Protokoll der Sitzung vom 12.09.2008

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Huster, Sie haben über den Investitionsbegriff geredet, da haben wir ja an dieser Stelle schon mehrfach diskutiert. Dann empfehle ich Ihnen den Fortschrittsbericht. Genau das sagt der Fortschrittsbericht: Die wachstumsorienten Faktoren des Haushalts sind alle vom Wirtschaftsforschungsinstitut Halle identifiziert. Hier gibt der Freistaat Thüringen 606 € pro Einwohner aus, Mecklenburg-Vorpommern 428 € pro Einwohner, Sachsen 478 € pro Einwohner. Wir geben in diesem Bereich mehr aus als alle anderen Länder. In diesen wachstumsorientierten Faktoren sind die Hochschulen, die Forschung, die Bildung, die wissenschaftlichen Bibliotheken, da sind die Investitionsleistungen für Straßenbau, die Investitionsleistungen im Bereich

der Schulen. Es bedarf Ihres Antrags nicht, denn dieser Freistaat gibt pro Einwohner 133 € mehr aus als jedes andere neue Land im Durchschnitt.

(Beifall CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass ich als Finanzministerin einen Fortschrittsbericht vorlegen konnte, der 100 Prozent, sogar 109 Prozent... - so albern ist ja dieses Berechnungsschema, gegen das ich mich immer auch gewehrt habe. Ich bin froh, dass ich sagen kann, wir haben eine Nettoneuverschuldung null und wir schaffen das auch 2009, so nicht unvorgesehene Sachen dazwischenkommen. Die Sicherheit muss man immer einbauen. Das haben die Menschen in diesem Land geleistet und ich bedanke mich bei meiner Fraktion, die die Sparpolitik dieses Landes unterstützt hat, denn das ist für die Zukunft unserer Kinder, und dafür machen wir Politik. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete, war das das Signal zu einer Frage? Jetzt frage ich mal die Ministerin: Würden Sie die Anfrage von Frau Abgeordneten EhrlichStrathausen beantworten?

Ja.

Dann bitte.

Vielen Dank. Ich habe noch mal eine Nachfrage zu Ihrer Aussage. Sie sagten, dass man einen Nachtragshaushalt dann braucht, wenn man mehr ausgeben will.

Wie die Haushaltsermächtigung, das habe ich gesagt, wenn ich keine Haushaltsermächtigung habe.

Okay. Meine Frage: Heißt das, dass es keine Nachverhandlung für die Floating-Lehrer gibt und dass Minister Müllers Aussage, weiterzuverhandeln, dann nur Hinhaltetaktik ist?

Nein. Haushaltsrecht §§ 35 und 38, wann überplanmäßige Ausgaben zu tätigen sind, empfehle ich, noch mal nachzulesen. Wann Ausgabeermächtigung, wo man Ausgabeermächtigung kann, Unvorhergesehenes und wie im Budget eines Personalhaushalts - alle Minister haben Budgets im Personalhaushalt. Wir haben auch ein vollkommen neues System der erweiterten Deckungsfähigkeit. Im Rahmen dieses verhandelt der Kultusminister mit den Lehrern.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Davon müssen doch die verbeamteten Lehrer auch bezahlt werden.)

