Protokoll der Sitzung vom 16.11.2007

Meines Wissens hätte auch die Stiftung „Hilfe für schwangere Frauen und Familien in Not“ zusätzlich Mittel durchaus sinnvoll verwenden können. Auch die Förderung für die Familienerholung sozial schwacher Familien war immer unterfinanziert. In der Familienbildung und der Information von Familien, insbesondere von Familien aus bildungsfernen Schichten, gibt es nach wie vor einfach unendlich viel zu tun. Genau an dieser Stelle sollten die Kindergärten und die Schulen als Brücke zu den Familien und als Wegbereiter für die Familienbildung genutzt werden. Denn wenn überhaupt, dann sind dort am besten die Anfänge zu erkennen.

Alles das hat sehr viel mit einer kinder- und familienbejahenden Elternarbeit zu tun. Für diese Förderbereiche gab es schon einen höheren Bedarf, als Mittel zur Verfügung standen. Stattdessen wird ein hauptamtlicher Kurator (zufälligerweise der nicht wieder gewählte CDU-Ex-Oberbürgermeister Eisenachs) finanziert und stattdessen sind nun 220.000 € für die Verwaltung dieser Stiftung vorgesehen - viel Geld, mit dem man die Stiftung „Hilfe für schwangere Frauen und Familien in Not“, die Familienerholung und die Familienbildung besser hätte fördern können.

(Beifall SPD)

Ich erinnere auch an die denkwürdige Diskussion zum Abbau von Kinderarmut in der letzten Plenarsitzung.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Was da an Argumenten von der CDU-Fraktion gebracht wurde, das grenzte von einigen Abgeordneten teilweise an Realitätsverweigerung.

(Beifall SPD)

Das ist auch mit dem heutigen Antrag und der Kampagne „Thüringen sagt Ja zu Kindern“ nicht zu kaschieren. Deshalb sage ich, diese Kampagne gibt samt des Berichts des Ministers Anlass zur vorsichtigen Hoffnung auf eine Trendwende in der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik.

Ein glaubhaftes landespolitisches Ja zu Kindern sieht allerdings doch anders aus und hat auch andere Dimensionen. Da muss der Blick weitergerichtet werden, wie z.B. bei der Bekämpfung von Kinderarmut, zur besseren Förderung der Kindergärten und Schulen und zum Abbau von Benachteiligung und sozialer Ausgrenzung. Dazu gehört ein geändertes Schulsystem, welches die Chancengerechtigkeit und Teilhabegerechtigkeit auch fördert. Es kommt auf eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik an, die Eltern im Zusammenleben mit Kindern unterstützt, und auf ausreichend berufliche Sicherheit, Einkommen und

Zeit statt permanente Unsicherheit und Stress. Das sind wesentliche Bedingungen für ein kinderfreundliches Thüringen. Ihre Vorhaben sind zweifellos bei aller Würdigung ein Teil davon, aber halt nur ein kleiner Teil. Es fehlt noch die Zustimmung der Mehrheitsfraktion zu unseren Haushaltsanträgen, die ein Ja zu Kindern in Thüringen befördern, und damit fördert auch die SPD-Fraktion ein ganz klares Ja zu Kindern, dann kommen wir auch dem Ziel in der Überschrift Ihres heutigen Antrags ein Stückchen näher.

