Protokoll der Sitzung vom 11.04.2008

Zu Ihrer Aufforderung der Datensammlung sei noch einmal gesagt: Eine solche Datenerhebung braucht eine solide Rechtsgrundlage; datenschutzrechtliche Aspekte und Interessen sind zu respektieren. Dennoch muss es natürlich möglich sein und ist es auch möglich, zu sinnvollen Aussagen zu gelangen. In der von den Antragstellern aufgeworfenen Fragestellung stoßen wir rechtlich jedoch an Grenzen. Dagegen sind die Erfahrungen und Ergebnisse der Hochschulen im Rahmen ihrer Karriereberatung und im Rahmen der Alumniarbeit durchaus geeignet, ein Bild zur beruflichen Perspektive und Entwicklung der Absolventen zu gewinnen. Dies ist umso mehr der richtige Ort, als diese Erkenntnisse natürlich ganz direkt in die Hochschulentwicklung einfließen können und auch einfließen. Insoweit sind in dieser Frage sammelnde Aktivitäten der Landesregierung entbehrlich. Der richtige Ort für diese Aktivitäten und Maßnahmen sind die Hochschulen selbst, die das dann auch in die Profilbildung zurückbinden. Dies ist Teil der Hochschulautonomie, die wir wollen. So weit mein Sofortbericht. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke. Dann frage ich, wer die Aussprache zum Sofortbericht wünscht. CDU-Fraktion, SPD-Fraktion, Fraktion DIE LINKE. Damit eröffne ich die Aussprache zum Sofortbericht und zugleich auch zu Ziffer 2 des Antrags. Das Wort hat Abgeordnete Hennig, Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Herr Staatssekretär hat uns jetzt in einer langen Rede kurz dargestellt, dass es keine Daten gibt, dass es Richtlinien und Bemühungen gibt, die möglicherweise das Problem erfassen oder auch nicht, dass mit den Hochschulen in den Rahmenleistungsvereinbarungen versucht wird, diesem Problem entgegenzuwirken, aber ansonsten hat er auch meinen Eindruck bestätigt, dass die Anforderungen der SPD nicht zu erfüllen waren durch die Landesregierung.

Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, dass ich es richtig finde, das Problem auch im Thüringer Landtag zu diskutieren, es aber grundsätzlich für ein Problem halte, was auf Bundesebene geklärt werden muss, und das nicht nur für Hochschulabsolventen, sondern auch für Absolventen der dualen Ausbildung.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit den mittlerweile üblich gewordenen Begriffen „Generation Praktikum“, inzwischen auch als „Generation prekär“ bekannt, bezeichnet man seit den 90er-Jahren ein Lebensgefühl der jüngeren Generation, welches zu Recht mit einem negativen Image verbunden ist. Größere Aufmerksamkeit erlangte diese Problematik erst durch den von Matthias Stolz Anfang des Jahres 2005 in der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlichten Artikel. Angelehnt an ältere Begriffe wie „Generation Golf“ oder „Generation X“ beschrieb er, wie junge Akademiker vermehrt und auf Dauer extrem unterbezahlten oder sogar unbezahlten Tätigkeiten in ungesicherten beruflichen Verhältnissen nachgehen müssen. Im Jahr 2006 erreichte der Begriff „Generation Praktikum“ bei der Wahl zum Unwort des Jahres sogar den zweiten Platz.

Letztes Jahr publizierten zwei italienische Autoren ihren Roman „Generation 1.000 Euro“. In ihm schildern sie einen Streik der Praktikanten, der die Wirtschaft Italiens lahmlegt. Aber warum ruft diese „Generation Praktikum“ die Aufmerksamkeit der Gazetten und der Publizistik so heftig hervor? Was geschieht mit den jungen Menschen, die man, mitunter vielleicht nicht zu Unrecht, als „akademisches

