Matthias Hey
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Kosten und Ergebnisse des Beauftragten für den Unstrut-Hainich-Kreis
Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat mit Bescheid vom 16. Januar 2014 einen Beauftragten für den Unstrut-Hainich-Kreis bestellt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Kosten sind dem Unstrut-Hainich-Kreis durch die Bestellung des Beauftragten bisher in den einzelnen Monaten Januar bis Juni 2014 entstanden?
2. Hat der Beauftragte inzwischen ein Konzept vorgelegt, wie die finanziellen Probleme des UnstrutHainich-Kreises gelöst werden können? Wenn ja, was sind die konkreten darin vorgeschlagenen Maßnahmen?
3. Welche konkreten zeitlichen Vorgaben im Hinblick auf die Vorlage eines Konzeptes zur Lösung der finanziellen Probleme des Unstrut-Hainich-Kreises wurden dem Beauftragten bei dessen Bestellung oder danach vom Landesverwaltungsamt gemacht?
4. Lagen dem Beauftragten externe Gutachten zur Beurteilung der finanziellen Situation des UnstrutHainich-Kreises und die Lösung der Probleme vor und wenn ja, wie wurden diese beim Haushaltssicherungskonzept für den Landkreis berücksichtigt?
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen über den Verlauf und die Ergebnisse der Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses zu den nachfolgend genannten Gesetzentwürfen, dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Thüringer Gesetz zur Änderung des Landesrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft, in der Drucksache 5/7123, und dem Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften, in der Drucksache 5/7155, berichten.
Durch Beschlüsse des Landtags vom 23. Januar 2014 sind die beiden Gesetzentwürfe an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat zu den Gesetzentwürfen in seiner 73. Sitzung am 13. Februar 2014 die Durchführung einer schriftlichen Anhörung beschlossen. Für den Gesetzentwurf der Grünen, Thüringer Gesetz zur Änderung des Lan
desrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft, lehnte der Ausschuss die Durchführung einer Online-Anhörung mit den Stimmen der Koalition mehrheitlich ab. Der Ausschuss beschloss zu den Gesetzentwürfen eine umfangreiche Liste der Anzuhörenden gemäß dem Vorschlag der Fraktionen der CDU und SPD. Die Stellungnahmen der Anzuhörenden wurden bis zum 21.03.2014 erbeten.
Für den Thüringer Rechnungshof bot der in der Ausschuss-Sitzung anwesende Präsident Dr. Dette an, den Ausschussmitgliedern seinerseits Hinweise zuzuarbeiten, was der Ausschuss gern annahm.
Aufgrund der zahlreich eingegangenen Stellungnahmen der Anzuhörenden und deren Umfang bat der Haushalts- und Finanzausschuss in seiner 76. Sitzung am 3. April 2014 die Landtagsverwaltung, die zugesandten Antworten strukturiert aufzuarbeiten und den Ausschussmitgliedern in Form einer Synopse rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, um sie in der Ausschuss-Sitzung am 15. Mai 2014 diskutieren zu können. Die Erstellung der Synopse durch die Verwaltung erfolgte in der gewohnten Gründlichkeit und Qualität, so dass der Haushaltsund Finanzausschuss die Anhörungsergebnisse auf der Basis der Synopse in seiner 77. Sitzung am 15. Mai 2014 diskutieren konnte. An dieser Stelle den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung ein herzliches Dankeschön.
Wegen weiteren Beratungsbedarfs innerhalb der Koalition beantragten die Koalitionsfraktionen zu Beginn der 78. Sitzung eine Verschiebung der Beratung auf die 79. Ausschuss-Sitzung am 10. Juli 2014. An diesem Tag fand die abschließende Beratung zu beiden Gesetzentwürfen statt. Zum Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften lagen von den Fraktionen der CDU und SPD, von der Fraktion der FDP und der Fraktion DIE LINKE jeweils Anträge zur Beschlussempfehlung vor. Da eine Annahme des Antrags der FDP wegen dessen Kommunalrelevanz eine erneute Anhörung der kommunalen Spitzenverbände nach sich gezogen hätte, zog die FDP-Fraktion diesen Antrag zurück; auch dafür herzlichen Dank.
Die beiden Anträge der Fraktionen der CDU und SPD sowie der Fraktion DIE LINKE beinhalteten Regelungen für eine Besserstellung der Grund- und Förderschullehrer mit DDR-Abschluss. Beide Anträge unterschieden sich im zu begünstigenden Personenkreis und Zeitpunkt des Wirksamwerdens.
Im Antrag der Fraktionen der CDU und SPD waren zudem weitere, sich aus der Anhörung ergebende
formale Änderungen und Präzisierungen des Gesetzentwurfs der Landesregierung enthalten. Dieser Antrag wurde vom Haushaltsund Finanzausschuss mehrheitlich angenommen und ist somit in die Beschlussempfehlung des Ausschusses eingeflossen.
Folgende Beschlussempfehlungen gibt der Haushalts- und Finanzausschuss zu den in Rede stehenden Gesetzentwürfen: Der Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Thüringer Gesetz zur Änderung des Landesrechts aufgrund der bundesrechtlichen Einführung des Rechtsinstituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft, wird abgelehnt. Der Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zur Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften, wird mit den in der Beschlussempfehlung aufgeführten Änderungen angenommen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe eben erfahren, es ist halbe Redezeit, deswegen ganz kurz: Es ist ein guter Gesetzentwurf, stimmen Sie bitte zu. Vielen Dank.
Nein, so schnell natürlich nicht. Zunächst einmal, was mir schon bei der Debatte aufgefallen ist, als wir die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs hier im Hohen Hause hatten, das waren die Einlassungen der Opposition mit der teilweise verwunderten Bemerkung, dass wir diesen Gesetzentwurf in dieser Legislatur überhaupt noch anfassen. Ich glaube, es war der Kollege Kalich, der gesagt hat, er hat sich mit Interessenverbänden, unter anderem mit Gewerkschaftsverbänden, unterhalten. Die hatten alle schon mehr oder minder, soweit ich der Darstellung folgen konnte, den Glauben verloren, dass wir das überhaupt noch mit auf die Reise schicken können. Jetzt kann man sagen, was lange währt, wird endlich gut, wobei - ich weiß - die Meinungen natürlich auseinandergehen, ob das wirklich ein guter Gesetzentwurf ist. Darüber werden wir gleich diskutieren. Ich halte für meine Fraktion erst einmal fest, wir packen das Thema der Dienstrechtsreform in dieser Legislatur noch an. Das ist gut so. Es ist zwar recht spät, wir wissen, die Diskussion läuft schon seit 2012, aber es ist nicht zu spät.
Mit diesem Gesetz soll eine zukunftsorientierte Anpassung und Neuordnung des Beamtenrechts erfolgen. Das ist auch Zielstellung des Koalitionsvertrags gewesen, nämlich ein modernes und leistungsgerechtes Beamtenrecht. Das Kernstück dieses doch sehr umfangreichen Gesetzespakets war relativ schwierig durchzuarbeiten, mit vielen Quer
verweisen, also eine sehr komplexe Materie. Dieses Kernstück bildet das neu gefasste Thüringer Beamtengesetz sowie das in dieser Form neue Thüringer Laufbahngesetz, in dem die laufbahnrechtlichen Regelungen des Beamtengesetzes und der Laufbahnverordnung zusammengefasst sind.
Ich will einige Beispiele nennen, weshalb ich hier ganz kurz in meiner Anfangsreplik gesagt habe, guter Gesetzentwurf, bitte stimmen Sie zu. Wir haben derzeit sage und schreibe ca. 100 verschiedene Laufbahnvariationen in diesem Land, in diesem kleinen Land Thüringen - rund 100. Die sollen jetzt in diesem Gesetzentwurf zusammengefasst werden auf nur noch 11. Das, finde ich, ist schon bemerkenswert, 11 Fachrichtungen. Es gab bisher vier Laufbahngruppen, die Sie kennen. Nach Verabschiedung des Gesetzes werden noch drei verbleiben. Der einfache Dienst wird abgeschafft; es gibt dann noch den mittleren, gehobenen und höheren Dienst.
Ein Zugewinn aus unserer Sicht ist weiterhin die Umstellung der Höchstaltersgrenzen für die Einstellungen in den Vorbereitungsdienst und in das Beamtenverhältnis auf Probe. Jetzt nämlich 20 Jahre vor Eintritt in den Ruhestand, also kann ein Bediensteter noch mit 47 Jahren Beamter werden, soweit für ihn diese Regelung, mit 67 in den Ruhestand, gilt. Da gibt es unterschiedliche Variationen; 20 Jahre zuvor, wann immer bei ihm diese Ruhestandsregelung eintritt, das muss man sich merken. Der Vorteil ist aus unserer Sicht, wir können auf mehr Berufserfahrung zurückgreifen und tragen damit im Übrigen auch den geänderten Erwerbsbiografien Rechnung, die es mittlerweile in unserer Gesellschaft gibt. Man ist eben mit 43, mit 44, mit 45 Jahren noch nicht das „alte Eisen“, das beispielsweise nicht mehr in das Beamtenverhältnis aufgenommen werden soll. Dem trägt dieser Gesetzentwurf Rechnung.
Wir haben zudem ein ganz heißes Eisen angefasst, und zwar aufgrund der Vorfälle in Thüringen in den letzten Monaten - es war auch notwendig -, nämlich die Frage der Versorgung politischer Beamter bei Versetzung in den Ruhestand. Das will ich jetzt nicht alles wieder diskutieren und aufwärmen; wir haben genügend davon in der Presse und in den Medien gelesen. Die Anrechnungsregelungen bei politischen Beamten im einstweiligen Ruhestand im Falle einer neuen Erwerbstätigkeit werden nämlich eindeutig verschärft, Sie können es alle nachlesen. Jetzt gilt erstens, wenn ein ehemaliger politischer Beamter nach einer Ruhestandsversetzung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt - der ist dann quasi in den Ruhestand entlassen und macht nun etwas Neues -, dann wird das Einkommen zukünftig voll auf das Ruhegehalt angerechnet. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob das eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst ist. Bislang war es nämlich so, es erfolgte immer eine An
rechnung des Einkommens zumindest im Bereich der Privatwirtschaft zur Hälfte. Das entfällt jetzt. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt: Die sogenannte Mindestbelassung in Höhe von 20 Prozent des Ruhegehalts wird unabhängig von der Höhe des Erwerbseinkommens entfallen. Bislang war es so, 20 Prozent wurden sowieso immer mindestens belassen, egal wie hoch das war. Auch das ist jetzt geändert.
Sie sehen, meine Damen und Herren von der Opposition, es war insofern ganz gut, dass es mit diesem Gesetzentwurf so lange gedauert hat, denn wer weiß, ob man diese Regelung auch derart konsequent angepackt hätte, wenn wir schon 2012 darüber gesprochen hätten. Das ist jetzt ein wenig Spekulation von mir, aber es ist durchaus anzunehmen, dass die aktuellen Beispiele dazu geführt haben, dass der Gesetzentwurf jetzt so vorliegt, wie er vorliegt. Um mit einem russischen Sprichwort zu reden: „Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch sein Gutes hätte.“
Für uns weiterhin erwähnenswert ist: Es gibt Verbesserungen bei der Familienpflegezeit, bessere Bedingungen bei Inanspruchnahme des Sabbatjahres, die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung im Vorbereitungsdienst. Das alles sind positive Aspekte, die man herausheben kann, aus unserer Sicht auch herausheben muss.
Ich will an dieser Stelle noch einmal für den Änderungsantrag von CDU und SPD argumentieren, der in die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu diesem Gesetzentwurf eingeflossen ist; er liegt Ihnen auch vor. Hier regeln wir die Ermächtigung zur Festsetzung der regelmäßig zu erbringenden Unterrichtsstunden für die verbeamteten Lehrer. Sie werden natürlich meine Bitte für eine Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, glaube ich, kaum noch verweigern können. Sie mögen sagen, das ist nicht der große Wurf oder nicht das, was man unter einer allumfassenden Dienstrechtsreform versteht; auch das war hier im Plenum bei der ersten Lesung des Gesetzes hin und wieder angeklungen. Aber nun muss ich auch einmal kritisch sagen, die Zahl der Änderungsanträge seitens anderer Parteien, nämlich die der Opposition, belegt auch - es waren nämlich nicht sehr viele -, dass es wohl zu keiner ganz so unerträglichen Rechtslage für die Bediensteten des Freistaats kommt, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt. Das wollen wir heute vollziehen.
Deswegen werbe ich noch einmal für die Unterstützung dieses Gesetzentwurfs. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mal nicht ganz so hart umgehen mit dem Antrag der Bündnisgrünen, die im Übrigen das will ich gleich vorausschicken - als Allerletzte etwas dafür können, dass wir heute erst hier im Hohen Hause diesen Antrag behandeln können, auch wenn er schon von Februar ist. Sie kennen das ja, durch die Reihung der Tagesordnung ist auch dieser Antrag immer wieder weiter nach hinten gerutscht und, klar, möglicherweise im Verlauf der Monate - das ist ja nun auch schon eine ganze Weile her - gibt es ein paar neue Erkenntnisse. Dann hätte man sich - diese Kritik wird man sich anstelle der Bündnisgrünen vielleicht gefallen lassen können - auch überlegen können, ob man den Antrag vielleicht verifiziert oder zurückzieht. Aber dass er, wie gesagt, heute erst behandelt werden kann, das liegt einfach an der Natur der Sache, dass immer wieder andere Gesetzentwürfe und andere Dinge in den Tagesordnungen nach vorne gerückt sind, wir heute eben erst dazu kommen.
Die Bündnisgrünen stellen mit diesem Antrag vor allem eine Frage in den Raum. Wenn Sie vorhin, Herr Adams, gesagt haben, Sie wollen da mal eine kleine Genese machen, dann will ich das jetzt auch tun und mich mal auch Ihrem Antrag und der gesamten Thematik von einer etwas anderen Seite nähern. Nach alldem, was vorgefallen ist in den letzten Jahren in Bezug auf die Mord- und Verbrechensserie des NSU - darauf stellen Sie auch ab in der Begründung Ihres Antrags -, nach alldem haben wir mittlerweile feststellen müssen, und ich sage das auch gleich, wir haben sehr bestürzt feststellen müssen, dass die Ermittlungsbehörden zum Teil unrichtige Annahmen bei der Verfolgung von Straftaten gehabt haben, vor allem was das Motiv dieser Verbrechen betroffen hatte. Ich will das jetzt nicht alles wieder aufwärmen, das ist ein sehr weites Feld. Aber Sie kennen auch diese Schlagworte. Da wurde diese Mordserie - „Bosporus“ beispielsweise ist sie bezeichnet worden - noch schlimmer, man hat das einfach als „die Dönermorde“ abgetan. Wenn ich nur einfach mal die Fakten nehme: 2001 Süleyman Tasköprü, ein türkischer Geschäftsmann, ein Blumenhändler, der erschossen wurde, und dann ist irgendwann mal festgestellt worden - vielleicht weil es keine anderen Spuren gab -, er habe Freunde im Hamburger Rotlichtmilieu gehabt. Und schon wurde dieses Verbrechen dann auch in diese Ecke gestellt. Es war 2005 ein griechischer Ge
schäftsmann in München, der erschossen wurde, und da hat die Boulevardpresse damals getitelt „Die Türkenmafia schlägt wieder zu“. Das können Sie bei allen anderen Morden, die der NSU hier in der Bundesrepublik verübt hat, immer wieder sehen, dass man immer wieder auch von vollkommen falschen Annahmen über die Hintergründe dieser Taten ausgegangen ist. Weil das alles so war, stellt sich verständlicherweise die Frage: Gab es in der Vergangenheit vielleicht noch mehr Verbrechen, die vom Tatmotiv her falsch eingeordnet wurden, und gab es insoweit auch noch mehr politisch motivierte Kriminalität?
