Protokoll der Sitzung vom 11.04.2008

Meine Damen und Herren, auch im vergangen Jahr 2007 stiegen die Arzneimittelausgaben weiter an, und zwar auf 28,1 Mrd. €. Das entspricht einem Zuwachs von 6,4 Prozent zum Jahr 2006. Ein Grund dafür ist, dass viele Impfungen von Satzungs- zu Pflichtleistungen der Krankenkasse wurden, was für die Versicherten ohne Frage positiv zu bewerten ist. Herr Minister Zeh hat darauf hingewiesen, dass gerade wir in Thüringen z.B. bei der Zeckenimpfung einen sehr guten Durchimpfungsgrad haben. So haben die Kosten für Einfachimpfstoffe um 552 Mio. € auf 1 Mrd. € zugenommen. Ein weiterer Grund für die Kostensteigerung ist aber die höhere Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Das bedeutet satte 683 Mio. € Zusatzkosten für die gesetzliche Krankenversicherung. Der Finanzminister freut sich über die Einnahmen für die Staatskasse, die er - und dabei bleibe ich - der Versichertengemeinschaft entzieht. Ich habe das immer „Beitragsklau“ genannt; es gibt Länder, die haben überhaupt keine Mehrwertsteuer auf verschreibungspflichtige Medikamente usw. Ich glaube, das ist nicht eine Frage, das ist ein politischer Ansatz, wie man im Grunde genommen an der Stelle miteinander umgeht. Wir werden nicht müde, zu sagen, dass man darüber nachdenken muss. Es gab ja schon oft die Beispiele und es wird auch in den Medien und überall propagiert, wir haben für Hundefutter, für Blumen, etc. 7 Prozent Mehr

wertsteuer, jetzt habe ich gelesen, sogar für Pornohefte usw. Also man sollte hier doch mal ernsthaft an die Diskussion ethisch-moralisch herangehen und nicht nur fiskalisch.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, bei dieser von mir benannten finanziellen Entwicklung verwundert es nicht, dass Experten von einer Beitragserhöhung für das laufende Jahr von bis zu 15,5 Prozent ausgehen. Die Krankenkassen wollen sich angesichts des nahenden Gesundheitsfonds ab 2009 natürlich gute Startchancen verschaffen, um nicht marktbereinigt als Wettbewerber zu verschwinden.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie fragen, was hat DIE LINKE gegen Rabattverträge? Jetzt komme ich zu dem, was Sie gesagt haben: Nennen Sie uns doch einmal einige der Instrumente, die eingeführt worden sind, um Arzeneimittel zu sparen, dann können Sie auch darauf reagieren. Das will ich jetzt tun. Also was haben wir gegen Rabattverträge? Sie beleben natürlich, das ist wahr, das Geschäft und drücken unter Umständen die Preise; so eine weitverbreitete Meinung. Nur, meine Damen und Herren, weil sie weitverbreitet ist, muss sie ja nicht automatisch richtig sein. Das Gesundheitswesen ist ein besonders sensibler Bereich, der nicht ohne Folgen mit Instrumenten des Marktes überzogen werden kann. Es sei denn, man will gezielt die soziale solidarische Krankenversicherung schwächen oder zerschlagen. Rabattverträge sind ein Schritt mehr in die Richtung einer Veränderung der gesetzlichen solidarischen Krankenversicherung.

Dass hier schon ein ganzer Weg beschritten wird, zeigt folgende Tatsache: Mit Stand vom September 2007 haben die Krankenkassen bundesweit 7.546 Rabattverträge für über 20.500 Arzneimittel abgeschlossen. Ich frage Sie ernsthaft, meine Damen und Herren, welche Arztpraxis, welcher Arzt kann diese Fülle allein von Rabattverträgen überschauen? Denn praktisch heißt das ja, der Arzt muss wissen, welche Krankenkasse hat zu welchem Arzneimittel einen Rabattvertrag abgeschlossen und, meine Damen und Herren, was sind die Auswirkungen dieses Vertragsdschungels? Da sage ich „Vertragsdschungel“, weil Sie sagten, Abbau von Bürokratie. Auch hier ist ein Feld, wo man Bürokratie abbauen kann. Da schreibt das Magazin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, die BAGSO, ich zitiere: „Non Compliance: Der stumme Boykott der Patienten.“ Non-Compliance-Patienten, das ist der internationale Begriff für ein weltweites Problem. Es geht nämlich um das Problem des Mangels an Therapietreue. Der finanzielle Schaden vom Mangel an Therapietreue wird auf 10 Mrd. € jährlich geschätzt. Rabattverträge,

meine Damen und Herren, befördern diese Entwicklung, da können Sie drum herumreden, wie Sie wollen. Neue Medikamente - ich komme nachher noch darauf - sind gerade für Chroniker und Mehrfachkranke ein Riesenproblem. Mit den Rabattverträgen nehmen nämlich die Risiken und Nebenwirkungen und damit vor allem auch die Kosten zu. Es wird das Gesundheitssystem insgesamt belastet. Es wird der Patient mit rabattierten Arzeneimitteln und deren Nebenwirkungen belastet und es wird der Arzt in seiner Therapiefreiheit eingeschränkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kritisch ist auch die Aut-idem-Regelung - Sie sagten es schon, Herr Minister Zeh, das Gleiche oder dasselbe - zu sehen. Es ist eben nicht dasselbe, das Gleiche wäre das bessere Wort. Der Arzt bestimmt auf dem Rezept eben nicht mehr das Medikament an sich, sondern er kann nur noch den Wirkstoff, die Wirkstärke und die Darreichungsform angeben und der Apotheker darf nicht, er muss dann möglichst ein preisgünstigeres Arzneimittel auswählen. Vor allem ältere Patienten sind verunsichert, wenn ihre Tabletten eine andere Farbe oder Form haben. Aber es geht gar nicht um die Farbe oder Form, vor allen Dingen aus pharmazeutischer Sicht ist ein Austausch von Medikamenten von jetzt auf nachher oft mehr als problematisch. Kritisch sind beispielsweise schlecht lösliche Arzneistoffe, wie Diabetismittel, Blutdrucksenker oder das Magenmittel Omeprazol.

Das Gut Gesundheit, meine Damen und Herren, ist eben nicht ein gesundheitstechnologisch herstellbares Produkt. Es ist weder ein ökonomisches Gut noch ist es vermarktungsfähig. Folge solcher gesetzlichen Regelungen wie Aut-idem und Rabattverträge sind, dass sich das Arzt-Patienten-Verhältnis verschlechtert. Es wird zunehmend zu einem wirtschaftlichen Zwangsverhältnis Arzt-Patient mit selektivem Charakter. So werden Versicherungs- und Sozialstatus heute wichtiger denn je für Patienten, wenn sie eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Anspruch nehmen wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Sich vor dieser Tatsache die Augen zu verschließen bedeutet, nicht wahrnehmen zu wollen, wie tief Rationierung im deutschen Gesundheitswesen bereits greift.

Meine Damen und Herren, die Rabattverträge sind noch unter einem anderen Aspekt zu sehen. Bereits im Oktober 2007 hat die EU-Kommission ein Mahnschreiben an die Bundesrepublik geschickt. In dem Schreiben wurde sie aufgefordert, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, dass Rabattverträge nach § 130 a SGB V gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Sehr geehrte Damen und Herren,

wir alle wissen, dass Mahnschreiben der erste Schritt für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 EG-Vertrag ist. Mit der neuen Gesundheitsreform können nun nach § 130 a SGB V die gesetzlichen Krankenkassen mit pharmazeutischen Unternehmen Rabatte für Arzneimittel abschließen. In der Praxis gibt es dabei aber erhebliche Unterschiede zwischen den Kassen, da die gesetzliche Regelung keine Aussagen zu den Modalitäten des Abschlusses von Verträgen enthält. Eine europaweite Ausschreibung der Rabattverträge wurde - Gott sei Dank, sage ich - bis heute noch von keiner Kasse vorgenommen, aber genau das bemängelt eben die Europäische Union. Nach ihrer Auffassung sind die gesetzlichen Krankenkassen noch Einrichtungen des öffentlichen Rechts in Deutschland und damit öffentlicher Auftraggeber. Allerdings - und darauf hat die EU-Rechtsprechung hingewiesen - besteht bei Aufnahme von Elementen der privaten Krankenversicherungen in die gesetzliche Krankenversicherung die Gefahr, dass Krankenkassen unter den Unternehmensbegriff des EU-Wettbewerbsrechts fallen und damit das Kollektivvertragssystem hinfällig wird.

