Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Baumann zu Wort gemeldet. Ich hoffe, dass dann irgendjemand noch die Ausschussüberweisung beantragt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem uns heute zur ersten Beratung vorliegenden Gesetzentwurf „Thüringer Gesetz zur Neuordnung der Durchführung von Widerspruchsverfahren“ haben Sie vom Innenministerium dem Landtag ein Regelwerk vorgelegt, dessen Name eigentlich richtigerweise hätte heißen müssen „Gesetz zur weitgehenden Abschaffung des Widerspruchsverfahrens in Thüringen“, denn immerhin werden Vorverfahren für Verwaltungsakte des Thüringer Landesverwaltungsamts vollständig abgeschafft. Ferner soll es künftig in vielen den Bürger unmittelbar betreffenden Rechtsgebieten wie im Bereich Sicherheits- und Ordnungsrecht, des Waffenrechts, des Melderechts, des Versammlungsrechts und des Bestattungsrechts keine Vorverfahren mehr geben.

Der Ausschluss der Vorverfahren ist laut Artikel 6 Ihres Gesetzentwurfs zwar zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2012, aber dennoch - und das hat mein Vorgänger schon ausgeführt - von enormer Auswirkung. In anderen Ländern, wie Bayern zum Beispiel, wurden, wie schon gesagt, Modellregionen zur Erprobung eingeführt und wir denken auch, dass das der richtigere Weg wäre. Auf drei dieser Auswirkungen und daraus resultierender Probleme möchte ich kurz eingehen.

Zum einen: Wie soll künftig Selbstkontrolle der Verwaltungen möglich sein? Mit der weitgehenden Abschaffung des Vorverfahrens nehmen Sie der öffentlichen Verwaltung die Möglichkeit ihrer eigenen Selbstkontrolle. Ob und wie diese Möglichkeit der Selbstkontrolle in der Vergangenheit effektiv genutzt wurde oder nicht, darüber kann man sicherlich geteilter Meinung sein, aber Fakt ist, die Verwaltung hatte diese Möglichkeit. Nun gehen Sie hin und wollen das Vorverfahren weitgehend abschaffen, weil es nicht effizient genug sei und weil Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und Niedersachsen das auch so machen. In nahezu allen anderen Rechtsgebieten wird aber schon seit einigen Jahren das Wort „Mediation“ als außergerichtliche Konfliktvermittlung, als die Neuentdeckung gefeiert und als präventives Mittel eingesetzt, damit es gar nicht erst zu teuren Gerichtsverfahren kommt. Nur im Verwaltungsrecht, in dem es das Vorverfahren als Mediationsverfahren bereits seit über 40 Jahren gibt, soll es, aus welchen Gründen auch immer, zunächst befristet abgeschafft werden. Das müssen Sie nicht nur uns, sondern auch den Bürgern draußen im Land erklären.

(Beifall SPD)

Zum Zweiten, Aufwands- und Kostengesichtspunkte für die Verwaltung und für die Bürger - zum einen für die Verwaltung: Hier möchte ich eine weitere kritische Bemerkung zum angeblichen Aufwandsargument machen, das für die Abschaffung des Vorverfahrens spricht. Sie schreiben auf der Seite 2 der Begründung des Gesetzentwurfs unter „Allgemeines“: „Mit dem Abbau der Widerspruchsverfahren in den genannten Bereichen wird insgesamt gesehen der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert.“ Drei Seiten weiter in der Begründung zu Artikel 1 § 9 Abs. 1 führen Sie aus: „Hierbei“ - gemeint ist die Ausgangsbescheiderstellung - „ist vorgesehen, alle verwaltungsverfahrensrechtlichen Möglichkeiten in stärkerem Maße zu nutzen, unter anderem durch intensiveren Einsatz des Anhörungsrechts nach § 28 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes... (bei- spielsweise durch nochmalige Kontaktaufnahme mit dem Bescheidadressaten vor Erlass eines ablehnen- den Bescheids, um dem Adressaten persönlich die Versagungsgründe zu erläutern...).“

