Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich hätte beinahe gesagt, fragen Sie doch mal Ihren Bürgermeister.)

Ja, wir werden auch unsere Beigeordneten und Bürgermeister fragen, Sie werden es nicht glauben, wir besitzen mittlerweile sogar so etwas wieder, Herr Bergner. Ich frage sogar FDP-Bürgermeister, Sie werden es nicht für möglich halten. Es gibt sogar Bürgermeister, die sagen zurzeit überhaupt nichts, weil sie begünstigt werden vom neuen KFA und sich gar nicht trauen, zu sagen, wie viel sie begünstigt werden. Das Problem daran ist nur, dass sie auch nicht mehr begünstigt werden als die, die es jetzt noch sind oder in den letzten zwei oder drei Jahren waren, die auch nichts gesagt haben. Das Problem der innerkommunalen Gerechtigkeit zu diskutieren, haben wir morgen noch genügend Zeit.

Der neue KFA - und das ist sozusagen mein Schlussplädoyer - wird in diesem Zusammenhang, Herr Bergner, ganz sicher den Blick sehr stark auf die Kreisumlage lenken. Ich glaube, das ist auch notwendig. Die Frage, wie die Kreistage mit Geld umgegangen sind in einigen Kreisen im Verhältnis zu ihren Kommunen und der notwendigen Kreisum

lage, wird sich durch den neuen Kommunalen Finanzausgleich ganz sicher als Problem herausstellen. Ob das unbedingt negativ ist, das will ich hier mal offenlassen. Jedenfalls behaupte ich, dass unter anderem der Legitimationsdruck für die Kreise deutlich höher werden wird durch den neuen KFA, und das wird dafür sorgen, dass endlich das passiert, was die CDU seit 20 Jahren verschleppt, eine Kreis- und Kommunalgebietsreform. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Es haben alle Fraktionen gesprochen und ihre Redezeit ausgenutzt. Zu Wort gemeldet hat sich die Landesregierung. Herr Minister Voß, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag enthält zwei Segmente, einmal Sparen mit extremer Unwucht - das müssen wir auf der Ebene des Haushalts behandeln - und Thüringer Kommunen vor unlösbaren Aufgaben.

Ich nehme den ersten Punkt und würde feststellen, dass das Haushaltsvolumen von 2012 auf 2013 um 51 Mio. € und dann noch mal um rund 100 Mio. € sich absenkt. An der Absenkung von 2013, Herr Bergner, ist der KFA beteiligt, an den rund 100 Mio. € in 2014 überhaupt nicht. Im Jahr 2014 kann schon mal die Unwucht, die Sie hier sagen, nicht entstanden sein, jedenfalls ist sie da nicht feststellbar, weil die FAG-Masse in '14 mehr oder weniger der von '13 entspricht.

Aber nehmen wir die sonstigen Ausgaben im Haushalt. Da haben wir den Personalbereich, der um 72 Mio. in '13 steigt und dann noch mal um 84 Mio. in '14 - und das trotz des Personalabbaukonzepts und trotz der rund 600 Stellen, die wir dort abbauen. Gut, wir haben Tarifsteigerungen, wir müssen dafür Vorsorge treffen, das ist eben das Ergebnis. Dann haben wir aber auch gesetzliche Verpflichtungen, und ich möchte Sie auch darauf hinweisen, wir haben Schulen in freier Trägerschaft, die steigen an, Zusatz- und Sonderversorgungssystemen - daran kann ich gar nichts machen - die steigen um 31 Mio. an. Das ist ein großer Posten. Ich will sagen, wenn Sie all diese Rechtsverpflichtungen saldieren und stellen dann in Rechnung, das trotzdem noch 51 Mio. die Dinge absenkt, dann werden Sie sehen, dass wir diese Steigerung in Höhe von 69 Mio. in '13 überkompensieren, und zwar durch Ersparnis, und dieses im Jahre '14 187 Mio. ausmacht.

Also die Frage, dass das Land sich hier überhaupt nicht anstrengt an der Konsolidierung, das ist vielleicht eine schöne griffige Formel für die Presse,

(Abg. Meyer)

hat aber mit der Realität von dem, was wir hier auf jeden Fall auf den Tisch gelegt haben, nichts zu tun. Das wäre das Erste.

