Christine Lieberknecht

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Frau Präsidentin, sehr geehrter Kollege Hausold, sehr geehrter Kollege Matschie, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie, dass ich am Anfang zumindest einmal in Erinnerung rufe, dass wir jetzt im Jahr 18 der deutschen Einheit leben und für dieses Jahr gilt wie auch für die Jahre zuvor: Wir leben in einem freien Land und wir sind frei, Fragen zu stellen, jeder ist frei, die Fragen zu stellen, die er für notwendig hält. Das hat der Thüringen-Monitor getan in Absprache mit dem Auftraggeber, der Landesregierung. Natürlich sind auch Sie von der Opposition frei, jederzeit die Fragen zu stellen, die Sie stellen möchten. Ich finde aber, es lohnt sich allemal, die Fragen, die gestellt worden sind, und die Daten, die wir mit der Beantwortung dieser Fragen bekommen haben, vertieft zu betrachten und daraus auch wiederum Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich hatte ja die Hoffnung, Herr Kollege Matschie, am Anfang Ihrer Rede, dass es eine hoffnungsvolle, auch ermutigende Rede insgesamt werden könnte,
denn ich möchte mich ausdrücklich für die Gemeinsamkeit der Demokraten im Kampf gegen den Extremismus, insbesondere auch gegen den Rechtsextremismus, bei Ihnen bedanken.
Aber ich möchte schon sagen, dass wir gerade da auch sehr genau überlegen müssen, was ist tatsächlich zielführend und nicht, was bringt vordergründig vielleicht den meisten Beifall. Dazu braucht man eben eine vertiefte Befassung und das gilt in Sonderheit auch für die kontroversen Themen, die Sie dann angesprochen haben, wie die Bildungspolitik. Man könnte jetzt im Einzelnen eine große bildungspolitische Debatte führen, aber es ist, denke ich, eine vertane Chance an dieser Stelle, wo wir den Thüringen-Monitor haben und einmal im Jahr wirklich die Chance nutzen sollten, nicht in rhetorischen Halbheiten oder Halbwahrheiten und dann auch falschen Bildern, die gezeichnet werden, uns dann in dem zu ergehen, was wir immer an anderer Stelle auch schon sagen, sondern tatsächlich zu schauen, was sagen uns die Daten, die wir hier in den Blick nehmen - auch mal etwas nicht so dominiert von den tagesaktuellen Fragen. Ich bin jedenfalls für die Möglichkeit der politischen Bestandsaufnahme, die wir nun schon zum achten Mal in diesem Hohen Haus haben können, dankbar. Ich finde, nicht zuletzt auch wir als Parlamentarier sollten ein Interesse daran haben, auch mal etwas losgelöst von den sonstigen Debatten, die wir immer wieder führen, uns mit der tatsächlichen Stabilität und Verankerung der parlamentarischen Demokratie im Freistaat Thüringen auseinanderzusetzen und ich bin auch der Landesregierung, Ihnen, Herr Ministerpräsident Althaus, ausdrücklich dankbar, dass Sie an dieser Folge der Erhebung der Daten zur politischen Kultur im Freistaat Thüringen festgehalten haben und mit dem Institut, mit den Politikwissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena, mit Herrn Edinger, Herrn Hallermann, Herrn Schmitt die Partner haben, die das auch wissenschaftlich fundiert für uns wieder vorgelegt haben. Also danke für diesen 8. ThüringenMonitor, den wir heute hier behandeln.
Knapp zusammengefasst bestätigt der ThüringenMonitor zunächst einige erfreuliche Trends - die sind ja auch von der Opposition nicht ganz ignoriert worden. Ich möchte sie trotzdem noch mal kurz in Erinnerung rufen, denn es ist auch schon nachvollziehbar, dass die Opposition sich mehr bei den Schatten aufhält, auch bei den Schatten nicht gestellter Fragen, dennoch überwiegt das Licht deutlich.
Die Menschen identifizieren sich in einem bisher so nicht artikulierten Ausmaß mit Thüringen. Klar, die Thüringer sind heimatverbunden, das haben wir immer gesagt, das bekennt auch jeder Thüringer, aber dass fast zwei Drittel meinen, man lebe in Thüringen gut oder sogar sehr gut, finde ich schon sehr bemerkenswert.
Mehr als die Hälfte will das Land nicht in einer Länderfusion enden sehen - auch das ist ganz klar erhoben. Das ist im Übrigen der einzige Volksentscheid, der auch im Grundgesetz verankert ist. Länderfusionen sind nicht gegen den Willen der Bevölkerung, der Menschen im Lande zu machen. Ganz klar ist hier das Bekenntnis.
Thüringer sind Thüringer und sie wollen ihr Thüringen, auf das sie stolz sind und in dem - wie auch hier beschieden wird - gut Leben ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, positive Daten auch zur politischen Kultur: Der demokratische Verfassungsstaat bildet in Thüringen immer stärkere Wurzeln aus. Der Anteil derer, die im Zweifel für die Freiheit votieren, ist gewachsen. Ich erinnere mich an die Debatten in den letzten Jahren, und zwar durchweg, dass wir immer Probleme hatten mit diesem zu geringen Teil. Er ist immer noch zu gering, aber er ist deutlich ausgeprägt. Ich denke, auch hier hat sich die Debatte darüber gelohnt, erfreulicherweise vor allem bei der heranwachsenden Generation. Also auch Jugend lässt hier deutlich hoffen, die Demokratie als Staatsidee, auch als Verfassungsordnung genießt breiteste Unterstützung.
Die politische Praxis findet zwar naturgemäß - auch diese Diskrepanz haben wir jedes Mal gehabt - nicht den gleichen Beifall, aber sie wird doch auch insgesamt positiver beurteilt als in den Vorjahren. Es gibt mehr zufriedene Demokraten als im vergangenen Jahr und sie sind letztlich auch die sichere Bank für die Demokratie. Ich gestehe, selbst mich hat dieses Bild fast etwas überrascht, aber ich nehme es natürlich gern zur Kenntnis, denn ob der täglichen Sirenengesänge über schwierige Kompromisse, wenn wir an die Große Koalition denken, an unklare Linien, gegenseitige Blockaden, wortstarke Lobbyisteninteressen und dergleichen mehr, die ja oft auch blickverstellend sind, haben offensichtlich mehr Bürgerinnen und mehr Bürger die Fähigkeit entwickelt, hin
ter diesem täglichen Getümmel des Politikgeschäfts, was oft nicht so sonderlich durchschaubar ist, auch dahinter zu blicken und Politik ein Stück als Inszenierung wahrzunehmen als geübter Zuschauer und sich aber nicht durch jeden Effekt ins Bockshorn jagen lassen. Das bestätigt das, was man auch spürt, wenn man mit den Menschen im Gespräch ist, dass sie doch oft viel weiser, auch viel einfacher Sachverhalte zusammenfassen als es manchmal in komplizierten Darstellungen und dann auch den entsprechenden Veröffentlichungen darüber aussieht. Also Vertrauen zu den Bürgerinnen und Bürgern ist angesagt.
Das ist übrigens auch für mich immer die interessante Probefrage. Wenn wir es mit Politikverdrossenheit zu tun haben, wenn sich auch Kolleginnen und Kollegen von uns darüber beklagen, stelle ich regelmäßig die Frage: Wenn du dich über das mangelnde Vertrauen des Bürgers beklagst, wie viel vertraust du eigentlich dem Bürger und wie wird dieses Vertrauen in die Mündigkeit des Bürgers dann in einer entsprechenden Gesetzgebung sichtbar? Ich denke, das ist eine sehr gute Probefrage. Wir können nicht mehr Vertrauen als Politiker erwarten, als wir selbst bereit sind, den Menschen auch zuzutrauen.
Ich denke, da werden wir auch ganz interessante Debatten bekommen, die wir auch ganz offensiv in aller Offenheit führen können, weil wir nebenbei, wenn es um die Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern geht, um Mitsprache, um auch natürlich Mitverantwortung in einen Zeitraum kommen, wo wir das diskutieren, wo wir ganz klare Möglichkeiten haben etwas anzubieten, und zwar sogar zu dauerhafter Mitwirkung. Wir haben im kommenden Jahr etwa 12.000 - ich glaube, 11.800 oder 11.300 - Mandate in Gemeinderäten, in Stadträten, in den Kreistagen zu besetzen für richtige, dauerhafte Mitwirkung, Mitsprache, Mitbeschlussfähigkeit, Mitverantwortung, die da übernommen wird. Dafür wird geworben werden. Im Übrigen keiner, der das erfolgreicher macht - Ihr Slogan „Demokratie lebt vom Mitmachen“, das ist unser Slogan in der Jungen Union seit vielen Jahren „Demokratie lebt vom Mitmachen“ - und es gibt keinen erfolgreicheren politischen Jugendverband als die Junge Union,
die inzwischen nicht zuletzt auch mit dieser Aussage und mit den Angeboten zur viertstärksten Kraft geworden ist - CDU, LINKE, SPD - dann kommt die
Junge Union, inzwischen vor der FDP, vor den Grünen. Das verstehe ich unter engagierter Jugendarbeit und wirklich bester Immunität gegen Extremismus jeder Art, hier so zu agieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zurück zum Monitor: Aus den Zahlen treten uns Bürgerinnen und Bürger entgegen, die in ihrer großen Mehrheit, denke ich, fest genug im Leben stehen, um zu wissen, was sie an der Demokratie haben und die einen nüchternen, realistischen Blick auf die Lage werfen können. Das heißt, sie verstehen die Dinge vernünftigerweise, und zwar anders als mancher Antrag es hier im Haus uns immer suggerieren will, in Relation zu betrachten und sie nicht an einem ohnehin nie erreichbaren Ideal zu messen, das irgendwo in den Wolken schwebt. Sie kommen damit letztlich auch zu freundlicheren Ergebnissen als beispielsweise der alte Skeptiker Winston Churchill, den wir hier auch schon im Zusammenhang mit früheren ThüringenMonitoren zitiert haben, der feststellte: „Demokratie ist die schlechteste Form von Regierung mit Ausnahme all der anderen, die ausprobiert wurden“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Thüringer im Thüringen-Monitor denken hier erfreulicherweise freundlicher und das ist positiv und auch das sollten wir registrieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erfreulich ist auch, der Anteil der Nichtdemokraten oder gar Antidemokraten sinkt, und zwar an beiden Enden des politischen Spektrums, sowohl bei denen, die zum DDRSozialismus zurück wollen als auch bei jenen, die nach den Definitionen des Thüringen-Monitors als rechtsextrem eingestellt erfasst werden. In der Zusammenfassung heißt es wörtlich: „Die im Rahmen des Thüringen-Monitors erhobenen Systemalternativen zum demokratischen Verfassungsstaat haben insgesamt erheblich an Attraktivität eingebüßt. Der Thüringen-Monitor zeigt erneut auf, dass weder die DDR-Nostalgie noch das rechtsextreme Einstellungssyndrom an sich automatisch zu einer Ablehnung der Demokratie führen. Von sozialwissenschaftlich gemessenen Einstellungen kann man nicht ohne Weiteres auf die Systemzufriedenheit, das Wahlverhalten oder die Gewaltbereitschaft schließen.“
Der Monitor belegt allerdings zum wiederholten Mal den deutlich höheren Anteil - und das ist für uns auch die Größe, mit der wir uns beschäftigen müssen - an Nichtdemokraten an diesen beiden Gruppen, nämlich von 15 Prozent, die laut Thüringen-Monitor rechtsextrem eingestellt sind, zählen 32 zu den Nichtdemokraten, das wäre rein rechnerisch ein Anteil von 4,8 Pro
zent der Thüringer Bevölkerung. Und unter den DDRNostalgikern, die genauso abgefragt worden sind, die zum Sozialismus zurück wollen, das sind 17 Prozent, befinden sich 40 Prozent Nichtdemokraten, das entspräche einem Bevölkerungsanteil von 6,8 Prozent. Aber wir sollten uns hüten, jetzt diese beiden Zahlen zu addieren, um dann eine Gesamtsumme zu haben, sondern es zeigt sich wie in den vergangenen Jahren auch, dass die Schnittmenge zwischen beiden Enden auch erheblich ist. Dass wir natürlich dennoch, wenn es darum geht, die Herausforderungen des demokratischen Verfassungsstaats durch antidemokratische Strömungen beschreiben, wollen wir weiter auf die Extremismen von Links und von Rechts natürlich als Kategorien zurückgreifen, das ist klar, aber es heißt dazu, „die Systemalternativen gründen zwar auf unterschiedliche weltanschauliche Quellen, insofern handelt es sich um Systemkritik von zwei Seiten, die ihnen Zuneigenden weisen aber gleichwohl beträchtliche Schnittmengen auf. So ist fast die Hälfte der rechtsextrem Eingestellten gleichzeitig den DDRNostalgikern zuzurechnen.“ - so weit der Monitor.
Im Rahmen einer Fachtagung meiner Fraktion - wir haben das, was Kollege Hausold jetzt für das ganze Parlament angeregt hat, ja im Nachgang zum letzten Thüringen-Monitor als CDU-Fraktion gemacht - es gibt auch eine Veröffentlichung, der Parlamentarische Geschäftsführer könnte sie mal zeigen, haben wir inzwischen alles dokumentiert, wo auch Prof. Schmitt …
Ja, das ist Arbeit, das ist gründliche Befassung. Wir arbeiten und wir arbeiten gründlich und ich habe immer schon gesagt, lesen bildet, das gilt für Gesetze, das gilt aber auch für solche Vorlagen wie den Monitor.
