Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Thüringen folgt dem Optionsmodell - wir haben es gehört -, weil das auf die kommunalen Besonderheiten hier im Lande am besten passt. Dieses Optionsmodell bedeutet, dass die Kommunen nicht ver

pflichtet werden, die Doppik verbindlich einzuführen, denn es ist klar, dass dem Effizienzgewinn, der sich aus verbesserten Steuerungsmöglichkeiten ergibt, ein nicht unerheblicher Aufwand bei der Einführung des neuen Haushalts- und Rechnungswesens gegenübersteht. Die Einführung der Doppik soll kein Selbstzweck sein, sondern soll sich durch die besseren Steuerungsmöglichkeiten für die Kommunen auch tatsächlich auszahlen. Die Entscheidung zwischen der Einführung der Doppik und der Beibehaltung der bisherigen Kameralistik kann daher in den Gemeinden im Lande zu unterschiedlichen Lösungen führen. Das müssen wir für eine zeitlich bislang nicht mehr begrenzte Übergangszeit in Kauf nehmen, denn es spielt nicht nur die Größe einer Kommune sowie die Anzahl und Größe ihrer kommunalen Unternehmen eine Rolle bei der Frage, ob auf die Doppik umgestellt werden soll, sondern auch die personellen Ressourcen, die sie in den Umstellungsprozess einbringen kann.

Gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden hat die Landesregierung jedoch alles Nötige eingeleitet, um die umstellungswilligen Kommunen zu unterstützen. So hat das genannte Gemeinschaftsprojekt eine Reihe von Praxishilfen erarbeitet, Muster für Inventurrichtlinien, Zähllisten, Muster vor allen Dingen für die erforderlichen Berechnungen bei der Bewertung des kommunalen Vermögens und ein Leitfaden ist erstellt worden für den Gesamtabschluss, für die Bilanz. Es wurde ferner auch der Fortbildungsbedarf der kommunalen Mitarbeiter für die Umstellung zielgruppen- und adressatengerecht definiert. Auf dieser Grundlage haben der Gemeinde- und Städtebund und der Landkreistag umfangreiche Fortbildungsprogramme entwickelt, die bereits im September dieses Jahres beginnen werden und von den Kommunen zur Qualifikation ihrer Mitarbeiter genutzt werden können, und, ich sage, nicht nur von den Kommunen, sondern natürlich auch von den Kommunalaufsichtsbehörden, die diesen Umstellungsprozess dann begleiten werden. Eine fundierte Fortbildung der Mitarbeiter ist nämlich die Voraussetzung für eine möglichst kostengünstige Umstellung in den Kommunen. Mit der Qualifikation der eigenen Mitarbeiter infolge der Schulung sinkt der Bedarf auch für externe Beratungsleistungen.

Voraussetzung für den Erfolg der Umstellung auf die Doppik ist aber, dass nicht nur schlicht die Rahmenbedingungen jetzt geschaffen werden und die Leitfäden, die erarbeitet worden sind, umgesetzt werden, sondern es findet ein Systemwechsel statt. Dessen muss man sich in jeder Kommune bewusst sein und den muss man mitgehen wollen, Systemwechsel im Sinne einer Umstrukturierung der kommunalen Verwaltungen auch und gerade im Hinblick auf die Produktorientierung ihrer Leistungen. Dahinter steckt eine Menge Arbeit, auch Überzeugungsarbeit, denn so

wohl die politischen Gremien in den Kommunen als auch die Mitarbeiter selbst müssen auf diesem Wege mitgenommen werden, sonst nutzt die schönste Doppik und das schönste Gesetz nichts.

Das neue Haushalts- und Rechnungswesen wird die Effizienz in den Kommunalverwaltungen nur erhöhen, wenn es für eine verbesserte Steuerung bei der Erstellung der kommunalen Dienstleistungen auch tatsächlich genutzt wird. Erst durch diesen Systemwechsel zu einer, wie man so schön sagt, produkt- und outputorientierten Verwaltungssteuerung werden die Kommunalverwaltungen zielorientiert, effizient und kostengünstig gestaltet werden können. Kurzfristige Erfolge, auch das muss man fairerweise sagen, insbesondere im Sinne einer Haushaltseinsparung, sind von der Umstellung auf die Doppik nicht zu erwarten. Darüber sind sich die Fachleute auch einig und das ist auch nicht unbedingt das erste Ziel dieser Operation.

