Michaele Sojka

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Grundsatzbeschluss des Kreistags im Landkreis Eichsfeld zum Umbau des ehemaligen Klosters Worbis zu einer Grundschule mit christlich-humanistischem Leitbild
Am 27. Mai 2009 fasste der Kreistag im Landkreis Eichsfeld gegen die Stimmen der Opposition den Grundsatzbeschluss über den Umbau des ehemaligen Franziskanerklosters in Worbis zu einer Grundschule mit christlich-humanistischem Leitbild. Landrat Hennig (CDU) wurde darin u.a. beauftragt, die Genehmigung eines entsprechenden Modellprojektes einer Grundschule mit christlich-humanistischem Leitbild bei der Landesregierung zu beantragen. In seiner Begründung der Vorlage des Grundsatzbeschlusses führt Landrat Hennig auf Seite 3 aus: „Es ist beabsichtigt, ein Modellprojekt zu entwickeln, in dem sich diese Schule konzeptionell ausdrücklich zur christlichen Prägung der Region bekennt.“ Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht bereits in mehreren Entscheidungen betont, dass öffentliche Schulen der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet sind.
Ich frage die Landesregierung:
1. Inwieweit steht der Beschluss des Kreistags im Landkreis Eichsfeld im Widerspruch zu den Grundsätzen der weltanschaulichen Neutralität öffentlicher Schulen, die in Artikel 24 Abs. 2 und Artikel 39 Abs. 1 der Thüringer Verfassung festgeschrieben sind und in den Artikeln 4 und 7 des Grundgesetzes seine Grundlage haben und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
2. Inwieweit ist der Landrat des Landkreises Eichsfeld nach Auffassung der Landesregierung verpflich
tet, den verfassungswidrigen Beschluss des Kreistags zu beanstanden?
3. Wie viele Anträge auf Gründung bzw. Bildung einer religiös geprägten öffentlichen Schule sind der Landesregierung bisher gestellt worden und mit welchen Ergebnissen hat die Landesregierung diese Anträge geprüft?
Wenn das Konzept so aussehen würde, dass an dieser Schule mit christlich-humanistischem Ansatz kein Ethik-Unterricht erteilt werden sollte, wäre das Konzept dann aus Ihrer Sicht genehmigungsfähig? Wäre es überhaupt möglich, eine öffentliche Schule ohne Ethikunterricht anzubieten und Eltern, die Religionsunterricht für ihre Kinder selbst nicht wahrnehmen wollen, dann durch den Schulträger an eine
Schule in einer Nachbarstadt zu verweisen?
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne, ich wusste ja gar nicht, dass wir hier die große Aussprache zum alternativen Schulgesetz der LINKEN haben,
aber den Ball nehme ich natürlich gern auf. Denn das, was in diesem Abschlussbericht - auf wie viel Seiten, 94 - dokumentiert ist, das ist eben nicht so spannend, dass sich da so lange darüber philosophieren lässt, weil alles, was die Quintessenz ist, das steht auf einer halben Seite und das hat Herr Krause bei der Berichterstattung vorgelesen. Das ist im Prinzip alles. Da nehme ich den Ball gern auf und dann reden wir halt über das, was der Herr Emde uns hier vorwirft. Wir haben wenigstens eine Vision
- die fehlt Ihnen. Das ist der Unterschied.
Bevor ich dann zu den einzelnen Punkten komme, damit ich es nicht am Ende vergesse, Sie sollten sich mit Ihrem Generalsekretär noch mal verständigen, der sprach gestern davon, dass ein Drittel aller Nichtgymnasiasten trotzdem zum Abitur kommt. Sie sprachen heute von einem Fünftel. Sie sollten wenigstens im Wahlkampf dann die gleichen Zahlen verwenden. Wir treffen uns ja dann schon morgen wieder vor der Landeselternvertretung und da hoffe ich, Sie halten eine ebenso engagierte Rede auf das jetzige Schulsystem. Die vielen Eltern, die dann vor Ihnen sitzen werden, werden dann die einzelnen Parteien in ihren Unterschieden auch bewerten können. Gott sei Dank haben wir ja jetzt Landtagswahlen und am Ende werden wir wissen, welches die bildungspolitischen Ideen sind, die die Thüringerinnen und Thüringer gut finden.
Gleich jetzt am Anfang? Also lassen Sie mich doch wenigstens ein paar Fakten noch sagen.
Da ich noch bei meinem Vorblatt bin, kann er das gern tun.
Wie ich Herrn Mohring gestern verstanden habe, ging er von den gleichen Bezugszahlen aus. Trotzdem haben Sie von einem Fünftel und er von einem Drittel gesprochen, weil es nämlich um die Schülerinnen und Schüler ging, die eben nicht vom Gymnasium aus die allgemeine Hochschulreife erreichen. Aber setzen Sie sich da bitte intern noch mal auseinander.
Zu der Sache mit der Vorschule nur ganz am Anfang, ich will das auch nicht vergessen: Ich bin mal gespannt auf Ihre Auseinandersetzung mit Ihrem Wunschkoalitionspartner. Die FDP, die hier noch nicht im Landtag sitzt und meines Erachtens auch nicht sitzen sollte, weil die Steuersenkungen auf allen Ebenen fordert und wir dann noch weniger Geld im Bildungssektor zu verteilen hätten, diese FDP, die Ihr Wunschkoalitionspartner werden wird, fordert diese kostenlose Vorschule!
Ausgerechnet die Liberalen. Wir haben das nicht von denen abgeschrieben, ich vermute eher, die von uns, aber ich bin auf die Auseinandersetzungen dann ab Herbst gespannt. Man muss bestimmte Bedingungen dabei beachten und ich will das eigentlich mit Ihnen hier nicht diskutieren, weil wir das im Ausschuss schon eine ganze Zeit getan haben.
Wegen des Begriffs Regelschule, wissen Sie, das ist keine Erfindung von Ihnen, denn da haben eine ganze Menge mehr Menschen mitgewirkt und wir wollen das Schulsystem eben nicht so radikal umgestalten, wie Sie uns das versuchen einzureden. Deswegen sind wir ganz bewusst bei diesem Begriff geblieben und wollen diese Regelschule weiterentwickeln. Im Übrigen wollen wir auch keine Schulen schließen und vor allen Dingen keine kleinen Schulteile, also ich kann nur sagen, beim Stichwort Lesekompetenz ist mir aufgefallen, dass Sie ein paar individuelle Förderstunden benötigen würden,
damit Sie unser alternatives Schulgesetz dann auch verstehen lernen. Ich habe - und meine Kollegen auch - eine ganze Menge von Diskussionen vor Ort mit den Menschen und mit den Lehrerinnen und Lehrern und Schülern geführt. Wir werden sehr wohl
verstanden und mittlerweile ist auch sichtbar, dass 70 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer das Schulsystem gern anders haben wollen, als es ihnen 1992 von der CDU übergestülpt worden ist. Da kann ich nur sagen, Herr Emde, Sie stehen im Abseits mit dem alten verkrusteten Schulsystem und wir sprechen uns dann ab September wieder.
Jetzt zu dem Tagesordnungspunkt zurück, der eigentlich die Grundlage dieser Besprechung sein sollte. Sie haben vor mehr als zwei Jahren eine Große Anfrage gestellt, die ist von der Landesregierung beantwortet worden und seitdem diskutieren wir im Ausschuss darüber mit Anhörungen, die waren zum Teil sehr interessant, da waren Wissenschaftler eingeladen, die eine ganze Menge an Sachen angemerkt haben. Leider ist es so, wie ich vorhin schon sagte, das Ganze ist komprimiert auf einer halben Seite nachlesbar, was an gemeinsamen Schlussfolgerungen eigentlich von Ihnen angedacht war, um ein Zeichen zu setzen. Wir sagen ganz klar, dass wir dieses Zeichen mit Ihnen gemeinsam nicht setzen können und auch nicht setzen wollen, weil das, was wir unter Schule verstehen, etwas völlig anderes ist, als das, was Sie hier in homöopathischen Dosen versuchen, so nacheinander zu entwickeln. Diese ganz allgemeinen Schlussfolgerungen auf der Seite 89 stehen im Stil von „ist zu stärken, ist entgegenzuwirken, ist Vorsorge zu treffen, ist besonderes Augenmerk zu widmen, ist weiter zu stärken, ist bedarfsgerecht auszubauen“. Also, wenn das Ihre Handlungsempfehlungen sind und das den Stolz auf Ihre bildungspolitische Arbeit der CDU-Fraktion hervorruft, dann haben Sie ein sehr geringes Anspruchsniveau. Konkrete Vorhaben oder Zielvorgaben werden überhaupt nicht benannt und demzufolge sind diese halbherzigen Wunschvorstellungen von einem unerträglichen Allgemeinheitsgrad, daneben erscheint ja die Gestaltung eines Schulhofs als bildungspolitischer Jahrhundertschritt in seiner Konkretheit.
Ich möchte an die Enquetekommission der letzten Legislatur erinnern. Hier wurde wirklich ein ernsthafterer und von vornherein breit angelegter Diskussionsprozess initiiert mit dem Ziel, klare Handlungsempfehlungen auszusprechen. Aber auch die im Bericht der Enquetekommission fixierten Empfehlungen, über welche Konsens zwischen allen Fraktionen herrschte, führten eben nicht zu entsprechendem Regierungshandeln bzw. dem Handeln der CDU-Fraktion. Ich will dazu Beispiele anführen, also beispielsweise - was Sie auch genannt hatten - die Ausbildung von Lehrern und Erziehern. Mit diesem Thüringer Lehrerbildungsgesetz wurde genau das Gegenteil von dem getan, was die Enquetekommis
sion damals gefordert hatte. Auch die Umstrukturierung des Hortes wurde in der Enquetekommission damals ganz anders beschrieben und hier wurde eine Weiterführung der organisatorischen Einheit von Bildung und Betreuung empfohlen. Mit Ihrer zwanghaften Kommunalisierungstendenz, also erst die Mangelsituation herbeischaffen, um dann den Menschen vor Ort zu erklären, dass die Kommunalisierung etwas Gutes ist, wird das Gegenteil von dem getan, was im Enquetebericht stand. Die Schulberatung wurde nicht verstärkt, Ganztagsangebote wurden nicht erhöht, im Gegenteil, die finanziellen Mittel für Schuljugendarbeit wurden drastisch reduziert. Der Landesregierung und der sie noch tragenden CDU ist es egal, was die Enquetekommission beschlossen und die Experten empfohlen hatten. Damit ist auch ganz klar, welches Schicksal diese Empfehlungen der eingeladenen Experten zu den Beratungen dieser Großen Anfrage haben. Diese Veranstaltung war und ist nichts anderes als eine Zeitverschwendung, Zeit, in der wir uns den aktuellen Problemen an den Schulen und ihrer Beseitigung hätten widmen können. Theorie und Praxis klaffen mehr als auseinander.
Noch im August letzten Jahres wollten Sie, Herr Emde, nicht mal die Besprechung dieser Großen Anfrage hier im Plenum, erst recht nicht die Erstellung des Berichts. Das habe ich im Protokoll noch mal extra nachgelesen. So dünn haben Sie damals die damaligen Erkenntnisse oder deren Umsetzbarkeit offensichtlich selbst eingeschätzt. Nun soll es anders sein; an Ihrer Feier nehmen wir als LINKE nicht teil.
Wir wollen kein rückwärts gewandtes Schulsystem. Wir schauen bei offensichtlichen Problemen trotz der jetzt vorhandenen Glückswolke auch nicht weg. Wir wollen erst recht kein gemeinsames Zeichen setzen, wie Sie es, Herr Emde, fast beschwörend im Ausschuss erbeten haben. Mit Ihrer CDU-Bildungspolitik - ich habe es schon genannt - stehen Sie klar im Abseits.
Am 30. August werden Sie das hoffentlich endlich merken, wenn Ihre inszenierte Politshow die rote Karte bekommt.
Ich möchte ein paar wenige inhaltliche Dinge benennen, auf welche die Experten hingewiesen haben bzw. die in der aktuellen Schulpolitik eine Rolle spielen, aber auf die nicht annähernd angemessen in den Aussprachen zur Großen Anfrage sei
tens der CDU reagiert wurde.
Das ist zum einen die Personalsituation an den Schulen und an den Kindergärten. Wir verzeichnen nach wie vor einen Mangel an Erziehern in den Kitas und in den Horten. Die Ursache ist bekannt, Teilzeit E 6 oder E 5 und 50 Prozent, das sind nicht mal 1.000 € netto. Es ist natürlich logisch, dass das die Ursache für die Unattraktivität des Erzieherberufs hier in Thüringen ist, erst recht für Männer. Wir wissen, dass wir in ganz Deutschland an letzter Stelle stehen, was zum Beispiel männliche Kollegen betrifft, die in Kitas oder Grundschulen arbeiten sollen. Das ist übrigens auch eine Empfehlung der Enquetekommission, die mitnichten in irgendeiner Hinsicht angegangen wurde, um dieses zu verändern.
Wir haben nach wie vor die Zweiklassengesellschaft in den Lehrerzimmern, die angestellten gegen die beamteten Lehrer. Wir haben schulartbezogen und fachbezogen einen Lehrermangel und eine kritische Zusammensetzung in der Altersstruktur. Auf die Vorschläge der LINKEN wurde mit Ablehnung reagiert. Die Initiative der CDU, 100 Lehrer dieses Jahr einzustellen, das wird auch ganz klar als Wahlgeschenk gewertet. Eine langfristige Personalpolitik sähe völlig anders aus. Da gebe ich meinem Vorredner von der SPD recht, wenn Sie mal so ein Konzept in die Finger kriegen, wo das nachlesbar wäre, das für uns auch den Begriff Personalkonzeption verdient, dann wäre ich Ihnen wirklich dankbar, wenn Sie das dem Ministerium mal aus der Schublade entlocken können. Ich habe da noch nie etwas davon gespürt.
Zum zweiten Stichpunkt, eigenverantwortliche Schule: Es gab eine deutliche Empfehlung der Experten, Eigenverantwortung in viel weiterem Sinn einzuführen und umzusetzen. Dazu gehören schulscharfe Ausschreibungen gerade vor dem Hintergrund des drohenden Lehrermangels. Wir müssen schnell sein, schneller als andere Bundesländer und an den Schulen Personalhoheit haben. 5 Prozent - ich glaube, nicht mal ein Viertel - der Schulen, das ist doch ein Witz, wenn Sie uns das verkaufen wollen als eine Entwicklung. Ein eigenes Schulbudget, also wenn Sie die ehemalige Lernmittelpauschale meinen, die den Schulen zur Verfügung stand, oder die 3.000 € für Lernmittel, wenn Sie das als Schulbudget denken, da lachen Sie die Schulleiter aus. Wir wollen natürlich eine Schulleitung auf Zeit. Die Reaktion der CDU darauf war eine Änderung des Schulgesetzes, welches nur die Unterrichtsqualität und deren Kont
rolle berücksichtigte. Hinweisen der Anzuhörenden wurde keinerlei Beachtung geschenkt. Anträge der LINKEN im Bildungsausschuss zu wirklicher Eigenverantwortung der Schulen wurden als zu revolutionär zurückgewiesen. Ich erinnere Sie an Ihre eigenen Worte. Übrigens alles Vorschläge, wie sie bereits jetzt im CDU-geführten Hessen seit Jahren erfolgreich umgesetzt werden und in Berlin im Schulgesetz ebenfalls nachlesbar sind.
Nächstes Stichwort - Qualitätsentwicklung an Schulen: Dieses Thema wurde zur Darstellung der verfehlten Bildungspolitik der CDU genutzt, zum Beispiel die Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulen. Ich habe es schon gesagt, hier wurde akribisch aufgezählt, welche Landkreise sich an diesem Modell beteiligen, ein Modell, in dem die Landkreise indirekt zur Kommunalisierung ihrer Grundschulhorte gezwungen werden, indem man über die letzten drei Jahre bewusst eine Mangelsituation an den Schulen geschaffen hat.
Der Bildungsplan 0 bis 10 wurde unkritisch gefeiert. Die Notwendigkeiten zur Umsetzung des Bildungsplans wurden dabei verleugnet. Weder eine personelle Mangelsituation noch die unzureichende Ausbildung angehender Erzieherinnen wurde in Betracht gezogen.
Oder die Entwicklung von Ganztagsschulen: Mit eigenen Fakten des angeblich hohen Angebots versucht man, bundesweit Lorbeeren zu ernten. Mal unsere Fakten, die nüchternen Fakten: 53 Prozent der Regelschulen und 76 Prozent der Gymnasien haben keinerlei Ganztagsangebote, nicht einmal offene. Offensichtlich haben die Mittel der Schuljugendarbeit dort gar keine Lobby in den Jugendhilfeausschüssen gefunden oder andere Probleme vor Ort waren schwerwiegender. Schade, dass das Konjunkturpaket nur für Fenster und Fassaden geschnürt wurde, die Schulen hätten ganz andere Prioritäten gesetzt. Die Entwicklung von gebundenen Ganztagsschulen ist noch erschreckender. Ich sage Ihnen mal die Zahlen des laufenden Schuljahres. Bei den staatlichen Grundschulen gibt es nur noch 0,6 Prozent gebundene Ganztagsschulen, bei den Regelschulen sind es 2 Prozent und bei den Gymnasien 6 Prozent, wohlgemerkt die staatlichen. Kein Bedarf, brauchen wir das nicht? Warum hat dann genau diese Form an freien Schulen solche Hochkonjunktur - bei freien Grundschulen sind es 79 Prozent und bei freien Regelschulen 50 Prozent gebundene Ganztagsschulen. Wenn Sie die Flucht in die freien Schulen so definieren, dass es die Angst vor der Abschaffung des Gymnasiums ist, dann muss ich Ihnen sagen, das Gegenteil ist der Fall. Das hat mit dem Problem Gymnasium gar nichts zu tun. Das hat einfach damit zu tun, dass an den freien Schulen eine ganz andere Atmosphäre herrscht, eine offenere Prob
lemsicht gelebt wird und eine gebundene Form unterstützt wird - aber oft auf den Knochen der dort Beschäftigten. Wir wollen diese freien Schulen überhaupt nicht abschaffen, wie Sie uns versuchen hier darzustellen. Wir haben ein alternatives Schulgesetz zu dem jetzigen Schulgesetz wegen der Vergleichbarkeit erstellt. Es gibt für Schulen in freier Trägerschaft ein extra Gesetz, das wissen Sie. Das haben wir überhaupt nicht versucht dort mit einzubeziehen oder das zu verwursten. Das müssen Sie schon auseinanderhalten, Herr Emde, und Sie wissen das auch. Unterstellen Sie uns doch nicht irgendwelchen Blödsinn.
Im Übrigen, dem Run auf die freien Schulen kann man natürlich auch anders begegnen, Herr Minister. Man braucht keine grundgesetzwidrigen, christlichen staatlichen Schulmodelle, weder im Eichsfeld noch sonst wo, auch nicht, wenn der Papst dort hinkommen will, sondern man braucht die umfassende Unterstützung, wenn sich Schulen tatsächlich eigenverantwortlich zu gebundenen Ganztagsschulen entwickeln wollen.
Zur Umwandlung der Schulämter in Qualitätsagenturen, zur Stärkung in Beratung und Unterstützung von Schulen noch ein Wort. Vom Begriff der Schulaufsicht lässt die CDU auch weiterhin nicht ab. Inwieweit aber Aufsicht und Beratung durch ein und dasselbe Schulamt realisiert werden soll, wird nicht klar und die Praxis spricht absolut dagegen. Ich könnte Ihnen stundenlang Beispiele erzählen. Schulämter sind eine völlig überflüssige Behörde. Kommunales Bildungsverständnis entwickelt sich gerade derzeit sehr stark. Man will als Schulträger endlich nicht nur für Kreide und Fenster verantwortlich sein, sondern Schulen im Sozialraum stärker einbeziehen und inhaltlich in ihrer eigenverantwortlichen Arbeit unterstützen. Schulämter sind in diesem Prozess, zumindest in Ostthüringen, die absoluten Bremser. Schließlich muss man dort als eingesetzter Beamter ständig erklären, warum etwas nicht geht. Eine wirkliche Qualitätsagentur arbeitet völlig anders. Diesen Paradigmenwechsel bekommen die meisten unkreativen Schulamtsbeamten nicht mehr hin. Eine Verbesserung der Beratungssituation im Bereich Schulpsychologie wurde angemahnt, eine Anforderungs- und Bedarfsanalyse für Schulpsychologie wurde als notwendig angesehen. Aber eine solche Bedarfsanalyse muss die Landesregierung erstellen. Sie vermeidet dieses bewusst, denn damit würden die katastrophale Situation der schulpsychologischen Beratung in Thüringen und der tatsächliche Handlungsbedarf offenkundig. Auch die Schulsozialarbeit an Thüringer Schulen muss hier sehr kritisch analysiert werden. Der momentane und seit Jahren anhaltende Mangelzustand durch übrigens auch ständig wech
selndes Personal kann so nicht anhalten.
Zum gemeinsamen Unterricht: Sie werfen uns vor, wir wollen die Förderschulen abschaffen, Herr Emde. Man muss eine Vision haben, das habe ich Ihnen auch gesagt. Das alternative Schulgesetz beschreibt diese Vision. Natürlich wollen wir irgendwann mal dahin. Das heißt aber, dass man auch die Schritte dazwischen festlegen sollte. Nach den Jahren der Verleugnung und des Nichtstuns hat die CDU zumindest erkannt, dass wir in Thüringen mit unserem ausgeprägten Förderschulsystem weder einer modernen integrierenden Pädagogik noch der weltweit geltenden Konvention zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen entsprechen. Auch in diesem Bereich handeln die CDU und Ihre Landesregierung aus der Not heraus und unzureichend. Modernen bildungspolitischen Konzeptionen, die längst in den Sprachgebrauch und in das Denken Einzug gefunden haben, verweigert sich die CDU nach wie vor. Eine inklusive Schule ohne Zugangsbeschränkungen und Abschieben ist für konservative Politiker unvorstellbar. Dementsprechend halbherzig sind die Vorhaben der Landesregierung und die entsprechenden Diskussionen und Statements im Bildungsausschuss. Eine wirkliche Einführung bzw. Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts ist für die CDUAbgeordneten Teufelszeug, das hat Herr Emde mehr als deutlich im Bildungsausschuss zu verstehen gegeben. Mangel erkannt, aber Bereitschaft zur Änderung nicht gegeben.
Dazu müssen natürlich personelle und sächliche Voraussetzungen in den Schulen geschaffen werden, um flächendeckend gemeinsamen Unterricht umsetzen zu können. Obwohl momentan das entsprechende Mehr an Personal zur Verfügung stehen würde, die sogenannte Glückswolke, passiert aber gar nichts, denn die verschwindet ja in kurzer Zeit wieder und endet in starkem Lehrermangel. Da darf man natürlich jetzt keine Wohltaten in Form von Zusatzstunden für individuelle Förderung am Schüler verschenken. Der Entzug in zwei Jahren wäre viel zu schmerzhaft und würde viel zu sehr bemerkt werden, also macht man lieber gar nichts.
Förderzentren können gar nicht Kompetenzzentren für den gemeinsamen Unterricht sein, denn dort findet der gemeinsame Unterricht leider gar nicht statt. Nach unseren Vorstellungen gehört an jede Schule mindestens ein fester Förderpädagoge und bei entsprechendem Bedarf natürlich viel mehr. Individuelle Förderung in inklusiven Schulen heißt für uns Umsetzung des Zwei-Pädagogen-Systems und nicht die stundenweise Anwesenheit von Flüsterpädagogen
neben den Kindern, die per Gutachten sonderpädagogische Förderung bestätigt bekommen haben. Das ist also etwas völlig anderes, was wir darunter verstehen. Wenn man das ernst nimmt, Herr Emde, dann endet die Vorstellung von einer inklusiven Schule auch dort, dass man sagt, diese Überwindung der Trennung nach Klasse 4 ist überfällig. Die CDU ist die einzige Thüringer Partei, die da keine Luft dranlassen will, und da Sie Ihre absolute Mehrheit verlieren werden, das ist ja nun so sicher wie das Amen in der Kirche, müssen Sie sich einen Koalitionspartner suchen. Egal wer das ist, alle anderen wollen etwas anderes und 70 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer auch. Also, Sie stehen klar im Abseits mit dieser Trennung nach Klasse 4.
Noch etwas zu dieser Sache mit den Noten, weil es mir gerade einfällt: Ein vergleichbares Schulsystem wie das unsrige in Deutschland hat nur noch Österreich. Österreich hat von der Regierung eine Expertenkommission eingesetzt, die dazu Wissenschaftler hat arbeiten lassen. Die haben beispielsweise empfohlen, dass Noten in Form von Zensuren wirklich langfristig oder mittelfristig - ich habe den Bericht noch nicht vollständig gelesen - zu überwinden sind. Im Übrigen ist das auch die Auffassung der Bundeselternvertretung und ich freue mich schon auf die Diskussion morgen mit der Landeselternvertretung hier im Landtag. Das heißt natürlich nicht die Bewertung abzuschaffen. Wir sollten einfach endlich darüber diskutieren. DIE LINKE hat dazu eine Fachkonferenz mit Wissenschaftlern vor zwei Jahren schon durchgeführt und wir wissen einfach, dass wir sehr moderne Vorstellungen haben, aber wir wissen auch, dass man die nur schrittweise umsetzen kann. Thüringen war aber die Wiege der Reformpädagogik und daran sollten wir anknüpften. Wir sollten endlich versuchen, eine moderne Bildungspolitik weiterzuwickeln. Ich denke, auch die Lehrerinnen und Lehrer können das.