Die letzte Gesundheitsreform befördert genau diese Entwicklung. Ich nenne nur die Beispiele Kostenerstattung, Selbstbehaltregelung, die Rabattverträge usw. Das bedeutet nichts anderes als die Zerstörung der sozialen und solidarischen Krankenversicherung. Das hätte unabsehbare Folgen für die Sicherstellung medizinischer Vorsorgeleistungen. Deshalb wird meine Fraktion nicht müde, auf diese Gefahren hinzuweisen und lehnt Elemente des Marktes im Gesundheitswesen ab.

(Beifall DIE LINKE)

Die Reduzierung des Gesundheitswesens auf eine Wirtschaftsbranche und der Arzt-Patient-Beziehung auf eine Anbieter-Konsumenten-Begrifflichkeit, ist kein tragbares und zukunftsfähiges Projekt, jedenfalls nicht für uns LINKE.

Übrigens, meine Damen und Herren, da die Kassen keine exakten Angaben zu den Einsparungen durch die Rabattverträge machen wollen - nicht nicht können, sondern nicht wollen -, wurde zum Jahresende - Herr Minister Zeh hatte es ebenfalls genannt - das Malus-System für die Ärzte aufgehoben. Ärzte erwartet somit keine Sanktion seitens der Kassen, wenn sie nicht für das vergangene Jahr ausschließlich rabattierte Medikamente verordnet haben. Es gehört nämlich heute schon für jeden Arzt relativ viel Mut dazu, das Kreuz dahin zu machen und zu begründen, dass dieser Patient eben aus dem Grund das Medikament von der Firma haben muss. Ich habe es in meiner eigenen Familie erlebt. Mein Mann hat zwei Operationen, er ist mehrfach krank und die

ses Theater halte ich wirklich nicht für zukunftsweisend und auch nicht für sozial.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sehen in dem überregulierten Arzneimittelmarkt und der Ökonomisierung des Gesundheitswesens, dass zunehmend das Arzt-Patienten-Verhältnis belastet wird. Mehr denn je hat der Arzt nicht als Arzt, sondern mehr als Unternehmer und Betriebswirt zu entscheiden, welche Therapie und welches Medikament er verordnen kann bzw. noch darf. Dies hat zur Folge, dass er unter Beachtung aller Arzneimittelregelungen, so er sie noch überschaut, Patienten neuen Risiken aussetzt. Wie heißt es so schön in der Pharmawerbung, wenn man den Fernseher anmacht: Bei Risiken fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Nur so einfach ist die Sache bei den vom Arzt verordneten Medikamenten mit den neuen Risiken nicht und vor allem nicht für Chroniker und Mehrfachkranke. Für sie ist z.B. die Verträglichkeit oder Unverträglichkeit von Medikamenten untereinander eine lebenswichtige Angelegenheit und da wissen wir teilweise, dass es Riesenprobleme im Moment gibt. In der Sprache des Rechts wird in solchen Fällen - ich mache es mal ganz scharf und provokant - von Körperverletzung gesprochen. Da kann oder muss man schon die Frage aus ethischmedizinischen Gründen stellen: Wo fängt die Körperverletzung an? Wer haftet - der Arzt oder der Gesetzgeber?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, notwendig ist zweifelsohne eine Regulierung des Arzneimittelmarkts. So führt die freie Preisbildung - das hatten Sie auch schon angesprochen, Herr Minister Zeh - auf der Herstellerebene im Wettbewerb der Unternehmen der pharmazeutischen Industrie und im Wettbewerb der Krankenkassen nach unserer Auffassung in die Sackgasse. Das Beispiel der USA zeigt, dass Wettbewerb für den Patienten keinen höheren Nutzen hat und die Kosten ganz im Gegenteil in die Höhe steigen. Immerhin, die USA hat den ersten Platz in der Welt bei den Ausgaben in seinem Gesundheitswesen. In Ländern wie Großbritannien, der Schweiz und Frankreich werden die Preise für Arzneimittel staatlich festgelegt. Herr Minister, Sie sagen, das geht hier nicht. Ich sage das Gegenteil - Deutschland könnte das auch, natürlich nur, wenn die Politik es dann auch wollte. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Taubert zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch ich möchte mich beim Sozialminister bedanken für den doch ausführlichen Bericht zu diesem Thema „Arzneimittelmarkt“.