Es wird gewisse Zeit in Anspruch nehmen, bis die Kommunen, die sich für die Umstellung entscheiden, die Effizienzgewinne einfahren können. Dazu gehört auch, dass das neue Finanzwesen dazu beitragen kann, finanzielle Spielräume zu erweitern oder wiederherzustellen durch Transparenz, indem es nämlich die tatsächliche Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage der Kommune sichtbar macht.

Mit der kommunalen Doppik erhalten die Kommunen, wenn man so will, ein Betriebssystem. Die periodengerechte Zuordnung des Aufwands und des Ertrags verhindert zudem, dass finanzielle Lasten in die Zukunft verschoben werden. Das Neue Kommunale Finanzwesen bedeutet daher auch die Umsetzung von Generationengerechtigkeit in der kommunalen Haushaltswirtschaft.

Die Kommunen haben nun zu prüfen, ob und wann die Einführung des kommunalen doppischen Haushalts- und Rechnungswesens unter Berücksichtigung ihrer konkreten Gegebenheiten sinnvoll und der damit verbundene Aufwand gerechtfertigt ist. Nicht alle Kommunen haben die personellen Ressourcen für ein solch ambitioniertes Vorhaben. Ergibt die Abwägung der einzelnen Kommune, dass die Voraussetzungen nicht oder noch nicht gegeben sind, so kann die Kommune die Kameralistik erst mal fortführen. Vergleichbare Regelungen gibt es im Übrigen auch bereits in Bayern und in Schleswig-Holstein.

Meine Damen und Herren, neben der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzwesens enthält der Gesetzentwurf auch einige Änderungen der Thüringer Kommunalordnung, die wir sicherlich in den Ausschussberatungen noch eingehend erörtern wollen. Ich möchte nur auf die Änderung des § 120 der Thüringer Kommunalordnung hinweisen, hier aber jetzt nicht näher darauf eingehen.

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Weichen stellt für die Modernisierung eines zentralen Bereichs der Kommunalverwaltungen. Es handelt sich um ein sehr komplexes Werk, wir haben es, glaube ich, im Laufe der Debatte gesehen. Ich denke aber, dass wir Ihnen insbesondere aufgrund der frühzeitigen und intensiven Einbindung der kommunalen Seite einen Gesetzentwurf vorlegen können, der insgesamt rund ist, und ich freue mich auf die Beratungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Schwacher Beifall von der CDU.)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall.

Dann ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall.

Die Federführung soll beim Innenausschuss liegen. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Federführung beim Innenausschuss. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5.

Ich rufe nun auf gemeinsam die Tagesordnungspunkte 6 und 27, da wir bei der Feststellung der Tagesordnung beschlossen haben, beide Beratungsgegenstände gemeinsam zu beraten.

Thüringer Gesetz zum Erlass und zur Änderung bibliotheks- rechtlicher Vorschriften - Thü- ringer Bibliotheksrechtsgesetz (ThürBibRG) - Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3956 - ERSTE BERATUNG

Thüringen liest: Treffpunkt Bibliothek Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/3921 -

Mir ist angekündigt worden, dass der Abgeordnete Schwäblein für die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs nimmt. Bitte, Herr Abgeordneter Schwäblein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Gäste, oftmals macht erst der Verlust von Sachen deutlich, welchen Wert sie für uns besitzen. So ist auch der Brand der Anna Amalia Bibliothek für uns immer Mahnung, mit dem Kulturgut, das uns von unseren Altvorderen überlassen wurde, verantwortungsvoll umzugehen. Der Verlust dieser wertvollen Buchbestände hat noch mal die Bedeutung von Bibliotheken in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. An dieser Stelle ist dem Bundespräsidenten besonderer Dank zu sagen, dass er bei der Wiedereinweihung mit einer sehr, sehr in die Tiefe gehenden Rede die Bibliotheken als Ganzes und die historischen Bibliotheken insbesondere gewürdigt hat.

