Protokoll der Sitzung vom 13.12.2007

Wir wollen Familien finanziell und in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stärken. Wo Defizite auftau

chen, muss man Eltern helfen, das ist richtig. Wenn jemand etwas nicht kann, das ist an sich auch eine ganz simple pädagogische Wahrheit, lernt er es doch nicht dadurch, dass man ihm die Aufgabe einfach wegnimmt. Auch wir sagen, natürlich müssen warme Mahlzeiten sein für jedes Kind. Und wo es nicht gewährleistet ist, müssen wir uns dazu etwas einfallen lassen als Gesellschaft, aber einfach zu sagen, das machen wir jetzt wieder für alle quer durch und nicht dafür zu sorgen, dass vielleicht doch auch eine Mutter, ein Vater, eine Großmutter, wer auch immer im Umfeld des Kindes vielleicht mal wieder lernt, wie man aus einfachsten Mitteln etwas zu essen bereiten kann.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

Das ist keine Frage finanzieller Armut, das ist eine Frage kultureller Armut, das ist eine Frage von Bindungsarmut, das ist eine Frage von Bequemlichkeit, vielleicht auch von einer verheerenden Nebenwirkung dieses dämlichen Begriffs „Herdprämie“.

(Beifall CDU)

Wie will ich denn von Frauen noch erwarten, die ständig so diffamierend belegt werden, dass sie sich dann noch an den Herd stellen? Aber sicher, das wird alles, alles subtil bei Ihnen mitbeträufelt. Deswegen brauchen wir auch hier ein Programm,

(Beifall CDU)

was fördern und fordern heißt, und Menschen wieder in Verantwortung nimmt, befähigt und damit vielleicht auch ein bisschen aus Bindungsarmut, aus kultureller Armut herausführt. Wir wollen, dass Eltern schließlich selbst entscheiden können, wie sie als Familie leben, und wir erkennen Erziehungsleistung an. Mit dem geplanten bundesweiten Betreuungsgeld - auch das hätten die wenigsten hier auf Oppositionsseite gedacht - haben wir als Thüringer unser Modell als Modellcharakter für Deutschland letztlich implementieren können.

(Beifall CDU)

Ich denke, das war ein großer Erfolg und das zeigt, wer von Wahlfreiheit spricht, muss sie ernst nehmen. Wir nehmen sie hier in Thüringen ernst mit dem weitestgehenden Betreuungsanspruch auf der einen Seite und der Honorierung von Erziehungsleistung auch im häuslichen Bereich auf der anderen Seite. Auf Bundesebene heißt es eben auch Ausbau der Betreuungsinfrastruktur, wo die alten Länder natürlich noch einen viel größeren Nachholbedarf haben, aber dann eben auch zu dieser Wahlfreiheit, zur Mün

digkeit von Bürgerinnen und Bürgern, von Familien, von Eltern zu stehen.

(Beifall CDU)

Deshalb, liebe Kollegen von der Opposition, verwahren wir uns auch dagegen, dass das Thüringer Erziehungsgeld zur Finanzierungsquelle für ohnehin vorbildliche Strukturen, die wir ja haben, dienen soll. Sie wollen letztlich, dass Familien wieder in die Haushaltskasse greifen, um eine einseitige Politik, wie Sie sie politisch als Partei mit Ideologie behaftet wollen, weil Sie ein einseitiges Leitbild vorgeben wollen, und das wollen wir eben nicht.

(Beifall CDU)

Wir wollen, dass die Verschiedenartigkeit der Lebensentwürfe, der Lebenssituation zum Tragen kommen kann.

Ich frage auch hier, weil wir eine, denke ich, sehr gute Gesprächsreihe von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Erfurt hatten im MDR-Funkhaus, wo es hieß „jedes Kind zählt“, bei der auch über die Wünsche und über die Sehnsüchte von Kindern gesprochen worden ist. Es gibt beeindruckende und, ich will sagen, auch erschütternde Zeugnisse auch junger Leute, von Schülerinnen und Schülern, die ein Buch unter dem Bödecker-Kreis geschrieben haben, „Zwischen Gewalt und Zärtlichkeit“, in dem sie einmal ihre Wünsche aufgezählt haben, was sie von ihren Eltern erwarten würden und wie sie leiden unter zu wenig Zeit und zu wenig Zuwendung, und was sich auch daraus manchmal für Dramen entwickeln. Hier wollen wir Freiraum und hier wollen wir Anerkennung.