Dahin - so habe ich es verstanden - geht zumindest Ihr Antrag, in dem Sie sagen, die Landesregierung soll - wenn ich das jetzt hier noch explizit aufzähle die Altfälle von 1990 bis 2001 nochmals überprüfen bei einem bestimmten Raster an Verbrechensarten, das Sie hier angelegt haben. Mit Verlaub, ich zitiere, das wären dann also Straftaten bei rechter Motivation hinsichtlich der Straftaten gegen Leben und Freiheit einer Person unter Benutzung von Schusswaffen, Körperverletzung mit Todesfolge, Banküberfälle, Bombenund Sprengstoffdelikte, Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz. Sie sagen, die Landesregierung soll über die Innenministerkonferenz - das ist Punkt 3 Ihres Antrags - darauf hinwirken, dass das auch in anderen Bundesländern geschieht. Das ist sicherlich ein richtiger Gedanke, weil wir wissen, dass der NSU eben nicht nur in einem Bundesland Verbrechen begangen hat, sondern dass das Ganze hier fast wie ein bundesweites Netzwerk gewesen ist. Nun hat aber der Innenminister berichtet. Ich danke ihm auch für diesen ausführlichen Bericht, den er hier im Plenum abgegeben hat. Demnach ist es so - und das haben Sie sicher zur Kenntnis genommen, Herr Adams -, das ist exakt genau das, was Sie hier fordern, und das gibt es bereits. Es gibt dieses neu gegründete Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum, kurz GETZ, so hat man es abgekürzt, das prüft bundesweit in einer beispiellosen Art und Weise so etwas hat es in dieser Form der Aufarbeitung, glaube ich, auch im Aufklärungsbereich der Kriminal- und Polizeibehörden in der Bundesrepublik noch nicht gegeben - diese Altfälle. Das prüft man dann auch, indem man das mit den jeweiligen Landesbehörden abgleicht. Wir haben die Zahlen gehört, die Herr Geibert genannt hat, 3.300 Tötungsdelikte beispielsweise hat man jetzt noch einmal gefiltert oder ist gerade dabei, bei mehr als 700 wird momentan noch einmal genauer überprüft. Ich muss das auch noch einmal deutlich sagen - Herr Kellner hat es vorhin schon mal angesprochen -, das ist, Herr Adams, auch eine unglaubliche Mühewaltung. Wir sprechen immer über die personelle Ausstattung beispielsweise der Bundes- und der Landesbehörden, wenn es um Polizei- und Kriminaltechnik geht. Wenn man über einen so großen
Zeitraum hinaus auch diese Gesamtaltfälle noch einmal aufrollt, noch einmal die Akten ziehen muss, dann noch einmal recherchiert, ist das schon eine unglaubliche Leistung, aber die passiert momentan, wie gesagt, in einer großen und konzertierten Aktion. Sie sagen trotzdem, wir wollen den Antrag an den Innenausschuss zurücküberweisen, auch wenn - Frau König hat vorhin dankenswerterweise noch einmal darauf hingewiesen - das schon zweimal zumindest in der Thematik bei uns behandelt wurde, einmal im Dezember und einmal im April von unterschiedlichen Antragstellern. Sie sagen in Punkt 1 c, die Landesregierung soll aufgefordert werden, dem Landtag zu berichten, welche Strategien bestehen oder entwickelt werden, um in Zukunft Straftaten mit einer rechten Tatmotivation verlässlicher als bisher zu identifizieren. So steht das da drin. Ich glaube, Herr Adams, nach alldem, was vorgefallen ist - und das ist ein ganz einfacher, logischer Gedanke, den man hier nur weiterentwickeln und sicherlich auch gern noch diskutieren kann -, nach alldem, was vorgefallen ist in den letzten Jahren und was wir jetzt wissen, auch über diese Verbrechensserie, unter anderem auch des NSU, ist schon eine Sensibilisierung da. Also wenn sich so etwas in Zukunft in irgendeiner Form auch nur im Ansatz wiederholen würde, glaube ich, sind mittlerweile Landes- und Bundesbehörden so weit sensibilisiert, dass man sehr wohl gleich dieses Raster der Ermittlungen auf beispielsweise politisch motivierte Kriminalität lenkt. Insoweit, das muss man natürlich dann auch sagen, hätte sich dieser Punkt 1 c dann erübrigt, denn ich gehe davon aus, dass bei Verbrechen zukünftig eben genau da auch in diese Richtung ermittelt wird. Und das ist gut so, denn, das muss ich noch einmal sagen, dieser Antrag ist nicht einfach so vor sich hingestellt, er hat schon einen gewissen Sinn. Wenn man damals auch von der Ermittlungsbehörde anders reagiert hätte, könnte der eine oder andere von den Toten vielleicht heute noch am Leben sein. Das ist durchaus ein ernster Gedanke und ein ernster Ansatz, über den man diskutieren kann. Es zeigt aber auch - das hat der Innenminister hier dargelegt -, dass die Prüfung, diese konzertierte Aktion von den Bundesbehörden, abgestimmt mit den Landesbehörden, dieses nochmalige Aufrollen der Altfälle, im Moment noch andauert. Die Ergebnisse - auch das fordern Sie ja - soll die Landesregierung dann hier vorstellen. Da ist jetzt fraglich, in welchem Zeitraum das passiert. Ich gehe mal davon aus, dass das Ganze noch eine ganze Zeit dauern wird und dass wir wahrscheinlich dann auch erst im neu gewählten Thüringer Landtag darüber informiert werden, von dem ich übrigens, das noch einmal am Rande, hoffe, dass die Bündnisgrünen ihm auch noch angehören werden, wie ich im Übrigen die Zusammensetzung unseres Parlaments als gar keine so verkehrte finde, zumindest was die Parteienzugehörigkeit betrifft. Das ist mir allemal lieber als das,
was im Moment da vor den Türen steht und mit den Füßen scharrt und versucht, hier in den Landtag einzuziehen.
Das betrifft eindeutig auch die FDP, das muss ich deutlich sagen. Wenn ich mir da die Rattenfänger von der AfD angucke oder dann die Kollegen vom braunen Rand, die eigentlich eher mit der Toilettenbürste aus den Parlamenten gekehrt gehören.
Ich glaube, Ihr Antrag ist im Moment schon auf gutem Wege, Herr Adams. Wir werden ihn insoweit, weil das, was geschildert wurde, was Frau König vorgebracht hat, was Herr Kellner hier auch schon gesagt hat und was aus dem Sofortbericht des Innenministers hervorgeht, zeigt, genau diese Nachforschungen, dieses Wiederaufrollen, das Sie hier in diesem Antrag dankenswerterweise noch einmal thematisiert haben, genau das passiert im Moment schon. Jetzt können Sie sich überlegen, wenn vielleicht auch noch der Kollege von der FDP das eine oder andere zu dem Antrag sagt, ob Sie ihn nicht vielleicht doch zurückziehen und vor allen Dingen die nochmalige Überweisung an den Innenausschuss noch einmal überdenken. Die würde uns insoweit, auf den Punkt 1 c bin ich eben eingegangen, dann auch nicht mehr allzu viel bringen. Deswegen werden wir ihn jetzt auch ablehnen, wenn er insoweit von Ihnen noch in den Raum gestellt wird. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt hat Herr Barth begründet, was Anlass der FDP-Fraktion war, diese Aktuelle Stunde anzusetzen. Wir wissen also, die WestSpiel GmbH zieht sich zurück, es gab rückläufige Besucherzahlen und alle anderen Gründe, die den Betreiber legitimerweise dazu bewogen haben, Erfurt aufzugeben. Aber es ist immer ganz gut, den Titel der Aktuellen Stunde, das ist die Drucksache 5/7901, noch einmal genau zu lesen. Da heißt es: „Wie weiter mit der Spielbank Erfurt?“ und „Konsequenzen aus dem Rückzug des Spielbankbetreibers“. Wenn wir ganz hinten anfangen bei „Konsequenzen aus dem Rückzug des Spielbankbetreibers“, der möchte also in Erfurt dieses Geschäftsmodell nicht fortführen, ist es ganz einfach: Die Spielbank in Erfurt wird geschlossen. Punkt. Das wissen wir jetzt auch aus der Zeitung, Sie haben es vorhin schon so geschildert.
Nun hat das Kabinett - und man kann über die Landesregierung immer geteilter Meinung sein und die Opposition schimpft immer darüber und die Regierungskoalition findet das in der Regel immer ganz toll, was die Minister machen - entschieden, die Konzession für den Zeitraum nach dem 31.12.2014 fortzuführen, nicht mehr zu verlängern. Damit, muss ich sagen, endet ein mehr als zehnjähriges Trauerspiel für diesen Freistaat Thüringen.
Herr Barth, nehmen Sie es mir nicht übel, aber wir müssen hier auch mal wissen, worüber wir heute eigentlich reden. Wenn Sie mal eine richtige Spielbank sehen wollen, dann fahren Sie bitte nach Baden-Baden, fahren Sie nach Wiesbaden,
fahren Sie nach Bad Homburg. Es gibt Leute, die finden das schön, das ist ein mondäner Auftritt, da gibt es wie im Film diese großen Spieltische, wo man Roulette mit den Croupiers spielen kann, es gibt die Herren im Sakko und mit Fliege und Kra
watte und im Smoking, die Dame in der Abendgarderobe - das ist ja auch ein schönes Ambiente. Aber dann gehen Sie bitte einmal und kommen in der Realität an, Herr Barth, dann gehen Sie bitte einmal an den Theaterplatz 2 nach Erfurt. Da gibt es überhaupt keinen Roulettetisch. Es gibt ein elektronisches Roulette, es gibt ein paar einarmige Banditen. Wir reden hier über ein besseres Kasino, über eine bessere Spielhalle, darüber reden wir. Und wenn Sie das dann wissen, dann wissen Sie auch, was allein um diese Einrichtung in den letzten zehn Jahren hier in diesem Hohen Hause gestritten und debattiert und diskutiert wurde und wie viel Lebenszeit da draufgegangen ist, eigentlich, wie gesagt, für eine bessere Spielhalle. Mein Kollege Günter Pohl, 2004 hat er vor mehr als zehneinhalb Jahren als Fraktionär der SPD hier vorne gestanden und damals gesagt: Die Einrichtung einer Spielbank steht unter keinem guten Stern. Ich kann das nur unterstreichen, weil Sie das ganze Theater, Herr Barth, auch kennen, mit dem Untersuchungsausschuss, mit dieser damaligen Patronatserklärung, mit dem Zuschuss des Freistaats, 2,2 Mio. € hat das im Prinzip gekostet. Mal geradeso hat sich das gerechnet, Sie haben es eben im Prinzip mit dargestellt. Aber die Erwartungen an diese Spielhalle, die sind in keinem Fall erfüllt worden, weil man damals in einer Art von Großmannssucht in Erfurt auch mal ein bisschen Wiesbaden spielen wollte, auch mal ein bisschen Bad Homburg, und das hat nicht geklappt.
Deswegen bleibe ich dabei, das Kabinett hat eine sehr weise Entscheidung getroffen, denn schlussendlich, Herr Barth, ist es so: Damals wurde eine politische Entscheidung hier in diesem Hohen Hause getroffen, die keiner so richtig verstanden hat, mit Geld, das schon damals der Freistaat so gar nicht richtig besessen hat, für eine Spielbank, die eigentlich gar keine war, sondern nur ein besseres Kasino ist, das heute keiner mehr will. In diesem Sinne, denke ich, ist es gut, wenn sich am 31.12. dort zum letzten Mal die Türen öffnen, und wenn wir Silvester feiern, dann feiere ich mit Ihnen auch gerne mit, wie es sich als Sozialdemokrat gehört, auch mit einem Glas „Rotkäppchen“. Ich sage für die Spielbank „Rien ne va plus“, das ist gut so für uns beide, dann „Prost“. In diesem Sinne: Danke fürs Zuhören.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vielen Dank. Jetzt bin ich der erste Redner, das überrascht mich ein wenig.
Ich will Ihnen auch gleich sagen, warum. Wir behandeln hier ja eine Große Anfrage, die, wenn man sich das durchschaut, mal mit 177 Fragen gespickt ist, und selbst wenn ich auf jede einzelne Frage nur mit einer Minute eingehen würde, würde die Redezeit gar nicht ausreichen.
Schon in der Beantwortung durch das Thüringer Innenministerium ist das in - ich nenne das jetzt mal so - neun Themenkomplexe einklassifiziert worden, also von kommunaler Selbstverwaltung über Gebietsstrukturen, interkommunale Zusammenarbeit bis zur medizinischen Versorgung. Im Grunde ist diese Große Anfrage auch, zumindest was das statistische Material betrifft, sehr interessant. Es gibt da so ein paar Zahlen, die ich in der Form so auch noch nicht kannte und die sicherlich im Verlauf der Debatte noch eine Rolle spielen werden. Aber ich habe mich immer gefragt, wohin soll eigentlich, wenn jemand 177 Fragen stellt und die dann auch beantwortet bekommt, dann noch die Debatte gehen? Das kann ich im Moment noch nicht so klar erkennen, weil ich, wie gesagt, hier der erste Redner bin und leider nicht die Ausführungen von, ich nehme an, Herrn Kuschel, der zu diesem Thema reden wird, kenne. Aber vielleicht ist es so: Wir haben am Sonntag Kommunalwahlen und da will man eventuell, das muss ich jetzt mal so vermuten, ohne dass das in den Bereich der Unterstellung rücken soll, noch mal so das ganz große Rad drehen. Vielleicht will man auch mit so einer Großen Anfrage, zumindest was den kommunalen Bereich betrifft, noch mal so eine Art Bilanz ziehen oder auf bestimmte Schwerpunkte, auf die es politisch hier in diesem Hohen Hause in den letzten fünf Jahren ankam, hinweisen.
Ja, das werden wir dann sehen. Wie gesagt, ich kenne jetzt den Fortgang der Debatte noch nicht so genau.
Ich will aber gern, weil die Gelegenheit auch bei solch einer Großen Anfrage gegeben ist, mal auf den Zustand und die Situation der Kommunen eingehen, wie wir das sehen, also unsere Sichtweise, und damit - das ist vielleicht legitim, wenn man so eine Große Anfrage mit ihrer Beantwortung auf dem Tisch liegen hat - auch eine kleine Replik geben auf die letzten viereinhalb, fast fünf Jahre und was hier in Thüringen geschehen ist. Und dann können wir ja in die Diskussion einsteigen. Aber ein Teilbereich, der hier von Herrn Kuschel bzw. von der Fraktion DIE LINKE mit angesprochen wurde, war ja die Frage der kommunalen Strukturen und deren Neugliederungen. Da haben wir seit 2009 schon einen gewaltigen Ruck in der Neuordnung der gemeindlichen Struktur in Thüringen erlebt. Es gab insgesamt fünf Gesetzgebungsverfahren, bei denen diese Verwaltungsstruktur auf gemeindlicher Ebene sehr umfangreichen Anpassungen unterzogen wurde. An den Neugliederungsmaßnahmen waren im Übrigen, auch das ist ganz interessant, 298 Städte und Gemeinden beteiligt und dabei ist meist der Gestaltungswille vor Ort weitgehend berücksichtigt worden. Das ist so dieses Gemeinwohl, das immer auch in der Thüringer Kommunalordnung eine gewisse Rolle spielt, und auch der Wunsch bei solchen, ich sage mal sehr salopp, Hochzeiten, bei Gemeindefusionen, die da vonstatten gegangen sind. Am 31. Dezember, so vermeldet zumindest eine Antwort in dieser Großen Anfrage, am 31. Dezember 2013 gab es noch 849 Gemeinden hier in Thüringen. Die Gemeindeebene heute ist geprägt von 75 Verwaltungsgemeinschaften mit insgesamt 630 Mitgliedsgemeinden. Fast alle Verwaltungseinheiten - egal wohin wir schauen verfügen heute über mehr als 5.000 Einwohner. Das ist eine interessante Zahl, die uns immer mal auch in den Debatten hier im Landtag über den Weg gelaufen ist.
Sie haben kritisch nachgefragt in Ihrer Großen Anfrage nach den Bewertungen der Landesregierung zum Expertengutachten in Bezug auf die Funktional- und Gebietsreform. Es gibt zumindest mehrere Fragen, die sich mit diesem Komplex beschäftigen. Sie wissen, das ist nach wie vor auch ein Streitpunkt hier im Hause gewesen. Die Antworten - das nehme ich zumindest an -, die vom Innenministerium auf diese Große Anfrage an den Fragesteller gegeben worden sind, sind vielleicht zumindest aus Sicht der Linken nicht immer unbedingt befriedigend.
Die Diskussion, die uns vielleicht deswegen in diesem Hause auch gleich wieder einholen wird, ist:
Wie hältst du es mit der Funktional- und der Gebietsstrukturreform hier in Thüringen? Ich erinnere mich da an eine Begebenheit und ich glaube, man kann an dieser Stelle auch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern: Wir haben mal - das ist zwei, zweieinhalb, drei Jahre her - eine Gebietsstruktur angefasst in der Nähe von Altenburg, Sie erinnern sich vielleicht, Saara-Nobitz. Die haben sich auf den Weg gemacht, diese beiden Kommunen wollten heiraten und auf keinen Fall in irgendeiner Form später mal zu der Stadt, die vor ihren Toren der Gemeinde zu finden war, nämlich Altenburg, gehören. Deswegen gab es diesen Antrag und es gab sehr, sehr hitzige Diskussionen, weil Teile des Hauses hier gesagt haben, das legt sich quasi wie so ein Kragen um Altenburg und das ist für die weitere Fortentwicklung der Stadt Altenburg in zukünftiger Perspektive vielleicht nicht ganz so gut und ganz so positiv. Ich war mit meiner Fraktion damals zufällig zu einer Fraktionsklausur vor Ort, wo uns also Saaraer und Nobitzer eindringlich gebeten haben, um Gottes Willen dieser Gemeindefusion oder dieser Hochzeit zuzustimmen. Uns wurde gesagt, wenn das hier von der SPD in diesem Hause aufgehalten wird, dann werden sich gesamte Ortsverbände in Saara und Nobitz von den Sozialdemokraten lösen und dann würden wir schon sehen. Genau einen Tag später - wir hatten dann Gelegenheit, auch mit Altenburger Vertretern zu reden, haben die zu uns gesagt: Solchen Wahnsinn könnt ihr doch nie im Leben hier im Thüringer Parlament beschließen, ihr wisst, das ist genau vor unseren Toren der Stadt und wenn die sich zusammenschließen und wenn das so kommt, liebe SPD, dann werden in Altenburg so und so viele Leute ihr Parteibuch abgeben und nicht mehr zu den Sozialdemokraten gehören wollen.