Natürlich - ein Wort noch zum Minister - ist es nicht nachvollziehbar, dass Frauen ihre Kinder töten. Gerade ich als junge Mutti kann das nicht nachvollziehen. Ich möchte trotzdem einen Satz dazu sagen. Wir sprechen über Frauen, die sich in diesem Moment in absoluten psychischen Ausnahmezuständen befinden. Aus diesem Grund, glaube ich, obliegt es nicht unserem Urteilsvermögen, diese Frauen in dieser Situation zu bewerten. Denn wenn sie klar denken könnten, klar fühlen könnten, klar handeln könnten, glaube ich, dass keine Frau so etwas ihrem Kind antun würde. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Tasch, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebes Geburtstagskind, Herr Minister Zeh! Ja, Frau Ehrlich-Strathausen, diese Kampagne ist nur ein kleiner Baustein von vielen Bausteinen, die es bedarf, um eine Gesellschaft kinderfreundlich zu machen. Aber von Ihnen haben wir wieder nur gehört, wie schlimm alles ist, wie ganz schlimm das ist, dass wir ein Landeserziehungsgeld zahlen, wie schlimm das ist, dass wir Müttern und Vätern zutrauen, zu wissen, ob sie ihr Kind zu Hause betreuen, in einer Tagespflege, in einem Kindergarten, von einer Oma, von einer Tante. Das ist die Entscheidung der Mutter, des Vaters, wie sie das gern machen. Wir geben den Eltern das Geld und wir wissen, die Eltern gehen verantwortungsbewusst damit um, und wissen vor allen Dingen genau, was sie in ihrer Situation brauchen. Das nur mal vorweg.

(Beifall CDU)

Im Mai dieses Jahres, als wir einen Antrag der CDU-Fraktion in der Aktuellen Stunde beraten haben „Hilfe für Schwangere in Not“, hat Minister Zeh angekündigt, eine Kampagne starten zu wollen, und die CDU-Fraktion unterstützt ausdrücklich diese Kampagne und wir freuen uns, dass es so viele Partner

gibt, die dieses mit begleiten und unterstützen. Hintergrund waren damals die entdeckten Kindstötungen. Ich fand, wir haben im Mai in diesem Haus eine fraktionsübergreifend sehr sachliche, sehr sensible Auseinandersetzung mit diesem Thema geführt. Einigkeit bestand darüber, dass es kein politisches Thema ist, sondern es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, schwangeren Frauen in Notsituationen die helfende Hand zu reichen und Lösungswege aufzuzeigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern, ihre Chance zur Teilnahme an der Gesellschaft und nicht zuletzt ihr Verhältnis zu Gewalt und Konflikt hängen ganz entscheidend davon ab, wie sie heranwachsen. Opfer von Gewalt und Vernachlässigung zu werden innerhalb oder außerhalb der Familie, durch erwachsene oder junge Täter, stören Entwicklungsmöglichkeiten von Mädchen und Jungen und beeinträchtigen sie nachträglich. Dies gilt vor allen Dingen dann, wenn die Gewalt nicht gleich oder sehr später entdeckt wird. Deshalb müssen wir alle unseren Blick schärfen und auf Bedingungen schauen, unter denen unsere Kinder aufwachsen. Die Fälle von Kindstötung haben uns in Thüringen tief betroffen und sie führen uns immer wieder vor Augen, dass wir viel tun müssen, um unsere Kinder und Jugendlichen zu schützen, denn Kinder, und da sind wir uns alle einig, sind unser wertvollstes Gut.

(Beifall CDU)

Wir müssen alles dafür tun, sie zu fördern und sie zu schützen. Dieses war der Hintergrund, zu sagen, wir starten die Kampagne „Thüringen sagt Ja zu Kindern“. Auch in Thüringen ist viel getan worden in den vergangenen Jahren - ich darf nur an den Maßnahmenkatalog erinnern - und sicher wird es nie genug sein, was wir tun, da sind wir sicher alle einer Meinung. Wir müssen mehr tun und nach Möglichkeiten suchen, dass die Hilfe auf eine breite Ebene gestellt wird, dass viele sich daran beteiligen. Das kann nicht nur Aufgabe des Parlaments und des Sozialministeriums sein. Jeder Bürger ist aufgefordert, wirklich den Kinderschutz ernst zu nehmen, immer ein offenes Auge zu haben z.B. in der Nachbarschaft. Das kann nicht Aufgabe der staatlichen Stellen allein sein. Die Kampagne hat mehrere Partner, und als ich heute früh hierher gefahren bin, hat es mich sehr gefreut, dass um 7.00 Uhr in den Nachrichten von Antenne Thüringen diese Kampagne angekündigt und vorgestellt wurde. Das ist z.B. ein Baustein, wenn das heute den ganzen Tag in den Nachrichten läuft: „Thüringen sagt Ja zu Kindern“. Die drei Säulen wurden auch sehr ausführlich dargestellt und in der Zeit zwischen 7.00 und 8.00 Uhr sind ja viele Menschen unterwegs; auf dem Weg zur Arbeit haben die es gehört und das ist, finde ich, eine ganz tolle