Ich frage mich: Wo ist hier eine Ersparnis im Verwaltungsaufwand gegeben, wenn Sie einerseits das Vorverfahren abschaffen wollen, andererseits aber die Ausgangsbehörde künftig den nochmaligen persönlichen Kontakt mit dem Adressaten suchen soll. Ein Schuh wird, so meine ich, nur dann daraus, wenn dieser Absichtserklärung aus Ihrem Gesetzentwurf keine Taten folgen. Nur wenn diese nochmalige persönliche Kontaktaufnahme in der Praxis unterbleibt, weil sie gesetzlich gar nicht manifestiert ist, dann ergäbe sich in der Tat eine Ersparnis im Verwaltungs

aufwand. In diese Kerbe schlägt auch der Thüringer Verwaltungsrichterverein in seiner Stellungnahme zu Ihrem Referentenentwurf aus dem letzten Jahr und er führt hierzu aus - ich zitiere: „In diese Richtung scheint auch das in der Gesetzesbegründung mehrfach benannte Qualitätsmanagement für das Ausgangsverfahren zu gehen, wobei es nicht klar ist, wie dieses ausgestaltet werden soll.“ Diese Unklarheiten haben Sie bisher noch nicht ausgeräumt.

Nun zu den Einwänden für die Bürger: Einer der wichtigsten Einwände - und das wurde schon mehrfach gesagt - ist die Abschaffung der Vorverfahren. Das Vorverfahren bezweckt gerade auch den Rechtsschutz des Bürgers. Darauf hat auch der Thüringer Verwaltungsrichterverein in seiner Stellungnahme im letzten Jahr deutlich hingewiesen. Zu der Entscheidung des Bürgers, ob er eine Klage gegen eine Entscheidung der Behörde auf den Weg bringen will, führt der Thüringer Verwaltungsrichterverein aus: „Hier besteht häufig eine erhöhte Hemmschwelle, die den Betroffenen davon abhält, seine ihm zustehenden Rechte wahrzunehmen. Auch verringert sich aus der Perspektive desjenigen, der den Rechtsschutz gegen einen Verwaltungsakt in Anspruch nehmen will, tatsächlich nicht das Kostenrisiko, weil die Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage teurer ist als die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.“

Mit diesem weiteren wichtigen Einwand des Verwaltungsrichtervereins hat sich Ihr Haus aus unserer Sicht nicht auseinandergesetzt. Ich finde in Ihrem Gesetzentwurf jedenfalls keine Überlegungen, wie das tatsächlich Wenige an Rechtsschutz für den Bürger an anderer Stelle kompensiert werden kann. Dementsprechend haben Sie sich auch nicht mit einem Vorschlag des Vereins der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter aus Baden-Württemberg auseinandergesetzt. Dieser Vorschlag enthält in seiner Stellungnahme vom 01.08.2007 - ich zitiere: „Um die Schwelle der Klageerhebung für den Bürger nicht unnötig zu erhöhen, sollte über die Rückgängigmachung einiger Regelungen des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 nachgedacht werden. Insbesondere der Kostenvorschuss bei Klageerhebung sowie die Abschaffung der Möglichkeit, die Klage ohne Anfall von Gerichtsgebühren zurückzunehmen, dürften insoweit auf den Prüfstand zu stellen sein.“

Einen dritten Punkt möchte ich noch anführen zum Vorverfahren als Regel und zur Abschaffung als Ausnahme: Dort ist in Satz 1 bestimmt, dass das Vorverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts die Regel, das Absehen von einem Vorverfahren die Ausnahme darstellt. Wenn nun der Landesgesetzgeber sich an die Arbeit macht und das Vorverfahren in sehr vielen Rechtsgebieten des öffent

lichen Rechts abschafft, so stellt sich die Frage, ob das gesetzliche Leitbild des § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung noch gewahrt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für meine Fraktion sind daher die gerade aufgeworfenen Fragen und Kritikpunkte im zuständigen Innenausschuss weiter zu beraten und unserer Ansicht nach in einer mündlichen Anhörung von Sachverständigen zu diskutieren. Insbesondere hoffe ich, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, im Innenausschuss die zukünftige Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens in Thüringen nicht im stillen Kämmerlein, also nur durch schriftliche Anhörung, ausdiskutieren wollen, sondern eine öffentliche Auseinandersetzung im Rahmen einer mündlichen Anhörung zulassen werden.

Ich bitte für meine Fraktion um Ausschussüberweisung an den Innenausschuss. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter von der Krone zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf regelt bzw. klärt unter anderem das Widerspruchsverfahren im Bereich der Hortkostenbeteiligung und im Bereich der Ausbildungsförderung für Studenten. Das sind sehr sinnvolle Vorschläge, die der Vereinfachung des Widerspruchsverfahrens dienen und die vermutlich unstrittig sein dürften. Kernpunkt des Gesetzes ist aber die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens für nahezu alle Verwaltungsakte, über die das Landesverwaltungsamt entschieden hat und darüber hinaus in einer Vielzahl von Sachgebieten, die ich hier nicht alle aufzählen muss, weil sie jeder in Artikel 1 des Gesetzentwurfs nachlesen kann.