Lumpenproletariat“ bezeichnet hat? Es sind Hochschulabsolventen, die breit gebildet sind, oft hervorragende Abschlüsse vorzuweisen haben und nun auf Jobsuche sind. Ich sehe das an diesem Punkt anders als der Staatssekretär; es hat sich auch erwiesen, dass Hochschulabsolventen mit hervorragenden Qualifikationen und Zusatzqualifikationen in diese „Generation Praktikum“ abrutschen. Sie überbrücken die potenziellen Lücken im Lebenslauf, indem sie eine Praktikantenstelle nach der anderen annehmen müssen, obwohl sie eigentlich eine feste Anstellung suchen. Viele Unternehmen nutzen in schamloser Weise genau diese Situation aus und missbrauchen hoch qualifizierte Praktikanten und Hospitanten. Sie beschäftigen sie extrem unter- - bis zu 70 Prozent - oder unbezahlt. Die Unternehmen lassen die jungen Akademiker bewusst in der Hoffnung auf eine Festanstellung arbeiten, dabei gibt es unternehmensseitig keinerlei Absicht, entsprechende Stellen im regulären Angestelltenverhältnis einzurichten. Andere Unternehmen nutzen Praktikantenverträge zur Minderung ihres Risikos, um Neueinstellungen zu wagen, damit sie die gesetzlichen Auflagen zum Kündigungsschutz und die Tarifverträge nicht neu verhandeln müssen. Mit dieser Beschreibung und in dieser Situation nützt es niemandem, wenn dieses Problem kleingeredet oder missachtet wird.

(Beifall DIE LINKE)

Im Februar 2007 lieferte erstmals eine Studie der DGB-Jugend, der FU Berlin und der Hans-BöcklerStiftung Zahlenmaterial darüber, wie viele Hochschulabsolventen noch nach ihrem Studium ein Praktikum absolvieren. Diese Studie besagt, dass in den letzten zwei Jahren ein deutlicher Anstieg postgradueller Praktika stattfand. Gerade einmal 39 Prozent der Absolventen hatten drei Jahre nach dem Studium eine unbefristete Anstellung gefunden. Jeder Dritte war befristet beschäftigt, wofür es im Schnitt 600 € weniger Lohn gibt als für Festangestellte; 16 Prozent der Absolventen hatten sich selbständig gemacht; 37 Prozent absolvierten direkt nach dem Studium noch Praktika, die Hälfte davon wiederum unbezahlt.

Zahlen über die Gesamtzahl von Praktika in der Bundesrepublik lieferte auch eine Absolventenstudie der konservativen Hochschul-Informations-System GmbH, die im Frühjahr 2007 vorlag. Danach sind Praktika nach dem Studium weder ein Massenphänomen noch ein Dauerproblem nach dem Studium. Der Studie wurde von Anfang an das Etikett des Gefälligkeitsgutachtens angeheftet, wofür auch eine Reihe von Fakten sprechen.

Neu hinzugekommen ist nun eine Studie des Bundesarbeitsministeriums, die behauptet, es sei alles nicht so schlimm und die „Generation Praktikum“

ein Phantom. Nur mit Studien könnte man sicher nicht so einiges begründen oder einiges für erledigt erklären, wie es der Bundesarbeitsminister Scholz von der SPD inzwischen auch tut. Was die Studie des Arbeitsministeriums allerdings sehr deutlich macht, ist durchaus, dass Praktikanten schlecht bezahlt werden und das Problem der Praktikanten nach einer Ausbildung nicht nur eines der Hochschulabsolventen, sondern auch von Absolventen der dualen Ausbildung ist.

Aber, werte Damen und Herren, die nackten Zahlen sprechen eine andere Sprache, als es uns Studien glauben machen wollen. Das beweist eine Petition an den Deutschen Bundestag, die mehr als 100.000 junge Menschen unterzeichnet haben. Ich bin der Überzeugung, dass 100.000 junge Menschen kein Phantom sind, sondern durchaus auf ein Problem hinweisen. Die DGB-Jugend und der Verein „fairwork“, der 2004 als Interessenvertretung von Praktikanten gegründet wurde, haben diese Petition auf den Weg gebracht. Sie sieht vor, Praktika und ähnliche Lernverhältnisse per Gesetz eindeutig von Arbeitsverhältnissen abzugrenzen, damit sie keine regulären Stellen ersetzen. Außerdem sollen Praktika zukünftig auf drei Monate begrenzt und mit mindestens 300 € pro Monat vergütet werden. Auf die geforderte Gesetzesinitiative werde ich gleich an anderer Stelle noch mal zurückkommen.