Sache. Deswegen allen auch herzlichen Dank, die sich hier mit engagieren. Es sind viele mit im Boot, das sind die Kommunen, das Land, die Geburtshilfe, die Hebammen, die Kinderärzte, Jugendämter, auch die Kindergärten. All diese haben da eine große Bedeutung, aber auch die Medien haben eine wichtige Rolle. Nicht nur dann, wenn wir in den Tageszeitungen oder Nachrichten hören, wenn solche schrecklichen Dinge passieren, spielen die Medien eine wichtige Rolle, sondern auch dazwischen, indem man immer wieder auf Möglichkeiten des Kinderschutzes, auf das Thema „Kindstötung“, auf das Thema „Gewalt gegen Kinder“ aufmerksam macht und somit einfach die Sensibilisierung für dieses Thema schafft. Deshalb möchte ich noch einmal die Partner nennen: Antenne Thüringen - das habe ich gerade gesagt -, die TLZ, die Parität, auch Frau Prof. Dr. Schipanski, die Landtagsverwaltung und unser Geburtstagskind, Herr Minister Zeh, dessen Idee das ja war. Wir hoffen auch, dass es keine Eintagsfliege wird und vor allen Dingen, dass es auch keine Rivalitäten gibt, dass die, die jetzt nicht mitmachen, sagen, mich hat ja niemand gefragt, sondern es sollte der erste Akzent sein und wir hoffen natürlich, dass diese Kampagne auch weitergeht und es viele Unterstützer auch weiterhin geben wird. Wir alle können diese Kampagne unterstützen, z.B. über den Wettbewerb „Kinderfreundlichste Kommune“. Es gibt ja mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier im Haus, es sind viele Kolleginnen und Kollegen als Gemeinderäte oder Stadträte tätig. Sie können sich alle beteiligen am Wettbewerb, auch nach vielen Kleinigkeiten in einer Gemeinde, in der Stadt, nach Möglichkeiten suchen, wie kann man seine Gemeinde kinderfreundlicher gestalten. Da darf ich einmal in eigener Sache meine Aktion vorstellen, die ich als Bürgermeisterin 2007 ins Leben gerufen habe, nur eine Kleinigkeit, die gut ankommt. Jedes neugeborene Kind bekommt von mir ein Handtuch, ein weißes Handtuch mit hellblauer oder rosaroter Schrift; es steht darauf „Herzlich willkommen in deiner Heimatgemeinde Küllstedt“, mit einer netten Karte dabei. Das ist eine kleine Geste, die kommt bei den Eltern ganz gut an, kostet nicht viel, hat aber eine große Wirkung und zeigt auch, dass man sich als Gemeinde mit den Eltern freut, wenn wieder ein Kind in der Gemeinde da ist. Wir stehen vor der Adventszeit und die Adventszeit öffnet ja unser Herz.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Sonst ist es wohl verschlos- sen?)

Mein Herz ist nie verschlossen, aber die Weihnachtszeit öffnet die Herzen noch etwas weiter. Viele Menschen sind in der Zeit bereit, etwas zu geben. Deshalb werben Sie alle dafür, dass diese Kampagne Unterstützung findet, und geben Sie mit offenen Händen.

