Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohring, ich stimme Ihnen zu: Es ist gut, dass DIE LINKE an dieser Debatte teilnimmt, denn DIE LINKE wird für eine gerechte Steuerpolitik in Deutschland gebraucht.
Zum ersten Teil Ihrer Aktuellen Stunde: Ja zu einer Milderung der Wirkung der kalten Progression, Ja zu einem höheren Grundfreibetrag - das sind Forderungen der LINKEN -, aber nicht zulasten der Einnahmeseite insgesamt.
Zum zweiten Teil Ihrer Aktuellen Stunde möchte ich etwas zur Ausgangslage sagen. Meine Damen und Herren, die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Schuldenkrise sind noch nicht überwunden. Konjunkturelle Risiken und Zinsrisiken gefährden die Einnahmeseite des Staates ebenso wie die Ausgabeseite. Darüber hinaus stehen umfangreiche Herausforderungen vor unseren Gesellschaften. Schulen müssen saniert werden, die Infrastruktur wie Schienen und Straßen - ist unsolide finanziert, wir haben den demografischen Wandel, Aufgaben im ländlichen Raum, die Energiewende, Bildungsaufgaben, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut sind nicht nur Bundesthemen, sondern auch und vor allem Thüringer Themen. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren, Thüringen braucht jeden Euro. Thüringen bezieht einen Großteil seiner Einnahmen aus Steuern, Bundesergänzungszuweisungen und dem Länderfinanzausgleich. Deshalb,
Herr Mohring, sind in der Tat auch in den Koalitionsgesprächen im Bund elementare Thüringer Interessen berührt, dieses Freistaats, seiner Kommunen und seiner Bürger. Meine Damen und Herren, Herr Mohring, weil Sie die Rekordsteuereinnahmen des letzten Jahres oder der letzten beiden Jahre angesprochen haben; das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass der Bund im letzten Jahr noch keinen Haushaltsausgleich erreichen konnte, dass von 16 Bundesländern insgesamt nur vier Überschüsse erwirtschaften konnten, trotz guter konjunktureller Lage in Deutschland.
Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich alle an unsere Beschlussfassungen zum Hochwasser. Wir reden dann vom Jahrhunderthochwasser und da wissen Sie, dass wir, um die Hilfen zu leisten, Milliarden Euro Schulden machen müssen in Bund und Ländern und die über 20 Jahre abzahlen müssen über einen Zeitraum, wo wir mit Sicherheit schon wieder mehrere Jahrhunderthochwasser und möglicherweise andere Naturkatastrophen abzufinanzieren haben. Wer in dieser Situation und vor diesen Herausforderungen davon redet, der Staat hätte genug Einnahmen und könnte seine Aufgaben solide finanzieren, hat aus meiner Sicht absolut unrecht.
Deshalb, Herr Mohring, wie im Titel Ihrer Aktuellen Stunde im zweiten Teil suggeriert, die Zukunftsaufgaben in der Gesellschaft und die Konsolidierung der Staatsfinanzen - wer das ohne Steuererhöhung finanzieren möchte, offenbart sich unserer Auffassung nach wieder einmal mehr hier im Thüringer Landtag als finanzpolitisch unsolide und er hat vielleicht sogar in Wirklichkeit gar kein Interesse an einer nachhaltigen Konsolidierung der Finanzen.
Meine Damen und Herren, statt solcher Tabus, wie Sie sie formuliert haben, brauchen wir in der Tat eine gerechtere Steuerpolitik ganz ausdrücklich mit einer Vermögensteuer, mit einer höheren Erbschaftsteuer und auch einem höheren Spitzensteuersatz, meine Damen und Herren. Nur so ist solide Finanzpolitik auch für Thüringen zu leisten und nicht anders. Vielen Dank.
Stunde zu einem aktuellen Thema, das seit mindestens zehn Jahren aktuell ist und speziell für Sie aktuell sein müsste,
denn spätestens seit zehn Jahren war das Stichwort Haushaltskonsolidierung und Schuldenabbau für Thüringen evident.
Ich habe das schon verstanden, weil Thüringen auf einem guten Weg ist. Sie werden das ganz prima hinbekommen ohne Gebietsreform, ohne Verwaltungsreform. Das ist mir alles klar.
Und genau diese Art von Denken, die Sie gerade an den Tag legen, Herr Mohring, nenne ich Autosuggestion. Das ist die reine Selbstvergewisserung einer Partei mit Handlungsblockaden.
Sie tun gar nichts dafür. Sie haben nicht vernünftig genug Personal abgebaut, Sie haben keine Gebietsreform gemacht, keine Verwaltungsstrukturreform gemacht, die den Namen verdient, und Sie haben 17 Mrd. € Schulden.
Das nennen Sie eine Gebietsreform? Dann sind Sie nicht nur in der Autosuggestion gefangen, sondern sogar noch darin, dass Sie nicht wissen, was eine Gebietsreform ist.
Ich habe gesagt, seit zehn Jahren, Herr Mohring, hören Sie bitte zu. Seit zehn Jahren heißt nicht seit 1994. Das können Sie sich auch gerade noch ausrechnen, oder? Wenn ich sage, seit zehn Jahren, meine ich nicht 1994. Die ersten fünf Jahre sind völlig unspektakulär. Seit zehn Jahren verweigern Sie sich einer Haushaltskonsolidierung, die den Namen verdient.
Gut, okay, lassen wir mal die Zwiegespräche hier, das bringt meiner Erfahrung nach jedenfalls mit Ihnen herzlich wenig, aber es bleibt trotzdem wahr. Ich habe bereits letztes Jahr hier vorn gestanden. Damals gab es einen ordentlichen Antrag von der FDP, der denselben Duktus hatte, kalte Progression abschaffen.
Ja, es war, ich sage es, genauso sinnlos, sehen Sie, der Antrag. Sie können mal Vorschläge machen, wie Sie das gerne hätten. Sie können einen Einheitssteuersatz für alle machen, dann gibt es keine Progression.
25 Prozent für alle. Wenn Sie das den Leuten erzählen, werden Sie die nächsten Wahlen nicht mehr gewinnen. Sie können allerdings auch, das wäre auch eine Variante, die zweite Variante, …
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Herr Mey- er, wenn Sie mit uns eine Koalition hätten, dann hätten Sie zugestimmt.)
Also Herr Mohring, dass wir beide koalieren, das ist noch eine Frage, die klären wir bei Gelegenheit mal. Falls Sie dann noch eine Mehrheit haben für irgendetwas, dann klären wir das noch mal, falls wir dazu gebraucht werden sollten. Tatsache ist jedenfalls, die zweite Möglichkeit, die Sie hätten, die wäre ganz einfach, wenn Sie jedes Jahr dafür sorgen würden, den Grundfreibetrag für die Steuer entsprechend der Inflationsrate nach oben zu setzen. Ich will gar nicht darüber sprechen, Herr Mohring, dass ich glaube, dass Sie nicht gut informiert gewesen sind. Im letzten Jahr waren zwar unsere Einkommen, wir als Abgeordnete, bei 1,5 Prozent,
aber die Einkommensentwicklung bei den lohnabhängig Beschäftigten war bei 2,3 oder etwas in der Richtung, die hatten im letzten Jahr tatsächlich einen Reallohnzuwachs - letztes Jahr. Ansonsten nicht, aber im letzten Jahr, da sind Sie nicht gut informiert, das waren nicht 1,5 Prozent.
(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Was ist denn mit der Redezeit? Bei wem wird die Re- dezeit abgezogen?)