Wenn wir über das Für und Wider der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens reden, sollten wir uns nochmals seine grundsätzlichen Ziele vor Augen halten. Das Widerspruchsverfahren soll dem Rechtsschutz des Widerspruchsführers dienen. Die Widerspruchsbehörde soll ihm also zu seinem Recht im Fall eines gegen ihn gerichteten Bescheids verhelfen. Die Verwaltung soll die Gelegenheit bekommen, Entscheidungen nochmals zu überdenken und gegebenenfalls selbst zu korrigieren. Und schließlich soll das Widerspruchsverfahren die sogenannte Befriedungsfunktion ausüben, indem Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme der Gerichte beigelegt werden.

Jeder, der die Verwaltungspraxis kennt, weiß aber genau, dass es Bereiche gibt, in denen das Widerspruchsverfahren diese Ziele auch hier in Thüringen nicht oder nur ungenügend erreicht, zudem Geld und Zeit kostet und Vorhaben blockiert, indem es Rechts- und Planungssicherheit hinauszögert. Jeder weiß, dass Widerspruchsbehörden oftmals nur noch Durchlaufstationen auf dem Weg zum Gericht sind. Für viele Experten ist das Widerspruchsverfahren daher nur noch ein historisches Relikt. Es ist daher der richtige Weg, das Widerspruchsverfahren dort abzuschaffen, wo seine Nachteile die Vorteile deutlich überwiegen.

Die Landesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf eindrucksvoll die Ergebnisse einer Fallanalyse wiedergegeben. Danach bewegt sich die Anzahl der Widersprüche in den jetzt zur Diskussion stehenden Sachgebieten im niedrigen Prozentbereich. Die Anzahl der zurückgenommenen Bescheide oder erfolgreichen Klagen kann sogar nur noch in Promillewerten beziffert werden.

Thüringen wird mit diesem Gesetz keinen Alleingang praktizieren. Wir können auf die Erfahrungen aus vielen anderen Bundesländern zurückgreifen. Das sollten wir uns in der Ausschussberatung zunutze machen. Ich verweise hier nur auf die Länder Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

In Bayern ist nach Auswertung eines Pilotprojekts am 1. Juli 2007 das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung in Kraft getreten. Danach wurde für Bayern das Widerspruchsverfahren grundsätzlich ohne zeitliche Befristung abgeschafft. In einzelnen Sachbereichen besteht die Wahlmöglichkeit, entweder Widerspruch einzulegen oder unmittelbar Klage zu erheben.

In Nordrhein-Westfalen ist ein entsprechendes Gesetz am 1. November letzten Jahres in Kraft getreten. Prof. Reinhard Klenke, der Präsident des Verwaltungsgerichts Düsseldorf stellt dazu unmissverständlich fest: „Wo es jetzt kein Widerspruchsverfahren mehr gibt, wird es auch nicht vermisst.“ Mit dem Abbau der Widerspruchsverfahren besteht die Chance, dass hier in Thüringen der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert wird und die Verfahren beschleunigt werden. Das ist eindeutig im Interesse der Bürger und der Wirtschaft unseres Landes.

(Beifall CDU)

Für die Betroffenen reduziert sich das Kostenrisiko, weil sie ohne kostenpflichtigen Widerspruchsbescheid direkt vor Gericht ziehen können.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Möglichkeit eröffnet, schnell zu bestands- bzw. rechts

kräftigen Bescheiden zu gelangen. Das ist speziell in den Bereichen mit wirtschaftlichen Auswirkungen von besonderer Wichtigkeit. Die Erfahrungen aus den anderen Ländern zeigen, dass es nicht zwangsläufig zu einer Zunahme der Gerichtsverfahren kommen wird. Die Befristung des Gesetzentwurfs auf knapp fünf Jahre und auch die Pflicht, bereits nach drei Jahren einen Erfahrungsbericht vorzulegen, sollte alle Skeptiker überzeugen, dass hier nicht überstürzt und unbedacht gehandelt wird. Dieser Gesetzentwurf ist ein wichtiger und großer Schritt hin zu einer noch effizienteren bürgerfreundlichen Verwaltung.

(Beifall CDU)

Für meine Fraktion beantrage ich daher die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Es gibt keine weiteren Redeanmeldungen. Seitens der Landesregierung wird auch nicht noch einmal signalisiert, das Wort zu nehmen, so dass ich die Aussprache schließen kann.