Vielleicht noch zwei Zahlen, die mich sehr optimistisch stimmen: Wir haben die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden, wonach in Thüringen im ersten Halbjahr entgegen dem Bundestrend mehr Kinder geboren sind. Auch eine zweite Sache, die mich sehr freut: Bei der Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist die Zahl in Thüringen um 11 Prozent zurückgegangen gegenüber dem letzten Jahr - auch eine sehr gute Nachricht, das stimmt mich optimistisch. Wir hoffen, dass diese Aktion weitergeht. Die CDU-Fraktion wird diese Aktion mit Kräften unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Bärwolff, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit Verwunderung hat die Fraktion DIE LINKE den Antrag der CDU, der Landtag unterstützt die Initiative „Thüringen sagt Ja zu Kindern“ und die Landesregierung möge zu Hilfsangeboten für Schwangere im Freistaat berichten, zur Kenntnis genommen. Die Initiative „Thüringen sagt Ja zu Kindern“ ist eine von Parität, der TLZ, Antenne Thüringen, dem Sozialministerium und dem Landtag getragene Kampagne. Sie besteht aus drei Teilen, das hat der Sozialminister schon ausgeführt. Dass im öffentlichen Raum für die Belange des Kinderschutzes sensibilisiert werden soll, ist durchaus zu begrüßen, jedoch brauchen wir auch darüber hinaus ein engagiertes Handeln, wenn es um unsere Kleinsten geht. Der zweite Teil der Kampagne, ein Wettbewerb um die kinderfreundlichste Gemeinde in Thüringen, deren Sieger ein Kinderfest gesponsert bekommt, ist ja durchaus auch zu begrüßen, und der dritte Teil, das Sammeln von Spenden, mit denen verschiedene Projekte im Bereich des Kinderschutzes unterstützt werden sollen, wird auch unsere Befürwortung finden. Dies alles sind lobenswerte Ansätze, die wir als Landtag unterstützen sollen. Jedoch fragt man sich, was ein solcher Schaufensterantrag hier im Landtag bewirken soll.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Unver- schämt!)

(Beifall DIE LINKE)

Kinderfreundlichkeit? Mit den Anträgen, die durch die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD in den letzten Wochen und Monaten hier im Landtag beraten wurden, hätten wir einiges tun können für Kinderfreundlichkeit, beispielsweise kostenloser Zugang für Kinder in Museen, in Theater, zu kultu

rellen Einrichtungen, beispielsweise die Umsetzung und Durchsetzung der Lernmittelfreiheit - all dies gehört auch zur Frage Kinderfreundlichkeit dazu. Dort hätte der Landtag durchaus die Möglichkeit gehabt, einiges auch zu tun.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir reden seit über einem Jahr über die Fragen des Kinderschutzes. Wir hatten Maßnahmenkataloge und Sofortprogramme, wir hatten Debatten und Anhörungen. Was sich allerdings an den Strukturen geändert hat und was sich dort nachhaltig verändert hat, lässt sich doch recht schnell überblicken. Selbst wenn ein 19-Punkte-Maßnahmenplan in allen Punkten umgesetzt wird, ergeben sich daraus noch eine Vielzahl von Fragen und Problemen. Sowohl die Anhörung im Sozialausschuss hat uns darauf aufmerksam gemacht als auch der 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung. Beispielsweise wird konstatiert, dass es versäumt wurde, die positiven Erfahrungen aus der DDR im Bereich der Vorsorgeuntersuchungen und des öffentlichen Gesundheitsdienstes in die weitere Diskussion um den Ausbau des Kinderschutzes mit einzubeziehen. Deutlich wurde dies von einigen Anzuhörenden - wie beispielsweise Prof. Meißner - geäußert, dass es im Bereich Kinderschutz strukturelle Probleme gibt, die wir wohl auch mit einem Kinderfest für die kinderfreundlichste Gemeinde nicht lösen können.

(Beifall DIE LINKE)

Wie können wir beispielsweise den Datenaustausch von den Standesämtern aus realisieren? Wie sollen Jugend- und Gesundheitsämter aufsuchende Arbeit leisten, wenn sie gar nicht wissen, wen sie aufsuchen sollen? Die Probleme beispielsweise des Datenschutzes müssen ernsthaft geklärt werden. In anderen Bundesländern, wie in Berlin oder dem Saarland, sind diese Fragen in einer durchaus annehmbaren Art und Weise geregelt, ohne dass mit solch sensiblen Daten unnötig hantiert wird.