Noch ein ganz kurzer Hinweis auf diese gemeinsame Finnlandreise. Der Ausgangspunkt oder der Wunsch, dorthin zu reisen, war jedenfalls nicht Ihre Große Anfrage, Herr Emde. Aber wie befürchtet haben wir in der Auswertung der Erkenntnisse im Nachhinein auch erkannt, wir saßen zwar im gleichen Flieger, aber wir waren doch in zwei Welten. Nachdem ich das seitens der CDU-Mitarbeiter vorab zugearbeitete Material gelesen hatte, war mir auch klar, dass Ihre Scheuklappen manifest waren und die Kosten hätten tatsächlich besser angelegt werden können. Sie lieferten ein Paradebeispiel für hypothesengesteuerte Wahrnehmung.
Dass wir in Finnland einem Schulsystem begegnet sind, welches keine soziale Ausgrenzung kennt, trotzdem aber höchst leistungsfähig ist, das wurde von Ihnen tunlichst unter den Tisch gekehrt. Es ist eben nicht so, wie der Minister sagt, dass bei uns in Thüringen der Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppelt ist. Der Herr Döring hat Ihnen die Stelle genannt, wo Sie nachlesen können. Mit Ihrer neuen Redenschreiberin werden Sie es doch wohl hinbekommen, die Stelle auch zu finden.
Unsere Schlussfolgerung, wie sich Thüringen bildungspolitisch entwickeln wird, ist jedenfalls eine völlig andere als Ihre und einen kleinsten gemeinsamen Nenner konnte es daher nicht geben. Politphrasen aufzuschreiben, wie sie in den allgemeinen Empfehlungen jetzt nachlesbar sind, ist uns nach vielen Jahren Diskussion im Ausschuss zu wenig. Wenn die SPD denkt, darauf die bildungspolitische Zusammenarbeit mit Ihnen begründen zu können, dann muss sie das den Wählern schon vor dem August begreiflich machen. Frau Taubert hat ja gestern schon damit angefangen. Der Bericht hat viel Arbeit gemacht, einen Dank ausdrücklich an die Verwaltung, aber da er für uns in seinen Schlussforderungen keine Handlungsgrundlage sein kann und für die CDU offensichtlich nicht ist, war Ihre Arbeit, Herr Heilmann, ich muss es Ihnen leider so sagen, umsonst. Die Thüringer Schülerinnen und Schüler und die Thüringer brauchen keine Politprosa in Form schöner Texte, sondern ein chancengerechtes Schulsystem und daher unterstützen wir den Bildungsstreik am 17. Juni. Tun Sie das alle auch, dann wird sich auch was ändern.
Herr Minister, geben Sie mir recht, wenn jetzt nach Klasse 4 die Hälfte ins Gymnasium und die Hälfte in die Regelschule wechselt, dann muss getrennt werden. Wenn wir dann nach der Klasse 4 nicht mehr trennen, dann kann zwar das Schulgebäude eventuell ein anderes sein, aber die Klasse bleibt zusammen. Verstehen Sie das?
Herr Müller, geben Sie mir recht, dass es doch jetzt schon so ist, dass Eltern, die die Wahl haben und eine freie Schule anwählen wollen, das sehr oft ab der 1. Klasse tun und natürlich ab der 5. Klasse auch weiter eine freie Schule anwählen. Es gibt auch sehr viele Träger, die das jetzt schon von 1 bis 12 umsetzen. Das lassen wir natürlich auch zukünftig zu.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, bereits im August des vergangenen Jahres hat DIE LINKE einen Antrag unter der Drucksachennummer 4/4346 eingebracht, das hieß Personalinitiative für Schulen in Thüringen. Der nahm den üblichen Weg. Selbst mit punktweiser Abstimmung hat diesen die mittlere Fraktion nicht zum Überleben bringen lassen. Damals war der zweite Punkt die Forderung von uns, jährlich 200 junge Lehrerinnen und Lehrer unbefristet einzustellen. Das wurde ignoriert und auch die anderen Punkte muss ich jetzt nicht noch mal wiederholen. Dann hat im Februar dieses Jahres die SPDFraktion den vorliegenden Antrag eingebracht, Thüringen braucht mehr junge Lehrer und da konnte man jetzt wahrscheinlich nicht mehr so ganz cool nur den Papierkorb bedienen, da muss man schon irgendwas Alternatives aufschreiben. Selbst unser Ansinnen, jetzt miteinander das Ganze zu besprechen und nicht zum Wahlkampfthema zu machen, sondern zu sagen, wir überweisen sämtliche Anträge und den Entschließungsantrag gemeinsam an den Ausschuss und reden mal mit den Fachleuten und dem Kultusministerium und schauen, was da wirklich geht, ist abgelehnt worden. Also liefern wir uns hier am Pult den Schaukampf und da kann ich Ihnen nichts ersparen. Herr Mohring hat uns voriges Jahr, als dann heiß diskutiert wurde und auch die Ungerechtigkeit mit den Floatinglehrern benannt wurde, gesagt, es seien 100 neue Lehrer jährlich einzustellen. Darauf warte ich heute noch. Ein Jahr lang hat er gebraucht, diesen Antrag, der vor uns liegt, aufzuschreiben. Das ist einer von der ganz schnellen Sorte, aber wir haben halt Wahlkampf.
Schauen wir uns den Antrag genauer an. Er ist nur entstanden, weil im März wahrscheinlich nun auch der Spiegel getitelt hat „Notstand am Pult, Schulexperten erwarten eine gewaltige Bildungskrise“. Nun kann auch die mittlere Fraktion im Wahlkampf nicht mehr daran vorbei. Also muss man sich etwas einfallen lassen und fordert so die Einstellung von mindestens 100 Vollzeitbeschäftigten.
Ich sage es noch einmal, wir haben es voriges Jahr schon gesagt, das reicht nicht aus. Vor allen Din
gen ist es nach wie vor verlogen, wenn Sie die nur befristet einstellen. Schon allein an diesem Beispiel sieht man, zwei Jahre befristet und dann fordern Sie ab 2014 500 neue Lehrer. Seien Sie doch mal ehrlich und lassen die 100 Lehrer, die Sie jetzt einstellen wollen, unbefristet anfangen. Dann haben die wirklich eine Chance. Dann können die auch zu einer Bank gehen und können sagen, ich bin hier in Thüringen angestellt, ich habe eine unbefristete Stellung, weil man ja weiß, dass wir in Zukunft die Lehrerinnen und Lehrer brauchen. Es ist deutschlandweit so, dass in fünf Jahren 150.000 Pädagogen in den Ruhestand gehen. Dann sieht der Letzte ganz deutlich, was dieser Bildungsföderalismus anrichtet, dann wird dieser Konkurrenzkampf unter den Ländern noch viel straffer, als das jetzt schon der Fall ist. Diese Bescheidenheit, zu sagen, man lässt sie jetzt nach Baden-Württemberg gehen, weil sie ja eh dorthin gehen und man verhandelt mit dem Land, dass sie dann einfach wiederkommen. Ich sage Ihnen, Herr Kultusminister, das ist doch alles blauäugig, sie werden nicht wiederkommen.
Selbst mein Jahrgang - ich war Mathe-Physik-Lehrer Abschlussklasse 1985 -, wir hatten vor Kurzem mal so ein kleines Gespräch, wo sich einige wieder getroffen haben. Viele von uns sind in Hessen, weil es in Hessen diese Ausbildungsrichtung gar nicht gibt. Von den Physiklehrern sind die Hälfte in der Bundesrepublik Seiteneinsteiger. Wir brauchen diese und ganz viele andere Lehrerinnen und Lehrer - und unbefristet. Man weiß, dass sie in zwei Jahren ganz dringend fehlen. Das wäre wenigstens ein ehrlicher Ansatz. Aber das wollen Sie gar nicht, Sie wollen immer große Zahlen verkaufen und verkennen dabei, dass es pädagogischer Unsinn ist, gerade in diesem Bereich Befristungen zuzulassen.
Ich sage es noch einmal, dieser Antrag ist offensichtlich nur entstanden, damit man den von der SPD - genau wie unseren damals - in die Tonne drücken kann und gleichzeitig sagt, man stellt jetzt 100 neue Vollzeitstellen ein. Herr Mohring hat das schon im vergangenen Jahr verkündet, wenn er es doch nur mal machen würde. Dabei interessiert mich natürlich auch noch, ob die Finanzministerin, die jetzt gerade nicht da ist, die Freigabe nun gegeben hat. Bei der letzten Meldung hieß es noch, dass es keine Freigabe gibt. Sie wird sicherlich heute sagen, sie muss erst mal schauen, ob wir das überhaupt genehmigen; ein bisschen Show muss ja noch sein.
Ich erinnere daran, das ist eigentlich ein ganz trauriges Thema und wir erkennen jetzt schon, was daraus wird. Eigentlich ist es so schlimm, dass man
damit gar keinen Wahlkampf machen dürfte. Wie gesagt, mein Antrag ist, alle drei Anträge mit unserem Entschließungsantrag gemeinsam an den Bildungsausschuss zu überweisen, dort endlich mal miteinander Tacheles zu reden, wie denn diese Personalentwicklungsplanung heißt, die da vom Kultusminister angeblich in irgendeiner Schublade steckt. Ich kann sie jedenfalls nicht erkennen. Was wir unmöglich finden, dass in Bildung ein Konkurrenzkampf zugelassen wird zwischen den Bundesländern und wir Thüringer spielen dieses Spiel offensichtlich mit oder erkennen nicht, dass dieses Spiel gespielt wird, und lassen zu, dass unsere jungen Leute das Land verlassen. Das kann so nicht sein.
Ich habe mich so kurz gefasst, weil ich dachte, es ist ja schon Mitternacht bei diesem Antrag. So ist es mir gar nicht gelungen, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, von unserem Entschließungsantrag zu überzeugen. Sie haben ja sicherlich bemerkt, dass der Punkt 2 von Ihnen abgeschrieben ist, weil wir wirklich finden, dass dieser Punkt beispielsweise bei der SPD fehlt. Ja, das ist ein Punkt, über den lässt sich hier sicherlich reden, andererseits kann unseres Erachtens - und das ist das, was bei der SPD fehlt - es nicht sein, dass wir uns jetzt nur um die jungen Lehrerinnen und Lehrer kümmern, wohl wissend, dass dann die Ungerechtigkeit in den Klassenzimmern weiter vertieft wird. Bei unserem Entschließungsantrag, der auch zu Ihrem Antrag passen würde, wenn Sie den von der SPD abgelehnt haben, was ich vermute, wird gefordert, dass es ein verhandlungsfähiges Angebot für die angestellten Lehrerinnen und Lehrer endlich geben muss. Das kann so nicht bleiben und deswegen werbe ich trotzdem für unseren Entschließungsantrag, der sich dann nicht erledigt hätte bzw. die punktuelle Abstimmung beim CDU-Antrag. Ich sage es noch einmal: Sie fordern 100 Lehrereinstellungen, wir haben aber nicht 100 Lehrer eingestellt. Beim letzten Mal im Haushalt ist uns erklärt worden, es geht per Haushalts
beschluss nur mit 35 Lehrerinnen und Lehrern. Jetzt haben wir noch immer dieselbe Haushaltssituation, nun soll es doch gehen? Herr Emde, das Argument, was Sie hier gebracht haben, das ist einfach nicht stichhaltig und ich kann auch nicht erkennen, wie eine befristete Einstellung in irgendeiner Weise preiswerter sein soll als eine unbefristete, und pädagogisch ist es Unsinn. Dann sagen Sie doch bitte, dass die 100 unbefristet sein sollen, und zwar alle 100, dann wäre Ihr Antrag möglicherweise aus Ihrer Sicht - aber das kann ich Ihnen natürlich nicht vorschreiben - ab 2011 zu korrigieren in 400. Da kann man natürlich nicht so eine Show jedes Jahr machen mit den Neueinstellungen, wenn man immer wieder welche gehen lässt. Seien Sie bitte ehrlich und sagen Sie nicht, wir hätten schlampig gearbeitet. Deswegen habe ich ja gemeint, wir reden einmal Fraktur darüber in den Ausschüssen, aber das wollen Sie nicht. Sie wollen hier eine Kampfabstimmung herbeiführen und da sage ich, das ist dem Thema nicht angemessen.
Selbstverständlich.
Selbstverständlich, aber das ist ja die Sparbüchse der Landesregierung. Die verändert sich ständig, wenn man befristete Einstellungen macht von November bis zum Juni, dann kann man so viel Geld, ich glaube 10 Mio. Minderausgaben, schon vorher einplanen und weiß das und dann spart man sogar das Geld in den Ferien. Ich kenne Ihre Tricks, da brauchen Sie sich nicht einbilden, dass ich das nicht durchschaue.
