Protokoll der Sitzung vom 18.12.2013

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das schaffe ich, danke.)

Ich erinnere ein bisschen an die Redezeit, Herr Abgeordneter.

Ja. Das Zweite ist - aber Sie haben mir eine Frage gestellt, auf die will ich auch antworten -, und der zweite Punkt ist der, das kann ich Ihnen beantworten: Es geht nicht um die Frage der Steuerschätzung für das Jahr 2014 oder 2015, es geht um die Erwirtschaftung der Überschüsse im Jahr 2013. Die sind real und diese realen Gelder übertragen wir auf 2014 und 2015 und damit können wir das kommunale Hilfspaket schnüren mit den Überschüssen aus 2013. Wir verlassen uns nicht auf Steuerschätzung, sondern wir können das erfüllen, was wir selbst erwirtschaftet haben. Das stellen wir den Kommunen zur Verfügung. Zeigen Sie mir ein anderes Bundesland, was seine Überschüsse aus 2013 der kommunalen Familie zur Verfügung stellt, damit die leistungsfähig sind, damit dieses Land gut vorankommt, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können. Das ist das Hilfspaket. Das leisten wir neben dem Kommunalen Finanzausgleich. Wir bringen das im Januar ein, dann werden wir es zügig beraten, zügig verabschieden, da kommt die Hilfe und dann ist die Leistungsfähigkeit hergestellt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Danke schön. Das Wort hat Frau Abgeordnete Siegesmund von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Grüne sagen Ja zu einer auskömmlichen Finanzierung der Kommunen. Wir als Grüne sagen Nein zur Verteilung der finanziellen Mittel in diesem Land nach Gutsherrenart, Herr Mohring.

(Abg. Mohring)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gutsherrenart ist das, was Sie hier vorleben, was Sie uns darbieten wollen, und ich glaube, es ist eine bittere Stunde für den Finanzminister, wenn er sich anhören muss, dass es ein Diesseits und ein Jenseits des Kommunalen Finanzausgleichs gibt, den er erst vor Kurzem reformiert und auch mit Ihrer Stimme hier durchgesetzt hat. Wenn Sie dann sagen, obwohl wir in den ersten Monaten des neuen Gesetzes sind, wissend, dass es auch einen entsprechenden Garantiefonds gibt, dass es Ihrer festen Überzeugung 136 Mio. € bedarf, um dieses neue Konstrukt zu flankieren, dann lässt das tief blicken in die Art und Weise, wie Sie hier nicht nur in den vergangenen Jahren

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Haushaltspolitik gemacht haben, sondern wie Sie es weitermachen wollen. Herr Mohring, gestatten Sie mir noch eine Vorbemerkung: Ich bin mir ziemlich sicher, wenn Sie in Ihr Nachbarland Sachsen blicken würden, wären da 136 Mio. über den Durst, würde man die Variante, wie verstehen wir eigentlich eine Schuldenbremse, insofern interpretieren, dass man darüber nachdenken würde, im schwarz geführten Sachsen, dieses Geld dahin zu tun, wo es die CDU Sachsen im Sinne einer atmenden Schuldenbremse, nämlich in guten Zeiten Rücklagen bilden, um sie in schlechten Zeiten aufzubrauchen, verwenden würde. Vielleicht denken Sie darüber mal nach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Wahlkampf in Berlin ist vorbei und der in Thüringen hat begonnen und das sieht man daran, dass Geschenke verteilt werden, teure Geschenke. Wie das genau aussehen soll, haben wir gestern 17.28 Uhr erfahren, als uns die Koalitionsfraktionen an ihrem Wissen teilhaben ließen und eine Pressemitteilung veröffentlichten, wie genau verteilt werden soll. Wer beim Landkreistag vor Kurzem war - Herr Mohring, Sie konnten ja leider nicht dabei sein -, Frau Schweinsburg stellte sich als Präsidentin des Landkreistages hin und ich bin mit ihr in zwei Dingen einer Meinung gewesen, und das kommt nicht sehr oft vor: Sie sagte zum einen, dass nicht mit der Gießkanne verteilt werden soll, sondern da, wo Not und Bedürftigkeit herrscht, erstens, und zweitens, die Kommunen sind chronisch unterfinanziert. Auch da stimme ich ihr zu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das hat aber vor allen Dingen strukturelle Gründe. Diese strukturellen Gründe, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegen vor allen Dingen auch auf Landesebene. Darüber muss man ehrlich und offen reden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu gehört auch, dass die Anfangswehen der Großen Koalition auf Bundesebene vorbei sind, und wir haben uns mal erlaubt, einen Blick in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition zu werfen: CDU, CSU und SPD haben ja vor, die Kommunen finanziell zu unterstützen. Ich bin sehr gespannt und hoffe auch sehr, dass das so geschieht. Man hat vor, auf Bundesebene 5 Mrd. € jährlich durch die Eingliederungshilfe zu entlasten - einer der zentralen Gründe, warum die Kommunen in der Abwärtsspirale sind. Dann hat man vor, die Kommunen in Höhe von 1 Mrd. € zusätzlich zu entlasten, und das Versprechen der Ausfinanzierung für den Ausbau der Kinderbetreuung soll endlich eingelöst werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Haben wir doch.)

