Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Da wollen wir uns doch überhaupt nicht falsch verstehen. Nein, ich bin der Ministerpräsidentin ausdrücklich dankbar für ihre Hinweise und ich wäre noch viel dankbarer, wenn diese ewigen Zwischenrufe der FDP-Fraktion mal ein bisschen runtergefahren werden würden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also bei aller Liebe, man kann das ja machen, machen wir ja auch mal. Aber was in der letzten Viertelstunde oder 20 Minuten hier abläuft, das ist der Debatte nicht angemessen und auch unerträglich vom politischen Stil in der Frage, um die es hier geht. Einfach mal einen Moment Mäßigung, ihr habt ja damit nicht mehr recht, wenn ihr mehr dazwischenruft. Es wird doch nicht richtiger, wenn ihr mehr dazwischenruft. Insofern lasst uns doch dann debattieren, aber nicht permanent dazwischenrufen.

Nun zum Sachverhalt: Es ist ja schon einiges gesagt worden. Aber es ist - und ich will versuchen, das in aller Ruhe zu machen; Herr Kemmerich, bleiben Sie noch einen Moment - sachlich einfach falsch. Ich meine, man muss es zur Kenntnis nehmen oder man will es nicht zur Kenntnis nehmen. Die Entscheidung der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, die am 22. März getroffen worden ist, heißt, dass der Standort Arnstadt spätestens im Januar 2014 geschlossen wird. Das ist ein ganz klassischer Schließungsbeschluss, der in der weiteren Folge dieses Schließungsbeschlusses dann ein paar Optionen aufzeigt, über die man bereit ist zu

diskutieren und wo wir ja auch alle mithelfen wollen und mithelfen müssen, dass dieses weiterentwickelt werden kann. Aber trotzdem kann man sich nicht hierherstellen und sagen, dieser Beschluss heißt nicht Schließung,

(Beifall Abg. Berninger, DIE LINKE)

sondern es ist faktisch ein Schließungsbeschluss, der im Zweifelsfall, nämlich dann, wenn nichts gelingen möge, was ich nicht hoffe, am Ende des Tages bedeuten kann, dass 1.800 direkt Betroffene und 1.200 indirekt Betroffene in der Region und in Thüringen ihren Arbeitsplatz verlieren. Das, Kolleginnen und Kollegen, können wir doch nicht wollen. Es geht doch nicht darum, von diesem Pult aus irgendwie eine Position zu vertreten, dass der eine ein bisschen mehr für die Geschäftsführung von Bosch ist und der andere vielleicht ein bisschen weniger für die Geschäftsführung von Bosch ist und

(Beifall Abg. Berninger, DIE LINKE)

der eine es ein bisschen besser findet, ob man demonstriert, und der andere es vielleicht ein bisschen weniger gut findet, wenn man demonstriert. Das alles wird am Ende des Tages den Kolleginnen und Kollegen am Standort Arnstadt nicht helfen.

Deshalb sage ich, lassen Sie uns mal einen Moment versuchen, ein bisschen sachorientiert zu diskutieren, bei aller hitzigen Debatte, die wir ansonsten darüber führen müssen. Zur sachorientierten Debatte gehört auch, dass der Konzern erklärt hat, wir machen so immense Verluste, die wir nicht weiter gewillt sind zu akzeptieren. Diese Verluste werden in der Öffentlichkeit und in Gesprächen mit dem Betriebsrat und auch mit uns als politischen Vertretern in einer Größenordnung definiert von 2,3 Mrd. € in den letzten beiden Jahren und es ist richtig, dass immer gesagt wird, der Verlust beträgt im Jahr 2012 1 Mrd. € und der Verlust beträgt pro Tag ungefähr 500.000 €. Das ist alles richtig, das weiß ich auch. Ob es aber wirklich richtig ist, ist nicht bewiesen. An der Stelle hat der Kollege Ramelow recht, weil es nicht so ist, dass es in den mitbestimmten Konzernen, wo es überall Betriebsräte gibt - da haben Sie wiederum recht -, dass bisher dem Betriebsrat in Arnstadt oder auch dem Konzernbetriebsrat auch nur ein einziges Detail dieser großen Zahl tatsächlich

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Nicht mal der Landesregierung.)

vorgelegt worden wäre; nicht einmal der Landesregierung, glaube ich, aber auch nicht den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Da sage ich, das geht auch nicht.