Im Rahmen dieser Tagung hat also Prof. Karl Schmitt die statistischen Zusammenhänge zwischen DDRNostalgie und rechtsextremen Einstellungen noch einmal näher beleuchtet und danach gilt dieser Zusammenhang auch umgekehrt. 56 Prozent der laut Thüringen-Monitor 2006 rechtsextrem Eingestellten waren zugleich auch DDR-Nostalgiker und ich zitiere, so jedenfalls Prof. Karl Schmitt: „Von denen, die eine Rückkehr zum Sozialismus wollen, sind 49 Prozent der Meinung, der Nationalsozialismus habe auch gute Seiten gehabt.“
Der entscheidende Beitrag gegen jede Form von Extremismus ist meines Erachtens, sich mit den zugrunde liegenden gemeinsamen Wurzeln zu befassen. Im Thüringen-Monitor wird der Autoritarismus, den ja auch Kollege Hausold hier zitiert hat, den er kritisch hier zitiert hat - ich sage da gleich noch etwas dazu -, als wesentliche Ursache genannt, der
aber zum Glück auch sinkt und damit wiederum das Fundament für Demokratie Verbreiterung findet. „In letzter Konsequenz lassen sich extremistische Einstellungen jedoch“ - so Schmitt, auch wörtlich jetzt aus unserer Dokumentation, aber eben Karl Schmitt als hier Federführender - „eine Fehlverarbeitung von Erfahrungen mit der Gesellschaft und der Politik zurückführen.“ Typisch dafür sind nach Schmitt folgende Denkweisen, auch das zitiere ich wörtlich: „Ich weiche aus auf einfache Formen. So wird gedacht: Ich erwarte alles von oben, vom Staat, vom Führer. Ich habe Freunde und Feinde, denen ich zuschreiben kann, warum das alles so schrecklich ist, und ich gehe selbst nicht zur Wahl.“ Also so weit Einstellungen, die bei Menschen abgefragt worden sind dazu. Es fehlt also offensichtlich, so kann man das zusammenfassen, die Energie - und so Schmitt auch wörtlich - „produktiv mit Problemen umzugehen, die da sind“ und das gilt dann eben für Rechtsextremisten wie auch für DDR-Nostalgiker.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insofern ist es zwar immer noch befremdlich, aber doch auch belegt, dass man gleichzeitig dem Nationalsozialismus, aber auch der DDR nachtrauern kann ob dieser autoritativen Einstellung. Hier sehe ich nun einen ganz elementaren Zusammenhang, auch was wir in der Bildung genau gegen diese Einstellungsmuster tun können, eine Bildung, die in unserem Bildungsziel benannt ist, die ganz bewusst zur Freiheit erzieht, zur Persönlichkeitsbildung, die dieser Persönlichkeitsbildung einen ganz hohen Rang einräumt, und zwar als Wert an sich, nicht aufgrund von irgendwelchen vordergründigen oder hintergründigen Nützlichkeitsüberlegungen, sondern Freiheit an sich ist der Wert. Kollege Hausold, der grundlegende Unterschied zwischen Konservatismus und Liberalismus auf der einen Seite und jedem sozialistischen oder auch nationalsozialistischen Denken ist, dass auf der Seite des Nationalismus, aber auch des Sozialismus, letztlich der Einzelne in ein Kollektiv eingegliedert wird. Das Kollektiv ist die Größe, in die sich der Einzelne einzugliedern hat. Beim Konservatismus und Liberalismus wird ganz bewusst auf den Einzelnen gesetzt. Der Einzelne ist Ausgangspunkt mit seiner Produktivität, mit seiner Kreativität,
mit seiner Individualität. Darüber können wir gern noch weiter debattieren.
An dieser Stelle möchte ich zunächst einen Blick auf die Schatten in diesem alles in allem doch relativ hellen Bild werfen, denn nichts wäre falscher - und da gebe ich auch meinen Vorrednern recht -, als die Hände in den Schoß zu legen und zu sagen, der Extremismus schmilzt dahin und die Demokratie schlägt immer kräftigere Wurzeln, auch wenn wir im
Moment dieses Bild haben. Wir wissen alle, wie schwer Vertrauen aufgebaut ist, aber wie schnell es auch verspielt sein kann. Es gibt Gefühle und es gibt auch immer wieder Ereignisse, die wirklich empören, die erschüttern, und nach allem, was wir wissen, sind es diese Ereignisse, Stichwort Milliarden, die man sich nicht vorstellen kann, Bankenkrise, natürlich, die Steuerhinterziehung im großen Maßstab, wo der einfache Mann, wo der Bürger sagt, der rechtschaffene: Und was soll ich jetzt angesichts dieser Lage überhaupt noch tun? Hat das alles überhaupt einen Sinn? Die machen doch, was sie wollen, und das wird alles zugelassen oder wie auch immer. Da ist man schnell natürlich bei jedem Stammtisch und auch bei der Frage der Gerechtigkeitswahrnehmung, die für viele im weitesten Sinn auch eine demokratiebezogene Einstellung entsprechend beeinflusst. In diesem Punkt sieht es also nach wie vor auch schwierig aus. Das will ich deutlich benennen. 67 Prozent der Bürgerinnen und Bürger meinen, in einer Gesellschaft zu leben, in der es im Großen und Ganzen eher ungerecht zugeht. Die Gerechtigkeitsfrage ist eine ganz, ganz wichtige Frage für die Demokratie und die Demokratiezufriedenheit. 11 Prozent meinen, dass sie sehr viel weniger als den gerechten Anteil selbst erhalten, der ihnen eigentlich zustünde. Ich denke, da ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass die eigene wirtschaftliche Lage und die Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und Bildung darauf einen großen Einfluss haben, dass Menschen das Gefühl haben, es geht insgesamt bergauf, das wurde ja auch beschrieben, aber nicht unbedingt bei mir. Das zeigt sich an einem weiteren Befund, nämlich dem, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage sich erhellt hat auch nach Ansicht vieler Thüringerinnen und Thüringer. Aber die positive Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage stagniert, wenn auch auf einem relativ hohen Niveau von 56 Prozent, aber sie hat nicht gleichgezogen mit der Einschätzung der allgemeinen Lage. Vor diesem Hintergrund beunruhigt mich vor allen Dingen ein weiteres Ergebnis: Fast die Hälfte der Thüringer wird von sozialen Abstiegsängsten geplagt, ein reichliches Fünftel sogar ziemlich massiv. Auch das muss Politik ernst nehmen. Auch das nehmen wir hier als CDU-Fraktion, als Thüringer Landesregierung sehr ernst, dieses Gefühl, absteigen zu können und dann in einer Falle zu sitzen, aus der man möglicherweise auch nicht wieder herauskommt. Dieses Gefühl nimmt mit dem Anstieg des Bildungsniveaus und einer erreichten Position im Berufsleben zwar tendenziell ab, erreicht aber immer noch besorgniserregende Werte. Bei mehr als 70 Prozent der gering Qualifizierten und immerhin bei 60 Prozent der Arbeiter sind diese Abstiegsängste verbreitet. Je schlechter die eigene finanzielle oder allgemeinwirtschaftliche Lage eingeschätzt wird, desto deutlicher wird diese Angst. Aber auch bei 35 Prozent von denen, die ihre momentane finan
zielle Lage als gut bis sehr gut einschätzen, sind diese manifesten oder latenten Abstiegsängste vorhanden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kollege Matschie ist auf diesen Aspekt des Monitors gar nicht eingegangen, Kollege Hausold etwas in seiner allgemein politikumfassenden Rede. Ich habe es auch hier ganz bewusst genannt, weil wir hier auch nach Konzepten suchen müssen, wie man das verändern kann, und weil dieser Befund auch beunruhigt bei allem, was wir tun, was an Veränderung notwendig ist. Wenn wir bedenken, dass 1998 beispielsweise die Sozialwissenschaftler uns inzwischen deutlich machen, dass Helmut Kohl mit seiner damaligen Bundesregierung u.a. wegen eher marginalen Reformen damals schon keine Mehrheit mehr bekommen hat, dass die Regierung Schröder ihre Geschichte hatte mit allen Reformen und dem Ende und dann auch natürlich der Stärkung der LINKEN in den westdeutschen Parlamenten - das spielt ja alles hier hinein, Hartz IV war da ein entscheidendes Stichwort - und auch der Wahlkampf, den die Union 2005 mit Angela Merkel geführt hat in voller nüchterner Äußerung von Wahrheiten, führt das aber nicht dazu, dass Menschen auch diesen Prozess bereit sind mitzugehen, sondern dass sie eher - stärker jedenfalls waren das die Ereignisse, die zumindest diese Lehren zeigen - sich populistisch orientieren. In den ostdeutschen Parlamenten haben wir es, zum Glück in Thüringen nicht, aber Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern mit Rechtsextremen, mit der NPD in den Landtagen, aber auch WASG und DIE LINKE mit Lafontaine und Gysi und all den Vereinigungen, die sie hatten, den Einzug in die westdeutschen Parlamente, weil Sie eben sagten, die Gerechtigkeitsfrage ist von den etablierten Parteien nicht genügend bedacht. Da bin ich unserem Thüringer Ministerpräsidenten außerordentlich dankbar und ich kann unserem Ministerpräsidenten, der auch Landesvorsitzender unserer Partei in Thüringen, der CDU, ist, sagen, dass wir uneingeschränkt dieses Modell unterstützen, was er auch als wirksames Konzept gegen diese Abstiegsängste hat, nämlich das Solidarische Bürgergeld. Das ist ein Schlüssel, Menschen vor diesen Abstiegsängsten zu bewahren.
Das hängt ja vielleicht zusammen, lieber Herr Bärwolff. Das hängt ja vielleicht zusammen.
Dass wir jetzt diese bundesweite, mit wirklich namhaften Instituten eingesetzte Arbeitsgruppe haben, ist schon ein Riesenerfolg auch dieses Landesverbands, dem die Fraktion der CDU mit ihren Mitgliedern auch angehört, der CDU Thüringen, dass wir hier wegweisend für Deutschland denken und dass wir uns so schon durchgesetzt haben, dass ernsthaft darüber nachgedacht wird. Da will ich hier auch mal sagen: Es können hier große Wolken von Visionen verbreitet werden. Kollege Matschie hat ja immer auch Visionen, das ist ja sein großes Wort. Von der Politik wird am Sonntag auch erwartet, dass sie über den Tag hinaus denkt und am Montag wird schon wieder beklagt, warum das nicht gleich und sofort kommt.
Wir haben hier wirklich ein Beispiel, wie wir tagespolitisch in Thüringen dafür sorgen, dass wir eine vernünftige Wirtschaftspolitik machen, dass wir eine Begleitung machen, die wirklich erstklassige Unternehmen in einem weltweiten, in einem europaweiten Standortwettbewerb hier in Thüringen finden konnten, dass wir Bildungschancen für unsere Kinder, für unsere Jugendlichen wirklich erstklassig haben. Im Ländervergleich zeigt sich das immer wieder, ich will die Debatten nicht wiederholen, weil es auch nichts bringt, Kollege Matschie, mit wirklich rhetorischen Halbheiten. Wir können uns ja gern mal ausführlich über die Bildungspolitik auseinandersetzen - das würde nur hier den Rahmen sprengen -, dass wir optimale Chancen haben, aber darüber hinaus auch denken, wie wir insgesamt zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft weiter beitragen. Das zieht sich durch bis hin auch zu unserer Frage der frühkindlichen Bildung. Ich habe es aufgeschlagen, es ist die Seite 29, Kollege Haushold. Es ist keine Interpretation der Landesregierung, wenn gesagt wird, die meisten Familien, die meisten Eltern wünschen sich in der Tat eine Kombination aus einer Halbtagsbetreuung in der Kita und der elterlichen Verantwortung.
Das steht da schwarz auf weiß. Da soll man mit den Wissenschaftlern reden. Ich denke, dazu ist es auch gut, dazu sind die auch gern bereit.
Dann kann man auch vielleicht etwas mehr Klarheit schaffen. Wir sind, ich sage es noch einmal, dankbar, dass uns diese Daten vorgelegt worden sind. Ich verspreche Ihnen für meine Fraktion, dass wir genauso ernsthaft, wie wir das - noch mal die Broschüre hochhalten, lieber Fritz - mit dem letzten Thüringen-Monitor gemacht haben, auch wieder mit dem jetzigen Thüringen-Monitor machen, denn wir
haben einen Gewinn. Am Ende trägt nur, was solide fundiert ist. Mit dem Thüringen-Monitor, mit allen Zahlen haben wir ein solides Fundament. Jedenfalls stehen wir dafür, dass wir uns offensiv, und das heißt auch wehrhaft, immer wieder für unsere Demokratie einsetzen, für unser Staatswesen. Darauf können sich auch die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat verlassen. Ganz herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte gern noch einmal auf meine beiden Kollegen, Herrn Kollegen Matschie und Herrn Kollegen Hausold, reagieren. Herr Kollege Matschie, ich meine nicht die hehren Ziele der deutschen Sozialdemokratie. Die sind ausdrücklich hier nicht gemeint, wenngleich wir uns auch unterscheiden, was Staatsaufgaben betrifft, dass wir hier eher auf den Bürger, eher auf die Freiheit setzen, Sie tendenziell zu mehr Staat im Blick auf Verantwortung neigen. Aber ich meine schon das, was insbesondere bei der LINKEN verankert ist und was wir ja alle gemeinsam gelebt haben, erlebt haben: Das Bild der „sozialistischen Menschengemeinschaft“ mit dem „neuen Menschen“,
der geschaffen werden sollte, wo alle Bildungsanstrengungen auch fokussiert werden sollten, wo ganz eindeutig war, dass das Obere das Kollektiv ist, in dem sich jeder Mensch einzuordnen hat und dann auch bestimmt worden ist. Eines der schlimmsten Dinge, die man tun konnte, war die Schädigung des Kollektivs. Das haben wir ja alles nun noch in Erinnerung. Insofern unterscheidet sich das schon grundlegend von dem, was wir als konservativ betrachten - wozu wir im Übrigen im Moment interessante Bildungsveranstaltungen auch meiner Fraktion haben, die Dokumentation darüber stellen wir gern zur Verfügung -, dass hier der Ansatz wirklich beim einzelnen Menschen ansetzt. Was ich besonders auch von Ihnen schlimm finde und wo ich meine sozialdemokratischen Kollegen ausdrücklich in Schutz nehme bzw. es nicht verstehe, dass da der Widerspruch auch nicht lauter ist, und zwar der aus meiner Sicht getätigte Versuch einer bewussten Enterbung der hehren Ziele der Sozialdemokratie durch das, was Sie immer an historischer Zäsur gerade an einem so traditionsreichen Ort der Sozialdemokratie wie in Gotha veranstalten, das war 1946 der Vereinigungsparteitag KPD, SPD zur SED. Das war ganz bewusst wieder die Vereinigung jetzt von PDS und WASG. Wenn ich schaue, wo Herr Ramelow zum Aschermittwoch beispielsweise auch ganz groß aufgetreten ist, dann frage ich mich...