Wir haben uns damals schon vorgenommen, einen Gesetzentwurf für Bibliotheken auf den Weg zu bringen. Ursprünglich war vorgesehen, dass eventuell der Gesetzentwurf des Bibliotheksverbandes gemeinsam von den Fraktionen eingebracht werden könnte. Die Opposition hat die nötige Zeit nicht abwarten können, hat sich dann allein entschieden, mit einer geringfügigen Ergänzung den Entwurf des Bibliotheksverbandes einzubringen.

Wir haben damals schon erklärt, dass wir die Arbeit der Enquetekommission des Bundestages „Kultur in Deutschland“ soweit würdigen, dass wir den Abschlussbericht abwarten, um auch daraus noch Erkenntnisse zu ziehen. Das ist Anfang Dezember geschehen - Sie konnten es nicht abwarten, Herr Döring - und wir haben mithilfe der Verbände, insbesondere des Bibliothekarsverbandes, den Ursprungsentwurf weiterentwickelt. Der Gesetzestext sieht schlanker aus und er ist es auch. Die sonst übliche Prosa ist in die Begründung verlagert worden. Diese schlanke Herangehensweise gibt die Gewähr dafür, dass dieser Gesetzestext lange Zeit aktuell bleiben wird. Er geht insbesondere darauf ein, dass es heute viele verschiedene Formen der Medien gibt, in gedruckter Form, in Form elektronischer Datenträger, aber auch insbesondere in nicht körperlicher Form. Er ist insoweit deutlich moderner als der Ursprungsentwurf und er ist als Artikelgesetz angelegt, weil er auch die Bereiche tangiert, die über das originäre Bibliothekswesen hinausgehen, aber

trotzdem mit Bibliotheken zu tun haben, hier das Pressegesetz, das Archivgesetz und das Hochschulgesetz. Insoweit finde ich es gut und richtig, dass wir jetzt wahrscheinlich auf der Zielgerade sind mit dem ersten Bibliotheksgesetz in Deutschland und ich bin mir sicher, dass Sie alle in der Anhörung, die wir noch beantragen werden nachher in der Diskussion, kräftig daran mitwirken werden und besser als bisher bei Ihren bis jetzt bekannt gewordenen Äußerungen, dass dieses Gesetz dem Kulturland Thüringen gut zu Gesicht steht und ein Erfolg wird.

(Beifall CDU)

Anmeldungen zur Begründung des anderen Antrags liegen mir nicht vor. Damit eröffne ich die Aussprache und das Wort hat Abgeordneter Döring, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Schwäblein, der Berg kreißt und gebiert ein Mäuslein, an diese schöne Redensart fühle ich mich erinnert, wenn ich mir Ihren Entwurf anschaue. Das dabei entfaltete Medientamtam kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Initiative, wenn wir sie als Ergebnis - wie Sie es eben dargestellt haben - eines offenbar monatelangen Ringens der Mehrheitsfraktion mit der Materie wirklich ernst nehmen, doch recht mager ausfällt. So liest sich die Vorlage über weite Strecken wie ein erneuter Aufguss des Gesetzentwurfs, den ja beide Oppositionsfraktionen vorgelegt haben. Wir haben sehr wohl immer gesagt, dass wir die Vorlage, die der Bibliotheksverband erarbeitet hat, mit einigen Veränderungen übernommen haben. Insofern hatten wir Sie immer eingeladen, dort mitzuwirken. Sie haben das damals abgelehnt.

Meine Damen und Herren, in Ihrer Vorlage sind genauso wie in der bisherigen Vorlage die Regelungen zur allgemeinen Zugänglichkeit von Bibliotheken geregelt. Zu den unterschiedlichen Aufgabenspektren von öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken finden sich teilweise sogar die identischen Formulierungen. Im Entwurf der Oppositionsfraktionen ist das schon im Vorfeld so beschrieben. Ebenso ist dort bereits die Rede von der Bedeutung der Bibliotheken als Teil des kulturellen Erbes im Freistaat sowie bei der Vermittlung von Bildung, Kultur und Medienkompetenz. Wofür also der ganze Aufwand einer konkurrierenden Initiative, frage ich mich, die den von uns vorgelegten Entwurf in weiten Teilen referiert. Nur um sich selbst wieder einmal als Initiator sämtlicher Landtagsbeschlüsse präsentieren zu können, nur um aus dem von uns vorgeschlagenen Gesetzestitel „Bibliotheksgesetz“ ein „Biblio