(Beifall DIE LINKE)

Man kann nicht ein Werk mit 1.800 Leuten schließen wollen und das begründen mit massiven Verlusten, aber andererseits den Gremien im Betrieb, die dafür zuständig sind, Betriebsrat, Wirtschaftsausschuss, Aufsichtsrat, eine detaillierte Aufgliederung dieser Zahlen verweigern.

(Beifall Abg. Bergemann, CDU)

Das ist bisher aber geschehen. Ich will an der Stelle auch sagen, dass der Betriebsrat dreimal mittlerweile nachgehakt hat aus unserem Standort hier in Arnstadt und den Vorstandsvorsitzenden gebeten hat, die Zahlen entsprechend zu belegen und zu untermauern. Bis heute, 25.04.2013, 17.20 Uhr, ist es leider nicht passiert. Ich sage ausdrücklich leider, weil das ja eben auch nicht dazu beiträgt, dass das, was an verlorengegangenem Vertrauen wiederhergestellt wird, was wir jetzt brauchen, um den Prozess der nächsten Wochen und Monate auch entsprechend zu gestalten. Es hat im Vorfeld der Entscheide vom 22. März 2013 natürlich eine Vielzahl von Gesprächen gegeben und niemals in diesen Gesprächen war von einem Generalausstieg die Rede, sondern es ist immer wieder diskutiert worden, wir als Bosch wollen in der Sparte verbleiben, wir als Bosch sehen in der Photovoltaikindustrie eine Zukunftsperspektive, wir müssen unsere Kosten reduzieren, wir müssen die Strukturen reduzieren und wir müssen möglicherweise anpassen, aber wir sehen nach wie vor erhebliche Zukunftspotenziale. Und diese Aussage, sage ich jetzt, die ist auch nach wie vor richtig, weil es natürlich Zukunftspotenzial im Bereich der Photovoltaikindustrie gibt. Weltweite Märkte sind schon angesprochen worden. Jeder von uns weiß, dass die Zukunft nicht im europäischen Markt liegt, nicht im deutschen Markt, sondern in Nordamerika, in einigen südamerikanischen Staaten, auch in einigen arabischen Staaten. Aber dort sind erhebliche Zukunftsmärkte vorhanden, die man allerdings auch nicht mit dem klassischen Nullachtfünfzehn-Modul bedienen kann, sondern die entsprechende Innovationen notwendig machen. Genau diese Innovationen - das ist auch angesprochen worden - sind in verschiedenen Veranstaltungen noch vor wenigen Wochen von den Vertretern der Bosch Solar Energy in Arnstadt als die Zukunftsperspektive proklamiert worden. Ich fand das damals auch völlig richtig, weil es der richtige Weg gewesen wäre, aber diese Situation war dann einige Wochen später eben völlig anders. Diese schönen Charts, angefangen vom Keller, wo Bosch unterwegs ist mit Speichersystemen bis über das Erdgeschoss, wo die Waschmaschine von Bosch steht, die Kaffeemaschine von Bosch steht, die Hausfassade mit Modulen von Bosch zukunftsorientiert ausgestattet werden kann bis auf das Dach, all das waren die Visionen, die im Kern in die richtige Richtung gingen, die heute jetzt aber so keine Rolle mehr spielen sollen.

Deshalb war diese Entscheidung schon überraschend und hat natürlich auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu einer Schockstarre geführt, weil eben immer die Rede davon war, wir müssen möglicherweise die Fertigungstiefe ändern, aber wir werden keinen Komplettausstieg machen. Nun ist aber der Komplettausstieg beschlossen und ich weiß natürlich auch, dass ein Unternehmen eine unternehmerische Entscheidung treffen kann, egal ob die 2,3 Mrd. € Verlust macht oder der Herr Kemmerich mit seinem Friseurladen 1 Mio. € pro Jahr Gewinn macht und vielleicht trotzdem morgen auf die Idee kommt, den Laden zuzumachen. Das gehört zur unternehmerischen Entscheidung.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Warum sollte er das tun, wenn er Gewinn macht?)

