Aber auch in anderer Hinsicht möchte ich vor überzogenen Erwartungen und Illusionen warnen. Manche glauben, eine Reform sei etwas, das ein Problem ein für alle Mal löst. Die Erfahrung lehrt etwas anderes. Eine Reform ist ein Teil eines steten Prozesses der Veränderung und der Verbesserung oder, um es mit einer Fußballweisheit sinngemäß zu sagen, nach der Reform ist vor der Reform.
Jede Struktur, meine Damen und Herren, hat seine Vor- und Nachteile. Eine perfekte Verwaltungsstruktur hat immer auch eine individuelle Betrachtungsweise. Die Qualität einer Verwaltung hängt nicht allein von ihrer Struktur ab.
Sie bilden eine Voraussetzung für die öffentliche Leistung, wie sie wirkungsvoll, nachhaltig, bürgernah und effizient erbracht wird. Die Umgestaltung der Landesverwaltung erfordert eine Vielzahl von einschneidenden organisatorischen Maßnahmen, Gesetzes- und Verordnungsänderungen, die jedoch Schritt für Schritt lösbar sind. Die Voraussetzung hierfür ist ein tragfähiges Reformkonzept, das uns die Landesregierung hier vorgelegt hat. Das Wichtigste dabei ist, es ist ganz klar vorauszusagen, in welchem Unfang und in welchem Zeitrahmen die einzelnen Maßnahmen umgesetzt werden und was die Reform an Geld an Einsparung bringt. Wir sprechen hier von einer Summe von 600 Mio. € bis zum Jahr 2020, die ganz konkret bei Personal- und Sachkosten festgemacht werden können.
Meine Damen und Herren, wir von der CDU begrüßen die starke Stellung des Landesverwaltungsamts als zentrale Mittel- und Bündelungsbehörde. Das ist fachlich richtig und entspricht auch stets unserer Forderung. Die Weiterentwicklung des Landesverwaltungsamts zu einer zentralen Dienstleistungsbehörde ist ein Weg, um die künftigen Herausforderungen in Thüringen am effizientesten zu bewältigen. In unserem Konzept zur Optimierung der Landesverwaltung aus dem Juli 2012 haben wir 28 Behörden identifiziert,
die zu einer Eingliederung und Bündelung in die Mittelbehörde geeignet sind. Wir sehen uns hier durch die vorgelegte Verwaltungsreform auch bestätigt. In weiten Teilen folgt die Regierung dem von uns vorgeschlagenen Ideenkatalog. Fast alle von uns angesprochenen Behörden sind in die jetzige Reform integriert. Das spricht auch für die Analyse, die unsere Kollegen in der Fraktion hier geleistet haben. Auch wenn die Schnittmenge, meine Damen und Herren, zum Konzept der CDUFraktion erheblich ist, können wir uns weitergehende Maßnahmen vorstellen. So hätte man vor allem im Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums beherzter reformieren können. Einer derjenigen, die stets am lautesten nach Reformen gerufen haben, hat sich hier der Mitarbeit bei der Neustrukturierung, ich möchte es so formulieren, faktisch verweigert, und das leider, Herr Kultusminister.
diese die fünf Schulämter zu integrieren. Die zentralen Aufgaben der Schulämter können so gebündelt werden und vor Ort könnten die Aufgaben verbleiben, die in der Fläche zu erfüllen sind. Die Verwaltungsreform, meine Damen und Herren, ist ein Projekt, das viele betreffen wird. Frühzeitige Partizipation ist daher ein hohes Gut. Jede Reform erzeugt Spannungen und Widerstände. Umso mehr ist die Landesregierung aufgefordert - und die Ministerpräsidentin ist bereits darauf eingegangen -, die Bürgerinnen und Bürger aber auch vor allen Dingen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mitzunehmen. Die Mitarbeiter sind der Trumpf, so möchte ich es als Altenburger in der Sprache des Skats sagen, sie entscheiden mit ihrer Einstellung darüber, ob eine Reform gelingt. Deshalb noch einmal, nehmen Sie die Mitarbeiter mit und da haben auch wir als Abgeordnete eine hohe Verantwortung.
Meine Damen und Herren, eine wirkungsvolle und nachhaltige Modernisierung wird dabei immer auch Risiken bergen, deshalb muss sie frühzeitig vermittelt und im Vollzug so ausgestaltet werden, dass die Betroffenen daran mitwirken können. Teilhabe ist also auch, einen Prozess zu gewährleisten, um eine dauerhafte Akzeptanz zu erzielen. Im Laufe der zügigen Umsetzung der Verwaltungsreform muss zugleich eine fortlaufende Optimierung neuer Strukturen erfolgen. Eine fortlaufende Aufgabenkritik darf dabei nicht nur ein Schlagwort sein. Auch für die Kommunen müssen wir die Aufgaben und Standards überprüfen, um sie davon zu entlasten. Und abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen unter Führung unserer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht in der nächsten Wahlperiode ein Landesorganisationsgesetz erarbeiten und beschließen, das die Struktur der Landesverwaltung festschreibt.