Das ist das, was im Koalitionsvertrag der Großen Koalition steht. Dann frage ich Sie aber: Haben Sie so wenig Vertrauen in die nächsten vier Jahre und in diese Große Koalition auf Bundesebene, dass Sie jetzt einfach das Geld, was scheinbar übrig ist oder eben auch nicht, verteilen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der festen Überzeugung, dass die Thüringer Kommunen eben strukturell unterfinanziert bleiben und daran ändert auch das Wahlkampfgeschenk, was Sie jetzt verteilen, nichts. Es ist richtig, dass in der Mittelfristigen Finanzplanung den Thüringer Kommunen in den kommenden Jahren etwas mehr Geld zur Verfügung stehen wird, auch, weil es größere Steuermehreinnahmen gibt, aber die strukturellen Defizite bleiben bestehen. Deswegen sagen wir, dass es nicht Ziel und Zweck sein kann, an dieser Stelle einfach mit dem Füllhorn über das Land zu laufen, ohne eine klare Prioritätenliste zu haben, was gemacht werden muss. Im Übrigen gibt es da auch Bedenken, die juristisch angeführt werden können, denn wir reden im laufenden Haushaltsvollzug, meine sehr geehrten Damen und Herren, des Doppelhaushalts über eine über- und außerplanmäßige Ausgabe, die eigentlich laut Landeshaushaltsordnung nur im Falle eines unvorhergesehenen, unabweisbaren Bedürfnisses genehmigt werden sollte. Da frage ich Sie: Was ist denn im Augenblick das unabweisbare Bedürfnis?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gar nicht so sehr was dagegen, den Kommunen, die aus unserer Sicht durch Sie nicht auskömmlich finanziert sind, entsprechende finanzielle Mittel zukommen zu lassen. Aber dass Sie der Ansicht sind - und da nehme ich wieder Frau Schweinsburg, die beim Landkreistag sagte, danke an die CDU-Fraktion -, entscheiden zu können, wie dieses Geld verteilt wird und wer es bekommt, das kann doch wohl nicht wahr sein.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dass Sie das immer noch nicht verstanden haben, das finde ich bitter, und dass Sie auch nicht verstanden haben, Herr Mohring, vielleicht lag es auch an den übertragenen Aufgaben. Ja, wer hat die denn übertragen in den vergangenen Jahren? Warum gibt es denn das strukturelle Defizit? Weil Sie es vermurkst haben, und das ist das Problem. Dann müsste man über die Thüringer Kommune an sich …

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das sind keine Landesgesetze; das sind alles Bundes- gesetze.)

