Abschließend, meine Damen und Herren, verweise ich darauf, dass ich am Anfang meiner Ausführungen von einer vorläufigen Bewertung gesprochen habe. Wenn die bundesweite Diskussion abgeschlossen ist, werde ich ergänzende Ausführungen zu diesem Thema Städtebau und Wohnungsbau auch hier im Parlament machen im Zusammenhang mit dem gestern beschlossenen Antrag der CDU-Fraktion zur Bedeutung der Ober- und Mittelzentren für die Stärkung des Lebens in unserem Freistaat. Vielen Dank.
Der Sofortbericht ist gegeben. Ich frage: Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? Alle drei Fraktionen wünschen dieses. Dann kann ich die Aussprache eröffnen. Als erste Rednerin hat das Wort Abgeordnete Sedlacik, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unumstritten ist, dass der Stadtumbau Ost die Entwicklung der Städte in Thüringen geprägt hat. Der Stadtumbau Ost läuft seit 2002. Stadtumbaumaßnahmen werden in Thüringen in 42 Städten durchgeführt. Bisher sind in Thüringen rund 36.000 Wohneinheiten zurückgebaut und abgerissen worden. Weitere 4.000 Wohneinheiten sollen in diesem Jahr folgen. In den Stadtumbaugebieten sank die Leerstandsquote bei den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen Ende 2007 auf 11,4 Prozent. Ohne Abriss und Rückbau würde sie bei ca. 20 Prozent liegen. Das sind die nüchternen Zahlen auf der einen Seite. Konsens besteht für uns hinsichtlich der Notwendigkeit der Fortführung des Programms über das Jahr 2009 hinaus. Zu diesem Urteil kommen ebenfalls die Gutachter des Deutschen Instituts für
Urbanistik und des Instituts für Stadtforschung und Stadtstruktur, die das Programm „Stadtumbau Ost“ im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung evaluierten. Fachlich begleitet wurde dieses von einer Lenkungsgruppe. Diese Lenkungsgruppe sollte auf der Basis der Ergebnisse des Gutachtens Empfehlungen für die Fortentwicklung der Schwerpunktsetzung des Programms nach dem Jahr 2009 aufzeigen. Die zentralen Ergebnisse wurden im Juni dieses Jahres vorgestellt und sind Anlass dieses vor uns liegenden Antrags der CDU.
Neben der eingangs von mir dargestellten Bilanz wird in der Stellungnahme der Lenkungsgruppe festgestellt, dass erst ein Teil der Herausforderungen bewältigt ist und die Aufgabe Stadtumbau noch große Anstrengungen erfordert. Eine Stagnation des Leerstands ist zwar erreicht, die Probleme sind aber noch nicht gelöst, denn der Bevölkerungsrückgang und damit der Schrumpfungsprozess der Städte, auch in Thüringen, ist 2009 noch nicht zu Ende. Er geht weiter und wird auch dazu führen, dass die Probleme regional differenziert verstärkt auftreten werden. Eine befürchtete zweite Leerstandswelle ab dem Jahr 2010, die die bisherigen Dimensionen überschreiten wird, ist in aller Munde. Ich will sie nicht herbeireden. Stadtumbau bleibt ohne Zweifel eine zentrale Zukunftsaufgabe, die aber ohne das Engagement des Bundes und auch des Landes nicht zu lösen ist. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es nicht mehr um das Ob, sondern vielmehr um das Wie der Fortführung des Stadtumbaus Ost geht - und das ist ein Aktivposten. Allerdings wird über das Wie noch weit zu diskutieren sein und wir haben ja heute auch von Staatssekretär Richwien das Angebot dazu, in dem entsprechenden Fachausschuss zu berichten, denn die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine Nachjustierung in Teilbereichen unerlässlich ist. Wir müssen handeln und ich möchte dazu auch ein paar Punkte hier benennen.