Da sehen Sie, wie diffizil manchmal diese Diskussion vor Ort und natürlich auch mit uns als Vertreter hier im Parlament geführt wird. Deswegen haben wir immer gesagt und wir sagen es gern noch einmal: Es bedarf in der kommunalen Familie klarer Spielregeln. Die sind im Moment in der Thüringer Kommunalordnung nicht so klar gefasst, wie wir uns das wünschen würden, weil eben, wie gesagt, dieses öffentliche Wohl, dieses Gemeinwohl als einziges Merkmal bei einer Gemeindefusion immer wieder herangezogen wird. Das ist natürlich - das haben Sie in den letzten Wochen, Monaten und Jahren hier auch während des Gesetzgebungsverfahrens bestimmt festgestellt - immer sehr unterschiedlich. Was ist denn Gemeinwohl? Ist das Gemeinwohl beispielsweise der Stadt Altenburg gemeint oder der Saaraer und der Nobitzer? Da kann man sich trefflich darüber streiten. Ich will nur gleich sagen, wir haben mit diesen fünf neuen Gesetzesregelungen, die sich immer mit der gemeindlichen Struktur befasst haben, auch dafür gesorgt, dass zumindest in diesen Regionen Klarheit ist, und das hat natürlich wehgetan.
Ich will aber auch gleich sagen: Wenn Sie möglicherweise nachher in der Diskussion darauf abstellen, dass das alles unvollständig war oder die SPD da vielleicht zu schnell eingeknickt ist oder was auch immer, ich will Ihnen sagen, solche Diskussionen werden - egal welches Farbenspiel hier nach dem 14. September in diesem Hause vorherrschen wird - alle Parteien letzten Endes einholen, egal wo Sie vor Ort in kommunaler Verantwortung oder auch hier im Abgeordnetenhaus letzten Endes auch als Mandatsträger stehen werden. Sie werden immer solche Diskussionen haben wie wir beispielsweise in Saara-Nobitz und in Altenburg. Da zieht sich beispielsweise eine klare Linie, die Sie in Ihrem Parteiprogramm versuchen festzulegen, irgendwann vor Ort in eine Diskussion, die mitunter sehr, sehr schwierig werden kann. Das will ich gleich mal sagen, weil ich annehme, dass das heute vielleicht noch mal eine große Rolle spielen könnte.
Wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen besser zusammenarbeiten und ihre Aufgaben im Rahmen der interkommunalen Kooperation oder interkommunalen Zusammenarbeit effizienter wahrnehmen können. Es gibt jetzt in Thüringen dieses Zentrum für interkommunale Kooperation, das eingerichtet wurde. Finanzielle Hilfe in Höhe von 1 Mio. € zur Förderung dieser interkommunalen Zusammenarbeit ist dafür in Aussicht gestellt worden. Es ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, über die ist hier auch trefflich schon debattiert worden. Aber das ist eine weitere Möglichkeit, um diese kommunale Zusammenarbeit mit zu fördern. Mit diesen Maßnahmen, glaube ich, haben wir den Kommunen auch geholfen, zum Teil zumindest, ihre Gestaltungsfähigkeit zu sichern und neue Handlungsspielräume zu gewinnen.
Wir haben im Rahmen unserer Demografiepolitik, die in Thüringen auch eine immer größere Rolle spielt, den Kommunen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wir unterstützen Städte und Gemeinden, die vom Bevölkerungsverlust in einem besonderen Ausmaß betroffen sind, zum Beispiel nenne ich nur das Thema des kommunalen Hilfspakets, mit investiven Maßnahmen. Da haben wir in diesem Hilfspaket 35,6 Mio. € Finanzhilfen zur Verfügung gestellt.
Damit bin ich gleich bei einem der Themenkomplexe, die auch vom Fragesteller, von der Fraktion DIE LINKE, hier mit angepackt wurden. Es geht um die Kommunalfinanzierung an sich. Nun ist es so, das mag ein kommunales Thema sein, es ist im Moment zumindest auch durch die Ressortverteilung nicht mehr unbedingt ein innenpolitisches, weil das Ganze zum Finanzminister gewechselt ist. Aber wie das so ist, die kleinste Gruppe ist der Schizophrene. Ich bin nicht nur gleichzeitig kommunalpolitischer Sprecher meiner Fraktion, sondern auch noch Mitglied des Haushalts- und Finanzausschus
ses und habe das deswegen von beiden Seiten immer wieder mit verfolgen können. Es geht, wie gesagt, bei dieser Kommunalfinanzierung um die Gretchenfrage: Ist dieser Kommunale Finanzausgleich überhaupt bedarfsgerecht und kann er dem, was die Kommunen zur Bewältigung ihrer Aufgaben benötigen, um diese Aufgaben zu erfüllen, gerecht werden? Ich sage, auch wenn wir in den Zeitungen im Moment eine hitzige Debatte darüber haben, dieser Kommunale Finanzausgleich ist in der Tat, da muss man genau hinhören, besser als sein Ruf. Denn wir haben hier einen Paradigmenwechsel herbeigeführt, den die Koalition gemeinsam mitgetragen hat. Es ist jetzt also weg von einem System, das uns vorher auch so nicht gefallen hat. Da müssen wir uns als Parlamentarier tief in die Augen gucken, und zwar aller Couleur. Auch da hat es riesige Proteste gegeben bei der kommunalen Familie. Wir haben das geändert zu diesem atmenden System mit ein paar Planken, die dazwischen gezogen wurden. Wir haben, um diesen Paradigmenwechsel abfedern zu können, auch einen Ausgleichsmechanismus eingezogen. Natürlich muss man immer vor Ort schauen, da bin ich durchaus auch bei einigen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, die jetzt im Moment wieder darauf hinweisen, dass es zum Teil Unterfinanzierung gibt, aber man muss vor Ort auch genau schauen, wo denn beispielsweise die Brennpunkte in der kommunalen Familie sind. Wir haben zum Beispiel mit dem Kulturlastenausgleich, auch das ist eine Errungenschaft der letzten fünf Jahre hier in der Koalition, dafür gesorgt, dass in den Kommunen, in denen besondere kulturelle Aufgaben aufgrund der Tatsache, dass dort besonders große Schlösser oder Parkanlagen oder auch Orchester, also etwas, was zum kulturellen Erbe dieses Freistaats gehört, ansässig sind, dass die gesondert unterstützt werden müssen.
Wie unterschiedlich das mit diesem Kulturlastenausgleich in Thüringen bewertet wird, will ich an einer kleinen Geschichte mit kolportieren. Ich war von einem meiner Fraktionskollegen in diesem Ort östlich von Erfurt eingeladen, wo Goethe und Schiller eine Zeit lang gelebt haben. Dort habe ich an einer sehr interessanten Runde, einer Bürgerrunde teilgenommen, da waren interessierte Bürger vor Ort. Wir haben also diesen Kulturlastenausgleich vorgestellt. Ich habe den Bürgern dort gesagt, dass jetzt 9 Mio. € bereitgestellt werden, damit solche Städte und Gemeinden, die besondere kulturelle Aufgaben zu schultern haben, dadurch unterstützt werden. Da meldete sich in dieser Diskussion, und das fand ich hoch interessant, ein Bürger in Weimar - jetzt fällt es mir wieder ein, Weimar hieß der Ort - und sagte: Können Sie noch mal etwas sagen zu diesem Kulturausgleich, den Sie da eben vorgestellt haben? Da sagte ich, ja, das Land Thüringen stellt 9 Mio. € bereit und das fließt sogar in diese Orte. Dann sagte er, er möchte jetzt gern mal wissen oder können
Sie uns sagen, Herr Hey, wie sich denn diese 9 Mio. € auf die Weimarer Einrichtungen verteilen. Nur einmal so vom Selbstverständnis, was manche Leute an manchen Orten in Thüringen eben auch vom Geldausgeben so halten. Da habe ich ihm erklärt, das war eine große Verblüffung damals in dem Raum, nein, die 9 Mio. sind nicht nur für Weimar, die sind für das ganze Land. Das konnten die sich dort nicht vorstellen, weil 9 Mio., das ist in Weimar ja nicht allzu viel, das ist schon klar. Aber da sehen Sie, wie unterschiedlich auch das Handeln und das zähe Ringen um solche besonderen Leistungen, die wir auch verschlüsselt oder unverschlüsselt mit und ohne Kommunalen Finanzausgleich hier in diesem Hause mit beschließen, dann vor Ort gesehen werden. Das einmal nur so am Rande, denn das, fand ich, war für mich zumindest ein sehr prägendes Erlebnis, das ich an diesem Abend hatte.
Wir haben, auch das ist ein Teil Ihrer Anfrage der Fraktion DIE LINKE, mit einer Neuregelung des Gemeindewirtschaftsrechts die Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Unternehmen verbessert. Auch das ist hier in diesem Hause letzten Endes so verabschiedet worden. Das ist in der Thüringer Kommunalordnung festgezurrt worden, dass die Betätigung der Kommunen in den Bereichen Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmeversorgung, aber auch der Abfallentsorgung und der Abwasserbeseitigung, des öffentlichen Verkehrs einem öffentlichen Zweck dient. Diese Neuregelungen fördern die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, sie stärken ihre Leistungsfähigkeit und reduzieren die Abgabenlast der Bevölkerung. Die Kreditaufnahme - auch das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt -, die zum Zweck der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien erfolgen soll, die haben wir erleichtert und so auch die wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten der Kommunen im Bereich der erneuerbaren Energien erweitert. So könnte ich nun ein paar Beispiele bringen. Ich warte aber jetzt ab - und hebe mir ein bisschen von meiner Redezeit auf, es ist Donnerstag nach 19.00 Uhr und im Moment auch die Aufmerksamkeit ein bisschen heruntergepegelt -, was die Debatte jetzt bringt und was vor allem in diese Debatte vom Fragesteller auf die Antworten der 177 Fragen dann noch auf uns zukommt. Wenn ich meine, dass es notwendig ist, dann noch einmal vorn an das Pult zu gehen, sehen wir uns heute Abend noch einmal wieder. Ansonsten danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Drucksache 5/6556, nämlich dem Thüringer Gesetz zur Änderung von Vorschriften im Bereich des Rettungswesens und des Brand- und Katastrophenschutzes, ist zu sagen, dass - eingebracht in der Plenarberatung am 19.09. - die Überweisung mehrheitlich an den Innenausschuss beschlossen wurde, der am 11. Oktober mit der Beratung dieses Gesetzes begann und dort eine schriftliche Anhörung beschlossen hat. Der Tagesordnungspunkt zu diesem Gesetzentwurf der Landesregierung wurde dann mehrfach im Innenausschuss abgesetzt, weil bevorstehende Neuregelungen im europäischen Vergaberecht, nämlich die
Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie sowie die Konzessionsrichtlinie, die Auswirkungen auf die Gestaltung der Vergabevoraussetzungen für den Rettungsdienst haben können, noch ungeklärt waren. Zwischenzeitlich ist aber klar, dass europaweite Ausschreibungen nicht verpflichtend sind. Die Unklarheit, wer Kosten für die Weiterbildung der Rettungsassistenten zu den Notfallsanitätern trägt, war damit also ausgeräumt.
Bei der Ausschussberatung am 04.04.2014 wurde eine erneute schriftliche Anhörung beschlossen, weil aufgrund eines Änderungsantrags der CDU und SPD vorgesehen war, dass die Aufgabenträger zum Teil die Kosten für die Weiterbildung tragen. Insoweit wurde diese schriftliche Anhörung ausgewertet und in der Ausschuss-Sitzung am vergangenen Freitag eine, wie eben schon vom Präsidenten benannt, Drucksache 5/7788, nämlich die Beschlussempfehlung des Innenausschusses verteilt, die insoweit Ihnen auch vorliegt. So lief das bei uns im Innenausschuss. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen kurz vor dem Mittag - zumindest aus meiner Sicht - zu einem Schlagsahnehäubchen hier im Thüringer Landtag,
nämlich - das ist schon angesprochen worden und die Frau Berninger hat es in der Begründung zum Einbringen dieses Gesetzentwurfs noch einmal betont - zum „Gesetz zur Demokratisierung der Kommunalpolitik“. So blumig haben Sie das umschrieben, es klingt auch besser als „Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung“. Wie bitte?
Ja, ich umschreibe das als blumig. Ich komme gleich noch zu dem Titel. Wir haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt rund vierundeindreiviertel Jahre Legislatur hinter uns, da ist vieles geschehen auch im Bereich der Innenpolitik - für diesen Bereich spreche ich ja hier. Die Legislatur, wenn man es einmal personell nimmt, begann mit dem Innenminister - damals hieß er noch Huber, jetzt haben wir den Innenminister Geibert. Wir haben bei den Sachthemen sehr viel diskutiert über den Kommunalen Finanzausgleich, das Polizeiaufgabengesetz, das Polizeiordnungsgesetz hat eine Rolle gespielt, es gab sehr hitzige Debatten - Sie erinnern sich alle - über die Gemeindeneugliederungen, die wir hier im Plenum geführt haben. Ich erinnere auch an das - salopp gesagt, im Volksmund wird es immer noch so genannt - sogenannte Kampfhundegesetz, es gab streitbare Debatten über Kommunalabgaben. Also es war einiges los in der Innenpolitik, wenn ich das mal als kleine Replik der letzten Jahre ziehen darf. Aber drei Monate, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor der Sommerpause hat die Linke nun Folgendes entdeckt: Die Kommunalpolitik muss demokratisiert werden.
Ich glaube, darauf haben wir hier im Landtag nur gewartet, dass endlich die Demokratie einzieht
in die Kommunalpolitik, Tausende Stadt- und Gemeinderäte haben dem entgegengefiebert.
Am Anfang der Legislatur hat man zu mir gesagt, Herr Hey, seien Sie immer vorsichtig, verwenden Sie keine Ironie hier vorn am Podium. Aber in dem Falle kann ich es mir doch nicht verkneifen, weil ich die Frage einfach einmal stellen muss und vielleicht kann sie Herr Kuschel, der nachher sicherlich auch zu diesem Gesetzentwurf hier vorn Stellung nehmen wird, vielleicht kann sie Herr Kuschel uns allen beantworten und ich bitte sehr darum: Wann ist Ihnen das denn alles eingefallen?
Und warum so spät? Das interessiert mich auch. Der Titel ist aus meiner Sicht heraus jedenfalls irreführend „Gesetz zur Demokratisierung der Kommunalpolitik“. Wer da ein wenig unbeleckt ist, wird sich wundern und meinen, ist die Kommunalpolitik in Thüringen vielleicht gar nicht demokratisch. Deswegen allgemein erst einmal vorab, unsere Kommunalverfassung ist nicht so gut, als dass sie nicht noch besser gemacht werden könnte - das ist unbestritten -,
aber, Herr Kuschel, bevor Sie hier trommeln wie ein Duracell-Äffchen, sie ist auch besser als ihr Ruf,
weil unsere Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel in die Entscheidungsprozesse direkt mit eingebunden werden. Das ist beispielsweise bei der Wahl ihrer Repräsentanten so, wenn es um die Landräte geht, wenn es um die Bürgermeister geht. Wir haben jetzt am 25. Mai wieder die Wahlen zu den Kreistagen, zu den Stadt- und Gemeinderäten. Da entscheidet der Bürger direkt über die Zusammensetzung des jeweiligen Rates. Das kann, wie gesagt, in der Gemeinde sein, das kann im Kreistag sein, das geht hin bis zu Bürgerentscheiden. Auch das ist in Thüringen möglich. Bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden gibt es - meine Vorrednerin Frau Holbe ist dankenswerterweise schon darauf eingegangen -, so ein Ranking, ich habe das einmal nach hier vorn mitgebracht: das ist das Volksentscheid-Ranking von Mehr Demokratie. Ich habe Ihnen das einmal mitgebracht, Herr Kuschel. Ich stelle es auch gerne zur Verfügung, es ist noch relativ neu, das Ranking von 2013. Interessant ist, man höre und staune: In Bezug auf die gesetzlichen Regelungen der direkten Demokratie auf Kommunalebene belegt Thüringen nach diesem Ranking sogar Platz 2. So, bitte.
Ja, Sie wollen Platz 1, Herr Kuschel. Aber es ist doch auch schon mal schön, wenn Thüringen auf Platz 2 ist, denke ich mir. Also, es kann um die di
rekte Demokratie in unserer Kommunalpolitik so schlimm nicht bestellt sein.
Jetzt kommen wir aber zum Gesetzentwurf, um den dreht es sich ja heute und es lohnt sich durchaus, einzelne Regelungen hier genauer anzusehen. Jetzt ist von meinem Vorredner, das will ich jetzt nicht alles wiederholen, schon einiges gesagt worden, beispielsweise was das Verfahren innerhalb der Gemeinderäte und einzelne Regelungen, die das betreffen, hier angeht. Aber ich habe zum Beispiel ein Zitat - Sie gestatten, Frau Präsidentin? -; in der Nummer 2, also auf Seite 2 des Gesetzentwurfs steht: „Bei der Aufgabenübertragung durch Gesetz nach § 2 Abs. 3 Satz 1 und § 3 ist in einem durch Rechtsverordnung des für das Kommunalrecht zuständigen Ministeriums zu regelnden Beteiligungsverfahren das Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden herzustellen. Dies schließt die Kostenerstattung der Aufgabenübertragung ein. Die Rechtsverordnung bedarf der Zustimmung des Landtages.“ So steht es bei Ihnen im Gesetzentwurf drin. Das heißt übersetzt, wenn das Land Aufgaben übertragen möchte, geht das nur noch, wenn die Kommune dazu nickt. Es soll also ein Beteiligungsverfahren geben, Sie schlagen das hier so vor, das koordiniert dann alles, in dem Falle, habe ich es wohl richtig verstanden, das Innenministerium. Die Kostenerstattung wird dann auch noch geregelt. Das wird jetzt schon mal schwierig, Herr Kuschel, weil Sie wissen, Kostenerstattung, einen Großteil regelt das Thüringer Finanzministerium über den Kommunalen Finanzausgleich, weil das ein Hauptteil des Geldflusses ist, der in die Kommunen fließt und wenn die Kommunen dann nur mal angenommen mit einer horizontalen Kopfbewegung antworten, also wenn die sagen, nein, das wollen wir nicht, dann bleibt die Aufgabe also, wenn wir nach Ihrem Gesetzentwurf gehen, einfach so beim Land.