Eine weitere Frage: Welche Rolle soll oder welche Rolle kann der öffentliche Gesundheitsdienst einnehmen, wenn es beispielsweise um eine Mütterberatung geht? Auch diese Frage muss geklärt werden, denn es ist mitnichten so, dass alle Strukturen bezüglich des Kinderschutzes geklärt wären. Viele Kinder- und Jugendschützer begrüßen es, wenn beispielsweise der ÖGD mit seinen Fachärzten und Kenntnissen hier stärker einbezogen würde. Dafür aber müssen Gesetzlichkeiten geändert werden. Das, meine Damen und Herren, verstehen wir als Linksfraktion darunter, etwas für den Kinderschutz zu tun, denn wir als Linksfraktion werden uns auch weiterhin dafür starkmachen.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Fragen sind für uns von Bedeutung.

Eine weitere Frage stellt sich beispielsweise, wenn es um die Finanzierung von Kinderschutzdiensten geht. Dass diese Einrichtungen immens wichtig sind, ist wohl den meisten von uns bewusst, nicht umsonst arbeiten nun auch im Kyffhäuserkreis und im IlmKreis neue Kinderschutzdienste. Problematisch dabei ist jedoch, dass die bisherige Förderung in den Kommunalen Finanzausgleich gewandert ist und die Richtlinie „Örtliche Jugendförderung“ nun auch weiter um diesen Aufgabenbereich erweitert wurde. Dass dies nicht sachdienlich ist, will ich Ihnen an einem kleinen Problem darstellen. Zum einen gab es bislang eine Direktzahlung an die Kinderschutzdienste. Nun werden diese gesamten Mittel der Kinderschutzdienste über die Jugendpauschale gleichmäßig im ganzen Land verteilt. Das heißt zum einen, dass die Kinderschutzdienstmittel an alle verteilt werden, und zwar unabhängig davon, ob der Kreis nun einen Kinderschutzdienst unterhält oder nicht. Zum anderen haben jene Kreise nun weniger Geld für die bisherigen Aufgaben und Leistungen im Rahmen der örtlichen Jugendförderung zur Verfügung und werden also doppelt bestraft. Dies kann unsere Zustimmung nicht finden. Wenn Sie mit der Kampagne „Thüringen sagt Ja zu Kindern“ dann auch noch Geld sammeln wollen, sozusagen die Privaten heranziehen wollen, um diese doch staatlichen Leistungen zu unterstützen und zu finanzieren, dann muss das ganz kritisch hinterfragt werden, denn Fachlichkeit kann man unseres Erachtens nicht über Spendensammlungen herstellen und gewährleisten.

(Beifall DIE LINKE)

Wir als Linksfraktion fordern Sie erneut auf, endlich auch strukturelle Veränderungen vorzunehmen, um den Kinderschutz auch mit eigenen Programmen zu fördern. Eine wichtige Zielstellung muss dabei sein, bereits Schwangeren niedrigschwellige Hilfsangebote zu unterbreiten. Im Rahmen der Kinderkonferenz im Februar in Jena kamen dazu auch mehrere Modellprojekte zur Sprache. Eine Hochrisikoeinschätzung von Schwangeren und die damit verbundene Begleitung bereits vor der Geburt sichern den frühzeitigen Zugang zu Hilfen. Eine breit ausgebaute Mütter- und Familienberatung könnte solche Aufgaben beispielsweise leisten. Deshalb fordern wir Sie auf, nicht nur mit Modellprogrammen vieles zu erproben, sondern auch nach Abschluss dieser solche Programme in die Regelfinanzierung zu überführen, denn das ist es, was wir wirklich brauchen.