Sie werden sicherlich auch verstehen, Frau Dr. Fuchs, dass die SPD, die ja die Bundesgesundheitsministerin stellt, Ihrem Punkt 2 nicht folgen kann.

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, DIE LINKE: Bevor Sie an der Regierung waren 1998, war das eines Ihrer Hauptziele.)

Ja, schauen Sie an, das wird Ihnen auch so ergehen, wenn Sie mal in einer Regierung mitmachen, dass man manche Dinge korrigieren muss. Doch, wir arbeiten dran.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, DIE LINKE: Das war Schnee von gestern.)

Nein, das ist doch gar nicht wahr. Wir müssen doch eines deutlich sehen, der Arzneimittelmarkt ist genauso wie der Bereich der stationären Versorgung und der Bereich der ambulanten Versorgung ein heiß umkämpfter Markt, den wir nicht in dem Maße beeinflussen können, wie wir uns das alle gemeinsam wünschen. Selbst der von Ihnen gemachte Vorschlag, die Arzneimittelpreise staatlich zu verordnen, hilft nur bedingt, die Probleme, die angesprochen worden sind, zu lösen und deswegen sind Gesundheitsreformen ein ständiger Prozess. Es gibt keinen großen Wurf. Auch aus Ihrer Rede ist nicht hervorgegangen, wie Sie sich vorstellen, wie man Ausgaben im Sinne der Verbraucher und der Beitragszahler begrenzen kann, ohne die Qualität in einem Maße einzuschränken. Da erhebt sich doch schon die Frage insgesamt, was DIE LINKE will. Sollen die Pharmahersteller, die ja von Ihnen auch oft angesprochen worden sind, den Anteil an Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben leisten, so wie hier mit diesen aufgeführten Gesetzen zumindest der Versuch unternommen wurde, der ja zum Teil auch erfolgreich war? Sollen die Patienten auch künftig umfassende Behandlungen mit dem Ziel der Genesung erhalten, ohne dass sie selbst zunehmend zuzahlen müssen? Sollen die Patienten als Verbraucher auch zukünftig möglichst stabile Beiträge zahlen können? Welcher der Akteure im Gesundheitswesen soll diese Beitragsstabilität mit schultern - alle oder die Krankenhäuser, die pharmazeutische Industrie, die Krankenkassen, die Patienten, jeder für sich allein? Ich stimme zu, bereits 1998 fing das an, 2002 hat sich das fortgesetzt. Die eingeleitete Arzneimittelpolitik, die wird zwar von vielen gescholten, aber

richtig begründete Einwände konnte keiner vortragen und bessere Vorschläge hat schon gar keiner gemacht. Deswegen, wenn sich endlich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Ausgabenbegrenzungen nur alle Akteure gemeinsam schultern können und keine Partei nur auf der Tribüne zum Meckern sitzen kann, dann wird schnell klar, dass der bisherige Weg unvermeidbar war. Wie gut unser Gesundheitssystem ist, das können Sie alle nachvollziehen, wenn Sie entweder selbst im Ausland waren und dort als betroffener Patient mal behandelt wurden oder wenn Sie sich mit Akteuren im Gesundheitswesen, die aus humanitären Gründen im Ausland weilen und tätig waren, berichten lassen. Ich hatte letztens einen Bericht von einem Augenarzt, der sich sowohl in China als auch in den Emiraten aufhielt und in Afrika Augenoperationen vorgenommen hatte, und ich muss sagen, die schlimmsten Erfahrungen hat er in unserem ehemaligen Bruderland China gemacht - katastrophale Verhältnisse hinter einer Fassade.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: Was hat das mit hier zu tun?)

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, DIE LINKE: Der olympische Fackelzug fehlt jetzt noch.)

Ja, Frau Fuchs, ich weiß nicht, Sie sind ja gegen Olympiabeteiligung, Ihre Fraktion, zumindest eine Kollegin von Ihnen hat sich dazu geäußert.