Die zweite Aussage - die Kommunen vor unlösbaren Aufgaben: Ich will so sagen, wir sind verpflichtet, eine angemessene kommunale Finanzausstattung zu gewährleisten verfassungsrechtlich und den Kommunen die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen. Die derzeitige Kalkulation des FAG ist nicht willkürlich, sondern rechnet sich klar aus einer Basis von 2010 heraus und führt zu dem bekannten Ergebnis von 1,840 Mrd. - also von 1 Mrd. 840 Mio. rund. Dieses ist klar die verfassungsmäßig gebotene Ausstattung mit noch einem gewissen freiwilligen Anteil. Verfassungsrechtlich ist es deshalb in Ordnung, weil die FAG-Masse subsidiär zu den kommunalen Steuereinnahmen zur Verfügung gestellt wird.

Ich komme zu den kommunalen Steuereinnahmen, die hier immer bezweifelt werden und die auch natürlich in der öffentlichen Diskussion und auch als Vorstoß der kommunalen Spitzenverbände gesagt: Also, Herr Voss, so schematisch, wie Sie das dort mal versuchen gemeindescharf zu machen, haut das nicht hin. Ich muss sagen, es ist schematisch, das stimmt, und es ist auch eher ein Problem der Verteilung als ein Problem, ob die Steuereinnahmen kommen oder nicht. Ich möchte Ihnen ein Beispiel sagen: lm letzten Jahr beim KFA gab es genau die gleiche Diskussion, kommen die Steuereinnahmen, die Mehreinnahmen ein oder nicht. Es wurde in Abrede gestellt. Wir können heute feststellen, dass im Jahre 2011 über 155 Mio. Steuermehreinnahmen eingegangen sind und dieses Jahr werden es auch noch mal erkleckliche Beträge sein. Ich möchte auch sagen, dass diese Steuereinnahmen eben nicht nur in den kreisfreien Städten, von den 155 Mio. sind 117 außerhalb der kreisfreien Städte eingekommen. Es bleibt natürlich zu beobachten, wie das weitergeht. Auf jeden Fall können wir auch nach dem 1. Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum 1. Halbjahr letzten Jahres auch gut 50 Mio. Steuermehreinnahmen feststellen. Die Frage Angemessenheit der Verteilung, darauf möchte ich jetzt nicht im Einzelnen eingehen. Es ist nur so, egal wie Sie die Bemessungsgrundlage für die Schlüsselzuweisung schneidern, Sie werden immer auf Vergangenheitswerte in irgendeiner Weise zurückgreifen müssen, die dann mit dem aktuellen Rahmen vielleicht dann gerade nicht passen. Das Problem wird bleiben. Aber ich möchte einmal sagen, die Frage spielt ja auch eine Rolle: Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Da müssen wir schon einmal fragen: Was ist denn in dem System reich, wer ist denn reich und wer ist denn arm? Ich glaube, da müssen wir uns vor so ein paar sicher geglaubten Wahrheiten auch mal schützen. Im Jahre 2010 waren Suhl und Eisenach mit einem Pro-Kopf-Steueraufkommen von rund

500 € weit unter dem Durchschnitt der kreisfreien Städte, also arm. Im Jahr 2011 stimmt das aber nicht mehr. Pro Kopf der Einwohner hat sogar Eisenach mehr als Erfurt bekommen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das hat doch was mit Steuerrecht zu tun.)

Ach hören Sie doch auf mit Steuerrecht, ich bin doch nicht im Bundestag. Ich rede jetzt hier zum Kommunalen Finanzausgleich.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Dass es dann 2011 für Eisenach hochging und dann in 2012 wieder deutlich runter.)

Ich sage nur...

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Entschuldigung, Eisenach und Suhl sind plei- te. Das können Sie doch nicht schönreden.)

