Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie sehr herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße ebenfalls unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen der Abgeordnete Eckardt, die Rednerliste führt die Abgeordnete Meißner.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt Herr Minister Müller, Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen und Frau Abgeordnete Hennig.

Ich möchte Ihnen folgende allgemeine Hinweise für den Verlauf der Plenarsitzung geben:

Seit dem 9. Dezember ist eine Ausstellung im Foyer vor dem Restaurant und im Foyer vor dem Sitzungszimmer des Ältestenrats der Weimar Porzellanmanunfaktor Vertriebs-GmbH mit Sitz in Blankenhain aufgebaut. Sie eröffnet damit die Reihe der Präsentationen der Thüringer Manufakturen, die sich in der Thüringer Porzellanstraße zusammengefunden haben.

Bereits seit dem 1. Dezember ist eine Ausstellung der Firma Martin-Bären aus Sonneberg aufgebaut. Die Bärenausstellung wird bis zum Ende des Jahres ebenfalls im Foyer vor dem Landtagsrestaurant zu sehen sein. Zu den Ausstellungsstücken gehört einer der größten je produzierten Teddybären der Welt, ich glaube unübersehbar im Foyer platziert. Beide Ausstellungen werde ich heute in der Mittagspause gegen 13.00 Uhr offiziell eröffnen. Dazu lade ich Sie alle sehr herzlich ein.

Ich möchte Sie ebenfalls darauf aufmerksam machen, dass beide Aussteller heute ihre Produkte zum Verkauf anbieten.

Die Hochschule für Musik Franz Liszt hat für heute Abend zum ersten Konzert der Reihe „Musik im Landtag“ im Rahmen eines parlamentarischen Abends eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung heute gegen 20.00 Uhr beginnen soll.

Im Foyer informiert heute und morgen der Radiosender „Antenne Thüringen“ über die Spendenaktion „Thüringen sagt Ja zu Kindern“. Bei dieser Aktion werden, wie bereits im vergangenen Jahr, Spenden für sieben Thüringer Kinderhilfsprojekte gesammelt.

Ich empfehle diesen Informationsstand Ihrer Aufmerksamkeit.

Zur Tagesordnung möchte ich Ihnen folgende Hinweise geben:

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Kunst und Medien zu TOP 2 hat die Drucksachennummer 4/4708.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu TOP 3 a hat die Drucksachennummer 4/4718 und zu TOP 3 b die Drucksachennummer 4/4712.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu TOP 4 hat die Drucksachennummer 4/4701. Darüber hinaus wird zu diesem Tagesordnungspunkt noch ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/4732 verteilt.

Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu Tagesordnungspunkt 5 hat die Drucksachennummer 4/4707.

Zu TOP 6 wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/4730 verteilt.

Zu TOP 7 wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4726 verteilt.

Zu TOP 8 wurden Änderungsanträge der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4724 und der Fraktion der CDU in Drucksache 4/4725 verteilt.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit zu Tagesordnungspunkt 10 hat die Drucksachennummer 4/4713. Als Berichterstatter wurde Abgeordneter Panse benannt. Darüber hinaus wurde ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/4733 verteilt.

Zu TOP 17 wurde ein Alternativantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/4723 verteilt. Darüber hinaus wird zu diesem Tagesordnungspunkt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4727 verteilt.

Zu Tagesordnungspunkt 24, der Fragestunde, kommen folgende Mündliche Anfragen hinzu: die Drucksachen 4/4666, 4/4679 bis 4/4687, 4/4689, 4/4695, 4/4697, 4/4698, 4/4699 und 4/4709.

Die Landesregierung hat angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 19 und 23 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Wird der Ihnen vorliegenden Tagesordnung zuzüglich der von mir genannten Ergänzungen widersprochen? Bitte, Abgeordneter Schröter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, zunächst eine Bemerkung, der Abgeordnete Wetzel ist erkrankt und demzufolge heute auch nicht anwesend, das möchte ich noch nachtragen.

Dann zu zwei Anträgen: Zum Ersten beantragen wir die Aufnahme des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, das ist die Drucksache 4/4717, in die Tagesordnung. Wir beantragen die erste Lesung dazu und - damit auch dieser Antrag Sinn macht - natürlich die Behandlung auf jeden Fall. Nach der Geschäftsordnung wäre sonst die Einordnung nach Tagesordnungspunkt 15 notwendig gewesen, also am Ende der Liste der ersten Lesungen. Aber wir beantragen auf jeden Fall die Behandlung in diesen beiden Plenartagen.

Zum Punkt 23 stellen wir den Antrag, diesen morgen als ersten Punkt der Tagesordnung zu behandeln. Danke.

Abgeordneter Höhn, Sie hatten sich ebenfalls gemeldet.

Frau Präsidentin, ich habe zwei Anträge. Zum einen möchte ich hiermit den Tagesordnungspunkt 1 b, den Antrag der SPD in Drucksache 4/4618, zurückziehen.