Die Hauptprobleme liegen hier nicht unmittelbar im Programm selbst, sondern in den Rahmenbedingungen. Auch die Lenkungsgruppe geht in ihrer Stellungnahme auf ein ganzes Bündel von flankierenden Maßnahmen ein und macht Vorschläge, die sich sowohl an den Bund, an die Länder als auch an die betroffenen Gemeinden richten. Mit der Bewertung meiner Kollegin aus der Bundestagsfraktion, Heidrun Bluhm, möchte ich einsteigen, die sehr hart, aber treffend war, ich zitiere: „Stadtumbau muss mehr sein als ein Begleitprogramm für den wirtschaftlichen Niedergang Ostdeutschlands.“ Grundsätzlich ist die Fortführung des Stadtumbaus und dessen finanzielle Absicherung bis 2016 zu begrüßen. Was fehlt, ist aber ein Gesamtkonzept für den Aufbau Ost mit dem Ziel, den Teufelskreis von Abwanderung, Geburtenrückgang, hohe Arbeitslosigkeit, sich abzeichnendem Facharbeitermangel zu durchbrechen. Das Stadtum
bauprogramm konzentriert sich zu stark auf die Wohnungswirtschaft und darf sich nicht nur um Leerstandsdebatten drehen. Es geht auch darum, Lebensqualität, Lebenschancen der Menschen dauerhaft zu verbessern. Ein weiterer Abbau der öffentlichen Daseinsvorsorge, deren Privatisierung und die Ausdünnung des ÖPNV verschärfen die sozialen Spannungen und lassen die Verwirklichung des Ziels der Schaffung gleichartiger Lebensbedingungen auch in Thüringen in weite Ferne rücken.
Meine Damen und Herren, ich möchte folgend einige wesentliche Punkte diskutieren und ansprechen, die für uns von besonderer Bedeutung sind. Ich möchte aber an dieser Stelle ganz besonders den Thüringer Wohnungsunternehmen Anerkennung hinsichtlich ihrer Arbeit und ihres Beitrags zur nachhaltigen Stadtentwicklung aussprechen, denn sie sind es, die in Zusammenarbeit mit ihren Kommunen den Hauptanteil des Stadtumbaus und somit einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts sowie zur Aufwertung von Stadtteilen bieten.
Damit wäre ich auch schon bei meinen drei Punkten, die ich hier noch einmal ansprechen möchte: Erstens die Altschuldenproblematik, zweitens die finanzielle Situation der Kommunen und drittens einige Worte zur Planungssicherheit.
Zum ersten Punkt - Stabilisierung und Konsolidierung der ostdeutschen Wohnungswirtschaft: Die bestehende Altschuldenproblematik ist das Haupthindernis beim Stadtumbau in den neuen Bundesländern. Es bedarf hier zwingend einer generellen Lösung der Altschuldenfrage für alle Wohnungsunternehmen, und zwar unabhängig davon,
wie hoch die Leerstandsquote des jeweiligen Unternehmens ist. Nicht nur, dass es wohnungswirtschaftlicher und wirtschaftlicher Unsinn ist, dass ein Wohnungsunternehmen erst in eine existenzbedrohende Lage geraten muss, um von willkürlichen Altschulden entlastet zu werden, die in der DDR entstanden sind, auch sind ohne generelle Altschuldenentlastung der Wohnungsunternehmen die Ziele des Stadtumbaus nicht zu erreichen. Einen entsprechenden Antrag der LINKEN im Bundestag haben die Regierungsparteien erneut abgelehnt. Durch die Ablehnung sind viele Unternehmen weiterhin in ihrer Existenz gefährdet bzw. können nicht den nötigen Eigenanteil für die Teilnahme an Förderprogrammen aufbringen. Die Bundes- und Landespolitik muss hier tätig werden. Es darf nicht hingenommen werden, dass Banken angesichts der Finanzkrise mit Milliar
dengeschenken abgesichert werden und ein solcher Schutzschild für die Realwirtschaft in Gestalt von Wohnungen, von Werten in den Kommunen verweigert wird.
Auch die Verbände der Wohnungsunternehmen, wie beispielsweise ein Blick in die aktuellen Forderungen des Verbandes der Thüringer Wohnungswirtschaft verrät, drängen seit Langem auf eine Umsetzung der im Antrag unserer Bundestagsfraktion geforderten gesetzlichen Änderung. Sie ist zwingende Voraussetzung dafür, dass Förderprogramme im Rahmen des Stadtumbaus Ost auch tatsächlich greifen. Aber auch die besten Städtebauförderprogramme nutzen nichts, wenn die Kommunen vielerorts nicht in der Lage sind, den erforderlichen Eigenanteil aufzubringen, um die Fördermittel überhaupt abrufen zu können.
