oder wollen Sie eine moderne Familienpolitik gestalten. Schon das Volksbegehren „Mehr Demokratie in Thüringen“ hat gezeigt, der politische Wille Tausender Bürgerinnen und Bürger manifestiert durch ihre Unterschrift unter einen Volksbegehrensgesetzentwurf, dass sie den Willen haben, Politik hier in diesem Land zu verändern. Deshalb liegt Ihnen heute unter dem Titel des Volksbegehrens ein Gesetzentwurf vor, der bis auf einige Aktualisierungen in Einleitung und Begründung mit dem Unterschriftsbogen des Volksbegehrens identisch ist. Er enthält Kernforderungen von Elternvertretern, von Praktikerinnen sowie weiteren Mitgliedern eines breit gefächerten Bündnisses zur Korrektur des Familienfördergesetzes im Bereich Kindertageseinrichtungen. Wir haben hier an diesem Ort die Möglichkeit, mit Ihrer Einsicht und Zustimmung das gültige Gesetz zugunsten der Eltern, der Kitas, aber vor allem der Kinder zu ändern oder aufzuheben und durch ein besonders kinderfreundliches und modernes Gesetz zu ersetzen.
Ich möchte an dieser Stelle an eine Pressekonferenz erinnern, die die CDU-Fraktion zur Einführung des Familienfördergesetzes Ende 2005 durchführte. Damals kündigten Sie als Fraktionsvorsitzende, Frau Lieberknecht, an, das Gesetz wird nach einer Weile evaluiert und bei Bedarf nachgebessert. Frau Lieberknecht, Sie bekommen jetzt die Chance dafür.
Zwei Jahre sind vergangen und das Gesetz hat wenig Gutes gebracht. Die Stiftung FamilienSinn funktioniert bislang nicht mal in Ansätzen und die Beantwortung der Mündlichen Anfrage heute durch Ihren Staatssekretär, Herr Zeh, hat das noch mal unterstrichen. Nicht nur deswegen sind wir der Meinung, dass die Stiftung abgeschafft werden kann und sollte. Sie ist ohnehin überflüssig und führt vor allem dazu, dass sich der Staat aus Kernaufgaben zurückzieht.
Wie sieht es weiter mit Ihrer Familienpolitik aus, meine Damen und Herren? Im Gleichstellungsbereich ist nichts geschehen, außer dass das Geld zum Beispiel für Frauenhäuser endgültig gekürzt wurde und dass die jetzige Richtlinie garantiert keine Gleichbehandlung der unterschiedlichen Größe der Frauenhäuser ausgleicht.
Das Thüringer Erziehungsgeld ist für einige Familien eine Freude, für andere ein Fluch. Diejenigen, die zu hohes einkommensabhängiges Landeserziehungsgeld bekommen haben, konnten ihre Kinder trotzdem in die Kitas geben. Das können Sie jetzt
recht selten. Andere freuen sich sicher über das zusätzliche Geld, weil sie ihre Kinder ohnehin erst im Alter von drei Jahren in eine Kindertageseinrichtung geben wollten. Aber selbst Familien, die zuvor kein Erziehungsgeld bekommen haben und ihre Kinder gern schon mit zwei Jahren in einen Kindergarten gegeben hätten, würden verzichten auf diesen Kita-Besuch, weil ihnen nämlich dann 150 € fehlen, plus Kita-Gebühren, plus Essengeld. Und das fehlt ihnen in ihrem Haushaltsbeutel.
Das ist die Realität, da müssen Sie mal in das Land gehen. Nun könnte man sagen, dass Letzteres hinzunehmen ist, wenn doch andere Familien sich über das zusätzliche Geld freuen. Versucht man jedoch herauszufinden, welche Kinder ein Jahr später in die Kita gebracht werden, so stößt man häufig auf Aussagen, dass es gerade Kinder aus ärmeren und sozial schwachen Familien sind, die nicht in den Genuss des frühzeitigen Kindergartenbesuchs kommen. Sicher, beweisen lässt sich das bisher nicht konkret an Zahlen, weil es dazu keine Datenerfassung durch die Landesregierung gibt.
