Protokoll der Sitzung vom 04.07.2008

Und dann wollen Sie festlegen im Gesetz, dass nicht der Bürger mit seinem Gemeinderat zuerst entschei

den kann, ob vielleicht der Weg zu einer Verwaltungsgemeinschaft, den ich nicht sehe, vielleicht für ihn der bessere Weg ist, bevor der Landesgesetzgeber entscheidet. Heute sammeln Sie Unterschriften für mehr Demokratie

(Unruhe SPD)

und morgen wollen Sie dem Bürger das Mehr an Demokratie wieder aus dem Gesetz herausstreichen. Das machen wir nicht mit.

(Beifall CDU)

Deshalb gilt für unseren neuen Vorschlag zur Einführung der Landgemeinde ein Grundsatz: Erst entscheidet der Bürger, dann entscheidet der Gesetzgeber.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sie hat einfach der Mut verlassen, Herr Mohring.)

Dann entscheidet der Gesetzgeber und deswegen haben wir festgelegt im Gesetz und vorgeschlagen, dass nicht mehr der Rechtsverordnungsgeber abschließend entscheidet, wo gibt es VGs, wo werden sie aufgelöst, wo werden sie zusammengelegt, sondern immer der Landtag oder das Dreifolgeschrittmaß, was ich vorhin gesagt habe: demographische Entwicklung, Landesplanung, Raumordnung.

Abschließend noch etwas zu den 3.000 Einwohnern und da frage ich mich wirklich, auf welcher Planetenform leben Sie denn?

(Beifall CDU)

Ganz klar ist im Gesetz geregelt, klarer geht es gar nicht, wie man das regeln kann: Tritt die Untermaßigkeit ein und die fängt bei 2.999 Einwohnern an, dann gibt es einen unumkehrbaren Regelungsmechanismus im Gesetz. Und wer seine 3.000 Einwohnerzahl nicht mehr hält in drei aufeinanderfolgenden Jahren, der muss, so steht es im Gesetz in § 46 Abs. 3 - Frau Präsidentin, ich zitiere jetzt noch einmal - „… so muss diese Gemeinde bis zum Ende des zweiten auf den letzten Stichtag des folgenden Jahres den Beitritt zu einer benachbarten Verwaltungsgemeinschaft, die Zuordnung zu einer benachbarten Gemeinde …, die Eingliederung in eine benachbarte Gemeinde oder den Zusammenschluss mit einer benachbarten Gemeinde beim für Kommunalrecht zuständigen Ministerium beantragen.“

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Das ist hanebüchen.)

Dann entscheidet das und legt es dem Landtag vor zur Beschlussfassung und dann entscheidet nach Anhörung im Innenausschuss abschließend der Thüringer Landtag. So ist der richtige Weg und so gehört sich gute Gesetzgebung.

(Beifall CDU)

Wenn wir den Anspruch haben, den Sie auch formulieren, dann müssen Sie auch mal zu Ende denken, wenn wir den Anspruch formulieren, wir wollen für die nächsten 20 Jahre feste Strukturen schaffen, dann kann es auch ein guter Weg sein, dass eine bisher eigenständige Gemeinde, die unter die 3.000-Einwohner-Grenze auf Dauer rutscht, dass es für ihre gemeindliche Entwicklung gedeihlich ist, wenn sie sich einer starken VG in der Nachbarschaft vielleicht anschließt.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich denke, es gibt keine starken VGs.)

Wenn sie sich einer starken VG anschließt, die es natürlich auch in Thüringen gibt. Deshalb wollen wir ja die Wahlfreiheit zwischen allen vier Instituten auch auf Dauer sicherstellen. Das haben wir mit diesem Gesetz geregelt.

(Beifall CDU)

(Unruhe SPD)

Wir tun nichts anderes als das, was wir mit der Enquetekommission hier an Empfehlungen beschlossen haben. Entscheidend ist folgender Text und da lohnt es sich, in das Plenarprotokoll vom 11. April 2008 zu schauen. Wir haben zwei wichtige Texte beschlossen. Wir haben die Empfehlungen der Enquetekommission beschlossen. Die Empfehlungen, die in weiteren Buchstaben geregelt sind, nicht die Vorwortgeschichte der Enquetekommission, sondern wir haben die Empfehlungen beschlossen und wir haben einen gemeinsamen Entschließungsantrag beschlossen. In dem gemeinsamen Entschließungsantrag, den wir beschlossen haben, CDU und SPD, stehen genau diese Grundsätze drin, die im Gesetz jetzt auch stehen. Mindestens 3.000 Einwohner, Abschaffung der Einstimmigkeit, Einführung zur doppelten Mehrheit, Einführung der Thüringer Landgemeinde, Förderung frühestens ab 4.000 Einwohner, darunter keine Förderung mehr, all diese Punkte, auch die Frage des Wahlrechts haben wir ja später auch aufgeführt, Ortschaftsbürgermeister und all das, was sich darum gestaltet.

