Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

bzw. Landesdatenschutzgesetzen und den Regelungen in den anderen Fachgesetzen umzukehren. Das BDSG soll Vorrang haben; in anderen Gesetzen sollen nur vermeidbare fachspezifische, abweichende und konkretisierte Regelungen getroffen werden.

Was ist denn bisher passiert, meine Damen und Herren? Nach dem ersten Datenschutzskandal im Frühsommer 2008 - also das Stichwort Telekom - legte das Bundesinnenministerium einen Referentenentwurf vor. Dieser befindet sich immer noch innerhalb der Bundesregierung. In einer Kabinettsberatung am 30.10. fand zu dem Entwurf eine Kabinettsanhörung statt - mit Experten, Einzelpersonen und Organisationen. Über die Ergebnisse der Anhörung am 30.10.2008 gibt es leider noch keine offiziellen Informationen. Das Ministerium und das Datenschutzzentrum haben zum Beispiel auch keine Pressemitteilung diesbezüglich herausgegeben. Angesichts dieser Tatsache, dass bei anderen wichtigen Themen durchaus auch in einer Woche ein Gesetz gemacht werden konnte, muss ich davon ausgehen, dass jetzt der politische Wille noch nicht gegeben ist, selbst wenn es hier um viel Geld geht, diese Vorschläge schnellsten zu bearbeiten.Ich befürchte, dass hier ebenfalls eine längere Zeit ins Land gehen wird, um sich dieser Frage anzunehmen.

Meine Damen und Herren, soweit möglich, denke ich, muss eine inhaltliche und systematische Synchronisierung der Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder erfolgen. Alles, was einheitlich geregelt werden kann, sollte im Bundesgesetz geregelt werden. Das BDSG sollte eine Öffnungsklausel erhalten, die jeweils landesspezifische Abweichungen erlaubt. Da das Datenschutzrecht zur konkurrierenden Gesetzgebung - ich benenne Artikel 74 Grundgesetz - gezählt werden kann, könnte der Bundesgesetzgeber auch signalisieren, für welche Punkte er seiner Meinung nach das Gesetzgebungsrecht mit Bindungswirkung für die Länder bewusst nicht ausüben will. Sollte die Zuordnung des Datenschutzrechts zu einer der Kompetenzkategorien des Grundgesetzes zweifelhaft sein, so sollte zur Klarstellung eine ausdrückliche Einordnung der Ergänzung des Grundgesetzes erfolgen, und zwar mit Priorität auf die Bundesebene. Ich denke, Kleinstaaterei gerade beim Datenschutz sollte nicht unser Ansinnen sein.

Meine Damen und Herren, im Bereich der Datenschutzkontrolle müsste nach unserer Auffassung rechtlich klar strukturiert werden, um Kontrollmechanismen nach dem Prinzip unabhängiger Forschung, Kontrolle und Information, Kontrolle aus einer Hand für den öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich zu schreiben. Konsequenzen für Thüringen wären dann, dass die Datenschutzkontrolle für den gesamten öffentlichen Bereich - vergleichbar die Überforderung des Landesverwaltungsamts bei der Mel

dedatenaffäre - und der nicht öffentliche privatwirtschaftliche Bereich ebenfalls vom Landesdatenschutzbeauftragten für den Datenschutz übernommen wird. Das bedeutet aber eine völlige Neukonzeption, eine neue Konditionierung der Arbeit und Ausstattung der bisherigen Behörde. Die rechtliche Kontrolle des Datenschutzes kann durch die Einführung von erweiterten Klagerechten - also Konkurrentenklage, Verbandsklagerechte vor allem zur Führung von Musterprozessen - ebenfalls gestärkt werden.

Im Bundesdatenschutzgesetz ist ja seit einigen Jahren schon der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit verankert, jedoch wird dieser Grundsatz in der gesetzgeberischen wie auch in der behördlichen Praxis so gut wie nicht beachtet. Deshalb müssen Prüfungsprozesse und Evaluierungsverfahren durchgeführt werden, um diese Diskrepanz möglichst zu beseitigen. Jedes neue Gesetz, jedes Vorhaben sollte ausdrücklich auf seine Datenschutzrelevanz geprüft werden. Außerdem sollten auch die geltenden Gesetze einem solchen Datenschutzcheck unterzogen werden.