(Beifall CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen vor - doch, für die Fraktion DIE LINKE Abgeordneter Huster.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, die Nachfrage der Kollegin Ehrlich-Strathausen hat auf ein inhaltliches Problem hingewiesen, welches im nächsten Jahr einer Lösung bedarf. Ich gehe also davon aus, auch wenn Sie heute bei Ihrer Auffassung bleiben, keinen Nachtragshaushalt im Jahr 2009 zuzulassen, dass die Thematik, also diese einzelne Thematik in den nächsten Wochen und Monaten und im nächsten Jahr genauso auf der Agenda steht, wie die Dinge, die Frau Ministerin Lieberknecht heute Morgen angekündigt hat und wie auch seitens meiner Fraktion heute zum Beispiel in der Sozialdebatte hier deutlich gemacht wurde. Die Gründe, dass sich dieser Landtag für das Jahr 2009 mit den drängensten Fragen beschäftigt, die in diesem Land stehen unter der Beachtung der ökonomischen Dinge, wo wir, glaube ich, in der Analyse der Risiken gar nicht so weit auseinanderliegen, aber unter Beachtung, nicht mit dem Primat, die Dinge, die inhaltlich in diesem Land 2009 zu bewegen sind, die werden wir hier im Landtag und draußen diskutieren, die werden auch jetzt weiter im Land diskutiert. Da können Sie auch nicht weg, indem Sie sagen, der Nachtragshaushalt kommt für Sie nicht infrage. Dass Sie versuchen, exekutiv allein zu entscheiden, wann Sie was von der Leine lassen, das ist klar und das ist aus Ihrer Sicht auch verständlich, dass aber der Landtag, insbesondere die Opposition die Kontrollrechte auch wahrnimmt und die Beteiligung des Landes sichern will über die Beteiligung des Parlaments, das ehrt diese Opposition im Gegensatz zur Regierungsfraktion.

Herr Mohring, wenn Sie hier Vorträge halten über die Seriosität der Oppositionsfraktion, da muss ich Ihnen einfach mal sagen, solange Sie die Frage nach der Abschaffung der Erbschaftsteuer nicht anders beantworten, Sie gehen auf diese Fragen überhaupt nicht ein, und da kann ich Ihnen nur sagen, wir werden das auf den Marktplätzen erzählen, die elementaren Zusammenhänge. Sie sind dafür, die Erbschaftsteuer abzuschaffen.

(Unruhe CDU)

Und das bedeutet: Kommt bis zum 31. Dezember des Jahres 2008 keine Einigung in der Frage der Reform der Erbschaftsteuer zustande, dann wird die Erbschaftsteuer das gleiche Schicksal ereilen wie 1997 die Vermögenssteuer, die wird ausgesetzt. Und das bedeutet dann, dass genau in dem Jahr 2009, Herr Mohring, wo Sie Wahlgeschenke verteilen wollen, in diesem Landeshaushalt 100 Mio. € fehlen.

(Beifall DIE LINKE)

100 Mio. € werden in diesem Landeshaushalt fehlen.

(Unruhe CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie waren vorhin nicht anwesend, also noch einmal...

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Althaus, Ministerpräsident: 100 Millionen Erbschaftsteuer, woher kommen die denn?)

(Zwischenruf Reinholz, Minister für Wirt- schaft, Technologie und Arbeit: 3 Prozent aller Deutschen zahlen Erbschaftsteuer.)

Ich würde jetzt darum bitten, dass der Abgeordnete Huster das Rederecht weiter für sich in Anspruch nehmen kann und auch hier gilt wieder, wer noch sprechen möchte, kann sich gern zu Wort melden. Das gilt für Abgeordnete und die Regierungsbank.

Frau Präsidentin, man ist ja fassungslos mittlerweile, was man hier von höchster Regierungsseite geboten bekommt. Ich hatte vorhin den Zusammenhang erklärt - und der ist mir nicht eingefallen, sondern das sind die Beantwortungen von Kleinen Anfragen von Abgeordneten aus diesem Haus durch die Finanzministerin.