Ich will Ihnen nur Folgendes sagen, mein lieber Herr Ramelow; das ist vielleicht ganz gut, dass Sie so antworten. Das Faktum ist, dass die Steuereinnahmen pro Kopf der Einwohner in Eisenach und Suhl exakt dem Durchschnitt der kreisfreien Städte entsprechen und sogar noch über Erfurt liegen - natürlich nicht Jena - und auch noch deutlich über Weimar zum Beispiel liegt. Herr Ramelow, wir müssen uns schon an diese Fakten halten.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das ist eine Frage, was vor- und rückgerech- net wird.)

Ja, ich weiß ja, dass Ihnen das alles nicht gefällt, aber es ist nun einmal die Realität im Lande hier.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir machen einen KFA auf der Basis von Realitäten und nicht von Wunschvorstellungen. Ganz eindeutig, na klar.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Zu- fällig in einem Jahr zu betrachten dieser Ge- meinden und dann machen Sie sie noch lä- cherlich hier, wo Sie nur eine Jahresbetrach- tung machen.)

Ich mache doch keinen lächerlich. Nein, allenfalls bin ich Ihrer Vermutung, als handele es sich hier um eine besonders arme Stadt, mit Fakten aus der Statistik begegnet. Das ist alles, was ich gemacht habe.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wunderbar, das ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten.)

Herr Ramelow, ich weiß ja, dass Sie mich reizen wollen. Lassen Sie mich jetzt weiterreden. Ich will auch nicht über 10 Minuten kommen. Ich habe nur gesagt, was Sie immer als arm im Kopf haben, muss am aktuellen Rand schon lange nicht mehr

(Minister Dr. Voß)

arm sein und darauf müssen wir reagieren. Das ist die Aussage von mir.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Än- dern Sie das Ermittlungsverfahren zum KFA hin zur Drei-Jahres-Durchschnittsbetrach- tung.)

Herr Ramelow, ich bitte um ein bisschen Mäßigung. Lassen Sie Herrn Minister aussprechen.

Es ist schon interessant, wie schwer es ist, einfach Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Das ist wirklich schwer.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Al- so Sie ignorieren die Fakten.)

Es ist schon einfach schwer.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie rechnen doch mit dieser Methode die Ge- meinden tot.)

Ich rechne doch keine Gemeinden tot, hören Sie doch auf. Es geht hier auch nicht um Gemeinden tot rechnen, sondern es ging darum, dass ich gesagt habe, welche der Gemeinden sind im System reich und welche sind arm. Und diese Aussage dazu habe ich gemacht.

Es bleibt weiterhin natürlich ein Problem der Verteilung und das kann man auch bei den Landkreisen feststellen. Hier empfehle ich auch, durchaus einmal die Umlagegrundlagenentwicklung sich anzuschauen und insbesondere die Verschiebungen. Ich möchte aber auch dazu kommen, dass - wie Frau Lehman gesagt hat - die Diskussionen hier im Landtag erst begonnen haben und die Prüfungshandlungen auch erst begonnen haben. Insofern sehe ich gerade bei den Umlagegrundlagen Möglichkeiten, auch Dinge zu entzerren, die jetzt vielleicht zu einer überproportionalen Kreisumlageerhebung führen würden. Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Damit haben wir den ersten Teil der Aktuellen Stunde abgearbeitet. Wir kommen zum zweiten Teil der Aktuellen Stunde, den ich hiermit aufrufe.

b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Haltung und Maßnahmen der Landesregierung zur Unterstützung der Übernahme

der Anteile der E.ON Thüringer Energie durch die Thüringer Kommunen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5238

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Ramelow von der Fraktion DIE LINKE.

Werte Kolleginnen und Kollegen, mein Adrenalinspiegel ist ja nach Eisenachs und Suhls Reichtum jetzt noch hoch, aber das ist nicht das Thema, das werden wir noch in der Haushaltsdebatte debattieren.

