Protokoll der Sitzung vom 22.11.2013

Die Grünen versuchen den Bürgern mit ihrem Antrag etwas zu verkaufen, und zwar dass es bei ihnen nur mit den Bürgern und dem Bürgerwillen geht. Das finde ich dann doch etwas heuchlerisch, zum einen, den Bürgerwillen hochzuhalten, dies aber nur zu wollen, wenn es um eine vorgefertigte und vorgefestigte Meinung geht.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch völliger Blöd- sinn.)

Das Problem, meine Damen und Herren, ist wahrscheinlich, dass Sie sich so sehr auf eine Gebietsreform fixieren,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass Sie das Wesentliche dabei aus den Augen verlieren. Bei der Frage der Effizienz geht es nicht um die Größe der Kommunen, sondern primär um effiziente, schlanke und funktionierende Verwaltungsstrukturen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie organisieren wir die mit drei Leuten?)

Hierfür braucht es - Sie können doch nachher reden, Sie müssen doch nicht die ganze Zeit dazwischenschreien, Herr Kollege

(Beifall FDP)

eine vollständige Aufgabenüberprüfung und eine Aufgabenkritik und wir brauchen eine verstärkte und das ist hier auch schon gesagt worden - interkommunale Zusammenarbeit, um die kommunale Ebene zu stärken. Wir brauchen, meine Damen und Herren, die Stärkung von ehrenamtlichem Engagement, um die gesellschaftlichen Werte zu erhalten. Das ist der richtige Weg und nicht die Ideologie von Großkreisen und Großgemeinden.

(Beifall FDP)

Eine Gebietsreform mit Gemeinden von 10.000 Einwohnern und Landkreisen von 150.000 bis 200.000 Einwohnern als Allheilmittel zu präsentieren, finde ich a) fragwürdig und b) am Leben vorbei. Sie sollten, wenn Sie die Gebietsreform wirklich wollen, aber auch so ehrlich zu den Bürgern sein und das auch so in den Antrag hineinschreiben. Erklären Sie bitte auch den Bürgern im ländlichen Raum, wie gut Ihre Gebietsreform ist und wie Sie damit das Ehrenamt stärken wollen. Das erinnert mich so ein bisschen an das sogenannte „blaue Wunder“, bei dem gewissermaßen erzählt wurde, dass es für ehrenamtliche Kommunalpolitiker interessanter sein muss, in großen Gebietskörperschaf

(Abg. Kuschel)

ten Verantwortung zu übernehmen, weil sie einfach über mehr Fläche und mehr Dinge zu entscheiden haben. Das verkennt, meine Damen und Herren, ausdrücklich das Engagement vieler ehrenamtlicher Kommunalpolitiker hier im Land Thüringen in den kleinen Gemeinden,

(Beifall FDP)

die sich hinstellen und Arbeit leisten, die in anderen Gemeinden nur Verwaltungen machen. Es reicht eben nicht, nur auf der A 4 unterwegs zu sein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Thüringen hat weitaus mehr zu bieten und auch vielschichtigere Probleme als das, was Sie zum Beispiel in Eisenach vorfinden.

(Beifall FDP)

So viel Courage haben Sie dann aber wahrscheinlich nicht, diese Probleme im ländlichen Raum ehrlich anzusprechen, dort, wo die Menschen Verantwortung für ihre Gemeinden übernehmen.

Die FDP-Fraktion tritt von Anfang an gegen Zwangszusammenschlüsse von Gemeinden und die von Ihnen geforderten Großkreise ein.

(Beifall FDP)

Dafür gibt es auch gute Gründe. Ich will es mal an einem Beispiel festmachen. Wenn wir die Kreisumlage in Thüringen mit der Kreisumlage von Ländern vergleichen, die eine Gebietsreform durchgeführt haben, kommen wir zu einem interessanten Ergebnis. In Thüringen ist die Kreisumlage kontinuierlich seit dem Jahr 2000 von 31,17 Prozent auf 39,13 Prozent im Jahr 2012 gestiegen. Dies ist ein Anstieg von insgesamt 7,96 Prozentpunkten bei ca. 95.000 Einwohnern durchschnittlich je Landkreis.

Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch auf eine Nachfrage durch den Abgeordneten Kuschel.

Nein. Herr Kuschel, hören Sie doch erst mal zu, dann ergibt sich das vielleicht. In Sachsen mit ca. 286.000 Einwohnern je Landkreis ist die Kreisumlage von 23,98 Prozent in 2000 auf 30,46 Prozent in 2012 gestiegen. Seit der Gebietsreform im Jahr 2008 in Sachsen ist diese Kreisumlage um 4 Prozent angestiegen. Das heißt, nach der Gebietsreform hat es einen deutlichen Knick nach oben beim Anstieg der Kreisumlage in Sachsen gegeben.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Sind die 14 Prozent besser als …)

Ja, die haben auch von einem niedrigeren Niveau angefangen, das ist richtig. In Sachsen-Anhalt - und jetzt machen wir weiter, Herr Kollege mit ca. 160.000 Einwohnern je Landkreis ist die Kreis

umlage von 35,42 im Jahr 2000 auf 44,94 im Jahr 2012 angestiegen. Trotz der Kreisgebietsreform 2007 ist also ein deutlicher Anstieg der Kreisumlage erfolgt, stärker als vorher, nämlich mit einem Anstieg von insgesamt 9,52 Prozent.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, diesen Zahlen kann ich nicht entnehmen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einwohnergröße eines Landkreises und der Wirtschaftlichkeit mit Blick auf Kreisumlagehebesätze gibt.