„Thüringen sagt Ja zu Kindern“ - so der Name des Antrags und der Initiative. Wir finden es positiv, wenn sich gesellschaftliche Träger mit solchen Aktionen

um den Kinderschutz und um Kinderfreundlichkeit bemühen. Was aber passiert mit den Kindern, die wir vor der um sich greifenden Kinderarmut schützen müssen? Auch diese Frage gilt es dringend zu klären. Ich wünschte mir, dass sich diese Kampagne auch dieses Problem zum Gegenstand macht, denn über ein Viertel der Kinder in Thüringen lebt in Armut. Da ist die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung durchaus ein wirksamer Schutz und durchaus ein wirksamer Beitrag zu Kinderfreundlichkeit. Dazu hatten wir ja bereits in der Vergangenheit auch die Möglichkeit, mehrere Anträge zu diskutieren.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Aktuelle Stunde, meine Damen und Herren, zur Studie von World Vision ist zwar gut und schön, aber zu dem aktuellen Kinderreport, der gestern vorgestellt wurde, wäre sie wohl angemessener. Ausgrenzung durch das Bildungssystem, strukturelle Benachteiligung und vererbte Armut, das sind die Probleme, vor denen wir stehen und die wir dringend mit aller Konsequenz lösen müssen.

Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE sagt Ja zu Thüringen, sagt Ja zu Kindern und vor allem sagen wir Ja zu einem Kinderleben ohne Armut. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Panse, CDU-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vor allem sehr geehrte liebe Besucherinnen und Besucher! Junge Besucherinnen auf der Gästetribüne, glaube ich, sind genau angemessen dem Thema, über das wir diskutieren. Wir reden über „Ja zu Kindern“. Erlauben Sie mir vorab eine Bemerkung. Wenn wir über „Ja zu Kindern“ reden, geht es zuallererst um die Frage, warum und wie sich junge Menschen dafür entscheiden, Kinder haben zu wollen. Alle Studien, die wir dazu kennen, sagen, dass junge Menschen, so wie Sie hier auf der Tribüne, die Sie bei uns sitzen, sich zu über 90 Prozent später ein Leben mit Kindern vorstellen können und sich Kinder wünschen. Rund 70 Prozent wollen eine Familie gründen, das sagt die Shell-Studie, und wollen auch heiraten. Tatsächlich müssen wir uns fragen, warum es dann im weiteren Verlauf des Lebens nicht tatsächlich 90 Prozent der jungen Menschen tun und Kinder in diese Welt setzen. Dazu gehört natürlich zuallererst die Fragen zu formulieren: Wie familienfreundlich sind wir? Wie sehr helfen wir jungen Men

schen, diese Entscheidung für ein Kind zu treffen, lebensbejahend für ein Kind da zu sein, dann aber auch Kindern die bestmöglichen Startvoraussetzungen zu verschaffen? Ich glaube, das Projekt, über das wir heute auf Antrag der CDU-Fraktion diskutieren, ist ein Mosaikstein, ein Baustein dazu. Es ist sicher nicht alles in diesem Bereich, aber wir haben immer als CDU-Fraktion deutlich gemacht, wir wollen die Systeme der Bejahung von Kindern in Thüringen stärken und weiterentwickeln. Dieses Projekt ist ein wichtiger Baustein dazu. Herzlichen Dank an das Sozialministerium für die Initiative dazu.

Umso weniger kann ich es verstehen, Frau EhrlichStrathausen, wenn Sie uns hier vorn verkünden, es hätte der Initiative der SPD bedurft, um diesem Thema des Schutzes von Kindern überhaupt die nötige Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Das ist mitnichten so. Gerade die Beispiele, die Sie aufgeführt haben, sind ausgesprochen schlechte Beispiele, weil es eben nicht so ist. Wir haben Kinderschutzdienste systematisch seit Beginn der 90er-Jahre in Thüringen aufgebaut. Thüringen hat das dichteste Netz an Kinderschutzdiensten in diesen wenigen Jahren entwickelt, bis heute anerkannt das dichteste Netz bundesweit. Wir fördern die Kinderschutzdienste weiter, genau deswegen ist es eben nicht so, dass ein Umdenken an dieser Stelle vor anderthalb Jahren eingesetzt hat: Wir haben systematisch Kinderschutzdienste aufgebaut.