theksrechtsgesetz“ machen zu können? Meine Damen und Herren, das hätten Sie auch mit ein paar Änderungsanträgen erreichen können. Stattdessen halten Sie uns monatelang hin mit Ihren Ankündigungen, Sie werden einen eigenen Gesetzentwurf erarbeiten, der deutlich über die Oppositionsinitiative hinausweise. Wenn ich mir ansehe, was Sie da auf der Basis des von uns vorgelegten Gesetzentwurfs erarbeitet haben, dann kann ich wirklich keinen qualitativen Fortschritt erkennen.

Aber nicht nur das, diese Initiative ist in einem zentralen Punkt auch noch im hohen Maße ärgerlich. Damit meine ich die Bestimmungen, die Sie in § 5 zur Finanzierung kommunaler Bibliotheken formuliert haben. An dieser einzigen Stelle weicht Ihre Vorlage substanziell tatsächlich von unserem Gesetzentwurf ab, aber nicht im Sinne einer qualitativen Weiterentwicklung, sondern einer bloßen Festschreibung des derzeitigen unzureichenden materiellen Status quo.

Während in unserem Entwurf in § 9 ausdrücklich ein jährlicher Landeszuschuss für die öffentlichen Bibliotheken benannt wird, heißt es bei der CDU lediglich, dass die Landesförderung für diese Einrichtung durch die Bereitstellung der KFA-Schlüsselmasse abgegolten sei. „Abgegolten“, meine Damen und Herren, diesen Begriff muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Denn hier beweist die CDU tatsächlich erstaunliche Kreativität. Sie versucht nämlich, eine eigentlich unhaltbare materielle Situation durch wirkliche Formulierungen zu einer Art Normalzustand zu verklären. Erinnern wir uns: Mit dem Landeshaushalt 2008/2009 hat die Mehrheitsfraktion eine faktische Streichung der bisherigen Landeszuschüsse für öffentliche Bibliotheken durchgesetzt, denn diese Mittel sind nur zum Teil in der insgesamt viel zu geringen KFA-Schlüsselmasse ausgestattet. Bei den kommunalen Bibliotheken dürfte daher an Landesgeldern aus dem KFA künftig so gut wie nichts mehr ankommen. Trotzdem müssen sich die Einrichtungen, so suggeriert es die CDU, glücklich schätzen, denn auch wenn sie keinerlei Landesmittel mehr erhalten, sind ihre Ansprüche an den Freistaat doch voll und ganz abgegolten.

Meine Damen und Herren, wir tragen so etwas nicht mit. Wir sind nicht bereit, den von der Mehrheitsfraktion zu verantwortenden faktischen Rückzug des Landes aus der Verantwortung für Bibliothekswesen auch noch in den Gesetzesrang zu erheben. Die Initiative zu einem Thüringer Bibliotheksgesetz ist doch gerade vor dem Hintergrund der seit Jahren völlig unbefriedigenden finanziellen Situation des Bibliothekswesens im Freistaat entstanden. Dieser Tatsache muss man sich doch stellen, meine Damen und Herren von der CDU. Das Warten auf Ihren

Gesetzentwurf hat sich also nicht gelohnt und das betrifft auch noch einen anderen Punkt.