Noch einmal, das eigene Aufkommen aus der Erbschaftsteuer im Landeshaushalt, aus dem Land Thüringen beträgt ca. 10 Mio. €. Da kann man sagen, das kann man abschaffen, das ist gering. Weil es aber ein gesamtdeutsches Aufkommen gibt, welches unter den Ländern verteilt wird, und das Aufkommen der Erbschaftsteuer in Deutschland natürlich unterschiedlich ist, fließt auch dieses Aufkommen aus der Erbschaftsteuer der Länder in den Länderfinanzausgleich ein. Das bedeutet, wenn es diese Erbschaftsteuer nicht gäbe, gäbe es dieses höhere Level in der im Länderfinanzausgleich zu verteilenden Finanzmasse nicht. Die würde sinken um einige Milliarden - in etwa 5 Mrd. €. Das würde bedeuten, dass in Thüringen 100 Mio. € Einnahmen pro Jahr fehlen. Das ist der Zusammenhang, Herr Ministerpräsident, den Ihr Fraktionsvorsitzender und offensichtlich auch Sie und Ihr Wirtschaftsminister entweder nicht kennen oder völlig ignorieren. Ab jetzt können Sie ihn nur noch ignorieren, weil jetzt kennen Sie den Zusammenhang, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Mohring für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will natürlich ganz kurz darauf eingehen, weil ich das so nicht stehen lassen kann und vor allem, weil Sie es seit Wochen falsch wiederholen. Natürlich hat Ihnen die Finanzministerin richtig geantwortet, wenn man singulär nur die Abschaffung der Erbschaftsteuer betrachtet und es dann aufgrund von Berechnungsmechanismen möglicherweise zu größeren Ein- oder Ausfällen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs kommen kann. Wir sagen aber als Union, und das sagen wir durchgängig, wir wollen ein anderes Steuersystem in Deutschland haben. Wir wollen andere Finanzbeziehungen haben zwischen den Ländern und dem Bund

(Unruhe DIE LINKE, SPD)

und wir wollen vor allen Dingen ein einfaches und gerechtes Steuersystem haben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Jetzt bist du aber wirklich eingebrochen.)

(Beifall CDU)

Unter dem Gesichtspunkt eines einfachen und transparenten Steuersystems passt die Erbschaftsteuer halt nicht herein. Wir wollen in dieser Frage auch

den Wettbewerb und natürlich sehen wir es aus einem anderen Gesichtspunkt als z.B. Hessen, die ca. 900 Mio. € Erbschaftsteueraufkommen jedes Jahr haben. Aber natürlich wollen wir die Kompetenz in dieser Frage haben. Das ist eine Grundvoraussetzung, die darf ich nicht ausblenden dabei. Wenn sich die Föderalismuskommission darauf verständigen würde, dann sagen wir zu Recht als Union in Thüringen - und das sagen übrigens auch andere Finanzpolitiker der Union in anderen Ländern -, dann wären wir bereit, in unseren Länderhaushalten auf diese Einnahme zu verzichten, weil gerade die Leute, die durch Erbschaftsteuer belastet sind, oft auch die sind, die beitragen insgesamt zum Steueraufkommen im jeweiligen Bundesland aber auch in Gesamtdeutschland. Und wenn wir diesen globalen Wettbewerb wollen, der nicht hinter Eisenach, Suhl oder Altenburg endet, sondern der global zu sehen ist, dann müssen wir uns auch diesem Wettbewerb stellen, wo die Leistungsträger in Deutschland und in Europa ihre Heimstätte suchen. Wenn wir sie unendlich belasten, dass sie nicht mehr können, dann gehen sie weg, dann gehen sie in solche Länder, wie z.B. Österreich, die die Erbschaftsteuer abgeschafft haben. Und nun schauen Sie sich die Finanzierung der Kommunen in Österreich an und schauen Sie sich die Gesamtfinanzierung des Staates in Österreich an. Da ist doch die Welt nicht untergegangen, da hat sich das System doch nicht verändert, sondern da ist mehr Freiheit entstanden und mehr Leistungsträger haben Kraft, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen und zu helfen, dass Wirtschaftswachstum generiert wird, damit wir am Ende aus diesen Mehreinnahmen dann auch tatsächlich was verteilen können, für die, die Hilfe in diesem Freistaat brauchen. Das ist der richtige Politikansatz. Aber Sie verschweigen, wenn Sie auf die Marktplätze gehen, nämlich eins, Sie erzählen den Leuten zwar den kurzen falschen Zusammenhang von Erbschaftsteuerreform, aber Sie erzählen Ihnen nicht, dass Sie die Leistungsträger zusätzlich noch belasten wollen, nicht nur mit Erbschaftsteuer, sondern dann auch noch mit Vermögensteuer. Und welcher Leistungsträger dann noch im Land bleiben soll, das wissen nur Sie, Marx und Engels. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Abgeordneter Huster für die Fraktion DIE LINKE.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Mohring, nur ganz kurz, auch das entspricht nicht