(Beifall FDP)

Auch in Flächenländern, in denen Kreisgebietsreformen durchgeführt wurden und somit höhere Einwohnerzahlen in den Landkreisen erreicht werden, konnte eine Steigerung der Kreisumlage nicht vermieden oder abgemildert werden, meine Damen und Herren. Ähnlich verhält sich das auch, wenn Sie sich mal die Statistiken über Kassenkredite und Personalkosten ansehen. Die Pro-Kopf-Kosten der Verwaltung sind statistisch gesehen in den größeren Gemeinden um deutliche Beträge größer als in kleinen Gemeinden - statistisch gesehen, es gibt da natürlich auch Ausreißer. Wenn ich mir ansehe, wie das etwa in meinem Nachbarlandkreis passiert ist, im Vogtlandkreis in Sachsen, da ist die kreisfreie Stadt Plauen eingekreist worden, die sehr erfolgreich Schulden abgebaut hat, als sie noch kreisfrei war. Nachdem die Stadt Plauen eingekreist war, war das Erste, was die Verwaltung festgestellt hat, jetzt brauchen wir ein neues Landratsamt, Kostenpunkt 28 Mio. €, Baukosten insgesamt 33,5 Mio. €. Effizienz, meine Damen und Herren, stelle ich mir anders vor

(Beifall FDP)

und verantwortungsbewusstes Haushalten nebenbei gesagt auch. Deswegen, meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, zeigen Sie mir bitte die Zahlen, die Ihre Behauptungen untermauern, denn mehr als Behauptungen habe ich bis jetzt von Ihnen noch nicht gehört. Weil Sie das wissen, verabschieden Sie sich klammheimlich - das kam heute hier auch raus - von dieser Behauptung der Effizienz, die Sie bislang sehr tapfer verteidigt hatten,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer denn?)

(Zwischenruf aus dem Hause)

der Kosten, Entschuldigung, von der Behauptung der Kosteneinsparungen, die Verwaltungsreformen mit sich bringen würden, und gehen davon aus, dass es nur eine größere Effizienz in der Verwaltung brächte, wenn man über große Gebiete große aufgeblasene Verwaltungen schafft.

Meine Damen und Herren, deswegen, denke ich, muss ich jetzt auch nicht noch sehr viel zu den Argumenten von Herrn Kuschel sagen. Die Aussage zu diesen Regionalkreisen erinnert mich so ein

bisschen an den Satz: Niemand hat die Absicht, größere Kreise zu schaffen.

(Beifall FDP)

Wenn ich die Diskussion zu dem Thema Identität höre: Sie haben sicherlich recht, wenn Sie auf die Kennzeichen abstellen und feststellen

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nicht sicher - ich habe recht.)

- das will ich Ihnen in diesem einen Punkt, Herr Kollege Kuschel, sehr gern zugestehen. Das ist ein Zeichen dafür, dass selbst die Reform von 94 bei vielen immer noch nicht angekommen ist und dass man da auch in den jetzigen Landkreisen immer noch Streitigkeiten hat zwischen Oberland und Unterland, zum Beispiel im Saale-Orla-Kreis usw. usf.

Lassen Sie uns also endlich aufhören, ständig eine neue Sau durch das Dorf zu treiben. Lassen Sie uns aufhören, ständig die Leute neu zu verunsichern, sondern lassen Sie uns dazu übergehen, dass wir die vorhandenen Verwaltungen weiter effizienter gestalten, und dazu kommen, dass Verwaltung in Thüringen auch thüringengerecht ist, meine Damen und Herren. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hey von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, um erst einmal mit einer Mär aufzuräumen, das liegt mir schon lange am Herzen, weil das vorhin auch von einer Vorrednerin, nämlich Frau Lehmann, wieder ins Spiel gebracht wurde. Da geht es um den Zuschnitt des ehrenamtlichen Engagements bzw. der Verhinderung des ehrenamtlichen Engagements beim Zuschnitt neuer Landkreise, wie das in anderen Bundesländern ist. Ich habe einmal eine interessante Fernsehdiskussion im Frühjahr, im Februar, glaube ich, im MDR gesehen, da hat Herr Voigt, Generalsekretär der Christlich Demokratischen Union hier in Thüringen auch gepoltert, man müsse sich einmal vorstellen, was das bedeuten würde für kleine Fußballvereine, deren Trainer, und das ehrenamtliche Engagement im Nachwuchsbereich, wenn man dann 120 km Anfahrtswege hätte oder 80 km, weil das alles aufgelöst würde.

Der Kreisfachausschuss und der Thüringer Fußballverband haben sich schon vor einiger Zeit geeinigt, die Regionalklassen im Kreis in Thüringen neu zu ordnen, und zwar gibt es mittlerweile …

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Die treten doch alle zurück beim KFA.)

Aha. Die treten alle zurück beim KFA, höre ich gerade. Sie meinen damit aber nicht den Kommunalen Finanzausgleich, sondern den Kreisfachausschuss.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will sagen, wie sich der Thüringer Fußballverband entschieden hat. Neun Regionalklassen gibt es noch und es ist beispielsweise jetzt so: Die zweite Mannschaft vom FSV Wacker fährt bis Unterbreizbach und das ist seit zwei oder anderthalb Fußballsaisons schon so und es ist nichts passiert. Also dass immer nur von der Tatsache her, dass da alles zusammenbrechen würde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war mir erst einmal wichtig und jetzt kommen wir einmal zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Mein Fraktionsvorsitzender hat mir vorhin noch einmal anempfohlen, hier vorn ruhig zu bleiben. Ich versuche, das auch die ganze Zeit durchzuhalten.