Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Gäste auf der Besuchertribüne, liebe Nutzerinnen und Nutzer des Internets, ich gebe zu, dass ich von der heutigen Diskussion doch enttäuscht bin, nicht nur von der heutigen, ich war auch von der letzten
Diskussion im Dezember enttäuscht, aber die heutige hat die ganze Diskussion doch irgendwie nicht gerettet. Ich will Ihnen das begründen.
Ich will das begründen: Ich glaube, dass wir uns diese Lethargie in der Politik nicht wirklich erlauben können.
Wir können sie uns aus Sicht von Eisenach nicht erlauben. Ich will Ihnen das nur an ganz kurzen Blitzen sozusagen erläutern, die mir spontan einfallen.
Das ist zum einen, wenn ich sehe, wenn wir im Bauausschuss in Eisenach - ein öffentlich tagender Ausschuss, von daher nichts wirklich Internes - sitzen und sehen, dass es uns nicht mal gelingt, Kofinanzierung aufzutreiben für Förderprogramme, wo ein sehr, sehr geringer Ansatz notwendig wäre von der Kofinanzierung, nicht mal diese geringen Anteile sind uns möglich, im Haushalt zu finden. Oberbürgermeister Doht machte in seinen Neujahrsgrüßen an die Bevölkerung darauf aufmerksam, dass im Jahr 2008 deutliche Einschnitte im Haushalt notwendig sind, die auch jeder Einzelne merken wird - aus meiner Sicht eigentlich der Offenbarungseid. Es ist bis jetzt in der Stadt nicht gelungen, einen Haushalt, nicht mal einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Wir haben frühestens im April mit einem Haushaltsentwurf zu rechnen. Herr Oberbürgermeister Doht hat in einem anderen Zusammenhang selber gesagt: Wenn es nicht zu einer Gebietsreform kommt, wäre das - wörtlich oder zumindest wurde er so zitiert in der Zeitung - der Untergang für Eisenach.
Ich gebe zu, an dieser Stelle entsteht für mich eine Riesendiskrepanz zwischen dem heute Gesagten und dem heutigen Agieren - dem heute Gesagten ist schwierig, denn die SPD hat nichts gesagt, aber dem heutigen Agieren und diesen Aussagen vor Ort. Alle - und ich glaube, das ist unumstritten - sind sich einig, dass die Kreisfreiheit von Eisenach ein Fehler war und aus der jetzigen Perspektive ein Fehler ist.
Unser Antrag, und das sage ich an dieser Stelle unumwunden, war ein Angebot. Er war ein Angebot zu diskutieren; er war ein Angebot, Fragen zu stellen; er war ein Angebot, Probleme anzugehen. Er war nicht unumstößlich und nicht unveränderbar, er
Und ich sage ehrlich und aus meiner Sicht, ich bedauere zutiefst, dass dieser Anstoß misslungen und gescheitert ist. Sie waren nicht mal im Ausschuss bereit und, Herr Kölbel, Ihre Worte hörte ich heute wohl, dass unser Antrag so nicht zustimmungsfähig war - aus Ihrer Sicht möglicherweise nachvollziehbar. Ich frage mich dann persönlich: Wo sind denn dann Ihre Alternativen?
Wir können doch hier nicht stehen und sagen, der Sankt-Nimmerleins-Tag ist ausreichend, wir warten noch. Nach Aussage des Ministerpräsidenten Althaus werden wir das wahrscheinlich in diesem Plenarsaal - nicht nur wir, sondern auch die nachfolgende Legislatur - nicht wirklich erleben, dass die Probleme nachhaltig angegangen werden und eine Gebietsreform wirklich auf den Weg gebracht wird. Ich sage aus meiner Sicht ehrlich und unumwunden, ich glaube, dass wir damit verantwortlich sind für das Dilemma, das auf dem Rücken der Einwohnerinnen und Einwohner in Eisenach ausgetragen wird.
In meinen Augen ist es notwendig, dass Politik handlungsfähig ist. Nach dem, was ich heute hier erlebt habe, gebe ich zu, hege ich da meine Zweifel, dass Politik sich hier wirklich als handlungsfähig herausgestellt hat. Ich sage für mich als Resümee der heutigen Beratung, dass ich das Gefühl habe, dass aus parteipolitischem Kalkül eine Problemlösung verhindert wurde.
Und ich sage auch, ich hatte dem Hohen Haus mehr zugetraut. Ich bin von der Diskussion enttäuscht und ich hoffe, dass wir einfach miteinander den Mut und die Ehrlichkeit finden, hier wirklich zu einer Problemlösung zu kommen.
Jetzt hat der Abgeordnete Gentzel für die SPD-Fraktion angezeigt, einen Redebeitrag halten zu wollen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht geplant, aber aufgrund dessen, was hier falsch gesagt worden ist, die eine oder andere
Klarstellung. Ganz klar am Anfang, meine Damen und Herren, wenn es denn so sein soll, wenn es Ihre Formulierung ist: Wir lehnen Ihr Angebot ab, und zwar wegen fehlender Masse. Ich finde es bezeichnend, dass hier dem Oberbürgermeister der Stadt das Wort im Mund herumgedreht wird, dass hier offen gelogen wird.
