben, für uns alle von wesentlich höherem Interesse.

Meine Damen und Herren, ich könnte das noch fortführen, aber die angesprochenen Punkte werfen aus meiner Sicht jedenfalls mehr Fragen auf, auch hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit, als sie beantworten. Zugleich ergeben sich natürlich - und das will ich hier an dieser Stelle auch nicht verschweigen - hinsichtlich der Aktualität der dena-Studie und des Vattenfall-Vorhabens etliche Fragen für unsere Fraktion. Ich möchte die nicht zur sehr ausführen, nur stichwortartig. Es sind die Fragen: Wie hoch ist denn tatsächlich der zeitliche Druck, wenn die Offshore-Anlagen noch nicht im Ansatz gebaut sind? Inwieweit ist es wirklich sinnfällig, dass Vattenfall ein viersystemiges Netz plant, während E.ON im Anschlussnetz lediglich zwei Systeme plant. Das heißt, aus diesen beiden Stellungnahmen und Gutachten - im Grunde der dena-Studie auf der einen Seite und dem Jarass-Gutachten auf der anderen Seite - ergeben sich für uns so viele Fragen und ein Diskussionsbedarf, den wir allerdings hier im Landtag kaum fachlich klären können, so dass wir deshalb vorschlagen, in einem Alternativantrag zum SPD-Antrag die Landesregierung aufzufordern, im Rahmen der anstehenden Verfahren zur Klärung der Fragen aus beiden Studien ein unabhängiges Institut zu beauftragen. Ich persönlich würde da an das Energiewirtschaftliche Institut in Jena denken, aber es gibt sicher auch noch andere Institutionen, die vielleicht auch noch zusammenarbeiten können. Hier wäre es sicher nicht sinnfällig, wenn man die Regierung vorab bindet. Ich bin überzeugt, dass mit einem solchen Gutachten den Bedürfnissen der Bürger, aber auch der Umwelt nach umfassender Prüfung und Abwägung am ehesten Rechnung getragen wird, und bitte deshalb um Zustimmung zum Alternativantrag und Ablehnung des PDS-Antrags. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Enders zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie, Herr Carius, diese Debatte und diese Fragen, die Sie gerade hier aufgeworfen haben, hätte ich gerne in den einzelnen Fraktionen besprochen gehabt, und zwar mit Vattenfall und auch mit Prof. Jarass. Das hätte ich mir im Vorfeld dieser Debatte hier im Landtag sehr gewünscht. Deshalb lassen Sie mich eines vorwegnehmen: Ich hätte mir ebenfalls gewünscht, dass wir heute hier nicht drei Anträge zu ein und derselben Problemlage haben, sondern dass wir es vielleicht geschafft hätten, einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zustande zu bringen, der sich mit den Ergebnissen dieser Studie,

dieses wissenschaftlichen Gutachtens von Prof. Jarass auseinandersetzt. Dazu gab es zumindest bei einigen Abgeordneten der CDU sehr gute Ansätze. Mit dem Vorpreschen der SPD war jedoch jede Chance dafür genommen. Ich bedauere das sehr, denn hier geht es nicht darum, politisches Kapital zu schlagen, hier geht es um die Sache.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, nun zu den vorliegenden Anträgen. Wiederholt habe ich die Landesregierung aufgefordert - immer und immer wieder, in jeder Landtagssitzung, in jedem Ausschuss, in dem es um das Thema 380-kV-Leitung ging -, die Notwendigkeit in einem unabhängigen, konzernunabhängigen Gutachten überprüfen zu lassen. Was ich erfahren habe, war Ablehnung, Ablehnung und nochmals Ablehnung. Auch der Antrag unserer Fraktion, eine landesseitig angemessene finanzielle Beteiligung an der heute hier diskutierten Studie sicherzustellen, kam im Bau- und Verkehrsausschuss mit CDU-Mehrheit nicht zustande. Weil es die Landesregierung bis dato nicht fertiggebracht hat, haben sich zum ersten Mal länderübergreifend Bürgerinitiativen, thüringische und bayerische Kommunen und Landkreise gemeinsam zusammengefunden, eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit der Notwendigkeit der durch Vattenfall Transmission in Thüringen und E.ON in Nordbayern geplanten 380-kV-Höchstspannungsleitung beschäftigt. Ich lasse es mir an dieser Stelle auch nicht nehmen, der Interessengemeinschaft „Achtung Hochspannung“ sowie den Landkreisen, Städten und Gemeinden zu danken, insbesondere auch dem Landkreis Coburg - er war nämlich der erste Landkreis, der eine Finanzzusage getroffen hat -, der Landeshauptstadt Erfurt, der Stadt Ilmenau, die sich solidarisch gezeigt hat, aber auch den vielen kleineren Städten und Gemeinden, für die - das möchte ich an dieser Stelle auch sagen - es nicht einfach war, eine solche Finanzierung auf die Beine zu bringen. Vor allem möchte ich mich auch bei den Bürgerinitiativen bedanken, die für diese Studie geworben haben, den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mit einer finanziellen Unterstützung diese Studie auf den Weg gebracht haben.

