Protokoll der Sitzung vom 24.01.2013

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Es spricht jetzt für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Sabine Berninger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, nach der Thüringer Verfassung ist der Frei

(Abg. Scherer)

staat ein sozialer Rechtsstaat. Dass die Fraktion DIE LINKE bestrebt ist, die soziale Funktion der Justiz zu betonen und zu stärken, das wird niemanden hier im Haus verwundern. Das zieht sich auch durch unsere Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf des Justizministeriums. Das heißt unter anderem, dass alle Rechtsuchenden ohne soziale und finanzielle Hürden auch Zugang zu Gerichten, Zugang zur Justiz haben sollen.

Zum Bereich der Bewährungs- und Straffälligenhilfe in Thüringen wurde uns aus Berichten und Petitionen von Gefangenen bekannt, dass trotz anderslautender Beteuerungen der Landesregierung die Vorbereitung der Gefangenen auf das nachfolgende Leben in Freiheit im praktischen Vollzugsalltag nicht sehr gut funktioniert. Gerade in der letzten Woche hat die durchgeführte Beratung der Strafvollzugskommission das auch bestätigt. Es fehlen Lockerungen, wie zum Beispiel die Erlaubnis zum Ausgang für die Wohnungssuche. Es gibt lange Wartezeiten für Beratungstermine und soziale Unterstützungsangebote. Trotz des neuen Begriffs des Übergangsmanagements ist für viele Gefangene in Thüringen die Übergangsphase mit sehr vielen Unwägbarkeiten behaftet. Das steigert, so zeigen Untersuchungen, das Rückfallrisiko erheblich. Umso wichtiger sind daher Unterstützungsangebote für diese schwierige Anfangsphase nach der Haft. Umso verheerender in Sachen Resozialisierung ist dann das Signal, wenn im Haushaltsplan die Mittel für die Bewährungsund Straffälligenhilfe um 100.000 € gekürzt werden.

Die Straffälligenhilfe braucht nach eigenen Angaben nicht weniger Mittel, sondern mehr finanzielle Förderung, denn ihre Arbeit nimmt hinsichtlich der Betroffenenzahlen wie auch hinsichtlich der Notwendigkeit der intensiven Betreuung der Einzelfälle immer mehr zu. Deshalb beantragt DIE LINKE eine Aufstockung des Haushaltsansatzes um jeweils 100.000 €. DIE LINKE beantragt auch, die Aufstockung des Personals der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger an den Gerichten um 10 Stellen. Herr Kollege Scherer, die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sind nicht die Einzigen, die durch gesetzliche Änderungen immer mehr Aufgaben zugewiesen bekommen, auch die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger in Thüringen, die eine hoch qualifizierte juristische Arbeit machen, bekommen durch gesetzliche Regelungen immer mehr Aufgaben und auch Entscheidungsbefugnisse übertragen, sei es im Bereich des Betreuungsrechts, im Bereich des Insolvenzrechts, der Registersachen, des Vereinsrechts, aber eben auch an Sozialgerichten und zum Beispiel im Bereich der Kostenentscheidungen. Angesichts der gewachsenen und weiter wachsenden Arbeitsbelastungen bei den Sozialgerichten und im Betreuungsrecht schlägt die Fraktion DIE LINKE Ihnen vor, die Stellen den Sozial- und Amtsgerichten zur Verfügung zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Stellen sind mit einer E 9 angesetzt, das entspricht der A 9 in der Beamtenlaufbahn, dazu meine Damen und Herren, zwei Bemerkungen. Die Fraktion DIE LINKE ist der Auffassung, dass hoheitliche Aufgaben auch von entsprechend qualifizierten Angestellten im öffentlichen Dienst erledigt werden können, natürlich der öffentliche Dienst muss es schon sein. Außerdem haben Angestelltenstellen im öffentlichen Dienst den Vorteil, dass die öffentliche Hand zwar während des laufenden Arbeitsverhältnisses mehr zahlen muss, damit aber die Beschäftigten ergänzt auch durch eigene Beitragszahlungen Sozialversicherungsansprüche erwerben, die gesetzliche Sozialversicherung gestärkt wird und eine zukünftige „Pensionslawine“ für die öffentlichen Haushalte verhindert wird. Um etwaigen Einwänden, das gehe mit dem derzeitigen Dienstrecht nicht, zu begegnen, liegt Ihnen von meiner Fraktion auch ein Entschließungsantrag zur Reform des Dienst- und Statusrechts der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger vor. Hier sollte die Thüringer Landesregierung sehr zeitnah aktiv werden, Herr Minister.