Sie schreiben in Ihrer Begründung, das sei eine regelgerechte Auslegung des Konnexitätsprinzips. Ich habe das sehr genau verfolgt. Wie Sie sehen, es lohnt sich immer mal, in dem Gesetzentwurf zu schmökern, aber ich sage Ihnen,
das Konnexitätsprinzip wird erweitert. Die eigentliche Form des Verständnisses des Konnexitätsprinzips, das seit Jahren hier in Thüringen herrscht, dass nämlich das Geld den Aufgaben folgen soll, wird jetzt erweitert, indem Sie sagen, nicht nur das Geld soll den Aufgaben folgen, sondern auch die Zustimmung der Gemeinden. Ich sage Ihnen, das wird im Zweifelsfall relativ schwierig werden, wenn die Kommunen beispielsweise - mag das verständlich sein oder nicht - gar keine Lust haben, so eine
Aufgabe zu übernehmen. Also das ist eine relativ schwierige Geschichte. In der Nummer 4 Ihres Gesetzentwurfs - Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich zitiere? - in Absatz 3 wird der Satz 5 wie folgt neu formuliert: „Ein Bürgerbegehren über Abgaben oder privatrechtliche Entgelte der Gemeinde muss einen Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahmen enthalten.“ So steht das da drin. Ich stelle mir das relativ lustig vor, Herr Kuschel. Wenn Sie den Abgabenvorbehalt in dieser Form aus dem kommunalen Gesetz streichen wollen, dann heißt das, die Bürger können auf eigene Ideen kommen, wie sie die Abgabenlast verringern oder wegfallen lassen können, und sie können eigene Vorschläge bringen. Sie können nicht nur, sie müssen sogar. So steht es da drin.
Jetzt frage ich mich aber - und vielleicht haben Sie nachher noch Gelegenheit, uns alle aus dieser Unwissenheit zu entlassen -, wie soll dieses Verfahren denn eigentlich aussehen?
Also sagt der Bürger dann, ich stelle mir das so vor - ich freue mich auf Ihre Erklärung, Herr Kuschel, es ist immer so -, wenn der also sagt, diese Abgabe soll entfallen, wir fassen mal zusammen, Abgaben können Steuern, Gebühren und Beiträge sein, wenn der also sagt, das passt mir alles nicht, ich soll hier Hundesteuer zahlen, das finde ich ungerecht, was auch immer, oder die Straßenausbaubeiträge, das ist auch ein ganz beliebtes Thema hier im Plenum. Jetzt sagt der Bürger, nein, das will ich nicht, und er soll einen Gegenvorschlag bringen, er muss es sogar laut Ihrem Gesetz. Er muss.
So, dann sagt der - weiß ich nicht, wie ich mir das vorzustellen habe -, er hat in den Haushaltsplan reingeguckt, die Stadt will doch da ein neues Sportzentrum bauen. Das Geld könne man sich sparen, das soll also zur Tilgung dieser Abgabenlast ruhig mit eingesetzt werden. Oder er sagt - das ist auch die Folklore immer mal bei dem ein oder anderen -, die Verwaltungskosten in dieser Stadt sind viel zu hoch, sollen die doch lieber in der Stadtverwaltung ein paar Arbeitsstellen abbauen, damit da Geld gespart wird. In der Regel sind das meist die Leute vom Ordnungsamt, weil Politessen sowieso keiner gern hat. Das also soll alles hier in Thüringen vonstatten gehen. Ich kann hier nicht auf alle Einzelregelungen eingehen, die ich, wie gesagt, mit hochgezogenen Augenbrauen und sehr, sehr skeptisch sehe; auf das ein oder andere sind auch meine Vorredner bereits eingegangen. Sie haben auf Seite 15 im Prinzip das gesamte Konvolut für uns alle
noch einmal durch diese Anstriche zusammengefasst.
Bessere Übersicht, da bin ich Ihnen auch sehr dankbar. Das ist von geradezu betörender Süße, dass man da nicht alles immer nur nachblättern muss, es reicht auch ein Blick auf diese Seite, aber das sind im Ganzen 50 Änderungen, wenn ich richtig gezählt habe, also so roundabout, da würde meine Redezeit gar nicht ausreichen, um auf jedes Einzelne einzugehen. Was mir fehlt, das will ich gleich noch abschließend sagen, ist hin und wieder auch mal eine genauere Stellungnahme zum Kostenverweis. Sie schreiben auf Seite 1, Zitat: „Es entstehen den Kommunen Mehrausgaben durch die gesetzliche Verpflichtung der finanziellen Mindestausstattung kommunaler Fraktionen und durch die im Gesetz enthaltene Kostenerstattungsregelung bei Bürgerbegehren in freier Sammlung.“ Sie haben bei dem § 17 Abs. 6 einen neuen Absatz vor, den Sie einfügen möchten - Frau Präsidentin, Sie gestatten, dass ich wieder zitiere? -: „Neben der Bekanntmachung hat die Gemeinde spätestens 22 Tage vor dem Tag der Abstimmung jedem Haushalt Informationsmaterial über den Bürgerentscheid zukommen zu lassen. Das Informationsmaterial beinhaltet, soweit dies von den Betreffenden jeweils gewünscht wird, neben Angaben zur Abstimmung jeweils eine Stellungnahme der Antragsteller zum Alternativvorschlag und eine Stellungnahme des Gemeinderats zu dem zur Entscheidung stehenden Bürgerbegehren.“ So steht das da drin.
Jetzt frage ich mich, Herr Kuschel, das werden Sie nachher vielleicht auch noch begründen können, wer soll dieses Infomaterial in den Stadtverwaltungen erstellen? Die Kommunen sollen es selbstverständlich machen, sie sollen auch das Benehmen mit dem Antragsteller herstellen, dass das auch alles stimmt, was da 22 Tage vor diesem Bürgerentscheid
- das Benehmen, ja. Um das redaktionell richtig hinzubringen, wäre es wahrscheinlich gut, Kontakt zu dieser Bürgerinitiative zu halten und hin und wieder auch Gespräche zu führen. Ist ja klar, in den Stadtverwaltungen, die langweilen sich alle und freuen sich dann auf diese Mehraufgaben. Die müssen Druckvorlagen erstellen, die müssen das Ganze, wie gesagt, drucken lassen. Das sind auch Mehrkosten für die Kommunen, Herr Kuschel, das muss man ganz deutlich so sagen. Sie haben es zwar etwas mokant bei den finanziellen Auswirkungen so ein bisschen mit untergemischt in diesen schönen Blumenstrauß aus 50 Einzelregelungen, aber das muss auch jedem klar sein, wenn er denn in diese
Kommunalgesetzgebung so eingreift, dass das eben zum Teil eine relativ teure, arbeitsaufwendige Sache werden kann. Da sind wir uns, glaube ich, alle einig.
Ich denke, wir sollten diesen Gesetzentwurf mit den Experten in der kommunalen Familie diskutieren, das sind nun mal die Spitzenverbände. Ich bin im Übrigen sehr gespannt, wenn wir die im Innenausschuss - ich plädiere auch dafür, diesen Gesetzentwurf zu überweisen - anhören, was die zu diesen Einzelregelungen sagen werden. Es wird wahrscheinlich mehr oder minder sehr viel Kritik hageln, aber dem wollen wir uns, wie gesagt, nicht entziehen. Deswegen plädiere auch ich dafür, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss abzugeben und dort weiter zu beraten. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Kuschel, das kostet was.
Das klären wir noch. Ich bin beauftragt, die Berichterstattung kurz und knapp über das Thüringer Gesetz zur Bekämpfung von Korruption oder Thüringer Antikorruptionsgesetz hier zu vollziehen. Es ist ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der vorliegenden Drucksache 5/6717, die im Innenausschuss behandelt wurde. Wir hatten uns auf eine schriftliche Anhörung verständigt, die sicherlich auch im Fortgang der heutigen Plenarsitzung zu diesem Tagesordnungspunkt noch eine inhaltliche Rolle spielen wird. Dazu liegt Ihnen eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 5/7391 vor, die wir hier in dieser zweiten Beratung mit berücksichtigen sollten und in dieser Beschlussempfehlung, das werden Sie sehen, wird anempfohlen, diesen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE abzulehnen. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema „Zwangsvollstreckung“ hat uns nach Überweisung dieses Gesetzentwurfs auch im Innenausschuss beschäftigt. Wir gehen davon aus, und das muss man der Fraktion DIE LINKE als Einbringer dieses Gesetzentwurfs zugestehen, es ist nicht ohne Grund geschehen. Uns hat am Ende des vergangenen Jahres die finanzielle Ausstattung der kommunalen Familie beschäftigt, darüber hinaus noch bis Ende Februar hinein, kann man sagen. Es wurde hin und wieder auch kolportiert, dass es Gemeinden gibt, die aufgrund ihrer finanziellen Lage in eine Situation kommen können, die unter Umständen eine Zwangsvollstreckung nach sich ziehen könnte. Das wäre ein Vorgang, auch darüber ist hier, nicht nur im Innenausschuss, auch im Plenum, schon diskutiert worden, der in der Bundesrepublik Deutschland einzigartig wäre. Herr Adams, ich glaube, es war nicht nur der Gemeinde- und Städtebund Thüringen, sondern es gibt sogar ein Schreiben des bundesweit agierenden Gemeinde- und Städtebundes, die hier auch ihre Sorge ausgedrückt haben, der uns Ende vergangenen Jahres dann noch mit zur Kenntnis gegeben wurde, weil das, wie gesagt, ein
Vorgang ist, der für Unruhe in der kommunalen Familie sorgt.
Wir haben im Innenausschuss nun die Spitzenverbände angehört. Sowohl Landkreistag als auch der Gemeinde- und Städtebund lehnen den Gesetzentwurf der Linken so, wie er zumindest hier vorgebracht wurde, ab. Die Begründungen dazu sind natürlich etwas unterschiedlich, darauf möchte ich gleich eingehen. Es heißt bei der Begründung des Gesetzentwurfs des Antragstellers, also des Einbringers, der Linken - Frau Präsidentin, mit Verlaub, ich zitiere: „Die Landkreise sind die untere Rechtsaufsichtsbehörde, welche die Haushalte der Gemeinden würdigen oder genehmigen. Insofern haben diese auch Möglichkeiten und Mittel, der Zahlungsunfähigkeit von Gemeinden entgegenzuwirken.“ So steht es sowohl im Problemaufriss des Gesetzentwurfs als auch hinten in der Begründung.
Das sieht der Landkreistag in seiner Stellungnahme ausdrücklich sehr differenziert, nämlich anders. Die Stellungnahme, die uns zur Kenntnis gegeben wurde, sagt nämlich, Sie können das nachlesen: Die Kommunalaufsichten können einer Zahlungsunfähigkeit nicht entgegenwirken. Sie prüfen in der Regel auch im Nachgang. Das ist kein geeignetes Instrument, der Herr Adams hat vorhin das Wort des Verschiebebahnhofs geprägt, das ist vielleicht in dem Fall gar nicht mal unangebracht, dass man sagt, nun sind die Kommunalaufsichten plötzlich dafür zuständig, dass Kommunen immer finanziell sattelfest sind. Der Landkreistag sagt auch - und das finde ich sehr interessant -, die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung soll doch bitte sehr als letzte Variante - in der Stellungnahme ist von der Ultima Ratio die Rede - noch bestehen bleiben, weil das eben mit Nachdruck, ich sage jetzt einmal sehr salopp, eine Art Folterwerkzeug ist, das aufgezeigt werden kann, um die Zahlungsmoral der Kommunen aufrechtzuerhalten. Der Gemeinde- und Städtebund sagt nun, wir finden das mit dem Gesetzentwurf auch nicht so gut, denn wir als Gemeinde- und Städtebund sagen, der § 69 Abs. 2 ist keine Ermächtigungsgrundlage für Zwangsvollstreckung. Eine solche Ermächtigungsgrundlage ergibt sich nach der Auffassung der Stellungnahme des Gemeindeund Städtebundes nämlich aus dem Thüringer Verwaltungszustellungsund Vollstreckungsgesetz. § 69 Abs. 2 ThürKO ist eher, so ist es zumindest in der Stellungnahme nachzulesen, eine Art Schutzvorschrift, durch die die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung sogar eingeschränkt werden soll. Das ist also auch eine interessante rechtliche Auslegung. Wenn nun die Fraktion DIE LINKE mit diesem Gesetzentwurf diesen § 69 Abs. 2 streicht, so ist es hier auch vorgetragen worden, dann würde diese Einschränkung wegfallen. Der Gemeindeund Städtebund sagt dann, wenn man überhaupt erreichen will, dass Zwangsvollstreckungen von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen wegfallen sollen,
dann muss ein ausdrückliches Verbot ins Gesetz, nämlich das Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz müsste dann im Prinzip auch gleich mit geändert werden.
Was hat DIE LINKE dann aufgrund dieser Anhörung gemacht? Sie hat einen Änderungsantrag, der genau diese Forderung des Gemeinde- und Städtebunds aufgenommen hat, mit in den Innenausschuss gebracht, er liegt Ihnen vor, Sie können ihn nachlesen. Aber, wie es vorhin auch schon Frau Holbe gesagt hat, man muss die Gründe betrachten, weshalb zwangsvollstreckt werden soll. Das können sehr unterschiedliche Gründe sein. Nehmen wir einmal an, das ist jetzt fiktiv, aber es gibt eine Kommune, die will nicht zahlen. Das ist wie so ein kleines gallisches Dorf. Das ist jetzt von mir, sagen wir einmal, so ein bisschen konstruiert, aber...
Na ja, ich habe schon viel erlebt auch bei den Sitzungen des Gemeinde- und Städtebundes
oder bei den Jahreshauptversammlungen, dass da Leute mit Galgen und mit Stricken und letzte Hemden ausziehen und alles solche Symbolpolitik. Also, nehmen wir an, es gäbe so etwas, eine Kommune sagt, ich zahle jetzt nicht mehr, keine Kreisumlage, fertig.
Sehen Sie und jetzt kommt meine Strafe, weil er mich vorhin als Berichterstatter hier vorgeschickt hat, ich sage Nein.
Dann ist es gut.
Herr Gentzel hat schon gesagt, als Sie mir anboten, ich hätte jetzt einen Wunsch frei, dass eine deutliche Sektlaune im Ausschuss zu verspüren wäre.
Aber das habe ich jetzt verwirkt, zumal mir im Moment auch nicht nach Sekt ist. Das liegt aber daran, ich habe heute zum Equal Pay Day bei einer Aktion mitgemacht, da gab es kleine Petit Fours von den Grünen, die sahen sehr lecker aus, aber die waren so furchtbar süß.
Alle die sie gegessen haben, sagen, sie müssen immer so aufstoßen davon.
Die SPD hatte Butterkekse, die waren sehr, sehr gut, die waren einfach, mit einem leicht buttrigen Nachgeschmack.
Aber ich wollte das auch mal klären.
Also wir nehmen an, es gibt so eine Kommune wie ein kleines gallisches Dorf, die sagt, nein, jetzt zahle ich nicht. Dann gäbe es - und das ist jetzt rechtlich sehr interessant - als letztes rechtsaufsichtliches Mittel, wenn man das auf die Spitze treiben würde, das Mittel der Ersatzvornahme. Die Rechtsaufsichtsbehörde müsste dann quasi selbst zahlen. Also jetzt hätte die einen Erstattungsanspruch gegen die Kommune - jetzt kommt Ihr Gesetzentwurf und dann würde das nicht mehr gehen, also bleibt dann der Freistaat quasi auf seinen Kosten sitzen. Da beißt sich sprichwörtlich, wie gesagt, die Katze in den Schwanz, falls die Kommune nicht zahlen kann - Sie haben ja die Stellungnahme des Landkreistags gelesen -, würde sich dann alles Weitere ergeben. Wenn wir übrigens heute Ihrem Gesetzentwurf zustimmen würden, kämen wir - auch das ist bereits kolportiert worden - mit dem Bundesgesetz in Konflikt. Denn es gibt eine bundesgesetzliche Verwaltungsgerichtsordnung, die die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen mit regelt, und die würde im Zweifelsfall sogar das Landesrecht brechen. Der Minister hat das im Übrigen auch schon im Ausschuss ausgeführt und ich gehe davon aus, dass er das gleich hier im Hohen Hause zum Abschluss noch einmal tun wird.