(Beifall DIE LINKE)

Mit aller Deutlichkeit sei auch gesagt, Städte und Gemeinden, Bürgerinnen und Bürger in Thüringen und Bayern haben die Arbeit gemacht, für die Sie, meine Damen und Herren der Landesregierung, eigentlich bezahlt werden. Das Gleiche geht auch an die zuständige Prüfbehörde, das Thüringer Landesverwaltungsamt, und an die Adresse einiger Landtagskolleginnen und -kollegen der SPD- und der CDU-Fraktion.

Jetzt noch einige Anmerkungen zum SPD-Antrag - Herr Carius hat mir das schon ein Stück weit vorweggenommen -: Also bei Ihnen wundert mich überhaupt nichts mehr. Zuerst fassen Sie einen Vorstandsbeschluss zur Notwendigkeit der 380-kVLeitung. Herr Kollege Höhn, ich saß ja nun in sehr vielen Diskussionsrunden mit Vattenfall, mit Ihnen u.a. auch in Sonneberg, und ich kann mich noch daran erinnern, wie vehement Sie diese Leitung dort im Namen Ihrer Fraktion verteidigt haben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Was er- zählen Sie hier für einen Quatsch?)

Herr Kollege Höhn, es gibt da auch noch Aufzeichnungen und Sie haben dort diese Leitung verteidigt. Sie können sich das gerne noch mal anschauen. Ich glaube, der Kollege Gerstenberger hat diese Aufzeichnungen noch in seinem Besitz. Ich erinnere mich auch noch an die Auseinandersetzung mit der Kollegin Doht - hier im Thüringer Landtag - zum Thema „Erdverkabelung“. Was damals für die Kollegin Doht noch völlig als unmöglich angesehen wurde, als unwirtschaftlich, zu kostenintensiv, zu umweltschädlich, viel umweltschädlicher noch als die Freileitung usw., fand sich dann in einem Antrag der SPD wieder,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nein, das stimmt nicht.)

der dann aber nach der öffentlichen Bekanntgabe des Gutachtens, des Jarass-Gutachtens, kurz vor der Landtagssitzung zurückgezogen wurde. Und jetzt gibt es einen Antrag der SPD-Fraktion, der die Notwendigkeit dieser Leitung zumindest mit einem Fragezeichen versieht und der außer einer Berichterstattung und der Forderung nach einer angemessenen Berücksichtigung dieser Studie in den verschiedenen Verfahren nichts beinhaltet.

Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, ich muss Ihnen sagen, es ist, wie die Aussage zu Wick MediNait, die ich letztens gelesen habe: In der Sache unschädlich, bringt aber auch nichts. Ich muss Ihnen auch mit aller Deutlichkeit sagen, die Erwartungshaltungen der Bürgerinnen und Bürger, der Städte, Gemeinden und Landkreise sind anders. Die erwarten von uns eine klare Position, eine ganz klare Position und die heißt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen: Ablehnung der 380-kV-Trasse durch Thüringen und Bayern. Das kann ich nun in Ihrem Antrag überhaupt nicht erkennen.

