Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Berninger. Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Dirk Bergner für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, liebe Gäste, das Vorgehen, das hier an den Tag gelegt wird, verwundert mich schon sehr. Die
FDP-Fraktion hat in der ersten Beratung gesagt, dass wir eine Ausschussüberweisung für nicht notwendig erachten, diese aber mittragen, wenn sie mehrheitlich gewollt ist. Dies war der Fall. Soweit ich mich erinnere, haben alle Fraktionen einer Überweisung zugestimmt.
Gut. Da wir unsere Position zum Antrag in der ersten Beratung deutlich gemacht haben, war ich auf die Debatte im Innenausschuss gespannt, aber im Innenausschuss gab es keine Debatte zu dem Tagesordnungspunkt. Er wurde aufgerufen und sofort abgelehnt. Wenn überhaupt keine Diskussion gewollt war, warum überweist man den Antrag an den Ausschuss, meine Damen und Herren?
Es wäre ehrlicher gewesen, gleich zu sagen Ja oder Nein. Aber eine solche Hinhaltetaktik ist bestimmt nicht notwendig. Wir haben im Septemberplenum erläutert, warum die FDP-Fraktion derzeit von einer solchen Bundesratsinitiative nichts hält. Ich will es noch einmal kurz auf den Punkt bringen. Die jetzige Bundesregierung arbeitet an einem Asylbewerberleistungsgesetz, welches den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden soll. Jetzt aber die Arbeit zu blockieren, indem man eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes einbringt, ist meiner Meinung nach das falsche Signal.
Es ist jetzt viel wichtiger, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu nutzen, um das Gesetz wirklich weiterzuentwickeln und nicht den Prozess zu blockieren oder noch komplizierter zu machen, meine Damen und Herren. Ich hoffe, dass wir nicht mehr lange auf das Gesetz warten müssen, aber es gibt wohl noch Redebedarf. Soweit meine aktuellen Informationen reichen, setzt sich die FDP im Bund dafür ein, dass eine Arbeitserlaubnis mit dem ersten Tag eines genehmigten Asylantrags besteht. Der FDP ist gerade dieser Punkt ein wichtiges Anliegen, um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Menschen, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten, sollten deshalb vom ersten Tag an die Arbeitsaufnahme erlaubt bekommen. Hier müssen an der jetzigen Gesetzeslage zwingend Änderungen erfolgen.
Diese Menschen sollten ihren Lebensbedarf durch eigenen Verdienst oder Hinzuverdienst ganz oder teilweise decken dürfen, anstatt zum Bezug von Sozialleistungen gezwungen zu werden. Es ist Teil unseres liberalen Selbstverständnisses, dass die Menschen die Möglichkeit haben, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin der Auffassung, eine solche Bundesratsinitiative hilft derzeit nicht, die wirklichen Probleme zu lösen. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen. Ich danke Ihnen.
Vielen herzlichen Dank, Herr Bergner. Als Nächste hat Abgeordnete Gudrun Holbe für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Berninger hat richtig ausgeführt, wir haben schon sehr ausführlich über das Thema hier gesprochen, einmal in Plenarsitzungen, im Innenausschuss war keine Diskussion. Sicherlich ist hier sehr ausführlich darüber gesprochen worden. Wir sind auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 18.07. eingegangen. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, hier den verfassungswidrigen Zustand zu ändern. In der Zwischenzeit gab es vielfältige Aktivitäten, die ich hier noch mal benennen möchte, und zwar die Befassung im Bundesrat am 12.10. dieses Jahres. Hier hatten die Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Schleswig-Holstein eine Bundesratsinitiative eingebracht, und zwar eine Entschließung zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die Freie Hansestadt Bremen hat sich dem angeschlossen.
Sie, werte Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, fordern nun die Abschaffung dieses Gesetzes, aber gerade das hat das Bundesverfassungsgericht nicht in seiner Begründung ausgeführt und gefordert. Richtig ist, dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die bisherigen Höhen der Geldleistungen des Asylbewer
berleistungsgesetzes verfassungswidrig sind und damit nicht menschenwürdig. Es ist unter anderem auch ausgeführt worden, dass das Sachleistungsprinzip nicht beanstandet wird. Der grundgesetzliche Leistungsanspruch auf die Gewährung des Existenzminimums hängt von der jeweiligen Lebenssituation ab. Hier haben die Karlsruher Richter - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin „der konkreten Lebenssituation der Hilfsbedürftigen“ ausgeführt. Die kann meiner Meinung nach schon sehr unterschiedlich sein, denken Sie an die neu angekommenen Flüchtlinge, aber auch an Flüchtlinge, die langjährig hier in unserem Land leben.
Der Bundesgesetzgeber ist aufgefordert, hier unverzüglich dem Parlament vorzulegen, dem Bundestag. Hierzu gab es auch Anfang November eine Befassung, wo das noch einmal gesagt wurde. Es bedeutet nicht die Abschaffung des Gesetzes, sondern dessen Weiterentwicklung und Anpassung. Ich denke, dass gerade auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die benannt wurden, 1 : 1 umgesetzt werden müssen.
Wichtig ist, denke ich, nach wie vor, dass politisch Verfolgte Asyl in unserem Land genießen. Sie haben völlig zu Recht auf die bestehenden Menschenrechte verwiesen. Deshalb ist die Unterscheidung schwierig von Menschen, die hier Asyl suchen, weil ihr Leben bedroht ist, und von Menschen, die ganz bewusst die Einwanderung in unsere Sozialsysteme missbrauchen.