Werte Abgeordnete, mittlerweile wird versucht, im Internet Hilfestellung für Hochschulabsolventen zu geben, die Schwierigkeiten mit ihrem Praktikum oder Ähnliches haben. Zu nennen wäre da der Internetservice des DGB, wo man Empfehlungen gibt unter dem Motto „Wer bietet gute Praktika?“. Es existiert auch ein Firmenranking nach Qualität der angebotenen Praktika mit der privatwirtschaftlichen Initiative „Fair Company“, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt wird und von der SPD in ihrem Antrag mit Unterstützung beworben wird. Doch es macht diese Initiative „Fair Company“ nicht gerade glaubwürdig, wenn unsere Bundestagsfraktion anfragt, wie im SPD-geführten Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Praktikantinnen und Praktikanten umgegangen wird und man zur Antwort bekommt, man würde gerade darüber diskutieren, ob man Praktikanten Essensgutscheine gibt, um ihren Aufwand ein wenig zu vergüten.

An dieser Stelle bin ich nun bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD. Die Problematik der sozialen und der Arbeitssituation von künftigen Jungakademikern und Hochschulabsolventen wurde durch unsere Bundestagsfraktion bzw. auch durch unsere Landtagsfraktion mehrmals thematisiert. Ihre Unterstützung blieb dabei oft einfach aus. Unsere Bundestagsfraktion hatte letztes Jahr einen Antrag

- im Oktober 2007 - im Sinne der Petition für eine gesetzliche Regelung eingebracht. Welche gesetzlichen Regelungen gefordert waren, habe ich eben benannt. Von Ihnen wurde er mit den Stimmen der CDU abgelehnt. Es existieren zum gleichen Sachverhalt weitere Anträge der Oppositionsfraktionen des Deutschen Bundestags und ein konkreter Gesetzentwurf unserer Fraktion. Und was machen Sie, meine Damen und Herren von der SPD? Andrea Nahles verkündet noch im Februar dieses Jahres, eine Arbeitsgruppe gründen zu wollen, weil man nicht um eine Regelung bei diesem Problem herumkommt. Sie stellen aus meiner Sicht einen Schaufensterantrag im Thüringer Landtag, um auf Thüringer Ebene ein bisschen über dieses Problem zu reden.

Inzwischen ist es so weit, dass Ihr eigener Bundesarbeitsminister angekündigt hat, dass es eine gesetzliche Regelung geben soll, allerdings wesentlich abgeschwächter als noch vor einigen Monaten, und zwar im BGB in Anlehnung an das Berufsbildungsgesetz. Aber falls Sie sich tatsächlich Glaubwürdigkeit erhalten wollten und in irgendeiner Art und Weise gestalten wollen, würde das für mich mindestens bedeuten, dass die SPD weiterhin für Mindestlohn in Praktika und eine zeitliche Begrenzung der Praktika eintritt.

(Beifall DIE LINKE)

Ihr Antrag ist meiner Meinung nach unschädlich, deswegen wird die Fraktion DIE LINKE auch zustimmen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Seela, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zunächst habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für die antragstellende Fraktion. Ich müsste jetzt fragen, welche Sie zuerst hören wollen. Ich fange mal mit der guten Nachricht an. Meine Fraktion würde bei Ihrem Antrag eine Einzelabstimmung beantragen und zu dem Punkt a) würden wir unsere Zustimmung geben. Ich sage Ihnen auch gleich, warum. Die Punkte b) und c) würden wir ablehnen. Da sage ich Ihnen auch gleich, warum. Der Punkt 1 ist mit dem Bericht erfüllt worden. Übrigens herzlichen Dank, ich fand ihn sehr ausführlich und sehr informativ. Er hat im Übrigen auch eine Reihe von Faktenmaterial, Frau Hennig, und Informationen und Zahlen herübergebracht.