Die gestiegene Arbeitsbelastung im Bereich des Betreuungsrechts spiegelt sich in unserem Änderungsantrag 5/5552 wider. Die Arbeitsbelastung ist der zunehmenden Zahl von Betreuungsfällen geschuldet und der Tatsache, dass die einzelnen Betreuungsfälle immer aufwendiger werden. In Thüringen sind es derzeit ca. 40.000 Fälle darunter viele junge Menschen. Das sollte auch sozialpolitisch in den Blick genommen werden, die steigenden Fallzahlen bedingen höhere Kosten für den Justizhaushalt. Weitere Kostensteigerungen sind durch das anstehende Zweite Kostenmodernisierungsgesetz bereits in Sicht, deshalb muss nach Ansicht meiner Fraktion der Haushaltsansatz bei den Betreuungskosten um 1 Mio. € nach oben korrigiert werden, denn das Haushalts-Ist 2012 wird sich deutlich über dem Haushaltsansatz 2013/2014 einpendeln. Es gilt der Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit auch für die Einzeltitel, meine Damen und Herren.

Hinsichtlich dieses Stichworts Haushaltswahrheit und -klarheit ist auch die Anpassung des Haushaltstitels zu den Kosten der Beratungshilfe notwendig, unseres Erachtens um ein Plus von 500.000 €. Mir berichten Betroffene häufig davon, dass ihnen ein Beratungsschein verweigert wird, manchmal mit recht fadenscheinigen rechtlichen Begründungen, oft aber und das vor allem zum Jahresende hin auch mit der Aussage, der Geldtopf, aus dem die Beratungsscheine bezahlt werden, sei leer. Das kann aber nicht sein, meine Damen und Herren, Beratungsscheine sind sehr wichtig, sozusagen als soziale Türöffner für den Rechtsweg,

(Beifall DIE LINKE)

um Menschen unabhängig von sozialen und finanziellen Hürden den Zugang zu anwaltlicher Beratung und anwaltlichem Rechtsbeistand zu ermöglichen. Das Rechtssystem wird immer unübersichtlicher und für Nichtjuristen, selbst für Juristen schwerer verständlich. Da ist anwaltlicher Beistand zunehmend selbst in solchen Fällen nötig, in denen sich Betroffene nach den Verfahrensregeln theoretisch eigentlich selbst vertreten könnten.

Ein weiterer Fall von unseres Erachtens nach rechtswidrigem Verhalten der Justiz ist die lange Frist bis zur Erstattung der Prozesskostenhilfeleistungen an die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Auch hier gibt es entsprechende Erfahrungsberichte aus der Praxis und damit, meine Damen und Herren, werden die Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen zu zinslosen Kreditgebern Kreditgeberinnen an das Land. Hier sollten die Abwicklungsvorgänge beschleunigt werden. Die Fraktion DIE LINKE hofft, dass dazu auch die Aufstockung des Rechtspflegerpersonals beitragen könnte.

Zur sozialen Funktion gehört, dass dort, wo der Staat sein Gewalt- und Strafmonopol ausübt, die Verpflichtung besteht, dies mit einer hohen sozialen Verantwortung zu tun. Das bedeutet für den Strafvollzug, ich habe es schon kurz angesprochen, der Strafvollzug muss klar auf eine wirksame und langfristige Resozialisierung im Einzelfall ausgerichtet sein. Für meine Fraktion schließt die Resozialisierung nach Straftaten auch Maßnahmen im Sinne von Haftvermeidung und des Lernens sozialer Verantwortung in Sanktionsformen außerhalb der Haft ein. Strafhaft sollte das letzte Mittel und ebenfalls vom ersten Tag an vom Resozialisierungsprinzip geprägt sein. Das geplante neue Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch muss darauf sehr stark ausgerichtet werden. Da wird DIE LINKE - das kann ich schon ankündigen - mit ihren Vorschlägen mitarbeiten. Thüringen - bisher Schlusslicht in Deutschland - muss auch den Bereich des offenen Vollzugs dringend ausbauen. Die Neubauten in Arnstadt-Rudisleben und möglicherweise, wenn der Neubau von Sachsen und Thüringen kommt, eine Erwachsenenstrafanstalt sollten dazu genutzt werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Dorothea Marx das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer, die Sie uns auch noch zu später Stunde hier lauschen und uns die Ehre erweisen, unserer Debatte zu folgen: „Eine

