(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wer hat die denn in den Balkan geschickt? Waren wir das oder waren Sie das?)
Nein, also Sie können ja gerade gern noch einmal das Protokoll nachlesen. Ich habe zu Recht darauf hingewiesen, dass wir auch unter Rot-Grün diesen Fehler gemacht haben.
Aber Sie werden ja doch wohl nicht bestreiten können, dass Afghanistan nicht von Rot-Grün organisiert worden ist - oder?
Jetzt das nächste Thema steht doch vor der Haustür. Patriot-Raketen sind eine Möglichkeit, dafür zu sorgen. Aber zum Beispiel zu sagen, 30.000/50.000 Menschen aus Syrien werden hier aufgenommen und bekommen einen Flüchtlingsstatus und können erst einmal bleiben, egal ob sie Asylbewerber sind oder nicht. Wir lindern die Not in den Auffanglagern in der Türkei oder auf Zypern dadurch, dass wir aktiv mittun. Das wären doch aktive Möglichkeiten.
Das werden Sie schon noch erleben, wie das ist mit dem sogenannten Herholen. Diese Menschen brauchen zunächst mal eine sichere Bleibe.
Sie haben das ganze Thema doch mehrfach durch, wo die Flüchtlingsströme herkommen. Auch jetzt aktuell, ich habe die Zahlen jetzt nicht mehr hier vor mir liegen, die meisten Asylbewerber, die jetzt nach Deutschland kommen, kommen aus dem arabischen Raum. Warum kommen die wohl? Weil es auf einmal diktatorische Entwicklungen in Ägypten gibt.
Ach ja, also Sie werden doch wohl mir nicht unterstellen, dass ich Moslem-Brüder als Gutmenschen bezeichnet habe - oder?
Ich stelle nur fest, dass es in Ägypten gerade Tendenzen zur Diktatur gibt und dass dort Menschen auch anfangen, sich vorzubereiten auf Flucht und Vertreibung, genau wie in Libyen, genau wie in Tunesien und übrigens genau wie in Syrien. Dazu muss man sich doch fragen, welche Art von Politik wir dort gespielt haben und welche Art von Politik wir jetzt dort spielen wollen. Die einzige Antwort, die wir bisher haben, ist, Patriot-Raketen zu schicken.
Das empfinden Sie als abenteuerlich, diese Komplexität wird aber sehr wohl von den Flüchtlingen gesehen.
Genau, die Bündnisverpflichtung in der NATO ist eines der Themen, die wir diskutieren müssen. Das könnten Bundesratsinitiativen sein. Zu sagen, liebe Kollegen auf Bundesebene, sorgt dafür, dass ihr euch in der NATO anders organisiert, dass ihr mehr Geld für etwas anderes ausgebt, in diesem Fall zum Beispiel für aktive Friedenspolitik vor Konflikten, und sorgt dadurch dafür, dass wir weniger Probleme mit Asylbewerbern haben. Das wäre eine Möglichkeit. Dass Sie das nicht sehen wollen, nehme ich zur Kenntnis. Aber dass Sie es nicht sehen können, das stimmt nicht. Wenn Sie wollten, wüssten Sie genau, wie voraussorgende Friedenspolitik sein könnte, die dann auch mittelfristig in Europa und damit auch in Deutschland dazu führen könnte, dass dieses Problem nicht auf dieser simplen Nützlichkeitsdebatte geführt wird oder auf ein Mengenproblem reduziert wird, nach dem Motto, bei uns ist irgendein Boot voll, schade eigentlich.
Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. Es hat sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet Abgeordneter Dirk Bergner für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Eigentlich wollte ich nur kurz auf die Einlassungen von Frau Kollegin Kanis etwas erwidern. Aber ich muss schon eins sagen, Herr Meyer hat jetzt im wahrsten Sinne des Wortes den Teufel an die Wand gemalt, nämlich uns gezeigt, wie das mit Rot-Grün im Bund aussehen würde.
Ich will Ihnen ganz klar sagen, sich in Afghanistan so aus der Verantwortung stehlen zu wollen, das ist eine Ungeheuerlichkeit und Geschichtsklitterei ohnegleichen.