(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Reden Sie doch nicht so einen Unsinn daher, den Sie nicht beweisen können.)
Diese Datenerfassung gibt es nicht, meine Damen und Herren, weil Sie sie nicht durchführen und weil Sie sie nicht wollen. Eine solche Datenlage wäre Ihnen nicht recht, weil sie beweisen würde, dass benachteiligte Kinder weiterhin ausgegrenzt würden und ihre Chancen sich mit jedem weiteren Monat Bildungsausschluss weiter verschlechtern. So sind die Tatsachen hier in diesem Land und mit Ihrer Familienpolitik.
Solange es dazu keine weiteren Zahlen gibt, können Sie, Herr Minister Zeh, sich weiterhin hier hinstellen und behaupten, dass das Erziehungsgeld ein voller Erfolg sei. Aber sowohl Wissenschaftler als auch Kita-Leiterinnen als auch Erzieherinnen nehmen zur Kenntnis, welche Kinder mit diesem finanziellen Anreiz, den Sie geben, von der Kita ferngehalten werden.
Meine Damen und Herren der CDU, Sie müssten und sollten Kindertagesstätten aufsuchen und sich vor Ort darüber informieren und mit den Leitern ins Gespräch kommen, mit den Erziehern ins Gespräch kommen. Und dann, meine Damen und Herren, stellen Sie das fest, was wir Ihnen heute hier im Spiegel vorhalten müssen.
Hier habe ich noch gar nicht von dem Verwaltungschaos gesprochen, den dieses Gesetz, Ihr Gesetz mitgebracht hat. Es ist Subventionierung traditioneller Familien, die aber eingebettet sind in einen Verwaltungsaufwand, der es vor allem den Trägern schwer macht, dies zu realisieren. In manchen Kommunen dauerte es Monate, bis die Auszahlung richtig klappte. Andere taten sich noch nach über einem Jahr schwer mit der Teilzeitabrechnung.
Zwei Jahre hat das Gesetz bewiesen, dass es kein Fortschritt war, sondern dass es viel Negatives gebracht hat. Ich möchte Ihnen dazu einige Aspekte aufzählen: Erhöhung der Kita-Gebühren in vielen Einrichtungen und ich möchte Ihnen das zum Beispiel an meiner Heimatstadt Mühlhausen beweisen. Dort haben sich die Kita-Gebühren von 79 € auf 105 € erhöht, obwohl der Stadtrat beschlossen hat, die Zuschüsse an die Kitas um rund 263.000 € zu erhöhen, um die Belastung für die Eltern nicht zu hoch werden zu lassen. Neben der Erhöhung der Kita-Gebühren - wie ich bereits geschildert habe, wie das in vielen Stadträten und Gemeinderäten gehandhabt wird - belasten Sie mit diesem Gesetz nicht nur die Eltern, sondern Sie belasten auch zusätzlich die Kommunen. Das Gesetz hat die Entlassung von Erzieherinnen gebracht. Über 300 Erzieherinnen haben ihren Arbeitsplatz verloren. Das Gesetz hat dazu geführt, dass in den Kita-Einrichtungen stärkere und größere Gruppen gebildet werden mussten, dass weniger Zeit für Elterngespräche vorhanden ist, dass weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung vorhanden ist und damit weniger Zeit für den Bildungsauftrag. Das Gesetz hat zu überarbeiteten und kranken Erzieherinnen geführt. Und für Kinder mit Behinderungen und solchen, die von Behinderung bedroht sind, ist die Lage nicht besser geworden. Zuschüsse sind weggefallen, viele Kinder müssen - nicht mehr wohnortnah - in zugelassene integrative Kitas gehen, obwohl sie wohnortnah besser untergebracht wären. Andere, die diese Regelung nicht in Anspruch nehmen, die in ihrer wohnortnahen Einrichtung geblieben sind, diese Einrichtungen bekommen keinen höheren Personalschlüssel, der den Bedürfnissen dieser behinderten Kinder angepasst ist. Wie man es dreht oder wendet, meine Damen und Herren, eine entscheidende Stellschraube ist der Personalschlüssel. Bei zu wenig Personal in zu großen Gruppen bleibt weniger Zeit für einzelne Kinder. Ausfallzeiten können kaum kompensiert werden. Erzieherinnen sind überlastet, werden krank, sind ausgebrannt. Die neuen gesetzlichen Vorgaben lassen den Erzieherinnen kaum mehr Chance, das pädagogische und betreuerische Optimum umsetzen zu können.