Meine Damen und Herren, unser Antrag der Fraktion DIE LINKE über Datenhunger nach privaten (Kunden-) Daten bietet, denke ich, unseres Erachtens eine mehr als reichliche Substanz für eine Weiterberatung in den Ausschüssen. Ich habe anfangs schon auf den Bericht verwiesen und freue mich auf die Weiterbehandlung im Innen- und Justizausschuss. Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen seitens der Abgeordneten mehr vor, aber für die Landesregierung Herr Staatssekretär Hütte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eigentlich wollte ich mich gar nicht mehr gemeldet haben, aber nach den Ausführungen von Herrn Hahnemann und Herrn Hauboldt muss ich Ihnen wirklich ein Kompliment machen. Sie können einen schwindlig reden. Es würde Stunden brauchen, wenn ich versuchen würde, das alles auseinanderzupflücken, was Sie hier an Dingen in einen Topf gerührt haben und was Sie alles miteinander verquirlt haben - Bundeszuständigkeiten, Landeszuständigkeiten, öffentlicher Datenschutz, Datenschutz im privaten Bereich, Lotto, Meldebehörden, was war das Tollste, die Vorratsdatenspeicherung und das war der Punkt, wo ich dann doch noch einen Satz dazu sagen möchte. Sie haben hier so getan, als gehörte das Thema Vor

ratsdatenspeicherung und der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von dieser Woche ebenfalls in den Zusammenhang dieses Antrags - das ist nicht so! Der Beschluss des Verfassungsgerichts betrifft das Telekommunikationsgesetz des Bundes und Thüringen hat die Voraussetzungen, die das Verfassungsgericht statuiert, bereits wesentlich erfüllt. Hier werden keine Vorratsdaten gespeichert bzw. abgerufen. Das muss ich noch mal klar feststellen. Ansonsten sind das weitgehend, was Sie gesagt haben, Herr Hahnemann, vor allen Dingen politisch-philosophische Ausführungen und Unterstellungen gewesen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass in meinem Bericht, den ich in gewohnt nüchterner, vielleicht etwas trockener Form, wie das so ist, vorgetragen habe, das dort zum Ausdruck kommt:

1. Es gibt in Thüringen keine Datenskandale. Das ist mir ganz wichtig. Es gibt bislang in Thüringen keine Erkenntnisse, dass hier Unternehmen oder auch der Staat in ähnlicher Weise Verstöße vorgenommen haben.

2. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und die Innenministerien haben sich auf dem sogenannten Datenschutzgipfel beim Bundesinnenminister einig gezeigt. Da gab es überhaupt keinen Streit, dass Handlungsbedarf besteht.

3. Die Leistung, zwischen September und November, also in knapp sechs Wochen, einen Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums vorzulegen und mit den Ländern abzustimmen, damit er dann noch im Dezember in den Bundestag eingebracht werden kann, halte ich für einen Beweis von schnellem und entschlossenem Handeln einer Regierung bzw. des Gesetzgebers. Da zu sagen, das dauert alles zu lange oder die Probleme werden nicht erkannt, stimmt schlichtweg nicht.

Ich will auch klar sagen „legal, illegal, ist mir egal“, diese Mischung, die hier zum Ausdruck kam, trifft nicht das Thema, das geht wirklich an diesem schwierigen Komplex Datenschutz und Schutz der Bürger völlig vorbei. Wir müssen zur Kenntnis nehmen und Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es im Bereich des Datenschutzes rechtliche Rahmenbedingungen gibt, Bundesrecht und Landesrecht. Das kann man auch nicht einfach zusammenrühren und sagen, legal, illegal, das interessiert uns nicht.

Ansonsten herzlichen Dank für Ihre Geburtstagswünsche, aber ich kann Ihnen an der Stelle auch versichern, das Geburtstagsrisiko eines Staatssekretärs besteht weniger in fehlendem Datenschutz. Im Übrigen ist mein Geburtsdatum auch auf der Homepage des Thüringer Innenministeriums offengelegt, und zwar mit meinem Einverständnis. Die übrigen Diskussionen werden wir dann im Innenaus

schuss führen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich bringe jetzt mal Ordnung in die Überweisungen. Es ist nämlich ein Antrag, der zwei Bestandteile hat, die Nummer 1 ein Berichtsersuchen und das Berichtsersuchen soll, soweit ich das verstanden habe, fortberaten werden im Innenausschuss, denn da geht nur ein Ausschuss. Das erfordert die Zustimmung aller Fraktionen, die die Aussprache beantragt haben. Herr Abgeordneter Schröter.

Der Bericht ist gegeben und wir würden einer Weiterberatung im Ausschuss nicht zustimmen.

Gut, dann brauchen wir auch nicht über die Fortberatung des Sofortberichts abzustimmen. Ich stelle nun fest, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, und dagegen erhebt sich auch kein Widerspruch.

Jetzt komme ich zu Nummer 2 des Antrags. Hier ist beantragt worden, diese an den Innenausschuss zu überweisen und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Beim Innenausschuss soll die Federführung liegen.

Wer der Überweisung an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Demzufolge ist die Überweisung einstimmig vorgenommen worden.