Diejenigen, die hier geredet haben und die sich wirklich über die Stadt auskennen, wissen, was Sie hier für einen Unfug erzählt haben. Natürlich hat der Oberbürgermeister Doht eine Gebietsreform gefordert. Er hat nirgendwo gefordert, dass im Vorfeld Eisenach herausgelöst werden soll aus so einem Projekt. Das ist barer Unsinn, wenn so etwas erzählt wird.
Aber, meine Damen und Herren, ich will das hier im Gegensatz zu den Kollegen von der PDS noch mal ganz deutlich sagen: Eisenach ist eine tolle Stadt.
Da brauchen Sie jetzt nicht zu klatschen, Sie karikieren nur das, was Sie eben gesagt haben. Eisenach, meine Damen und Herren, ist eine tolle Stadt. Wir haben alles in allem eingebettet in das Elisabeth-Jahr und in den Thüringentag ein erfolgreiches Jahr 2007 hinter uns. Ich will Sie gern einladen, diese Stadt zu besuchen und sich selbst davon zu überzeugen, was in den letzten Jahren dort alles passiert ist. Da ist eben nicht nur die Wartburg, da ist auch das Bachhaus, übrigens renoviert, modern wieder hergerichtet, nichts von Lethargie, da ist die Berufsakademie, in die in diesem Jahr in Größenordnungen investiert wird, nichts von Lethargie und da ist - auch für die Insider vielleicht eine ganz interessante Sache - ein Jazzmuseum, was sich im weiteren Ausbau befindet, das in der Welt seinesgleichen sucht. Wir basteln gerade in der Stadt erfolgreich an einem Finanzierungsmodell in einer Stiftung, nichts von Lethargie. Eisenach ist eine wunderschöne Stadt, besuchen Sie sie. Leider, und ich glaube auch im Namen von einigen anderen Abgeordneten zu sprechen, ist es uns an einem so symbolträchtigen Tag für Eisenach wie heute, nicht möglich, in dieser Stadt zu sein. Heute geht bei Opel Eisenach der zehnmillionste Corsa vom Band. Tradition von Eisenach spiegelt sich übrigens wieder in diesem neuen Museum „Automobile Welt Eisenach“, auch was diese Traditionspflege betrifft, eben nichts von Lethargie, sondern Aufbruch. Was zu Opel passt, das passt zu dieser Diskussion, da will ich mal eine Verbindung ziehen. Opel war für uns natürlich auch eine Investition und es waren auch Arbeitsplätze, aber Opel war auch ein Signal. Ein Signal, was die Stadt Eisenach positiv in die Diskussion ge
rückt hat. Ein solches Signal wünsche ich mir ehrlich gesagt eigentlich auch aus dem Landtag und nicht das Schlechtreden einer Stadt. Ich weiß nicht, ob da nachwirkt, dass die PDS bei der Bürgermeisterwahl so ein katastrophales Ergebnis hatte.
Eines der schlechtesten Ergebnisse in Thüringen und wenn sich gerade die, die so ein Ergebnis eingefahren haben, jetzt hinstellen und sagen, sie wüssten, was die Bürger wollen - die Bürger haben Ihnen bei der letzten Wahl eine eindeutige Quittung gegeben.
Aber, meine Damen und Herren, mir geht es darum, bei aller Kritik und bei allen Problemen, zu denen ich noch zwei Sätze sage, es ist wichtig, eine Region auch starkzureden und nicht das, was die PDS hier macht, dieses schwachzureden. Natürlich hat die Stadt Eisenach ein Problem, aber glauben Sie mir, andere Städte haben ähnliche Probleme. Es gibt überhaupt keinen Grund Eisenach so symbolträchtig negativ in die Mitte der Diskussion zu setzen. Und es ist doch auch eine Wahrheit, Frau Wolf, dass die PDS sich mit dieser Diskussion in der Stadt vollkommen isoliert hat. Wenn Herr Kuschel anmerkt, dass nicht einmal die Wirtschaftsverbände mit Ihnen reden wollen, über das, was sie vorhaben, dann müssen Sie doch einmal anfangen, darüber nachzudenken, warum das so ist. Dass Sie sich dort isolieren in dieser Stadt, ich muss Ihnen ehrlich sagen, ist mir relativ egal, aber ich sage es noch einmal deutlich: Das hat die Stadt nicht verdient, dieses Schaulaufen von Abgeordneten, die sich in der Materie überhaupt nicht auskennen, die eigentlich nur eins vorhaben, um schlechtzureden, um aus diesem Schlechten dann billigen Erfolg zu ziehen. Der Antrag ist die eigentliche Enttäuschung. Ich habe in der ersten Lesung auf die vielen Unwahrheiten und Unklarheiten in diesem Antrag hingewiesen.