Wir wollen doch mal daran erinnern, wie das gelaufen ist. Im Irak hat sich Kanzler Schröder hingestellt bei dem Besuch in Amerika und hat die uneingeschränkte Solidarität der Deutschen versprochen. Und uneingeschränkte Solidarität - das muss jeder begreifen als einen Blankoscheck. Dann hat er den Blankoscheck nicht eingelöst und sich gewundert, dass es gerummst hat im Bündnis,
und dann sind unter Ihren Leuten deutsche Soldaten in Afghanistan einmarschiert. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Ihr Vortrag zeigt, für Sie gibt es immer nur gute und böse Anträge. Die guten kommen von Ihnen, die bösen von den anderen. So haben Sie sich auch verhalten bei unserem Antrag zum stichtagsunabhängigen Bleiberecht, wo Sie etwas hätten tun können für Flüchtlinge in Thüringen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Zu Frau Kollegin Kanis noch ein Wort. Sie haben mich vorhin in der Tat etwas provoziert, indem Sie mir eine bestimmte Auffassung unterlegt haben. Ich sage ganz klar, meine Auffassung ist, Flüchtlinge sollen ab dem ersten Tag, an dem sie legal sich in Deutschland aufhalten, nämlich ab dem Antrag, auch arbeiten können, um dafür zu sorgen, dass sie sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Dass es in einer Koalition nicht immer einfach ist, eigene Vorstellungen durchzusetzen, umzusetzen, das exerzieren Sie beispielhaft in Thüringen vor. So viel dazu. Danke schön.
Es geht ganz schnell, meine Damen und Herren, ich kann nur zwei Dinge nicht im Raum stehen lassen, einmal das zuletzt von Herrn Bergner Gesagte, der Vorwurf, es gebe nur gute und böse Anträge für uns und die guten kämen von uns und die bösen von Ihnen. Da ist gerade auch, denke ich, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann ich das sagen, der Antrag stichtagsunabhängiges Bleiberecht ein wirklich unpassendes Beispiel. Wir haben hier argumentiert, sowohl DIE LINKE als auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben gesagt, warum uns Ihr Antrag nicht gefällt, was aus unserer Sicht verändert werden müsste, damit er zustimmungsfähig wird. Wir haben nicht gesagt, das ist ein böser Antrag
und den lehnen wir ab. Das ist einfach eine falsche Darstellung. Dann muss ich einfach noch das von Frau Holbe klarstellen, die die erhöhten Zuwanderungszahlen angesprochen hat und wieder den Zusammenhang hergestellt hat mit der Regelung oder dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts und der Übergangsregelung der Erhöhung der Leistungen. Ich habe es am Mittwoch zur Tagesordnung schon in meiner Begründung der Dringlichkeit des Antrags zum Abschiebestopp für Menschen aus den Balkanstaaten gesagt, es sind auch in anderen europäischen Ländern die Zuwanderungszahlen gestiegen, beispielsweise in Belgien und Schweden. Sie können mir gern sagen, dass es dort auch ein solches Urteil gegeben hat und dort auch die Leistungen erhöht worden sind. Meines Wissens ist das dort nicht passiert und trotzdem flüchten Menschen in diese Länder. Es ist völlig schnurz für jemanden, der in Serbien diskriminiert ist und in Slums lebt und im Winter keine Heizung und kein Wasser hat, für den ist egal, ob es hier 40 oder 80 € mehr gibt. Der will einfach in ein besseres Leben, der will nicht mehr diskriminiert werden und der hat verdammt noch mal das Recht, dass seine Menschenwürde geachtet wird, und nichts anderes wollen wir auch in Bezug auf das Asylbewerberleistungsgesetz.
Vielen herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Berninger. Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Für die Landesregierung erteile ich jetzt das Wort dem Staatssekretär Rieder.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Länge meines Manuskripts passt zur vorangeschrittenen Uhrzeit und ich kann mich kurzfassen. Die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angestrebte Einbeziehung von Asylbewerbern und geduldeten Ausländern in die bestehenden Leistungssysteme des Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuches halte ich nicht für sachgerecht. Herr Innenminister Geibert hat in der Plenarsitzung am 21. September die
ses Jahres schon darauf hingewiesen, dass das Zweite Sozialgesetzbuch die eigenverantwortliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt vorsieht. Dieser Grundsatz ist aber gerade nicht auf den Personenkreis anwendbar, dessen Aufenthalt zumindest zunächst nur vorübergehender Natur ist. Der Regelungsansatz kann also nur darin bestehen, dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und das Asylbewerberleistungsgesetz zu überarbeiten. Für eine vollständige Abschaffung sehe ich keinen Grund. Dieser Auffassung ist im Übrigen auch der Bundesrat, denn er hat heute einen entsprechenden Antrag von Rheinland-Pfalz abgelehnt. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Es wurde namentliche Abstimmung beantragt zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/4928. Ich eröffne jetzt hiermit die Abstimmung.
Ich frage: Hatten alle Abgeordneten die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben? Alle haben ihre Stimme abgegeben, dann ist der Abstimmungsgang hiermit geschlossen.
Es liegt ein Abstimmungsergebnis vor. Es wurden 67 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 22 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 43, es gab 2 Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Gemäß einer Vereinbarung im Ältestenrat wird jetzt kein weiterer Tagesordnungspunkt aufgerufen. Ich darf dieses Plenum damit schließen und wünsche Ihnen allen einen guten Nachhauseweg. Wir sehen uns alle wieder hier im Dezember.