Kollege Schwäblein hat ja auch hier gerade wieder erklärt, seine Fraktion wollte die Ergebnisse der vom Bundestag initiierten Kultur-Enquetekommission in die eigene Vorlage einfließen lassen. Davon kann ich aber in Ihrer Vorlage, Kollege Schwäblein, nichts erkennen. Im Schlussbericht des Enquete-Expertengremiums heißt es: „Die Enquete-Kommission empfiehlt den Ländern, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden.“

Mit dieser Empfehlung geht die Enquetekommission deutlich über die Formulierungen auch unseres Gesetzentwurfs hinaus. Ich will das gar nicht verschweigen. Ich habe damit aber gar kein Problem, denn unsere Vorlage war zeitlich vor dem Schlussbericht der Enquetekommission entstanden. Eine Pflichtaufgabe findet sich in unserem § 3 folglich nicht. Hätte die CDU die Kommissionsempfehlung also tatsächlich aufgenommen, hätte es zu einer entsprechenden Präzisierung der von uns vorgeschlagenen Passage kommen müssen. Dem ist aber mitnichten so. Stattdessen wird gleich zu Anfang in § 1 der CDU-Vorlage betont, dass es sich bei der Unterhaltung einer öffentlichen Bibliothek um eine freiwillige Leistung handele. Ihrer eigenen Maßgabe, die Resultate der Kultur-Enquetekommission in Ihre Arbeit aufzunehmen, sind Sie also überhaupt nicht nachgekommen, Herr Schwäblein. Das ist natürlich für mich ziemlich enttäuschend, denn ich kann für meine Fraktion erklären, dass wir zur gesetzlichen Festschreibung einer solchen Pflichtaufgabe durchaus bereit sind, zumindest dann, wenn sich im Gesetzestext auch eine Verpflichtung des Landes zur finanziellen Unterstützung der Kommunen bei der Bewältigung der neuen Pflichtaufgabe findet. Mit einem bloßen Hinweis, das sei materiell schon irgendwie abgegolten, kommen wir da natürlich nicht weiter.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass die SPD in der CDU-Vorlage keine Weiterentwicklung des von der Opposition vorgelegten Gesetzentwurfs erkennen kann. Vieles von dem, was die Mehrheitsfraktion da zu Papier gebracht hat, findet sich bereits im Gesetzestext der Oppositionsfraktion. An zentraler Stelle im Hinblick auf die Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken belässt es die CDU hingegen nicht beim bloßen Referieren bekannter Formulierungen. Hier kommt es zu einer deutlichen Verschlechterung der von uns vorgeschlagenen Regelung, denn das Land wird faktisch aus seiner Verantwortung für das Thüringer Bibliothekswesen entlassen. Des Weiteren hat die ausdrückliche Empfehlung der Kultur-Enquetekommission zur Wichtigkeit eines öffentlichen Bibliotheks

angebots bei Ihnen keinerlei Resonanz gefunden. Das alles macht Ihre Vorlage in der jetzigen Form für meine Fraktion inakzeptabel. Der Kollege Seela hat sich in der Presse am 03.04. zu der vollmundigen Bemerkung hinreisen lassen: „Unsere Vorlage ist so gut, dass ihr auch die Opposition beipflichten kann.“

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: Gehofft, die Hoffnung stirbt zum Schluss.)

Diese Äußerung, Kollege Schwäblein, kann ich nur als verspäteten Aprilscherz werten.

Meine Damen und Herren, ich halte es für richtig und wichtig, dass in einer Zeit, die oft von Banalisierung und Oberflächlichkeit gekennzeichnet ist, ein klares Signal auch vom Land gesetzt wird. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass die öffentliche Hand ihre Bibliotheken kaputt spart. Die Chancengleichheit beim Zugang zur Information ist wesentlicher Indikator für die Funktionsfähigkeit einer Demokratie. Den Bibliotheken fällt dabei die wichtige Aufgabe zu, Informationen und Zugang zum Wissen für alle zu garantieren. Natürlich können wir dabei nicht ausblenden, dass es bei der Finanzkraft der Träger große Unterschiede gibt. Hier ist natürlich auch das Land in der Pflicht, dabei zu helfen, solche regionalen Diskrepanzen, vor allem, wenn es sich um die bibliothekarische Versorgung des ländlichen Raums handelt, auszugleichen. Deshalb müssen wir sehr wohl über die Verankerung der Bibliothek als Pflichtaufgabe der Kommunen als auch über die Finanzierungsmodalitäten und die Verantwortung des Landes in den Ausschüssen intensiv beraten. Dabei sollte uns ein Satz von Hilmar Hoffmann zu denken geben, der sagte: „Indolente Politiker, die Bibliotheken sterben lassen oder dies nicht verhindern, verspielen ihre Legitimation als Interessenvertreter ihrer Wähler, denn sie berauben diese der Chance, sich für den Lebenswettbewerb zu qualifizieren.“