Geben Sie mir recht, Herr Minister, dass das von Ihnen gerade wiederholte Angebot, die Bedarfe beispielsweise in den Berufsschulen, bei den Fachpraxislehrern und bei den Förderschulen zur Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts nicht ausreichend ist, dass wir gerade bei den Fachpraxislehrern und bei den Förderschullehrern, die von Ihnen ja jetzt auch genannt worden sind, zu 100 Prozent eigentlich den Bedarf ab sofort hätten?
Herr Fiedler, Ihr grenzenloser Optimismus ist so wohltuend, dass ich die Hoffnung habe, dass Sie wenigstens einen Plan haben, da Sie diesen 3. Rundbrief, der offensichtlich heute auch uns erreicht hat, kennen. Ich hatte mich an der Stelle gemeldet, als Sie beschrieben haben, wie die Zeitleiste abgeht, um diese Projekte umzusetzen. Unser Kreistag hat am Dienstag 5,5 Mio. € für Bildung in unserem Landkreis beschlossen, da wusste noch keiner, ob und wann wie geprüft wird und ob in den Sommerferien beispielsweise die ersten Fenster eingesetzt werden können.
Zumindest unsere Amtsleiter hatten das vor einer Woche noch verneint, weil die Prüfleiste, Sie haben sie ja beschrieben, das gar nicht zulässt. So richtig Konjunkturprogramm kann das zumindest dann für das 2. Halbjahr noch nicht sein. Ob in der einen Schule drei oder in der anderen acht Fenster sind, das konnten wir im Kreistag gar nicht so richtig ein
schätzen. Eine gegenseitige Deckungsfähigkeit ist aber nur mit einem Nachtragshaushalt zu machen. Sie haben selbst gerade beschrieben, dass das erst am Jahresende sein muss. Ein bisschen erscheint mir das Ganze so, dass die Eltern am Ende vielleicht zuschauen, wie da ein paar Fenster ausgetauscht werden, allerdings gemalert werden darf auch nicht und in den Sommerferien passiert auch nichts. Ist das bei Ihnen anders? Sie hatten ja den Rundbrief schon länger in der Hand? Vielleicht können Sie mich aufklären.
Ich möchte Sie nur berichtigen. Das kann ich auf meinem Landkreis nicht sitzen lassen. Wir haben am Dienstag bereits den Beschluss und das Maßnahmepaket verabschiedet, weil wir durchaus in der Lage sind, schnell zu handeln. Aber keiner kann sagen, dass die Prüfung im Landesverwaltungsamt und die ganzen Schritte, die Sie selber genannt haben, dazu führen, dass in den Sommerferien bereits mit Baumaßnahmen begonnen werden kann.
Ich hatte mich gemeldet an der Stelle, wo er die Zeitschiene beschrieben hat. Ganz einfach. Wird in den Sommerferien in den Schulen das viele Geld schon verbaut werden können oder nicht?
Streiklisten im Auftrag des Kultusministeriums?
Am 11. Februar 2009 wurden nach Aufruf durch die Lehrergewerkschaften in mehreren Thüringer Städten zweistündige Warnstreiks ab 12 Uhr durch angestellte Lehrerinnen und Lehrer durchgeführt, um den bundesweiten Tarifforderungen im öffentlichen Dienst Nachdruck zu verleihen. Laut Pressemitteilung vom 13. Februar 2009 und mir vorliegenden Schreiben wurden die Schulleiterinnen und Schulleiter in den Schulamtsbereichen Erfurt und Schmalkalden durch die Schulamtsleiter aufgefordert, die Streikenden namentlich zu erfassen und die Namenslisten an die Schulämter zu übermitteln. Darüber hinaus wurden die Schulleitungen aufgefordert, die Namen der beim Warnstreik anwesenden Beamten sofort zu melden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Handelten die Schulamtsleiter mit ihrem Schreiben im Auftrag des Kultusministeriums und wurde in anderen Schulämtern ebenfalls so verfahren, wenn ja, an welchen?
2. Wie viele am Warnstreik beteiligte Angestellte und wie viele verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer wurden durch die Schulleiter gemeldet, wo werden die Namen gesammelt, wie lange aufbewahrt und wie viele Meldungen wurden von den Schulen bzw. von den Schulaufsichtsbehörden an die Bundesagentur für Arbeit gegeben?
3. Zu welchem Zweck wurden die Namen erfasst und mit welchen Konsequenzen müssen die gemeldeten angestellten bzw. verbeamteten Pädagoginnen und Pädagogen rechnen?
4. Welche Gehaltseinsparungen wurden aufgrund des zweistündigen Warnstreiks durch das Land erzielt?
Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden. Sie haben als Kultusministerium also keine Kenntnis darüber, was die nachgeordneten Dienststellen, also die Schulämter, derzeit an Namen gesammelt haben, und Sie können auch keine Aussage darüber geben, wie lange diese aufbewahrt werden und wann diese Meldungen wieder gelöscht werden. Die liegen also in den Schulämtern und Sie haben darüber zum jetzigen Zeitpunkt keine Kenntnis, wie viele dieser Namen irgendwo in Sammellisten in den Schulämtern liegen.
Können Sie einschätzen, wie lange dieser Zeitraum dauern wird, bis die Schulämter diese Listen demzufolge vernichtet haben werden, und wer das kontrolliert. Sie sind ja nicht die personalführende Stelle, aber wohl die Dienstaufsicht über die Schulämter.
Herr Fiedler, ist Ihnen bekannt, dass nach der Abwahl des Herrn Ungvàri im Jahre 2000 die Stadt handlungsunfähig, da kreditunwürdig, war, weil sie 80 Mio. Schulden hatte und nicht einmal mehr Eigenmittel aufbringen konnte, um irgendwelche Fördermittelprogramme anzuzapfen und dass es eben eine gewisse Zeit gedauert hat, bis die Stadt wieder handlungsfähig war und überhaupt darüber entscheiden konnte, ob zum Beispiel ein Kombibad gebaut wird, eine Feuerwehr oder all die anderen Dinge, die vorher nicht angefasst worden sind? Ich lade Sie gern ein zu kontrollieren, aber auch mit zu betrachten, was 10 Jahre bis zum Jahre 2000 in Altenburg geschehen oder eben nicht geschehen ist und wie sorglos mit kommunalen Eigenmitteln umgegangen worden ist.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich habe die ganze Zeit überlegt, warum sich das so anhört, als ob das eine Verteidigungsrede ist. So richtig emotional und überzeugend klang das irgendwie für mich nicht.
Ich weiß nicht, wie es den Zuschauern auf der Tribüne ging. Ich begrüße Sie recht herzlich. Sonst sitzt Freitag früh zwischen 9.00 Uhr und 10.00 Uhr niemand auf der Tribüne, es geht immer erst um 10.00 Uhr los.
Aber ich muss schon noch mal was zu dem Beginn dieser Tagesordnung sagen. Das ist eine Politinszenierung, nur so zum Verständnis, die ist einfach nur billig, die ist durchschaubar und deswegen überflüssig.
Ich will Ihnen das mal erklären, vor allem denen, die auf den Rängen sitzen. Wir kommen ja einmal im Monat im Landtag zusammen, um zwei Tage zuerst sämtliche Gesetze zu beraten, in erster Lesung, in zweiter Lesung, das ist unsere eigentliche Arbeit als Abgeordnete. Danach werden Anträge der Fraktionen beraten, um politstrategische Dinge miteinander zu verabreden und natürlich auch um die Unterschiede zwischen den politischen Farben deutlich zu machen. Ich weiß ja nicht, wann der Minister gesagt hat, dass er so einen Sofortbericht an
bieten könnte und mal darüber referieren will, dass die CDU-Fraktion dann ziemlich spät so einen Antrag geschrieben hat. Da steht weiter nichts drin, als dass der Minister berichten möge. Also PISA-Jubel, wir haben es gehört, Zeitungszitate, Überschriften - das ist das, was heute hier stattfindet. Da hat die CDU-Fraktion gestern nur mit den Stimmen der CDU-Fraktion den TOP 23 vorgeholt heute als ersten Tagesordnungspunkt. Das ist billige Politshow - nichts anderes.
Ich will es doch nur erklären. Wir haben gestern darüber geredet, dass 70 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer einfach nicht mitreden können - und das auch fühlen - und über die Hälfte der Thüringer diese Demokratie so, wie sie ist, als noch nicht optimal empfindet, weil eben so viel Show da passiert. Das ist meine Reflexion dessen.
Sie können es gern entkräften.
Ich erinnere mich so sehr an die letzten Jahre der DDR, da war ich noch viel, viel jünger, aber Politshow war das, was die richtig gut konnten.
Selbstverständlich.
Dieser Antrag wurde gestellt, um genau diesen Bericht hier zu hören. Ich sage mal, es wäre wirklich eine ganze Menge zu PISA zu beraten.
Eines wollte ich Ihnen noch sagen zu den Gesetzen: Sieben Gesetze stehen noch aus, die wir gestern nicht geschafft haben, die wir heute im Nachhinein bereden, aber erst einmal musste diese Show,
dieser Antrag in TOP 23 vorgeholt werden. Danach gibt es einen Bericht, der wurde schon verschoben vom letzten Plenum, der heißt „Situation der Migrantinnen und Migranten in Thüringen“. Das ist es uns auch nicht wert vorzuholen. Aber ich hoffe, der Tag ist ja noch lang, dass wir dann doch noch eine ganze Menge abarbeiten können.
Also zurück zum Text, zu diesem Antrag: Zu PISA gäbe es wirklich eine ganze Menge zu reden und zu IGLU erst recht. Die Schlussfolgerungen, das ist ja wohl logisch, die wir daraus ziehen, sind andere als die, die Sie daraus ziehen.
Ich muss trotzdem noch einmal ein Wort zu dem parlamentarischen Abend gestern Abend sagen.
Der war gut, der war angenehm und wir haben tatsächlich gesehen, wie leistungsfähig unsere Musikhochschule in Weimar ist.
Dort wird wirklich alles getan, um Talente zu fördern, musische Begabungen, alles, was dazugehört. Wir konnten uns davon live überzeugen. Aber mich macht schon sehr betroffen, wenn ich eine Mail aus Nordthüringen erhalte von einem Jungen, der bei „Jugend musiziert“ höchste Preise bisher erringen konnte, aber dessen Eltern Hartz-IV-Empfänger sind und der nicht das Fahrgeld von der ARGE bekommt, um zum Vorspielen zu Musikhochschulen zu fahren, um das dann auch studieren zu können. Das macht mich betroffen. Begabungen zu entdecken und die politischen Rahmenbedingungen zu gestalten, damit diese Begabungen unabhängig vom Geldbeutel auch entwickelt werden können, wir brauchen ja genau diese jungen Leute, das ist in Deutschland das Manko und das macht PISA nach wie vor deutlich.
Herr Emde, ich hoffe, Sie haben das richtige Buch gelesen und nicht nur die Sekundärliteratur, ich meine, wir haben zur selben Zeit studiert. Das Manifest, das war so klein, das habe ich nie gelesen, immer nur die großen Bücher ringsum und die Pressemitteilungen. Quellenstudium ist notwendig. Ich hoffe, es hat Ihnen schon jemand beigebracht, dass Sie das hier lesen müssen und nicht nur das, was der Minister Ihnen aufgeschrieben hat.
Da möchte ich schon einmal ein paar Fakten aus diesem Buch hier zum Nachdenken mit auf den Weg geben.
Na ja, die Klebezettel fehlen.
Dann schlagen Sie mit nach, ich nenne Ihnen die Tabellen, aus denen ich meine Weisheiten beziehe.
13,6 Prozent der Thüringer Schüler haben eine Verzögerung während der Schulzeit, und zwar nicht durch Einschulungsverzögerungen bedingt. Dabei haben die Regelschüler eine dreimal höhere Verzögerungsrate, das heißt, sie bleiben dreimal häufiger sitzen.
Die mittleren Kompetenzwerte unterscheiden sich zwischen den Regelschülern und Gymnasiasten. In allen drei Kompetenzbereichen liegen nur die Gymnasiasten klar über dem OECD-Durchschnitt. Das heißt im Umkehrschluss, Kompetenzstufe I, also geringe oder fehlende Kompetenz, haben über 20 Prozent der Thüringer Regelschüler in Mathematik und 18 Prozent im Lesen. Das sind aber dann die, die hier versuchen eine Ausbildung zu finden und wo IHK und Handwerkskammer berechtigt sagen, die Ausbildungsfähigkeit wäre nicht da. Um die müssen wir uns kümmern und dort müssen wir schauen, wie wir das beseitigen können. Das habe ich beim Staatssekretär jetzt vermisst, dass er eine Reflexion darauf bringt.