Wir stimmen ab über die Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Innenausschuss. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit wird dieses Gesetz im Innenausschuss beraten. Ich kann den Tagesordnungspunkt 6 schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Barrierefreier Tourismus für alle in Thüringen Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2502 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit - Drucksache 4/3675 -

Der Abgeordnete Grob aus dem entsprechenden Ausschuss hat das Wort zur Berichterstattung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Abgeordneten, der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS vom 29. November 2006 „Barrierefreier Tourismus für alle in Thüringen“ mit der Drucksachennummer 4/2502 wurde in der 54. Sitzung am 26. Januar 2007 als Tagesordnungs

punkt 9 aufgerufen. Nach der Begründung durch die Linkspartei.PDS und anschließende Aussprache wurde der Beratungsgegenstand einstimmig an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen. Eine Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit wurde mit Mehrheit abgelehnt.

In der 30. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit am 16. Mai 2007 wurde unter Punkt 4 in nicht öffentlicher Sitzung der Antrag der Linkspartei.PDS aufgerufen. In der Ausschuss-Sitzung einigte man sich darüber, einen bestimmten Kreis mündlich anzuhören. Weiterhin wurde Einvernehmen erzielt, den Tagesordnungspunkt in der nächsten Sitzung am 25. Mai 2007 wieder aufzurufen und dann den Kreis der Anzuhörenden und den Fragenkatalog auf der Basis der von den Fraktionen bis dahin bei der Landtagsverwaltung einzureichenden schriftlichen Vorschläge sowie eine Abstimmung der zuständigen Sprecher festzulegen.

Die Beratung der tourismuspolitischen Sprecher hat am 23. Mai 2007 stattgefunden. Im Ergebnis wurde der folgende Beschlussvorschlag unterbreitet: Der Ausschuss beschließt, zum Antrag in der Drucksache 4/2502 eine öffentliche Anhörung zur Frage durchzuführen, inwieweit aus der Sicht der touristischen Zielgruppe Thüringen gemäß Thüringer Tourismuskonzeption Barrieren in der Nutzung touristischer Angebote bestehen und auf welche Weise diese auch unter Berücksichtigung der im Antrag genannten Schwerpunkte wirksam behoben oder gemildert werden können bzw. wie ein zielgruppenspezifisches Angebot aussehen sollte.

Die Anzuhörenden sollten dabei insbesondere auf folgende Fragen eingehen: Wie ist der Stand der Entwicklung des Tourismus für alle Zielgruppen unter dem Aspekt der Barrierefreiheit einzuschätzen? Welche Barrieren gibt es für welche Zielgruppen? Welchen Stellenwert nimmt die Barrierefreiheit bei der Entwicklung und Vervollkommnung von touristischen Leistungen, Angeboten und Produkten dabei ein? Welche Beachtung findet der Aspekt der Barrierefreiheit in der Arbeit der Leistungserbringer sowie beim weiteren Ausbau des Tourismus in Thüringen? Welche Probleme treten im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Barrierefreiheit im Tourismus in Kommunen, Regionen bzw. landesweit auf? Wie können zielgruppenspezifische Verbesserungen im Hinblick auf Barrierefreiheit erreicht werden? Welche Impulse gingen unter dem Gesichtspunkt der Barrierefreiheit des Tourismus in Thüringen vom InnoRegioProjekt „Barrierefreie Modellregion - Tourismus für alle“ aus? Mit welchen Maßnahmen ist die hier aufgebaute Kompetenz zu sichern und weiter zu verwenden und welchen Beitrag hat der Freistaat Thüringen hier zu leisten? Empfiehlt es sich, den Aspekt

der Barrierefreiheit des Tourismus gegebenenfalls in Bezug auf bestimmte Zielgruppen in der Landestourismuskonzeption zu verankern?