Punkt a): Mit eigenen Aktivitäten die Kampagne „Fair Company“ in Thüringen bekannt zu machen und für faire Bedingungen für Praktika zu werben, ist nicht nur unschädlich, die halten wir für ausgezeichnet. Ich möchte noch mal ganz kurz etwas zu dieser Fair-Company-Aktion sagen. Es ist eigentlich eine Erfindung vom September 2004, und zwar von dem jungen Job- und Wirtschaftsmagazin „karriere“. Hier hat man sich zusammengeschlossen und 37 modern orientierte Unternehmen gefunden, die diese FairCompany-Aktion unterstützen und einfach eine Positivliste von Unternehmen erstellt haben, damit sich natürlich junge Praktikanten informieren können, zu welchem Unternehmen kann ich gehen, wo finde ich faire Bedingungen. Wir halten das für sehr wichtig und gut, wenn sich auch hier die Landesregierung einbringen und auf diese Aktion hinweisen könnte. Das ist ja relativ einfach im Zeitalter von Internet, darauf hinzuweisen und über die anderen Aktionen und Veranstaltungen, die die Landesregierung durchführt, hier etwas zu unternehmen.

Zu den Ablehnungen b) und c) sage ich dann gleich noch etwas. Darauf gehe ich noch in meinem Redebeitrag ein.

Meine Damen und Herren, die Diskussion zu Praktika - das ist vielleicht auch etwas verkürzt dargestellt, es geht dabei nicht nur um Praktika, sondern auch um den Einsatz von Hochschulabsolventen - ist natürlich schon etwas älter. Bereits im Januar vorigen Jahres wurde dieses Thema im Bundestag aufgegriffen und auch intensiv diskutiert. Aber der Ursprung fand statt bzw. die Diskussion ging hervor im Jahre 2005. Da war sie etwas stärker ausgeprägt gewesen und, Frau Kollegin Hennig, Sie haben ja aus der Zeitung "Die Zeit" zitiert. Hier hat man dieses Problem zu Recht aufgegriffen und dann mehrere größere Artikel unter der Überschrift „Generation Praktikum“ publiziert. Wenn man sich mal die sämtlichen Artikel vornimmt, kann man feststellen, das war zumindest mein Eindruck, dass man dann natürlich nach dem Lesen der zahlreichen Artikel und Publikationen den Eindruck bekommt, dass Praktika etwas ganz Schlimmes sind, dass Praktika etwas mit Ausbeutung zu tun haben und man lieber doch die Finger davon lassen sollte. Wenn man die Artikel liest, so sind auch die Aussagen von Experten dazu, zeigen sie doch eigentlich immer, dass hier mehr allgemeinere, persönliche Eindrücke aus dem Bekanntenkreis, aus einem kleineren, nicht repräsentativen Umfeld wiedergegeben werden. Ich möchte dennoch eine kleine Passage - wenn ich darf - aus „Die Zeit“ zitieren, weil ich nämlich meine, dass alle Parteien und Institutionen und nicht nur Unternehmen hier in der Pflicht sind, ordentliche Praktika und Bedingungen für Praktika auch anzubieten, und auch Parteien wie die SPD hier in der Pflicht sind. Ich darf zitieren: „Ein paar Anrufe bei großen Firmen, die

viele Praktikanten beschäftigen, wie Roland Berger, Siemens, DaimlerChrysler, alle sagen, dass sie nicht mehr Praktikanten einstellen als noch vor ein paar Jahren. Nur die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung gibt offen zu, dass bei ihr in den vorigen Jahren die Zahl der fest Angestellten gesunken und jene der Praktikanten gestiegen ist.“ Ich weiß nicht, ob Sie diese Auskunft kennen, da sehe ich schon ein Problem und ich denke, auch die SPD kann mit diesem Antrag nicht über die Misere hinweghelfen, hinwegtäuschen, dass Praktikanten nicht die Lösung sind, um gewisse Aufgaben und Arbeiten zu erfüllen. Aber das war auch nicht Grund Ihres Antrags.