Wenn ich die Kompetenzwerte von 2000 bis 2006 versuche mal zu analysieren, dann ist bei der mathematischen Kompetenz zwar ein signifikanter Zuwachs von 2000 zu 2006 zu verzeichnen, aber nur bis 2003, wenn man genau in die Tabellen schaut. Von 2003 zu 2006 ist der Prozess ins Stocken geraten. Bei der Lesekompetenz haben wir zwar von 2000 bis 2006 18 Punkte Zuwachs, aber dieser Zuwachs ist nicht signifikant und nicht statistisch abgesichert, also auch die Lesekompetenz hat sich in den letzten sechs Jahren überhaupt nicht verbes
sert. Auch da ist der Prozess ins Stocken geraten. Gut, wir klopfen uns auf die Schultern, in Thüringen sind die Besten. Ich habe es verstanden. Das ist das, was Sie hören wollen. Aber haben wir nicht die Pflicht als Politiker dieses Landes, für diese Schüler hier zu sorgen und genau dahinter zu schauen, wo sind denn die Knackpunkte, wo man es eigentlich besser machen muss?
Wenn ich in PISA 2006 hineinschaue, dann wird ganz besonders die naturwissenschaftliche Kompetenz betrachtet und da liegt Thüringen deutlich über dem OECD-Durchschnitt: Platz 7 insgesamt und in Deutschland Platz 3. Ja, da muss ich aber mal bitte schön unser kleines provinzielles Thüringen anschauen. Nennen Sie mir doch mal eine Großstadt, die ungefähr dieselben Probleme hat wie die Großstädte, die es in Deutschland gibt. Da kann man doch nicht Äpfel und Birnen vergleichen. Oder: Wir haben den geringsten Anteil von Migranten und Migrantenkindern und wenn man das herausrechnet - die Wissenschaftler haben das getan, das kann man hier herauslesen -, dann sind wir nur noch im Mittelfeld. Dann sind wir gar nicht mehr auf Platz 3 - das muss man doch mal betrachten. Mich haben die PISA-Ergebnisse nicht überrascht. Ohne Großstadt und mit so wenig problematischen Fällen, die einer Integration bedürfen, um die man sich kümmern müsste und wo sich andere Länder auch gekümmert haben. In Berlin gibt es im Übrigen tatsächlich eine positive Entwicklung diesbezüglich.
Sie dürfen hier vorn reden, Herr Emde. Ich verstehe Sie sowieso nicht, wenn Sie reinreden, und ich gebe mir auch gar keine Mühe.
Dass Sie das nicht verstehen, ist mir schon klar. Sie müssen im Ausschuss mal nicht die Bildzeitung, sondern dieses Ding hier lesen.
Interessant ist es, wenn man den Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status der Eltern und der Kompetenz der Schüler genauer beleuchtet. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheit nehmen, Herr Staatssekretär. Wo ist da die weitgehende Entkopplung? Ich lese aus den Daten etwas anderes heraus. Bezeichnend ist, dass Thüringen bundesweit auf dem drittletzten Platz liegt, was den durch
schnittlichen sozioökonomischen Status der Eltern betrifft.
Auf der Seite - zum Mitmachen, Herr Emde, Seite 327, Tabelle 9.2 -: Es gibt eben keine signifikante Abweichung des sozialen Gradienten, also der, der den Zusammenhang beschreibt, von dem sozioökonomischen Status und dem Kompetenzniveau. Das heißt - also nur im naturwissenschaftlichen Bereich wurde der ja dieses Mal gemessen -, der Zusammenhang zwischen diesem soziökonomischen Status der Elternhäuser und der naturwissenschaftlichen Kompetenz in Thüringen ist genauso hoch wie in den meisten Bundesländern in Deutschland.
Also, in Bezug auf das hohe naturwissenschaftliche Kompetenzniveau - ach, das ist die nächste Tabelle, Entschuldigung, Sie müssen mitblättern, Seite 331, Abbildung 9.5 - der Thüringer Schüler wird die dabei bestehende hohe Varianz im Kompetenzniveau überdurchschnittlich durch die soziale Herkunft erklärt. Also, ich komme zu einer völlig anderen Schlussfolgerung als der Staatssekretär: Es gibt in Thüringen keine Entkopplung von sozialer Herkunft und Kompetenzniveau der Schüler.
Und Politik ist natürlich, erst mal hinzuschauen und zu sagen, wo denn die Fakten sind. Die Augen aufmachen und nicht die Augen zumachen und danach kann man ableiten, was man für Rahmenbedingungen setzen muss.
Wenn bei Ihnen die Augen schon zu sind beim Lesen, da muss ich Ihnen sagen, dann kann man natürlich nur die falschen Ableitungen ziehen oder gar keine; das haben wir ja gehört.
Wenn Sie - wieder fürs Protokoll oder für Sie, Herr Emde - Seite 332, Tabelle 9.3 noch mal genauer in Ihren Blick nehmen, dann nimmt der soziale Gradient in Thüringen von 2000 zu 2006 sogar zu, während er in fast allen Bundesländern abnimmt. Das heißt also, wir haben hier diese Steigerungen in Thüringen nur den Schülerinnen und Schülern zu verdanken, die aufgrund ihrer Herkunft die dreimal höhere Möglichkeit haben, zum Gymnasium zu kommen. Nur daher sind diese Steigerungen überhaupt letzten Endes signifikant erfassbar.
Ich will Sie nicht mit allen Tabellen quälen, weil, ich weiß ja auch erst seit gestern, dass ich mich heute hier mit diesem Thema so intensiv befassen soll. Ich ging ja davon aus, dass wir da alle zusammen ein bisschen Zeit haben und nicht nur dem Minister zuhören,
aber ich verstehe schon, Sie wollten unbedingt vor Weihnachten noch diese Jubelparty haben und da bekommen Sie die auch.
Fakt ist jedenfalls, dass aus unserer Sicht die soziale Disparität in Thüringen weiterhin vorhanden ist. Wir haben zwar in Thüringen tatsächlich gute Schulen -
das ist ja nicht abzuleugnen und das weiß auch der Staatssekretär, dass das bei Veranstaltungen von uns auch nie bestritten wird -, aber der Zugang zu ihnen ist nach wie vor ungerecht. Es ist für mich auch absurd, dass es richtig gute Regelschulen gibt, die besser sind als schlechte Gymnasien und andersherum. Für uns gibt es daraus nur eine einzige Schlussfolgerung: Ziehen Sie aus IGLU die richtigen Schlussfolgerungen - eine Schule für alle, Heterogenität als Wert an sich schätzen, individualisiertes Lernen ermöglichen, das bedeutet längeres gemeinsames Lernen und das bedeutet letztendlich auch, diesen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und schulischem Erfolg endlich in Thüringen tatsächlich zu entkoppeln. Das haben wir bisher nicht erreicht.
Ein Wort noch zu diesen Nachmittagsangeboten, die Sie auch beschrieben haben. Ich weiß nicht, worauf wir da stolz sind. Bei offenen Ganztagsangeboten geht es doch eher rückwärts. Schauen Sie sich einmal um in den Landkreisen. Die Mittel für die Jugendarbeit sind ständig im Abnehmen begriffen. Sie wissen das doch selber. Wir haben uns bei jedem Haushalt hier darum gestritten, dass die Jugendarbeitsmittel erhöht werden, dass wir Schulsozialarbeiter an jeder Schule brauchen und dass die Schuljugendarbeit und alles, was die Ganztagsangebote erst ermöglicht, natürlich ausgebaut werden müssen. Wir tun doch das Gegenteil. Wir ruhen uns auf den Lorbeeren vergangener Zeiten aus und machen das Gegenteil davon, was wir tun müssten. Dann erzählen Sie uns noch, wir sind die Besten und wir müssen nicht darüber nachdenken. Ich kann nicht erkennen, dass das einen Fortschritt bedeutet.
Bei voll gebundenen Ganztagsschulen, schauen Sie mal in die Tabellen hinein, da liegt Thüringen klar un
ter dem deutschlandweiten Durchschnitt. Wir haben keine echten Ganztagsschulen in gebundener Form und wir ermöglichen auch nicht, dass die sich weiterentwickeln, denn dann müssten wir auch die Hortgebühren dort abschaffen und natürlich den Schülerverkehr so regeln, dass der entsprechend von den Eltern auch auf dem flachen Land erreicht werden kann. Bei uns im Landkreis gibt es solche Angebote überhaupt nicht, außer an freien Schulen, und die sind im Übrigen erfolgreich. Dahin sollten wir sehen und das für unsere staatlichen Schulen auch organisieren, aber das Gegenteil tun Sie.
Besonders nachdenklich macht allerdings auch, dass die Schüler nach Klasse 4 Spitze sind und nach Klasse 9 nur noch Mittelmaß. Also unsere Schlussfolgerung aus PISA und IGLU heißt nicht die Trennung nach Klasse 4. Da können Sie immer wieder sagen, dass es eine ideologische Debatte wäre. Ich weiß nicht, warum Sie dieses immer wieder so in den Raum stellen. Ich habe das Gefühl, dass unter allen Wählerinnen und Wählern in Thüringen sehr viele Menschen genau diese Trennung nach Klasse 4 nicht wollen, und wenn die Statistik stimmt, dann sind das über 70 Prozent. Das wäre tatsächlich einmal zu hinterfragen, dieses in Auftrag zu geben und die Bildungspolitik unter die Lupe zu nehmen und nicht nur die Dinge, die Sie sehen wollen.
Zu den Schlussfolgerungen. Ja, das war so von gestern Abend, ich hatte ja nur die Wahl, gehst du zum parlamentarischen Abend oder gehst du nicht, schreibst du eine Rede auf oder nicht. Ich habe mich dann dafür entschieden, hier frei zu reden. Nicht jeder kann das. Ich gebe mir zumindest Mühe; Herr Emde, Sie können es ja dann nachmachen.
Es ist für mich natürlich auch verwunderlich, dass aus diesen PISA-Daten dann die nächsten Ländervergleiche nicht mehr gemacht werden sollen und man selbst auf die Idee kam, dass man die Hauptschüler zukünftig nicht mehr daran teilnehmen lassen will. Das ist wieder so ein Ding, wo ich sage, Augen zu und durch. Das kann natürlich nicht sein. Wenn man sieht, welche der 73 Schulen getestet worden sind - wir haben zahlenmäßig genauso viele Förderschulen wie Gymnasien in Thüringen, es ist aber nur eine Förderschule bei PISA dabei gewesen. Wenn man davor die Augen verschließt, dann kommt man zu solchen Ergebnissen. Man muss sie hinterher richtig interpretieren, dann ist das nicht so schlimm. Aber wenn man sich nur jubelnd auf die Schulter klopft, dann kommt man zu den falschen Schlussfolgerungen.
Die letzte OECD-Lehrerstudie wurde 2004 durchgeführt. Die Kultusminister sind aus dieser Studie ausgestiegen, sie nehmen nicht mehr daran teil, weil in der letzten Studie die Arbeitssituation und Arbeitsbewältigung der Lehrer reflektiert worden ist. Wenn man 30 Prozent ausgebrannte Lehrer in Thüringen hat, ist das sicher kein Anlass zu jubeln und so verweigert man kurzerhand die Datenerhebung. Dass das tatsächlich so ist, das zeigt mir einfach das Verhalten der Lehrerinnen und Lehrer und das der Schüler. Bei aller Liebe, wer denkt, dass in Thüringen alles paletti ist trotz dieser Proteste, die nun einmal stattgefunden haben und die man einfach ignoriert, der ist nicht mehr in der Lage, Politik zielführend zu gestalten. Wer Kritik nicht aufnehmen kann und nur denkt, dass das, was wir machen, alles richtig sei und nur gut vermittelt werden muss, das erinnert mich so an die letzten Stunden der DDR - das können Sie gar nicht glauben.
Sie müssten es doch eigentlich auch noch wissen. Ich war da noch relativ jung.
Bei aller Liebe, man kann doch Politik tatsächlich nur wirklich erfolgreich gestalten, wenn man nicht die Augen verschließt, sondern auch zur Kenntnis nimmt, was es an kritischen Dingen gibt, und entsprechend handelt. Im Übrigen war ich, glaube ich, 2002 das erste Mal in Finnland. Was mich dort so richtig aufgebaut hat, war, dass die dortigen Lehrer und Schulleiter und mit wem wir da alles geredet haben, sich nicht auf die Schulter geklopft haben, sondern von Anfang an gesagt haben, dass sie überrascht waren von diesem PISA-Ergebnis und was sie für kritische Dinge selber reflektieren und woran sie gerade arbeiten. Wenn wir so eine Stimmung endlich hinbekommen würden, dass wir das aufnehmen, was an kritischen Dingen genannt wird, und versuchen, daran zu arbeiten - aber ich habe kein Wort beispielsweise von Ihnen, Herr Staatssekretär, gehört zu dem letzten Verbandstag der Thüringer Lehrer. Da war Ihr Minister im Podium, heute ist er ja leider nicht da, wahrscheinlich übergibt er wieder irgendeinen Fördermittelbescheid an irgendeine Musikschule oder so.
Das ist ja egal. Ja, die Entschuldigung wurde gestern von der Präsidentin nicht genannt, ich weiß es ja nicht und ich muss es auch nicht wissen. Aber schade, dass er bei solchen Debatten nicht dabei ist, es ist nun schon die zweite oder dritte, wo er nicht dabei ist.