Meine Damen und Herren, Eisenach ist eine tolle Stadt, besuchen Sie sie, da können Sie dieser Stadt helfen und wenn Sie der Stadt noch etwas Gutes tun wollen, dieser Antrag hat in einem Ausschuss nichts zu suchen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, Herr Gentzel, Sie hätten besser nichts gesagt, es wäre mehr gewesen als jetzt. Aber
das, was Sie gesagt haben, bedarf natürlich einer Erwiderung. Ich kann damit leben, dass Sie hier den Vorwurf erheben, es fehlt Masse und es wird offen gelogen, aber Sie haben nicht einmal den Versuch gestartet, einen Beweis dafür zu erbringen. Ich bin für Hinweise immer dankbar. Dann geben Sie uns diese Hinweise, wo unsere Zahlen nicht stimmen, wo unsere Einschätzungen nicht stimmen, dann können wir uns damit auseinandersetzen. Aber nur einfach zu sagen, es ist gelogen, ist natürlich auch keine Form der Auseinandersetzung. Ich werde jetzt versuchen, mich noch mal mit Argumenten auseinanderzusetzen.
Im Übrigen glaube ich, wenn Sie den Nachweis hätten erbringen können, dass wir gelogen haben, hätten Sie sich einer Ausschussberatung nicht verweigert. Das hätten Sie dann ganz gern gemacht, uns vom Gegenteil zu überzeugen, dass wir dort falsch gelegen hätten.
Wir sind überzeugt, mit der Kreisfreiheit von Eisenach reden wir nicht Eisenach schlecht, sondern heben Eisenach heraus. Es ist ein mutiger Schritt, nach zehn Jahren zu der Einschätzung zu kommen, dass eine landespolitische Entscheidung falsch war. Die Fehlentscheidungen sind nicht auf kommunaler Ebene getroffen worden. Sie sind auf landespolitischer Ebene getroffen worden und Eisenach muss mit den Auswirkungen leben. Ich kann überhaupt nicht verstehen, weshalb Eisenach irgendwie ein negatives Image bekommen sollte, wenn dort die Kreisfreiheit aufgehoben wird, sondern im Gegenteil - es würde eine Signalwirkung für andere Städte, für andere Regionen ausgehen. Davon sind wir überzeugt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Eisenach wird als Stadt doch erhalten bleiben. Mit der Aufhebung der Kreisfreiheit ändert sich doch nichts an Infrastruktur und an Ausstrahlung dieser Stadt, sondern die Handlungsfähigkeiten werden nur besser.
Wenn Herr Kölbel hier sagt, unsere Einschätzung, Eisenach wäre finanziell handlungsunfähig, würde nicht stimmen - wer sein Rathaus verkauft, wer Brücken sperren muss und sie nicht sanieren kann. Wie weit soll denn das noch gehen? Der Verweis, weil es bei anderen genauso schlecht aussieht, das kann doch kein Politikansatz sein. Weil es bei den anderen schlecht ist, lassen wir es in Eisenach auch alles so wie es ist. Was ist denn das für ein Politikansatz? Wir brauchen ein Signal. Wir müssen den anderen zeigen, dass durch Strukturveränderungen Handlungsfähigkeit wieder hergestellt werden kann. Das ist das Signal. Damit würde Eisenach attraktiv wer
den. Es würden viele Kommunalpolitiker dann nach Eisenach fahren, in die Region fahren und würden sich dort erkundigen, wie das funktioniert hat, eine Kreisfreiheit wieder aufzuheben und eine Rückkreisung in einen Flächenkreis vorzunehmen.
Meine sehr geehrte Damen und Herren, ein Letztes: Ich kann jetzt verstehen, warum die CDU der Ausschussberatung widersprochen hat. Sie haben nicht mal einen Plan. Da war Egon Olsen kreativer als Sie als Regierungspartei. Nur der Unterschied ist, Egon Olsen war ein Schauspieler und es war nicht real. Aber Sie wollen für dieses Land reale Politik machen. Ich hoffe nur, dass die Leute das endlich erkennen und Ihnen endlich diese Verantwortung abnehmen, die Sie nicht mal ansatzweise hier wahrnehmen können.
Zu Herrn Gentzel einen letzten Satz: Wir wissen nicht genau, was die Bürger in Eisenach zu unserem Vorschlag sagen. Deswegen wollen wir sie ja am Ende befragen und sie sollen das letzte Wort haben. Wir glauben aber, mit einem solchen Herangehen, dass wir ein Gesetz machen und danach mit den Bürgern in den Dialog treten, wird umfassend diskutiert. Das ist doch schon der Wert an sich, ohne dass wir wissen, wie die Bürger zum Schluss abstimmen. Wir würden natürlich dafür kämpfen, dass die Bürger unserem Gesetzentwurf zustimmen, das ist doch klar, aber wir wissen es nicht genau. Nur durch ein solches Verfahren kommen wir überhaupt mit den Bürgern in die Diskussion und können mit ihnen Pro und Contra diskutieren und am Ende können die Bürger entscheiden. Demokratischer geht es, glaube ich, nicht. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dieser Gesetzentwurf ist ein politischer Schnellschuss, der jegliche rechtliche und politische Seriosität vermissen lässt.