Wir haben zur Aktuellen Stunde einen Antrag gestellt, der einen Vorlauf hat, und auf den will ich verweisen. Wir haben im Frühsommer alle zusammen die erfreuliche Nachricht bekommen, dass E.ON bereit ist, seine 53 Prozent Anteile zu kommunalisieren, an die Kommunen in Thüringen zu verkaufen. Wir hatten damals als Opposition einen Antrag auf Aktuelle Stunde gestellt und bekamen dann den Wunsch übermittelt, nehmt ihn doch runter, damit genügend Fakten auf dem Tisch liegen, damit wir den Prozess gemeinsam gut unterstützen können und damit keine falschen Zungenschläge in der Öffentlichkeit in Umlauf kommen, damit nicht der Eindruck entsteht, als ob wir, Landtag und Regierung, unterschiedliche Sichten auf dieses Thema hätten. Ganz im Gegenteil, wir waren gemeinschaftlich der Auffassung und da ist der Ausgangspunkt die Regierungserklärung unserer Ministerpräsidentin zu Fukushima, da hat sie zum ersten Mal hier vorn ausgesprochen, was damals noch eine Hoffnung war und jetzt in Realität kommt: Wie wäre es denn, wenn wir die Thüringer Netze in Thüringer Hand bekämen? Eine hervorragende Entwicklung und ein Vorgang, bei dem wir nur feststellen können, eine gute Sache. Dass dazu Prüfungen anzustellen sind, halten wir für selbstverständlich und niemand erwartet, dass diejenigen, die kaufen, blind kaufen, und niemand erwartet, dass diese Gelder einfach ausgereicht werden an den E.ON-Konzern und keine Wertermittlung gemacht wird. Deswegen haben wir festgestellt, dass der Käufer die Kommunale Beteiligungsgesellschaft ist und wir als Landtag im Moment bei dem Vorgang nicht die beteiligten Akteure sind. Die Landesregierung ist allerdings aufgefordert, die landesrechtliche Beaufsichtigung vorzunehmen, wenn es über den Kauf eines Zweckverbandes Möglichkeiten gibt, wie man die Zinsen relativ günstig gestalten kann, um den Kaufpreis zu stemmen. Alles das ist vorbereitet. Wir haben uns jedenfalls als Fraktion von der Kommunalen Beteiligungsgesellschaft regelmäßig informieren lassen und auch von der Landesregierung kam regelmäßig die Rückinformation, so dass die erste Aktuelle

(Minister Dr. Voß)

Stunde und die zweite Aktuelle Stunde hier nie aufgerufen worden sind, sondern im Gegenteil, diejenigen, die sich sachkundig machen wollten, immer über den Sachstand informiert waren. Im Sommer ist der Kaufpreis dann aufgrund eines Ermittlungsverfahrens durch Ernst & Young festgestellt worden. Aus diesem Kaufpreis entsteht jetzt der Kaufvorgang und der Kaufvorgang soll, so wird uns mitgeteilt, bis zum 31.12. auf den Weg gebracht sein, damit die Umschuldung eines größeren Darlehenspaktes innerhalb der E.ON Thüringer Energie AG dergestalt erfolgen kann, damit mit den preiswerteren Zinsmöglichkeiten eines Kommunalkredits auch die Zinslast des Unternehmens gedrückt wird. Klar ist, das Unternehmen, das hier entsteht, es ist das größte Gemeindewerk der Bundesrepublik und es ist die größte Rekommunalisierung in Deutschland. Dieses Gemeindewerk muss auch zugunsten der Gemeinden Geld verdienen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Also es geht nicht darum, dass es einfach nur ein Selbstzweck im Vorgang ist oder dass man einem notleidenden Konzern irgendwelches Geld in den Rachen schmeißt, sondern es geht um Zukunftsperspektiven für Thüringen. Deswegen sind wir auch sehr einverstanden, dass hier gründlich jede Etappe begleitet und abgesichert wird. Nach meinem Kenntnisstand, nach unserem Kenntnisstand gibt es keinen Antrag auf Bürgschaft an die Landesregierung, also gibt es keine Bürgschaftsprüfung, die gesondert vorzunehmen ist, sondern es gibt einen Antrag oder eine Bitte an die Thüringer Aufbaubank, als Konsortialbank einzutreten oder den Kauf zu begleiten. Das ist völlig in Ordnung, dass man an dieser Stelle dann prüft.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wie kann man nur so blauäugig sein!)