Nun seien mir noch ein paar Worte zum Alternativantrag der CDU-Fraktion erlaubt, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Zuerst einmal, muss ich Ihnen sagen, freue ich mich über den Erkenntniszugewinn bei der CDU,

(Beifall DIE LINKE)

dass man nun auch erkennt, dass bei einem solchen gravierenden Eingriff in das Natur- und Landschaftsbild des Thüringer Waldes, in den wichtigen Wirtschaftsfaktor Tourismus und in die Lebensqualität der Menschen, den diese Leitung mit sich bringen würde - und ich sage, mit sich bringen würde, denn ob diese Leitung gebaut wird, das werden wir noch sehen; auf jeden Fall werden Sie mit massivem Widerstand der Bürgerinnen und Bürger, der Landkreise und der Kommunen rechnen müssen -, dass Sie jetzt erkennen, dass die Politik Aufgabe und Verpflichtung hat, die versorgungs- und energiepolitische Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zu überprüfen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU-Fraktion, Städte, Gemeinden, Landkreise und Bürgerinitiativen haben das bereits getan. Nur, ich sehe es Ihnen an, passt Ihnen das Ergebnis dieser Studie nicht. Außerdem sieht man so auch ganz schön schlecht aus im Licht der Öffentlichkeit und Zurückrudern ist ja auch nicht ganz so einfach. Immerhin hat sich die Landesregierung mächtig weit aus dem Fenster gelehnt, hier insbesondere der Herr Minister Trautvetter.

Also, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen, auch eine weitere Studie kann zu keinem anderen Ergebnis kommen, so man

(Unruhe CDU)

- ich bin noch gar nicht fertig - die Begründung, die Vattenfall zum Bau dieser 380-kV-Leitung abgegeben hat, zugrunde legt, wenn es, so wie Vattenfall immer wieder begründet hat,

(Beifall DIE LINKE)

um den Transport von Windstrom von Nord nach Süd geht. Ich sage Ihnen auch, das, was Sie jetzt vorhaben, ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die die Jarass-Studie auf den Weg gebracht haben. Ich möchte Ihnen sagen, das waren Städte, Gemeinden, Landkreise und Bürgerinitiativen parteiübergreifend. Überlegen Sie es sich gut, dies ist eine ganz andere Dimension, die hier steht. Halb Thüringen hat die Studie finanziert, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich sage Ihnen auch, dieses Gutachten ist kein Gefälligkeitsgutachten. Ich kann Ihnen nur empfehlen, nehmen Sie diese Studie ernst, sonst wird Sie der Ernst dieser Studie einholen. Das kann ich Ihnen sagen.

(Beifall DIE LINKE)

Und noch eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sehe in einer weiteren Studie eine Ver

schwendung von Steuergeldern ohnegleichen. Setzen Sie sich doch erst einmal mit dieser JarassStudie auseinander und dann kann man immer noch darüber nachdenken, ob man noch Weiteres tut oder eben nicht.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Darüber muss ich nicht nachdenken.)

Übrigens lassen Sie mich auch in diesem Zusammenhang noch einmal an die Aussage von Herrn Minister Trautvetter, in der Landtagssitzung geschehen vom 21.09.2007, erinnern. Dort haben Sie die Fachkompetenz von Prof. Lorenz Jarass betont und auf meine Zwischenfrage zur Bedeutung der Studie hat die Landesregierung geantwortet: „Wir werden diese Studie berücksichtigen.“ Nun, Herr Minister Trautvetter, die klare Aussage des Gutachtens lautet und klarer kann eine Aussage eines Gutachtens gar nicht sein: Die Leitung ist kurz-, mittel- und langfristig nicht nötig und es gibt keinerlei stichhaltige Begründung für den Bau. Was sich noch anschließt in diesem Gutachten, ist eine nicht endende Liste von Verfahrensfehlern, von rechtlichen Mängeln, die hier aufgemacht werden.

