Protokoll der Sitzung vom 16.10.2013

(Abg. Ramelow)

Wir haben hier einen Dringlichkeitsantrag von der Fraktion DIE LINKE, wo ich die Dringlichkeit so nicht erkennen kann und auch in der Form kann ich nicht erkennen, wie man so einen Antrag stellen kann. Denn eines ist auch klar, Herr Ramelow hat schon aus unserer Verfassung zitiert und wir werden die Verfassung auch hier nicht außer Kraft setzen. Es ist ganz klar einzig und allein Aufgabe der Ministerpräsidentin und ihr gutes Recht, Minister zu ernennen, und das hat sie in dem Fall auch getan. Dann sage ich auf dem Fuße: Bei Amtsübernahme hat nach unserer Verfassung auch der Diensteid hier in diesem Landtag zu folgen.

Ich will noch mal ganz klipp und klar meine und unsere Auffassung dazu sagen: Wenn wir einen Minister haben, der hier tätig wird, soll er auch seinen Amtseid gesprochen haben, damit nämlich klar ist, dass er diesem Land dient. Der Amtseid lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, Verfassung und Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber jedermann üben werde.“

(Zwischenrufe aus dem Hause: So wahr mir Gott helfe.)

(Unruhe CDU, DIE LINKE)

„So wahr mir Gott helfe“ darf er anfügen. Da möchte ich schon sagen: Als Abgeordneter dieses Landtags möchte ich ganz einfach, dass die Minister sich diesem Schwur auch verpflichtet fühlen. Insofern kann ich sowohl verstehen, dass Sie gern politischen Klamauk hier veranstalten wollen. Sie haben das beim letzten Mal auch schon mit einem unsäglichen Antrag versucht, den wir unter TOP 24 noch mal aufrufen werden. Aber neben dem Klamauk, denke ich, ist es einfach unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Minister hier ordentlich vereidigt wird. Ich kann die Dringlichkeit nicht erkennen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Dringlichkeit. Wer für die Dringlichkeit ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Wer ist dagegen? Das sind die Stimmen aus den Fraktionen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Es enthält sich niemand. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt.

Wir gehen zur Tagesordnung über. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1 a

Bekanntgabe des durch die Ministerpräsidentin ernannten Ministers

und bitte die Ministerpräsidentin ums Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte dem Hohen Haus mitteilen, dass ich einen Wechsel im Amt der bisherigen Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chefin der Staatskanzlei vorgenommen habe. So habe ich mit Wirkung vom 24. September 2013 Frau Ministerin Walsmann aus ihrem Amt als Ministerin entlassen. Für ihre Tätigkeit spreche ich Frau Walsmann hier im Hohen Haus meinen ausdrücklichen Dank und meine Anerkennung aus,

(Beifall CDU)

insbesondere für das kollegiale Miteinander im Zuge der Vereinbarung von Thüringer Landtag und Thüringer Landesregierung zu den europäischen Angelegenheiten sowie für die gemeinsame Arbeit im Ältestenrat, in der sie die Landesregierung als Chefin der Thüringer Staatskanzlei vertreten hat.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Warum haben Sie sie denn eigentlich entlassen?)

Weil es noch mehr Aufgaben gibt.

Zum neuen Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten habe ich heute Herrn Jürgen Gnauck ernannt und ihm zugleich die Aufgaben als Chef der Staatskanzlei übertragen. Er ist dem Hohen Haus bereits aus den Jahren 1999 bis 2003 bekannt.

Außerdem unterrichte ich Sie heute darüber, dass ich mit der gestern erfolgten Zustimmung des Kabinetts Frau Hildigund Neubert mit Wirkung vom 22. Oktober 2013 zur Staatssekretärin in der Staatskanzlei ernennen werde. Frau Neubert ist dem Hohen Haus aus ihrer langjährigen Arbeit als Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ebenfalls bekannt.

Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Herrn Minister Gnauck und mit Frau Staatssekretärin Neubert und bin sicher, dass auch sie eine gute Zusammenarbeit mit dem Thüringer Landtag pflegen werden.

Frau Präsidentin, ich bitte Sie, Herrn Minister Gnauck den in Artikel 71 der Landesverfassung vorgesehenen Amtseid nunmehr abzunehmen. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 1 b

(Abg. Emde)

Vereidigung des neu ernannten Ministers gemäß Artikel 71 der Verfassung des Freistaats Thüringen

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, nach Artikel 71 der Verfassung des Freistaats Thüringen leisten Minister bei der Amtsübernahme vor dem Landtag einen Eid. Deshalb bitte ich Herrn Minister Gnauck zur Vereidigung nach vorn und die Anwesenden bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben.

Sehr geehrter Herr Minister, ich verlese zuerst die in der Verfassung des Freistaats Thüringen vorgesehene Eidesformel. Sie bekräftigen diese Eidesformel anschließend bitte mit den Worten: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe“ oder: „Ich schwöre es“. Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, Verfassung und Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Sie haben den Eid bekräftigt, ich gratuliere Ihnen und wünsche Ihnen alles Gute, vor allen Dingen Gottes Segen für die Arbeit.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich denke, wir können fortsetzen und ich komme zur Aktuellen Stunde. Alle Fraktionen haben jeweils eine Aktuelle Stunde beantragt. Jede Fraktion hat in der Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten für jedes Thema. Die Redezeit der Landesregierung beträgt grundsätzlich zehn Minuten für jedes Thema. Hat die Landesregierung eine Redezeit von mehr als zehn Minuten in Anspruch genommen, so verlängert sich die Aussprache des jeweiligen Themas um die über zehn Minuten hinaus gehende Zeit. Die Aufteilung der Verlängerungszeit auf jede Fraktion erfolgt zu gleichen Teilen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 32, den ersten Teil

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Solide Finanzpolitik für Thüringen durchsetzen: Kalte Progression abschaffen und Haushaltskonsolidierung ohne Steuererhöhungen umsetzen“

Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/6714

Als Erster hat der Abgeordnete Mohring von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Man sieht bei der Linksfraktion: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen. So ist das heute auch. Es ist auch gut so, denn zu dem Antrag, zu dem wir sprechen wollen, ist es auch gut, dass vor allen Dingen von der linken Seite im Parlament viele anwesend sind.

(Beifall FDP)

Bei der Bundestagswahl am 22. September haben die Wählerinnen und Wähler mit ihrem Wahlergebnis eindeutig beschlossen und festgelegt: Steuererhöhungen darf es nicht geben. Alle die, die Steuererhöhungen gefordert haben, haben krachende Wahlniederlagen erlitten. Ich sage das deshalb so deutlich, weil klar ist: Das sehen auch die Bürger so, Deutschland hat kein Einnahmeproblem und es hat deshalb auch kein Einnahmeproblem, auch nicht, um Konsolidierung voranzubringen. Zur Haushaltskonsolidierung sind Steuererhöhungen deshalb nicht notwendig. Das gilt insbesondere jetzt, wo darüber geredet wird, wer koaliert auf Bundesebene mit wem und wer löst diese Fragen, die in der Zukunft anstehen? Deshalb, meine Damen und Herren, ist es wichtig - und deswegen sprechen wir heute auch darüber, damit diejenigen, die auch aus diesem Hause, und das werden einige sein, in diesen Gesprächen in der Zukunft mitverhandeln werden und damit auch Thüringer Interessen vertreten müssen -, klar ist zu sagen: Wenn wir Einfluss nehmen wollen auf die nächsten Koalitionsgespräche, dann ist für Thüringen wichtig, dass der Abbau der kalten Progression vorankommt, denn das hilft den Thüringer Arbeitnehmerinnen und Arbeitern.

(Beifall CDU)

Und das hilft vor allen Dingen den Thüringern, weil die in der Situation sind und in dem Einkommensniveau in den Einkommensstufen in der mittleren Ebene, wo sich kalte Progression am meisten auch auswirkt. Wir sehen dort, wir konnten es aktuell gerade nachvollziehen, wir haben 1,5 Prozent Lohnerhöhung gehabt in dem letzten Jahr, gleichzeitig haben wir 1,5 Prozent Inflationsrate gehabt. Es heißt also, all das, was die Arbeitnehmerinnen und Arbeiter verdienen, ist alleine schon durch die Inflation, die Preissteigerungen, aufgefressen. Dazu kommt dann obendrauf bei jeder Lohnsteigerung, die vielleicht die Arbeitgeber geben, damit eben genau auch die Lebenshaltungskosten finanziert werden können, wenn dann noch die kalte Progression zu

(Präsidentin Diezel)

schlägt und der Fiskus sozusagen an jeder Lohnerhöhung mitverdient, dann haben die Arbeiter in Deutschland tatsächlich Reallohnverluste. Wenn wir weiter vorankommen wollen, wenn wir wollen, dass Deutschland weiter wächst, wenn wir in die Sozialversicherungssysteme einzahlen wollen, müssen wir für diejenigen Leistungsträger in der Mitte der Gesellschaft, die, die jeden Tag früh auf Arbeit gehen, die früh um fünf, um sechs in die Schicht gehen und die im Dreischichtsystem sieben Tage in der Woche unterwegs sind, auch sicherstellen, dass sich ihre Leistungen auch lohnen und dass ihre Arbeit auch gerechtfertigt wird, dass sie für gute Arbeit auch guten Lohn bekommen.

(Beifall CDU)

Deswegen muss es Aufgabe einer Bundesregierung sein, in diesem ungerechten Falle der Steuerpolitik auch für Klarheit zu sorgen. Ich denke auch, dass es nunmehr klar ist, dass sozusagen die Blockade im Bundesrat, die wir in den letzten Wochen und Monaten bei diesem Punkt gesehen haben, ein Ende nimmt und dass wir bei dieser Frage der Klarheit des Steuerrechts weiter vorankommen. Aber es gibt noch einen zweiten Punkt, den wir in unserer Aktuellen Stunde angesprochen haben, der genauso wichtig ist, eben der, dass wir sagen, es geht auch ohne Steuererhöhung, es geht ohne Vermögensteuererhöhung, es geht ohne Erbschaftsteuererhöhung, es geht vor allen Dingen auch darum, dass Haushaltskonsolidierung in Deutschland gelingen muss, ohne dass der Staat weiter in die Taschen seiner Bürger greift.

(Beifall CDU, SPD)

Wir sehen, insgesamt 615 Mrd. € nimmt der Fiskus jährlich ein, so viel wie noch nie zuvor seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Deswegen hat Deutschland kein Einnahmeproblem, sondern es hat ein Ausgabeproblem. Deswegen muss die deutsche Politik in der Lage sein, wir in den Bundesländern, aber auch die Bundesrepublik insgesamt, mit dem Geld zu wirtschaften und auszukommen, das ihm vom Steuerzahler zur Verfügung gestellt wird. Deswegen will ich an dieser Stelle auch noch einmal ganz klar dafür plädieren. wir haben das schon mehrmals in diesem Plenum getan, es gibt auch in diesem Plenum einen Antrag, aber es gibt keine parlamentarischen verfassungsändernden Mehrheiten dafür: Wir als CDU-Fraktion wollen, dass eine Schuldenbremse in der Thüringer Landesverfassung verankert wird. Wir brauchen keine Belehrung, sondern wir brauchen parlamentarische Mehrheiten dafür.

(Beifall CDU)

Aber genau das ist die Voraussetzung dafür, dass die Politik selbst maßhält und sich zurücknimmt und dafür sorgt, mit dem Geld auch auszukommen. Da

für braucht man eine verantwortungsbewusste Steuerpolitik.

Einen Satz will ich zum Schluss noch ansagen, weil er dieses Feld auch aufgreift: Wenn wir gemeinsam dafür sorgen, dass wir durch internationale Abstimmungen in der Steuerpolitik dafür sorgen, dass wir Steueroasen austrocknen können, dass wir die Steuergestaltung so nutzen, dass sie flüchten und nicht mehr bereit sind, in Deutschland ihre Steuern zu zahlen, obwohl sie hier ihr Geld verdienen, dann haben wir, glaube ich, eine ganze Menge zu tun. Wir können auch eine Menge dafür tun, dass beim Fiskus auch das Geld ankommt, was dem deutschen Fiskus zusteht. Das heißt also, Steueroasen trockenlegen, kalte Progression abschaffen, Schuldenbremse verankern und dann können wir auch die Haushaltsprobleme dieser Bundesrepublik, aber auch für Thüringen gemeinsam mit lösen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Huster das Wort.