Solche Fälle gab es aber auch schon. Natürlich kann ein Unternehmen so etwas entscheiden. Deshalb sage ich, wir müssen jetzt in der Situation, in der wir stehen, obwohl wir das für falsch halten, diese Entscheidung zunächst einmal zur Kenntnis nehmen und müssen auf der Basis versuchen, für die Beschäftigten und für den Standort und für die Region in Arnstadt das Beste an Möglichkeiten daraus zu machen, was sich jetzt ergibt.

(Beifall Abg. Berninger, DIE LINKE)

Das bedeutet, dass man jetzt abschichten muss, was möglich ist. Natürlich gibt es Investitionen im Bosch-Konzern weltweit, europaweit in diesem großen Laden mit mehr als 300.000 Beschäftigten. Diese Investitionen werden teilweise im Neugeschäft realisiert und teilweise in Anpassung von laufendem Geschäft. Deshalb finde ich völlig richtig, was uns die Vertreter der Bosch Solar Energy gestern gesagt haben, was auch bestätigt ist aus den Konzernstrukturen, dass in der jetzigen Phase auf der Grundlage der negativen Entscheidung für Arnstadt zunächst einmal definiert werden muss, dass alle bisherigen Zukunftsentscheidungen jetzt auf den Prüfstand müssen, diese Zukunftsentscheidungen, egal ob sie für Rumänien oder für andere Standorte in Europa oder für andere Standorte in Deutschland getroffen wurden, auf den Prüfstand gestellt werden müssen, ob es möglich ist, einen Teil dieser Investitionen im Neugeschäft auch an dem Standort Arnstadt anzusiedeln. Das muss eine Linie sein, die wir gemeinsam weiterverfolgen in der Debatte mit dem Bosch-Konzern, in der Debatte mit dem Vorstand der Bosch Solar Energy, aber auch ausdrücklich in der dankenswerterweise sehr schnell eingerichteten Task Force.

Die zweite Möglichkeit, die es vielleicht gibt, die aber im Moment auch keiner genau kennt, was das im Kern bedeuten würde, ist die Frage, kann man bestehendes Bosch-Geschäft - und da rede ich nicht von Eisenach - innerhalb Europas oder innerhalb Deutschlands an den Standort Arnstadt verlagern. Dazu muss man ganz nüchtern zur Kenntnis

nehmen, dass auch die Situation in anderen Geschäftsbereichen innerhalb des Bosch-Konzerns im Moment nicht durchgängig positiv ist, sondern dass es da auch schwierige Situationen im Bereich der Automobilzulieferung und Ähnliches gibt. Das heißt, eine Verlagerung von bestehendem Geschäft halte ich persönlich für sehr, sehr schwierig, ist aber trotzdem eine Option, die weiterverfolgt werden muss. Allerdings muss uns auch klar sein, dass mit einer Verlagerung bestehenden Geschäfts aus meiner heutigen Sicht nicht realisiert werden kann, dass wir annähernd 1.800 Arbeitsplätze am Standort in Arnstadt werden sichern können. Das heißt, man muss möglicherweise mehrere Wege parallel verfolgen und dazu gehört natürlich auch das Thema Verkauf. Bei der Frage des Verkaufs war schon das eine oder andere in den Zeitungen in den letzten Tagen und Wochen zu lesen. Da kann ich nur sagen, das habe ich heute Morgen am Rande der Kundgebung auch gesagt, was wir nicht brauchen, die Betroffenen am allerwenigsten, die Region nicht, der Standort nicht und wir auch nicht als politische Vertreterinnen und Vertreter, sind irgendwelche Hasardeure, die jetzt die Situation am Schopf packen wollen und irgendwie nichts investieren wollen, aber die schnelle Mark oder den schnellen Euro machen wollen und am Ende des Tages möglicherweise heute versuchen, den Standort sich unter den Nagel zu reißen und vielleicht in ein paar Monaten wieder zuzumachen. Das kann keine Zukunftsoption sein. Deshalb, glaube ich, muss man jetzt in aller Ruhe prüfen, was es an Investoren gibt, welche Interessenten aufgetaucht sind und möglicherweise noch auftauchen. Deshalb ist es, glaube ich, umso wichtiger, dass die Fragen, die in unserem gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen und DIE LINKE angesprochen sind, tatsächlich auch dann zügig umgesetzt werden.