Der zweite Antrag, den ich zu stellen hätte: Ich beantrage, den Tagesordnungspunkt 21 a) „Thüringer Sofortprogramm für Arbeitsplätze“ in Drucksache 4/4654 gemeinsam mit dem Tagesordnungspunkt 13 „Erstes Thüringer Gesetz zur Stärkung der kommunalen Investitionstätigkeit im Haushaltsjahr 2009“ zu beraten.

Abgeordneter Blechschmidt.

Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich, den TOP 21 in Gänze a), b) und c) an den TOP 13 zu binden entsprechend auch meiner Argumentation im Ältestenrat. Ich möchte noch gern einen Hinweis geben. Wir reichen für den TOP 6 einen Änderungsantrag zur Beschlussempfehlung

noch in den kommenden Minuten nach.

Wir stimmen zuerst ab über den Antrag der Fraktion der CDU, den Gesetzentwurf in Drucksache 4/4717 „Gesetz zur Änderung des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Bundesausbildungsförderungsgesetz“ in die Tagesordnung aufzunehmen. Der Gesetzentwurf wurde nicht in der § 51 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu entnehmenden Frist von sieben Tagen verteilt. Daher ist nicht nur über die Aufnahme in die Tagesordnung, sondern auch über die Fristverkürzung gemäß § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu beschließen. Das kann mit einfacher Mehrheit geschehen, es sei denn, es widerspricht jemand. Gibt es Widerspruch? Es gibt keinen Widerspruch, dann können wir über die Aufnahme in die Tagesordnung und über die Fristverkürzung abstimmen.

Wer für die Aufnahme dieses Gesetzes entsprechend der Drucksache 4/4717 in die Tagesordnung ist bei Fristverkürzung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Aufnahme in die Tagesordnung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? 4 Stimmenthaltungen. Bei 4 Stimmenthaltungen und keiner Gegenstimme ist der Aufnahme in die Tagesordnung zugestimmt.

Wir müssen über die Reihenfolge abstimmen. Entsprechend der Abarbeitung der Tagesordnung wäre das einzuordnen nach Tagesordnungspunkt 15. Wer für diese Reihung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Reihenfolge, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei 2 Stimmenthaltungen und keiner Gegenstimme ist dieser Reihenfolge zugestimmt.

Es wurde weiterhin beantragt, dass dieser Tagesordnungspunkt auf jeden Fall heute oder morgen behandelt wird - also im Rahmen dieser Plenartagung. Wer dafür ist, dass dieser Tagsordnungspunkt auf jeden Fall in der Plenarsitzung behandelt wird, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei 3 Stimmenthaltungen und keiner Gegenstimme sind wir übereingekommen, diesen neu aufgenommenen Tagesordnungspunkt in dieser Plenarsitzung auf jeden Fall zu behandeln.

Es ist weiterhin beantragt worden, dass Punkt 23 morgen als Erstes behandelt wird. Wer dieser Reihenfolge zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Behandlung von Tagesordnungspunkt 23? Danke. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist bei einer Mehrheit von Stimmen beschlossen, Tagesordnungspunkt 23 morgen als Erstes zu behandeln.

Der Abgeordnete Höhn hat den Tagesordnungspunkt 1 b) zurückgezogen. Jetzt ist beantragt worden von der Fraktion DIE LINKE, die Tagesordnungspunkte 13 und 21 a), b) und c) gemeinsam zu behandeln. Das ist der weitergehende Antrag zu dem von der Fraktion der SPD, deshalb stimmen wir darüber ab.

Wer ist dafür, dass die Tagesordnungspunkte 13, 21 a), b) und c) gemeinsam behandelt werden, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen, dass diese Tagesordnungspunkte gemeinsam behandelt werden, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer enthält sich der Stimme? Es gibt keine Stimmenthaltung. Es ist diesem Antrag mit einer Reihe von Gegenstimmen nicht zugestimmt worden.

Es ist ferner von der Fraktion der SPD beantragt worden, den Tagesordnungspunkt 21 a) zusammen mit dem Tagesordnungspunkt 13 zu beraten. Wer stimmt der gemeinsamen Beratung von Tagesordnungspunkt 13 und 21 a) zu, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese gemeinsame Beratung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist mit Mehrheit diesem Antrag nicht zugestimmt worden.

Damit liegen mir jetzt keine weiteren Anträge zur Änderung der Tagesordnung vor. Ich stelle damit die Tagesordnung fest und wir treten in die Abarbeitung der Tagesordnung ein.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1

a) Regierungserklärung zur poli- tischen Kultur im Freistaat Thü- ringen (Thüringen-Monitor 2008)

und ich bitte Herrn Ministerpräsidenten Althaus um seine Regierungserklärung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Jahr lag das Hauptaugenmerk des Thüringen-Monitors auf dem Thema „Soziale Marktwirtschaft“. Dieses wichtige wirtschaftspolitische, aber auch gesellschaftspolitische Thema macht deutlich, wie wesentlich es ist - so der Thüringen-Monitor -, dass aus dem ökonomischen Vertrauen auch politisches Vertrauen erwächst. Jeder weiß, die freiheitliche Demokratie einerseits und die freie und soziale Wirtschaftsordnung andererseits tragen und stärken sich gegenseitig. Beide geben den Menschen die Möglichkeit, sich zu entfalten und ihre Interessen wahrzunehmen. Diese Freiheit baut auf zwei wesentlichen Grundlagen