Als Anzuhörende wurden benannt der Gemeinde- und Städtebund Thüringen; Thüringischer Landkreistag; die ARGen der IHKs; Regionalverbund Thüringer Wald; Landessportbund Thüringen; Verband Naturpark Thüringer Wald e.V.; InnoRegio-Projekt „Barrierefreie Modellregion“; Thüringer Tourismus GmbH; Tourismus GmbH Erfurt, Geschäftsführerin Frau Dr. Hildebrand; THÜHOGA, Geschäftsführer Ellinger; Grenzenlos gGmbH, Geschäftsführerin Frau Feicht; Landesseniorenvertretung Thüringen e.V., amtierende Vorsitzende Frau Kolb; Arbeitskreis Thüringer Familienorganisation e.V., Vorsitzende Antje Tillmann; Volkssolidarität, Landesverband Thüringen, Vorsitzender Dr. Frank-Michael Pietzsch; Landesverband für Menschen mit Behinderungen in Thüringen, Vorsitzender Jürgen Pfeffer; Prorektor Prof. Dr. Kugler, Fachhochschule Schmalkalden; Nationale Koordinierungsstelle „Tourismus für Alle“ e.V., Stuttgart, Vorsitzender Johann Kreiterer; Dr. Peter Neumann, Institut für Geographie der Universität Münster. Die Redezeit war hierbei auf 15 Minuten festgelegt. Die Anzuhörenden wurden um die Vorabübermittlung der Stellungnahme gebeten. Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit folgte in der 31. Sitzung am 25. Mai 2007 unter Tagesordnungspunkt 5 in nicht öffentlicher Sitzung dem Beschlussvorschlag in Vorlage 4/1528. Als Termin der öffentlichen Anhörung wurde der 28. September 2007 festgelegt. Es wurde Einvernehmen erzielt, die Redezeit auf maximal zehn Minuten je Anzuhörenden zu begrenzen.

In der 34. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit am 28. September 2007 wurde unter Tagesordnungspunkt 1 die Anhörung in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Sowohl der Gemeinde- und Städtebund Thüringen als auch der Thüringische Landkreistag haben von einer mündlichen Anhörung abgesehen, haben aber jeweils eine schriftliche Stellungnahme eingereicht. Dr. Neumann vom Institut für Geographie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat eine schriftliche Stellungnahme übermittelt und mitgeteilt, dass er an der mündlichen Anhörung nicht teilnehmen könne.

Allgemeiner Tenor war, dass Barrierefreiheit nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für Familien mit Kleinkindern und für Senioren bedeutsam sei. Es wurde weiterhin dargelegt, dass Thüringen bereits über eine Vielzahl barrierefreier Tourismusangebote verfüge, aber es momentan noch an einer ausreichenden Vernetzung und deren Finanzierung mangle. Die schriftlichen Stellungnahmen sind in den Zuschriften 4/896, 4/897, 4/899, 4/909, 4/920, 4/924, 4/925, 4/930, 4/954, 4/974, 4/980 und 4/989 nachzulesen. Wenn das jemand mitschreiben

möchte, wiederhole ich es noch einmal - nur für die, die des Schreibens mächtig sind.

Es ist möglich, es im Protokoll nachzulesen.

Danke. In der 35. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit am 2. November 2007 wurde unter Tagesordnungspunkt 1 in nicht öffentlicher Sitzung die Anhörung ausgewertet. Da man in der Anhörung eine Reihe wichtiger Anregungen, insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung des Begriffs „Barrierefreiheit“ in Richtung Familien und Senioren erhalten habe, wurde vorgeschlagen, noch nicht abschließend über den Antrag in Drucksache 4/2502 zu beraten. Eine informelle Verständigung der tourismuspolitischen Sprecher der Fraktionen über den Entwurf der Beschlussempfehlung wurde angeregt. Hierzu wurde Einvernehmen erzielt. Als Berichterstatter wurde der Abgeordnete Manfred Grob bestellt. In der 36. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Arbeit am 21. Dezember 2007 wurde unter dem Tagesordnungspunkt 1 in nicht öffentlicher Sitzung einstimmig die Annahme des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS in Drucksache 4/2502 in der vorgelegten Neufassung empfohlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit empfiehlt, den Antrag in der Fassung der Drucksache 4/3675 anzunehmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank für diese Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache und rufe als Erstes für die SPD-Fraktion den Abgeordneten Baumann auf.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „eine barrierefrei zugängliche Umwelt ist für etwa 10 Prozent der Bevölkerung zwingend erforderlich, für 30 bis 40 Prozent notwendig und, ich glaube, für 100 Prozent komfortabel“. Dieses Zitat aus der Studie „Ökonomische Impulse eines barrierefreien Tourismus für alle“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zeigt, dass die Bedeutung des barrierefreien Tourismus nicht zu unterschätzen ist. Nach einer im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellten Studie bescheren derzeit rund 3,64 Millionen schwer behinderte Reisende dem deutschen Tourismus immerhin einen Umsatz von 2,5 Mrd. € und sichern damit rund 65.000 Vollzeitarbeitsplätze.