Dort wurde auf dem Verbandstag von den Kollegen ganz klar und deutlich der Anspruch an uns formuliert, Kompetenznetzwerke zu ermöglichen. Also von der Förderschulquote kann man nur dann herunterkommen, wenn an den anderen Schulen tatsächlich solche Bedingungen sind, dass gemeinsamer Unterricht ermöglicht wird. Es ist doch wirklich alarmierend, zu hören, dass nicht leistungsschwache Schüler den Pädagogen die Sorgen bereiten, sondern die verhaltensauffälligen, die schwierigen Kinder. Das sind die - ich habe es am Anfang genannt -, die auf dem Kompetenzniveau Nummer 1 aus unseren Schulen entlassen werden. Um die müssten wir uns doch zuallererst kümmern. Da halte ich Ihnen mal noch eine allerletzte Zahl vor, bevor ich dann hier doch schließen will. Wir hatten diese PISA-Studie...
Lassen Sie mich bitte noch die beiden Zahlen nennen, danach, das geht ganz fix. Also 2006 wurde diese PISA-Studie erstellt. Damals hatte Thüringen noch 8,1, das heißt 2.311 Schulabbrecher, also Schüler, die die Schule ohne Abschluss verließen. Das ist jetzt immer noch sehr hoch, das sind jetzt 1.711 Einzelschicksale ohne Zukunft. Das sind die Schüler, wo wir zuschauen, dass sie auf unterstem Kompetenzniveau die Schule verlassen. Wenn wir dann wissen, dass die Leistungsstärksten das Bundesland verlassen, weil sie woanders andere Möglichkeiten haben und anderes Geld verdienen, dann muss uns das doch alarmieren. Wir müssen uns um diese Schüler kümmern und wir können doch da nicht wegschauen und nur uns jubelnd auf die Schulter klopfen.
Herr Mohring, bitte.
Das mache ich sofort. das tut mir leid. Ich habe mich extra erkundigt, ob gestern eine Entschuldigung genannt worden ist, weil, bei anderen Kollegen wurde gesagt, dass sie krank sind. Das wusste ich nicht. Dann entschuldige ich mich.
Gut, Entschuldigung.
Dann nehme ich diese Äußerung zurück und entschuldige mich, das wusste ich nicht und das wollte ich nicht. Danke.
Herr Emde, ich kann es einfach nicht so stehen lassen. Wissen Sie, wie das früher hieß? Das Erreichte ist noch nicht das Erreichbare.
Machen Sie doch bitte keine Angst und verbreiten Sie keine Lügen. Das Wort Revolution in der Schule, das haben Sie im Ausschuss in den Mund genommen, als es darum ging, unseren Änderungsantrag zur eigenverantwortlichen Schule zu bewerten. Ich beweise Ihnen im nächsten Tagesordnungspunkt, dass das genau das ist, was die Schulen und die Schulleiter wollen, nämlich das, was wir in den Änderungsanträgen aufgeschrieben haben. Dass Sie das als eine Revolution empfinden, das möge Ihr eigener Verstand Ihnen so sagen, aber das ist nicht das, was wir wollen. Wir sind uns der Verantwortung, Schule zu gestalten, und zwar mit den Betroffenen, sehr wohl bewusst. Uns wäre es nicht 1992 passiert - und es passiert auch nicht im nächsten Jahr,
sollten wir in Regierungsverantwortung kommen -, dass einfach ein anderes Schulsystem übergestülpt wird. Das, was Sie 1992 gemacht haben, ohne auch nur einen einzigen Beteiligten zu fragen, dieses gegliederte Schulsystem einzuführen, das werden wir nicht wiederholen. Wir werden dazu schon die Betroffenen fragen und vor allen Dingen die, die dann in Thüringen die Wahl entscheiden. Wir werden uns nicht darauf verlassen, dass wir über fünf Jahre nur eine hauchdünne Mehrheit von zwei Leuten im Ausschuss haben, und jede auch nur zielführende Idee abbügeln mit dem Hinweis darauf, dass man die Mehrheit hätte. Denn Schule kann man nur parteiübergreifend mit den Betroffenen gemeinsam gestalten, das wissen wir sehr wohl. Sie brauchen da auch keine Ängste zu schüren.
Es ist auch schlicht falsch, dass wir die Förderschulen abschaffen wollen. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, woher diese Ideen stammen, aber dass die Quote in Thüringen zu hoch ist, da sind wir uns, glaube ich, parteiübergreifend einig. Da muss man halt mal schauen, woran das liegt. Wenn der Lehrerverband vor 14 Tagen selbst gesagt hat, dass es so ist in Thüringen, weil die Personalsituation und die Bedingungen vor Ort so schlecht sind, dass schwierige Schüler schneller an Förderschulen abgeschoben werden als in anderen Bundesländern, dann muss man doch mal hellhörig werden und muss das Kompetenznetzwerk, was dort eingefordert ist, mal wirklich zu Ende denken und schauen, was man da machen kann, dass die Schulen in der Lage sind, auch mit schwierigen Schülern anders umzugehen. In den Grundschulen kann man offensichtlich mit Heterogenität tatsächlich umgehen. Man braucht die Schüler nach Klasse 4 nicht zu trennen. Das zeigen uns die gut ausgebildeten Grundschullehrerinnen, die es zu DDR-Zeiten gab, weil neue ja kaum dazugekommen sind. Im Übrigen waren das damals die Besten des Jahrgangs. Die hatten auch eine methodische und didaktische Ausbildung, die wissen, was sie tun. Die wissen heute noch, was sie tun. Natürlich danke ich von dieser Stelle auch diesen Pädagogen, die unser Schulsystem hier bis zur Klasse 4 zur Weltspitze gebracht haben trotz schlechtester Bedingungen.
Natürlich, Sie reden von Wertschätzung. Das sind die Kollegen, die am wenigsten verdienen, wo man am Anfang erst mal dafür kämpfen musste, dass ihr Abschluss anerkannt wird, weil die Wessis nicht einsehen wollten, dass man - wenn man kein Abitur hat - nicht eine Grundschullehrerin sein kann. Nun erzählen Sie doch keine Märchen.
Dann bekommen die immer weniger Geld. Heute sind sie auch diejenigen, die wieder - zum Teil angestellt - weniger Geld bekommen und mit Fehlstunden an den Grundschulen jetzt umgehen müssen. Es kommen abgeordnete Regelschul- und Gymnasiallehrer, die höher eingestuft sind, die mehr verdienen und die Methodik und Didaktik nicht haben. Trotzdem ist an den Grundschulen eine gute Arbeit möglich. Wenn wirklich Wertschätzung für diese Kolleginnen und Kollegen gezeigt wird, dann setzen Sie sie ab sofort auf 100 Prozent. Das wäre dann das, was man als Politik von uns erwartet.
Ich will Ihnen noch mal sagen, die Sache mit den Gymnasien: Also uns befriedigt das nicht, dass wenn man Eltern hat, die nicht zu den Bildungsfernen gehören, wie das immer so umgangssprachlich heißt, man da eine dreimal höhere Möglichkeit hat, zum Gymnasium zu kommen, weil man sich den Nachhilfeunterricht einkaufen kann, weil man gezielt als Eltern fördert. Das kann doch nicht sein. Es kann doch nicht sein, dass die anderen Kinder dümmer sind, und sie sind es auch nicht. Wir haben die Verpflichtung, alle zu dem Abschluss zu führen, der eigentlich von den Möglichkeiten des Kindes her auch angelegt ist. Da können wir uns nicht damit zufriedengeben, dass man ein Drittel der Schüler nach Klasse 4 herauslöst und dann bei dem Rest noch mal die schwierigen Schüler an die Förderschulen einsortiert. Dieses gegliederte Schulsystem, das kann gar nicht das Ende einer erfolgreichen Schulentwicklung sein.
Im Übrigen, dieser dämliche Streit - sage ich jetzt mal -, ob bis Klasse 6, 8, 9, 10 oder 13 gemeinsam gelernt wird - es gibt doch Schulen in Thüringen, die zeigen, dass das eigentlich ein akademischer Streit ist. Schauen Sie nach Jena, die Jenaplan-Schule, eine staatliche Schule, dorthin gehen die Kinder vom Kindergarten bis zur Klasse 13 gemeinsam. Jeder erhält den Abschluss, den er sich selber erarbeitet hat mit den Hilfen und den Möglichkeiten. Übrigens wird dort klassenstufenübergreifend gearbeitet. Viele freie Schulen machen das ähnlich. Also die Klasse 6 oder die sechsjährige Grundschule, das ist, glaube ich, nur noch das, was die FDP will, Ihr bevorzugter zukünftiger Koalitionspartner, falls die die 5-Prozent-Hürde überhaupt schaffen. In Bayern ist es das, womit sie Wahlkampf gemacht haben. Das ist längst veraltet. Außerdem werden die nächstes Jahr nicht dabei sein. Also verabschieden Sie sich von dem Gedanken bis Klasse 6. Vielleicht macht die KMK irgendwann mal den Schritt zu sagen, wir messen den Bildungserfolg, unseren Schulerfolg anders als durch gehaltene Stunden. Wir legen so ein System
drüber, dass es uns nicht ermöglicht, ein Turbo-Abitur zu machen. Die Wessis kommen ja nicht mal klar damit.
Denen sollte man tatsächlich mal erklären - sorry, es war ein bisschen platt. Aber ich sage mal, der Jargon des Herrn Fiedler, der ist auch nicht immer so toll. Ich will mich ja nicht mit ihm vergleichen, das ist schon alles okay.
Es gibt also Bundesländer, die einfach nicht verstehen wollen, wie man gute Schule organisiert. Denen können wir natürlich helfen in Thüringen, dazu stehe ich. Aber trotzdem müssen wir doch nicht die Augen davor verschließen, was bei uns noch besser zu machen ist. Sie müssen bitte schön keine Angst vor einer Einheitsschule schüren, weil das einfach nicht wahr ist. Wenn Sie es wirklich interessiert, Herr Emde, wir haben seit zwei Jahren ein alternatives Schulgesetz in der Diskussion, übrigens auch in vier Fachkonferenzen mit vielen Wissenschaftlern diskutiert und mit vielen guten Ideen versehen, haben dieses überarbeitet und werden das nächsten Dienstag um 10.00 Uhr im Raum der Landespressekonferenz vorstellen. Ich lade die Pressevertreter Ihrer Fraktion herzlich ein, daran teilzunehmen.
Ja, ich möchte nur noch den Gedanken zu Ende bringen. Sie machen es natürlich viel einfacher. Sie laden in Erfurt zu einem Regelschulforum der CDU ein, und weil Sie sich die Briefmarken sparen wollen, schicken Sie das gar nicht an die Schulen, sondern gehen gleich über das TKM und die Schulämter und die Schulen und laden dazu ein. Wir werden diesen Weg interessiert verfolgen und natürlich auch versuchen zu nutzen, um wirklich in eine bildungspolitische Debatte zu kommen und nicht nur einseitig Regierungshandeln zu beschönigen und gut zu finden. Aber die Zwischenfrage lasse ich natürlich zu.
Nein, das weiß ich nicht. Das wird vielleicht daran liegen, dass es irgendwelche Ängste vor Ort gab, weil, wenn man über das Ministerium Einladungen zum CDU-Regelschulforum bekommt...
Ich kann mich erinnern, als ich hier in den Landtag kam, 2001, haben wir auch mal versucht, über die Schulleiter verschlossene Briefumschläge an die gewählten Elternvertreter weiterzugeben, um zu einem Forum einzuladen. Das war, glaube ich, auch in Greiz. Das ist ein sehr konservativ geprägter Landkreis, da ist auch eine CDU-Landrätin, die wahrscheinlich schon lange nicht mehr weiß, dass es noch andere Parteien gibt. Auf alle Fälle ist dann extra beim Schulamt und beim Ministerium angerufen worden, ob man diese verschlossenen Briefumschläge, wohlgemerkt ohne Werbung und ohne Stempel, weitergeben müsse. Also, wenn so viel Angst verbreitet wird, wenn man zu einem Forum zu uns einlädt - wie gesagt, wir werden den Weg über das Ministerium und die Schulämter auch nutzen, da kommen mit Sicherheit dann mehr Leute. Dann müssen wir nicht neidisch sein und Sie auch nicht. Aber nächstes Jahr in der Opposition werden Sie merken, wie schwer das ist.