auf: auf Verantwortung und auf Vertrauen. Wer Verantwortung wahrnimmt für sich und für andere, insbesondere für die, die sich nicht ausreichend selbst helfen können, einsetzt, erwirbt Vertrauen und bietet Vertrauen. Damit wächst auch das Vertrauen in die demokratischen Institutionen, in die Politik, in die Unternehmen, in die Mitmenschen. Anders kann eine freiheitliche Gesellschaft auch nicht funktionieren. Als wir vor der Sommerpause dieses Thema „Soziale Marktwirtschaft“ festgelegt haben, war überhaupt noch nicht abzusehen, welche besondere Aktualität dieses Thema heute hat. Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise, der Entwicklung der Wirtschaft, der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt steht dieses Thema „Soziale Marktwirtschaft“ natürlich im Fokus. In den letzten Wochen ist von einigen ja auch das Ende der sozialen Marktwirtschaft schon prophezeit worden. Eine Position, die nicht nur falsch ist, sondern die auch gefährlich ist.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Woher nehmen Sie die Weisheit?)

Meines Erachtens ist die Marktwirtschaft die einzige Ordnung für eine freiheitliche Gesellschaft, denn nur sie kann es ermöglichen, Freiheit und Eigenverantwortung, Wettbewerb, Eigentumsbildung und Kreativität miteinander zu verbinden. Diese große Stärke der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie, das enorme Integrationsvermögen, das alles haben wir selbst auch in den letzten 18 Jahren als Bereicherung erfahren. Unterschiedliche Interessen von Jung und Alt, Leistungsträgern und Schwachen, Arbeitgebern, Arbeitnehmern lassen sich so am besten miteinander verbinden. Diese Balance ist entscheidend und diese Balance bedeutet auch, dass soziales Miteinander und verantwortliches Handeln, das freie Spiel der Kräfte auf der einen Seite und die Solidarität und Fürsorge der Gesellschaft auf der anderen Seite in Einklang zu bringen sind. Die derzeitigen Entwicklungen - das ist gar keine Frage - werfen besondere Probleme, besondere Situationen in die Debatte. Das Verhältnis von Markt und Staat wird diskutiert, Vertrauen und Kontrolle, Freiheit und Ordnung. Natürlich brauchen wir diese Debatte, wir müssen auch neue Antworten finden, aber wir müssen uns vor allen Dingen dauerhaft bekennen zur sozialen Marktwirtschaft. Denn für uns ist die soziale Marktwirtschaft auch das wichtige kulturelle Kapital in Deutschland.

Die soziale Marktwirtschaft hat schon zweimal dazu beigetragen, dass eine Erfolgsgeschichte geschrieben werden konnte. Zum einen konnte nach dem Zweiten Weltkrieg ein zerrüttetes Land aufgebaut werden. Unter dem Stichwort Wirtschaftswunder wurde ein Wohlstand entwickelt, wurde eine Demokratie fest verwurzelt, die sich als prägend für Europa und als wichtige Voraussetzung für die Wiedervereinigung gezeigt hat. Mit der Wiedervereinigung haben wir

auch hier erlebt, dass eine beispielhafte Leistungsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft dazu geführt hat, dass Thüringen heute so wie die anderen jungen Länder sich hervorragend entwickelt hat, dass die Folgen von 40 Jahren Staatssozialismus weitestgehend überwunden werden konnten. Diese Leitvorstellung für die ostdeutsche Transformation, so der ThüringenMonitor, ist ein Beispiel, dass diese soziale Marktwirtschaft Zukunft hat.

Deshalb wollen die Thüringerinnen und Thüringer und deshalb wollen auch wir diese soziale Marktwirtschaft erhalten. Aber es ist sicher gut, wenn wir auch mit diesem Thüringen-Monitor die Einstellung zur sozialen Marktwirtschaft einmal genauer betrachten. Die nachhaltige Bewältigung der bestehenden und der künftigen Herausforderungen, die Frage der Stabilität der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie, all das ist in diesem Thüringen-Monitor genau untersucht worden. Die wichtigsten Aussagen, die ohne Frage natürlich nur eine Auswahl sein können, sind jetzt auch Mittelpunkt meiner Aussagen. Diese Telefonumfrage, die Grundlage des Thüringen-Monitors ist, fand im Juli statt. Uns hat interessiert, welche Einstellungen sich in den letzten 18 Jahren gelebter sozialer Marktwirtschaft herausgebildet haben. Bei unserem Standbein, den Einstellungen zur Demokratie, können wir inzwischen auf die kontinuierliche Erhebung aus einem Zeitraum von über 8 Jahren zurückgreifen. Das erlaubt jetzt auch, längerfristige Entwicklungen nachzuvollziehen und zu bewerten.