All diese Voraussetzungen, die in der Entschließung stehen, die wir beide Fraktionen auf den Weg gebracht haben im Ergebnis der Enquetekommission, die finden sich im Gesetz wieder. Es macht schon

Sinn, Herr Matschie, wenn Sie nicht so viel Zickzack und hin und her machen würden, dass Sie eine gerade Linie erkennen lassen, an der man sich auch orientieren kann, wenn man was mit Ihnen abgesprochen hat, dass das dann auch länger als einen Tag gilt. Das ist ganz entscheidend.

(Beifall CDU)

Die KPV in Thüringen wie auch die Landtagsfraktion haben jeweils einstimmig diesen Gesetzentwurf beschlossen, die KPV auf dem Landestag in Schloßvippach vor zwei Wochen mit Willibald Böck und mit dem neuen KPV-Vorsitzenden Gerhard Günther, die Landtagsfraktion vor zwei Wochen einstimmig in der Fraktion. In unseren Orten in Thüringen gibt es größte Zustimmung zu diesem Weg, den wir mit der Einführung der Thüringer Landgemeinde gehen. Es ist ein guter Weg für Thüringen und wir werden ihn beschreiten. Wir laden Sie ein, machen Sie mit. Ich lade Sie nochmals von hier vorn aus ein, begleiten Sie uns auf diesem Weg, schauen Sie auch ins Gesetz, arbeiten Sie mit, machen Sie gute Vorschläge. Sagen Sie den Thüringern, was Sie wollen, wie Sie Thüringer Gemeindestrukturen weiterentwickeln wollen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir waren die Ersten, die das aufgeschrieben haben.)

Nennen Sie es, gehen Sie nicht nur anhand des Gesetzesvorschlags der CDU weiter, machen Sie eigene Vorschläge. Das wäre hilfreich übrigens auch für die Linkspartei. Aber da habe ich mich jetzt gar nicht weiter damit beschäftigt; der Masterplan liegt auf dem Tisch, große Einwohnerstrukturen, größer als 10.000 Einwohner - das lehnen die Thüringer ab. Sie wollen Heimat und Identifikationsräume haben, dort, wo sie sich Wohlfühlen. Ihre Großstrukturen, Ihre Abschaffungsideen, die Sie haben, macht niemand mit und wir lehnen das ab und werden den Weg auch nicht beschreiten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt jetzt weitere Wortmeldungen. Für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneter Kuschel. Frau Taubert, Ihre Wortmeldung habe ich gesehen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte ja schon bei meiner ersten Rede darauf verwiesen, was uns erwartet. Es war dieser Schlagabtausch, der allerdings inhaltlich wenig substantiiert war. Auf einige Dinge möchte ich noch einmal eingehen. Herr Mohring, Sie haben formuliert:

Erst soll der Bürger entscheiden, dann der Gesetzgeber. Sie haben auch an einer anderen Stelle formuliert, die Leute sollen vor Ort entscheiden. In dem Zusammenhang verstehe ich aber nicht, warum Sie dann ständig uns kritisieren, die eben gerade vor Ort entscheiden lassen, zwar nicht wie Sie nur die kommunalen Mandatsträger oder Bürgermeister, sondern wir erweitern das auf alle Bürger.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist unser grundsätzlicher Unterschied, unser anderer Ansatz.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Es gibt noch mehr Unterschiede zwischen uns.)

Trotz Ihres Versuchs, hier noch einmal das Landgemeindenmodell zu erläutern, hat sich uns noch immer nicht erschlossen, was dann tatsächlich daran anders sein soll, was in den jetzigen drei Rechtsinstituten, die wir für die gemeindlichen Strukturen haben, nicht auch entwickelt werden könnte. Sie haben hier eine sehr überzeugende Argumentation für die Notwendigkeit der Erweiterung der Ortschaftsverfassung dargestellt. Aber wenn Sie davon wirklich überzeugt sind, warum haben Sie dann nicht den Mut, das auf alle Gemeinden anzuwenden?

(Beifall DIE LINKE)

Warum sollen denn nicht alle Bürger in Thüringen von diesem erweiterten Ortschaftsrecht profitieren können?

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Das können Sie doch auch.)

Nein, der Gemeinderat entscheidet das, wenn sich der Gemeinderat entscheidet, aber da sind die Bürger abhängig davon, was der Gemeinderat haben will. Da, wissen wir, gibt es Spannungsfelder.

(Unruhe CDU)