Somit komme ich zu meinem zweiten Schwerpunkt, die Misere der öffentlichen Haushalte bzw. die schlechte finanzielle Ausstattung der Kommunen, aufgrund derer die Kommunen in vielen Fällen eben nicht imstande sind, die nötigen Mittel aufzubringen, um über Stadtumbauprogramme dringend nötige Maßnahmen anzustoßen, was nicht zuletzt dazu führt, dass dem Prozess der sozialräumlichen Entmischung zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird und eine relativ gute Ausgangsposition im Hinblick auf ein Angebot an bezahlbaren Wohnungen in kommunaler Hand sowie lebenswerter Stadtquartiere insgesamt verspielt wird. Auch die zunehmende Privatisierung der öffentlichen Wohnbestände als Folge der bereits erwähnten Finanzkrise der Kommunen bedeutet immer wieder einen Angriff auf die Gestaltungsfähigkeit der Stadtumbaupolitik insgesamt, auch wenn die Befürworter der Privatisierung dies heute noch nicht wahrhaben wollen.
Ich komme zum dritten Punkt: Stadtentwicklung braucht Verlässlichkeit und Planungssicherheit für Kommunen und Träger des Stadtumbaus, was nichts anderes bedeutet, als dass den Kommunen die Städtebaufördermittel und Stadtumbaumittel schneller, unbürokratischer und flexibler für den bedarfsgerechten Einsatz zur Verfügung zu stellen sind. Es müssen längerfristigere Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern abgeschlossen werden - eine langjährige Forderung meiner Fraktion und nun auch eine zentrale Forderung aus dem Gutachten. Ich zitiere: „Die Praxis jährlicher Verwaltungsvereinbarungen muss beendet werden, kommen sie doch erst in der zweiten Jahreshälfte bzw. im III. Quartal des jeweiligen laufenden Jahres zum Tragen.“
Bleibt abzuwarten, wie nun damit umgegangen wird. Auf die Fragestellung nach den öffentlichen Aufgaben einer Stadt oder nach den Stadt-UmlandBeziehungen gehen weder das Gutachten noch die Stellungnahme der Lenkungsgruppe in nennenswertem Maße ein. Auch wir können die Debatte dazu hier nicht führen, denn die Grundsätze der Landesentwicklungsplanung und der damit verbundenen Fähigkeit der Kommunen, Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht nur in größeren Städten, sondern auch in der Fläche zu gewährleisten, sind ressortübergreifende eigenständige Themen. Wir sind der Meinung, diese Diskussion sollten wir nicht auf die lange Bank schieben.
Abschließend möchte ich noch drei Bereiche ansprechen. Das ist zum einen die Stärkung der Innenstädte, für die sich auch meine Fraktion im Rahmen des demographiebedingten Stadtumbaus ausspricht, selbstverständlich unter besonderer Berücksichtigung des ländlichen Raums, der nicht abgehängt werden darf, denn Thüringen ist - das haben wir heute schon gehört - zu 95 Prozent ländlich geprägt. Bei Schrumpfung der Städte ist der Erhalt der historisch gewachsenen Innenstrukturen entscheidend. Attraktive und unverwechselbare Stadtzentren sind wichtige Standortfaktoren. Wegen ihres hohen identitätsstiftenden Wertes sowie wegen ihres lebensqualitätbringenden Charakters können sie der Abwanderung entgegenwirken und natürlich auch Neubewohner anziehen. In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass es in Thüringen bisher keinen flächenhaften Rückbau von Innenstadtquartieren gab, wie aus der Beantwortung meiner Kleinen Anfrage hervorgeht. In Thüringer Städten sind im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ bisher 1.568 Wohneinheiten in Gebäuden mit einem Baualter vor 1919 beseitigt worden, darunter 768 in Altbauquartieren. Denkmalgeschützte Gebäude wurden in diesem Rahmen in Thüringen nicht abgerissen, heißt es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage. In diesem Zusammenhang sei aber ein weiterer Ansatzpunkt, die Ausrichtung der Landesförderungspolitik auch auf Einzeldenkmäler, benannt. Ein fehlendes Landesprogramm „Denkmalschutz“ für Einzeldenkmäler führt nämlich dazu, dass hier weiter der Abriss droht.