Entspannen Sie sich mal, Herr Mohring, ich würde gern meine Rede fortsetzen wollen.

Herr Abgeordneter Mohring, Sie haben die Möglichkeit, einen Zwischenruf hier einzuwerfen, aber keine Rede. Redezeit ist erst mal für die CDU-Fraktion keine mehr, aber für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete Siegesmund hat das Wort.

Ich stimme Ihnen ja in einem Punkt zu: Die Thüringer Kommune gibt es nicht, weil einige finanzstark sind, andere verfügen nicht einmal über nennenswerte Steuereinnahmen, einige wachsen, andere schrumpfen. Sie haben das ja vorhin auch dargelegt. Einige haben Fehler in der Vergangenheit gemacht, andere nicht, andere hatten Glück durch die Ansiedlung eines Großinvestors, andere müssen geradeso überlegen, ob sie sich die Schule, die Kita am Ort noch leisten können. Einige wurden zwangsbeglückt durch entsprechende Landesentscheidungen, zum Beispiel durch überdimensionierte teure Abwasseranlagen und andere Dinge und sitzen jetzt auf den Folgekosten. Darüber muss man reden, welches Konzept Sie haben, um dauerhaft, damit nicht Hilfspaket zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht notwendig ist, denen zu helfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sagen wir: keine Gießkannenförderung der Kommunen, sondern zielgerichtete, problemorientierte Lösungen für die

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Genau, genau.)

Kommunen und nicht ein einmaliges Paket und noch nicht mal die Möglichkeit, Ihr eigenes KFAKonstrukt auf sozusagen Vorteile und Nachteile zu prüfen, weil es noch nicht mal entsprechend lang genug wirkt, denn nachhaltig ist das, was Sie hier vorgelegt haben, nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das Gegenteil.)

Viele Kommunen werden, das wissen wir, dauerhaft auf zusätzliche Hilfe angewiesen sein. Das hat übrigens auch damit was zu tun, auch das gehört zur Selbstreflexion, dass die Kommunalaufsicht jahrelang versagt hat und sich diejenigen nicht vorgeknöpft hat, die keinen vernünftigen Haushalt aufgestellt haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das gehört zur Wahrheit dazu, ebenso wie die Frage, dass eine paralysierte Landesregierung, die unfähig zur Durchführung notwendiger struktureller Reformen ist, wahrlich kein Beispiel dafür ist, wie Konsolidierung geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, Strukturkonsolidierung an dieser Stelle. Frau Schweinsburg sagte beim Landkreistag auch: Zum Glück ist das „blaue Wunder“ obsolet. Das sagt ja alles, es wird keine Strukturreform mehr in dieser Legislatur geben, weil Ihnen der Angstschweiß schlicht und ergreifend vor Ihren eigenen Landräten so auf der Stirn steht, dass Sie sich in den nächsten Monaten schon gar nicht trauen werden,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da noch was zu tun. Deswegen sind wir der festen Überzeugung, dass es mehr braucht als ein einmaliges taktisches Wahlkampfmanöver, und als solches muss man es auch klassifizieren. Und dann ist die Frage, warum - Dank an die Fraktion DIE LINKE -, warum nicht von vornherein der Nachtragshaushalt, der in der Tat durch die Landesregierung eingebracht werden müsste, sondern der Umweg über Sie, sozusagen über ein Gesetz, was ja noch nicht einmal vorliegt, sondern was wir dann durch die entsprechenden Medieninformationen schon gerne wüssten, woran wir sind, jetzt diskutieren. Es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen, es gibt selbst unterschiedliche Rechtsauffassungen innerhalb des Rechnungshofes zur Frage, ist das eine oder andere nötig. Das haben wir wohl zur Kenntnis genommen. Aber wenn es darum geht, eine vernünftige politische Kultur zu pflegen, wenn es darum geht, dass Sie gelernt haben, dass man im Zweifel nicht noch mal wegen einer haushalterischen Frage vor dem Verfassungsgericht in Weimar in dieser Legislatur stehen möchte, vielleicht sollte man dann die Kann-Bestimmungen, nämlich die Kann-Bestimmung, dass es einen Nachtragshaushalt geben kann, noch mal prüfen und in der Landesregierung, gern im Kabinett beraten. Vielleicht nehmen Sie einfach diese Bitte der Opposition an und mit, denn es geht ja auch immer darum, darüber nachzudenken, was schließen wir aus dieser Debatte.

Und die Frage, wie helfen wir den Kommunen, die die Hilfe des Landes brauchen, wie helfen wir den

Kommunen so, dass sie künftig nicht mehr auf die Hilfe des Landes angewiesen sind, die muss man zusätzlich besprechen. Das ist ja nicht nur eine Debatte, die wir in Thüringen führen. Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung zeigt ja auf, was es landauf, landab für Debatten gibt.

Jetzt schauen wir noch mal in eine Stadt, die besonders betroffen ist in Thüringen, das ist die Stadt Gera, die 2009 alleine auf Kassenkredite in Höhe von 32 Mio. € zurückgreifen musste. 2013 haben diese 32 Mio. € nicht mehr gereicht, nicht mal die möglichen 40 Mio. haben am Ende ausgereicht, und im März war die Stadt zahlungsunfähig. Das Land musste also entsprechend helfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wird denn Gera 2015 und 2016 dank Ihres Paketes auf eigenen Füßen stehen können? Wird denn Masserberg, wird denn Oberhof und Tabarz, wird denen denn geholfen mit dieser einmaligen Finanzspritze?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube das nicht. Deswegen ist meine Frage: Was konkret wird denn die Landesregierung tun, dass eben jenen geholfen wird, und zwar nachhaltig, und dass man nicht von einem Jahr zum nächsten zittern muss und dass diese Städte, diese Kommunen auch wieder stolz darüber entscheiden können, welche Ausgaben sie für Infrastruktur anlegen wollen, wie sie für lebenswertes Leben in ihrer Stadt tatsächlich sorgen werden? Unsere Befürchtung ist, dass diese 136 Mio., die übrigens auch nur als Zahl zustande kommen, nicht, weil der Bedarf entsprechend hoch ist,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Weil nicht mehr Geld da war.)

(Beifall DIE LINKE)

sondern weil die entsprechenden Mehreinnahmen in dieser Höhe da sind. Da frage ich mich auch: Wie hoch ist denn der tatsächliche Bedarf? Vielleicht liegt der bei 200, 250, 800, vielleicht liegt er auch nur bei 50. Keiner weiß es. Rechnen Sie uns das mal vor! Das Hauptproblem ist, dass die strukturellen Fragen nicht geklärt sind, weder in Gera noch in anderen Städten, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Landesaufgabe und nicht Aufgabe derjenigen, die im Zweifel so tief im Schlamassel stecken, dass sie es allein nicht mehr stemmen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sagen wir: „Weniger Gießkanne, mehr zukunftsorientierte Politik!“ und wir sagen auch: „Weniger Zweiklassengesellschaft“ - denn darauf läuft es hinaus, die Kommunen, die es sich leisten können, die, die es sich nicht leisten können - und dafür eine klare nachhaltige Entlastung der Kommunen. Zeigen Sie Größe und zeigen Sie, dass es entweder einer Neujustierung beim KFA bedarf

oder Sie eine andere gute Idee haben, über Altschuldentilgungsfonds oder was weiß ich, um den Kommunen dauerhaft zu helfen, dann kommt das Land auch ein Stück weiter! Sehen Sie endlich ein, dass es ohne strukturelle Entlastungen für die Kommunen und strukturelle Neujustierung auf Landesebene nicht funktionieren wird! Das sind Sie uns allen schuldig. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)