gute Sozialpolitik ist die beste Kriminalpolitik.“ Dieser Satz des Strafrechtsprofessors Franz von Liszt besitzt auch nach über 100 Jahren Gültigkeit und ist, wenn Sie so wollen, über den Tag hinaus Maßstab sozialdemokratischer Politik. Natürlich bestehen der Justizhaushalt und die Justizpolitik nicht nur aus Kriminalpolitik, aber der Fokus bei den Haushaltsentscheidungen in diesem Jahr richtet sich ein bisschen auf diesen Bereich. Wo eine vorbeugende Sozialstaatspolitik nicht geholfen hat, auch nicht vorbeugen konnte, müssen allerdings dann Recht und Gesetz einsetzen. Dann haben Gerichte das letzte Wort und der Staat muss für den Schutz der Bürger, aber auch für die Resozialisierung der Straftäter sorgen. Die Politik hat deswegen auch den Rechtsfrieden zu sichern und auch im Freistaat Thüringen haben wir deswegen entsprechende Haushaltsansätze. Wir bemühen uns, in unserer Koalition seit 2009 etliche Dinge zu beheben, die sich in der Thüringer Justiz inzwischen doch ein bisschen angehäuft hatten. Wir haben wie schon in den letzten drei Jahren im Justizministerium sehr große Investitionen in moderne IT-Technik und spezifische Softwareprogramme, wie z.B. forumSTAR und RegisSTAR. Das ist sehr wichtig, weil wir hier in Thüringen lange ein weißer Fleck oder ein dunkler Fleck und da ganz schön im Hintertreffen waren. Auch die Ausgaben für Fortbildungsmaßnahmen steigen 2013 wieder, wobei wir uns hier auch eine Verstetigung der Mittel für die kommenden Jahre wünschen würden.

Nicht vergessen möchte ich auch, noch mal darauf hinzuweisen, dass in die Sanierung und Erweiterung des Amtsgerichts Mühlhausen, eines der ältesten und baufälligsten Gerichtsgebäude, die wir regional noch haben, auch wieder weiter Mittel fließen einschließlich Verpflichtungsermächtigungen von insgesamt 5,6 Mio. €. Gern hätten wir auch für Rudolstadt Ähnliches zu berichten. Das können wir leider in diesem Haushalt noch nicht umsetzen, aber das bleibt nicht vergessen.

Erfreulich ist, dass die Jugendstrafanstalt in Arnstadt ihrer Eröffnung entgegensieht. Im Herbst wird es so weit sein und damit ist der Standort Ichtershausen bald Geschichte. Altehrwürdig kann man ihn nicht nennen, altbaufällig war er zum Schluss. Wer diese Haftanstalt mal besucht hat, konnte sehen, dass das kein moderner und auch kein menschenfreundlicher Strafvollzug ist und gerade nicht bei jugendlichen Straftätern, bei denen besonders viel Aufwand für die Resozialisierung zu betreiben ist.

Die JVA-Standorte Gera und Hohenleuben - es ist schon gesagt worden - sind auch nicht im besten Stand bzw. Hohenleuben gar nicht. Da würde sogar die Mauer außen herum bald umfallen. Auch ein Grund mehr, den Ersatzneubau...

(Abg. Berninger)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Weil inzwi- schen nicht investiert worden ist. Das geht schon viele Jahre so.)

Ja, aber wenn man weiß, dass ein Neubau unumgänglich ist, dann muss man auch nicht Geld in einen Mauerbau stecken.