Deshalb will ich zu dem zweiten Teil unseres Antrags kommen, der - die Punkte in I unseres Antrags habe ich ja gerade schon erwähnt - aus meiner Sicht vielleicht noch wichtiger ist, nämlich die Frage des industriepolitischen Dialogs unter Beteiligung aller mitteldeutschen Länder, die im Bereich der Solarindustrie betroffen sind, im Bereich unter Beteiligung der entsprechenden Branche, der entsprechenden Cluster, der entsprechenden Verbände, aber eben auch - und darauf möchte ich noch einmal ausdrücklich hinweisen, die Ministerpräsidentin hat es ja dankenswerterweise auch noch einmal gesondert betont - unter Einbeziehung der Bundesregierung und der EU im Rahmen eines solchen industriepolitischen Dialogs zu versuchen, Eckpunkte zu entwickeln, die wir benötigen, um die Branche der Photovoltaikindustrie zukunftssicher zu machen.

Am Ende des Tages ist mit dieser Entscheidung von Bosch schlicht und einfach die Frage verbunden, ob wir bundespolitisch noch einen wichtigen

Player in diesem Bereich haben werden perspektivisch oder eben nicht. Wenn Bosch aussteigt, die Probleme von Solar-World sind ja auch schon angesprochen worden, wir wissen um die Probleme der kleineren Unternehmen bei uns in der Region, Stichwort Sunways, Stichwort Arsolar, Stichwort PV Silicon, Stichwort Masdar PV, all das sind Betriebe, die direkt im Umfeld von Bosch Solar Energy oder, wenn man so will, in Rufweite angesiedelt sind, die heute auch schon erhebliche Probleme haben. Deshalb reden wir ja hier zwar über einen Antrag von Bosch, aber wenn wir über einen industriepolitischen Dialog für die Solarindustrie reden, reden wir natürlich auch über die Beschäftigten und die Unternehmen, die etwas kleiner sind als Bosch, aber die gleichen Probleme haben. Deshalb will ich die überhaupt nicht vergessen zu erwähnen, weil die natürlich genau in der gleichen Situation sind. Denn für den einzelnen Menschen ist es erst einmal wurst, ob er bei Sunways beschäftigt ist und dort seinen Arbeitsplatz verliert oder bei Bosch beschäftigt ist und dort seinen Arbeitsplatz verliert. Das heißt, wenn wir eine Zukunftsperspektive für die Solarindustrie entwickeln wollen, dann brauchen wir diesen industriepolitischen Dialog. Das bedeutet auch, dass man über das EEG reden muss. Und das bedeutet vor allen Dingen natürlich auch, dass wir die Anti-Dumping-Klage vorantreiben müssen.