Im Grunde - und das hat Herr Adams noch einmal sehr treffend geschildert - ist es zwar verständlich, dass ein solcher Gesetzentwurf hier Eingang in das Hohe Haus gefunden hat, aber er sagt auch, der Herr Adams - und da gebe ich ihm recht -, der Ansatz dieses Gesetzentwurfs geht eigentlich fehl. Er ist nicht unbedingt falsch, aber er wirkt nicht an den Grundsätzen. Es geht um die eigentliche Frage, wieso Kommunen generell in solche finanziellen Nöte gekommen sind,
aber auch da haben Sie ausgeführt - und da bin ich Ihnen dankbar -, das sind ganz unterschiedliche. Man kann nicht immer - heute ist der Finanzminister zumindest bei dieser Debatte nicht anwesend immer nur auf die kommunale Finanzausstattung abzielen und sagen, die würde also generell nicht ausreichen. Ganz so schlecht ist der Kommunale Finanzausgleich nach seiner Neustrukturierung in Thüringen ja auch nicht. Aber da geht dieser Gesetzentwurf fehl, weil er diese grundlegenden Ursachen gar nicht richtig anpackt. Auch deswegen wird meine Fraktion diesen Gesetzentwurf genauso wie im Innenausschuss hier im Plenum ablehnen. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist seit einigen Tagen bei uns Abgeordneten. Wir hatten ihn auch im Postfach, da ist er gelandet, sehr umfangreich, ich habe ihn einfach mal mitgebracht, manchmal nicht leicht zu lesen. Früher waren manchmal Gesetze wie Belletristik, aber hier ist es immer schwierig, weil dann auf andere rechtliche Teilbereiche abgestellt wird und dieser Gesetzentwurf auch eine ganz Reihe von gesetzlichen Bestimmungen regelt, die da mit einmal angepackt werden. Ich will jetzt nicht alles, was meine Vorredner bereits hier angesprochen haben an bestimmten Schwerpunkten und auch da, wo Probleme gesehen werden, noch einmal aufgreifen, weil ich selbst merke, dass in dieser hoch aufgeladenen und spannungsreichen, emotionalen Debatte der eine
oder andere doch schon auf die Uhr schaut und merkt, es ist Mittagszeit.
Ich will aber mal auf die positiven Veränderungen eingehen, die hier in diesem Gesetzentwurf mit geregelt sind. Es ist richtig, es kam eben ein Zwischenruf, ich bin von Haus aus Beamter, und deswegen interessiert mich natürlich diese rechtliche Regelung ganz besonders. Um bei den positiven Sachen zu bleiben, es geht hier auch um eine Einführung einer sogenannten Familienpflegezeit in § 64 des Thüringer Beamtengesetzes, die analog wie bei den Arbeitnehmern gehandelt werden soll. Wir haben eine Erweiterung der Ausschreibungspflicht in § 3 des Laufbahngesetzes, eine Reduzierung der Laufbahn in § 9 des Laufbahngesetzes auf 11 Laufbahnen, damit verbunden eine Erleichterung auch des Laufbahnwechsels, das finden Sie in § 45 dieser gesetzlichen Regelung. Es geht um eine grundsätzliche Anerkennung der in anderen Bundesländern oder beim Bund erworbenen Laufbahnbefähigung in § 24 des Laufbahngesetzes, die Einführung eines sogenannten Praxisaufstiegs in § 43 und die Erleichterung des Aufstiegs insgesamt, es geht um eine Verpflichtung der Dienststellen zur Erstellung von Personalentwicklungskonzepten. Das ist in § 47 dieses Laufbahngesetzes mit verankert. Sie wissen, es soll eine Neuregelung bei der Versorgung politischer Beamter geben, wenn sie aus dem Dienst scheiden. Es gab in der Vergangenheit den einen oder anderen Vorfall, der uns auch hier im Hohen Hause beschäftigt hat. Das alles, wie gesagt - meine Vorredner haben es bereits schon angesprochen -, soll auch aus unserer Sicht heraus nun im Innenausschuss besprochen und diskutiert werden. Es wird sicherlich dann eine Anhörung geben. Darüber werden wir uns in unserem Innenausschuss verständigen. Insoweit schließe ich mich dieser Antragstellung an und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kuschel, ich bin ganz überrascht, was für ein Stimmungskonfetti Sie heute an Weiberfastnacht hier in die Runde geworfen haben. Wir haben uns heute hier in diesem Stuhlkreis zusammengefunden, um vor allen Dingen über einen Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 zu sprechen und meine Vorrednerin, Frau Holbe, ist dankenswerterweise genauso wie der Kollege von der FDP schon darauf eingegangen. Aber Frau Präsidentin, mit Verlaub, ich möchte noch einmal zitieren, was heute auch Gegenstand der Plenardebatte ist. In diesem Urteil heißt es: „Das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verlangt Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können.“ Und weiter: „Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits, und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.“ So steht das da drin.
Das Entstehen der Beitragspflicht hier in Thüringen ist vor allen Dingen an zwei Voraussetzungen gebunden: Nummer 1, an das Entstehen der sogenannten Vorteilslage und zweitens an eine wirksame Satzung. Das ist manchmal zugegebenermaßen in Thüringen nicht immer der Fall. Das ist ein Problem, nicht nur in diesem Bundesland, aber wir sprechen jetzt über Thüringer Recht. Eine wirksame Satzung ist also eine Beitragsentstehungsvoraussetzung und der Eintritt einer Festsetzungsverjährung, wie es immer wieder auch hier in dieser Debatte kolportiert wurde, führt generell zum Erlöschen der Ansprüche aus der Beitragsforderung. Ich komme nachher noch mal darauf zurück, dass das auch durchaus ein Problem sein kann.
Bisher gibt es in Thüringen zwei Regelungen: Erstens, die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und zweitens, in den Fällen, in denen eine ungültige Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt wird, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die gültige Satzung beschlossen wurde. Wenn man diesen Satz richtig übersetzt, dann war es in der Vergangenheit immer so - genau deswegen haben auch die Richter des Bundesverfassungsgerichts jetzt, glaube ich, eine klare Regelung schaffen wollen -, dass das Ganze, wenn beispielsweise so eine Satzung im Nachgang für ungültig erklärt wurde, rechtlich, ich sage mal, geheilt wurde und dann wieder vier Jahre Zeit waren, um neue Festsetzungen möglich zu machen und das Ganze eigentlich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Herr Kuschel, Sie haben recht, das ist natürlich rechtlich gesehen nicht nur unsauber, das ist für den Bürger auch eine rechtliche Unsicherheit, die so in dieser Form gar nicht mehr tragbar war. Das vor allen Dingen auch deswegen, weil der Bürger überhaupt nicht wusste, wann er denn nun endgültig nicht mehr zu einer Zahlung herangezogen werden konnte. Das hing immer davon ab, wird
denn nun diese Satzung irgendwann vielleicht doch mal angefochten und für ungültig erklärt und dann gehen wieder die vier Jahre los usw. und so fort. Jetzt weiß ich aber nicht, Herr Kuschel, bei Ihrem sehr engagierten Vortrag, ich weiß nicht, ob Sie das sowohl den Bürgern heute Morgen bei der Veranstaltung - ich muss mich entschuldigen, ich war etwas zu spät, sonst wäre ich mit dazugekommen erläutert haben oder in vielen Ihrer Veranstaltungen, die Sie landauf, landab auch mit Bürgerinitiativen, mit besorgten Bürgern machen und ob Sie es auch der Familie Geiersbach, die dort oben auf der Tribüne Platz genommen hat, schon mal erörtert haben. Die jetzt getroffene Regelung, Herr Kuschel, schafft für den Bürger eine eindeutige Klarheit darüber, wann er nicht mehr zu Abgaben herangezogen werden kann. Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Vielleicht kommt der eine oder andere bei Ihnen nicht so richtig damit zurecht. Aber die neue Regelung sieht vor, es bleibt bei einer einheitlichen Festsetzungsfrist von vier Jahren - erstens - und zweitens für den Fall, dass eine ungültige Satzung durch eine gültige ersetzt wird, das haben wir in Thüringen hin und wieder, beginnt die Festsetzungsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abgabeschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre. Das ist schon mal ein ganz großer Unterschied, ein sehr, sehr entscheidender. Das wird verbunden mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 12 Jahre, weil eigentlich diese Regelung, die ich eben vorgestellt habe, auch ein Nachteil für den Aufgabenträger und eben auch zum Beispiel die Kommune sein kann. Es ist nämlich auch ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, denn dadurch werden Einnahmemöglichkeiten eingeschränkt, weil es sein könnte, dass dieser Zeitpunkt des Eintritts der Ungültigkeit der Satzung bereits nach diesen vier Jahren liegt, die ich eben versucht habe hier noch einmal klarzumachen.
Nun zu den 30 Jahren, die hier auch ins Gespräch gebracht wurden, also diese Frist mit dem Jahr 2021 oder ab 1991 gerechnet, also diese drei Jahrzehnte voran bis 2021. Mit § 21 a Abs. 12 wird eine Übergangsregelung geschaffen, die dafür sorgen soll, dass eine Festsetzungsverjährung in keinem Fall vor dem 31. Dezember 2021 eintreten kann und damit orientiert sich der Gesetzgeber an der im öffentlichen Recht anerkannten absoluten Verjährungshöchstfrist, und die beträgt nun einmal 30 Jahre. Die ist in dem Falle also ausgeschöpft worden. Jetzt haben Sie viel gemutmaßt, Herr Kuschel, dass Herr Fiedler eventuell von seiner Fraktion sogar in die Kur geschickt worden wäre oder dass seine Fraktion nicht in der Lage wäre, wenn er nicht da wäre, inhaltliche Arbeit zu leisten. Aber gehen Sie davon aus - wie es in der CDU-Fraktion
war, weiß ich nicht -, dass wir uns auch in der SPD und schlussendlich natürlich auch in der Koalition sehr, sehr lange über diesen 30-Jahreszeitraum unterhalten haben und darüber sehr, sehr hart auch diskutiert wurde. Sie wissen, dass sowohl Herr Fiedler als auch ich damals bei der ersten Lesung hier im Plenum schon unsere Zweifel hatten, weil wir gesagt haben, na ja, 2021, relativ weit hin, kann man denn auch unter der Maßgabe der Verbraucher, die da auch einen gewissen Schutz brauchen, vielleicht fünf Jahre zurückgehen, also diese Frist auf 25 Jahre verkürzen. Die Länge der getroffenen Festsetzungsfrist berücksichtigt ja die hohe Fehleranfälligkeit der Satzungen. Es gibt immer wieder Mängel bei Gründung der Verbände; das ist ja auch immer wieder gerichtsanhängig. Außerdem wird, wenn wir diese Regelung jetzt in dieser Form so in diesem Gesetzentwurf festschreiben und dann später dies auch geltendes Recht in Thüringen wird, auch eine gleichmäßige Behandlung der Abgabenschuldner gewährleistet, denn die Frage, die eigentliche Frage, Herr Kuschel, die haben Sie heute hier genauso wie Herr Bergner versucht zu vermeiden. Aber vielleicht, weil bei Ihnen noch Redezeit übrig ist, kommen Sie dazu noch mal hier vorne ans Mikrofon, um uns das einmal zu erläutern.
Die entscheidende Frage bei der ganzen Geschichte ist: Wer sichert die finanziellen Risiken ab, die dann entstehen, wenn die Kostenforderungen nicht beglichen werden durch diesen Fristablauf oder einen Fristablauf? Das muss man doch einmal offen ansprechen dürfen. Bei kürzeren Fristen, also wenn wir sagen, wir machen das jetzt von 30 - sagen wir einmal - auf 25 Jahre, dann entstehen erhebliche finanzielle Risiken eben auch beispielsweise für diese Maßnahmeträger, eben auch für die Kommunen. Sie haben vorhin den Innenminister mehr oder minder so ein bisschen mokant von der Seite her - ja, Sie haben ihm gesagt, er müsse eigentlich mit gesenktem Haupt und nur noch im Dunkeln durch die Kommunen gehen, wenn er diesen Gesetzentwurf hier in diesem Land vorstellt. Dann sagen Sie doch bitte einmal, wenn Sie hier als Anwalt der Kommunen - da treten Sie auch immer sehr gern auf -, wenn Sie als Interessenvertreter der Maßnahmeträger und der Bürgerinitiativen, wenn Sie hier vorne stehen, sagen Sie uns doch bitte einmal, wenn, wie Frau Holbe es bereits vorhin schon dargestellt hat, nach einer Kleinen Anfrage meines Kollegen Fiedler - dem ich an dieser Stelle auch noch einmal gute Besserung wünsche -,
wenn also im Moment festgestellt wurde, dass mehr als 700 Fälle immer noch anhängig sind, und Sie kennen die Verfahrensabläufe vor Thüringer Gerichten, das dauert mitunter Jahre, und wir um
fünf Jahre von 2021 zurückgehen auf 2016, das ist politisch schon übermorgen, das ist in zwei Jahren, dann sagen Sie uns doch einmal, wer soll dann diese Einnahmeausfälle - eben der Maßnahmeträger und damit auch der Kommunen - in irgendeiner Art und Weise kompensieren? Wer soll das tun? Das Land Thüringen? Das habe ich hier nicht gehört. Wollen wir noch einen Sonderfonds einrichten? Nur zu mit den Ideen, Herr Kuschel, da bin ich sehr, sehr gespannt. Dieses Thema haben Sie versucht vollständig zu vermeiden.
Ja.
Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ganz kurze Antwort.
Nein, das wird sonst ein Zwiegespräch. Ich weiß, worauf er hinaus will. Herr Kuschel, das Grundprinzip, das ich vorhin auch aus Ihrer Rede entnommen habe, war ja auch folgendes, und das ist das, was mich so ein wenig in Harnisch bringt, selbst am heutigen Tage: Da Sie hin und wieder sehr mokant immer wieder - dem Hey vor allen Dingen - vorwerfen, er habe verfassungsrechtliche Bedenken und deswegen spielt er das zur Seite zurück, heute kommen Sie mit verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn es beispielsweise um diese Frist von 12 Jahren der Rückwirkung der Festsetzungsverjährung
geht, dann erheben Sie diese verfassungsrechtlichen Bedenken. Und dann sagen Sie, wenn ich mich zurückziehe auf die Aussagen eines Richtergremiums des Oberverwaltungsgerichts aus diesem Ort, wo Goethe und Schiller mal eine Zeit lang gelebt haben, dann sagen Sie, das wäre ja wohl eine ganz schwache Kür, wenn man diesen juristischen Rat, der damals auch in der öffentlichen Anhörung an uns gegeben wurde, und dem wir im Übrigen, Frau Holbe hat es gesagt, gefolgt sind, in einen Änderungsantrag der Koalition noch mit eingebracht haben, dass man sich dahinter verstecken würde. Ich bin kein Verfassungsrechtler, Herr Kuschel. Das sind Sie genauso wenig. Das zeigt uns auch, dass Sie mit einer Idee der Beitrags- und Gebührenfinanzierung, die Sie schon mal hier in diesem Plenum versucht haben anzusprechen und wo es schon mal eine ziemlich große Debatte gegeben hat, auch eine sehr hitzige, da sind Sie damals auch gescheitert. Ich sage Ihnen noch mal, bei alldem, was ich in den letzten Wochen und Monaten verfolgen konnte, wenn Sie mir vorwerfen, ich würde mich hinter Urteilen oder Beurteilungen von Richtern verstecken, ich glaube schon, dass die Leute, die bei uns auch in der öffentlichen Anhörung und genauso in der Möglichkeit, Sie haben ja schriftlich dann auch noch was nachgereicht, dass das, was dort dargestellt wurde, aus meiner Sicht heraus schon rechtlich fundiert ist. Und wenn es ein verfassungsrechtliches Bedenken oder ein Risiko gegeben hätte, dann hätten wir mit hundertprozentiger Sicherheit, daran glaube ich sehr wohl, auch in diesem Ausschuss davon Kenntnis bekommen. Das sehe ich eben nicht und deswegen werbe ich sehr für diesen Gesetzentwurf mit der - Frau Holbe hat das schon gemacht - vorgeschlagenen Änderung, die seitens der Koalition hier mit eingeflossen ist, und deswegen werden wir sowohl die Änderungsanträge der FDP und der Linken als auch das Begehr, das Ganze noch einmal im Ausschuss zu diskutieren, heute ablehnen. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, vielen Dank. Herr Bergner, Sie haben gemerkt, mit Ihrem Redebeitrag ist es Ihnen zumindest gelungen, bei den Abgeordneten der FDP-Fraktion dieses Haus in ein Feuchtbiotop zu verwandeln.
Ich vertrete auch die Auffassung des Herrn Bergner, dass das nicht unbedingt ein Gesetzentwurf ist, der ausdrücklich dafür geeignet ist, eine feurige Parlamentsdebatte hier zu entfachen. Aber Änderungen von Verwaltungsverfahren, das klingt zwar auf der einen Seite nicht sehr aufregend, aber Sie haben gemerkt - und Herr Bergner hat es ja hier auch bereits angesprochen -, es ist schon eine interessante Geschichte, wenn man in dieses Gesetz mal hineinsieht und weiß, es ist ein Bundesgesetz, dem die Länder dann Folge zu leisten haben und aufgrund der Anpassung ihrer rechtlichen Voraussetzungen zum Beispiel in diesen Planungsverfahren - wir haben ja jetzt viel gehört auch von Stuttgart 21 usw., usf., die Fragen der Bürgerbeteiligung und den Zeitpunkt der Bürgerbeteiligung, die Beteiligung von Interessenverbänden mit zu regeln.
Das ist in der Tat etwas, was bei großen Vorhaben immer wieder zu politischen Auseinandersetzungen führt. Ich finde es sehr gut und auch sehr richtig, wenn wir hier moderne Regelungen vorsehen, die Bürgerbeteiligung früher im Gesamtprozess ansetzen und die Verbände auch stärker in diesen Prozess mit einbeziehen und ihre Rechte ausbauen. Das ist alles ein sinnvoller Ansatz, es ist viel jetzt schon gesagt worden auch von meiner Vorrednerin, Frau Holbe, zu den einzelnen Änderungsanträgen, die uns zu diesem Gesetzentwurf hier erreicht hatten und die im Innenausschuss auch diskutiert wurden. Das will ich aufgrund der sehr anspruchsvollen Tagesordnung, die wir in den nächsten anderthalb Tagen noch vor uns haben, jetzt nicht auch noch mal unbedingt wiederholen.