Nein, das trifft so aus meiner Sicht wirklich in ein Zentrum dessen, wo ich sage, da ist eine Gemeinsamkeit der Demokraten, auch wenn wir uns in den politischen Zielen unterscheiden. Aber das Fundament stimmt da als Demokraten. Dass die LINKE ja ein deutlich anderes Fundament hat, das kann man nicht negieren und darauf wollte ich abstellen. Den Vergleich, wer was 1945 gemacht hat und wie das Staatswesen aufgebaut war, also wenn wir den anfangen zu ziehen, dann haben wir aber hier jede Menge zu tun, aus diesen vier Jahrzehnten DDR, angefangen schon von den 40er-Jahren. In Ilmenau - das empfehle ich Ihnen - ist im Moment eine sehr aktuelle und sehr beschämende Ausstellung zu sehen in Zusammenarbeit von Volkshochschule und evangelischer Kirche, denen Sie sich auch immer sehr verbunden fühlen: „Das hat’s bei uns nicht gegeben! Antisemitismus in der DDR“ - über vier Jahrzehnte. Und das nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus, nach den millionenfachen Judenmorden von Auschwitz, dass - wieder nur an dem einen Beispiel Antisemitismus - Juden verfolgt worden sind, tatsächlich durch das, was die Systemgrößen Ihrer Partei, der SED, zu DDR-Zeiten gemacht haben, auch im Verein mit der KPdSU, auch im ganzen Warschauer Pakt.
Sie sind ruhig! Wirklich, an der Stelle sind Sie bitte ruhig.
Was sich in Einzelschicksalen manifestiert bis dahin, dass schon 1945 auf Buchenwald, als die Opfer wirklich mit dem Namen ihrer Nation und Herkommen sich einzeln aufstellten, der Begriff der Juden fehlte und der, der ihn anbringen wollte, angebracht hatte, von Kommunisten geschlagen worden ist. Das gehört auch alles zur Wahrheit, wenn wir uns auf dieses Terrain begeben. Das wollte ich hier an dieser Stelle noch einmal gesagt haben. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen und sehr verehrter Herr Kollege Kubitzki, vor allen Dingen den Beginn Ihrer Rede möchte ich von meiner Seite aus so nicht stehenlassen und sehe mich doch genötigt, noch einmal an die Grundlagen zu erinnern, auf denen unsere Arbeit, wenn sie erfolgreich hier verlaufen soll, fußt. Es sind schlichtweg die Grundlagen, auf denen eine Demokratie funktioniert. Die Demokratie braucht zunächst einmal, da sind wir uns sicher alle einig, Demokraten. Und diese Demokraten geben sich Regeln, die wir in der Verfassungsdiskussion hier im Thüringer Landtag in der 1. Legislaturperiode diskutiert haben und wo Bedarf war, immer einmal wieder, und sie geben sich Gesetze. Dann lebt eine Demokratie davon, dass man diese Regeln, die man sich gegeben hat, auch akzeptiert und nicht dem jeweiligen politischen Gutdünken anheim stellt. Zu den Regeln, die wir uns mit der Volksgesetzgebung gegeben haben in einem langen Ringen in der vergangenen Legislatur, gehört eben auch, dass man möglichst zu einem frühen Zeitpunkt, und zwar bevor die Sammlung zum eigentlichen Volksbegehren - die hat ja gar nicht stattgefunden - losgeht, vor dem Verfassungsgericht klärt, wenn es Zweifel gibt, ob diese Zweifel berechtigt sind oder ob sie ausräumbar sind. Nichts anderes, nicht mehr und nicht weniger, hat die Landesregierung nach den Regeln, die wir uns selbst gegeben haben, getan. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal klarstellen.
Auf verschiedene einzelne Punkte komme ich im Laufe meiner Rede. Ich will nur auch am Anfang zumindest eines noch mal sagen, weil Sie die Abhängigkeit von sozialer Herkunft und Bildungschancen genannt haben: Natürlich gibt es da Zusammenhänge, aber wir können in Thüringen schon ein wenig stolz darauf sein, und das sage ich auch immer wieder, dass nirgendwo in Deutschland die Herkunft so wenig über die Zukunft entscheidet wie in unserem Land - und das lässt sich eindeutig belegen.
Und dass mit Abstand in Thüringen mehr Schüler einen Abschluss erreichen als in jedem anderen deutschen Bundesland, auch das ist ein Erfolg Thüringer Bildungspolitik.
Nun aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu dem Gesetzentwurf, den die Oppositionsfraktionen hier heute einbringen, ein Gesetzentwurf, das wurde schon deutlich, der nicht ohne Vorgeschichte ist und bis in die Auseinandersetzung um das Thüringer Familienfördergesetz in der Tat im Jahr 2005 zurückreicht. Dieses Gesetz - auch das betonen wir immer wieder und dazu stehen wir - war und ist eines der zentralen Gesetze der Landesregierung und der CDU-Fraktion, die wir gemeinsam im großen Schulterschluss in dieser Legislaturperiode durchgesetzt haben.
Für und Wider sind intensiv immer wieder ausführlich erörtert worden. An keiner Stelle haben wir die Diskussion darüber gescheut. Doch lassen Sie mich zunächst einen kurzen Blick auf diese Vorgeschichte geben, und zwar noch einmal die Ziele benennen, die wir 2005 deutlich herausgestellt haben. Das waren:
1. die Finanzierung der Kindertagesstätten auf eine zukunftsfähige und auch vor allem gerechte Basis zu stellen; kind- statt strukturbezogene Förderung war unsere Systemumstellung, die wir gemacht haben, und zwar orientiert am Bedarf der Familien;
2. die Kommunen bei einer familienfreundlichen Politik zu unterstützen, Stichwort „Infrastrukturpauschale“, die es so vorher nicht gab - ein wirkliches Ergebnis unserer Diskussion, die wir geführt haben, auch mit den Kommunalen;
3. etwas, was wir aus vielen Gesprächen vorher immer wieder als Beschwernis vonseiten der Eltern und Familien gesagt bekommen haben und wo jeder die Beispiele hat, nämlich eine wirkliche Wunsch- und Wahlfreiheit für die Familien, für die Eltern zu gewährleisten,
und die Wunsch- und Wahlfreiheit sowohl, was die Form als auch den Ort der Betreuung angeht.
4. Es sollte schließlich die finanzielle Diskriminierung - denn in der Tat war es das ja - der häuslichen Erziehungsleistung beendet und Erziehungsleistung gefördert werden, eben auch elterliche Erziehungsleistung - Stichwort „Erziehungsgeld“.
5. Schließlich galt es, die elterliche Erziehungskompetenz zu stärken. Dass hier Bedarf besteht, ist uns allenthalben immer wieder bestätigt worden. Auch dafür haben wir gesorgt.
6. Schließlich sollte mit der Stiftung FamilienSinn zugleich ein Kapital geschaffen werden, das unabhängig von der notwendigen Haushaltssanierung, zu der wir uns nach wie vor bekennen und die nach wie vor dringlich ist, auch in den kommenden Jahren für diese Aufgabe zuverlässig zur Verfügung stehen. So weit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, diese sechs Punkte in unserer Zielstellung.
Was wurde nun erreicht? Dieses Gesetz wirkt wie wir es vorausgesehen haben. Die Ausstattung mit Kindertagesstättenplätzen beginnt, sich am Bedarf zu orientieren. Ich empfehle - bei allem Szenario, was hier immer wieder stattfindet -, sich mal die lokale Berichterstattung Landkreis für Landkreis anzuschauen, wo die Diskussionen geführt werden. Viele von uns sitzen ja auch in den kommunalen Parlamenten, wo genau diese Diskussion in den vergangenen Monaten stattgefunden hat. Das führt natürlich dazu, dass Stellen abgebaut werden, wo es Überkapazitäten gegeben hat. Das führt aber auch zu großer Kontinuität dort, wo es diese Überkapazität über den Bedarf hinaus nicht gegeben hat. Da findet auch kein Stellenabbau statt. Das heißt, der von Ihnen befürchtete Einbruch beim Betreuungsverhältnis ist ausgeblieben. Es ist im Schnitt nahezu unverändert, auch das lässt sich nachweisen.
Dem vereinzelten Abbau stehen auf der anderen Seite - auch das sollte einmal positiv erwähnt werden - Neugründungen gegenüber. Es gibt erste interessante innovative Modelle. Ich nenne den Betriebskindergarten bei Zeiss Jena, die Kooperationsvereinbarung der IKEA-Ansiedlung hier bei Erfurt mit einem benachbarten Kindergarten oder den Betriebskindergarten im Kreiskrankenhaus Altenburg, eine Neugründung im Kreis Hildburghausen, in Schleusingen, im Landkreis Sonneberg, in Ilmenau. Ich weiß sicherlich nicht alles, aber zumindest diese sind schon einmal registriert. Es können, wie gesagt, auch mehr sein.
Orientierung am Bedarf heißt auch, dass Stellen aufgestockt werden, dort, wo der Bedarf es erforder
lich macht. Schließlich im Hortbereich, der ja auch erfasst ist, werden 100 Stellen neu eingerichtet, weil sich die Zahl der betreuten Kinder und die Betreuungszeit erhöht haben. Das heißt also, wir haben hier eine am Bedarf orientierte Regelung, die sich bewährt hat.
Das Thüringer Erziehungsgeld, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist im Freistaat inzwischen fest etabliert. 16.000 Eltern beziehen inzwischen diese Leistung. Und nicht vergessen werden sollte, dass das Thüringer Erziehungsgeld auch auf Bundesebene zum Vorbild geworden ist für das Betreuungsgeld, was die Große Koalition als Ziel definiert hat,
also ein großer Erfolg. Ich empfehle nur einmal einen Blick in den Freistaat Sachsen. Da hat auch ein Landtag in einem schönen Schulterschluss der dortigen Koalition mit den SPD-Stimmen ein Landeserziehungsgeld gemeinsam beschlossen. Auch das geht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht nur auf Thüringen schauen, auch das Bundeselterngeld hat sich bewährt. Beides kommt zusammen in einer schönen Synthese, der Bund zahlt es in Thüringen an rund 15.600 Familien. Aufschlussreich ist übrigens, dass es auf Thüringer Intervention hin möglich war, dass ein knappes Viertel von diesen 15.600 die Möglichkeit nutzt, diese Leistung auf 24 oder mit Vätermonaten sogar 28 Monate auszudehnen, eine Tatsache, die selten propagiert wird. Wir wünschen uns da auch, selbst in den Materialien des Bundesministeriums, eine bisschen offensivere Werbung. Obwohl diese offensivere Werbung weithin nicht stattgefunden hat, nutzt aber ein knappes Viertel diese Möglichkeit. Das halte ich für einen wirklich beachtlichen Vorgang und es ist dieser Thüringer Landesregierung, dem Freistaat Thüringen, zu verdanken, dass das möglich geworden ist.
Für diese Familien entsteht mit dem Bundeserziehungsgeld, gekoppelt mit dem Landeserziehungsgeld, ein dreijähriger Förderzeitraum, in dem Eltern tatsächlich etwas freier entscheiden können, wie sie das Leben mit ihren Kleinkindern - frühkindliche Bildungsphase Kleinkinder heißt das - gestalten wollen. Im Übrigen, die Eltern üben regional diesen Wunsch sehr unterschiedlich aus. Und ich glaube, es ist ein wirklich unglaubliches Lamento, was da angestimmt worden ist, als bekannt wurde, dass die Betreuungszahlen im ersten und zweiten Lebensjahr etwas gestiegen sind, das wird anerkannt, aber im dritten dann
gesunken, danach wieder etwas gestiegen. Aber hier ist interessant, dass die Schwankungen, wie gesagt, regional sehr unterschiedlich sind. Am meisten entscheiden sich die Eltern im Eichsfeld für die häusliche Erziehung ihrer Zweijährigen.
Im Übrigen gibt es eine, das darf man auch mal sagen, interessante Korrelation, in Thüringen zumindest, von Konfessionszugehörigkeit und der Häufigkeit von Geburten. Nirgendwo gibt es mehr als im katholischen Eichsfeld, dann kommen die Protestanten, immerhin noch, und dann kommen Konfessionslose. Wer also glaubt, dass ausgerechnet in gefestigten katholischen Milieus Eltern eine solche Entscheidung treffen würden, weil sie etwa als haltlose Eltern ihre Kinder aus der Einrichtung holen, um sich 150 € hinter die Binde zu kippen, ich denke, das ist eine ideologische Blindheit und eine infame Unterstellung, die kann man nur entschieden zurückweisen von unserer Seite
und sie entspricht im Übrigen, das haben wir immer wieder gesagt, nicht unserem Bild von Menschen und auch nicht unserem Vertrauen zu den Bürgerinnen und Bürgern im Lande.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das waren aber die Bilder, die Art und Weise, derer Sie sich leider auch in den Debatten vonseiten der Opposition hier bedient haben. Sie haben von Anfang an eigentlich einen wahren Kulturkampf gegen unsere Familienpolitik entfesselt, der lief auf die schlichte Logik hinaus, vor allem eine öffentliche Erziehung ist eine gute Erziehung. Wer diese Erziehung seinem Kind vorenthält, benachteiligt es in seinen Chancen. Das wiederum kann und darf doch eine Gesellschaft um Gottes willen nicht zulassen, so das Credo, was immer wieder von Ihrer Seite von der Opposition zu hören war. Und schließlich Olaf Scholz, er ist ja auch heute wieder in Verantwortung, erstand auf, der schon vor Jahren das Kampfziel ausgegeben hatte „die Lufthoheit über den Kinderbetten“. Auch das vergessen wir nicht. Konsequent wurden die Maßstäbe dann für alle aus der Situation einer kleinen Gruppe abgeleitet, ausgerechnet der Gruppe, die mit der Erziehung nicht zurechtkommt. Natürlich muss man hier viel tun, das haben wir auch immer wieder gesagt, aber Politik aus der Mitte der Gesellschaft und für die Mitte der Gesellschaft lässt sich nicht von den Rändern her bestimmen. Und der Gipfel der argumentativen Diffamierung war dann schließlich das Unwort des Jahres von der „Herdprämie“. Ich denke, da ist inzwischen das öffentliche Urteil gesprochen.
Dass sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, gegen dieses Gesetz Einspruch regte, ist auch nicht weiter erstaunlich, denn für die Träger, die bisher große Flexibilität hatten, Strukturen systematisch an möglichst hohen Finanzierungsleistungen des Landes auszurichten - und das war, solange das Gesetz nicht möglich ist, natürlich auch ein legitimer Vorgang, es ist eine Eigendynamik, die sich eigentlich fast zwangsläufig in eine solche Richtung entwickeln musste -, diese Träger hatten natürlich nun Schwierigkeiten, indem es tatsächlich kind- und damit absolut adäquat bedarfsbezogen organisiert war. Entsprechend waren auch die Wortmeldungen und der Einfluss auf Erzieher und Eltern. Und wenn dann Beitragserhöhungen anstanden - Herr Kubitzki hat das Beispiel Mühlhausen geschildert -, dann war es leicht, auf das Land als Sündenbock zu zeigen. Doch in jedem Einzelfall kann man sehr genau nachweisen, wodurch diese Erhöhungen betriebswirtschaftlich oft zustande gekommen sind. Die Frage vielmehr, wieso es bei dem einen Träger so viel kostet, bei dem anderen so viel, in der einen Gemeinde so viel, in der anderen fast das Doppelte, die wurde hingegen selten bis gar nicht gestellt. Nebenbei bemerkt, es hat auch Kommunen gegeben, die haben Beiträge gesenkt und andere wollen Beiträge sogar abschaffen.