Ein zweiter Bereich, den ich bereits erwähnte, ist der demographische Wandel, der sich nicht nur im Bevölkerungsrückgang, sondern auch in einer veränderten Altersstruktur zeigt. Schon heute ist jeder fünfte Einwohner Thüringens über 65 Jahre. Auch darauf müssen wir uns einstellen und unsere Städte barrierefrei umgestalten, um die Lebenswelt von Alten, Behinderten, aber auch von jungen Familien, die mit dem Kinderwagen barrierefrei die öffentlichen Räume betreten wollen, noch zu verbessern. Da Stadtumbau aber ein dynamischer Prozess ist, müssen auch Stadtentwicklungskonzepte fortgeschrie
ben, weiterentwickelt und auf den neuesten Stand gebracht werden. Wir fordern insbesondere auch Kommunen auf und wir sollten sie unterstützen, auch dort Stadtumbau weiter voranzutreiben, wo es die Konzepte noch nicht gibt. Vielleicht überlegt es sich die Landesregierung, diese Kommunen auch dahin gehend zu unterstützen.
Meine Ausführungen und Erfahrungen zeigen, dass die Aktivitäten der Thüringer Wohnungswirtschaft und der Thüringer Kommunen auch durch zielgerichtete Förderpolitik und verlässliche Rahmenbedingungen weiter unterstützt werden müssen. Alle haben hier eine hohe Erwartung an die Landesregierung und wir als wohnungspolitische und stadtpolitische Sprecher natürlich auch. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die demographische Entwicklung in Thüringen, sprich Bevölkerungsrückgang, Abwanderung junger Leute, hat auch zu massiven Wohnungsleerständen geführt. Dabei haben wir keine gleichmäßige Entwicklung. Wenn man sich die Prognosen für die Zukunft anschaut, dann werden wir in einigen Bereichen Bevölkerungszuwachs haben, ich nenne hier die Städte Jena oder Weimar, auch für Eisenach wird ein leichter Bevölkerungszuwachs prognostiziert. Demgegenüber gibt es massive Verluste z.B. in Suhl oder Ostthüringen. Das heißt, wir brauchen keine einheitlichen Antworten auf dieses Problem, sondern sehr flexible Antworten und die Situation wird auch unterschiedlich zu bewältigen sein. Die Veränderung der Altersstruktur hat dazu geführt, dass wir eine älter werdende Bevölkerung haben, die letztendlich auch andere Anforderungen an das Wohnumfeld hat, an die Wohnung, z.B. Barrierefreiheit. Wir haben eine Veränderung von Haushaltsgrößen, das heißt eine Tendenz zu Singlehaushalten. Wir haben weniger Einwohner, aber mehr Haushalte, kleinere Wohnungen werden nachgefragt nicht nur von Hartz-IV-Empfängern aufgrund deren finanzieller Situation. All das hat veränderte Anforderungen an den Wohnungsmarkt mitgebracht und somit müssen wir den Stadtumbau auch als längerfristige Aufgabe sehen.
Das Stadtumbauprogramm des Bundes ist seit 2002 eines der wichtigsten Finanzierungsinstrumente für die Stadtentwicklungspolitik in den neuen Bundesländern und in Thüringen sind 42 Städte und Gemeinden in dieses Programm aufgenommen worden.
Voraussetzung zur Aufnahme in das Programm war ein städtebauliches Entwicklungskonzept, um Fehlinvestitionen auszuschließen. Ganz zu verhindern waren diese allerdings nicht, denn in Einzelfällen wurden auch bereits modernisierte Objekte wieder abgerissen.
Mit dem Beginn des Stadtumbauprogramms hatten wir in Thüringen einen Leerstand von 15,8 Prozent in den Wohnungsunternehmen, der inzwischen auf 11,2 Prozent gesenkt wurde. Bis 31.12.2007 wurden in Thüringen 34.810 Wohnungseinheiten abgerissen und damit erreichte Thüringen einen Umsetzungsstand von 87 Prozent und führt damit in den neuen Bundesländern. Ich sage das hier auch als durchaus positive Wertung. Ich kann es in dem Zusammenhang nicht verstehen, Herr Staatssekretär, dass Sie hier nur so einen dürren Bericht abgeliefert haben.
Ich denke, zu dem ganzen Thema „Stadtumbau“ wäre mehr zu sagen gewesen, auch wenn man sich anschaut, was Ihr Ministerium auf den Internetseiten zum Monitoring-Bericht stehen hat. Hier, denke ich, muss man sich noch mehr im Detail damit beschäftigen.