Wir haben als Koalition eine Änderung zum vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht, die zurückgeht auf eine Anregung des Gemeinde- und Städtebundes. Auch das ist dankenswerterweise von Frau Holbe hier noch einmal erläutert worden. Es geht um den § 33 Abs. 7. Da ist es so, dass eine Sollvorschrift bei Fertigung einer elektronischen Abschrift auf Verlangen des Bürgers bei einer Behörde besteht. Um unverhältnismäßig hohen Aufwand zu vermeiden auf der einen Seite und das Begehren des Bürgers auf der anderen Seite nicht zu vernachlässigen, haben wir also diesen vom Gemeinde- und Städtebund hier eingebrachten, im schriftlichen Verfahren noch einmal vorgetragenen - Änderungsvorschlag aufgenommen. Die neue Formulierung - Sie haben es bereits in Ihren Unterlagen nachverfolgen können - wird dann also lauten: „Jede Behörde soll von Urkunden, die sie selbst ausgestellt hat, auf Verlangen, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wurde und durch das Verlangen kein unverhältnismäßiger Aufwand entsteht, ein elektronisches Dokument nach Absatz 4 Nr. 4 Buchst. a oder eine elektronische Abschrift fertigen und beglaubigen.“ Das ist wie gesagt aus unserer Sicht heraus ein guter Kompromiss, der hier in diesen Gesetzentwurf und in diese neue juristische Regelung, die - wie gesagt - vom Bund angeregt, in den Ländern umzusetzen ist, Einfluss gefunden hat.
Deswegen darf ich sehr für diesen Gesetzentwurf werben mit der vorgestellten Änderung, alle weiteren lehne ich für meine Fraktion ab. Ich freue mich weiterhin auf eine spannende Debatte zu diesem Gesetz. Ich danke Ihnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, vielen Dank. Herr Barth ist gespannt, Frau Rothe-Beinlich auch.
Echt? Aber Parlamentarier sind wir alle. Deswegen will ich zunächst einmal mit dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beginnen, den ich eben erst in die Hand genommen hatte, er hat mich sehr spät erreicht. Für alle, die vielleicht noch nicht an ihren Postfächern waren - das kann passieren.
Ihre korrigierte Fassung, Herr Meyer, ist vom 26.02. Wenn das für Sie eine halbe Woche ist von gestern auf heute, haben wir unterschiedliche Vorstellungen
von Zeitabläufen. Aber in diesem Antrag, Frau Präsidentin, Sie gestatten zu zitieren, steht: „Der Landtag stellt fest, dass der von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf für ein ‚kommunales Haushaltssicherungsprogramm‘ nicht geeignet ist, den Kommunen, die sich in einer schwierigen Haushaltssituation befinden, mit den ihnen zugedachten Haushaltsmitteln dauerhaft zu helfen,“
- semantisch nicht schlecht
„da die Verteilungskriterien keine zielgerichtete Hilfe darstellen. Vor einem Hilfspaket für die Kommunen muss demnach eine detaillierte Analyse der spezifischen Probleme jeder einzelnen Kommune stehen,
die sicherstellt, dass die Hilfen nicht wirkungslos verpuffen.
Ziel muss eine insgesamt auskömmliche Finanzausstattung aller Kommunen unter Berücksichtigung der Finanzlage von Land und Kommunen sein.“ Das hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier eingebracht. Ich finde das sehr schön, weil...
Ich verstehe eines nicht, Herr Kuschel hat ja vorhin beklagt, dass ein Teil, also zumindest hat er es so dargestellt, der Unterfinanzierung der Kommunen auch in der Struktur des Freistaats Thüringen zu suchen ist, also dass die Probleme vielleicht auch in dieser Gebietsstruktur zu suchen sind, und dann hat er aber selbst mit seiner Fraktion bzw. hat die Fraktion DIE LINKE ein Rettungspaket mit derselben Höhe vorgeschlagen. Wenn Sie konsequent gewesen wären, hätten Sie jetzt eigentlich auch diesem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - zumindest für ihn werben oder ihm zustimmen müssen. Das tut auch die FDP, habe ich eben von Herrn Bergner gehört. Wobei, das verstehe ich nicht, wenn Sie diesem Antrag zustimmen, brauchen Sie sich dann nicht, wie Sie angekündigt haben, dem anderen Gesetz zu enthalten, denn der ist weitgehender, aber okay.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn Sie jetzt nach
mehr als zwei Monaten sehr intensiver Diskussion innerhalb der Koalition, zwischen Koalition und Opposition schon einmal hier im Hause nach Sondersitzung des Haushaltsausschusses, wenn Sie jetzt mit einer korrigierten Fassung vom 26.02. kommen und sagen, jetzt sollen wir mal feststellen, dass dieses kommunale Haushaltssicherungsprogramm eigentlich gar nicht notwendig und nicht geeignet ist, den Kommunen zu helfen, dann wünsche ich Ihnen jetzt schon mal in der kommunalen Familie eine gute Reise mit Halt auf allen Unterwegsbahnhöfen, das muss ich an dieser Stelle mal deutlich sagen.
Wir wollen heute aber über dieses kommunale Rettungspaket reden, so wie es zum Schluss auch aussehen soll. Dazu begrüße ich recht herzlich auf der Tribüne Herrn Schäfer und Herrn Rusch und ich habe auch Herrn Brychcy gesehen, der hat mir eben schon zugewunken. Es geht um zwei Summen: 103 Mio. € für das Jahr 2014, 36 Mio. € für das Jahr 2015. Eben ist schon sehr viel über diese Investitionspauschale in der Säule 1 des Pakets gesprochen worden. Um mit irgendwelchen Legenden aufzuräumen, die zum Teil schon wieder versucht wurden, hier zu schmieden, dass es da eine Lex Gotha gebe,
will ich noch mal kurz erläutern, wie denn beispielsweise diese Geschichte mit dem Einwohnerverlust und der Prozentmarge zustande gekommen ist. Sie wissen, ursprünglich war vorgesehen, dass in diesem Gesetzentwurf alle Kommunen bedacht werden sollten, die 5,19 Prozent an Einwohnerverlust im Landesdurchschnitt war das nämlich dieser Einwohnerverlust aller Kommunen, den man da angelegt hat - haben, das waren 530 Kommunen. Da ist uns aufgefallen - und das habe ich schon in der letzten Plenardebatte und, ich denke, auch im Ausschuss versucht, sehr klar zu machen -, innerhalb dieser Familie, innerhalb dieser 530 Kommunen, die oberhalb dieser 5,19 Prozent Einwohnerverlust liegen, gibt es auch Kommunen, die sind - ich sage mal sehr salopp - so reich, die können ihre Kindergärten goldklinkern. Das sind die sogenannten abundanten Gemeinden, die alle keine Schlüsselzuweisungen vom Freistaat Thüringen mehr bekommen. Wir haben gesagt, es kann doch nicht sein, wenn wir ein Rettungspaket auflegen, das diesen Namen auch wirklich verdienen soll, dass dann solche Kommunen, die ohnehin nicht von Schlüsselzuweisungen des Landes profitieren, weil sie auskömmlich finanziert sind, auch noch Geld dazu bekommen. Dann haben wir mit unserem Koalitionspartner geredet und haben erreicht, dass diese abundanten Gemeinden letzten Endes rausgerechnet wurden. Wenn man eine Marge für dieses erste Teilpaket in diesem großen Rettungspaket angesetzt hat und dadurch Geld frei wird, dann kann man diese 5,19 Prozent auch wieder runter evaluie
ren, da sind wir auf diese 4-Prozent-Marge gekommen. Und ja, ich kann nun nichts dafür, die Stadt Gotha hat 4,06 Prozent Einwohnerverlust und die fällt da mit rein. Es ist - es tut mir leid, dafür habe ich weder gesorgt noch habe ich das verhindert nun mal eine statistische Zahl, die zwischen den Jahren 2007 und 2012 auf die Stadt Gotha zutrifft, die war da mit drin wie viele andere auch. 80 Kommunen haben wir extra dadurch in diese erste Marge hereinbekommen. Es gibt immer wieder die Diskussion, ist das nicht die Gießkanne, wenn man sagt, wir nehmen einfach nur diesen Einwohnerverlust als Prozentzahl. Sie wissen, wir haben eigentlich auch eine Investitionspauschale, die an die Finanzkraft der Kommune gekoppelt war, favorisiert. Aus meiner Sicht heraus lässt sich das sehr zielgerichtet steuern, allerdings, und das lässt sich nicht von der Hand weisen, ist es so, wer weniger Einwohner hat, der hat natürlich auch weniger Schlüsselzuweisungen. Sie werden nach diesem Zensus, und das war der Effekt, den es hier in Thüringen gab, Sie werden als Bürgermeister von einem Tag auf den anderen wach und haben Einwohner in bestimmten Prozent-Margen verloren. Das heißt natürlich auch einfach weniger Geld. Deswegen haben wir uns also dann darauf geeinigt, dass unter anderem eben dieser 4-Prozent-Einwohnerschlüssel oder dieser 4-Prozent-Einwohnerverlust da angesetzt werden soll. Das ist einen Pauschale von 25,76 € pro Einwohner. Da kann also jeder, der im Moment in diesen Auszahlungskorridor mit einberechnet werden kann, sehr genau ermitteln, wie viel das für seine Kommune, für seine Gemeinde, für seine Stadt hier in Thüringen ausmacht. Und es gab dann ein Gespräch mit dem Gemeinde- und Städtebund und das ist eben jetzt in den letzten Tagen auch mehr oder minder von der Presse sehr dankbar aufgegriffen worden. Es gab einen Vorschlag und der sagt, warum sollen denn nicht auch Kommunen, die unterhalb dieser 4-Prozent-Marge liegen, warum sollen wir die nicht auch mit bedenken, weil, Herr Kuschel hat es ja hier auch angesprochen, es selbstverständlich Kommunen gibt, die haben 3,99 Prozent Einwohnerverlust und fallen damit also im Prinzip gar nicht mehr rein oder 3,7 oder was auch immer, und der Gemeinde- und Städtebund sagt, wir könnten das in einem abgestuften Verfahren machen, indem wir alles, was zwischen 4 und 3 Prozent an Einwohnerverlust sind, mit 75 Prozent dieser 25,76 €, also dieser Investitionspauschale, bemessen, an dieser Hauptpauschale also liegen, dann nehmen wir 50 Prozent von denen, die zwischen 3 und 2 Prozent sind, und noch einmal 25 Prozent zwischen 2 und 1 Prozent. Das war also diese Vorstellung. Unsere Auffassung war, nachdem wir uns das angehört haben, das kann man machen, aber nur, wenn dadurch die Gesamtsumme, also die Größe des Paketes nicht verändert wird. Wir wollten also bei diesen 136 Mio. € bleiben und natürlich kostet das Geld, wenn sich
die Summe der Gemeinden, die aufgrund dieses Einwohnerverlustes in diesen Schlüssel mit hineingepackt werden, vergrößert. Das ist vollkommen normal und deswegen haben wir da mal gerechnet. Das wären 5,1 Mio. € zusätzlich, die bei diesem Vorschlag, den der Gemeinde- und Städtebund da eingebracht hat, fällig gewesen wären. Deswegen haben wir gesagt, wir können uns vorstellen, diesen Betrag, diese 5,1 Mio. €, aus diesen ergänzenden Bedarfszuweisungen, die wie die Zuweisungen aus dem Landesausgleichsstock funktionieren, zu nehmen. Dann wäre da aus unserer Sicht immer noch genügend Geld übrig gewesen. Ich sage Ihnen mal eine Zahl: 140. Das ist die Zahl, die beziffert, wie viele Kommunen denn dann zusätzlich in den Genuss des Rettungspaktes gekommen wären - 140. Sie können das bei uns auf der Webseite gern anschauen. Ich habe die Liste auch mal ausgedruckt. Wir haben diese Gemeindeliste also jetzt ins Netz gestellt und da wäre, Frau Lehmann, für Sie vielleicht ganz interessant, zum Beispiel Bad Langensalza mit dabei, 341.000 € wären es zusätzlich, Friedrichroda 142.000 €, die Stadt Eisenach, die es ja auch brauchen kann, 806.000 € zusätzlich. 140 Kommunen also, die damit bedacht worden wären, um es mit Eliza Doolittle aus „My Fair Lady“ zu sagen: „Wäre das nicht wunderschön!“ Es gab dazu aber keine Einigkeit in der Koalition. Ich bedaure das. Aber Herr Kuschel hat ja einerseits hier gesagt, er ist gegen dieses Gießkannenprinzip, hat dann auf der anderen Seite aber wieder gesagt, was ist denn mit den Kommunen, die unter die 4 Prozent - das ist doch vollkommen unlogisch. Da habe ich auch nicht so richtig verstanden, wohin sein Redebeitrag gehen kann, und er hat uns wieder angeboten, man könne ja, weil es andere Mehrheiten hier im Hause gibt, heute auch mal mit der Linken gemeinsam stimmen als SPD-Fraktion. Ich gebe Ihnen recht,
dann wäre heute nicht nur Weiberfastnacht, dann wäre ja Silvester, ja. Insoweit kann ich mir nicht vorstellen, dass wir auf Ihre Vorschläge mit eingehen werden. Ein bisschen was, das muss ich sagen, Herr Kuschel, wird mir ab September fehlen, wenn ich nicht mehr hier bin, und dann diese Rededuelle, die wir immer gehabt haben, weil ich spiele ja Lotto und man weiß nie, wie es wird, wobei, wenn ich mal wirklich einen großen Schmiss mache, sollte es mir auf ein Glas Katlenburger Beerenschaumwein für Sie und mich nicht ankommen.
Recht gern.
Sie können davon ausgehen, dass alle Änderungen, die mit diesem Gesetzentwurf einhergehen sollten, zwischen uns und dem Koalitionspartner natürlich sehr genau abgestimmt wurden, und wie das so ist in einer Koalition - Sie können das noch nicht wissen -, immer dann, wenn es keine Einigung gibt, bleibt es bei dem alten Vorschlag, so dass Sie davon ausgehen können, dass das, was Ihnen als Gesetzentwurf schon bekannt sein sollte, als kommunales Rettungspaket zwischen SPD und CDU auch im Moment Bestand hat. Herr Kuschel hat gesagt, bis zum Ende der Debatte kann man immer noch Änderungsanträge einbringen, aber es bleibt bei dem Verteilungsmechanismus in § 7, wie Sie ihn kennen.
In § 2, wenn wir zur zweiten Säule dieses Gesetzes kommen, regelt eine Investitionspauschale für Landkreise von 15 Mio. € eine einwohnerbezogene Pauschale von 9,27 €. Auch da kann jeder, der die Einwohnerzahlen seines Landkreises parat hat, sehr genau berechnen, wie viel das dann ausmacht.
Es gibt in § 3 eine Stabilisierungspauschale, die kommt den Landkreisen zugute. In der Diskussion mit dem Koalitionspartner haben wir dann auch geschafft, die kreisfreien Städte mit einzubeziehen, das sind dann 6,17 € pro Einwohner. Landkreise und Gemeinden - das ist sehr, sehr wichtig, weil das eine weitere Säule dieses kommunalen Hilfspakets ist - profitieren davon durch Absenkung der Kreisumlage bzw. durch Stabilisierung. Die kreisfreien Städte erfahren dadurch natürlich auch eine Entlastung im Verwaltungshaushalt allgemein. Das
sind insgesamt 13,4 Mio. €, die dafür vorgesehen sind.
Es gibt diese ergänzenden Bedarfszuweisungen in § 4, Frau Lehmann ist schon darauf eingegangen, 36 Mio. € werden das 2014 sein. Wir denken über den Wahltermin September 2014 hinaus und stellen noch mal 30 Mio. € auch für 2015 zur Verfügung - das alles zur Herstellung und Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit von Gemeinden, kreisfreien Städten und Landkreisen. Allerdings, das muss man gleich sagen, es funktioniert analog wie zum Landesausgleichsstock, es ist ein Konsolidierungskonzept erforderlich, das ist auch okay. Das also zu dieser Marge.
Dann kommen wir noch zu einer sehr wichtigen Säule im Gesetz, nämlich 3 Mio. € für die Folgejahre ab 2014 - das ist das, wofür auch die SPD-Fraktion sehr hartnäckig gestritten hat, nämlich die Geschichte mit dem Winterdienst. Zukünftig wird sich nämlich das Land an den Kosten des Winterdienstes für Gemeinden unter 30.000 Einwohnern bei den Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen beteiligen. Das ist im Übrigen ein Artikelgesetz, das gilt über den Zeitraum 2014 und 2015 hinaus. Das muss man noch einmal deutlich sagen. Viele Kommunen haben da nachgefragt, auch bei uns. Das ist etwas, was wirklich langfristig immer wieder den Kommunen zugute kommt.
Dann ist noch die Frage der Verzinsung zu klären gewesen. Die Linke hat hier einen Gesetzentwurf bei der Begrenzung von Fälligkeitszinsen vorgeschlagen. Mit dem Gesetz sollen im Kommunalabgabengesetz, im Finanzausgleichsgesetz, in der Kommunalordnung und im Verwaltungsverfahrensgesetz die zu erhebenden Fälligkeits-, Säumnisund Stundungszinsen an den Basiszinssatz der EZB gekoppelt werden, da die derzeit nach der Abgabenordnung zu erhebenden Zinsen in Zeiten der Niedrigzinsphase viel zu hoch sind. Ich gebe da Herrn Kuschel recht. Sie sehen, im Zusammenhang mit unserem kommunalen Hilfspaket, dem Gesetzentwurf der Koalition, wird es zu einer Kopplung des Stundungs- und Säumniszinssatzes für die Kreisumlage an dem von der Bundesbank regelmäßig fortgeschriebenen Basiszinssatz kommen. Insoweit sind wir also einer Forderung, die Sie auch aufgemacht haben, im Prinzip schon nachgekommen.