In Artikel 90 Satz 2 unserer Thüringer Verfassung heißt es, ich zitiere: „Aufbau, räumliche Gliederung und Zuständigkeiten werden auf Grund eines Gesetzes geregelt.“
Meine Damen und Herren, die wesentlichen Entscheidungen gehören in das Parlament. Wir wollen diese Reform mit Leben erfüllen, weil wir wissen, wie dieses Land auch künftig gut regiert wird. Packen wir es an! Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Gumprecht, Sie hatten eine Zwischenfrage, jetzt Anschlussfrage von Herrn Eckardt gestattet. Bitte.
Herr Gumprecht, können Sie mir vielleicht das Umdenken in Ihrer Fraktion erklären? Als im Bildungsministerium die Schulämter reformiert worden sind auf fünf Schulämter, hat Ihre Fraktion noch massiv acht Schulämter gefordert. Jetzt wollen Sie, dass es ein Schulamt im Landesverwaltungsamt gibt, und das in relativ kurzer Zeit. Nun würde mich einmal interessieren, wo dieser neue Erkenntnisprozess herkommt.
Herr Eckardt, dieses steht schon seit Juli vorigen Jahres in unserem Leitbild. Wir sind diejenigen, die auch flexibel damit umgehen können. Wir müssen uns darauf einstellen.
Vielleicht hätten Sie einmal nachlesen sollen. Ich rege alle an, gerade diese Leitvorstellungen zu lesen. Wir haben sie sehr ausführlich und offen diskutiert, leider haben Sie es erst heute mitbekommen - leider.
Danke schön. Wir setzen die Aussprache fort und das Wort hat der Abgeordnete Höhn von der SPDFraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Frau Lieberknecht, zunächst möchte ich Ihnen auch danken. Ich möchte Ihnen danken für Ihren Mut, Ihren persönlichen Mut, eine Regierungserklärung zum Thema Verwaltungsreform heute hier dem Parlament zu präsentieren.
das klingt seriös, vielleicht auch für manchen nach dem großen Wurf. Sie haben formuliert in Ihren Ausführungen: Es ist kein Reförmchen, es ist keine große Reform, es wäre die richtige Reform für Thüringen. Wissen Sie, woran mich das erinnert? Das erinnert mich an die Zwerge, die in der tiefstehenden Sonne stehen und sich recken,
die werfen für den Moment auch ziemlich lange Schatten. Das Problem ist nur, wenn die Sonne tief steht, geht sie bald unter und dann ist es vorbei mit der Pracht der Zwerge. Ganz offen gestanden, liebe Frau Lieberknecht, so ähnlich sehe ich, so ähnlich sehen wir als SPD-Fraktion die Wirkungen dieser Reform.
Das, was Sie heute hier präsentieren, meist richtige Schritte - auf die Kritikpunkte komme ich noch zu sprechen -, bringt kurzfristige Effekte, aber der ganzen Reform, meine Damen und Herren, fehlt eines nach unserer Auffassung: eine echte Nachhaltigkeit, weil wichtige Reformschritte nur unzureichend gestaltet sind - Beispiel, Kollege Kuschel hat darauf verwiesen, ich komme auch noch darauf zu sprechen, die Rolle des Landesverwaltungsamtes, also der Mittelbehörde, in dem Konstrukt der Landesverwaltung - und - das ist für uns, glaube ich, der viel wichtigere, der entscheidendere Punkt - weil wichtige Reformschritte ganz und gar fehlen, siehe eine echte Funktional- und Gebietsreform.
Meine Damen und Herren, liebe Frau Ministerpräsidentin, wenn ich vorhin Ihren persönlichen Mut gelobt habe - das meine ich im Übrigen wirklich ehrlich -, diese Regierungserklärung heute hier zu halten trotz, wie soll ich sagen, offenkundiger Unzulänglichkeiten, so beklage ich doch in aller Deutlichkeit Ihren fehlenden politischen Mut, eine Reform aus einem Guss auf Nachhaltigkeit für die nächsten zwei bis drei Generationen ausgelegt hier vorzulegen.
Es ist - anders kann ich es nicht formulieren - der kleinste gemeinsame Nenner innerhalb der Landesregierung. Nur deshalb, meine Damen und Herren, weil wir als SPD der Auffassung sind,
Herr Kollege Adams, mit dem klaren Verweis auf a) Unzulänglichkeiten und b) auf das, was wir uns in der Zukunft weiterhin vorstellen.