Ein Wort auch an den Ministerpräsidenten - das habe ich ihm gestern auch schon bei der Übergabe der Studie und eines Forderungskatalogs der Städte und Gemeinden gesagt: Man braucht überhaupt nicht, in keinster Weise, über Erdverkabelung nachzudenken, denn diese Leitung ist nicht notwendig, und was man nicht braucht, was nicht nötig ist, das braucht man auch nicht zu verkabeln oder sonst irgendwie zu verlegen.

Meine Damen und Herren, Prof. Jarass schreibt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der Landesregierung, und auch dem Thüringer Landesverwaltungsamt ins Stammbuch: Eine Raumordnungsbehörde, die nicht nur auf überprüfbare und projektbezogene Unterlagen zur Notwendigkeit verzichtet, sondern Pauschalargumente der Antragsteller fast wörtlich übernimmt, die Stellungnahmen der Städte und Gemeinden völlig ignoriert, steht keinem Bundesland gut zu Gesicht.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb, weil Vattenfall, so wie ich es hören konnte, an seiner Planung festhält, auch Teil 1 unseres Antrags: zwingende Überprüfung der energiewirtschaftlich und versorgungsseitigen Notwendigkeit dieser Leitung.

Ich möchte darauf auch eingehen, weil hier das immer wieder diskutiert wird, im Raumordnungsverfahren ist keine Überprüfung notwendig. Das Thüringer Landesplanungsgesetz legt in § 1 die Grundsätze der

Raumordnung fest. § 1 des Thüringer Landesplanungsgesetzes lautet - ich möchte hier zitieren: „Die Raumordnung soll eine nachhaltige Entwicklung des Landes und seiner Teilräume fördern, welche die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit den Erfordernissen einer dauerhaften Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und der demographischen Entwicklung in Einklang bringt und zu einer großräumig ausgewogenen Ordnung führt.“ Das wird klar und deutlich in § 1 gesagt. Das geplante Vorhaben in der Größenordnung der 380-kVLeitung, mit dem zwangsläufig gravierende Eingriffe in Natur und Landschaft verbunden sind, kann nur dann nachhaltig mit den natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang gebracht werden, wenn der Bau einen begründeten wirtschaftlichen Anspruch energiewirtschaftlich und versorgungsseitig hat, und da muss hier auch eine Begründung entsprechend vorliegen. Eine andere Auffassung verstößt nicht nur gegen den Grundgedanken der Raumordnung, sondern auch gegen die gesetzlichen Festlegungen der Raumordnung im Landesplanungsgesetz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch einfach eine Frage der Logik, bevor ich solche umfangreichen Verfahren einleite für zwecklose Bauvorhaben und Völkerscharen damit beschäftige, dass ich vorher die Notwendigkeit überprüfe. Alles andere ist, um hier auch einmal mit den Worten von Prof. Jarass zu sprechen, „ein gigantisches Beschäftigungsprogramm für Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister, die wahrlich andere Aufgaben haben, und eine riesige Verschwendung von Steuergeldern“.

Noch eines, Herr Minister Trautvetter, an Sie gerichtet: Sie haben sich immer wieder zurückgelehnt und gesagt, das Thüringer Ministerium für Bau und Verkehr kann sich in keinster Weise in die Planung einmischen. Dann verweise ich einmal auf § 2 - Aufbau der Landesplanung -, in dem steht, dass das Ministerium die oberste Landesplanungsbehörde

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Richtig.)

und unter anderem auch zuständig für das Landesverwaltungsamt ist. Dort hat auch das Ministerium eine Fach- und eine Rechtsaufsicht und, sehr geehrter Herr Minister Trautvetter, Sie haben die Möglichkeit, raumordnungswidrige Planungen und Maßnahmen zu untersagen. Das steht in § 20. Ich kann Sie nur auffordern nach diesem Gutachten, endlich zu handeln.