Da bin ich der Meinung, das sollten wir da, wo es finanziell möglich ist, auch gestatten. Dennoch ist es nicht weiter erstaunlich, dass daraus schließlich ein Antrag auf ein Volksbegehren hervorging. Gut 23.000 Bürgerinnen und Bürger haben im Zulassungsverfahren - wie gesagt im Zulassungsverfahren, wir waren noch gar nicht beim Volksbegehren selber - unterschrieben. Da ist es nun eine Perspektive, ob und in welchem Maße man das beeindruckend findet oder vielleicht auch nicht. Wenn man davon ausgeht, dass 79.000 Kinder in Tageseinrichtungen irgendwo zwischen 125.000 und 155.000 Väter und Mütter, es kommt also auf die Zahl der Geschwisterkinder an, wie jeder merkt, haben, ist das grob gerechnet ein Sechstel. Ein Massenprotest ist das aus meiner Sicht angesichts der massiven Propaganda, die damit einherging, jedenfalls nicht. Wo wir die Gelegenheit hatten - ich habe das selber in zahlreichen Einrichtungen und auch Veranstaltungen getan, viele Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion auch -, Eltern unseren Ansatz und unsere Argumentation zu erklären, ist der auch verstanden und weitgehend mit Zustimmung quittiert worden. Da sind wir ganz selbstbewusst und sagen das auch.
Vor allen Dingen ist diese Art der Umstellung bei Eltern mit kleinen Kindern, bei denen es wirklich relevant ist, viel positiver wahrgenommen worden als bei vielen, vielen Kinderlosen, die im Grunde mehr oder weniger abstrakt über die Sache diskutiert haben.
Eine Manifestation von Volkes Willen ist dies, denke ich, erst recht nicht angesichts der Menge aller Wahlberechtigten, da sind es gerade einmal 1,2 Prozent. Vor diesem Hintergrund habe ich es auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, als absurd empfunden, wenn angesichts dieser Zahlen nun lamentiert wurde, hier würde dem Volk die politische Mitbestimmung beschnitten und Politikverdrossenheit befördert. Nein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist geradezu albern und leistet der Akzeptanz des demokratischen Verfassungsstaates keinen guten Dienst, an dieser Stelle Politikverdrossenheit auszumachen, sondern Politikverdrossenheit wird dann gefördert, wenn Menschen etwas unterschreiben, was sich dann im Nachhinein als rechtlich nicht haltbar herausstellt. Das wird man ja auch an dieser Stelle mit benennen dürfen.
Erinnern wir uns, mit der niedrigeren Hürde korrespondiert eine frühzeitige verfassungsrechtliche Prüfung. Ich sagte es eingangs schon, das war unser gemeinsamer Wille, damit genau dieses frustrierende Ergebnis vermieden wird. Die Überprüfung - auch das sage ich noch einmal, weil es offensichtlich immer noch nicht begriffen wurde - ist keine Kannbestimmung, sondern ein Gesetzesgebot. Wer Zweifel hat, muss den Verfassungsgerichtshof anrufen. Er erfüllt ein Verfassungsgebot, das in diesem Haus 2003 ausdrücklich und einstimmig mit gutem Recht beschlossen worden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, doch hat die juristische Prüfung - auch das habe ich damals, als wir im Landtag schon einmal darüber debattiert haben, gesagt - die Diskussion in der Sache nicht ersetzt. Wir haben immer gesagt, die Diskussion in der Sache ist dadurch nicht ersetzt, auch für uns nicht. Wir haben keine Scheu gehabt und werden auch heute und morgen keine Scheu haben, das Familienfördergesetz zu erklären und politisch zu vertreten. Es ist ein Gesetz, auf das deutschlandweit geschaut wird und das zudem Vorbildwirkung entfaltet. Es ist ein Gesetz, das in Teilen, selbst aus Sicht der Initiatoren des Volksbegehrens, so schlecht dann doch nicht sein kann - der Unterschied zwischen Schein und Sein. Über die Auseinandersetzung vor Gericht ist nämlich etwas aus dem Blick geraten, das ich gern
noch einmal in Erinnerung rufen möchte, nämlich: Das Volksbegehren mag in zahlreichen Punkten mit unseren Vorstellungen nicht übereinstimmen - das werden wir sehr deutlich auch benennen, auch in einer inhaltlichen Debatte, die wir führen werden -, aber in zwei nicht ganz unwesentlichen stimmt es uns doch mehr zu oder überhaupt zu, was die Oppositionsfraktionen immer ignoriert haben. Zum einen: In der kindbezogenen Förderung wird anerkannt, dass es nicht zielführend wäre, weiter oder wieder, muss man jetzt sagen, in Strukturen zu investieren. Wenn man bedenkt, wie sehr die grundsätzliche Systemumstellung in diesem Hause durch die Oppositionsfraktionen, sowohl von der SPD als auch von der LINKEN, bekämpft worden ist, ist das, meine ich, schon eine Erwähnung wert. „Rücknahme der Familienoffensive“ heißt es.
Nein, der Trägerkreis, die Initiatoren haben sich diesem Systemwechsel angeschlossen und haben auf der Basis dieses Systemwechsels ihre Forderungen erhoben.
Und das Zweite: Die Wunsch- und Wahlfreiheit hinsichtlich des Betreuungsorts wird anerkannt, hinsichtlich der Betreuungsform wird sie im Volksbegehren allerdings finanziell nicht untersetzt. Darauf komme ich noch beim Thema „Thüringer Erziehungsgeld“, was ich noch einmal kurz streifen werde. Aber grundsätzlich wird sie anerkannt und auch im Volksbegehren gewollt, die Wunsch- und Wahlfreiheit. Das ist eigentlich auch selbstverständlich, wenn Eltern auch an dieser Stelle mitdiskutiert haben. Es gilt, was wir im Frühjahr 2006 bereits in einer Pressemeldung geschrieben haben - ich zitiere: „Dem Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik fehlen Ideen für eine grundsätzlich andere Familienpolitik als die der Landesregierung.“ Diesen Eindruck hat der familienpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, mein Kollege Panse, damals formuliert und die Schwerpunkte damals auch schon mit im Trägerkreis für das Volksbegehren besprochen. Ansonsten entsprach das Volksbegehren und entspricht der Gesetzentwurf der Logik der Oppositionsfraktionen, ganz schlicht die Logik des „Mehr“, mehr Geld als objektbezogene Förderung, teilweise doppelt so viel pro Kind, eine Stunde mehr garantierte Betreuungszeit und mehr Erzieherstunden pro Kind. So weit, so schlicht, kann man fragen. Nur kann dabei doch nicht so getan werden - und hier schaue ich auch unsere Finanzer an -, als seien wir im finanzpolitisch luftleeren Raum. Wir haben hier einen Haushalt debattiert, den Doppelhaushalt 2008/2009. Wir selber haben den Abbau der Bundeszuweisungen, das Auslaufen des Solidarpakts hier thematisiert. Die Opposition meint, wir hätten das nicht genug getan. Das alles sind Rahmenbedingungen, für die auch für Thüringen nur
gelten kann: An der Stelle können wir uns nicht allzu sehr von Maß und Mitte und dem, was in Deutschland insgesamt gilt, unterscheiden. Die Betreuungsschlüssel, die Sie für die bis zu Dreijährigen und dann auch für die älteren Kleinkinder bis zum Schuleintritt vorschlagen, wären in ganz Deutschland unerreichbar. So ist es, wenn wir uns auf die Zahlen besinnen. Das kann man ja alles wollen. Richtig, man kann das alles wollen, auch mit guten Gründen. Nur, mit verantwortlicher Politik, wenn wir die Gesamtrahmenbedingungen sehen, hat das dann doch nichts mehr zu tun.
Ich denke, hier müssten auch die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition begreifen, dass die Einnahmen auch bei guter Konjunktur, wie gesagt, in den kommenden Jahren sinken werden und wir am Tropf von Ländern hängen, die sich all das, was wir uns jetzt schon leisten, so bisher noch nicht geleistet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun von den quantitativen zu den qualitativen Konfliktpunkten: das Thüringer Erziehungsgeld. Hier sind die Oppositionsfraktionen in ihrer Konsequenz radikaler als der Trägerkreis des Volksbegehrens. Das Thüringer Erziehungsgeld wird gestrichen - Punkt. Sie haben es ja oft diffamiert und gesagt, warum Sie nichts davon halten. Wir haben oft genug deutlich gemacht, dass wir ganz anders über die Dinge denken, ohne eine Vertröstung auf morgen durch einen Bürgerantrag, den die Initiatoren angekündigt hatten, bei Ihnen schlichtweg gestrichen. Im Volksbegehren war im Begründungstext Folgendes integriert - dort hieß es: „Bestimmte Anliegen für eine bessere Familienpolitik werden daher in einem separaten Bürgerantrag parallel zum Volksbegehren als Auftrag an den Landtag formuliert.“
In Punkt 6 - Sie kennen das wahrscheinlich noch besser als ich, aber ich habe es auch gelesen - heißt es dann: „Einführung eines Landeselterngeldes in Ergänzung des von der Bundesregierung beabsichtigten Elterngeldes“. Immerhin, es ist im Interesse der Eltern. Die Opposition, Sie meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, teilen offensichtlich dieses Interesse, was im Volksbegehren formuliert ist, nicht.
Dieser Punkt ist nun für uns sehr grundsätzlich. Es geht uns um einen Zeitraum von drei Jahren, drei Jahre, die auch im Übrigen dem Kündigungsschutz entsprechen, in denen wirklich Wahlfreiheit herrschen soll. Daher haben wir uns dafür eingesetzt, dass das neue Elterngeld, wie gesagt, auf zwei Jahre gestreckt werden kann, erfolgreich noch mal: Thüringer Inter
vention - am Anfang ganz allein, inzwischen breite Mehrheit. Aus dem gleichen Grund setzen wir uns auch weiter für das Betreuungsgeld als eine Bundesleistung ein. Siehe auch das, was wir - und Partei ist ja schließlich auch dazu da, Zielrichtungen zu formulieren - auf dem Bundesparteitag als Thüringer Initiatoren mit einer großen Mehrheit beschlossen haben.
Konsequent ist der Trägerkreis und sind die Oppositionsfraktionen allerdings darin, dass sie die Stärken der Familienkompetenz über die Stiftung FamilienSinn abschaffen wollen. Wir als CDU wollen, dass familienunterstützende Maßnahmen des Landes auch dann noch gesichert werden, ich sagte es eingangs, wenn die Einnahmen deutlich zurückgehen. Die Erziehungskompetenz muss dringend gestärkt werden, da sind wir uns, denke ich, einig, aber unabhängig von der Kassenlage des Landes.
Doch, wo man die Erziehung weitestgehend in die öffentlichen Einrichtungen verlagert, geht eben dann doch der Blick für diesen eher familienorientierten Bedarf schnell verloren. Öffentliche Einrichtungen erhalten, was man den Eltern entzieht. Die Berechnungen in der Begründung zeigen das überdeutlich. Institutionen erhalten, Eltern und Familien verlieren finanziell, wenn wir uns das Volksbegehren anschauen. Und wo bleiben eigentlich die Kinder, möchte ich jetzt fragen. Der Zehnstundentag in einer Krippe für Kleinkinder wird auch dadurch nicht besser, wenn man ihn mit der Arbeitswelt der Erwachsenen begründet.
Ja, wir müssen einmal überlegen, was wir den Kleinen zumuten, Zehnstundentag ist gefordert. Wir stehen weiter für eine Politik, die auf die Vielfalt der Lebensentwürfe flexible politische Antworten gibt. Das haben wir mit dem Familienfördergesetz getan und wer es ändern will, das sage ich immer wieder, muss die besseren Argumente haben, jedenfalls bessere als Sie in der Begründung zum Gesetzentwurf angegeben haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will die familienpolitischen Debatten der letzten Jahre hier nicht wiederholen, aber die Grundrichtung unserer Position dürfte deutlich geworden sein. Wir scheuen uns nicht, diese Position gegenüber den Wählerinnen und Wählern, vor diesem Hohen Haus, in seinen Ausschüssen immer wieder darzustellen. Wir scheuen
uns auch nicht, Gesetze, die wir einmal beschlossen haben, und nun komme ich noch einmal zu Ihnen, Herr Kubitzki, immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Das haben wir in dieses Gesetz ausdrücklich hineingeschrieben, in § 23 heißt es: „Die Landesregierung unterrichtet den Landtag über die entstandenen Kosten und über die Erfahrungen mit den Regelungen dieses Gesetzes.“ Wir haben unsere Beschlusslage von unserer Fraktion in dieses Gesetz hineingeschrieben und über diese Erfahrung können wir uns gern austauschen. Im Lichte dieser Erfahrung werden wir den Gesetzentwurf der Opposition erörtern, wir werden das in aller Offenheit, aber ich sage auch, mit aller notwendigen Klarheit in den Ausschüssen des Thüringer Landtags tun. Deswegen beantrage ich auch namens meiner Fraktion die Überweisung an die Ausschüsse für Soziales, Familie und Gesundheit; Bildung; Haushalt und Finanzen, Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und, wenn die Kolleginnen im Gleichstellungsausschuss wollen, von mir aus auch Gleichstellung. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Kollegen Vorsitzenden, Herr Hausold und Herr Matschie! Was soll man dazu sagen?
Herr Hausold, Sie kommen ja aus Ostthüringen, Greizer Satirikum fällt mir dazu ein, eine solche Karikatur, die Sie vom Freistaat gezeichnet haben, nur leider, leider wenig witzig. Und, lieber Kollege Matschie, man mag ja fast Verständnis haben, aber ich glaube nicht, dass es ein guter Ratgeber ist. Dieses Pfeifen im dunklen Wald und die Lautstärke machen es auch nicht besser.
Auch für die Opposition, denke ich, ist es wirklich zu wenig und das meine ich ehrlich, weil das nicht nur in Ihrer Rede heute zum Ausdruck kam, sondern sich auch in einer Reihe von Anträgen immer widerspiegelt, Oppositionsarbeit als Zeitungslektüre, das kann auch nicht zum Erfolg führen.