Wir kommen nun zum Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das sieht nicht aus wie die Mehrheit. Die Gegenstimmen bitte. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es keine. Die Beratung im Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ist abgelehnt worden. Damit erübrigt sich die Frage nach der Federführung.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 13 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Personalinitiative für Schulen in Thüringen Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/4376 -

Die Fraktion DIE LINKE hat angekündigt, dass Frau Abgeordnete Sojka das Wort zur Begründung nehmen möchte. Bitte, Frau Abgeordnete Sojka.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, dieser Antrag ist entstanden zu einer Zeit, als Sie Ihren Fehlstart ins neue Schuljahr produziert haben. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so lange dauert und dass wir den erst heute - also nach dem Merkel’schen Bildungsflop - behandeln. Aber es ist trotzdem ein guter Tag, es ist der Tag der bundesweiten Schulstreiks.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist gut, außerparlamentarische Opposition zu verbinden mit dem, was wir hier intern im Plenum besprechen. Ich bin natürlich stolz auf die jungen Leute, die da für ihr Recht auf gute Bildung gekämpft haben und letztendlich auch deutlich gemacht haben, Herr Emde, dass Sie eben nicht recht haben. Sie haben Ihre undemokratische Denke ja heute mit einer Pressemitteilung stolz verkündet: Demokratie ist nur das, was Sie dafür halten, und das kann natürlich nur das sein, was der CDU gefällt. Das ist leider nicht so und, wie gesagt, ich kann nur die Schülerinnen und Schüler unterstützen.

Ich möchte auch den Trugschluss,

(Beifall DIE LINKE)

dem Sie da offensichtlich aufgesessen sind, doch mal korrigieren, der bundesweite Streik richte sich - ich zitiere aus Ihrer Pressemitteilung - „überdies gegen vermeintliche Missstände, die Thüringen überhaupt nicht beträfen“. Wenn es denn so wäre, Herr Emde, dann müssten wir heute nicht hier über dieses Thema reden,

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Müssen wir doch auch nicht.)

dann hätten wir im September keine Aktuelle Stunde gehabt und dann bräuchten wir eigentlich nur noch dem Minister für diesen Donnerstag zu seinem Bildungsgipfel richtig die Daumen drücken und alle jubeln wie zum IX. Pädagogischen Kongress, aber dem ist nicht so.

(Beifall DIE LINKE)

Im Übrigen, ich sage mal, noch ist sie ja Opposition und vielleicht ist sie auch beim nächsten Mal nicht dabei, aber die FDP in Thüringen unterstützt auch diesen Protest und die „gute Möglichkeit, den Druck zur nötigen Bildungsreform zu erhöhen“.

Manchmal sind mir selbst liberale Gedanken so richtig nah, jedenfalls näher als das, was Sie hier in der Mitte des Hauses immer versuchen, uns beizubiegen und schönzureden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir haben auch liberale Wurzeln.)

Natürlich, selbstverständlich. Zumindest sind die noch nicht so verblendet, dass sie demokratisch nur das nennen, was sie selber gut finden.

Nun zu unserem Antrag konkret:

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wie ist es bei Euch?)

Sie wissen doch ganz genau, dass wir auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und natürlich demokratisch sind.

(Heiterkeit CDU)

Da können Sie lachen, ich kann Ihnen nur sagen von mir selber, ich habe zur Wendezeit in meinem Kreis dafür gekämpft und ich weiß ganz genau, was mir damals gesagt worden ist. Darüber können wir gern mal reden und da gibt es auch ein paar Kollegen aus Ihrem Kreis, die mich aus der Zeit noch kennen oder eben nicht, weil sie hinter den Gardinen nur zugeschaut haben. Da erwischen Sie mich an einem ganz wunden Punkt, Herr Mohring, da waren Sie noch Freundschaftsratsvorsitzender.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Da waren Sie im Neuen Forum.)

Sie haben mir nicht zu sagen, wo und wie ich Demokratie gelernt habe oder nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich gebe zu, dass ich als junge Mutter erst zur Wendezeit politisch aktiv geworden bin. Vorher habe ich weiß Gott auch die SED-Kreisleistung nie von innen gesehen. Und Sie müssen mir nicht sagen, was Demokratie ist. Ich habe sehr gut ein Bauchgefühl dafür und offensichtlich Ihre Kollegen alle nicht, was dazu geführt hat, dass diese Demokratie, die keine war, da gebe ich Ihnen ja recht, in der DDR untergegangen ist. Die gleichen Anzeichen entdecke ich heute wieder. Das ist so peinlich, dass Sie das nicht merken. Aber nächstes Jahr werden Sie es merken, das verspreche ich Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Nun zu unserem Antrag: