Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Durch fai- ren Wettbewerb. Das ist …)

Wenn Sie so ein hohes Vertrauen in die Marktwirtschaft und den Wettbewerb haben, dann brauchen Sie doch die Konkurrenz gar nicht zu scheuen. Die Gemeinden haben doch noch ausreichend Fesseln,

um sich nicht frei entfalten zu können. Es bleibt doch beim öffentlichen Auftrag.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das sind keine Fesseln, das sind Leitplanken.)

Also stellen Sie sich dem Wettbewerb! Aber es ist gerade die FDP, die immer wieder zwar einerseits die Freiheit des Wettbewerbs hochhält, aber andererseits den Zugang zum Wettbewerb für andere Marktteilnehmer unmöglich machen will. Weil Sie für ihre Klientel einen geschützten Markt schaffen wollen und Geld abschöpfen wollen, nur Geld abschöpfen wollen.

(Unruhe FDP)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Nein, es sind die … von den Steuern zu leben.)

Wir wollen, dass dieses Geld bei den Gemeinden bleibt. Im Übrigen, wie der Markt funktioniert, hat E.ON gezeigt. Ein Argument für E.ON, auszusteigen aus der Thüringer Energie, war im Übrigen die zu geringe Rendite für E.ON. Die Rendite bei der Thüringer Energie lag zwischen 6 und 8 Prozent und E.ON hat gesagt, wir wollen Renditen im zweistelligen Bereich. Und was machen sie jetzt? Sie haben weitere Zukäufe in den osteuropäischen Ländern getätigt, weil dort noch zweistellige Renditen zu erzielen sind. Das ist das ausschließliche Ziel der Privatwirtschaft und das kann nicht sein, dass wir alles, was Rendite bringt, der Privatwirtschaft überlassen und die Gemeinden das machen sollen, was Geld kostet, und dann beklagen, dass die Gemeinden oder die Landkreise mit ihren Finanzen nicht mehr hinkommen. Deswegen unser Vorschlag, wir machen die einfache Subsidiarität, das ist ausreichend Schutz für die Privatwirtschaft und es sind gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, gerade von der FDP, wir haben Marktbereiche, wo das sehr gut funktioniert. Nehmen wir mal den Wohnungsmarkt. Im Wohnungsmarkt haben wir traditionell ein Nebeneinander zwischen kommunalen Wohnungsgesellschaften, von Genossenschaften und der Privatwirtschaft und überall, wo diese drei Säulen ausgewogen im Markt agieren, wirkt das übrigens auch marktberuhigend für alle Teilnehmer, für Mieterinnen und Mieter als auch für die Investoren. Das ist doch ein Beispiel, dass Sie keine Angst haben sollten, dass wir über eine verstärkte wirtschaftliche Betätigung der Kommunen möglicherweise hier eine andere Gesellschaftsordnung einführen wollen, die die Marktwirtschaft überwindet. Das wollen wir, aber da nehmen wir nicht den Weg über die Kommunen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem Änderungsantrag wollen Sie erreichen, dass bei

den Eigenbetrieben, dann auch bei der Anstalt des öffentlichen Rechts die Organe, insbesondere die Werkleitung und Vorstände, eine stärkere Positionierung bekommen, insbesondere was die Außenvertretung betrifft. Das sehen wir komplizierter, aber das wollen wir mit Ihnen noch mal im Ausschuss bereden, was Sie da bewogen hat, hier noch mal eine Veränderung vorzunehmen. Da ist das Plenum hier wenig geeignet. Was wir begrüßen, ist die Haftungsbeschränkung für die Anstalt des öffentlichen Rechts, die Sie jetzt aufgenommen haben. Die erschien uns auch notwendig, damit die Anstalt des öffentlichen Rechts nicht über eigene Kreditaufnahmen und Bürgschaften möglicherweise dann den Träger, nämlich die Gemeinde oder den Landkreis, in eine finanzielle Schieflage bringt, und wir begrüßen auch, dass Sie bei der Anstalt des öffentlichen Rechts Elemente eines beherrschenden Gesellschaftervertrages aufgenommen haben. Beherrschender Gesellschaftervertrag, das heißt, dass wesentliche Unternehmensentscheidungen der Zustimmung des Gemeinderats oder des Kreistags bedürfen. Auch das ist eine Regelung, die wir durchaus begrüßen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Aber im- merhin haben DIE LINKEN unseren Vor- schlag gelesen. Das ist sehr anerkennens- wert.)

Ja, wir haben es sogar verstanden, Herr Fiedler, auch das, weil Lesen allein nützt da nichts.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch auf unsere Änderungsanträge eingehen, weil sie deutlich machen, wo sich unsere Kritik an Ihrem Gesetzentwurf auch festmacht. Ich hatte schon betont, wir wollen ein Verbot der Derivatgeschäfte und wir wollen die rentierliche Kreditaufnahme für alle wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten ermöglichen. Sie haben im Gesetzentwurf das nur für die regenerativen Energien und Energieverteilung und dergleichen drin. Wir wollen das für alle Dinge, also auch beispielsweise für die Abfallentsorgung oder den öffentlichen Personennahverkehr. Es gibt keine Begründung mehr, bei der Kreditgewährung auf Regularien zurückzugreifen, die im 19. Jahrhundert in Preußen entwickelt wurden. Der Herr von Stein hat die 1806 entwickelt und wenn Sie wirklich dieses Land auf Vordermann bringen wollen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Muss es deshalb … sein? Gutes hat sich oft lange be- währt.)

da können Sie doch im 21. Jahrhundert nicht auf einem Niveau von 1806 verharren. Insofern müssen Sie bei jeder Kreditaufnahme, wie im Privatbereich doch auch, unterscheiden, ist das eine Kreditaufnahme, mit der eine rentierliche Investition finanziert wird, oder ist es eine Kreditaufnahme, die letztlich nur ein Defizit abdeckt. Gerade bei der wirt

schaftlichen Betätigung entscheidet jedes Unternehmen bei einer Kreditaufnahme nach den Grundsätzen der Rentierlichkeit und hier wollen Sie das für den größten Bereich der Gemeinden einfach ausschließen. Das macht keinen Sinn. Und weil die Rentierlichkeit nachgewiesen werden muss, besteht auch nicht die Gefahr, dass über unsere Öffnung möglicherweise eine größere Anzahl von Gemeinden in die finanzielle Schieflage gerät. Also die Gefahr besteht nicht, denn die Gemeinden müssen nachweisen, dass durch diese wirtschaftliche Betätigung tatsächlich die Rentierlichkeit dann auch dauerhaft gesichert ist.

Wir wollen dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, die erweiterte verschärfte Subsidiaritätsklausel durch die einfache ersetzen. Auch dazu habe ich mich schon geäußert. Wir wollen klarstellen, dass überall dort, wo Sie im Gesetz „Gemeinde“ schreiben und dergleichen und damit ja den Bürgermeister beauftragen, die Rolle des Gemeinderates stärken, weil - wir sind davon überzeugt - die wesentlichen Entscheidungen auch bei der wirtschaftlichen Betätigung im Gemeinderat getroffen werden müssen und nicht durch den Bürgermeister allein. Wir tun doch den Bürgermeistern damit keinen Gefallen.

(Beifall DIE LINKE)

Sie können natürlich nach außen viel offensiver agieren, wenn sie immer mit dem Votum des Gemeinderates ausgestattet sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen schließlich, dass die Prüfungsberichte auch der überörtlichen Prüfung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sie haben eine Regelung in Ihrem Gesetzentwurf - da kann ich Sie auch noch einmal loben, Herr Fiedler, Sie sollten das genießen, weil das ist nicht allzu häufig, dass wir das machen -, dass Sie die Berichte der örtlichen Rechnungsprüfung nun endlich der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das wurde höchste Zeit und das ist auch sehr positiv. Es stellt sich jetzt die Frage, warum Sie so inkonsequent sind und das nur bei der örtlichen Prüfung wollen und nicht bei der überörtlichen Prüfung. Wir sind davon überzeugt, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, dem Informationsbedürfnis, das es dort gibt, dass auch die Berichte der überörtlichen Prüfung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Das schlagen wir Ihnen vor. Aber das können wir auch noch einmal im Ausschuss mit Ihnen erörtern und erläutern.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern - das hatte ich schon betont - zum Abschluss begründet sich auch, dass wir das noch einmal im Ausschuss in Ruhe diskutieren wollen, um tatsächlich auch differenziert mit den Änderungsanträgen von CDU und SPD zum eigenen

Gesetzentwurf dort umgehen zu können. Danke schön.

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unter dem Vorwand, vor allem etwas für das Engagement der Thüringer Kommunen im Bereich der erneuerbaren Energien tun zu wollen, haben CDU und SPD einen Gesetzentwurf zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung vorgelegt. Meine Damen und Herren, ich sage, in Wirklichkeit bedarf es dieser Änderungen nicht. Kommunen können und dürfen sich bereits jetzt nach gültiger Rechtslage vielfältig wirtschaftlich betätigen.