Es geht ja regelmäßig nach dem Motto: Schlagzeile, klar, liest man, daraus werden Schlagworte, aber es endet bei Ihnen regelmäßig mit dem Schlag ins Wasser. Von daher kann ich nur sagen, ordnen Sie erst einmal Ihre Truppe und dann müssen Sie vielleicht auch weniger lautstark, weniger polemisch sein. Wir arbeiten hier in Ruhe und Sachlichkeit und mit dieser Ruhe und Sachlichkeit komme ich jetzt auch zum eigentlichen Gegenstand unserer Debatte, nämlich dem Doppelhaushalt für 2008 und 2009, den wir heute beschließen und der in vieler Hinsicht eine bemerkenswerte Gestaltung hat und zunächst erst ein
mal ganz deutlich unsere Anerkennung und Würdigung verdient. Herr Ministerpräsident Dieter Althaus, Finanzministerin Birgit Diezel, das ganze Kabinett, die Fraktion ist Ihnen außerordentlich dankbar, dass wir - und das zeichnet diesen Haushalt aus - einen Zeitraum von fast fünf Monaten hatten zur intensiven parlamentarischen Beratung; die haben wir genutzt in aller Sachlichkeit als Mehrheitsfraktion, die wir uns auch verantwortlich fühlen für dieses Land.
Dieser Haushalt birgt eine zweite Neuheit, die uns sehr wichtig war schon über viele Jahre hinweg und die auch aus unserer Fraktion gemeinsam mit der Landesregierung erarbeitet worden ist, nämlich die Budgethoheit der Ressorts, mehr Eigenverantwortung in den einzelnen Einzelplänen. Auch das wurde durchgesetzt und es hat sich auf Anhieb bewährt.
Es ist schon so eine Frage, wenn man in ein neues Verfahren einsteigt, nicht ganz ohne Risiken, aber es hat sich bewährt - darauf ist schon eingegangen worden, wenn auch in einer Art, die ich so nicht teilen kann, aber ich möchte auch von mir aus den Fakt zunächst am Anfang nennen - der Umbau des Kommunalen Finanzausgleichs, der in Deutschland bisher ohne Beispiel ist.
Auch das haben wir bewältigt, und zwar in großer Geschlossenheit bewältigt - Landesregierung und Mehrheitsfraktion hier im Haus.
Ein weiterer Punkt, man könnte fast sagen, ein Haushalt der Superlative, nämlich erstmals ein Haushalt in diesem Land in der 17-jährigen Geschichte unseres Freistaats, der ohne Neuverschuldung auskommt
und den wir selbstverständlich auch als Einstieg in eine Phase verstehen, in der in Zukunft Schulden auch wieder abgebaut werden. Dieses doppelte Signal ist uns wichtig!
Er umfasst - das macht die Verantwortung, mit der wir ihn aufgestellt haben auch deutlich - einen Zeitraum, in dem wir uns voll bewusst sind, dass auch die Rückführung der Aufbau-Ost-Mittel beginnt. Ein Haushalt, den wir aufgestellt haben unter einem Horizont, wo wir wissen, dass wir bis spätestens 2019 mit rund einem Fünftel weniger - 20 Prozent weniger - der Mittel auskommen müssen. Das alles ha
ben wir gebündelt in diesem Doppelhaushalt und damit unsere Politik in Zahlen gegossen - nachlesbar, nachprüfbar für jeden Bürger, für jede Bürgerin. In dieser Verantwortung stellen wir uns nicht nur gegenüber der heutigen, sondern auch im Blick auf die künftigen Generationen.
Ich denke, auch das ist uns wichtig, weil Stimmungen angesprochen worden sind, wo ich auch die Kollegen von der Opposition fragen muss: Wo leben Sie eigentlich? Seit wann sind 23.000 Bürgerinnen und Bürger das Volk Thüringens schlechthin, was aus über 2 Mio. Bürgerinnen und Bürgern besteht - nur mal, um die Relation hier zu haben.
Aber wir haben die Politik so ausgerichtet, dass die Menschen in Thüringen mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. Das ist auch das Ziel, was der Mentalität der Thüringerinnen und Thüringer entspricht, sie wollen stolz sein auf ihr Land. Auch das kommt in diesem Haushalt zum Ausdruck.
Sie haben es satt mit dieser Jammerei und dieser ständigen Schlechtrederei. Thüringen ist ein Land, in dem die Bürgerinnen und Bürger gern leben.
Mit diesem Landeshaushalt ernten wir schließlich auch - das mag die Opposition uns neiden, aber für das Land ist es gut, für die Bürgerinnen und Bürger, auch für die Kommunen und die Landkreise ist es gut und natürlich ist es auch für die Regierung gut und für uns als Mehrheitsfraktion, aber trotzdem darf man es sagen - die Früchte einer erfolgreichen Politik im Land und im Bund. Deutschland erlebt unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel einen kaum für möglich gehaltenen Aufbruch. Wir sind nicht mehr der kranke Mann Europas, den wir hier einige Jahre beklagen mussten. Es ist tatsächlich gelungen, nach einem jahrelangen rasanten Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung endlich wieder Beschäftigung aufzubauen. Wir haben ein absolutes Plus in sozialversichtungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Deswegen wehre ich mich auch gegen das Gerede - Kollege Hausold hat das erneut wiederholt -, der Aufschwung komme bei den Menschen nicht an. Das ist schlicht und einfach schon allein aufgrund der Arbeitsmarktzahlen falsch, er kommt bei Millionen Men
schen an. Er kommt bei vielen Menschen an, die oft jahrelang vergeblich auf einen Arbeitsplatz gewartet haben und die ihn objektiv haben. Wir kennen doch alle auch diejenigen, auch ganz persönlich. Es ist doch einfach unlauter, das zu leugnen. Er kommt in dieser Weise besonders bei den Menschen in Thüringen an. Thüringen konnte sich auch nach den letzten Arbeitsmarktzahlen erneut über die besten Daten in den jungen Ländern freuen - und das in einer Art und Weise, die auch wir bei den kühnsten Prognosen nicht für möglich gehalten haben. Schauen Sie mal die Landkreise an - unter 10 Prozent, unter 9 Prozent, sogar bis unter 8 Prozent und das in Thüringen im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren - das ist eine wirklich gute Situation.
Besonders profitieren junge Menschen und auch Langzeitarbeitslose. Der stärkste Rückgang und die niedrigste Quote in den neuen Ländern - das fällt bei allen guten Rahmendaten nicht vom Himmel, sondern es hat auch ganz konkret etwas mit Politik zu tun, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer entsprechend gestalten konnten. Sie konnten es, weil wir in Thüringen seit 1990 eine Politik mit Augenmaß, Kontinuität und großer Verlässlichkeit verfolgen konnten, so dass auch Investoren und Unternehmer immer wieder Vertrauen in unser Land, in unsere Standorte hatten und bei uns investiert haben. In einem harten, nicht nur deutschlandweiten, sondern europaweiten, weltweiten Wettbewerb ist Thüringen ein ausgesuchter Standort.
Auch weil wir eine Politik im Unterschied zu dem, was die Opposition in diesem Hause will, verfolgen, die eben nicht die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat als Allererstes als einen Betreuungsfall betrachtet, wie es obrigkeitsstaatlichem Denken in all seinen Schattierungen seit jeher entspricht, sondern dass wir immer wieder den Menschen etwas zutrauen, dass wir wissen, Menschen wollen selber Erfahrungen machen, wollen lernen, wollen etwas leisten, wollen Bestätigung finden und nach eigener Fasson glücklich werden; man muss sie nur lassen und braucht dafür den Freiraum.
Wenn wir uns oft in der Politik beklagen über mangelndes Vertrauen, sollten wir uns zuerst einmal ansehen und fragen, was trauen wir dem Bürger zu. Hier ist es so, dass die CDU dem Bürger mit Abstand am meisten zutraut und weiß, wir müssen dem Bürger vertrauen, wenn wir auch wieder Vertrauen haben wollen. Auch das kommt in diesem Haushalt zum Ausdruck.
Dafür nun einen verlässlichen Rahmen zu setzen, das ist nach unserer Meinung gute Politik und deshalb setzen wir zuallererst auf Freiheit. Darin unterscheiden wir uns von der LINKEN sowieso, aber auch von der SPD, was ich schade finde, aber es ist so, die Betonung der Freiheit als Ausgangspunkt. Wir setzen deshalb auf Familien, wir setzen auf Mittelstand und Markt, wir setzen auf das Subsidiaritätsprinzip, auf starke und eigenverantwortliche Kommunen. Deshalb setzen wir auch auf die Kommunalisierung von Aufgaben und ebenso effiziente wie identifikationsfähige Gemeinden. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir die Menschen stark machen. Belastbare soziale Bindungen, wie sie im Normalfall in Familien angelegt sind, gehören genauso dazu wie die anderen Themen, die Sie auch genannt haben - das Bildungssystem, aber ein Bildungssystem, das Begabung erkennt, sie hervorruft und fördert und Menschen zu einem Leben in Freiheit und Verantwortung befähigt, ein Bildungssystem, das ihnen hilft, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und zu entfalten. Wir haben dieses Ziel letztlich auch parallel in der Arbeit, die wir auch als Abgeordnete, die wir ja in unserer Partei auch Funktionen haben, diskutiert mit dem CDU-Grundsatzprogramm in Thüringen, wo gelingendes Leben das Bild ist, was wir den Menschen durch unsere Rahmensetzung ermöglichen wollen, was aber auch diese Freiheit braucht, wo jeder sich mit seinen Gaben, mit seinen Anlagen und seinen Vorstellungen auch einbringen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Doppelhaushalt 2008/2009 hat sich dieser politische Ansatz erneut niedergeschlagen. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, das wird in vielen, vielen Einzelplänen und auch durch die finanzpolitischen Sprecher, auch durch unsere Fraktion noch genügend getan werden, deswegen nur einige wenige grundsätzliche Punkte zu den Fragen, die auch von den Kollegen Matschie und Hausold angesprochen worden sind.
Auch ich möchte noch einmal auf Familien- und Bildungspolitik eingehen. Über die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, auch hier in Thüringen, entscheidet letztlich die Zukunft der Familie. Davon bin ich ganz überzeugt. Eine Gesellschaft, der gerade die Gemeinschaften abhanden zu kommen drohen, in denen noch voraussetzungslose, bedingungslose Solidarität wie in Familien erlebt und erlernt wird, ist am Ende nicht überlebensfähig. Deshalb ist die Familie die wichtigste dieser Gemeinschaft und deswegen ist auch hier unser wirklich unerbittliches Engagement. Wir sehen durchaus - auch wir sehen der Realität ins Auge, ganz klar -, dass es Fälle gibt, in denen die Familien diesem Ideal nicht gerecht werden, in denen sie sogar zur Gefahr für ihre Mitglieder werden, wie wir es bei den grausamen Kindes
misshandlungen bis hin zum Kindstod erfahren mussten. Da ist der Staat natürlich aus sozialen, aus wirtschaftlichen, vor allen Dingen aus ethischen Gründen gefragt, aber ich warne davor, 80 oder auch 90 Prozent der Familien in ihrer Entscheidungsfreiheit einzuschränken, weil es eben bei 10 oder vielleicht auch maximal 20 Prozent einen besonderen Unterstützungsbedarf, besondere Hilfe braucht, aber die übergroße Mehrheit nimmt ihre Verantwortung in diesem Land wahr. Das müssen wir anerkennen und darauf zielt auch unsere Politik.
Ich bin auch der festen Überzeugung, wer Politik, wie Sie es so oft tun, von den Rändern her immer wieder dann für eine Allgemeinheit definiert und nicht aus der Mitte der Gesellschaft heraus, der schafft am Ende mehr Probleme, als er löst. Deshalb baut unsere Familienpolitik auf drei Säulen auf, die ich hier auch noch mal nenne.
Wir setzen auf Betreuungs- und Erziehungsstrukturen, die bei Bedarf von Anfang an zur Verfügung stehen.
Ich will es noch einmal sagen, weil Ihre Beurteilung der Lage und auch Ihre Polemik an einem ganz wichtigen Kern Thüringer Politik vorbeizielen. Wann wird je gesagt, dass wir in Thüringen den weitesten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte überhaupt haben in Deutschland? Das ist Ausdruck auch unserer Politik und der Wahlfreiheit, den weitestgehenden Betreuungsanspruch, der woanders erst nach 2010 bis 2013 oder wann aufgeführt ist. Wir haben ihn hier realisiert und wir haben dafür gesorgt, dass diese Strukturen auch auf Dauer bezahlbar bleiben werden. Das haben wir gemacht, indem wir von einer Strukturfinanzierung weggegangen sind hin zur ganz speziellen Finanzierung des einzelnen Kindes. Im Übrigen ein Umstand, bei dem uns das Volksbegehren folgt. Diese Strukturumstellung ist auch dort vollzogen. Von wegen, das Volksbegehren, was in der Antragstellung ja, wie wir wissen, nicht verfassungsgerecht war, ist hier näher bei dem, was wir in diesem Haus beschlossen haben, als das, was Sie immer anderen implentieren wollen, zurück zu dem, was wir mal hatten.
Auch die Initiative ist darüber hinweg, das wollte ich hier noch einmal zur Klarstellung sagen, weil das oft nicht zum Ausdruck kommt.
Wir wollen Familien finanziell und in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben stärken. Wo Defizite auftau
chen, muss man Eltern helfen, das ist richtig. Wenn jemand etwas nicht kann, das ist an sich auch eine ganz simple pädagogische Wahrheit, lernt er es doch nicht dadurch, dass man ihm die Aufgabe einfach wegnimmt. Auch wir sagen, natürlich müssen warme Mahlzeiten sein für jedes Kind. Und wo es nicht gewährleistet ist, müssen wir uns dazu etwas einfallen lassen als Gesellschaft, aber einfach zu sagen, das machen wir jetzt wieder für alle quer durch und nicht dafür zu sorgen, dass vielleicht doch auch eine Mutter, ein Vater, eine Großmutter, wer auch immer im Umfeld des Kindes vielleicht mal wieder lernt, wie man aus einfachsten Mitteln etwas zu essen bereiten kann.
Das ist keine Frage finanzieller Armut, das ist eine Frage kultureller Armut, das ist eine Frage von Bindungsarmut, das ist eine Frage von Bequemlichkeit, vielleicht auch von einer verheerenden Nebenwirkung dieses dämlichen Begriffs „Herdprämie“.