(Zwischenruf Abg. Dr. Fuchs, DIE LINKE: Es gibt freie Meinungsäußerung.)

Ich kann mich noch gut an die Aktionen auf dem Platz des himmlischen Friedens erinnern, aber wir wollten ja heute über den Arzneimittelmarkt in Deutschland reden. Deswegen möchte ich darauf wieder zurückkommen.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, DIE LINKE: Das ist schön.)

Ich bin davon überzeugt, es ist ganz wichtig, dass wir gemeinsam, und da spreche ich alle an, Patienten aufklären und ihnen keine Angst machen. Wichtig ist, und da spreche ich unsere Ärzteschaft an, dass man die Patienten mitnimmt und ihnen durchaus deutlich erklärt - und ich denke, das können die Ärzte sehr wohl und viele tun es auch schon -, wie wichtig der Wirkstoff im Medikament ist und nicht wie wichtig die Farbe der Medikamentenschachtel ist. Ich habe auch Vertrauen in unsere Patienten, zumindest in den Großteil, dass man dies bei ausreichender Aufklärung durchaus versteht und damit einen ersten Schritt dazu macht, dass alle Beteiligten auch Verständnis dafür haben, dass wir mit diesen Mitteln sparsam umgehen müssen, mit unseren Beiträgen sparsam umgehen müssen, dass aus keiner anderen Kasse

Geld in das Gesundheitswesen fließt außer aus den Beiträgen.

Ich möchte mir die Erläuterungen sparen, Herr Dr. Zeh ist ja auf eine ganze Reihe schon eingegangen. Ich will nur sagen, die eingeleiteten Maßnahmen konnten tatsächlich Kosteneinsparungen hervorrufen und haben, denke ich, auch ein Umdenken im Bereich der Akteure hervorgerufen. Dieses möchte ich in aller Deutlichkeit noch mal anmahnen, denn wenn wir unsere Qualität im Gesundheitswesen auch weiter erhalten und Vorreiter gegenüber anderen Ländern sein wollen, dann müssen wir einfach schauen, dass wir die Mittel sorgfältig einsetzen. Ich kenne den guten Spruch: Die Herkunft der Mittel zwingt uns zu äußerster Sparsamkeit. Das gilt für alle, das gilt für die Krankenhäuser, das gilt für die Ärzteschaft im ambulant niedergelassenen Bereich, das gilt für die Pharmaindustrie und das gilt aber ganz genau auch für die Patienten, die mithelfen müssen, dass sie auch in Zukunft jeder die gleiche gute Behandlung haben können. Danke.

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Abgeordneter Gumprecht, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Dr. Fuchs, trotz der von Ihnen vorgetragenen Ängste und Sorgen ist Gott sei Dank das Vertrauen unserer Bevölkerung in das Gesundheitssystem und der Patienten auch in die Arzneimittelversorgung groß. Der Arzneimittelmarkt ist eine der Grundsäulen unserer medizinischen Versorgung und seine Bedeutung steigt zunehmend. Die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen betrugen im Jahr 2006 laut AOK-Bundesverband rund 150 Mrd. €, davon entfielen über 30 Prozent auf die Krankenhäuser, 17,5 Prozent auf die ärztliche Behandlung und über 16 Prozent auf die Arzneimittel. Fakt ist, die Arzneimittelausgaben pro Kopf sind in Deutschland seit dem Jahr 1990 bis zum Jahr 2000 um 50 Prozent gestiegen. Das zeigt die Entwicklung.

Der Minister hat heute in seinem sehr aussagekräftigen Bericht dargestellt, wie einige der zahlreichen gesetzlichen Regelungen der letzten Jahre auf die Arzneimittelausgaben gewirkt haben. Die meisten bisherigen Gesetze und Verordnungen verfolgten das Ziel, den weiteren Anstieg der Gesamtkosten zu bremsen. Die gesetzlichen Regelungen in der vergangenen Zeit sind sehr zahlreich.