Ich weiß, das ist immer eine sehr umstrittene Diskussion und Sie haben mir vorhin auch gerade vorgeworfen, dass ich gesagt habe, dass eventuell zusätzliche Flüchtlingsströme zu erwarten sind, aber das zeichnet sich im Moment auch gerade ab,
und zwar bis Oktober 2012 mit der Visa-Liberalisierung in Serbien und Mazedonien, wo Menschen frei reisen können, sind 10.775 Erstanträge eingegan
Es ist davon auszugehen, dass diese Anerkennung hier nicht gegeben werden kann. In ganz wenigen Fällen, wo Menschen krankheitsbedingt nicht zurückreisen können, das heißt, dass deren Anspruch gegen null geht und hier schon ein gewisser Missbrauch vorliegen kann. Deshalb ist es wichtig, bei der Berechnung neuer Leistungssätze zum einen auf das Existenzminimum abzustellen, dieses zu gewähren,
Ich möchte hier auf ein Zitat eingehen, was der Innenminister aus Niedersachsen gesagt hat im Bundesrat, mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin.
„Dabei ist der Gesetzgeber gut beraten, auch zukünftig dafür zu sorgen, dass die Leistungen für Flüchtlinge unter den Sozialhilfesätzen für Einheimische liegen. Schon die vom Bundesverfassungsgericht geschaffene Übergangsregelung sieht Leistungen vor, die unterhalb der Hartz-IV-Sätze liegen.“ Der Bundesrat hat die Entschließung federführend an den Sozialausschuss gegeben, mitberatend an den Finanzausschuss und an den Ausschuss für Innere Angelegenheiten. Ich denke, auch hier sollten wir die Ergebnisse abwarten. Wir sollten sehen, welche Gesetzesvorlage in den Bundestag eingebracht wird. Aus diesem Grunde lehne ich hiermit im Namen meiner Fraktion Ihren Antrag ab. Dazu ist auch die Beschlussempfehlung in Drucksache 5/5118 im Innenausschuss getroffen worden und ich empfehle nochmals die Ablehnung. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion in Thüringen fordert eine Abschaffung des Asylbewerbergesetzes in der jetzigen Form ganz entschieden. Wir begrüßen ausdrücklich die Bundesratsinitiativen von RheinlandPfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Lassen Sie mich dies erneut begründen, wobei ich nicht nur die Reden meiner Kollegen zitieren und interpretieren, sondern auch noch ein paar andere Fakten hinzufügen möchte. Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgte 1993 ein Ausschluss des damals noch eng umschriebenen Personenkreises aus dem sozialen Leistungssystem. Dieser Personenkreis wurde im Laufe der Zeit mehrfach erweitert und auch die Dauer des Bezuges dieser geringen einschränkenden Leistungen hat sich sehr verlängert. Die Betroffenen beziehen Leistungen nach diesem Gesetz über viele Jahre, wobei man von Grundleistungen für die Dauer von mindestens vier Jahren und dann von Leistungen in besonderen Fällen spricht, die dem SGB XII entsprechen.
Ich habe nicht vergessen, was ich im Februar 2012 hier vom Pult gesagt habe. Ich würde es heute so nicht mehr sagen. Denn ich lerne bei meiner Arbeit - auch wenn mir der eine oder andere das nicht zugestehen möchte - doch jeden Tag dazu und beurteile als Fachsprecher heute die Situation anders. Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, aus welchem Grund auch immer, haben für ihr Leben Ziele, Hoffnungen und Wünsche. Dies ist zu respektieren und deren Verwirklichung ist ihnen nicht durch immense Hürden zu verbauen. Ich widerspreche dem Innenminister, der in seiner Rede am 21.09.2012 von stark steigenden Asylbewerberzahlen spricht, denn bis Oktober dieses Jahres waren 11 Prozent der Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, die wir 1992 hatten. Ja, einen Anstieg verzeichnen wir, wobei ich dies als nicht dramatisch ansehe. Die Augen zu verschließen vor Auseinandersetzungen auf der ganzen Welt, in Kriegsgebieten und bei kriegsähnlichen Ereignisse, Auseinandersetzungen zwischen Völkergruppen, Religionsgemeinschaften, wäre unredlich. Dass Menschen versuchen, sich und ihre Familien zu retten, wenn sie für sich diese Situation als so bedrohlich empfinden und ihr Land verlassen, um Zuflucht zu suchen, muss man diese Entscheidung erst einmal hinnehmen. Während der Prüfung ihrer Ansprüche, aber auch während der Gewährung eines vorläufigen Aufenthaltstitels muss ihr Lebensunterhalt in Deutschland in einer menschenwürdigen Art und Weise erfolgen. Trotz der mehrheitlichen Umstellung von Gutscheinen auf Geldleistungen gibt es auch in Thüringen immer noch die Diskriminierung durch diese Sonderstel
lung. Das sehe ich insbesondere bei der Versorgung mit Bekleidung durch Sachleistungen. Das ist nicht hinnehmbar. Ich weiß aber auch, Geld löst nicht alle Probleme, aber es hilft ungemein und lässt eine größere persönliche Freiheit zu. Die Höhe der Leistung ist nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil gestiegen, aber immer noch nicht üppig. Eine Gewährung von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII hätte mehrere Vorteile. Die Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sind so stark bürokratisiert, mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden und so stark einschränkend, dass sie schon mehrfach Thema in diesem Plenarsaal waren. Handelnde Personen vor Ort entscheiden individuell über den Umfang einer medizinischen Leistung auf Antrag. Hamburg hat es vorgemacht. Eine Krankenkarte wie für alle anderen Bürger selbstverständlich würde manchen Weg, aber vor allen Dingen den Zwang, sein Problem erst der Behörde und dann einem Arzt anzuvertrauen, von den Betroffenen nehmen.