Das Entwicklungsvorhaben „Eigenverantwortliche Schule“ war der wichtigste Schwerpunkt in diesem Schuljahr. Der Staatssekretär ist noch einmal darauf eingegangen vorhin in der Debatte zum Punkt 1. Die Schulgesetzänderung haben wir auch schon lange erwartet, um das zu untersetzen, im Übrigen auch, und da nerve ich vielleicht ein bisschen, um den Übergang von der Regelschule zum Gymnasium nach Klasse 8 zu ermöglichen. Das ist lange angekündigt und das hätte uns auch gut zu Gesicht gestanden, das im Ausschuss federführend zu besprechen und mit einer eigenen mündlichen Anhörung zu versehen. Wie gesagt, eine Schulgesetzänderung lange erwartet - aber völlig anders, so en passant unter der Gesetzesüberschrift „Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule“ wurden Dinge geregelt, die längst hätten geregelt werden können und geregelt werden müssen, aber mit dem Gesetz eigentlich nichts zu tun haben. Das heißt, wir hatten keine eigene parlamentarische Befassung im zuständigen Ausschuss. Wir haben keine eigene mündliche Anhörung machen können. Die Befassung im federführenden Sozialausschuss erfolgte erst, nachdem der Bildungsausschuss mal darüber beraten durfte, und natürlich wurden die Anträge unserer Fraktion abgelehnt. Im Übrigen lagen die Anhörungsbögen, die der Sozialausschuss veranlasste, weil es da eine schriftliche Anhörung gab, erst zur Hälfte vor. Dass der Sozialausschuss nur eine schriftliche Anhörung zu dem Gesetz machen konnte, lag einfach an der Überarbeitung und der Fülle des Materials, was der Sozialausschuss noch vor sich herschiebt. Es wäre zwingend geboten gewesen, uns als Bildungsausschuss mit den Dingen zu befassen, die unsere gewesen wären. Eigenverantwortung auch eines parlamentarischen Ausschusses sieht eben anders aus. Wie gesagt, das Gesetz heißt „Weiterentwicklung der Zusammenarbeit für Jugendhilfe und Schule“. Da ist jetzt von dem Pult aus schon eine ganze Menge gesagt worden und es gebe eine Menge zu sagen, z.B. wie man die Schuljugendarbeit verstärkt und die Ganztagsangebote an den Schulen erweitert, wie man tatsächliche Eigenverantwortung leben könnte und wie die Bildungsausschüsse vor Ort mit Inhalten einbezogen hätten werden können. Das wiederum hat mit dem Ausfeilen dieses oder eines anderen Gesetzes wenig zu tun, sondern eher etwas mit Geld. Es stimmt eben nicht, Herr Emde, dass Sie sagen, die Zahlen sprechen anderes. Die Zahlen sprechen schon für sich. In dieser Wahlperiode sind die Ausgaben dafür nicht nur zusammengelegt worden, sondern von 15 Mio. € auf 9 Mio. € gekürzt worden.
Wenn sich jetzt gestritten wird, ob man vor Ort hier den Schulsozialarbeiter bezahlen will oder den Streetworker im Sozialraum, dann sagen wir: Beide sind notwendig.
Beide hätten bezahlt werden müssen von diesem Geld, das Sie zur Verfügung stellen. Aber wenn die Decke zu kurz ist, kann es nicht funktionieren und das Kompetenznetzwerk, was ich vorhin erwähnte, was der Thüringer Lehrerverband einfordert, um solche Dinge ganz gezielt zu entwickeln, kann damit nicht aufgebaut werden. Wir brauchen, wie gesagt, beide. Wir brauchen eine gemeinsame Angebotsentwicklung im Sozialraum in Verantwortung von Jugendämtern und Schulen, sogar gemeinsame Weiterbildungen, unabhängig der jeweiligen Träger. Das alles wäre tatsächlich notwendig. Aber mit diesem Gesetz regelt es sich nicht. Dafür regelt man aber im Artikel 2 Dinge, die mit der Überschrift, die ich schon nannte, überhaupt nichts zu tun haben.
Punkt 1, das ist einfach die gesetzliche Nachvollziehung, was sich seit Schuljahresbeginn längst als Praxis in den Gymnasien tut, nämlich die Reform der Sek. II am Gymnasium, also etwas, was man schon lange vorher hätte tun müssen. Hoffentlich macht man nicht denselben Fehler bei der Umgestaltung der Sek. I, wo ab nächstem Schuljahr ein neues Fach eingeführt wird, wofür bisher weder ausgebildete Lehrer noch Lehrpläne oder Lehrbücher vorhanden sind. Ich erhalte Mails, in denen man uns darauf hinweist, dass man denkbar schlecht auf die Einführung dieses neuen Fachs in den Gymnasien Sek. I vorbereitet ist. Aber möglicherweise werden wir uns nächstes Jahr irgendwann im Herbst mit einem neuen Landtag damit befassen oder eben auch nicht, je nachdem, wie das Kultusministerium dann reagieren wird.
Punkt 8 legitimiert die Aufgaben des ThILLMs, eigentlich auch schon gängige Praxis und längst überfällig. Das, was mein Kollege Döring sagte, unterstützen wir; man sollte aber noch anführen, dass laut Gesetz Mitarbeiter des ThILLMs berechtigt sind, Hausverbot auszuüben und lästige GEW-Vertreter vertreiben zu dürfen, wie am 27.09. passiert - damit sie dann ihre Kompetenzen auch wirklich im Gesetz wiederfinden können.
Aber der absolute Hit ist der Punkt 8: § 40 b - Eigenverantwortliche Schule oder das, was man im Ministerium davon hält. Ich lese mal die Pressemitteilung des Ministers vom 9. Dezember dazu vor, da steht: „Mit dem Entwicklungsvorhaben ‚Eigenverantwortliche Schule’ setzen wir ganz bewusst auf Ei
geninitiative, Freiwilligkeit, Unterstützung und Begleitung und den denkbar größtmöglichen Freiraum.“ Also aus unserer Sicht steht das in dem Gesetz nicht drin, das ist eigentlich der blanke Hohn, denn für die Schulleiter ändert sich eigentlich nichts mit diesem Gesetz. Es steht halt nur irgendwas drin geschrieben, auch irgendwelche Evaluierungen, die freiwillig über längere Zeiträume - also eigentlich der blanke Gummi. Wirkliche Eigenverantwortung traut man nach wie vor den Schulen nicht zu. Unsere Fraktion hat als einzige im Bildungsausschuss dazu einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt trotz Kurzfristigkeit. Wir haben gefordert und fordern nach wie vor, dass Schulen echte personelle und sächliche Verantwortung erhalten, also tatsächliche schulscharfe Ausschreibungen bei Neueinstellungen. Das wird uns in den folgenden Jahren begleiten. Wir werden Neueinstellungen haben und wir sind im Kampf um die Köpfe mit anderen Bundesländern darauf angewiesen, schnell zu sein und schulscharf ausschreiben zu können. Wir brauchen auch ein eigenes Schulbudget, das fordern die Schulleiter oder Schulkonferenzen seit Langem, und natürlich auch die Möglichkeit, Rechtsgeschäfte abzuschließen. Dass Evaluierung zwingend sein muss und auch regelmäßig, das versteht sich von selbst. Wir haben dazu Vorschläge gemacht. Genau diese Vorschläge hat Herr Emde im Ausschuss als „Revolution“ bezeichnet - mein Gott, das ist aber genau das, was die Schulleiter fordern, und zwar nicht, weil wir das sagen, sondern weil es in anderen Bundesländern schon gang und gäbe ist. Schauen Sie doch einfach mal in das Berliner oder das hessische Gesetz. Haben Sie zu unseren guten Schulleitern - wenn wir denn schon so gut sein sollten - dasselbe Vertrauen, das die Kollegen Politiker in den anderen Ländern haben! Ich denke, unsere Schulleiter sind nicht schlechter und die Schulkonferenzen sind sich ihrer Verantwortung bewusst, man muss ihnen nur diese Verantwortung geben.
Sie verhindern mit diesem Gesetz eigentlich Schulentwicklung, und zwar durch die finanziellen Daumenschrauben - ich verwies am Anfang meiner Rede darauf -, aber auch durch dieses fehlende Vertrauen. Ich will Ihnen mal noch - ich zitiere, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis - zwei Sätze vorhalten und ich sage hinterher, wo sie herkommen: „Ich möchte heute mit Ihnen gemeinsam über die gewachsene Verantwortung des Schulleiters für Schulqualität sowie für Personal- und Qualitätsentwicklung nachdenken. Die beste Idee nutzt nichts, wenn sie nicht konsequent in die Tat umgesetzt wird, und dafür brauchen wir vor allem Sie, die Schulleiter.“ Das hat Prof. Goebel am 27.11.2004 in einer Grundsatzrede zur Schulentwicklung vor Schulleitern gesagt. Ich ahne jetzt, dass der Prof. Goebel für die Thüringer Schulen oder eigentlich nur für die Thüringer CDU einfach zu revolutionär war und das dann nicht mehr umsetzen
durfte. Schade eigentlich.
Wir empfehlen Ablehnung dieses Gesetzes, weil tatsächliche Eigenverantwortung anders aussieht. Wir haben darauf verzichtet, diesen Änderungsantrag noch mal hier heute vom Plenum abstimmen zu lassen, weil die Mehrheitsverhältnisse ja genauso wie im Ausschuss sind. Die Arbeit konnte ich uns und unseren Mitarbeitern ersparen. Ich lade Sie noch mal dazu ein, ab nächstem Dienstag wird das alternative Schulgesetz unserer Fraktion vorgestellt und als Diskussionsangebot auf der Homepage der Fraktion stehen. Da werden auch diese Vorschläge zur eigenverantwortlichen Schule nachlesbar sein, extra für Sie.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Herr Emde, ich weise erst einmal den Begriff „Linksextremist“, der auf meinen Kollegen Matze Bärwolff bezogen war, zurück.
Sie haben das im Eingangssatz gesagt, das ist im Protokoll noch mal nachzulesen, da erwarte ich einfach eine Entschuldigung. Was gewerkschaftliche Grundsätze sind, das scheinen Sie allerdings überhaupt nicht zu verstehen, denn Ihre Argumentation erinnert mich so sehr an die der SED. Da wissen Sie gar nicht, wie nah sie da dran sind.
Da zwei Beamte, die am 17.11. aus Solidarität mit den teilzeitbeschäftigten Pädagogen unter Wahrnehmung ihrer gewerkschaftlichen Grundrechte, die auch für Beamte gelten, am sogenannten Lehrerstreik vor dem Kultusministerium teilnahmen, die angedrohte Abmahnung nun doch nicht ereilte, allein aus diesem Grund hat die Aktuelle Stunde bereits ihren Sinn erfüllt.
Die Landesregierung scheint doch zu lernen, aber mit Sicherheit nicht nachhaltig, auch wenn 2009 zum „Jahr der Demokratie“ ausgerufen worden ist.
Heute Vormittag wurde der Thüringen-Monitor debattiert und es bedarf schon eines sehr kritischen Nachdenkens aller Politiker, wenn die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen mit der Demokratie derzeit zu 58 Prozent ziemlich oder sehr unzufrieden sind. Schauen Sie nach, meine Herren und Damen von der CDU, Tabelle A72. Ihre organisierten Jubelveranstaltungen, bei denen gleichzeitig kritische Reflektionen unterdrückt werden sollen, sind für mich ein Grund dafür. Die Tagesordnung im Landtag für morgen als Allererstes wieder mit einem Jubelpunkt zu PISA und einem Sofortbericht des Ministers auszudehnen und TOP 23 vorzuholen, obwohl noch nicht einmal alle Gesetze besprochen worden sind, das ist Selbstdarstellung pur.
70 Prozent der Thüringer konstatieren, siehe Tabelle A53, für Sie extra, einen fehlenden Einfluss darauf, was die Regierung tut. Menschen spüren Ihre Form der Heuchelei - über Demokratie zwar zu reden, sie aber gleichzeitig lästig zu finden. Ihr Umgang mit gewerkschaftlichen Grundrechten von Landesbediensteten ist ein beredter Beleg dafür. In Drucksache 4/4711 meines Kollegen Lemke behauptet die Landesregierung, sie betrachte „die in Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes und Artikel 37 der Verfassung des Freistaats Thüringen gewährleistete Koalitionsfreiheit als hohes, besonders schützenswertes verfassungsrechtliches Gut“ und sei der Meinung, dass durch die geltenden gesetzlichen Bestimmungen die Wahrnehmung der Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Beamtinnen und Beamten in vollem Umfang möglich sei. Aber genau wie sich beim Geruch von „4711“ viele angewidert abwenden, wird es beim Lesen dieser Drucksache einem ganz schnell schlecht, besonders dann, wenn man das konkrete Handeln der Landesregierung reflektiert.