In zahlreichen Einrichtungen kann nicht einmal mehr die Stufe der Angemessenheit erreicht werden. Eine Umfrage des Thüringer Elternverbandes der Kindergartenkinder, die das belegt, hat Bedenkliches zutage gefördert. Die Beschwerden bei den Erzieherinnen haben bedenkliche Ausmaße angenommen. Ich will Ihnen hier einige Beispiele aufzeigen: 29 Prozent klagen über Rückenschmerzen, 10 Prozent über Kopfschmerzen bis hin zu Migräne, 17 Prozent sind insgesamt unzufrieden und sogar 8 Prozent klagen über das Burnout-Syndrom. Der Krankenstand hat seit Einführung Ihres Gesetzes bei Erzieherinnen um 28 Prozent zugenommen. 91 Prozent aller Erzieherinnen haben nicht genug Zeit für Vor- und Nachbereitung, 83,4 Prozent sagen, dass sie nicht genug Zeit für Elterngespräche haben, 83,9 Prozent der Leiterinnen halten die bestmögliche Förderung der Kinder nach dem Thüringer Bildungsplan für nicht möglich.
Fazit der Umfrage meine Damen und Herren: Die Ansprüche sind gestiegen, die Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert, der Gesundheitszustand der Erzieherinnen ist besorgniserregend. Es herrscht akuter Personalmangel, und das in einem Bereich, in dem sich Erwachsene liebevoll und mit Energie kleinen Kindern zuwenden, sie fördern und bilden und ihnen einen festen Halt im Leben geben sollen und auch wollen. Wenn Sie aber den Thüringer Eltern und Kita-Leiterinnen nicht vertrauen wollen, können wir auch eine aktuelle Umfrage der LIGA zitieren. Diese ist im Dezember 2007 zu dem Schluss gekommen, dass die Personalbemessung den Thüringer Bildungsplan und ein hohes Niveau frühkindlicher Bildung zur Utopie macht. Ich zitiere: „Nach dem Personalschlüssel des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes bleiben für die Vor- und Nachbereitung pro Kind gerade einmal sechs Minuten in der Woche oder 1,2 Minuten pro Tag. Unter diesen Umständen sind die Forderungen des Thüringer Bildungsplans, zum Beispiel nach ganzheitlicher Bildung über den ganzen Tag, nach individueller Planung für jedes Kind, nach Entwicklungsgesprächen und nach einem Qualitätsmanagement nicht einmal ansatzweise zu verwirklichen.“ Bleiben wir einen Moment bei dem Bildungsauftrag der Kindertageseinrichtungen. Die PISA-Studie hat gezeigt, dass in keinem anderen Land die soziale bzw. familiäre Herkunft so sehr über den weiteren Bildungsweg der Kinder entscheidet wie in Deutschland. Der Geldbeutel der Eltern, meine Damen und Herren, und das müssen Sie wahrnehmen, entscheidet über den weiteren Bildungsweg Ihrer Kinder. Das haben Sie schwarz auf weiß mit dieser PISA-Studie bekommen. Das zeigt - und will man das ändern -, dass für die Durchsetzung gleicher Teilhabe an Bildung schon die Kitas und danach die Schulen eine gesellschaftliche bzw. soziale Ausgleichsfunktion wahrnehmen müssen. Dazu müssen die Kitas personell, sächlich und finan
Ich möchte Sie hier auf ein Projekt hinweisen, das Sie auf der Internetseite Ihres Kultusministeriums bewerten, nämlich auf hi.bi.kus. Hinter dieser Abkürzung versteckt sich die Bedeutung „Hirngerechte Bildung in Kindergarten und Schule“ - richtig so. Untersucht wird, wie Kinder möglichst ganzheitlich, individuell und umfassend gebildet werden können, aber auch, wie die Unterstützung aussehen muss, um sie zu selbstbewussten, dem Leben vertrauenden Persönlichkeiten heranreifen zu lassen. Entscheidend bei den Ergebnissen entsprechend der Internetseite von hi.bi.kus sind zwei Aspekte:
1. Kinder müssen möglichst früh so viel Vertrauen zu Menschen fassen, also umfassende Anreize und Angebote erhalten, um sich richtig entwickeln zu können.
2. Wenn ihnen das in ihrem eigenen Elternhaus nicht geboten wird, können sie viel nachholen, wenn sie in eine andere, vertrauensvolle, stabile und anregende Umgebung kommen, also zum Beispiel eine personell gut ausgestaltete Kindertageseinrichtung mit einem guten pädagogischen Konzept.
Erlauben Sie mir, ein paar weitere Sätze zu zitieren aus dem genannten Projekt zum Begriff „Resilienz“. Dieser bedeutet eine gelungene Bildung trotz besonders ungünstiger Bildungsvoraussetzungen. Nun zum eigentlichen Zitat: „Resilientes Verhalten im Falle unsicherer oder desorganisierter Bildung kann sich erst ausprägen, wenn anstelle der Eltern andere Personen in der Umgebung des Kindes, etwa eine Erzieherin oder Lehrerin, dem Kind das Gefühl gibt, wertvoll und willkommen zu sein. Entscheidend ist, dass es mindestens einen Menschen gegeben hat, der an das Kind glaubt und ihm das Gefühl vermittelt hat, ich bin für dich da. Es ist wichtig, dass ein Kind sehr früh im Leben bereits ein Urvertrauen erwirbt, auf das es später in Konfrontationen mit schwierigen Situationen zurückkehren und zurückgreifen kann.“ Ein wesentliches Fazit daraus also: Vernachlässigte und zu Hause nicht unterstützte Kinder gehören früh in eine Kindertageseinrichtung. Diese Kinder gehören gerade nicht, wie Sie das durch die Einführung des Thüringer Erziehungsgeldes gefordert haben, noch ein weiteres Jahr nach Hause. Deswegen haben wir uns auch bewusst gegen Ihr Erziehungsgeld entschieden. Uns geht es im Gegensatz zu Ihnen um gleiche Bildungschancen und darum, Kinder nicht zurückzulassen, auch wenn sie schlechte persönliche Startchancen haben. Wir halten es für eine entscheidende Aufgabe, gleiche Teilhabe für alle, besonders für alle Kinder herzustellen, ob diese nun aus sozial schwachen Familien stammen, ausländische Eltern haben oder ob sie mit einer Behinderung leben müssen. Ent
scheidend ist, dass sie alle die gleichen Chancen zur Teilhabe haben. Deshalb stellt der vorliegende Gesetzentwurf auch das letzte Kita-Jahr beitragsfrei. Alle Kinder sollen so weit wie möglich mit den gleichen Ausgangsvoraussetzungen in die Schule gehen. Ganz konsequent zu Ende gedacht, führt das dann zur Position des gebührenfreien Kindertagesstättenbesuches generell, was wir als LINKE seit vielen Jahren fordern. Das sieht übrigens auch ein Großteil der Eltern so, wie wir das sagen, eine LIGAUmfrage beweist das. 79 Prozent der Eltern sind dafür, dass die Kindertagesstätte beitragsfrei sein soll. Die LIGA befürwortet eine für Eltern kostenneutrale Betreuung, die Kindertageseinrichtungen den Schulen gleichstellen würde. Diese Kostenneutralität dürfe jedoch nicht zulasten der ohnehin schon gefährdeten Qualität von Kindertageseinrichtungen gehen. Entscheidend sei, dass frühkindliche Bildungszugänge nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen dürfen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Öffnungszeiten der Kindertageseinrichtungen, die von vielen Eltern als zu kurz angesehen werden. Laut LIGA-Angaben gehen die Öffnungszeiten der Kitas an den Bedürfnissen der Eltern vorbei. 75 Prozent der Eltern von Kindern in den Kindertagesstätten sind berufstätig. Ein Viertel der Eltern in dieser Umfrage wünscht sich längere Öffnungszeiten und über ein Drittel benötigt eine Betreuungszeit von bis zu zehn Stunden und mehr. Dabei erstrecken sich die gewünschten Öffnungszeiten von 6.00 Uhr am Morgen bis 21.00 Uhr am Abend. Die häufigsten Nennungen mit 61 Prozent lagen bei einer Öffnungszeit morgens ab 6.00 Uhr. 25 Prozent der unzufriedenen Eltern hätten gern wenigstens bis 17.00 Uhr, weitere 50 Prozent bis abends um 18.00 Uhr geöffnet. 95 Prozent der Eltern haben ein Interesse an Öffnungszeiten der Kindertagesstätten von 6.00 bis 19.00 Uhr. Hierfür, meine Damen und Herren, reichen die in Ihrem Gesetz vorgesehenen neun Stunden Öffnungszeit mitnichten.
Aber nicht nur die Öffnungszeiten erschweren die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Rechtsanspruch ab einem Jahr entspricht im größeren Umfang den Bedürfnissen der Eltern. Nach LIGA-Erkenntnissen hat sich mehr als ein Drittel aller Eltern, 38,7 Prozent genau, für eine Betreuung ihrer Kinder im ersten Lebensjahr und fast zwei Drittel, 53,4 Prozent, ab Beginn des zweiten Lebensjahres ausgesprochen. Es wird also höchste Zeit, dass wir hier in diesem Land handeln. Wir haben versucht, eine möglichst realistische Berechnung der Mehrkosten des Gesetzentwurfs vorzunehmen. Es wird Sie nicht wundern, meine Damen und Herren der CDU, dass Ihnen die Zahlen im Großen und Ganzen bekannt vorkommen. Sie decken sich im Ergebnis mit Zahlen und Fakten, wie sie von den Ini
tiatoren des Volksbegehrens schon im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgetragen wurden. Eines ist dabei sicher: Die von Ihnen bzw. der Landesregierung in die Welt gesetzte astronomische Zahl von 100 Mio. € Mehrkosten im Vergleich zur geltenden Regelung entbehrt jeder haushalterischen Grundlage. Außerdem ist bei den Mehrkosten für den Gesetzentwurf ebenso wie für das Volksbegehren zu berücksichtigen, dass vor allem die von der Landesregierung und ihrer getragenen CDU-Fraktion mit dem Familienfördergesetz vorgenommenen Einsparungen wieder ausgeglichen werden.
Jedem sollte hier in diesem Haus die alte Binsenweisheit bewusst sein: „Gute Bildung und Erziehung sind nicht zum Nulltarif zu haben.“ Ich hoffe auf eine ernsthafte und umfassende Beratung des Gesetzentwurfs und erwarte
- Sie haben ja signalisiert, dass Sie gesprächsbereit sind. Ich erwarte aber, dass dieser Gesetzentwurf nicht, wie es schon anderen Initiativen ging, in den Ausschüssen geparkt wird und die Ausschüsse als Parkhaus benutzt werden.
Ich beantrage daher die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als federführenden Ausschuss sowie mitberatend an den Bildungsausschuss, an den Haushalts- und Finanzausschuss, den Gleichstellungsausschuss sowie an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.
Wir möchten an dieser Stelle noch darauf verweisen, über die im Gesetzentwurf genannten Punkte hinaus gibt es für uns noch weitere Kritikpunkte an Ihrem Familienfördergesetz, z.B. bei der Regelung der Frauenförderung. Auch zu diesen Kritikpunkten werden wir weiterhin unsere politischen Aktivitäten entfalten, um nicht nur beim Kindertageseinrichtungsgesetz, sondern auch für andere Bereiche Korrekturen der Familienförderung durchzusetzen.
Meine Damen und Herren der Regierungsfraktion, jetzt sind Sie gefragt. Sie stehen vor der Entscheidung, nehmen wir 23.000 Unterschriften ernst, nehmen wir die Meinung der Praktiker, der Menschen vor Ort ernst oder bleiben wir bei unserer Losung: „Wir wissen, was gut ist.“ Entscheiden Sie sich für Letzteres, meine Damen und Herren, dann wäre Ihnen nicht mehr zu helfen. Aber wir sind von sprü
hendem Optimismus getragen und hoffen, dass die Menschen in diesem Land mit ihren 23.000 Unterschriften auch dafür gesorgt haben, dass bei Ihnen ein Umdenkungsprozess beginnt. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen und sehr verehrter Herr Kollege Kubitzki, vor allen Dingen den Beginn Ihrer Rede möchte ich von meiner Seite aus so nicht stehenlassen und sehe mich doch genötigt, noch einmal an die Grundlagen zu erinnern, auf denen unsere Arbeit, wenn sie erfolgreich hier verlaufen soll, fußt. Es sind schlichtweg die Grundlagen, auf denen eine Demokratie funktioniert. Die Demokratie braucht zunächst einmal, da sind wir uns sicher alle einig, Demokraten. Und diese Demokraten geben sich Regeln, die wir in der Verfassungsdiskussion hier im Thüringer Landtag in der 1. Legislaturperiode diskutiert haben und wo Bedarf war, immer einmal wieder, und sie geben sich Gesetze. Dann lebt eine Demokratie davon, dass man diese Regeln, die man sich gegeben hat, auch akzeptiert und nicht dem jeweiligen politischen Gutdünken anheim stellt. Zu den Regeln, die wir uns mit der Volksgesetzgebung gegeben haben in einem langen Ringen in der vergangenen Legislatur, gehört eben auch, dass man möglichst zu einem frühen Zeitpunkt, und zwar bevor die Sammlung zum eigentlichen Volksbegehren - die hat ja gar nicht stattgefunden - losgeht, vor dem Verfassungsgericht klärt, wenn es Zweifel gibt, ob diese Zweifel berechtigt sind oder ob sie ausräumbar sind. Nichts anderes, nicht mehr und nicht weniger, hat die Landesregierung nach den Regeln, die wir uns selbst gegeben haben, getan. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal klarstellen.
Auf verschiedene einzelne Punkte komme ich im Laufe meiner Rede. Ich will nur auch am Anfang zumindest eines noch mal sagen, weil Sie die Abhängigkeit von sozialer Herkunft und Bildungschancen genannt haben: Natürlich gibt es da Zusammenhänge, aber wir können in Thüringen schon ein wenig stolz darauf sein, und das sage ich auch immer wieder, dass nirgendwo in Deutschland die Herkunft so wenig über die Zukunft entscheidet wie in unserem Land - und das lässt sich eindeutig belegen.
Und dass mit Abstand in Thüringen mehr Schüler einen Abschluss erreichen als in jedem anderen deutschen Bundesland, auch das ist ein Erfolg Thüringer Bildungspolitik.
Nun aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu dem Gesetzentwurf, den die Oppositionsfraktionen hier heute einbringen, ein Gesetzentwurf, das wurde schon deutlich, der nicht ohne Vorgeschichte ist und bis in die Auseinandersetzung um das Thüringer Familienfördergesetz in der Tat im Jahr 2005 zurückreicht. Dieses Gesetz - auch das betonen wir immer wieder und dazu stehen wir - war und ist eines der zentralen Gesetze der Landesregierung und der CDU-Fraktion, die wir gemeinsam im großen Schulterschluss in dieser Legislaturperiode durchgesetzt haben.
Für und Wider sind intensiv immer wieder ausführlich erörtert worden. An keiner Stelle haben wir die Diskussion darüber gescheut. Doch lassen Sie mich zunächst einen kurzen Blick auf diese Vorgeschichte geben, und zwar noch einmal die Ziele benennen, die wir 2005 deutlich herausgestellt haben. Das waren:
1. die Finanzierung der Kindertagesstätten auf eine zukunftsfähige und auch vor allem gerechte Basis zu stellen; kind- statt strukturbezogene Förderung war unsere Systemumstellung, die wir gemacht haben, und zwar orientiert am Bedarf der Familien;
2. die Kommunen bei einer familienfreundlichen Politik zu unterstützen, Stichwort „Infrastrukturpauschale“, die es so vorher nicht gab - ein wirkliches Ergebnis unserer Diskussion, die wir geführt haben, auch mit den Kommunalen;