(Beifall FDP)

Das betrifft, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, vor allem auch die Bereiche der Daseinsvorsorge und damit gerade auch die Energieversorgung, die Wasserversorgung, die Abwasserentsorgung und vieles andere mehr. Die Befassung in den Ausschüssen hat nichts anderes gebracht, als das, was wir bereits im März gesagt haben: Was, wenn nicht Energieversorgung und damit auch die Gewinnung und Versorgung mit erneuerbarer Energie gehört denn zur Daseinsvorsorge, meine Damen und Herren? Sie wissen das. Bereits im März habe ich Sie aufmerksam gemacht auf die Drucksache 5/705, in der Prof. Huber noch als Innenminister ganz klar die Versorgung mit Energie nach § 2 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung als Aufgabe im eigenen Wirkungskreis qualifiziert. Es geht also bereits und es ist mit anderen Worten eine Frage des Vollzugs, aber nicht der Gesetzgebung.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wenn das so ist, wozu dann diese Änderungen? Da handelt es sich nach meiner festen Überzeugung in Wirklichkeit um ein Trojanisches Pferd. In Wirklichkeit segelt im Windschatten der wohlfeilen, aber falschen Behauptung, es ginge um erneuerbare Energien, ein Paradigmenwechsel mit, nämlich die Umkehrung der derzeitigen Rechtslage, wonach künftig nur noch die Forderung steht, die Gemeinde müsse es genauso gut erfüllen können.

Wir bleiben dabei, meine Damen und Herren: Mit den Steuern der Steuerzahler soll die öffentliche Hand den Steuerzahlern keine Konkurrenz machen.

(Beifall FDP)

Das, meine Damen und Herren, ist Grundvoraussetzung für einen selbsttragenden Aufschwung und für stabile Wirtschaftsstrukturen in Thüringen.

(Beifall FDP)

Da will ich eines klar und deutlich sagen und das unterscheidet uns auch deutlich von der LINKEN, Herr Kollege Kuschel: Wenn Sie Profit mit einem negativen Unterton belegen, dann will ich Ihnen übersetzen, was diese Vokabel in den romanischen Sprachen heißt, es heißt: Nutzen. Le profit, der Nutzen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Ja, aber für einen Einzelnen.)

Wenn private Unternehmen in der Tat auch einen Nutzen erwirtschaften, dann zahlen sie darauf Steuern, und zwar Steuern, von denen die öffentliche Hand und Sie ganz persönlich auch leben, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Und Sie sollten sich bitte genau überlegen, auf welchem Ast dieses Gemeinwesen sitzt. Deswegen finden wir es unanständig, diesen Paradigmenwechsel herbeiführen zu wollen.

(Beifall FDP)

Eine weitere Kritik in der Anhörung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf bezog sich vor allem auf die Anstalt des öffentlichen Rechts, die dort sehr kritisch beurteilt worden ist, auch wegen der Frage der deutlich eingeschränkten Kontrolle durch Stadtund Gemeinderäte bzw. Kreistage, wo ja auch der Änderungsantrag jetzt einige Ausführungen dazu bringt. Das Ergebnis der Anhörung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf ist so zusammengefasst: Von zehn Stellungnahmen war nur der Kommunale Energiezweckverband umfänglich dafür - welch Wunder -, alle anderen bewegten sich zwischen Änderungsbedarf und klarer schroffer Ablehnung, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Mit Recht!)

Noch nicht einmal der Gemeinde- und Städtebund konnte sich wirklich mit dem Gesetzentwurf anfreunden. Harsche Kritik kam ausgerechnet zur Frage der Rechnungsprüfung, auch wenn dort der Änderungsantrag versucht nachzubessern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion sagte heute bei dem Rechnungshofgesetz: Wir wollen keinen Schnellschuss. Ein Schnellschuss, meine Damen und Herren, ist der Änderungsantrag von SPD und CDU in der Tat in Wirklichkeit nicht, denn Sie haben sich reichlich Zeit damit gelassen, nämlich Zeit bis gestern Abend,

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Was lange währt, wird endlich gut.)

(Abg. Kuschel)

und das für elf Seiten Änderungsantrag. Ich will zugestehen, es ist rechtlich zulässig, aber ungewöhnlich ist es schon und, ich glaube, ein schlechter parlamentarischer Stil gar.

(Beifall FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

Insofern, meine Damen und Herren, sollten Sie schon auch den Blick in Artikel 91 Abs. 4 der Thüringer Verfassung werfen - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Bevor auf Grund eines Gesetzes allgemeine Fragen geregelt werden, die die Gemeinden und Gemeindeverbände betreffen, erhalten diese oder ihre Zusammenschlüsse grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme.“ § 79 Abs. 2 in der Geschäftsordnung führt aus - ich zitiere wiederum: „Bevor aufgrund eines Gesetzes allgemeine Fragen geregelt werden, die die Gemeinden und Gemeindeverbände betreffen, erhalten diese oder ihre Zusammenschlüsse grundsätzlich Gelegenheit zur Stellungnahme. Dies gilt insbesondere bei Entwürfen von Gesetzen oder zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen, die ganz oder teilweise von den Gemeinden oder Gemeindeverbänden auszuführen sind, ihre Finanzen betreffen oder auf ihre Verwaltungsorganisation einwirken.“ Das, meine Damen und Herren, ist der Grund, warum ich auch namens meiner Fraktion den Antrag auf Rücküberweisung an den Innenausschuss stelle, denn dieser Änderungsantrag bedarf einer ausführlichen Diskussion im Ausschuss und er bedarf vor allem der Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände.

(Beifall FDP)