Es steht nun fest, dass die Freistaaten Sachsen und Thüringen eine gemeinsame Justizvollzugsanstalt bauen werden. Das ist ein einmaliges Projekt, das eine Chance verdient hat, auch wenn uns heute die Erklärung des Rechnungshofs auf den Tisch geflattert ist, dass dieser Zweifel an der Berechnung des Haftbedarfs anmeldet.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Schon lan- ge vorher.)

Der Kollege Scherer hat eigentlich schon einiges oder alles dazu gesagt. Die voraussichtlichen Haftzahlen sind sorgfältig im Justizministerium berechnet worden. Keiner möchte Geld zum Fenster hinauswerfen, aber ganz wichtig ist, es handelt sich bei dem Neubau der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt auch um einen Ersatzbau. Wir wollen nicht noch neue Haftplätze einrichten, sondern wir müssen zum Beispiel Hohenleuben wirklich ersetzen, weil dort kein Strafvollzug nach den rechtlichen Maßstäben von heute möglich ist.

Für die SPD-Fraktion möchte ich aber noch anführen, das ist uns wichtig, dass wir die Ängste und Besorgnisse der Thüringer Strafvollzugsbeamten ernst nehmen. Uns wäre natürlich regional auch lieber gewesen, wenn wir den Neubau hätten nach Thüringen bekommen können. Dass der Thüringer Standort, der in der ersten Wahl war, sich in der letzten Minute selbst aus dem Rennen genommen hat, war eine Sache, für die wir politisch auch schwer Vorsorge treffen konnten. Das war in dieser Weise nicht voraussehbar. Wir haben im Dezember 2012 bereits ausführlich auf ein Schreiben des Bundes der Strafvollzugsbeamten und des Beamtenbundes geantwortet, die Angst haben oder befürchten, künftig lange Wege zurücklegen zu müssen.

Auf Betreiben der SPD haben sich die Regierungsfraktionen auf eine Reihe von weiteren Änderungen im Justizhaushalt verständigt, die nur kurz Erwähnung finden sollen. So wird gemäß dem Koalitionsvertrag - hören Sie mir zu oder war das jetzt von Ihnen - das Postgraduiertenstipendium beim Europakolleg Brügge/Natolin über 2013 hinaus fortgesetzt, unser besonderes Anliegen ist doch nicht schlimm. Es ist ein kleines Signal im EU-Jahr der Unionsbürgerschaft, dass wir die Europakompetenz der Thüringer Justiz gestärkt wissen möchten. Wir haben - dazu ist auch schon was gesagt worden 3 Mio. € als Beteiligung an den Baukosten für eine gemeinsame Unterbringung von Sicherungsverwahrten dem Land Hessen durch die Koalitionsfraktionen im Haushalt umgeschichtet.

Herr Kollege Bergner - jetzt ist er gerade, doch er ist noch da -, Sie hatten gesagt, das wäre eigentlich eine rechtsstaatliche Aufgabe, dass wir die Sicherungsverwahrten im eigenen Lande unterbringen. Speziell ist es aber nun so, dass wir in Thüringen an Sicherungszuverwahrenden so kleine Zahlen haben, dass es unangemessen und zu teuer wäre, hier eine eigene Unterbringung vorzunehmen. Wir sind auch in Zeitdruck. Durch die Kündigung des bisherigen Kooperationsvertrags mit Sachsen-Anhalt würden wir die Plätze, die wir jetzt brauchen, nicht durch einen Neubau in der Frist zustande bekommen und durch einen Umbau der JVA Schwalmstadt ist auch zeitnäher zu erreichen, dass wir die Sicherungsverwahrten gemäß den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterbringen.

Zur Verbesserung der Sicherheit in den Justizbehörden haben wir uns dafür eingesetzt, dass im Haushalt frei werdende Mittel für entsprechende Eingangskontrollen eingesetzt werden. Dramatische Vorfälle in der letzten Zeit, zum Glück außerhalb von Thüringen, zwingen uns hier zum Handeln. Wir danken an dieser Stelle auch unserem Koalitionspartner, dass sie uns hier unterstützt haben.

Wir haben dafür Sorge getragen, dass die Mittel zur Vergütung der Gerichtsvollzieher angehoben werden. Das ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, soll aber auch zeigen, dass wir uns in der Koalition gemeinsam bemühen, die wichtige Arbeit der Gerichtsvollzieher zu würdigen.