Wenn Sie wirklich davon überzeugt sind, dass es gut ist für Thüringen, dieses erweiterte Ortschaftsrecht, dann lassen Sie es uns für alle Gemeinden einführen. Dann erübrigt sich nämlich Ihr Landgemeindenmodell, erübrigt sich einfach. Dann kann man nur noch darüber diskutieren: Was wird mit den Verwaltungsgemeinschaften und was wird mit den erfüllenden Gemeinden? Sie haben hier noch einmal ausführlich dargelegt, weshalb Sie an dieser 3.000-Einwohner-Grenze festhalten. Ihre eigene Landesregierung hat bisher durch die Förderung freiwilliger Zusammenschlüsse auf die 5.000-Einwohner-Grenze abgestellt, und das sicherlich nicht ohne Grund. Wir haben hier öfter eine Diskussion

geführt und immer wieder wurde gesagt, erst ab dieser Einwohnergrenze kann man einfach Leistungsfähigkeit voraussetzen. Es gibt sicherlich im Ausnahmefall auch die Möglichkeit, die 5.000er-Grenze zu unterschreiten, aber vom Grundsatz her wurde immer wieder - und das auch über die Förderung - deutlich gemacht, eigentlich erst ab 5.000 Einwohnern besteht die Möglichkeit, entsprechend Leistungsfähigkeit zu gestalten. Ich will Ihnen das nur einmal am Personal deutlich machen. Bei 5.000 Einwohnern, durchschnittlich 2,2 Beschäftigte pro 1.000 Einwohner, hat die Verwaltung 11 Beschäftigte. Wie sollen die die hochspezialisierten Aufgaben für eine Gemeinde erfüllen können bei 11 Beschäftigten? Wir wollen solche Projekte wie Bürgerkommune, Bürgerhaushalt, auf den Weg bringen, also ein anderes Verhältnis zwischen Bürger und Verwaltung. Das bedarf natürlich auch personeller Ressourcen in den Verwaltungen, das kann eine Verwaltung in dieser Struktur objektiv nicht leisten. Das kann sie nicht leisten und deshalb diskutieren wir über größere Strukturen und nicht, weil uns nichts anderes einfällt. Wir wollen leistungsfähige Verwaltungen und das bedarf eben einer gewissen Größe und Spezialisierung. Da sagen die Experten, ab 20 bis 24 Beschäftigten kann ich in einer Verwaltung tatsächlich das entsprechende Fachpersonal vorhalten, damit das entsprechend funktioniert. Sie müssen doch einmal erklären: Sie wollen jetzt den Ortschaften in einer Landgemeinde das Satzungsrecht übertragen, zum Beispiel für B-Pläne. Wie soll denn das mit so einer Kleinstverwaltung gehen? Wie soll denn eine Behörde das begleiten? Die kommen schon mit dem Sitzungsdienst gar nicht nach. Das sehen wir ja jetzt in den Verwaltungsgemeinschaften, es gibt Verwaltungsgemeinden mit bis zu 17 Mitgliedsgemeinden,

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Bis 21 Gemeinden.)

vielleicht sogar noch größer, ich habe einmal jetzt Ziegenrück-Ranis genommen. Wenn der VG-Vorsitzende im Monat allein in jeder Gemeinderatssitzung ist, sind schon 17 Tage weg. Damit kann er sich natürlich nicht auf die Verwaltungsarbeit konzentrieren. Deshalb also die Diskussion dazu, welche Größe denn tatsächlich sinnvoll ist.

Sie haben dann hier mehrfach auf die Empfehlung der Enquetekommission verwiesen. Da muss ich noch einmal sagen, wie diese Empfehlung zustande gekommen ist, weil, da wird so getan, als wäre das völlig unabhängig von Mehrheiten. Also, die Empfehlung der Enquetekommission ist durch eine Mehrheit in der Enquetekommission beschlossen worden. Sie haben als CDU monatelang die Arbeit der Enquetekommission blockiert.

(Beifall DIE LINKE)

Auf einmal, im Oktober 2007, wo Sie dann gemerkt haben, Ihnen läuft die Diskussion aus der Hand, weil natürlich der Druck der Öffentlichkeit größer geworden ist, weil man gesagt hat, wir brauchen jetzt endlich Ergebnisse, wir brauchen Klarheit,

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Kompletter Unsinn.)

dann haben Sie im Schweinsgalopp einfach mit Ihrer Mehrheit in der Enquetekommission dieses neue Modell der Landgemeinde durchgedrückt.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Nicht nur mit unserer Mehrheit, auch mit der SPD und den Sachverständigen.)

Mit Ihrer Mehrheit. Wir haben ein Minderheitenvotum abgegeben. Also, wenn man hier auf den Bericht der Enquetekommission abstellt, muss man sagen, es ist eine Mehrheitsposition. Die Enquetekommission widerspiegelt die Mehrheitsverhältnisse hier im Landtag. Nur dann wird auch für die Öffentlichkeit deutlich, wie dieses Papier zu bewerten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU hat gesagt, es soll unter 3.000 Einwohnern dann gar keine Ausnahmen mehr geben. Jetzt haben wir das schon mehrfach diskutiert. Was wird zum Beispiel dann mit der Stadt Oberhof? Dort haben wir festgestellt, die Stadt Oberhof hat über Thüringen hinaus Bedeutung. Wollen Sie also die Stadt Oberhof, internationale Sportstadt, zu einer Landgemeinde umwandeln? Oder soll Oberhof als einzige Ausnahme bleiben? Also, auch das bedarf sicherlich noch einmal einer Diskussion. Bezeichnend ist, dass Sie das Landgemeindenmodell bei einer Tagung in Oberhof entwickelt haben. Aber vielleicht haben Sie da dann für Oberhof schon eine Ausnahme gemacht.