Warum es trotzdem nicht zu den weiteren Dingen in Ihrem Gesetzentwurf kommen wird, sage ich Ihnen gern. Die Festlegungen über die Verzinsung von öffentlichen Forderungen sind in der Abgabenordnung - das ist ja die Bibel, wenn man so will, das Grundgesetz der deutschen Steuergesetzgebung bundesweit einheitlich geregelt und Abweichungen davon sind nur in einem sehr begrenzten Umfang möglich und anzuraten.
Deswegen sind wir darauf nicht eingegangen.
Sie haben ein bisschen geschimpft, als Sie gesagt haben, in Ihrem Änderungsantrag vom 26.02. in der Drucksache 5/7370, Herr Kuschel, schlagen Sie bei der Änderung des Thüringer FAG vor - das ist in Artikel 2 Abs. 2 geregelt, „der Landkreis hat für rückständige Beiträge Verzugszinsen in Höhe von 3 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz zu fordern“ - da haben Sie gesagt, es kann nicht sein, dass das in dieser Sollbestimmung alles mehr oder minder so butterweich formuliert ist und die jeweilig auszuführenden Organe dann gar nicht wissen, wie sie zu handeln haben. Ich sage, es gibt etliche Landkreise, die auch schon aus Billigkeitsgründen niedrigere Zinsen als 3 Prozent erhoben haben, teilweise sogar 0 Prozent. Genau das - finden wir ist auch ein Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung. Ein Kreistag soll sehr wohl entscheiden können, ob er 1, 2, vielleicht auch 3 Prozent ansetzt, aber eben nicht ins Gesetz so starr reinschreiben, „er hat 3 vom Hundert“, damit legen Sie es ja fest. Das war der Grund, weswegen wir auch diesen Änderungsantrag hiermit ablehnen werden.
Ich will noch auf die Zeitschiene eingehen, weil auch das nicht selbstverständlich ist. Sie wissen, die Diskussion dauert nun schon ein paar Wochen an, trotzdem ging das mit diesem Rettungspaket relativ schnell. Ein Dank dafür ausdrücklich auch beispielsweise an nicht nur die Regierungskoalition, sondern auch an die Opposition. Wir haben geduldig Sondersitzungen anberaumt. Wir haben relativ schnell dieses Gesetz auf den Weg gebracht. Ein Dank auch an die kommunalen Spitzenverbände, die zugestimmt haben, dann ihre Anhörungsfristen letzten Endes auch zu verkürzen, und selbstverständlich auch ein Dank an die Landtagsverwaltung, die zum Schluss auch möglich gemacht hat, dass wir so zügig arbeiten konnten. Deswegen, Herr Brychcy, Herr Rusch und Herr Schäfer, ich bin mir ganz sicher, wenn wir am Ende dieser spannenden Debatte sind, werden wir auch ein Rettungspaket haben, das wir Mitte März dann mit auf den Weg schicken werden. Das ist so schlecht nicht und dann lassen Sie uns alle weiteren Streitigkeiten letzten Endes begraben, denn die Bürgermeister und die Gemeinde- und Stadträte draußen im Land warten schon auf das Geld. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden heute über etwas, das seit, ach ich weiß gar nicht, sechs, sieben Wochen schon zumindest in der kommunalen Familie die Schlagzeilen bestimmt, das ist das kommunale Rettungspaket. Das klingt etwas griffiger als, ich glaube, Thüringer Gesetz zur Sicherung der kommunalen Haushalte 2014/2015 und Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes usw., also dieses Rettungspaket beschäftigt uns auch hier im Plenarsaal schon seit einer ganzen Weile und ich kann mich bei der Gesetzesbegründung - bei der Einbringung hat mein Kollege Mohring schon das eine oder andere an Hinweisen gegeben - ihm nur hier anschließen. Wir wollen den Kommunen in den kommenden zwei Jahren mit insgesamt 136 Mio. € helfen und dieser Betrag - das halte ich für eine sehr wichtige Randnotiz - wird aufgeteilt, 103 Mio. € sollen nach dem Gesetzentwurf der Koalition bereits in diesem Jahr fließen und noch einmal 33 Mio. € dann im Jahr 2015 und das muss man auch noch mal an dieser Stelle unterstreichen. Egal, was nach dem 14. September 2014 hier in diesem Haus für eine Farbenlehre herrschen wird, wir haben uns in der Koalition geeinigt, dass über den Wahltermin hinaus die kommunale Familie eine Sicherheit besitzt, auch im Jahr 2015 aus diesem Rettungspaket noch Geld zu erhalten. Das ist nicht in allen Bundesländern so, wo man zeitweise immer nur bis zum Wahltermin denkt,
und, ich glaube, auch das ist ein sehr gutes Signal an unsere Gemeinden und Kommunen hier im Land.
Wenn wir über ein Paket reden, ist natürlich die Frage: Wer packt es? Wie wird es verpackt? Wie kommt es zum Empfänger und vor allen Dingen was ist drin? Herr Mohring hat von einem breiten
Instrumentenkasten gesprochen. Dann will ich mal ein wenig auf diese einzelnen Segmente in diesem kommunalen Rettungspaket eingehen. Das ist zum einen, wenn wir beim Instrumentenkasten bleiben, die Abteilung einer Investitionspauschale in § 1, die wird es nämlich geben für kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte, wenn der Einwohnerverlust - Herr Bergner hat eben schon mal kurz darauf abgestellt - zwischen 2007 und 2012 mehr als 4 Prozent beträgt, und er hat diese Marge sehr kritisiert und gesagt, das sei eine Art Willkür. Warum nicht 3 oder 5 oder 1 Prozent oder wie auch immer? Ich will Ihnen kurz die Entstehungsgeschichte dieser, sagen wir mal, Randbedingungen über die Auszahlungen der Investitionspauschale in diesem kommunalen Rettungspaket schildern.
Ursprünglich war geplant, dass Gemeinden mit einem Bevölkerungsverlust von 5,19 Prozent in dem jeweiligen Zeitraum, also Silvester 2007 bis 2012, zusätzliche Gelder erhalten sollen. Wie kam man auf diese Summe? Das war der Landesdurchschnitt, man hat also von allen Kommunen mal den Durchschnitt genommen bei den Bevölkerungsverlusten. Es gibt einige, die haben Aufwüchse in Thüringen, die meisten allerdings haben Verluste zu verzeichnen und da waren eben diese 5,19 Prozent ein Landesdurchschnitt. Das waren insgesamt 530 Kommunen, die von dieser Marge betroffen sind. Aber das Problem, das wir sehr schnell festgestellt hatten und das auch sehr intensiv in der Koalition bei Erarbeitung des Gesetzentwurfs mit diskutiert wurde, war, Sie können nicht unbedingt darauf abstellen, dass, wenn Kommunen mehr als 5,19 Prozent Einwohnerverlust haben, die auch wirklich das Geld brauchen. In ganz extremen Fällen ist es so, dass trotz dieses Bevölkerungsverlustes mit dieser Prozentzahl, mit diesem Prozentsatz Kommunen nach wie vor keine Schlüsselzuweisung erhalten, sogenannte abundante Gemeinden, weil sie, ich sage mal sehr salopp, relativ reich sind und deswegen aus den Landestöpfen weniger Geld erhalten. Auch die wären nur aufgrund dieser Prozentzahl, dieser 5,19 Prozent Einwohnerverlust, mit in dieser Liste drin gewesen und wir haben uns dann mit dem Koalitionspartner in einer intensiven Diskussion geeinigt und gesagt, das kann nicht sein, dass auch solche Kommunen dann noch aus diesem Rettungspaket Gelder erhalten. Uns wäre lieb gewesen, auch das sage ich gleich, dass wir anhand der Finanzkraft der Kommunen mal ermittelt hätten, wer denn wirklich Geld zusätzlich braucht.
Da ist es teilweise vollkommen egal, ob man 5,19 Prozent oder 2 Prozent oder 7 Prozent Einwohnerverlust hat, weil man immer vor Ort sehr genau sehen muss, wie die jeweiligen finanziellen Gegebenheiten der Kommunen sind. Es gibt jetzt aber
durchaus einen vertretbaren Kompromiss und, Herr Bergner, das ist das, was ich zu erläutern versuche. Wir sind jetzt dabei auf diesen 4 Prozent Einwohnerverlust gegangen, das sind rund 80 Kommunen mehr, weil, wenn man die abundanten Gemeinden aus der 530er-Liste herausrechnet, also Kommunen, die tatsächlich keine Schlüsselzuweisungen erhalten und insoweit natürlich auch nicht davon betroffen sind, aus dem Rettungspaket Gelder zu benötigen, dann wird natürlich ein bisschen mehr finanzieller Spielraum frei und das habe wir dann so weit heruntergerechnet, dass wir auf 4 Prozent Einwohnerverlust gekommen sind. Das sind rund 80 Kommunen mehr als früher vorgesehen, das ist ein Aufschlag von 15 Prozent und ich glaube, auch das kann sich sehen lassen. Irgendwann müssen Sie eben mal einen Schnitt machen, irgendwann muss man sagen, okay, wenn wir Gelder in einer bestimmten Menge in diesem Rettungspaket zur Verfügung haben und uns anhand dieses Einwohnerverlustes vortasten, dann muss man irgendwann - und das war bei dieser 4-Prozent-Marge der Fall diese Latte anlegen. Die Pauschale beträgt - das kann sich dann jeder errechnen - 25,76 €. Also alle die, die mehr als 4 Prozent Einwohnerverlust haben, können dann einfach mal pro Kopf hochrechnen, wie viel Geld dann in der jeweiligen Kommune aus diesem Rettungspaket zur Verfügung steht.
§ 2 - der nächste Teil des Instrumentenbaukastens - regelt eine Investitionspauschale für Landkreise. Auch die haben dringend benötigte Gelder für dringend benötigte Investitionen, aus diesem Rettungspaket werden die vorgehalten, von 15 Mio. € insgesamt. Da gibt es eine Pauschale von 9,27 € pro Einwohner. Auch da kann jeder, der im jeweiligen Landkreis verortet ist oder die statistischen Zahlen kennt, genau ausrechnen, wie viel das im jeweiligen Landkreis dann ausmachen wird.
Wir haben in § 3 eine sogenannte Stabilisierungspauschale festgezurrt. Sie kommt den Landkreisen zugute, aber auch den kreisfreien Städten - das haben wir auch in intensiver Diskussion dann als SPD-Fraktion mit verankern können -, die ein Problem haben, ihre Haushalte zuzubekommen, weil sie wissen, dass in den Landkreisen und in den kreisfreien Städten insbesondere im Sozialbereich sehr große finanzielle Aufwüchse zu verzeichnen waren, und weil insbesondere bei den Landkreisen natürlich meist ein Modulationsmodell gefahren wird, das ist die Kreisumlage. Das ist immer diese eine Schraube, an der dann gedreht wird. Deswegen betrifft diese Stabilisierungspauschale nicht nur die kreisfreien Städte und die Landkreise, sondern auch die Ortschaften in diesen Landkreisen, eben auch die Gemeinden, weil Landkreise und die Gemeinden durch eine Absenkung der Kreisumlage oder durch eine Stabilisierung zumindest der Kreisumlage von diesem § 3 und damit von einem Teil dieses - wie schon gesagt wurde - Instrumenten
baukastens aus dem Rettungspaket profitieren können. Insgesamt 13,4 Mio. € stehen dafür zur Verfügung. Es gibt in § 4 noch ergänzende Bedarfszuweisungen, insgesamt 36 Mio. € in diesem und 30 Mio. € im kommenden Jahr, also 2015, zur Herstellung und Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit von Gemeinden, kreisfreien Städten und Landkreisen. Das ist analog gehändelt zum Landesausgleichsstock. Auch da ist natürlich ein Mindestmaß an Mitarbeit der jeweiligen Empfänger des Geldes erforderlich, denn es gibt schon die Anforderung, ein Konsolidierungskonzept vorzulegen, wenn man aus diesen Geldern des § 3 begünstigt werden will.
Sie erinnern sich sicher daran, dass Bewegung in die Diskussion kam, als meine Fraktion schon im November des letzten Jahres einen Entschuldungsfonds für die Thüringer Kommunen in Höhe von 100 Mio. € forderte. Jetzt sind das, wenn Sie es zusammenrechnen, 66 Mio. € und das ist, denke ich, ein guter Kompromiss und das ist auch schon ganz ordentlich.
Dann kommen wir noch zu einer sehr wichtigen Säule in diesem Gesetz - Herr Mohring hat es bereits angesprochen -, nämlich 3 Mio. € für die Gültigkeitsdauer unseres Gesetzentwurfs 2014/2015, und zwar für den Winterdienst. Zukünftig wird sich das Land an den Kosten des Winterdienstes für Gemeinden unter 30.000 Einwohnern bei den Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen mit beteiligen, weil wir gesagt haben, das ist tatsächlich ein sehr drängendes Problem. In der Zeit, als die Diskussion geführt wurde, waren die meteorologischen Umstände in Thüringen noch etwas anders, im Moment ist der Winter allerdings eingekehrt.
Gestern Abend hat jemand im Fernsehen von knackig kalten Temperaturen gesprochen, ich glaube, es war in den heute-Nachrichten. Ich halte das auch für ein bisschen übertrieben. Aber für den Winterdienst, wie gesagt, waren diese Gelder notwendig, weil es in der Tat sehr viele Kommunen insbesondere in höheren Lagen in Thüringen gibt, die von den Kosten dieses Winterdienstes - in den letzten beiden Wintern haben wir das erleben dürfen - immer sehr stark betroffen waren. Es bleibt noch Zeit, in den Ausschüssen über dieses Thema zu sprechen, weil wir nach wie vor eigentlich für eine komplette Übertragung der Aufgabe des Winterdienstes an das Land Thüringen zurück stehen. Das war eine Forderung, die die SPD-Fraktion auch innerhalb der Diskussionen um dieses kommunale Rettungspaket mit eingebracht hat. Schauen wir mal, wir werden diesen Gesetzentwurf jetzt in die Ausschüsse schicken.
Dann ist da noch die Frage der Verzinsung zu klären gewesen. Das Finanzausgleichsgesetz - ist auch mit ein Teil - soll geändert werden. Sie sehen das in unserem Gesetzentwurf. Die Fraktion DIE LINKE schlägt hier einen eigenen Gesetzentwurf vor. Herr Bergner ist vorhin bereits auf einzelne markante Unterschiede eingegangen. Das will ich an dieser Stelle nicht unbedingt tun, weil wir auch mit diesem Gesetzentwurf in die Ausschüsse gehen.
Ich beantrage, beide Gesetzentwürfe an den Ausschuss zu überweisen, um eine inhaltliche Diskussion zu führen, weil, Herr Kuschel, ich habe dann schon noch ein paar Fragen im Ausschuss, wie bestimmte Dinge aus Ihrem kommunalen Finanzierungspaket refinanziert werden sollen.