(Beifall CDU)

Wir wollen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Stiftung „FamilienSinn“ nicht opfern. Diese Stiftung soll Familien umfassend stärken, Erziehungskompetenz fördern und dafür auf Dauer Mittel haben, die nicht zur Disposition stehen, auch wenn es finanziell mal wieder noch enger wird, was ja auch kommen wird im Blick auf die Haushaltssituation kommender Jahre mit dem Abbau auch der Bundes- und Europamittel, der ins Haus steht.

Und wir haben - auch das wurde gesagt - ein weiteres Element ganz bewusst eingefügt. Ich bin sehr dankbar allen Kolleginnen und Kollegen der Fraktion, in der Landesregierung, den verschiedenen beteiligten Ministerien, dass es gelungen ist, in einer wirklich komplizierteren pluralen Welt ein Familiendarlehen im Haushalt zu verankern. Das war früher wirklich einfacher mit ganz einfachen Mechanismen, die wir alle kennen - 70er-, 80er-Jahre in der DDR -, das kann man mit heute nicht vergleichen. Aber dass

es auch unter den Bedingungen unserer pluralen Lebensentwürfe und pluralen Gesellschaft gelungen ist, das zu tun, da bin ich sehr dankbar. Die Resonanz im Vorfeld, die Voranfragen, all das bestätigt uns darin, auch wenn die Kreditsumme nicht gewaltig ist, aber gerade für die Familiengründungsphase hilft sie doch beachtlich weiter. Ich denke, auch hier haben wir ein Wort gegeben und ein Wort eingelöst. Dafür bedanke ich mich noch mal.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein entscheidendes Anliegen ist für uns als CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, gemeinsam mit der Landesregierung möglichst alle Menschen auf ein Leben in Freiheit und Verantwortung vorzubereiten. Wir sind dabei weit vorangekommen, auch das zeigen Vergleichsstudien immer wieder, zuletzt der Bildungsmonitor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln. Danach gehört Thüringen mit Sachsen, mit Bayern, mit BadenWürttemberg „zum Führungsquartett im Leistungsfähigkeitstest der Bildungssysteme“, wie es da heißt. Dieses Quartett haben wir ja eigentlich in allen Rankings, die es deutschland- und europaweit gibt.

Deutschlandweite Bestwerte erreicht Thüringen beim Vorrang für Bildungsausgaben im staatlichen Gesamtbudget, die wir auch wieder hier im Haushalt erreichen, und bei den Betreuungsbedingungen. Auch in der Förderinfrastruktur ist dem Monitor zufolge die Lage in Thüringen ausgezeichnet. Kein anderes Bildungssystem in Deutschland ist so erfolgreich darum bemüht, möglichst alle Schüler zu einem verwertbaren Abschluss zu führen. Auch das ist ein Vergleich, der viel zu wenig - auch hier im Land selber - zitiert wird.

(Beifall CDU)

Wir haben bei den 18- bis 24-jährigen Thüringerinnen und Thüringern 6,6 Prozent, das mag uns immer noch viel in unseren Ohren klingen, die keinen Berufsabschluss oder kein Abitur haben oder sich nicht in Ausbildung befinden - 6,6 Prozent. Ich sage, das ist immer noch zu viel; wir müssen noch besser werden, aber es sind mit Abstand die wenigsten überhaupt in Deutschland. Das geht dann weiter bei 9,7 Prozent, zweistellig, 10, 11, 12 Prozent. Der europäische Durchschnitt liegt bei 13 Prozent. Wir haben hier einen Wert, der hart erarbeitet worden ist, und der im Übrigen auch gemeinsam mit der Thüringer Wirtschaft erarbeitet worden ist.

Wenn Sie, Herr Kollege Matschie, ansprechen, wir würden Überlegungen der IHK nicht zur Kenntnis nehmen, die sind längst mit uns besprochen. Wir haben, auch was die duale Ausbildung betrifft, ein Jahr Grundausbildung, dann Wechsel ins duale System,

gerade jüngst wieder die entsprechenden Gespräche geführt. Nur weil Sie das auch mal als Schlagwort oder im Gespräch mitgekriegt haben, das ist tägliche Arbeit, die hier geleistet wird,

(Beifall CDU)

wirklich tägliche Arbeit. Wir sind hier auch an ganz konkreten Modellprojekten in der Praxis inzwischen dran.