Wie will ich denn von Frauen noch erwarten, die ständig so diffamierend belegt werden, dass sie sich dann noch an den Herd stellen? Aber sicher, das wird alles, alles subtil bei Ihnen mitbeträufelt. Deswegen brauchen wir auch hier ein Programm,
was fördern und fordern heißt, und Menschen wieder in Verantwortung nimmt, befähigt und damit vielleicht auch ein bisschen aus Bindungsarmut, aus kultureller Armut herausführt. Wir wollen, dass Eltern schließlich selbst entscheiden können, wie sie als Familie leben, und wir erkennen Erziehungsleistung an. Mit dem geplanten bundesweiten Betreuungsgeld - auch das hätten die wenigsten hier auf Oppositionsseite gedacht - haben wir als Thüringer unser Modell als Modellcharakter für Deutschland letztlich implementieren können.
Ich denke, das war ein großer Erfolg und das zeigt, wer von Wahlfreiheit spricht, muss sie ernst nehmen. Wir nehmen sie hier in Thüringen ernst mit dem weitestgehenden Betreuungsanspruch auf der einen Seite und der Honorierung von Erziehungsleistung auch im häuslichen Bereich auf der anderen Seite. Auf Bundesebene heißt es eben auch Ausbau der Betreuungsinfrastruktur, wo die alten Länder natürlich noch einen viel größeren Nachholbedarf haben, aber dann eben auch zu dieser Wahlfreiheit, zur Mün
digkeit von Bürgerinnen und Bürgern, von Familien, von Eltern zu stehen.
Deshalb, liebe Kollegen von der Opposition, verwahren wir uns auch dagegen, dass das Thüringer Erziehungsgeld zur Finanzierungsquelle für ohnehin vorbildliche Strukturen, die wir ja haben, dienen soll. Sie wollen letztlich, dass Familien wieder in die Haushaltskasse greifen, um eine einseitige Politik, wie Sie sie politisch als Partei mit Ideologie behaftet wollen, weil Sie ein einseitiges Leitbild vorgeben wollen, und das wollen wir eben nicht.
Wir wollen, dass die Verschiedenartigkeit der Lebensentwürfe, der Lebenssituation zum Tragen kommen kann.
Ich frage auch hier, weil wir eine, denke ich, sehr gute Gesprächsreihe von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Erfurt hatten im MDR-Funkhaus, wo es hieß „jedes Kind zählt“, bei der auch über die Wünsche und über die Sehnsüchte von Kindern gesprochen worden ist. Es gibt beeindruckende und, ich will sagen, auch erschütternde Zeugnisse auch junger Leute, von Schülerinnen und Schülern, die ein Buch unter dem Bödecker-Kreis geschrieben haben, „Zwischen Gewalt und Zärtlichkeit“, in dem sie einmal ihre Wünsche aufgezählt haben, was sie von ihren Eltern erwarten würden und wie sie leiden unter zu wenig Zeit und zu wenig Zuwendung, und was sich auch daraus manchmal für Dramen entwickeln. Hier wollen wir Freiraum und hier wollen wir Anerkennung.
Wir wollen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Stiftung „FamilienSinn“ nicht opfern. Diese Stiftung soll Familien umfassend stärken, Erziehungskompetenz fördern und dafür auf Dauer Mittel haben, die nicht zur Disposition stehen, auch wenn es finanziell mal wieder noch enger wird, was ja auch kommen wird im Blick auf die Haushaltssituation kommender Jahre mit dem Abbau auch der Bundes- und Europamittel, der ins Haus steht.
Und wir haben - auch das wurde gesagt - ein weiteres Element ganz bewusst eingefügt. Ich bin sehr dankbar allen Kolleginnen und Kollegen der Fraktion, in der Landesregierung, den verschiedenen beteiligten Ministerien, dass es gelungen ist, in einer wirklich komplizierteren pluralen Welt ein Familiendarlehen im Haushalt zu verankern. Das war früher wirklich einfacher mit ganz einfachen Mechanismen, die wir alle kennen - 70er-, 80er-Jahre in der DDR -, das kann man mit heute nicht vergleichen. Aber dass
es auch unter den Bedingungen unserer pluralen Lebensentwürfe und pluralen Gesellschaft gelungen ist, das zu tun, da bin ich sehr dankbar. Die Resonanz im Vorfeld, die Voranfragen, all das bestätigt uns darin, auch wenn die Kreditsumme nicht gewaltig ist, aber gerade für die Familiengründungsphase hilft sie doch beachtlich weiter. Ich denke, auch hier haben wir ein Wort gegeben und ein Wort eingelöst. Dafür bedanke ich mich noch mal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein entscheidendes Anliegen ist für uns als CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, gemeinsam mit der Landesregierung möglichst alle Menschen auf ein Leben in Freiheit und Verantwortung vorzubereiten. Wir sind dabei weit vorangekommen, auch das zeigen Vergleichsstudien immer wieder, zuletzt der Bildungsmonitor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln. Danach gehört Thüringen mit Sachsen, mit Bayern, mit BadenWürttemberg „zum Führungsquartett im Leistungsfähigkeitstest der Bildungssysteme“, wie es da heißt. Dieses Quartett haben wir ja eigentlich in allen Rankings, die es deutschland- und europaweit gibt.
Deutschlandweite Bestwerte erreicht Thüringen beim Vorrang für Bildungsausgaben im staatlichen Gesamtbudget, die wir auch wieder hier im Haushalt erreichen, und bei den Betreuungsbedingungen. Auch in der Förderinfrastruktur ist dem Monitor zufolge die Lage in Thüringen ausgezeichnet. Kein anderes Bildungssystem in Deutschland ist so erfolgreich darum bemüht, möglichst alle Schüler zu einem verwertbaren Abschluss zu führen. Auch das ist ein Vergleich, der viel zu wenig - auch hier im Land selber - zitiert wird.
Wir haben bei den 18- bis 24-jährigen Thüringerinnen und Thüringern 6,6 Prozent, das mag uns immer noch viel in unseren Ohren klingen, die keinen Berufsabschluss oder kein Abitur haben oder sich nicht in Ausbildung befinden - 6,6 Prozent. Ich sage, das ist immer noch zu viel; wir müssen noch besser werden, aber es sind mit Abstand die wenigsten überhaupt in Deutschland. Das geht dann weiter bei 9,7 Prozent, zweistellig, 10, 11, 12 Prozent. Der europäische Durchschnitt liegt bei 13 Prozent. Wir haben hier einen Wert, der hart erarbeitet worden ist, und der im Übrigen auch gemeinsam mit der Thüringer Wirtschaft erarbeitet worden ist.
Wenn Sie, Herr Kollege Matschie, ansprechen, wir würden Überlegungen der IHK nicht zur Kenntnis nehmen, die sind längst mit uns besprochen. Wir haben, auch was die duale Ausbildung betrifft, ein Jahr Grundausbildung, dann Wechsel ins duale System,
gerade jüngst wieder die entsprechenden Gespräche geführt. Nur weil Sie das auch mal als Schlagwort oder im Gespräch mitgekriegt haben, das ist tägliche Arbeit, die hier geleistet wird,
wirklich tägliche Arbeit. Wir sind hier auch an ganz konkreten Modellprojekten in der Praxis inzwischen dran.
Wir haben trotzdem, das will ich sagen, auch im Bildungssystem noch einmal an zwei Punkten Akzente gesetzt. Einer, der uns besonders wichtig war, weil auch wir sagen, die Erfolgschancen fangen bei den Jüngsten an. Natürlich, bei den Jüngsten müssen wir sie verbessern, deswegen Bildungsplan 0 bis 10 Jahre. Damit dieser Bildungsplan auch wirklich verstanden und umgesetzt wird, noch einmal 2,2 Mio. € bei einer Gesamtmasse pro Jahr von etwa 23 Mio. € bereitgestellt, sehen Sie, welche Bedeutung wir diesem Feld beimessen. Das Zweite sind die Schulen in freier Trägerschaft, wozu wir uns auch noch einmal ganz deutlich bekannt haben.
Nun will ich noch einmal eines sagen, auch Sie von der LINKEN und von der SPD haben sich an die Spitze der Bewegung in Ihrem Einsatz für die freien Schulen gestellt. Sehr löblich, wenn auch Sie die Pluralität der Bildungslandschaft in unserem Freistaat so immer wieder beschwören und hier entsprechend auch die Pluralität einfordern. Nur mit Ihrem Ziel der Einheitsschule - das steht in all Ihren Programmen und ist von der SPD auch nochmals richtig groß beschlossen worden -
geht das natürlich - das prognostiziere ich - nicht zusammen. Denn sollten Sie - was verhindert werden möge, wir wollen alles tun gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern an den Thüringer Regelschulen, an den Thüringer Gymnasien, die sagen, wir haben ein tolles Schulsystem, wir haben ein zielführendes Schulsystem und die Ergebnisse zeigen es ja auch - jemals die Möglichkeit dazu haben, dann prophezeie ich Ihnen, dass die Schulen in freier Trägerschaft zu Fluchtburgen werden für alle, die eine Wahlmöglichkeit haben möchten.
Dann wollen wir mal sehen, wie weit Ihr Bekenntnis noch zu den freien Schulen reicht.
Aber das ist im Bereich der allgemeinbildenden Schulen.
Wirtschaftlicher Erfolg ist letztlich notwendig, auch hier haben wir die entsprechenden Daten. Vor allen Dingen aber brauchen wir die Innovationskraft in unserem Land - und das ist ein Baustein zum Erfolg, der auch von Dauer getragen ist - in unseren Köpfen. Und hier, sage ich, ist auch etwas Hervorragendes gelungen mit unserem Hochschulpakt. „Exzellentes Thüringen“ - diese Initiative, die über 50.000 Studierenden an Thüringer Hochschulen zugute kommen wird, die eingeschrieben sind, die unseren Standort weiter attraktiver macht mit einem wirklich guten Wert für Thüringen, der weit über dem in anderen Ländern liegt, dass 19 Prozent unserer Absolventen nach wie vor Ingeneure sind. Naturwissenschaftlich-technischer Bereich, Zukunft, Mehrwertschöpfung in der Wirtschaft durch Innovation, das ist ein Herzstück in unserer Politik in unserem Land. Auch hier gebe ich unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel voll und ganz recht, dass wir dazu die Potenziale in unserem Land ausschöpfen und notfalls noch stärker heben müssen. Ich danke allen, die politisch vonseiten der Landesregierung, aber die auch hochschulpolitisch vonseiten der Hochschulen bis hin in den Bereich der Wirtschaft dazu beigetragen haben, dass wir hier die entsprechenden Verbünde haben, dass wir die entsprechenden Vernetzungen haben, dass wir auch eine wirtschaftsnahe Forschung haben und allen, die sich daran beteiligen, jungen Menschen beizeiten eine Perspektive hier in unserem Land ermöglichen.
Auf einen vielleicht letzten Punkt möchte ich noch eingehen - das Finanzausgleichsgesetz: Das bleibt einem am heutigen Tag nicht erspart, und ich finde, wir haben auch allen Grund, stolz auf das zu sein, was uns gelungen ist in dieser schwierigen Situation. Wir haben das Urteil nicht gewollt. Wir haben es auch nicht angestrengt, so viel zu klagen vor dem Verfassungsgericht. Ich sehe da schon sehr viele, die je nach Bedarf auch zum Verfassungsgericht gehen. Das ist nicht nur die Landesregierung, die in ihrem Fall dazu verpflichtet war, sondern die Opposition hat hier ein Urteil provoziert. Es ist gekommen. Sie merken, es schmeckt Ihnen nicht, es ist anders als gedacht, weil es ein Urteil letztlich doch auf einer Linie ist, die ich vorhin gezeichnet habe von mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung.
Es sind keine Mittel gestrichen, es sind Mittel aber jetzt in der allgemeinen Schlüsselzuweisung, wo sich in aller Freiheit und in aller Verantwortung Stadträte, Kreistagsmitglieder vor Ort bekennen können, und, ich sage, auch bekennen müssen, eigentlich unsere Politik von Subsidiarität,
die uns hier ins Stammbuch geschrieben ist. Und dann verstehe ich diese Logik auch nicht. Alle sagen, mehr Verantwortung für diejenigen, die vor Ort das Sagen haben, dann geben wir das und dann trauen Sie denen dann wieder nichts mehr zu, sondern sagen, alles muss das Land festschreiben, genaue Spezifizierung, auch bei dem, was ausweislich dieses Urteils nicht mehr geht, Bibliotheken, Musikschulen, Jugendkunstschulen; das war alles Thema. Da haben wir jetzt Folgendes gemacht: Weil auch wir eine kulturpolitische Verantwortung sehen, die über die kommunale hinausgeht, sagen wir, es bleibt beim Kommunalen Finanzausgleich, so wie er in den Grundstrukturen von der Landesregierung vorgelegt worden ist, mit den Grundzuweisungen, weil da wirklich die Kommune vor Ort die Grundfinanzierung zu leisten hat. Aber es gibt ein landes- und bildungspolitisches Interesse, was darüber hinausgeht im Blick auf Standardsicherung, im Blick auch auf eine Pflege von musikalischen, künstlerischen, literarischen Traditionen, die über die einzelne Kommune hinausgehen. Das ist unsere Landesaufgabe. Da werden wir auch noch ein bisschen am Kulturkonzept, lieber Herr Minister, denke ich, gute Innovationen hineinbringen können,
dass wir hier wirklich eine sinnvolle Zuweisung haben. Was ist kommunal, Kommunaler Finanzausgleich, allgemeine Zuweisung, Verantwortung vor Ort? Aber das, was unseren Freistaat Thüringen dann insgesamt ausmacht, denn wir sollten nicht vergessen, dass die „Denkfabrik“ - die „Denkfabrik“, weil sie sich wirklich hundert- und tausendfach inzwischen an unseren Hochschulen erwiesen hat -, aber letztlich in einem „Kulturland“ steht und das eine mit dem anderen zu tun hat.
Ich will abschließend sagen, dass wir keine Schulden machen. Das große Ziel, was wir hatten, dass wir, wenn es noch darüber hinaus Mehreinnahmen gibt, ihn auch für den Schuldenabbau und für einen Pensionsfonds verwenden, ist eine Riesenleistung. Von dieser Leistung wären wir aber Lichtjahre weg, wenn wir in den vergangenen Jahren den Anträgen der Opposition gefolgt wären, das sind wir nicht.