Ich sage auch, dass es positiv ist, dass in Thüringen die Mittel wirklich hälftig für den Abriss und hälftig in die Aufwertung geflossen sind. Das war letztendlich nicht in allen Bundesländern so; z.B. hat Sachsen sehr große Mittel nur in den Abriss gesteckt und, ich denke, das sieht man den Städten auch an. Ich war vor Kurzem in Chemnitz gewesen, dort haben wir auch im Gründerzeitbereich wirklich Häuserzeilen, wo nur noch einzelne Häuser stehen, so wie in einem kaputten Gebiss.
Ich denke, das kann nicht Sinn und Anliegen des Stadtumbaus sein und das sollte man hier durchaus auch einmal positiv bewerten. Allerdings muss man auch sagen, dass der größte Anteil der förderfähigen Kosten, die in die Aufwertung gingen, in den vorhandenen Gebäudebestand gesteckt wurde. Die Beseitigung städtebaulicher Missstände wurde nur in wenigen Kommunen thematisiert. Das ist auch noch ein Mangel, auf den man künftig sicherlich noch mehr Augenmerk legen sollte. Der Abriss erfolgte vorrangig in der Platte, über 80 Prozent. Abgerissen haben die kommunalen Wohnungsunternehmen mit 50 Prozent des Gesamtvolumens und die Wohnungsgenossenschaften mit 40 Prozent des Gesamtvolumens. Die Privaten waren nur mit 2 bis 3 Prozent an den Abrissen beteiligt, obwohl sie oftmals auch Nutznießer dieser Abrissmaßnahmen waren, indem sie nämlich dann die Mieter aus den anderen Wohnungseinheiten aufgenommen haben. Deswegen ist es wichtig, das ist hier auch schon öfter ange
sprochen worden, inwieweit es in Zukunft möglich sein wird, die Privaten besser in dieses Programm einzubinden. Wir haben an einigen Orten auch in der Vergangenheit größere Probleme gehabt mit Zwischenerwerbern, die im Rahmen des Zwischenerwerbermodells nach dem Altschuldenhilfegesetz gekauft haben, dann nicht bereit waren, sich in den Stadtumbau entsprechend mit einzubringen. Hier wird im Nachgang noch ein weiterer Mangel dieses Zwischenerwerbermodells sichtbar. Da brauchen wir künftig Verbesserungen.
Zusammenfassend muss man sagen, das Programm war wichtig, insbesondere auch für die Wohnungswirtschaft in Thüringen. Es muss auf jeden Fall fortgeführt werden, aber es hat, so wie es bislang angelegt war, keinen größeren Beitrag zur Revitalisierung der Innenstädte geleistet. Das ist sicherlich auch ein Mangel dieses Programms. Es war am Anfang auch nicht dazu gedacht, aber wenn wir über Fortführung dieses Programms reden, muss man das im Blick haben. Richtig ist auch, dass das Programm sicherlich über das Jahr 2016 hinweg fortgeführt werden muss. Bis dahin ist es erst mal gesichert. Wie ich eingangs gesagt habe, Stadtumbau ist eine immerwährende Aufgabe.
Die Kommunen sollten ihre Stadtentwicklungskonzepte überarbeiten. Vielerorts sind sie inzwischen von der Realität überholt worden, sei es, dass man am Anfang doch zu optimistisch war hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung oder dass man inzwischen doch zu anderen Ergebnissen gekommen ist. Die Mittelaufteilung sollte ebenfalls wie in der Vergangenheit beibehalten werden, d.h. 50 Prozent Land, 50 Prozent Bund bei Abriss und die Aufwertung mit der Drittelfinanzierung - auch das ist so in dem Bericht der Expertenkommission vorgeschlagen worden.
Überdenkenswert ist der Ansatz, dass man künftig in innerstädtischen Altbauquartieren gegebenenfalls den kommunalen Anteil absenkt. Hierzu gibt es Vorschläge. Es ist auch sehr wichtig, dass das Programm in der Zukunft zulässt, dass die Aufwertungsmittel nicht in dem Viertel unbedingt eingesetzt werden müssen, in dem der Abriss stattfand, sondern dass man sie auch für andere städtebaulich wichtige Projekte einsetzen kann. Ich denke, das könnte auch ein Weg dazu sein, die Innenstädte weiter zu stärken.