Wir haben trotzdem, das will ich sagen, auch im Bildungssystem noch einmal an zwei Punkten Akzente gesetzt. Einer, der uns besonders wichtig war, weil auch wir sagen, die Erfolgschancen fangen bei den Jüngsten an. Natürlich, bei den Jüngsten müssen wir sie verbessern, deswegen Bildungsplan 0 bis 10 Jahre. Damit dieser Bildungsplan auch wirklich verstanden und umgesetzt wird, noch einmal 2,2 Mio. € bei einer Gesamtmasse pro Jahr von etwa 23 Mio. € bereitgestellt, sehen Sie, welche Bedeutung wir diesem Feld beimessen. Das Zweite sind die Schulen in freier Trägerschaft, wozu wir uns auch noch einmal ganz deutlich bekannt haben.

Nun will ich noch einmal eines sagen, auch Sie von der LINKEN und von der SPD haben sich an die Spitze der Bewegung in Ihrem Einsatz für die freien Schulen gestellt. Sehr löblich, wenn auch Sie die Pluralität der Bildungslandschaft in unserem Freistaat so immer wieder beschwören und hier entsprechend auch die Pluralität einfordern. Nur mit Ihrem Ziel der Einheitsschule - das steht in all Ihren Programmen und ist von der SPD auch nochmals richtig groß beschlossen worden -

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Finnland ist damit sehr erfolgreich.)

geht das natürlich - das prognostiziere ich - nicht zusammen. Denn sollten Sie - was verhindert werden möge, wir wollen alles tun gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern an den Thüringer Regelschulen, an den Thüringer Gymnasien, die sagen, wir haben ein tolles Schulsystem, wir haben ein zielführendes Schulsystem und die Ergebnisse zeigen es ja auch - jemals die Möglichkeit dazu haben, dann prophezeie ich Ihnen, dass die Schulen in freier Trägerschaft zu Fluchtburgen werden für alle, die eine Wahlmöglichkeit haben möchten.

(Beifall CDU)

Dann wollen wir mal sehen, wie weit Ihr Bekenntnis noch zu den freien Schulen reicht.

Aber das ist im Bereich der allgemeinbildenden Schulen.

Wirtschaftlicher Erfolg ist letztlich notwendig, auch hier haben wir die entsprechenden Daten. Vor allen Dingen aber brauchen wir die Innovationskraft in unserem Land - und das ist ein Baustein zum Erfolg, der auch von Dauer getragen ist - in unseren Köpfen. Und hier, sage ich, ist auch etwas Hervorragendes gelungen mit unserem Hochschulpakt. „Exzellentes Thüringen“ - diese Initiative, die über 50.000 Studierenden an Thüringer Hochschulen zugute kommen wird, die eingeschrieben sind, die unseren Standort weiter attraktiver macht mit einem wirklich guten Wert für Thüringen, der weit über dem in anderen Ländern liegt, dass 19 Prozent unserer Absolventen nach wie vor Ingeneure sind. Naturwissenschaftlich-technischer Bereich, Zukunft, Mehrwertschöpfung in der Wirtschaft durch Innovation, das ist ein Herzstück in unserer Politik in unserem Land. Auch hier gebe ich unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel voll und ganz recht, dass wir dazu die Potenziale in unserem Land ausschöpfen und notfalls noch stärker heben müssen. Ich danke allen, die politisch vonseiten der Landesregierung, aber die auch hochschulpolitisch vonseiten der Hochschulen bis hin in den Bereich der Wirtschaft dazu beigetragen haben, dass wir hier die entsprechenden Verbünde haben, dass wir die entsprechenden Vernetzungen haben, dass wir auch eine wirtschaftsnahe Forschung haben und allen, die sich daran beteiligen, jungen Menschen beizeiten eine Perspektive hier in unserem Land ermöglichen.