Es ist auch unter den deutschen Ländern - es haben ja alle Steuermehreinnahmen, aber es haben bei Weitem nicht alle geschafft, auf eine Nettoverschuldung von null zu kommen. Deswegen noch einmal, Dank an die Landesregierung für ihre Arbeit, die sie geleistet hat, Dank an die Mehrheitsfraktion, dass wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, alles gemeinsam durchgetragen, beschlossen und noch eigene Akzente setzen können. In diesem Sinne bit
te ich auch um Zustimmung für diesen Doppelhaushalt 2008/2009 und alle Begleitgesetze, die dazugehören. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es sagen, wir haben eine sehr präzise, im Detail aufbereitete Regierungserklärung unseres Thüringer Ministerpräsidenten gehört. Dafür gebührt ihm Dank. Herr Ministerpräsident, die Mehrheitsfraktion im Haus dankt Ihnen für die gehaltene Erklärung, aber vor allem Ihnen und dem gesamten
Kabinett für drei Jahre intensive Arbeit für den Freistaat Thüringen, für uns alle, die Bürgerinnen und Bürger.
Ich hatte ja, meine sehr verehrten Kollegen Hausold und Matschie, gar nicht erwartet, dass Sie den Ministerpräsidenten für seine Rede loben müssen. Dafür sind Sie Opposition. Doch angesichts dieser detaillierten Bilanz hätte ich schon gedacht, dass Sie sich um ein bisschen mehr Objektivität bemühen würden. Erst am 20. Juni haben Sie in diesem Haus den Ministerpräsidenten in ungehöriger und damals fast peinlich wirkender Weise Leistungsverweigerung vorgeworfen. Ich denke, die heute vorgelegte Bilanz widerlegt diesen Vorwurf eindrucksvoll. Ich bin doch ziemlich betroffen, wie sehr Sie sich einer wirklichen Auseinandersetzung, die sich an den Fakten orientiert, die Fakten, die hier alle dargelegt wurden, verweigert haben. Das ist Arbeitsverweigerung, lieber Herr Hausold. Das muss ich Ihnen wirklich sagen. Dass Sie bei Ihrer allgemeinen Weltpolitik, die Sie immer wieder zitieren, dann ausgerechnet auf den einzig konkreten Punkt kommen, Bilzingsleben, da kann ich nur fragen: Wer hat Ihnen denn das gesteckt? Sehen Sie einmal die alten Parlamentsvorgänge an, wer sich da um Bilzingsleben gekümmert hat und dass bei den letzten Landratswahlen die CDU es war, die in Bilzingsleben 80 Prozent eingefahren hat,
weil es zwar langsam, das gebe ich zu, aber doch vorangeht. Von daher kann ich nur sagen, Bilzingsleben, das war die Krönung einer wahrhaft fossilen Rede.
Sehr verehrter Herr Kollege Matschie, Sie schauen schon, was ich jetzt sagen werde. Sie haben hier viele Einzelheiten genannt, das will ich Ihnen zugestehen. Auf jeden Fall, Sie haben sich da Gedanken gemacht. Aber auch Ihr Manko ist, Sie haben dem Ministerpräsidenten Dieter Althaus überhaupt nicht zugehört
oder Sie können es nicht hören. Sie haben viele Stichworte genannt, aber viele Stichworte, bei denen Sie noch in allgemeinen Worthülsen für dieses Land argumentieren, sind längst untersetzt. 17 Jahre hochgekrempelte Ärmel, Arbeit für dieses Land, im Detail. Lesen Sie es wirklich noch einmal nach, was genau an den Punkten, die auch Ihnen wichtig sind, durch
die Landesregierung, und zwar in der Tat eingebettet in ein strategisch langfristig wirkendes Konzept, geleistet worden ist.
Das werde ich Ihnen nicht ersparen, darauf kommen wir noch. Wahrheit ist dann immer konkret. Das Land präsentiert sich in diesem Frühsommer 2007, ich wiederhole es wirklich gern noch einmal, in einem ausgezeichneten Zustand. Thüringen schreibt hervorragende Wirtschaftszahlen, die Arbeitslosigkeit sinkt weit stärker als sonst irgendwo in den jungen Ländern. Die Wende auf dem Arbeitsmarkt ist geschafft, denn beachtlich geht auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze nach oben. Wir sind - das beweisen unsere Unternehmen Tag für Tag - wettbewerbsfähig in der globalisierten Welt. Deutschland findet endlich zu einer Stärke zurück und Thüringen, das sei ja gesagt, profitiert natürlich von dem günstigen Umfeld, und zwar überdurchschnittlich. Dieses Überdurchschnittliche hat natürlich dann schon etwas mit ganz konkreter Landespolitik zu tun - Innovation, Patente, industrieller Mittelstand, Zufriedenheit des Mittelstands mit der Förderpolitik, Pro-Kopf-Ausgaben in der Bildung und so weiter und so fort. Alles das können wir aufzählen, überall erhalten wir im Vergleich hervorragende Noten. Die Sinnbilder stehen uns einzigartig vor Augen. Ich will nur noch einmal auch meinerseits die Bundesgartenschau in Ostthüringen nennen mit völlig neuen Perspektiven in einem ganz wichtigen Thüringer Gebiet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir planen einen Haushalt ohne Neuverschuldung und haben dennoch Spielraum für Zukunftsinvestitionen. Für die Hochschulen, eine hervorragende Kulturquote, die Familien, die Landesstraßen - alles das werden wir heute Nachmittag hier noch anhand ganz konkreter Haushaltszahlen - denn was ist Haushalt anderes als in Zahlen gegossene Politik - erörtern können. Nicht allein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, eine schwarze Null im Haushalt, sondern auch der Schuldenabbau rückt in greifbare Nähe. Wer hätte das noch vor Jahresfrist gedacht?
Unser Ministerpräsident hat das alles im Einzelnen dargelegt. Aber dass Sie das nicht zur Kenntnis nehmen, hat mit Sicherheit mehrere Ursachen. Eine davon ist, dass Sie zwar Ihren - und insbesondere bei der Linkspartei - ideologischen Vorgaben folgen, aber letztlich keine wirkliche politische Linie haben, wenn es ganz konkret darum geht, in diesem Hohen Hause Politik zu machen. Sie sind im Grunde politisch abhängig davon, was andere, was die Lobbyisten im Land Ihnen gerade stecken und was Sie an populistischen Stimmungen aufgreifen können. Ich sage
auch voller Freimut dazu: Wenn nicht der eine oder andere Kollege auch vielleicht von meiner Fraktion der Stichwortgeber wäre, dann wäre die Palette der Themen, die Sie hier aufbringen würden, noch ärmlicher. Gedacht ist an heute Nachmittag, die Aktuelle Stunde. Jeder kennt die Geschichte dazu.
Es gibt also, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, kaum einen Karren, vor den Sie sich nicht spannen lassen. Ich meinte ein anderes Thema, aber ich habe ja gesagt, durchaus vielleicht mehrere. Heute dies und morgen das, ohne inneren Zusammenhang und voller Widersprüche - das, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsfraktionen, ist keine Politik. Wir haben es immer auch, und das ist ja das Wesen von Politik, mit Gesamtverantwortung für die Menschen in diesem Land zu tun. Die CDU ist nicht für die Lobbyisten und diejenigen da, die besonders laut schreien, sondern für die Bürgerinnen und Bürger.
Das heißt auch, dass man sich davor hüten sollte, ständig die organisierten Interessen, die an uns herangetragen werden, die aber letztlich immer Interessen auch eines bestimmten Klientels sind, mit dem Gemeinwohl für alle zu verwechseln.
Das ist nämlich durchaus etwas Verschiedenes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ist das immer. Sie malen bei jeder Veränderung, bei jeder Reform den kurz bevorstehenden Untergang Thüringens mit so kräftigen Farben an die Wand, dass man sich eigentlich wundern muss, wenn anderentags die Sonne trotzdem wieder aufgeht.
Dabei will ich mich auf wenige Beispiele beschränken. Das darf man nicht einfach alles so vergessen. Das Beispiel Erwachsenenbildungsgesetz - was hat Ihnen nicht alles vorgeschwant - Bildungspolitik ist ja nun wirklich ein ganz sensibler Bereich, das gebe ich ja zu -: wegbrechende Strukturen, Bildungspolitik als Steinbruch, Ende mit dem lebenslangen Lernen und so weiter und so fort. Tatsache ist jetzt, alle Träger arbeiten auch weiterhin. Keiner hat aufgegeben. Es gibt eine solide Grundförderung, die Zuschüsse
liegen immer noch über dem der meisten anderen Länder.
Beispiel Schulen in freier Trägerschaft: Da könnte man auch noch ein gesondertes Kapitel aufmachen, Schulen in freier Trägerschaft und dann die Einheits- bzw. Gemeinschaftsschule für alle, wie Sie dies nennen. Aber das lasse ich jetzt an der Stelle einmal. Es werde an Personal und Ausstattung gespart, Schulen müssten schließen. Tatsache ist: Die Anzahl der Schulen in freier Trägerschaft ist ständig gestiegen. Herr Ministerpräsident Dieter Althaus hat uns einmal den Vergleich von 1998/99 mit 100 und jetzt aktuell 132 genannt. Momentan liegen bei den doch so verheerenden Konditionen, die wir, die böse CDU, im Land beschlossen haben, 41 Anträge zur Genehmigung von Ersatzschulen vor. Also so schlecht können die Bedingungen hier im Freistaat nun wirklich nicht sein.
Was wir wollen, sind Transparenz und Gerechtigkeit in der Finanzierung, so wie wir das im KitaBereich auch erfolgreich umgesetzt haben. Da bin ich beim Beispiel Familienfördergesetz. Natürlich, da haben Sie ja,
und das deutet sich auch schon wieder an, einen wahren Kulturkampf ausgerufen. Die Kinder würden verkommen, weil sie nicht mehr in den Kindergarten gebracht würden, Einrichtungen müssten schließen, Leistungen reduziert, Frauen an den Herd und, und, und. Was ist davon eingetreten? Nichts, nichts!
Thüringen hat mit Abstand einen bundesweiten Spitzenplatz bei der Ganztagsbetreuung von Kindern bei den unter Dreijährigen. Dafür haben wir jetzt gleiche finanzielle Ausgangsbedingungen für alle Kindertagesstätten und eine umfassende Wahlfreiheit, wie es sie noch nie gab, für Eltern geschaffen. So können wir garantieren, dass ein leistungsfähiges und anerkanntes Betreuungssystem auch in Zukunft noch bezahlbar bleibt. Da sage ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten die Kritik gut aus, weil wir wissen, es wird der Tag kommen, wie bei all diesen Themen so auch bei anderen, an dem Sie als Errungenschaft loben, was Sie jetzt verdammen. Das war schon immer so. Da müssen Sie sich auch gar nicht grämen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, denn das ist gar nicht nur ein Thü
ringer Phänomen.
Ich habe in der vergangenen Woche eigentlich eine sehr treffende Zustandsbeschreibung im „Tagesspiegel“ gefunden von Malte Lehming - das darf ich einmal zitieren mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin: „So ist es eigentlich immer in Deutschland. Nie hält die Realität den zuvor geschürten Ängsten stand. Man hört die Argumente, versteht aber das Pathos nicht ganz. Ob deutsche Einheit, fünfstellige Postleitzahlen, Ladenschlussliberalisierung, Rechtschreibreform, Holocaust-Mahnmal, Rauchverbot, Euro-Einführung, dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung usw. Die Gegner ringen entsetzt die Hände und rufen ‚niemals, Verderbnis, undenkbar’, beschwören die Apokalypse und sehen entweder die Kultur oder die Konjunktur in Gefahr. Dann wird entschieden. Es kehrt automatisch Ruhe ein. Der Furor verpufft, die schlimmen Prognosen erweisen sich als maßlos übertrieben, als wäre nichts gewesen.“ So ein Sonderfall sind wir hier nicht. Aber es ermutigt uns schon, unseren Weg stringent weiterzugehen.
Weil hier auch der Ladenschluss gerade zitiert wurde, das war ja auch hier im Thüringer Landtag Thema, wir wissen, was auch da alles an düsteren DrohSzenarien gefallen ist. Wo stehen wir heute? Das hat sich alles eingerenkt, ein kleiner Schritt zur Deregulierung und Entbürokratisierung, aber nicht mit der Thüringer Opposition. Dabei bekommt man dann schon einen Vorgeschmack für die neue Freiheit - das kann ich Ihnen nicht ersparen - durch Sozialismus. Das ist nichts anderes als die verquere Logik einer Freiheit durch Regulierung und bevormundende Gängelei. Wir, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, werden weiter streiten für Freiheit statt Sozialismus, weil wir den Menschen vertrauen.
Da will ich schon mal sagen, wir haben noch ein paar Lenin-Zitate im Kopf, manche sind ja heute noch so ganz populär. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, sagen wir so salopp. Aber genau das ist so ein Grundirrtum. Wenn wir wollen, dass die Menschen, dass die Bürgerinnen und Bürger uns vertrauen als Politiker, ist die Grundvoraussetzung, dass wir den Bürgern vertrauen, ihnen zutrauen, ihnen Freiheit ermöglichen durch Rahmen, die wir setzen, dass die Menschen sich frei nach ihren Gaben, nach ihren Talenten entwickeln können.
Nirgendwo ist das wichtiger als z.B. in der Wirtschaftspolitik, in der Mittelstandsförderung, wo wir gerade wieder große Visionen gehört haben. Ich habe noch die letzte Mittelstandsförderungsdebatte in Erinnerung, bei der uns „Rohrkrepierer“ und was nicht alles vorgeworfen wurde, was dann ganz erfolgreich, ganz solide - das, was Dieter Althaus uns heute auch aufgelistet hat als ein differenziertes System der Beteiligungsförderung, um das uns andere Länder nur beneiden - in Thüringen entwickelt worden ist.
Oder, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zuletzt haben Sie die Katastrophe für Wald und Flur ausgemalt, weil aus einer Abteilung im Ministerium eine Referatsgruppe wird und eine von vier Verwaltungsebenen für das kleine Land im Umweltbereich aufgeteilt worden ist. Oder im Sozialbereich die Versorgungsämter, auch das kann man nennen. Ich verstehe ja, dass Sie nicht in jedem Winkel dieses Landes blühende Landschaften sehen, aber Sie werden den Leuten auch nicht einreden können, dass überall nur verbrannte Erde ist.
Weil ich gerade bei Wald und Flur bin: Irgendjemand hat es auch gesagt. Ach nein, Herr Ministerpräsident, die Wegemarkierung, ganz toll, freut mich auch im Ehrenamt. Aber eines der umstrittendsten Gesetze mit Wald und Flur, wissen Sie noch, was das hier im Haus war? „Hoch zu Ross“ wurde demonstriert, Reiten im Wald, lieber Herr Minister. Was ist daraus geworden? Still ruht der See.