Meine Damen und Herren, besser wissen, gut machen, das wäre, Kollege Schwäblein, in diesem Zusammenhang keine schlechte Kombination.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einige Sätze zum CDU-Antrag „Thüringen liest: Treffpunkt Bibliothek“ sagen. Die mit dieser Vorlage verbundene Aufforderung an die Landesregierung, die vom Deutschen Bibliotheksverband initiierte bundesweite Bibliotheksaktionswoche im Oktober zu unterstützen und zu fördern, kann ich ohne Weiteres mittragen. Gerade vor dem Hintergrund der schon erwähnten prekären materiellen Situation der öffentlichen Bibliotheken im Freistaat ist es wichtig, die enormen Leistungen dieser Einrichtungen in der Bildung, Kultur und Medienkompetenzvermittlung ins Licht der Öffentlichkeit zu

rücken. Wenn die Landesregierung das im Rahmen der Bibliotheksaktionswoche unterstützt, umso besser. Ich habe aber auch die Erwartung, dass es dann nicht nur zu den üblichen blumigen Reden des Ministerpräsidenten bzw. des Kultusministers kommt, sondern dass sich die Regierungsmehrheit endlich zu ihrer Mitverantwortung für eine ausreichende Finanzausstattung des Thüringer Bibliothekswesens bekennt. Für uns heißt das: Wir brauchen ein Landesbibliotheksgesetz, das diesen Namen auch verdient, also mit ganz konkreten Verantwortungszuweisungen an die Landesebene. Die faktische Streichung der Landeszuschüsse für die öffentlichen Bibliotheken muss rückgängig gemacht werden. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordnete Dr. Klaubert, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich beginne einmal mit dem zuerst eingereichten Antrag mit der Drucksachennummer 4/3921, bevor ich etwas zum Bibliotheksrechtsgesetz sage. Als uns der Antrag erreichte, in dem so schlicht zu lesen ist, dass die Landesregierung aufgefordert wird, in Zusammenarbeit mit den Bibliotheken und den Verbänden des Bibliothekswesens in Thüringen die für den 24. bis 31. Oktober 2008 geplante Kampagne „Deutschland liest: Treffpunkt Bibliothek“ zu unterstützen und zu fördern, habe ich gedacht: Was soll das? Wäre dies ein Antrag der Oppositionsfraktionen gewesen, hätten Sie gesagt, so etwas brauchen wir nicht, so etwas tun wir sowieso und die Landesregierung steht immer an der Seite derjenigen, die Initiativen in diesem Lande zum Ausdruck bringen. Der zweite Gedanke war etwas spöttischer und einige meiner Kollegen haben mich dann auch ein bisschen in diese Denkrichtung gebracht: Sollen wir an diesem Tag vielleicht Mike Mohrings Bilderbuch von Paul und Paula ausmalen,

(Beifall DIE LINKE)

anstatt für eine ausreichende Ausstattung der Bibliotheken mit neuen und auch wertvollen Büchern zu sorgen?

Zum Glück fand ich aber in der Begründung dieses Antrags zwei wichtige Bestandteile, nämlich einmal, dass der 24. Oktober als Tag der Bibliotheken aus dem Grund ausgerufen wurde, weil am 24. Oktober 1828 in Großenhain eine Schulbibliothek für Lehrer und Schüler eingerichtet wurde, die 1832 zur ersten deutschen Stadtbibliothek erweitert werden konnte.

Heute haben wir leider den umgekehrten Prozess, dass öffentliche Bibliotheken, insbesondere in Stadtteilen oder in kleineren Gemeinden zurückübertragen werden, z.B. an Vereine oder an ehrenamtliche Initiativen, so dass wenigstens in den Stadteilen das Leseangebot noch unterbreitet werden kann. Von einer umfangreichen und umfassenden bibliothekarischen Versorgung kann man dort nicht mehr sprechen.