Ich will einmal einen hochrangigen Bosch-Vertreter, ich werde hier nicht sagen, wer es war und wann er das geäußert hat, zitieren, der gesagt, hat: Wenn im EEG geregelt wäre, dass eine Förderung gewährt wird, wenn 60 Prozent aus deutscher Produktion käme, dann hätte das möglicherweise auch andere Auswirkungen auf die Entscheidung von Bosch gehabt. Damit will ich sagen, diese Fragen, die wir ja hier in diesem Hohen Hause auch schon oft und sehr strittig diskutiert haben, sind aus einer nackten und nüchternen unternehmerischen Entscheidung die wesentliche Frage, um die es geht, weil am Ende des Tages sich schlicht und einfach daran ausgerichtet entschieden wird, bleibe ich in einer Branche oder steige ich aus der Branche aus, so wie wir es ja gerade am Beispiel Bosch gesehen haben. Insofern würde ich mir wünschen, dass trotz der gestellten Alternativanträge wir ein breites Votum, möglichst ein einstimmiges Votum hinter den Antrag von der Fraktion der SPD, der CDU und DIE LINKE bekommen. Ich fände es ein sehr unschönes Signal, wenn wir aus diesem Hohen Hause kein geschlossenes Bild im Sinne des Standorts, im Sinne der Beschäftigten und im Sinne der Sicherung des Produktions- und Technologiestandorts in Arnstadt senden könnten. Das könnten wir tun, indem wir ein klares geschlossenes Bild für diesen Antrag abgeben, wofür ich werben will. Ich bin auch ausdrücklich dafür, dass der Antrag im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit weiterbehandelt wird, denn es wird ja mit Sicherheit so sein, dass uns das Thema in den nächsten Wochen und

Monaten leider weiter beschäftigen wird. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lemb. Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerpräsidentin, ich möchte mich auch für den Sofortbericht bedanken, weil eines deutlich geworden ist und das ist die Prämisse, die, glaube ich, für alle heute im Vordergrund stehen sollte: Steht man als Fraktion zu der Überschrift „Die Solarbranche ist ein strategisch wichtiger Industriezweig mit Zukunft“ - ja oder nein? Ich habe Ihren Worten entnommen, dass Sie dazu stehen und das ist richtig und wichtig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wollen wir als GRÜNE auch gern unterstützen. Ich will auch sagen, dass ich mir solche klaren Worte und natürlich die entsprechenden Handlungen, die dazu gehören, einfach in Verknüpfung zwischen Land und Bundesebene seit längerer Zeit wünschen würde. Ich erinnere mich daran, dass vor einigen Monaten auf einem Solargipfel hier im Thüringer Land deutlich gemacht wurde, dass es darum geht, mit der Bundesregierung darüber zu sprechen, dass es faire Wettbewerbsbedingungen braucht und dass es einen erhöhten Anteil an Investitionen im FE-Bereich braucht. Allein sind wir da offensichtlich nicht weitergekommen und das ist auch ein Grund, warum wir heute hier auch hart miteinander diskutieren müssen über die Zukunft der Branche. Da richte ich mein Wort insbesondere an Herrn Kemmerich, der nun mal derjenige ist, dessen Parteikollege immer noch im Bundeswirtschaftsministerium sitzt und das Amt des Wirtschaftsministers innehat. Ob er es nun möchte oder nicht, aber Sonne und Wind sind nun mal die Energiequellen der Zukunft

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und ob es den Liberalen passt oder nicht - der Ausbau Erneuerbarer geht nun mal nur, wenn wir auch hier im Land darauf setzen, diese Branchen zu unterstützen. Und da haben Sie versagt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen uns als GRÜNE natürlich und selbstverständlich für das Erfurter Kreuz und die Bosch-Beschäftigten ein. Ich habe das auch heute Morgen hier vor dem Thüringer Landtag bei der Demonstration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bosch deutlich gemacht. Die Vorteile dieses Standortes liegen ei