Für uns etwas abstrus ist dagegen die FDP-Fraktion vorgegangen, die ausschließlich rasenmäherartig 10 Prozent Kürzungen in vielen Bereichen des Justizhaushalts vorschlägt. Dafür können wir kein Verständnis aufbringen. Franz von Liszt, den ich eingangs zitiert habe, war Abgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag, also Liberaler, der hätte über eine solch undifferenzierte Politik auch nur den Kopf geschüttelt. Das Verfassungsjubiläum im nächsten Jahr sollte uns auch noch Mühen wert sein, dass wir bald mal eine würdigere Unterbringung unseres Verfassungsgerichtshofs erreichen, vielleicht ein …

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit geht zu Ende.

Ja, ich werbe also um Zustimmung zu den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Danke schön. Es hat jetzt das Wort Abgeordneter Carsten Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sie haben vielleicht - alle, die nicht regelmäßig im Justizausschuss anwesend sind - mitbekommen, dass es über alles um einen relativ konsensualen Haushalt geht,

(Beifall Abg. Döring, SPD)

der wenig Streit auslöst, eher mit dem Wunsch, sich etwas mit dem zu profilieren, was man brauchen könnte. Frau Marx hat völlig recht, aber der letzte Satz ist natürlich nicht richtig. Es geht nicht um die Frage, ob der Verfassungsgerichtshof würdevoll untergebracht ist, sondern preiswert und angemessen. So würde ich Haushalt heute denken und auch den Justizhaushalt. Aber da finden wir auch eine gemeinsame Lösung für dieses Problem, glaube ich.

Ich habe ansonsten zu diesem Haushalt eigentlich durch unsere Fraktion nur konsensuale Zustimmung zu signalisieren. Wir finden die Vereinbarung mit Hessen, nachdem uns Sachsen-Anhalt so schnöde verlassen hat, zur Sicherungsverwahrung völlig richtig. Gut, dass das geklappt hat, vielen Dank an das Ministerium. Ich glaube, hier muss man nicht dem Minister selbst, sondern abteilungsweise Dank aussprechen. Ich finde auch sehr gut, dass wir es in diesem Landtag schaffen, das Thema der Suizidprophylaxe auf eine angemessene Art und Weise umsetzen zu lassen, da lobe ich uns alle jetzt mal gemeinsam. Das Thema hätte auch schon ganz anders Wellen schlagen können, wenn wir nicht das Gefühl hätten, dass sich ehrlich darum bemüht wird, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Vielen Dank sozusagen an uns, an Sie alle. Ich halte die Einrichtung des kriminologischen Dienstes nach den ersten Erfahrungen damit für einen ausgesprochenen Vorteil, und zwar auch durchaus im Rahmen einer doppelten Rendite im Sinne von besserer Diskussionsgrundlage für den Umgang mit Strafgefangenen und vor allem dann auch der Möglichkeit, tatsächlich Geld zu sparen durch präventive Maßnahmen oder durch das genaue Wissen darum, was man zu tun hat oder auch nicht. Nur eine kleine Bemerkung dazu, noch einmal die Bestätigung dafür, dass es sinnvoll ist, für Strafgefangene unbedingt Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen, die eben nicht dazu dienen, dass man irgendwelche bösen Menschen behätschelt, sondern um dafür zu sorgen, dass die Rückfallquote hinterher geringer ist und wir dementsprechend auch weniger Probleme haben, weniger Haftplätze brauchen und dann sogar Geld sparen, abgesehen davon, dass es den Menschen damit besser geht.