Beim Parfüm ist es der unangenehme Geruch und in der Politik die Scheinheiligkeit und Heuchelei, die die Menschen aufregt. Mit einer Selbstverständlichkeit, die sich aus Arroganz und Selbstherrlichkeit speist, wird aus Verordnungen und Verträgen zitiert, um ministerielles Handeln zu legitimieren. Es ist geradezu eine Verhöhnung der Gewerkschafter, wenn ihnen gesagt wird: Klar sind wir für Ihre Interessenvertretung und na klar sind wir für eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit und selbstverständlich kann auch ein Antrag nach Thüringer Urlaubsverordnung zur Gewährung von Sonderurlaub zur Teilnahme am Gewerkschaftstag gestellt und laut Verordnung könnte diesem sogar entsprochen werden - aber leider geht das nicht. Und gerade an diesem Tag gibt es so zwingende dienstliche Verpflichtungen, die dem entgegenstehen. Diese dienstlichen Verpflichtungen und die daraus resultierende Unabkömmlichkeit treffen ganz zufällig offensichtlich auf alle 36 Antragsteller gleichermaßen zu. Alle 36 konnten also nicht freigestellt werden, um am Landesgewerkschaftstag des BTB am 29.10. in Leinefelde teilnehmen zu können. Das man diese Gewerkschafter dann doch dort traf und alle Urlaub nehmen mussten, der ja auch genehmigt werden muss, ist also konkretes Ergebnis - Scheinheiligkeit als Prinzip. Die Landesregierung zeigt in diesem konkreten Fall einmal mehr, was sie von gewerkschaftlicher Interessenvertretung und von der Wahrnehmung demokratischer Grundrechte versteht.
Noch perfider aber kommt ein Schreiben des Herrn Machts aus dem Kultusministerium daher, um eine Demonstration vor dem Kultusministerium zu verhindern. Ausgerechnet in der PISA-Jubel-Woche, kurz vor dem 3. Mitteldeutschen Bildungskongress, werden alle Schulämter und Schulleiter angewiesen, Anträge auf Arbeitsbefreiung und Sonderurlaub nach selbiger Thüringer Urlaubsverordnung abzulehnen und damit die Demonstration möglichst zu verhindern. Schlimmer noch - selbst den Schulleitern wird mit Konsequenzen gedroht, sie sollen kontrolliert werden, wie sie diesen Erlass umsetzen. Die Eigenverantwortliche Schule lässt grüßen. Ängste schüren, Druck ausüben, einen Keil zwischen Schulleitung und Pädagogen treiben, die Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Lehrerzimmern als „Diezelgegeben“ hinnehmen - gelebte Demokratie, meine Herren, sieht anders aus.
Die Landesregierung zieht sich auf Verträge und Verordnungen zurück, deren Urheber sie selber ist. Sie haben überall etwas eingebaut, was ihr Handeln immer wieder legitimiert. Ich sage noch einmal die Daten: 27.09. Bildungsplan, Jubelveranstaltung sollte
nicht gestört werden; 29.10. 36 Landesbedienstete dürfen nicht fahren; 12.11. Schülerstreik; 18.11. Thüringer Pädagogen werden unverhohlen und massiv eingeschüchtert. Man droht sogar mit Kürzung von Bezügen. Fazit: Eine Landesregierung, die sich vor den eigenen Bediensteten schützen muss, hat abgewirtschaftet und gehört abgelöst, egal ob mit oder ohne Ausrufen eines Jahres der Demokratie. Ihr Handeln ist Zynismus pur.
Zu unserem Bedauern ist es ja dazu gekommen, dass Sanktionen von einzelnen Schulämtern tatsächlich angedroht und auch von den Schulleitungen umgesetzt worden sind. Es gab also an einzelnen Schulen die Eintragung von Fehlstunden bzw. Fehltagen, woanders ist darauf verzichtet worden. Vor dem Hintergrund bzw. Stichwort „gleichartiges Verwaltungshandeln“, wie wollen Sie sichern, dass die Schülerinnen und Schüler im Freistaat tatsächlich gleich behandelt werden? Gibt es eine Rundinformation, dass diese Fehltage und Fehlstunden gelöscht werden?
Sicherstellung der Hortbetreuung im Schulamtsbereich Gera/Schmölln
Aus dem Schulamtsbereich Gera/Schmölln gibt es verstärkt Anfragen besorgter Eltern, die mich im Wahlkreisbüro darauf hinweisen, dass der in der gültigen Verwaltungsvorschrift für das laufende Schuljahr abgebildete Personalschlüssel bei der Hortbetreuung nicht eingehalten wird bzw. werden kann.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Kinder sind derzeit in den Grundschulhorten des Schulamtsbereichs angemeldet und wie viele Erzieherinnen arbeiten mit welchem Beschäftigungsumfang in den einzelnen Bereichen des Schulamtes (aufgeschlüsselt nach den Bereichen Gera, Altenburg/Schmölln und Greiz)?
2. Konnte der durch das Ausscheiden von Erzieherinnen zum Schuljahresende 2007/08 an den Grundschulhorten im Schulamtsbereich aufgetretene Personalmangel behoben werden und wenn ja, wie viele Neueinstellungen mit welchem Stundenumfang sind im Schulamtsbereich erfolgt (wiederum aufgeschlüs- selt nach den Bereichen Gera, Altenburg/Schmölln und Greiz)?
3. Sieht die Landesregierung Unterschiede bei der personellen Versorgung in den Bereichen des Modellprojekts Greiz und im übrigen Bereich und wenn ja, welche Ursachen gibt es dafür?
Wie werden Sie die Personalsituation im Schulamtsbereich außerhalb des Modellprojekts entschärfen, wenn in den Geraer Grundschulen derzeit mehr als 300 Fehlstunden existieren, also 17 halbe Stellen fehlen? Oder wird man sich dort so lange damit abfinden müssen, bis man eventuell doch dem Modellprojekt beitritt und lassen Sie das sehenden Auges zu?
Das heißt also, es wird aktuell jetzt noch im Halbjahr Neueinstellungen geben, um in diesem Bereich die Personalsituation zu entschärfen?
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, dieser Antrag ist entstanden zu einer Zeit, als Sie Ihren Fehlstart ins neue Schuljahr produziert haben. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so lange dauert und dass wir den erst heute - also nach dem Merkel’schen Bildungsflop - behandeln. Aber es ist trotzdem ein guter Tag, es ist der Tag der bundesweiten Schulstreiks.
Es ist gut, außerparlamentarische Opposition zu verbinden mit dem, was wir hier intern im Plenum besprechen. Ich bin natürlich stolz auf die jungen Leute, die da für ihr Recht auf gute Bildung gekämpft haben und letztendlich auch deutlich gemacht haben, Herr Emde, dass Sie eben nicht recht haben. Sie haben Ihre undemokratische Denke ja heute mit einer Pressemitteilung stolz verkündet: Demokratie ist nur das, was Sie dafür halten, und das kann natürlich nur das sein, was der CDU gefällt. Das ist leider nicht so und, wie gesagt, ich kann nur die Schülerinnen und Schüler unterstützen.
Ich möchte auch den Trugschluss,
dem Sie da offensichtlich aufgesessen sind, doch mal korrigieren, der bundesweite Streik richte sich - ich zitiere aus Ihrer Pressemitteilung - „überdies gegen vermeintliche Missstände, die Thüringen überhaupt nicht beträfen“. Wenn es denn so wäre, Herr Emde, dann müssten wir heute nicht hier über dieses Thema reden,
dann hätten wir im September keine Aktuelle Stunde gehabt und dann bräuchten wir eigentlich nur noch dem Minister für diesen Donnerstag zu seinem Bildungsgipfel richtig die Daumen drücken und alle jubeln wie zum IX. Pädagogischen Kongress, aber dem ist nicht so.
Im Übrigen, ich sage mal, noch ist sie ja Opposition und vielleicht ist sie auch beim nächsten Mal nicht dabei, aber die FDP in Thüringen unterstützt auch diesen Protest und die „gute Möglichkeit, den Druck zur nötigen Bildungsreform zu erhöhen“.
Manchmal sind mir selbst liberale Gedanken so richtig nah, jedenfalls näher als das, was Sie hier in der Mitte des Hauses immer versuchen, uns beizubiegen und schönzureden.
Natürlich, selbstverständlich. Zumindest sind die noch nicht so verblendet, dass sie demokratisch nur das nennen, was sie selber gut finden.
Nun zu unserem Antrag konkret:
Sie wissen doch ganz genau, dass wir auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und natürlich demokratisch sind.
Da können Sie lachen, ich kann Ihnen nur sagen von mir selber, ich habe zur Wendezeit in meinem Kreis dafür gekämpft und ich weiß ganz genau, was mir damals gesagt worden ist. Darüber können wir gern mal reden und da gibt es auch ein paar Kollegen aus Ihrem Kreis, die mich aus der Zeit noch kennen oder eben nicht, weil sie hinter den Gardinen nur zugeschaut haben. Da erwischen Sie mich an einem ganz wunden Punkt, Herr Mohring, da waren Sie noch Freundschaftsratsvorsitzender.
Sie haben mir nicht zu sagen, wo und wie ich Demokratie gelernt habe oder nicht.
Ich gebe zu, dass ich als junge Mutter erst zur Wendezeit politisch aktiv geworden bin. Vorher habe ich weiß Gott auch die SED-Kreisleistung nie von innen gesehen. Und Sie müssen mir nicht sagen, was Demokratie ist. Ich habe sehr gut ein Bauchgefühl dafür und offensichtlich Ihre Kollegen alle nicht, was dazu geführt hat, dass diese Demokratie, die keine war, da gebe ich Ihnen ja recht, in der DDR untergegangen ist. Die gleichen Anzeichen entdecke ich heute wieder. Das ist so peinlich, dass Sie das nicht merken. Aber nächstes Jahr werden Sie es merken, das verspreche ich Ihnen.
Nun zu unserem Antrag:
Das ist richtig, Herr Mohring, das ist richtig, aber wir haben die Lehren daraus gezogen, Sie offensichtlich nicht.
Wenn Sie in die Köpfe reinschauen können, das kann ich bei Ihnen auch nicht. Also, tut mir leid, an den Taten wird man Sie erkennen. Und ich sehe Ihre Taten: Sie rufen das Jahr der Demokratie aus und machen das Gegenteil davon. Die Schülerinnen und Schüler haben es einfach nur ernst genommen. Ich kann nur hier den Kultusminister von diesem Pult aus auffordern, sämtliche Sanktionen, die angedroht worden sind, zurückzunehmen, weil die einfach unpassend sind, die sind so etwas von dämlich, so etwas zu machen.
Aber ich nehme mal an, dass der Kultusminister, der ja heute keine Pressemitteilung veröffentlicht hat, das natürlich zurücknehmen wird und Herrn Emde dann auch in seine Schranken verweisen wird. Da bin ich ganz sicher, da habe ich Vertrauen, denn er hat ja sicherlich auch mitgekriegt, dass in Jena und Erfurt nicht 1.000 Leute von uns verhetzt worden sein können, sondern dass es wirklich Gründe gibt, sonst würden sie nicht auf die Straße gehen. Solche Demos habe ich nur nach Gutenberg erlebt. Offensichtlich ist das Maß jetzt wieder voll und da sollten wir einmal ernsthaft darüber reden.
Reden Sie nur weiter dazwischen, dann müssen Sie sich noch viel länger über Bildungspolitik Gedanken machen; vielleicht hilft es ja doch.
Also nun zum Antrag: Dieser Antrag hat einen Namen, der mehr ist als nur...
Redezeit zu Ende?
Das ist in Ordnung, ich habe ja dann noch eine Dreiviertelstunde Redezeit dazu, okay.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dieser Antrag heißt nicht umsonst „Personalinitiative für Schulen in Thüringen“, weil wir glauben, auch damit deutlich zu machen, dass gute Schule und gute Qualität von sehr vielen Faktoren abhängt und nicht nur Lehrerinnen und Lehrer in einer Schule arbeiten oder arbeiten sollten. Deswegen diese fünf Punkte. Ich möchte auch zu diesen fünf Punkten noch einiges Argumentationsmaterial hinzufügen, in der Hoffnung, dass ich dem Anspruch von Herrn Emde gerecht werde, der zur Aktuellen Stunde im September gesagt hatte, und ich zitierte: „Eine ernst zu nehmende Opposition erschöpft sich nicht nur im Anprangern und in endlosen Forderungen, sondern macht auch praktikable Vorschläge.“ Diese haben wir mit unserem Antrag hier gemacht, und zwar schon bevor die Aktuelle Stunde im September auf der Tagesordnung war, aber ich will nur noch einmal darauf hinweisen. Sie haben heute die einmalige Chance, jedem Punkt einzeln zustimmen zu dürfen und beim ersten sogar namentlich. Also überlegen Sie es sich und hören gut zu. Vielleicht kann ich Sie ja doch überzeugen.
Ich habe Sie leider nicht verstanden.
Selbstverständlich mache ich das.
Es ist, Herr Minister - ich erinnere noch einmal an die Demo vor der Staatskanzlei am 16.09. -, tatsächlich eine politische Lösung gefragt. Es ist gesagt worden, dass diese Floating-Verträge ein Akt der Solidarität gewesen seien und dass der Personalüberhang, der damals erkennbar war, gewissermaßen der Grund war. Da stimme ich Ihnen zu, das sah ich zum damaligen Zeitpunkt auch so. Ich bin auch eine von denen, die diesen Floating-Vertrag unterschrieben hat. Es war eine Einsicht in die Notwendigkeit, denn es standen Kündigungen im Raum. Der damalige Minister hatte sogar angefangen, bei den Grundschullehrern zu kündigen. Es war also auch Angst im Raum. Das ist vorbei, es stehen keine Kün