gentlich für jeden, der einigermaßen wirtschaftspolitisch bei Verstand ist, auch auf der Hand. Es sind engagierte, gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben nicht nur eine gute Infrastruktur hier, sondern wir haben auch, was die Produktionssituation angeht, eine der modernsten Produktionsstrecken für die kristalline Photovoltaikproduktion hier vor Ort. Auch dieser Vorteil ist es, der vielleicht auch manche zu sehr in Sicherheit gewogen hat, dass das, was absehbar war, weil es sich nämlich wie Dominosteine in den vergangenen Monaten und Jahren durch die Länder gezogen hat und die Photovoltaikindustrieunternehmen nach und nach in die Krise gekommen sind, weil es eigentlich absehbar war, dass der Handlungsbedarf hier in Thüringen auch eines Tages eintreten würde. Deswegen sage ich auch ganz klar, wir haben mit unserem Alternativantrag deutlich gemacht und versuchen das nach wie vor, dass eine Förderung der Branche nicht nur wichtig war, sondern wichtig ist und wichtig bleibt. Deswegen haben wir uns als GRÜNE natürlich auch mit der Unternehmensführung von Bosch längst vor der Entscheidung, vor dem 22. März, getroffen, mit ihr darüber geredet. Ich war damals im Gespräch froh darüber, als wir die Dimension der Bundesrepublik, die europäische und die globale, aufgemacht haben, dass die Unternehmensführung ganz klar gesagt hat: Ja, die Konkurrenz der asiatischen Märkte ist einer der entscheidenden Punkte, der es uns schwer macht, sehr schwer, so klar war die Unternehmensführung. Aber Schutzzölle hat das Unternehmen immer abgelehnt, also einer der Punkte, die immer in der Diskussion waren, wurden von vornherein ausgeschlossen.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Es gibt auch Gründe dafür.)

Das fand ich richtig und an der Stelle haben wir, glaube ich, auch schnell zueinandergefunden, um zu sehen, was tatsächlich möglich ist und was nicht. Aber es braucht eben andere Mechanismen und da ist die Frage, was Politik tun kann und wo unsere Aufgabe tatsächlich ist, wo aber auch Grenzen von Politik sind. Man kann aus politischer Sicht vernetzend Gespräche führen, man kann die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken, man kann für Transparenz sorgen, ja, man kann betonen, wie strategisch wichtig dieser Industriezweig ist, man kann sich solidarisieren und eben auch darüber reden, was die finanziellen Rahmenbedingungen sind, die wir brauchen, auch übrigens investive Rahmenbedingungen.

Darüber hätten wir gern in Ruhe mit den anderen drei Fraktionen geredet. Ich betone in Ruhe, weil nun mal leider der gemeinsame Antrag im Wirtschaftsausschuss vergangenen Dienstag auf dem Tisch lag und es hieß eineinhalb Stunden, es sei jetzt Zeit, sich zu entscheiden, ja oder nein, hopp oder topp. So wünsche ich mir keine politische De

(Abg. Lemb)

batte zur Zukunftsfähigkeit der Photovoltaikindustrie in Thüringen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss auch an dieser Stelle gesagt werden. Das reicht dann auch nicht, hier auf den Solidaritätskurs zu dringen, sondern so viel Zeit muss man sich dann auch nehmen. Das hat übrigens auch etwas mit Politik auf Augenhöhe zu tun.

(Beifall Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Fall Bosch zeigt aber auch, dass eben die industriepolitischen Rahmenbedingungen von Bund und Land so wenig ineinandergreifen, dass am Ende wir dieses Verantwortungschaos haben. Ich entnehme insbesondere den Worten von Herrn Kemmerich, dass er auf Bundesebene überhaupt keine Handhabe hätte in irgendeiner Form, sich entweder in die globale Situation oder die Wertschöpfungskette vor Ort oder viele andere Dinge einzubringen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die europäische Ebene.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Sie müssen sich schon mal für etwas entscheiden.)

Das habe ich nicht gehört. Ich höre nicht, dass vonseiten der FDP in irgendeiner Form eine Idee dafür hier herrscht, wie aktive Industriepolitik für den Photovoltaiksektor aussieht. Wahrscheinlich erwartet das auch keiner mehr.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich höre aber auch nicht, Herr Kemmerich, dass Sie sich anstrengen zu diesem Thema, was ja nicht nur Thüringen betrifft, sondern den mitteldeutschen Raum, in irgendeiner Form auch eine Aussage vom Bundeswirtschaftsminister herbeizuführen oder ihn mal zu Aktionen zu bewegen. Ich meine, Herr Bahr war vor Kurzem hier, der Gesundheitsminister, und hat sich um das ein oder andere schöne Projekt gekümmert.