Der Justizvollzugsanstaltsneubau in Westsachsen ist hier schon mehrfach angesprochen worden. Ich glaube, das Thema der Zahl der Haftplätze, Herr Scherer, ist von Ihnen richtig dargestellt. Die Presse hat ja nicht umsonst gesagt, es bleibt immerhin auf dem Stand, auf dem Niveau trotz der guten Aufklärungsquote der Polizei, das zeigt auch schon einmal etwas, ich glaube da ziemlich fest an die demografische Rendite. Die Zahl der delinquenten Jahrgänge - darf man das so sagen -, in denen regelmäßig die Männer delinquent werden, schrumpft sehr deutlich und das lässt dann schon erwarten, dass vielleicht der Rechnungshof doch nicht so ganz falsch liegt, ob nun 350 Plätze, das sei mal dahingestellt. Das ändert aber nichts daran, dass wir uns dieses Thema sehr genau ansehen möchten. Ich möchte mich bei Herrn Scherer ausdrücklich dafür bedanken. Ich hätte mich vielleicht gar nicht getraut zu sagen, dass wir noch zwei alte Haftanstalten haben, die in Rede stehen sollten, wenn es um die Frage geht, ob wir Haftplätze reduzieren können. Dass es aber vernünftig ist, mit Sachsen gemeinsam in Ostthüringen eine große Haftanstalt zu bauen, das ist unbestritten und ich wünsche den Sachsen viel Erfolg bei der Grundstücksakquisition.

Das Thema der Zugangskontrollen ist hier mehrfach genannt worden. Ein ziemlicher Spagat zwischen dem Thema, die Justiz soll sich nicht abschotten und soll für die Bürgerinnen und Bürger möglichst erlebbar sein und auch keine hohen mentalen Zugangsschwellen haben, und dem Problem, dass natürlich jeder dieser Anschläge - durch meistens nicht organisierte Täter, sondern in Familiendramen verstrickte Personen - einer zu viel ist. Aber jede Sicherheitsschleuse, jeder Schlagstock, der sichtbar getragen werden muss, ist natürlich ein Hemmnis dafür, dass Rechtspflege eigentlich nahe bei den Bürgern sein soll. Trotzdem, wir haben keinen Gegenantrag gestellt, wir nehmen das so hin, dass das so versucht werden soll.

Die Anträge von der Koalition und von den LINKEN werden von uns zum Teil mitgetragen. Die Gerichtsvollzieher und ihre finanzielle Ausstattung zu verbessern, halten wir auch für sinnvoll. Wir sind auch der Meinung, abgesehen davon, dass es sich dabei um eine mehr oder weniger Pflichtaufgabe handelt, dass das Thema der Betreuungskosten und der Beratungshilfe entsprechend angemessen neu zu justieren ist. Wir werden also dem LINKENAntrag zustimmen.

Was die Straffälligenhilfe angeht, sind wir uns noch nicht so ganz einig darüber, ob die 100.000 € wirklich möglich sind, was das Geld angeht. Dann will ich aber noch einen kleinen Tropfen Wasser in den Wein gießen, auch hier müssen wir - und das werden wir uns als GRÜNE nicht nehmen lassen - den Mut haben zu sagen, nein, wenn wir 11.000 Stellen streichen, dann wird es möglich sein müssen, zehn

zusätzlich benötigte Stellen bei der Justiz woanders herzubekommen und nicht zusätzlich in den Haushalt einzustellen, da werden wir dem Antrag der LINKEN nicht unsere Zustimmung geben können. Das ist dann irgendwann wirklich eine Grundsatzfrage, obwohl, wie gesagt, ansonsten dieser Haushalt hoch konsensual ist. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Ich sehe seitens der Abgeordneten keine Wortmeldungen mehr. Das Wort hat Minister Dr. Poppenhäger. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke mich vorab für die wirklich sachliche und um einen konsensualen Gesprächsstil bemühte Debatte. Das ist ja auch eine gute Tradition übrigens auch im Justizausschuss, für die im Haus, die das vielleicht noch nicht so mitbekommen haben sollten. Ich bedanke mich für die Redebeiträge, ich werde auf einzelne Punkte dann noch eingehen.

Wir müssen neben Rechtsfrieden - das ist schon angesprochen worden durch Abgeordneten Scherer - auch eines sicherstellen, das ist die Verlässlichkeit der Justiz als Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger. Das kann aus meiner Sicht nicht oft genug betont werden, eine gut funktionierende Rechtsprechung und ein sicherer und effektiver Justizvollzug sind auch bedeutende Aspekte, um bei den im Freistaat lebenden Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in staatliche Institutionen zu schaffen. Dies lässt sich, man staune, gerade mal mit einem Anteil von 3,8 Prozent am gesamten Landeshaushalt bewerkstelligen. Kurzum, mit relativ geringen Finanzmitteln lässt sich auch eine große Wirkung entfalten.