der Wahrheit, was Sie hier vorgetragen haben. Sie wissen vielleicht, ich gehe davon aus, dass Sie das wissen, dass die tatsächliche Entwicklung, die unbefriedigend war, dass infolge des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Österreich die Steuerflucht, also diese Vermeidungsgründe, nach Österreich tatsächlich stattgefunden hat. Deshalb wurde das entsprechende Abkommen durch die Bundesregierung gekündigt, um genau diesen Tatbestand der Steuerflucht nach Österreich einzudämmen und der hat de facto mit der Erbschaftsteuer, so wie sie jetzt hier in Deutschland geregelt ist, überhaupt nichts zu tun. Ich behaupte, Sie benutzen das Argument rein aus propagandistischen Zwecken, weil Sie sagen,

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)

wenn Ihnen das nichts mehr hilft, dann kommen Sie mit der These, dass die Vermögenden in Scharen, die Leistungsträger, die Eliten das Land verlassen und ja, was ist dann? Dann müssen wir wahrscheinlich alle verhungern, weil das so ganz furchtbar ist. Herr Mohring, Sie haben in Ihrer Rede vorhin die SPD versucht zu belehren, dass sie ja nun für ein Thüringer Verbot in der Verfassung der Neuverschuldung streiten müsse,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist ihm nicht gelungen.)

weil Sie uns so etwas vorlegen. Sie wissen auch, was in der Föderalismus-II-Kommission diskutiert wird seitens der Länder, die Druck machen. Dazu gehören nicht die neuen Länder, dazu ist auch das Parteibuch nicht entscheidend, sondern in der Regel sind das die süddeutschen Länder, auf deren Seite sich der Ministerpräsident des Öfteren schlägt, auch dann, wenn ich glaube, wir haben ökonomisch eher einen Nachteil davon und keinen Vorteil. Ich will Ihnen das sagen, was mit einem Nettoneuverschuldungsverbot, was da diskutiert wird, was in den entsprechenden Sanktionsmechanismen vorgesehen ist, nämlich dass Länder, die in einem Zeitraum x ihre Haushalte wegen der Nettoneuverschuldung nicht ausgleichen, die sollen gezwungen werden, über eigene Hebesatzpflichten, in dem Fall dann auf zum Beispiel die Lohn- und die Einkommensteuer, höhere Steuersätze von ihren Arbeitnehmern verlangen zu müssen, um diese Haushaltsdefizite abzubauen. Wer so etwas überhaupt denkt aus einem Bundesland, das nach wie vor finanzschwach ist und mindestens bis 2020 von den Zuweisungen Dritter abhängig ist, wer so etwas denkt und nicht mit sagt und argumentiert, der handelt sogar nicht bloß politisch fahrlässig, sondern der handelt gegen die Interessen seiner Bürger und gegen die Interes

sen des Freistaats Thüringen, Herr Mohring. Und auch das sind elementare Zusammenhänge. Sie dürften niemals ein Verbot der Nettoneuverschuldung in der Verfassung unter diesen Rahmenbedingungen überhaupt in Erwägung ziehen, wenn Sie die Interessen eines finanzschwachen Bundeslandes wie Thüringen, die wir es leider noch sind, überhaupt ernst nehmen.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)