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch einige Ausführungen zum Jarass-Gutachten

machen. In dem Gutachten sind klare Aussagen getroffen, klarer geht es eigentlich überhaupt nicht. Ich muss Ihnen sagen, selbst wir als Auftraggeber haben mit einer so deutlichen Aussage nicht gerechnet. Herr Jarass sagt im Punkt 1, dass bis 2010 überhaupt keine Erhöhung der Übertragungskapazität notwendig ist. In den Folgejahren sind Kapazitätserweiterungen durch Optimierung der Leitungen mittels Kombination von Freileitungsmonitoring und den Einsatz von Hochtemperaturseilen möglich. Damit können die Durchleitekapazitäten um 50 bis 100 Prozent gesteigert werden und das wird weltweit auch so praktiziert. Diese Möglichkeiten der Optimierung sind nach den Berechnungen von Prof. Jarass zu einem Bruchteil der Kosten - die bewegen sich bei einem Sechstel bis einem Viertel dessen, was für den beantragten Neubau der Leitungen notwendig wäre - möglich.

Gleichzeitig sind die Optimierungsmaßnahmen leicht realisierbar, ohne gravierende Eingriffe in das Natur- und Landschaftsbild. Es werden verschiedene Netzverstärkungsmöglichkeiten aufgemacht, über die man sicherlich reden muss. Hier geht es klar - auch das hat er untersucht - um die Ertüchtigung der bestehenden Leitungen Remptendorf-Redwitz. Herr Jarass weist aber auch auf die Diskrepanzen zwischen den Planungen von E.ON-Netz und Vattenfall Transmission hin und Herr Jarass verweist auch klar und deutlich darauf, dass der in Zukunft geplante Offshore-Ausbau von Windanlagen gänzlich andere Leitungen erfordert. Diese Leitung, meine sehr verehrten Damen und Herren, über die wir reden, ist dabei bedeutungslos. Er kommt zur zentralen Schlussfolgerung, die ich hier auch noch einmal verlesen möchte: „Die geplante 380-kV-Freileitung Vieselbach-Altenfeld-Redwitz quer über den Rennsteig und den Thüringer Wald ist nicht notwendig und auch unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen wirtschaftlichen Zumutbarkeit nicht vertretbar.“

Die notwendige Netzverstärkung zwischen Südthüringen und Oberfranken für Windenergieübertragung und zur Stärkung des europäischen Verbundnetzes - auch das ist ja heute schon mehrfach hier gefallen - kann durch weltweit erprobte technische Alternativen mit einem Bruchteil der Kosten und ohne verheerende Eingriffe in Natur und Landschaft realisiert werden.

Was, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, werte Mitglieder der Landesregierung, benötigen Sie für eine klare Entscheidung denn nun noch? Sie haben ein wissenschaftliches, unabhängiges - und ich betone „unabhängiges“ - Gutachten, das eindeutiger und klarer nicht sein kann. Sie haben eine starke, bundeslandübergreifende Bürgerinitiative und Bürgerbewegung in Thüringen und Bayern, die 13 Bürgerinitiativen, die Tausende Men

schen vereint, die für ihre Heimat kämpfen. Sie haben betroffene Landkreise und Kommunen, die diese Leitung ablehnen und dies in unzähligen Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht haben. Ich sage Ihnen auch eines: Die werden sich nicht scheuen, juristische Schritte zu gehen. Großbreitenbach hat es getan, wir haben nach der Raumordnung geklagt, auch das ist belächelt worden. Das Oberverwaltungsgericht beschäftigt sich mit diesem Verfahren. Ich kann Ihnen sagen, die Erfolgsaussichten vor Gericht, die ich sehe, die sind gut. Bei diesem Gutachterergebnis und bei diesen gravierenden Verfahrens- und Abwägungsfehlern sehe ich gute Chancen, dass wir hier auch unseren Prozess gewinnen.