(Beifall CDU)

Auf einen vielleicht letzten Punkt möchte ich noch eingehen - das Finanzausgleichsgesetz: Das bleibt einem am heutigen Tag nicht erspart, und ich finde, wir haben auch allen Grund, stolz auf das zu sein, was uns gelungen ist in dieser schwierigen Situation. Wir haben das Urteil nicht gewollt. Wir haben es auch nicht angestrengt, so viel zu klagen vor dem Verfassungsgericht. Ich sehe da schon sehr viele, die je nach Bedarf auch zum Verfassungsgericht gehen. Das ist nicht nur die Landesregierung, die in ihrem Fall dazu verpflichtet war, sondern die Opposition hat hier ein Urteil provoziert. Es ist gekommen. Sie merken, es schmeckt Ihnen nicht, es ist anders als gedacht, weil es ein Urteil letztlich doch auf einer Linie ist, die ich vorhin gezeichnet habe von mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung.

Es sind keine Mittel gestrichen, es sind Mittel aber jetzt in der allgemeinen Schlüsselzuweisung, wo sich in aller Freiheit und in aller Verantwortung Stadträte, Kreistagsmitglieder vor Ort bekennen können, und, ich sage, auch bekennen müssen, eigentlich unsere Politik von Subsidiarität,

(Beifall CDU)

die uns hier ins Stammbuch geschrieben ist. Und dann verstehe ich diese Logik auch nicht. Alle sagen, mehr Verantwortung für diejenigen, die vor Ort das Sagen haben, dann geben wir das und dann trauen Sie denen dann wieder nichts mehr zu, sondern sagen, alles muss das Land festschreiben, genaue Spezifizierung, auch bei dem, was ausweislich dieses Urteils nicht mehr geht, Bibliotheken, Musikschulen, Jugendkunstschulen; das war alles Thema. Da haben wir jetzt Folgendes gemacht: Weil auch wir eine kulturpolitische Verantwortung sehen, die über die kommunale hinausgeht, sagen wir, es bleibt beim Kommunalen Finanzausgleich, so wie er in den Grundstrukturen von der Landesregierung vorgelegt worden ist, mit den Grundzuweisungen, weil da wirklich die Kommune vor Ort die Grundfinanzierung zu leisten hat. Aber es gibt ein landes- und bildungspolitisches Interesse, was darüber hinausgeht im Blick auf Standardsicherung, im Blick auch auf eine Pflege von musikalischen, künstlerischen, literarischen Traditionen, die über die einzelne Kommune hinausgehen. Das ist unsere Landesaufgabe. Da werden wir auch noch ein bisschen am Kulturkonzept, lieber Herr Minister, denke ich, gute Innovationen hineinbringen können,

(Beifall CDU)

dass wir hier wirklich eine sinnvolle Zuweisung haben. Was ist kommunal, Kommunaler Finanzausgleich, allgemeine Zuweisung, Verantwortung vor Ort? Aber das, was unseren Freistaat Thüringen dann insgesamt ausmacht, denn wir sollten nicht vergessen, dass die „Denkfabrik“ - die „Denkfabrik“, weil sie sich wirklich hundert- und tausendfach inzwischen an unseren Hochschulen erwiesen hat -, aber letztlich in einem „Kulturland“ steht und das eine mit dem anderen zu tun hat.

Ich will abschließend sagen, dass wir keine Schulden machen. Das große Ziel, was wir hatten, dass wir, wenn es noch darüber hinaus Mehreinnahmen gibt, ihn auch für den Schuldenabbau und für einen Pensionsfonds verwenden, ist eine Riesenleistung. Von dieser Leistung wären wir aber Lichtjahre weg, wenn wir in den vergangenen Jahren den Anträgen der Opposition gefolgt wären, das sind wir nicht.

(Beifall CDU)

Es ist auch unter den deutschen Ländern - es haben ja alle Steuermehreinnahmen, aber es haben bei Weitem nicht alle geschafft, auf eine Nettoverschuldung von null zu kommen. Deswegen noch einmal, Dank an die Landesregierung für ihre Arbeit, die sie geleistet hat, Dank an die Mehrheitsfraktion, dass wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, alles gemeinsam durchgetragen, beschlossen und noch eigene Akzente setzen können. In diesem Sinne bit

te ich auch um Zustimmung für diesen Doppelhaushalt 2008/2009 und alle Begleitgesetze, die dazugehören. Danke schön.

(Beifall CDU)

Entgegen meiner hoffnungsfrohen Erwartung liegen mir keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor seitens der Abgeordneten. Demzufolge für die Landesregierung, Finanzministerin Diezel.