Protokoll der Sitzung vom 15.02.2013

(Zwischenruf Dr. Poppenhäger, Justizminis- ter: Ich freue mich sehr.)

Ich unterstütze auch den zuständigen Minister bei der Justiz, wenn es notwendig ist, wenn der Datenschutzbeauftragte die Justiz angreift, unterstütze ich natürlich den Minister und nicht den Datenschutzbeauftragten, außer er hätte recht, aber er hat eben nicht recht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Da würde ich jetzt ganz vorsichtig von dem glat- ten Eis runtergehen.)

Nein, überhaupt nicht ganz vorsichtig. Ich habe nicht umsonst das Gutachten dankenswerterweise von der Landtagsverwaltung, dass er kein Verfassungsorgan ist, aber große Freiheit hat - aus, abgehakt. Er soll sein Ding machen, aber er soll nicht populistisch hier große Schlagzeilen produzieren. Er soll seine Arbeit machen. Das erwarte ich vom Datenschutzbeauftragten, dafür ist er voll unabhängig.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Und wenn er recht hat, muss man sich ent- schuldigen.)

Aber Parlamentarier, lieber Bodo, haben das gute Recht, das haben wir uns gemeinsam erstritten - da warst du vielleicht noch nicht ganz da, aber in Gedanken vielleicht schon hier bei uns -, dass wir jetzt auch wieder ein Parlament haben, was mitreden kann, was nicht, wenn die Landesregierung ruft, macht mal, das gibt es in Thüringen nicht. In Sachsen sieht es ein bisschen anders aus. Wenn ich an meine Kollegen denke - wie viel Zeit habe ich eigentlich?

(Zwischenrufe aus dem Hause: Unendlich.)

Insgesamt 40 Minuten. Das heißt, Sie haben noch über 22 Minuten.

Das ist aber schön, damit ich nicht am Ende das Wichtigste vergesse.

Ich will aber trotzdem noch mal erzählen, wie wir uns in Sachsen die ersten Male - die Älteren wissen das noch und die dann schon länger dabei sind

mit den Kollegen getroffen haben. Da war dann die Staatsregierung, unsere haben sich nicht mal getraut, sich Staatsregierung zu nennen. Wir haben erst einmal den Freistaat wieder geschaffen. Aber sie haben sich nicht mal getraut, sich Staatsregierung zu nennen, sie sind Landesregierung. Na gut, wir sind ein kleineres Land als Sachsen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Da gebe ich dir recht.)

Aber wenn wir dann dort hinkamen zu den Sachsen, nicht etwa, dass sich die Parlamentarier ausgetauscht haben, das haben die auch versucht, wir haben es jedenfalls, da haben die immer erst geschaut, was sagt die Staatsregierung dazu, laut oder leise, was sagt die dazu. Wir haben immer gesagt, wieso fragt ihr eure Regierung, wir sind doch als Parlament hier, wir wollen uns doch austauschen. Dazu brauche ich doch nicht die Regierung zu fragen. Das war wie im richtigen - Wolfgang Voß, du bist ja kein Ur-Sachse - Königreich Sachsen, da hat immer schon der König das Sagen gehabt, dann hat König Kurt das Sagen gehabt usw. usf. Deswegen gehen in Sachsen die Uhren ein bisschen anders auf dem Gebiet.

(Beifall CDU)

Und das zänkische Bergvolk in Thüringen - da schaue ich mal so ein bisschen in Richtung Löffelschnitzer und so -,

(Heiterkeit im Hause)

das hat übrigens mal ein findiger...

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das war jetzt ein Ordnungsruf.)

Ich weiß gar nicht, kann ich heute wieder drei bekommen? Ich muss erst einmal nachfragen, ob das...

Das liegt ganz an Ihnen, Herr Fiedler, aber Sie haben auf jeden Fall das Wort.

Das ist aber schön, Frau Präsidentin, dass Sie mir so freundlich unter die Arme greifen.