Weiterhin möchte ich noch einmal auf die Begründung - wie Sie hier schreiben - eingehen. Sie führen hier eine Studie aus dem Jahre 2007 an. Kollegin Hennig ist auch auf diese Studie eingegangen und hat sich eigentlich stark an ihr angelehnt. Ich komme dann noch zu einer weiteren Studie, auf die Sie auch eingegangen sind, und zwar die Studie der DGBJugend und der Böckler-Stiftung. Ich glaube, nun haben diese beiden Institutionen nicht gerade den Ruf, parteineutral zu sein. Also ich wäre gerade bei diesen Stiftungen etwas zurückhaltend. Der DGB ist nicht parteineutral, habe ich jetzt hier im Hintergrund so gehört. Sicherlich gilt der DGB nicht gerade als CDU-nah.

Es gibt eine Studie - die Sie auch erwähnt haben -, nämlich die von HIS (Hochschul-Informations-Sys- tem), die sehr ausführlich ist. Im April letzten Jahres ist hier ein relativ ausführlicher Projektbericht vorgelegt worden unter dem Titel „Generation Praktikum - Mythos oder Massenphänomen?“. Ich muss gestehen, ich habe im Vorfeld von der Reihenfolge her erst die Zeit-Artikel und die ganzen nachfolgenden Beiträge gelesen und erst am Ende die Auswertung dieser Studie „Generation Praktikum - Mythos oder Massenphänomen?“. Bevor ich diese Studie gelesen habe, dachte ich, es ist in Deutschland wirklich ein dramatischer Zustand, was Praktika anbelangt. Nach Lesen dieser Studie war ich dann schon etwas optimistischer gestimmt. Ich will Ihnen dies nur sagen, weil das hier so abgetan worden ist, dass die Studie HIS konservativ ist, und Sie sagten nur, es gibt gewisse Fakten, die darauf hindeuten, dass das, was da als Ergebnis vorgelegt worden ist, ohnehin nicht ernst zu nehmen ist. Es gab vier Ergebnisse im Verlauf dieser Studie, die uns vorgelegt worden sind:

1. Einmal stellte diese Studie fest, dass Praktika in den letzten Jahren nach dem Studium zugenommen haben, das sehe ich wie hier nicht kritisch. Wie gesagt, es ist ja allen bekannt, Praktika sind sehr wichtig, um praxisnahe Erfahrungen zu sammeln, um Netzwerke aufzubauen, um Verbindungen zu knüpfen und natürlich auch, um den späteren Jobeinstieg

etwas zu erleichtern. Das sind Möglichkeiten dafür.

2. Die präsentierten Zahlen lassen als Schlussfolgerung zu, dass es sich bei Praktika nach dem Studium gegenwärtig nicht um ein Massenphänomen handelt, sondern der Begriff „Generation Praktikum“ mit Blick auf den beruflichen Verbleib von Hochschulabsolventen ist damit nicht gerechtfertigt.

3. Die Bewertung des Praktikums nach dem Studium fällt in wesentlichen Dimensionen positiv aus bei denen, die ein Praktikum absolviert haben. Die meisten, die ein Praktikum absolviert haben, würden nicht einschätzen, dass sie ausgebeutet worden sind im Verlauf ihres Praktikums.

4. Was auch immer wieder vorgeworfen wurde oder dargestellt wird, ist, bevor man einen Job, einen Berufseinstieg findet, dass man über einen längeren Zeitraum, mitunter sogar - wie es behauptet worden ist - bis zu zwei Jahren, Praktikum an Praktikum aneinanderreiht. Auch hier ist ermittelt worden, dass diese sogenannten Kettenpraktika oder Praktikumskarrieren, wie sie auch bezeichnet wurden, doch eher eine Randerscheinung bleiben.

Was vielleicht wirklich ein Fakt ist, Frau Hennig, das haben Sie nicht erwähnt, dass genau diese Studie „Generation Praktikum - Mythos oder Massenphänomen?“ auf eine weite empirische Basis zurückgreifen kann. Es sind nämlich insgesamt ca. 12.000 Studenten befragt worden, die auch an dieser Studie teilgenommen haben. Die Gegenfrage würde lauten: Wie ist denn die empirische Basis bei der von Ihnen zitierten, vorgeführten Studie der DGBJugend und der Hans-Böckler-Stiftung? Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir hier dieses Spektrum, nämlich 12.000 Befragte, nicht erreichen werden. Das ist eigentlich das Aktuellste und Repräsentativste, diese von mir Ihnen kurz vorgestellte Studie, die als Projektbericht vorliegt. Im Sommer letzten Jahres sind dann auch die ausführlichen Ergebnisse publiziert worden.

Weiterhin möchte ich darauf eingehen, dass dieses Problem, wie es im Antrag dargestellt worden ist, wie zwei Seiten einer Medaille sind. Die eine Seite ist das Problem, was in der Tat vorhanden ist, dass nicht jeder Absolvent nach Abschluss seines Studiums einen Berufseinstieg findet. Die Zahlen sind vom Staatssekretär vorgestellt worden. Auf Thüringen bezogen haben wir eine relativ überschaubare Zahl. Es gab mit Stand vom Januar 2008 Daten, die vorgelegt, die ermittelt worden sind, die will ich Ihnen noch mal mitteilen, weil die Wiederholung der Werbeeffekt ist, vielleicht prägt sich das dann doch stärker ein.

Von den 152.000 Arbeitslosen im Freistaat Thüringen, was außerordentlich bedauerlich ist, haben wir insgesamt 5.800 Akademiker. Das heißt aber nicht, dass die 5.800 Akademiker Jungakademiker sind bzw. unter 25 Jahre sind. Die 5.800 Akademiker sind übrigens genau 3,8 Prozent. Von diesen 3,8 Prozent oder den 5.800 Akademikern haben wir gerade einmal - Gott sei Dank, aber immerhin noch zu viel - 8 Prozent junge Akademiker, also unter 25-Jährige, die noch einen Beruf suchen, die sich arbeitslos gemeldet haben. Wenn man das umrechnen würde, ist das eine sehr geringe und sehr überschaubare Anzahl im dreistelligen Bereich, wenn Sie richtig nachrechnen, Frau Hennig. Dennoch zu viel, das ist richtig. Die Aktivitäten, die Maßnahmen, die zu treffen sind, sind Ihnen genannt worden. Ich will noch mal eine Maßnahme nennen. Die ist sehr aktuell und brandneu aus dem Januar dieses Jahres, nämlich der vom Wirtschaftsministerium eingerichtete Unternehmer- und Fachkräfteservice, der natürlich auch jungen Absolventen zum Einstieg in den Job und auch zur Jobvermittlung verhelfen soll. Aber er soll auch helfen, dass sich neue, junge Existenzen gründen können. Auch das ist eine sehr hilfreiche Geschichte. Darüber hinaus waren Sie ja auch sehr stark beteiligt gewesen, Frau Hennig, beim Hochschulgesetz. Auch hier haben wir einen Extrapassus eingebaut, was die Hochschulabsolventenbetreuung anbelangt. Auch das ist eine hilfreiche Maßnahme zur Vermittlung von Jobangeboten, denke ich zumindest.

Ich möchte Ihnen aber nicht eine Studie vorenthalten, auch brandaktuell. Ich glaube, aus dem Hohen Hause waren nur Frau Dr. Kaschuba dabei gewesen und meine Wenigkeit, als die Sozialstudie vom Studentenwerk Thüringen vorgelegt worden ist. Darin ist noch mal darauf eingegangen worden, wie die Abschlüsse sind. Ich will nicht sagen dramatisch, aber auch hier gibt es natürlich schon eine Entwicklung, die im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel steht. Das ist für mich die entscheidende Seite der Medaille, auf die wir immer ein großes Augenmerk richten müssen, da es hier schon gewisse Verschiebungen gibt. Auf diese möchte ich noch mal kurz eingehen. Die Studie sagt aus, dass der Anteil der Studierenden im Bereich der Ingenieurwissenschaften um 2,5 Prozentpunkte in 2006 gegenüber 2003 gesunken ist, ganz genau von 22 Prozent auf 19,5 Prozent. Das ist außerordentlich bedauerlich. Wenn ich es positiv betrachte, kann ich sagen, dass wir noch deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen - der Bundesdurchschnitt liegt bei 16 Prozent -, aber es ist die falsche Richtung. Wir müssten, denke ich, diesen Bereich noch weiter ausbauen und weiter nach oben treiben. Gerade das Ingenieurwesen ist doch das, was Deutschland und auch Thüringen immer wieder in der Vergangenheit vorangebracht hat und auch in der Zukunft immer

wieder voranbringen wird.