Ein Wort noch zur Zeitschiene, auch das hat mein Vorredner, Herr Mohring, bereits getan. Lassen Sie uns relativ schnell hier zu Potte kommen, ich sage es mal sehr salopp, den Bürgermeistern, den Gemeinderäten und den Stadträten ist es relativ Wumpe, in welcher Art und Weise wir uns im Ausschuss über bestimmte Gliederungen und Ansätze der Finanzierbarkeit und der finanziellen Grundbemessungen in diesem Rettungspaket streiten und diskutieren. Es muss schnell auf den Weg gebracht werden. Viele rechnen damit und ich hoffe, dass wir hier im März bereits dann dieses Paket endgültig geschnürt haben und dass es dann auf die Reise gehen kann. Insoweit freue ich mich auf eine inhaltliche Diskussion im Ausschuss mit beiden Gesetzentwürfen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stange, Sie haben zu Beginn der heute noch einmal aufgerufenen Debatte die Bemerkung gemacht, dass die Argumente bereits im Dezemberplenum, da war dieser Tagesordnungspunkt schon einmal hier Gegenstand der Debatte, ausgetauscht wurden. Das ist im Übrigen tatsächlich so, aus meiner Sicht heraus allerdings, Frau Stange, auch relativ enttäuschend, weil wir in dieser Debatte, glaube ich, schon ein paar Denkanstöße zu Ihrem Gesetzentwurf gegeben haben, zu denen Sie heute in keinster Weise Stellung bezogen haben. Ich will die Diskussion, die geführt wurde in Bezug auf die UN-Menschenrechtskonvention
- mein Vorredner aus der CDU-Fraktion hat es ja bereits getan -, jetzt nicht noch mal aufgreifen. Aber ich habe bereits bei der letzten Debatte - das ist eben eine sehr interessante Frage - einfach bemerkt, dass ein Gesetzentwurf, wenn er denn hier im Hohen Hause behandelt wird, auch einen bestimmten Regelungsbedarf erfordert. Das heißt das ist ein bisschen stolziert ausgedrückt -, wir brauchen doch eigentlich nur dann ein Gesetz, wenn es wirklich nötig ist. Ich habe damals die Frage gestellt: Wie ist es denn bei den Kommunal-, bei den Landes-, bei den Bundestagswahlen in den letzten Jahren gewesen, gibt es denn nennenswerte Vorfälle, dass Menschen mit einem bestimmten Handicap, mit einer bestimmten Behinderung tatsächlich aufgrund ihres Handicaps nicht in der Lage waren, an dieser Wahl teilzunehmen und - wenn ja - wie viele waren das, kann man das auflisten oder gibt es da in irgendeiner Form eine Statistik, gibt es eine Zahl, die in irgendeiner Form für uns alle verifizierbar ist, um zu sagen, dieser Gesetzentwurf muss nun unbedingt auf den Weg gebracht werden? Diese Antwort sind Sie mir schuldig geblieben, vielleicht kommt sie im Laufe der Debatte in irgendeiner Form noch zum Tragen, aber ich selbst kenne diese Zahl nicht. Wir haben abgestellt darauf - das war auch im Dezember, Sie müssen es fairerweise zugeben, hier bereits Gegenstand der Debatte -, dass es selbstverständlich auch aus unserer Sicht heraus begrüßenswert ist - mein Vorredner Herr Bergner hat das gesagt -, dass immer mehr Wahllokale diese Anforderungen, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf formulieren, erfüllen. Das sind mittlerweile mehr als die Hälfte, also die überwiegende Zahl. Es gibt natürlich da noch einen Puffer. Herr Nothnagel hat ja mal eine Kleine Anfrage gestellt, da wurde das auch noch mal dezidiert von der Landesregierung aufgelistet. Also da ist schon noch Luft nach oben. Da gebe ich Ihnen durchaus recht, dass wir hier einen gewissen Regelungsbedarf haben, den Sie aber über diesen Gesetzentwurf nicht hinbekommen. Sie wollen die Thüringer Landeswahlordnung, Sie wollen die Thüringer Kommunalwahlordnung in den jeweiligen Paragrafen - ich glaube, in dem einen ist es der 42er, dann der 28er - ändern, indem Sie reinschreiben, die Kommunen müssen diese Barrierefreiheit gewährleisten. Die Falschinterpretation oder die etwas andere Interpretation - ich will es mal nicht ganz so hart ausdrücken - der UN-Menschenrechtskonvention mal auf Seite gestellt, würde das bedeuten, dass die Kommunen neben all den technischen Schwierigkeiten, die Herr Bergner hier dankenswerterweise jetzt auch noch mal mit seinem Sachverstand - darf ich mal so sagen - hier dargelegt hat,
neben all diesen technischen Problemen haben Sie natürlich auch die Schwierigkeit, den Kommunen einen bestimmten Kostendruck aufzuoktroyieren,
denn wenn Kommunen müssen, so wie es in Ihrem Gesetzentwurf drinsteht, dann müssen sie natürlich die Vorkehrung treffen und - in Klammern - sie müssen natürlich diese Vorkehrungen auch bezahlen.
Mir ist nicht bekannt - auch das habe ich in der letzten Plenardebatte gesagt -, mir ist überhaupt nicht bekannt, dass es bei den vielen fleißigen Wahlhelfern - Herr Bergner hat Ihnen gerechterweise da noch einmal seinen Dank ausgesprochen - in irgendeiner Form in Thüringen in irgendeinem Wahllokal vorgekommen wäre, dass, wenn da ein Mensch mit einem Handicap steht, wenn der sagt, ich möchte jetzt meine Stimme abgeben, dass da nicht alles getan worden wäre, um das auch zu ermöglichen. Ich selbst habe - ich war in meiner Zeit, als ich noch auf dem Finanzamt gearbeitet habe und später dann bei der Stadtverwaltung, da ist man ja im Prinzip immer fällig, wenn es um die Wahlhelfer geht, ich war also bei mehreren Wahlen, Bundestag, Kommunalwahlen, eingesetzt als Wahlhelfer -,
ich habe das noch nie erlebt, dass irgendjemand, der auch beispielsweise mit einem Rollstuhl vor einer Schule, die denkmalgeschützt war, gestanden hat und wählen wollte, dass wir nicht in irgendeiner Form einen Weg gefunden hätten, diesen Mann oder diese Frau, also diesen Menschen mit Behinderung, mit einem körperlichen Handicap, dann doch noch in irgendeiner Form zur Wahlkabine zu bekommen.
Ja, natürlich reingehievt, weil es nicht möglich war, zum Beispiel eine Rampe anzustellen aus bestimmten baulichen Gründen. Die sind ja nun einmal nicht wegzudiskutieren, Frau Stange. Und all diese Diskussionen, die wir bereits im Dezember-Plenum geführt haben, werden doch nicht dadurch aufgelöst, dass Sie sagen, überweisen Sie doch bitte diesen Gesetzentwurf wenigstens als Goodwill-Aktion an die Ausschüsse und wir reden mit den Opferverbänden.
Nicht Opferverbände, die Betroffenen-Verbände oder die Interessenverbände, haben Sie gesagt, das ist richtig, da entschuldige ich mich. Reden Sie doch mit denen, also mit diesen jeweiligen Institutionen, um von dort noch einmal auch die Gemengelage dargestellt zu bekommen. Das war so ungefähr, glaube ich, der Duktus Ihrer Ausführungen von vorhin. Da sage ich Ihnen ganz deutlich, das ändert nichts an der Tatsache. Das ändert weder etwas an der Tatsache, dass wir in einem Flächenland leben,
dass wir in der Regel mehr Bevölkerung auf dem flachen Land, also im ländlichen Raum haben, wo es viele, viele kleine Ortschaften gibt, die beispielsweise Wahllokale vorhalten, die aus bestimmten Gründen gar nicht diese Barrierefreiheit jemals erreichen können - Herr Bergner hat es ausgeführt -, weil sie denkmalgeschützt sind, weil die Gehwege, weil die Straßen gar nicht den Anforderungen, die Sie hier in den Gesetzentwurf reinformulieren, genügen. Dann werden wir das eben auch durch eine Ausschussüberweisung in keinster Form lindern oder heilen können. Was ich eben auch - und darauf sind Sie vorhin auch nicht eingegangen, Frau Stange - bemerkt habe bei der Dezember-Debatte und das wundert mich dann schon -, ist dieser aus meiner Sicht heraus auch semantisch eigenartige Formulierungsvorschlag in Ihrem Gesetzentwurf, dass Menschen mit Handicap möglichst ohne Hilfsperson in der Lage sein müssen, diesen Wahlvorgang auch durchzuführen. Da sage ich Ihnen, wenn es beispielsweise um das Thema der Wahlschablonen geht für Menschen, die eine bestimmte Sehbehinderung oder eine Sehbeeinträchtigung haben, dann ist es doch vollkommen selbstverständlich und ich habe damit überhaupt kein Problem, das habe ich im Dezember auch schon einmal dargelegt und habe Sie auch gebeten, dazu noch einmal Stellung zu nehmen, ist heute leider nicht passiert, ich habe doch überhaupt kein Problem, wenn da beispielsweise ein Mensch mit Sehbehinderung ist, der eine Hilfsperson dabei hat oder man selber sagt, darf ich Ihnen helfen, man geleitet ihn zur Wahlkabine, man zeigt ihm, wie die Wahlschablone aufzulegen ist, man erklärt ihm das noch einmal, weil er sich da vielleicht auch ein bisschen unsicher ist, dann haben sie doch jederzeit auch eine Hilfsperson dabei, aber - und das sage ich noch einmal mit aller Deutlichkeit - das ist doch auch gar nicht schlimm. Das ist weder für den Menschen mit der Sehbeeinträchtigung diskriminierend, noch ist das eine besondere Mühewaltung für die Leute, die in dem Wahllokal von 8.00 bis 18.00 Uhr stehen und versuchen, dass alles seinen geregelten Gang geht. Ich halte also diese Formulierung nach wie vor für sehr entbehrlich, wie ich es in dieser Form auch für den gesamten Gesetzentwurf tue. Deswegen werden wir ihn auch heute - Ausschussüberweisung hatten Sie noch nicht beantragt, aber das kann ja vielleicht im Laufe der Debatte noch kommen - ablehnen.
Was mir nicht gefallen hat, das muss ich auch sagen, bei der letzten Debatte - vielleicht bin ich dieses Mal an der Reihe, damals war es Herr Bergner, der war fällig -, es wurde hier dann so ein wenig unterschwellig unterstellt, dass Menschen, die mit bestimmten Sachargumenten, die wir auch gerne heute in der Debatte noch austauschen können, gegen Ihren Gesetzentwurf sprechen, ich will nicht sagen, behindertenfeindlich sind, aber dass sie doch zumindest das große Ganze bei der ganzen Ge
schichte nicht verstanden hätten. Dann lassen Sie uns doch zumindest der Fairness halber in diesem Raum festhalten, dass wir sehr wohl verstehen, dass beispielsweise durch Ihren Versuch, diesen Gesetzentwurf hier im Plenum durchzusetzen, dass wir das selbstverständlich alle mittragen und dass wir sagen, es ist natürlich wichtig, dass Menschen mit Handicap möglichst selbstbestimmt ihre Stimme abgeben können neben all den anderen Dingen, den Hilfsmitteln, die es ohnehin noch gibt, also von den Wahlschablonen mal abgesehen. Es gibt viele Menschen, das will ich auch gleich noch sagen, die behindert sind, für die es auch eine gewisse Mühewaltung darstellt, in diese Wahllokale zu gehen, und die sagen, da nehme ich eben lieber beispielsweise die Briefwahl in Anspruch. Das tun immer mehr Menschen, auch viele ohne Handicap. Das ist also überhaupt kein Problem, das hat dann andere Gründe, weil die sagen - meist wird im August/September gewählt, da ist noch schönes Wetter -, ich gehe lieber in den Schrebergarten und erledige das zwei Wochen vorher in meinem Wahllokal oder schicke da den Brief hin. Das ist also alles möglich. Deswegen glaube ich, dass dieser Gesetzentwurf nicht zu dem Ziel führt, das uns zwar alle verbindet, aber von dem Sie glauben, dass es der einzige Weg ist, diese Form der Barrierefreiheit in irgendeiner Art und Weise sicherzustellen.
Das letzte Argument, das ich vorbringen möchte, ist: Selbstverständlich werden einige Orte, wenn denn dieser Gesetzentwurf zum Tragen käme, wenn da drin steht, die Kommunen müssen diese Barrierefreiheit uneingeschränkt gewährleisten, selbstverständlich werden sich mehrere Gemeinderäte in einigen Orten hinsetzen und sagen, wenn das nicht geht, weil meine Schule beispielsweise unter Denkmalschutz steht oder das Gemeindeamt oder wenn wir diese Rampe nicht anstellen können oder auch weil es einfach zu teuer ist, dann werden wir dieses Wahllokal nicht vorhalten können. Das würde bedeuten und das ist die große Gefahr bei Ihrem Gesetzentwurf, dass sich die Anzahl der Wahllokale in Thüringen vermindern würde, dass längere Wege entstehen - Herr Bergner hat es bereits ausgeführt -, wenn man von einem Ort, wo dieses Wahllokal beispielsweise dann nicht mehr vorgehalten werden kann, in den anderen reisen, müsste und das würde sehr viele Leute, die zwar kein - sagen wir einmal - Behindertenhandicap zu tragen haben …
Ich gestatte die Zwischenfrage, Frau Präsidentin, am Ende der Rede.
Das würde bedeuten, dass Menschen, die nicht in diese Personengruppe, die Sie versuchen mit diesem Gesetzentwurf zu bevorteilen, mit hinein gehören, zum Beispiel auch Menschen, die älter sind, für die es auch eine Mühewaltung ist, einfach in den Nachbarort zu kommen an diesem Wahltag, an Sonntagen, wo vielleicht nicht einmal ein Bus fährt, vielleicht mehr oder minder bewusst oder unbewusst von diesem Wahlvorgang ausgeschlossen werden. Das kann aus meiner Sicht heraus doch eigentlich nicht Sinn und Zweck einer Gesetzgebungsregelung sein, die wir heute hier diskutieren. Jetzt bin ich am Ende und gestatte gern die Zwischenfrage.
Das haben Sie sehr frei interpretiert, Frau Kollegin. Ich habe gesagt, es würde überhaupt nichts bringen, wenn wir diesen Gesetzentwurf an die Ausschüsse verweisen würden, um dann dort mit den Interessenverbänden, das war auch vorhin die Auslassung von Frau Stange, darüber noch einmal zu diskutieren, um uns aus dieser Perspektive heraus noch einmal die Problematik anzuhören. Ich habe dann nur gesagt, Sie haben ja keine Ausschussüberweisung beantragt und deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. Ich will aber vorsorglich, weil ich gesagt habe, im Verlauf der Debatte könnte das passieren, gleich noch einmal sagen, wenn eine Ausschussüberweisung beantragt würde, würde meine Fraktion zumindest, für die ich hier sprechen kann, dann auch genauso diese Ausschussüberweisung ablehnen, weil wir eben aus den Gründen, die ich hier …
Bitte?
Ich spreche im Moment zunächst für meine Fraktion und inhaltlich, Herr Fiedler, immer für die Koalition.
Aber im Grunde werden wir auch eine Ausschussüberweisung ablehnen, weil die Sachargumente, die wir gern noch einmal hier im Plenum austauschen können, weder von Frau Stange in irgendeiner Form beleuchtet wurden noch konnten die berechtigten Gründe, die wir aufgezählt haben und die gegen diesen Gesetzentwurf sprechen, aufgelöst werden. Das ist der ganze Grund und damit muss man irgendwann eben auch einfach mal leben. Danke schön.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Sie, Frau Präsidentin, uns vorhin darüber informierten, dass aufgrund des Sofortberichts der Landesregierung doppelte Redezeit besteht, hat Herr Adams von hinten gesagt, die wird nicht nötig sein. Ich kann ihm da beipflichten, weil der Antrag tatsächlich nicht, sagen wir einmal, so Zeit füllend sein wird, dass wir alle dieses Zeitkontingent, das uns da avisiert wurde, ausfüllen werden.
Herr Barth und liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, „E.ON-Kauf: Wurden Thüringens Bürgermeister getäuscht?“, das ist die Überschrift. Sie haben in dem Antrag eine ganze Reihe von Punkten aufgeführt, da geht es unter anderem auch um dieses Beraterhonorar, einmal die 200.000 €, die wohl an Herrn Bellefontaine geflossen sind, und dann noch mal 4,8 Mio. €. Ich war vorhin ein bisschen mathematisch verwirrt, weil Herr Kemmerich sagte, das sei dann zum Schluss das 8- oder 42-fache von diesen 200.000 €, das habe ich mal hochgerechnet, dann wären wir bei 9 Komma noch was Millionen gewesen.
Das 48-fache. Genau und damit steht es 1:1, also von daher okay. Die Rechnung stimmt nicht ganz, aber unabhängig davon, Ihnen geht es im Prinzip generell, um das Wievielfache auch immer, also darum geht es Ihnen und Sie fragen: Wie bewertet die Landesregierung das? Ich danke für die Ausführungen des Herrn Geibert, der daraufhin die einzige Antwort gegeben hat, die in dieser Form auch rein sachlich und inhaltlich hier vorn als Berichterstat
tung gegeben werden konnte. Wenn dies ein Vertrag war, den die kommunale Familie über die KEBT und E.ON abgeschlossen hat, dann ist das überhaupt keine Frage, wie die Landesregierung das bewertet. Es ist sicherlich eine interessante Frage, wie wir generell solche Beraterverträge und die Höhe der Honorare bewerten, das könnten wir aber, glaube ich …
Na ja, nicht unbedingt, denn in dem Falle ist es die kommunale Familie oder die KEBT selbst.
Aber das ist eben eine Sache, Herr Barth, da kommen wir nicht raus, das hat die Landesregierung gar nicht zu bewerten. Weil sie in keinster Form Vertragsgestalter oder Vertragspartner war.
Sie kann hier vorn sagen, vielleicht ist das, was Herr Bellefontaine bekommen hat, ein bisschen hoch oder ein bisschen niedrig, aber wir könnten uns generell über Beraterverträge, generell auch über Honorare hier unterhalten. Das ist eine moralische Debatte, die abseits von der kommunalen Familie und vom E.ON-Kauf auch geführt werden würde. Ich weiß, dass viele Leute draußen im Lande bei bestimmten Summen irgendwann mal dichtmachen und sagen, das kann doch gar nicht sein, dass solche Geschäfte dann auch finanziell so untersetzt sind. Menschen, die mit jedem Pfennig oder mittlerweile mit jedem Cent rechnen müssen, die verstehen bei 200.000 € plus 4,8 Mio. € eigentlich nur noch Bahnhof. Aber wo wollen wir da anfangen, Herr Barth? Ich weiß, dass viele …
Aber auch das geht uns doch gar nichts an. Das ist doch ein Vertrag, der nicht in irgendeiner Form von der Landesregierung oder von uns hier im Plenarsaal geschlossen wurde. Warum sollten wir darüber hier jetzt inhaltlich und auch noch in doppelter Redezeit debattieren? Das ist doch die Frage, die ich an Sie habe. Ich bin auch nicht begeistert, wenn ich in der Zeitung lese, um mal das Beispiel zu nehmen, dass Herr Zumwinkel Millionen von Steuern hinterzogen hat und mit 20 Mio. € in die Rente geschickt wird. Ich bin auch nicht begeistert darüber, wenn ich lese, was Herr Hoeneß gemacht hat. Ich weiß, dass es Leute gibt, die ihren Rachen nicht voll genug bekommen können mit Summen, darüber könnten wir gar nicht - also das ist eine phantasievolle Geschichte. Ich sage Ihnen aber auch, auf die Frage, die Sie stellen, wenn Sie die im Plenarsaal an uns als Abgeordnete stellen, als frei gewählte Abgeordnete dieses Landes: Wurden Thü