In Massen, nie gab es so viele Pferde wie heute. Aber ernsthaft, das ist sogar gestern hier zum Sinnbild geworden. Nein, es wurde fleißig gearbeitet, es ist ein perfektes Reitwegesystem aufgebaut, das wir sonst nie bekommen hätten. Selbst die Wanderer haben davon profitiert. Reiterhöfe ohne Ende, ständig neue Förderanträge für Reithallen und, und, und. Von wegen Katastrophe, das ist halt der Punkt. Diesen Alarmismus machen wir nicht mit, ganz gleich wo.
Das betrifft die Behördenstrukturreform, wo wir mit Konsequenz vieles umgesetzt haben, was auch Dieter Althaus aufführte. Das ist eben die Politik des Alltags, die braucht große Visionen. Die sind da, aber die müssen untersetzt werden. Genau das hat uns Dieter Althaus vorgetragen. Damit wir immer wieder neue Visionen aufbauen können, brauchen wir die konkrete Untersetzung, wo es dann auch mal heißt, dass allein durch diese Behördenstrukturreform in die Perspektive hinein 324 Mio. € gespart werden -
weit mehr, als die Befürworter einer Gebietsreform überhaupt veranschlagen können.
Es ist aber für uns auch ein ganz entscheidender Gesichtspunkt. Wir sind eine Fraktion. Wir sind eine Partei, eine Regierung, die das Subsidiaritätsprinzip ernst nehmen und wirklich die unteren Ebenen stärken wollen. Genau das tun wir damit auch.
In diesem Zusammenhang will ich noch mal ganz deutlich - weil das ja von allen angesprochen worden ist - auf das Thema Kultur zu sprechen kommen. Es ist ja wirklich irrig, in diesem Land mit einer kulturellen Breite und Dichte und mit einem kulturellen Leben von einem Kulturkahlschlag zu sprechen. So einen Unsinn wie in den letzten Monaten habe ich wirklich im Blick auf dieses Land und im Blick auf die Kultur dieses Landes selten gehört.
Die Menschen werden selbstverständlich weiter - und das war nie anders gedacht - an jedem bisherigen Standort hochwertige Orchester hören, anspruchsvolles Theater sehen können, weil wir Kooperation und Konzentration eingefordert haben, statt tatenlos zuzusehen, wie die Ensembles an allmählicher Auszehrung zugrunde gehen, schlicht, weil der Status quo auf Dauer quantitativ und qualitativ wirklich nicht sinnvoll zu halten wäre. Das wissen Sie auch genauso wie wir. Aber dafür sind Sie dann Opposition, sind Sie feige. Sie verstecken sich, wenn es darum geht, einen möglicherweise unpopulären, aber als richtig erkannten Standpunkt durchzusetzen. Sie drücken sich vor Entscheidungen, weil Sie Kritik hervorrufen könnten. Das disqualifiziert dann wirklich zur Übernahme von Regierungsverantwortung in diesem Land. Deswegen werden wir das auch nicht zulassen.
Im Übrigen - auch darauf ist schon hingewiesen worden und ich will das noch mal mit allem Ernst untersetzen, weil man das nicht wichtig genug nehmen kann: Kultureller Reichtum speist sich vor allem auch aus kulturellem Erbe. Natürlich, die moderne Kultur ohne jede Frage. Aber was eine Mehrheit der Menschen im Land und gerade im flachen Land bewegt, die Lebendigkeit des Erbes, in der Tat, Herr Matschie, da gebe ich Ihnen recht, das in Thüringen in einer einzigartigen Dichte vorhanden ist, und das ist eine Dichte, wo das Phänomen ist, dass sie jetzt in den letzten 17 Jahren erst wieder neu entdeckt worden ist. Ich will das mal an meinem eigenen Wahlkreis deutlich machen, wo ein halbes Dutzend wirklich hervorragender Komponisten gelebt haben, die aber 40 Jahre kommunistisch eingeebnet worden sind,
von denen man nichts mehr hören konnte und die überhaupt nicht mehr bekannt waren: Johann Gottlob Töpfer, sehen Sie mal nach, der bedeutendste Orgeltheoretiker, der bis heute gelehrt und nachgelesen wird; Alexander Wilhelm Gottschalg in Mechelroda; Carl Müller-Hartung in Bad Sulza; Johann Ludwig Krebs und Johann Friedrich Fasch in Buttelstedt, hervorragende Interpreten und Komponisten ihrer Zeit; Hans Magnus Böhme in Willerstedt und sogar die Mutter von Telemann in Wormstedt mit einem Grabstein, ganz klar, weil sich daraus die Identität in der Breite, in der Fläche, in den Dörfern speist, weil das wieder zu neuem Leben erwacht ist. Dass sich dann die Landtagsopposition und insbesondere auch die Linkspartei.PDS hinstellt und von Kahlschlag redet bei der Fülle, die wir gerade, ich sagte es schon, dieser gewesenen kommunistischen Einebnung entrissen haben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die bald drei Jahre seit September 2004 genutzt, um Thüringen weiter voranzubringen. Wir haben das meiste von dem, was wir 2004 gesagt haben, bereits umgesetzt und liegen, denke ich, damit sehr gut im Zeitplan. Wenn man an den gerade aktuellen Problemen oder Projekten arbeitet, vergisst man gelegentlich, was tatsächlich schon alles erledigt ist. Wir haben ein auf fünf Jahre angelegtes Wahl- und Regierungsprogramm und von dieser Zeit haben wir jetzt noch zwei Fünftel vor uns. Das möchte ich auch sagen. Es ist eine Zwischenbilanz, die wir heute ziehen.
Was die offenen Baustellen angeht, ja, die gibt es selbstverständlich und sie werden auch sorgfältig abgearbeitet und ich denke, das ist auch um der Sache willen geboten. Dafür haben wir im guten parlamentarischen Stil auch in diesem Hause, denke ich, sehr gute Beispiele geschaffen. Wenn ich an das Brand- und Katastrophenschutzgesetz denke, das haben wir parlamentarisch bearbeitet, so dass es dann wirklich, und das sind wir unseren Rettungsdiensten oder unseren Brand- und Katastrophenschützern schuldig, eine breite Mehrheit gefunden hat.
Ja, das ist aber das parlamentarische Verfahren, binnen Jahresfrist, lieber Herr Höhn. Auch das Landesplanungsgesetz hat am Ende eine übergroße Mehrheit hier im Haus gefunden und so werden wir auch mit anderen Gesetzen weiter umgehen und alles, was wir in Arbeit haben, natürlich zu einem guten Ende bringen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, bei der LINKEN ist dieses demagogische Propagandagetrommel, von dem wir auch heute wieder gehört haben, ja noch verständlich. Sie bekennen sich - und auch das muss gesagt werden, denn das hat elementar etwas mit Politik für Zukunft in diesem Land zu tun - ja offen dazu, die Systemfrage zu stellen - dank Lafontaine jetzt offen ausgesprochen, um es mal klar zu sagen, ausgerechnet Lafontaine: „Systemwechsel“ ist jetzt der unverblümte offene Begriff, den man überall nachlesen kann und der auch ganz bewusst zitiert wird. Da kann ich nur sagen, wer das System sturmreif schießen will, weil er es wechseln will, erklärtermaßen wechseln will, der hat immerhin ein strategisches Ziel, das ist klar.
Ja, dazu komme ich noch. Soziale Wirtschaftsordnung und politisches System - das meint man, so ganz schön trennen zu können usw. Das lässt sich aber nicht trennen. Das wissen Sie doch auch aus den ganzen Theorien, die wir viele, viele Jahre studieren konnten, dass es dann natürlich ein Gesamtgefüge ist. Die feinsinnige Unterscheidung zwischen Wirtschafts- und Sozialordnung auf der einen und politischem System auf der anderen Seite ist Augenwischerei. Darauf fallen wir nicht rein,
ganz klar und das gerade auch in dieser Zeit. Wir haben in der vergangenen Woche an den 35. Jahrestag der sogenannten Aktion 72 erinnert. Sie wissen noch sehr genau, was das war. Wer jetzt das Jubiläum der Firma Chrestensen erlebt hat, konnte das auch noch einmal am ganz konkreten Familienbeispiel nachvollziehen. Großzügig betont Herr Bisky,
dass - so wörtlich - „erfolgreiche ökologische und familienorientierte Unternehmen im Denken der LINKEN noch einen Platz“ hätten. Die Wunschliste der Branchen, die laut Bisky in die Hände der Allgemeinheit gehören - das heißt ja nichts anderes, als enteignet und verstaatlicht werden sollen -, wird offen gehalten. Da geht es wörtlich um die „Energie“, da geht auch um „Breitbandnetze für alle“, um „Wasser“ und „Gesundheit“, um „öffentlichen Verkehr“ und vieles mehr. „Es geht um die demokratische Kontrolle der Infrastruktur, der Adern unseres Lebens heute und morgen.“ Da erinnern wir uns schon: Wie hat die wirtschaftliche Entwicklung damals angefangen in den 40er-Jahren, dann Zug um Zug über die 50er-Jahre bis hin zum Jahr 1972? Wirtschaftliche Freiheit ist auch damals Zug um Zug gestorben. Wer wissen will, wie es mit dem Masterplan weitergeht, der kann sich z.B. im „Manifest für eine antikapitalistische Linke“ - das Wort fiel ja heute auch - informieren. Auch aus Ihrer Fraktion gibt es Mitwirkende und Unterzeichner und es wird die Frage nach Eigentum und Macht klarer formuliert und bedauert - so wörtlich -: „Grundlegende Veränderungen der Wirtschaftsordnung sind unter den gegebenen Kräfteverhältnissen schwer erreichbar.“ Es ist natürlich die Zielvorstellung, mit einem Sofortprogramm soll die Debatte über die - so wörtlich - „Vorteile von öffentlichen im Gegensatz zu privatkapitalistischem Eigentum“ befördert werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen, die man dann lesen kann, sind in der Tat - und, Herr Matschie, da wird es auch für Sie nichts mit Ihren Visionen - nicht geeignet, die Erfolge von 17 Jahren Aufbau in Thüringen fortzusetzen, sondern sie werden schlichtweg in die Tonne getreten, das wird das Ergebnis sein. Deswegen werden wir uns dagegen wehren.
Dann kommt dazu die Begeisterung für Despoten und da haben Sie sich ja auch nicht klar distanziert. Gabi Zimmer hat es ja versucht mit dem bekannten Ergebnis der Deckelung durch entsprechende Parteifunktionäre. Die Begeisterung für die Despoten wie Castro, Chávez, Morales, die enge Einbindung der LINKEN in die kommunistischen Bewegungen und Parteien und die oft unerträgliche Verharmlosung von SED-Diktatur sind dann der Subtext, vor dem diese politischen Botschaften gelesen werden müssen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, man kann Freiheit nicht sinnvoll definieren, wenn man von wirtschaftlicher Freiheit absieht. Wo die wirtschaftliche Freiheit stirbt, stirbt irgendwann jede Freiheit. Freiheit durch Sozialismus, das ist ähnlich wie - sagen wir - geröstete Schneebälle.
Sozialisten haben zum Begriff der Freiheit ein NichtVerhältnis. Das konnte man kürzlich in der Thüringer Tagespresse nachvollziehen, das Interview von Lafontaine. Er stellt wichtige Werte, die auch wir haben, soziale Gerechtigkeit, Frieden, als zentrale Werte der Politik heraus. Das können wir nur unterstreichen. Aber das Wort „Freiheit“ ist ihm nicht eine einzige Erwähnung in diesem ganzen Interview wert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um die Sache endgültig mit dem Waldfahrzeug, Langholztransporter, noch mal ins Original zu setzen - da heißt es: „Die einzige Stelle, an der die rote Fahne weht und es trotzdem vorwärts geht, das ist der Langholztransporter!“
Der eine oder andere wird sich vielleicht noch erinnern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum sich nun die Kolleginnen und Kollegen der SPD daran beteiligen, immer wieder die Stimmung zu dämpfen und letztlich auch mit schlechtzureden, das leuchtet mir allerdings nicht ein. Parteien - und so verstehe ich die SPD -, die in diesem System ja Politik machen wollen und auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, haben, meine ich, dadurch nichts zu gewinnen. Es ist ja schon lächerlich, wenn Mitglieder Ihrer Fraktion oder Sie überhaupt der Hoffnung Ausdruck geben, DIE LINKE solle sich doch von dem bösen Oskar Lafontaine nicht radikalisieren lassen. Auch das ist eine trügerische Hoffnung. Sie wollen einfach nicht sehen, was offen zutage liegt: Lafontaine ist keine Märchenhexe.
Ja, aber Sie haben ihm jubelnd zu Füßen gelegen auf dem Vereinigungsparteitag.
Darauf habe ich ja gewartet. Lafontaine und die Parteiführer, aber die souveränen Landespolitiker, ja, wir wissen, Sie sind eine zentralistische Partei. Wenn wir das für uns in Anspruch nehmen, wir sind ja eine bewusst föderal geprägte Partei mit eigener Landessouveränität, selbstverständlich.
Da haben wir aber auch den Zentralismus über die Jahre erlebt und ich meine, bis hin zur Forderung des Generalstreiks, das dürfte nun wirklich nicht koalitionsfähig sein - mit niemandem. Da sollten Sie auch auf den DGB-Chef Michael Sommer hören, der kürzlich in der OVZ klargestellt hat, wörtlich: „Ein
politischer Generalstreik wäre für uns nur denkbar, wenn wesentliche Grundrechte abgeschafft oder ernsthaft gefährdet wären, etwa die Tarifautonomie oder die Demokratie selbst.“ Genauso ist es auch im Grundgesetz vorgesehen; konkreter, meine ich, kann man den Zweck eines Generalstreiks nicht benennen. Sie haben da andere Vorstellungen. Man kann ja ganz unterhaltsam darüber nachdenken, welche Rottöne zu mischen wären und darüber sinnieren, welcher gerade noch oder nicht mehr oder doch schon wieder geht. Ich denke, alle, die sich daran beteiligen, wären bei der Documenta in Kassel sicher besser aufgehoben, als hier im Landtag Reden zu schwingen.
Dann, Herr Matschie, haben Sie ja von Ihrem - was ist das jetzt, so ein Vor-Wahlprogramm oder Eckpunkteprogramm für die Landtagswahl 2009 gesprochen. „Aufbruch Thüringen“ ist ja der Titel.
Ja, wir lesen auch das, wir lesen da, wir lesen dort, man muss ja allseitig informiert sein. Aber ich habe Zweifel, ob Sie mit diesem Titel wirklich gut beraten waren, denn diesem Slogan, und das wird auch noch einmal in Ihrer Rede deutlich, fehlt schlicht der Hintergrund, letztlich die Leuchtkraft, vor dem er sich entfalten könnte.