Wir halten es auch im Grundsatz für richtig, dass keine Rückbaumittel für Altbauten vor dem Baujahr 1919 eingesetzt werden sollten; aber ich sage „im Grundsatz“. Auch unsere Altvorderen waren in der Vergangenheit nicht davor gefeit, irgendwelche städtebaulichen Sünden - auch vor 1919 schon - in die Umwelt zu setzen. Deswegen sollte im einen oder anderen Einzelfall durchaus die Möglichkeit eines Abrisses in diesem Bereich bestehen. Wie ge
sagt in Einzelfällen, nicht grundsätzlich, denn wir wollen nicht den Abriss unserer Gründerzeitviertel fördern, sondern wir wollen letztendlich diese Gebiete stärker aufwerten, als das bisher geschehen ist.
Ein weiteres Problemfeld, was heute hier noch gar nicht angesprochen wurde, ist der Rückbau der technischen Infrastruktur. Ich denke, hier muss die Förderung künftig verstärkt ansetzen. Wir müssen auch stärker als bisher darauf achten, dass ein Rückbau von außen nach innen erfolgt. Die Bürger in den verbleibenden Wohnungen, die Mieter, werden sonst von den Nebenkosten aufgefressen. Wenn ich immer längere Leitungssysteme habe, an denen weniger Verbraucher hängen, dann ist es ganz klar, dann steigen für jeden einzelnen die Kosten. Aus diesem Grund darf letztendlich auch der Rückbau ganzer Stadtviertel kein Tabu sein. Das wird in der Öffentlichkeit immer noch sehr kritisch gesehen. Wenn ich letztendlich dann nur noch ein oder zwei Blöcke übrig habe aus einem ganzen Wohnviertel, wie will ich dann noch die technische Infrastruktur vorhalten, wie will ich das noch bezahlen? In solchen Fällen müssen wir dann wirklich sagen, nein. Hier ist es sicherlich besser, ein ganzes Gebiet abzureißen, dafür in einem anderen aufzuwerten und zu modernisieren. All dies wird natürlich nur funktionieren, wenn die Altschuldenhilfe verlängert wird und die Härtefallregelung nach dem § 6 a Altschuldenhilfegesetz fortgeführt wird. Wir wünschen uns in der Zukunft auch eine stärkere Verzahnung des Stadtumbaus mit anderen Wohnungs- und Städtebauförderprogrammen. Da ist die Landesregierung gefordert. Mit der Föderalismusreform ist die gesamte Zuständigkeit für den Bereich der sozialen Wohnraumförderung auf die Länder übergegangen. Ich sage immer wieder, das war der einzige positive Bereich in dieser ganzen Föderalismusdebatte.
Hier können wir künftig mehr tun, wenn es darum geht, verstärkt Investitionen in Altbaubeständen zu fördern, wenn es darum geht, verstärkt Wohneigentum für Familien mit Kindern, auch für die sogenannten Schwellenhaushalte in den Innenstädten zu fördern, wenn es darum geht, generationsübergreifendes, barrierefreies Wohnen zu fördern. Hierfür sollten die Mittel der sozialen Wohnraumförderung zum Einsatz kommen. Ich sage noch einmal in Richtung Landesregierung: Wir erwarten dafür ein Landesgesetz. Es kann nicht sein, dass diese Mittel dann einfach auf der Grundlage einer Förderrichtlinie verteilt werden. Wir wollen die nötige Transparenz und dass der Thüringer Landtag auch auf gesetzlicher Grundlage darüber mit entscheiden kann.
Wir brauchen letztendlich, das hatte ich auch schon einmal gesagt, eine stärkere Einbeziehung der Pri
vatvermieter, die wir gerade auch in den Innenstädten verstärkt haben. Wenn wir das, was alle hier sagen, umsetzen wollen, nämlich eine Stärkung und höhere Attraktivität unserer Innenstädte, dann brauchen wir die Privaten und deswegen müssen sie besser als in der Vergangenheit in das Programm einbezogen werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Gäste! Frau Kollegin Doht endete mit dem Aufruf „mehr Private“ und begann mit dem Aufruf: Die Privaten waren nicht beteiligt am Rückbau. Das ist natürlich schwierig, wenn ein Privater ein Häusle erwirbt in der Innenstadt, um es abzureißen bzw. zurückzubauen.
(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Man soll es doch nicht in der Innenstadt abreißen. Sie haben mir nicht zugehört.)
Sie haben gerade gefordert, die Innenstadt zu revitalisieren. Das geht natürlich nur, wenn ich auch Private wieder in die Innenstadt hole. Das ist, Gott sei Dank, hier in Thüringen der Fall, dass unsere Bürgerinnen und Bürger auch da wieder die innenstädtischen Quartiere suchen.