Ich persönlich schaue dann doch immer in die Geschichte mit einem Blick nach Amerika. Als J. F. Kennedy verkündet hat, auf den Mond zu fliegen, hat ein Extraprogramm aufgelegt gerade für Ingenieurwissenschaftler, Mathematiker und Physiker. So ein ähnliches Programm haben wir auch im Freistaat Thüringen - die Exzellenzinitiative. Wenn ich in unseren Hochschulpakt schaue mit 300 Mio. €, wenn ich die Resonanz in den Hochschulen betrachte, dann ist die außerordentlich positiv. Das ist zwar nicht vergleichbar mit dem Mondfahrtprogramm von Kennedy, aber es ist auch der richtige Weg und zusätzliches Geld, was auch in die Ausbildung von Studierenden hineingesteckt werden soll und auch positiv sicherlich dann umgesetzt wird.

Zurück zur Sozialstudie - noch drei Aspekte ganz kurz vom Studentenwerk: Der Anteil der Studierenden im sozialwissenschaftlichen Bereich, dachten wir zumindest immer, dass der steigt, aber auch dieser ist gesunken, sehr knapp gegenüber 2003 von 15,9 auf 15 Prozentpunkte. Im sprachwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen Bereich haben wir einen leichten Anstieg von 19 auf 20,8 Prozent. Ebenfalls leicht gestiegen ist der Anteil der Studierenden - das ist auch eine positive Entwicklung, finde ich - im Bereich Medizin und Gesundheitswesen, nämlich von 4,3 auf 5,8 Prozentpunkte. Ich möchte auch deutlich darauf hinweisen, weil es auch wieder im Antrag gefordert wurde und auch von Frau Hennig ins Spiel gebracht worden ist, ich würde Abstand nehmen und das macht auch meine Fraktion und davon gehe ich aus, dass das die Landesregierung genauso sieht, hier staatlich regulierend einzugreifen und Studienplätze zu verordnen. Es gibt Mechanismen, die im Handlungsbereich der Hochschulen selbst und der Hochschulautonomie liegen, über den Numerus clausus einiges zu steuern, wo Bedarf ist und um auf die Bedarfe seitens der Wirtschaft zu reagieren. Hier gibt es genügend Möglichkeiten.

Einen letzten Aspekt vielleicht, weil ich Herrn Matschie hier sehe. Wir beide sind Mitglied des Fördervereins des Instituts für Politikwissenschaften der FSU und es ist uns auch zusammen mit den Studierenden in den letzten 2, 3 Jahren gelungen, hier entsprechend zu reagieren und zu handeln, nämlich auch eine Alumnibewegung aufzubauen. Das ist eigentlich die richtige Verfahrensweise, um Netzwerke auszubauen und aufzubauen, um auch Absolventenvermittlungen umzusetzen, dass Absolventen zurückgreifen können auf diese Alumnibewegung, um von den Erfahrungen der Absolventen profitieren zu können. Das ist außerordentlich vernünftig und dieses Beispiel ist nicht einmalig in Jena bzw. in dem Institut für Politikwissenschaften; dieses Beispiel hat bereits längst Schule gemacht in Thüringen. Wir

haben doch schon ein relativ ausbaufähiges und erweitertes Netz dieser sogenannten Alumnibewegung. Wenn ich, weil das heute auch öfter erwähnt worden ist, den Blick nach Amerika richte, an große Universitäten, Stanford, man lebt ja dort von diesen Netzwerken. Ich denke mal, das liegt auch im Interesse der Universitäten und nicht nur der Absolventen, dass sie an diesen Netzwerken weiter mitarbeiten und diese Netzwerke weiter ausbauen.