Das war mal ein Beamter aus dem Innenministerium, der das wahrlichst - lieber Uwe und andere mit reingeschrieben hat in die Begründung. Er wurde später Rechnungshofpräsident und hatte zwei Doktortitel. Ich will nur sagen, was da so alles herangezogen wurde, um die erste Gebietsreform zu begründen. Es war auch damals schon abenteuerlich. Mir ging es nur darum, um auch den Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht so lange dabei sein konnten, dass sie auch wissen, dass wir uns schon lange mit den Themen beschäftigt haben

und nicht nur freundliche Dinge tun mussten im Land. Deswegen mahne ich so ein bisschen an, man sollte das Ganze nicht ganz zu locker nehmen, sondern man sollte sich auch wirklich kritisch mit dem Ganzen auseinandersetzen. Wenn man keine Effizienzrendite herausziehen kann im Moment - ich kann sie noch nicht herausziehen, weil sie nicht nachweisbar ist -, sie wird einfach behauptet. In dem „blauen Wunder“ - ich empfehle es wirklich, ich habe ein paar Tage gebraucht, um alles zu lesen, weil es schwere Lektüre ist - war mir sofort aufgefallen, dass immer wieder Bezug genommen wurde auf die Enquetekommission, auf das Seitz-Gutachten, auf die Bundesregierungsgutachten und so. Kann mir denn jemand erzählen, das werden wir jetzt auch noch alles machen, dass jemand glaubt, wenn der Bund da irgendetwas macht, dass er bis auf den Landkreis in Thüringen geht. Glaubt das jemand ernsthaft? Wir werden uns das in Ruhe mal betrachten. Es steht immer nur, es könnte sein usw. usf. Es sind Anstöße sicher da, Anstöße sind ja nie verkehrt, aber nach den Anstößen kommt die praktische Arbeit.

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen, vielleicht noch mal zu den Gutachtern, und da muss ich unbedingt unseren alten Landtagsdirektor, Prof. Dr. Linck, war ja lange Zeit Berater von Christine Lieberknecht, der hier wirklich ganz klar sich geäußert hat...

Herr Fiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage durch den Abgeordneten Ramelow?

Ja, Bodo, ich halte den Finger her, damit ich nichts vergesse, so, bitte.

Wunderbar, Herr Ramelow, Sie können Herrn Fiedler eine Frage stellen.

Herr Kollege Fiedler, Sie haben die Frage aufgeworfen, ob irgendjemand glaubt, dass die Bundesregierung bis auf die Landkreisebene nachprüfen würde. Würden Sie mir zustimmen, dass das Benchmark-Verfahren, das in der Föderalismuskommission II angewendet worden ist, in dem sämtliche Bedienstete des öffentlichen Dienstes aller Bundesländer verglichen wurden und die Haushaltsnotlageländer sogar mit ihren Haushalten bis auf die kommunale Ebene abgeglichen wurden, dass das eine ähnliche Methode ist, die jetzt in dem „blauen Wunder“ auch angewendet worden ist?

Herr Kollege Ramelow, die Bundesregierung kann ja Kommissionen einsetzen gemeinsam mit dem Bundesrat, und da wird sicher das eine oder andere gut belegbar sein. Fakt ist nur eins: Was ist denn aus dieser Föderalismuskommission eigentlich geworden?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Die Schuldenbremse.)

Was ist denn eigentlich daraus geworden? Wollen wir mal eindringen in das ganze Thema Föderalismuskommission, was daraus geworden ist. Alle Minuten wird jetzt was Neues gefordert. Wir müssen nachbessern bei der Bildung. Was ist denn rausgekommen? Man hat wieder einen Torso hingelegt, der am Ende nicht genügend ausgereift ist.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Aber das sind CDU-Länder.)

Ob das CDU-Länder sind, da muss es doch eigentlich besser sein. Da kann sicher eine Richtschnur sein, aber dann muss es doch nicht besser sein.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das stimmt.)