Ich habe zusammengestellt - und das ist nur ein Auszug: 1993 das Gesundheitsstrukturgesetz mit der Positivliste, 1997 das Neuordnungsgesetz und das Beitragsentlastungsgesetz - da ging es um Zuzahlungen für die Patienten und um die Budgets für die Ärzte, 1999 das Solidaritätsstärkungsgesetz, 2000 die GKV-Gesundheitsreform, 2002 Arzneimittelbudgetablösungsgesetz, 2002 Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetz und 2006 Arzneimittelversorgungswirtschaftlichkeitsgesetz und zusätzlich Arzneimittelverordnung und, und, und. Ich denke, das zeigt, wie hier ständig versucht wird, Einfluss auf die Arzneimittelkostenentwicklung zu nehmen.

Sie hatten in Ihrem Antrag die Wirkmechanismen der letzten Reform hinterfragt. Der Minister hat dies in seinem Bericht klar dargestellt. Die Arzneimittelkosten der gesetzlichen Krankenkassen betrugen laut GAmSi - das ist die Schnellinformation über Arzneimittel des WIdO - im Jahr 2006 24 Mrd. €, 2007 sind sie weiterhin um 7 Prozent gestiegen. Auch für dieses Jahr ist wieder ein Anstieg zu erwarten. Dieser hat mehrere Gründe. Als eine der Ursache ist sicherlich die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent zu sehen. Das führte allein zu einer Mehrbelastung in Milliardenhöhe. Zweitens bewirkt die Kostenübernahme der Ausgaben für Impfstoffe einen Anstieg um ca. 0,5 Mrd. €. Des Weiteren muss auch die Kostenübernahme für präventive Medikamente bei schwerwiegenden Erkrankungen als eine der Ursachen für den Kostenanstieg gesehen werden. Damit wurde aber eine Verbesserung für die Patienten erreicht. Es zeigt, Verbesserungen führen aber auch zu Kosten.

Meine Damen und Herren, in Vorbereitung auf die heutige Sitzung habe ich mit dem Geschäftsführer des Thüringer Apothekenverbandes Herrn Giese gesprochen. Er äußerte sich im Wesentlichen positiv über die Entwicklung und Wirkung infolge der jüngsten Gesundheitsgesetze - positiv insbesondere im Hinblick auf das Arzneimittelversorgungswirtschaftlichkeitsgesetz. Herr Giese zeigte sich erfreut, dass Patienten derzeit bei der Abgabe von über 12.000 - wir hörten vorhin vom Minister 12.600 - Arzneimitteln von der Zuzahlungsbefreiung in Verbindung mit den Neuregelungen im Festbetragsbereich profitieren.

Zweitens: Die Veränderung der Aut-idem-Regelung durch die Regelung des Arzneimittelausgabenbegrenzungsgesetzes hält der Thüringer Apothekerverband für eine sinnvolle Entscheidung, denn die Therapiefreiheit der Ärzte wird damit besser gewährleistet. Zudem erhalten die Apotheker Auswahlspielraum, der ihnen eine zeitnahe und wirtschaftliche Versorgung der Patienten ermöglicht. Dem Apotheker wird Entscheidungsspielraum eröffnet, unter den drei preisgünstigsten Arzneimitteln auszuwäh

len. Sie hatten das als kritisch bezeichnet; ich denke, die Patienten haben hierfür Verständnis und gleichzeitig wird auch die Qualität der Versorgung für den Patienten gesichert.

Kritisch bewertet der Thüringer Apothekerverband dagegen die Rabattvertragsregelungen. Dabei wird eine größere Anzahl von Medikamenten durch die jeweilige Kasse über Ausschreibungsverfahren an die günstigsten Versorger und Hersteller vergeben.

Auch nach über einem Jahr bemerken die Apotheker bei den Patienten eine große Verunsicherung als Folge dieser Regelung. Der Erklärungs- und Erläuterungsbedarf für die Patienten ist hoch, warum sie plötzlich ein anderes Präparat erhalten. Ein Beispiel: Durch die Ausschreibungsverfahren kommt es bei den Versorgern der AOK zu einer täglichen Defektenliste von 15 bis 30 Produkten. Durch solche Versorgungslücken kommt es dann dazu, dass der Patient häufig sein Arzneimittel wechseln muss. Diese notwendige Umstellung führt natürlich bei ihm zu Verunsicherung und führt auch zu Unmut. Ich glaube aber, die Ursache liegt hier nicht in der Absicht des Gesetzgebers, sondern vielmehr in der Form der Umsetzung.