Ich hatte es eingangs erwähnt, Punkt 1, der Sofortbericht, ist gegeben worden, wir würden zu Punkt a) unsere Zustimmung geben, um diese Kampagne von Karriere zu unterstützen, aber die Punkte b) und c), wie ich versucht habe Ihnen mitzuteilen, sind obsolet, weil es hier ein großes Paket von Maßnahmen und Aktivitäten seitens nicht nur der Landesregierung, auch von den Universitäten und Verbänden bereits gibt. Deswegen halten wir das für überflüssig und würden die Punkte b) und c) ablehnen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Schubert, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der vielfach schon beschriebene, von allen Rednern - also mindestens die aus dem Landtag - beschriebene Artikel der „Zeit“ mit der Überschrift „Generation Praktikum“ hat bis heute eine anhaltende, teils hitzige öffentliche Debatte entfacht, der allerdings eine mehr als dürftige empirische Basis zugrunde lag. Auf die Behebung dieses offenkundigen Mangels, also des Wissens der genauen Zahlen, zielt Punkt 1 unseres Antrags. Wir wollten wissen, wie sich der Berufseinstieg von Hochschulabsolventen in Thüringen gestaltet, wie sieht es aus mit dem Verbleib von Hochschulabsolventen in und aus Thüringen. Wie viele Menschen in und aus Thüringen sind überhaupt betroffen, welche Wege gehen sie, um den Berufseinstieg zu meistern? Arbeitslosigkeit, Praktikum, Übergangsjob, Weiterqualifikation, Weiterbildung, Zweitstudium oder Promotion oder doch gleich Festeinstellung oder Selbstständigkeit - das sind einige der Möglichkeiten und Wege, die Absolventen einschlagen können. Wir haben ja den Sofortbericht gehört. Einige der Fragen sind beantwortet worden, aber gerade auf das Thema "Praktikum", Herr Staatssekretär, sind Sie meiner Ansicht nach fast gar nicht eingegangen, was ich ein bisschen schade finde. Da hätte ich doch ein bisschen mehr Substanz erwartet.

Eine genauere Kenntnis, nämlich über den Verbleib, das ist meines Erachtens die Grundlage für eine erfolgreiche Steuerung der ganzen Angelegenheit. Wenn wir es schaffen, dass den Thüringer Hochschulabsolventen ein schneller Berufseinstieg in ein bezahltes Beschäftigungsverhältnis gelingt, dann ist das auch ein maßgeblicher Beitrag, der immer noch nahezu unvermittelt andauernden Abwanderung Vorschub zu leisten. Gerade heute konnten wir in der TA wieder dazu einen ausführlichen Bericht lesen.

Selbstverständlich haben wir unser Berichtsersuchen auch gleich damit verbunden, uns nach den Vorstellungen der Landesregierung zu erkundigen. Viel haben wir davon leider nicht vernommen. Das ist, so denke ich, in Anbetracht des immer offenkundiger hervortretenden Fachkräftemangels schon recht bedenklich. Denn wenn es sich dabei um ein Phänomen größeren Ausmaßes handelt, dann haben wir ein großes brachliegendes Potenzial, wobei natürlich insbesondere die hoch qualifizierte Gruppe der akademischen Berufseinsteiger noch mal ein besonderes Potenzial haben, welches leider auch von einigen missbraucht und ausgenutzt wird.

Immer häufiger kompensieren Unternehmen abgebaute Vollzeitstellen mit schlecht oder gar nicht entlohnten Praktikumsstellen und besetzen diese mit Absolventen, die erwartungsvoll ihre erste Herausforderung suchen. Diesen Trend halten wir für gefährlich - für die Entwicklung der jungen Akademiker genauso wie für den Standort Deutschland und natürlich damit auch für Thüringen. Ambitionierte und talentierte Nachwuchskräfte werden immens verunsichert. Investitionen in die zukünftigen Fach- und Führungskräfte unterbleiben, junge Talente werden über Jahre hinweg nicht entsprechend gefördert. Der Fachkräftemangel, der bereits jetzt wachstumshemmende Wirkungen in verschiedenen Bereichen entfaltet und die Ausnutzung von Hochschulabsolventen als unbezahlte Arbeitskräfte können sich künftig durchaus als eine Schwachstelle für die wirtschaftliche und demographische Entwicklung Thüringens erweisen. Allein schon deshalb bedarf es unserer großen Aufmerksamkeit.