(Beifall DIE LINKE)

Das haben wir ja nun wechselseitig. Ihr regiert ja, ich glaube, habt ihr noch ein Land, wo ihr mitmacht?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Verrate ich dir jetzt nicht.)

Ich glaube, es war keins mehr. Mecklenburg-Vorpommern war wohl das letzte.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Bran- denburg.)

Ach, Brandenburg. Ja, da oben gehen die Uhren sowieso anders, aber gut.

(Zwischenruf aus dem Hause: Das sind die mit dem Flughafen.)

Ach ja, stimmt ja, das sind die mit dem Flughafen. Danke. Das hätte ich fast vergessen. Aber ich wollte es heute nicht noch ausdehnen auf den Flughafen.

(Unruhe DIE LINKE)

Es ist schon schlimm genug, wenn hier die Milliarden so zum Fenster rausgeschmissen werden. Das wollen wir in Thüringen nicht.

(Unruhe DIE LINKE)

Jetzt komme ich zurück. Das wollen wir in Thüringen nicht, das können wir uns nicht leisten. Wir brauchen das Geld für die Menschen und dass es weiter vorwärtsgeht mit unserem Land.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Vorher haben wir in Thüringen erst mal Flug- hafen und Spaßbäder gebaut.)

Jetzt komme ich zum Prof. Linck. Selbst der renommierte Prof. Linck, ich habe ihn ab und zu mal infrage gestellt, wo er mal das Parlament entmündigen wollte, da habe ich ihm heftig widersprochen. Er war zwar ein guter Direktor, von manchen so gesehen. Er war ein guter Direktor, aber, er hat sich dann eingemischt in die Parlamentarier, unter dem Motto, er musste uns ja erst einmal sagen, wo es langging. Bei allem Verständnis auch für wichtige Leute, ich glaube, es war etwas anders. Wir haben gern Hilfestellung angenommen. Und Christine, du warst ja auch mal Präsidentin, also ich glaube, wir sind da schon sehr frei. Er nannte es verfassungsrechtlicher und politischer Torso.

Jetzt nenne ich Ihnen mal die Anstriche, Frau Präsidentin. Die Gutachter haben nahezu ausschließlich die Verwaltungseffizienz in den Blick genommen und den Sinn und Zweck der kommunalen Selbstverwaltung unter Einbeziehung der konkreten regionalen Realitäten ausgeblendet, oder noch schlimmer, sie erst gar nicht verstanden oder verinnerlicht. Ich kann auch sagen, das sagt ein anerkannter Verfassungsrechtler im Lande, und ich kann ihm nur zustimmen. Ich habe zwei Gebietsreformen mitgemacht. Wir haben immer großen Wert darauf gelegt, dass wir erstens verfassungssicher sind, halbwegs, so weit, wie man es hier beeinflussen kann vorm Verfassungsgericht, denn so sicher wie das Amen in der Kirche, das wird beklagt. Was auch immer dann herauskommt, es wird beklagt. Wir sind damals gut durchgekommen. Wir sind einmal mit Isserstedt verklagt worden. Dann haben die sogar mal ein Stück recht gekriegt und hinterher haben sie sich in Jena eingemeinden lassen freiwillig. So geht die Welt manchmal. Aber ansonsten sind wir durchgekommen.

Und Linck hat vollständig recht. Wer sich erlaubt, ein Land, was gerade mal vor 18 Jahren schon einmal umgerubelt wurde, heute jetzt wieder nur an Effizienz zu messen, nicht daran denkt, wie die Bürger in dem Lande sich erst einmal gefunden haben, wie die Bürger im Lande ihre Dinge selber mitgestalten wollen. Ich weiß einfach nicht, was das für Menschen sind. Denen fehlt irgendwie die Verbundenheit zum Lande. Ich sehe gerade, mein verehrter Kollege aus der LINKEN, Herr Hellmann, der ist schon aus Sicherheitsgründen draußen geblieben, weil er nämlich so eine ähnliche Meinung hat wie ich.