Was uns die Proteste zeigen, was auch das Bemühen der Opposition zeigt, tatsächlich in die Hochschulentwicklung einbezogen werden zu wollen, zeigt doch nur, dass an diesem Punkt absolut etwas nicht stimmt, dass viele Gruppen und Experten nicht einbezogen sind, sich an Hochschulentwicklung zu beteiligen. Das einzige Kriterium, was wir wahrnehmen können, Hochschulentwicklung nach
Kassenlage, geschieht. Sollte das Zeitargument ziehen, dass Sie der Auffassung sind, die Enquetekommission hätte nicht mehr genug Zeit - auch im Bundestag haben Enquetekommissionen schon über Legislaturen hinweg gearbeitet. Wir müssten nur die politische Entscheidung alle miteinander treffen.
Ich schaue. In diesem Moment ist der Antrag auf das Einsetzen der Enquetekommission eingereicht und ich hoffe, wir kommen zu einem positiven Ergebnis.
Danke, Frau Abgeordnete. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich halten auch wir diese Aktuelle Stunde in der Tat für berechtigt und für überfällig, weil - Susanne Hennig hat es höflich ausgedrückt - eine Debatte über Hochschulentwicklungsplanung mit dem Minister nicht allzu häufig möglich ist, er ist nämlich nicht so häufig anwesend, wenn wir im Bildungsausschuss zusammensitzen.
Und wenn ich an die letzte Sitzung des Bildungsausschusses erinnern darf - die im Dezember ist ausgefallen, die letzte hat im November stattgefunden -, da stand dort ein Antrag unserer Fraktion auf der Tagesordnung, in dem wir sehr konkrete Fragen formuliert hatten, wie die Landesregierung die Situation an den einzelnen Hochschulen einschätzt. Der Staatssekretär hat uns das dann auch mehr oder weniger kompakt referiert. Eine solche Berichterstattung kann allerdings keine hochschulpolitische Debatte ersetzen. Ich glaube, das ist hier heute auch schon deutlich geworden.
Lieber Herr Minister Matschie, ich habe natürlich vorhin Ihrer Rede sehr aufmerksam zugehört, dass Sie den Studierenden zubilligen, dass es richtig ist, wenn sie jung sind, sich zu engagieren, das freut uns natürlich, das halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Noch besser wäre es gewesen, wenn Sie die Demonstration auch wahr- und ernst genom
Denn so viel Kritik, wie ich sie an der Rede von Herrn Minister Voß vorhin auch schon geäußert habe - er hat sich immerhin auf dieser Demonstration gestellt.
Aus dem Bildungsministerium war weit und breit niemand zu sehen. Da ist es dann einfach, hier vom Pult aus zu sagen, es ist gut und richtig, wenn sich junge Menschen auf die Straße begeben, um für gute Bildung zu streiten. Die Frage allerdings, ob eine Enquetekommission der richtige Ort ist, vor allen Dingen zu diesem Zeitpunkt, ist eine, die wir in der Tat sehr genau abwägen müssen. Denn machen wir uns nichts vor, im September nächsten Jahres aller Voraussicht nach - das ist auch so ein Geheimnis, was die Koalition hütet, wann genau die Wahl stattfinden wird - wird hier neu gewählt. Ich fürchte, dass eine sachliche und fundierte Diskussion in den Wahlkampfmonaten in einer Enquetekommission nur schwer möglich ist. Wir sind dazu allerdings bereit und haben da auch schon viele Fragen, die wir dort gern behandelt wissen würden, ich möchte davon einige nennen.
Zum einen wäre das die Frage, wie wir eine auskömmliche und verlässliche Grundfinanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen tatsächlich sicherstellen können. Da hilft es uns wenig, zu wissen, dass zwar etwas mehr Geld zur Verfügung steht, wenn wir aber gleichzeitig konstatieren müssen, dass die Mehrkosten - Frau Hitzing hat es vorhin ausgeführt, sowohl was Personalkosten, aber auch, was Betriebskosten anbelangt - das jedes Mal wieder auffressen, haben wir es unterm Strich trotzdem immer wieder mit Kürzungen zu tun.
Die zweite Frage, die wir hätten, wäre, wie wir es schaffen, mehr sichere Beschäftigungsverhältnisse an die Thüringer Hochschulen zu bringen. Wir hatten hier eine große Anhörung des Bildungsausschusses, auch da war der Minister übrigens nicht anwesend, wo es um prekäre Beschäftigung an den Hochschulen ging. Da ist mir jedenfalls regelrecht die Schamesröte ins Gesicht gestiegen, wie wir mit wissenschaftlichen Hilfskräften an unseren Universitäten umgehen und wie sich auch der Mittelbau von einer Befristung zur nächsten hangeln muss.
Die dritte Frage, die wir gern behandeln würden, ist, wie können wir eine konsequente Gleichstellungspolitik in unserer Wissenschaftslandschaft verankern, denn auch da gibt es noch jede Menge Nachholbedarf.
Ich nenne hier beispielhaft die Studie „Frauen machen Neue Länder“. Aus dieser können wir ablesen, dass Thüringen gerade im Wissenschaftsbereich ganz weit hinten liegt, was Gleichstellung anbelangt.
Die vierte Frage wäre, wie lässt sich eine demokratische und transparente Hochschulentwicklungsplanung umsetzen, die auch Wissenschaftsfreiheit garantiert.
Die fünfte Frage: Wie können wir die Hochschulstrukturen im Land modernisieren und was tun wir, um die Mitbestimmung an den Hochschulen zu verbessern, um nicht nur über die Senate mitgeteilt zu bekommen, was dort geplant ist.
Die sechste Frage: Wie erreichen wir Hochschulen, die wirklich für alle offenstehen, insbesondere auch für Menschen aus bildungsferneren Familien, für Menschen mit Migrationshintergrund und für Menschen, die vielleicht einen anderen Zugang zur Hochschule suchen, als dieses klassische Abitur abgelegt zu haben, die einen Beruf erlernt haben und so als Quereinsteiger einen neuen Bildungsweg einschlagen können?
Die nächste Frage lautet: Wie können unsere Hochschulen auch Orte gesellschaftlicher Vielfalt werden?
Die achte Frage wäre: Wie sichern wir eine elternunabhängige und auskömmliche Studienfinanzierung ab? Wir wissen, dass Studierende neben dem Studium arbeiten müssen, um sich das Studium überhaupt leisten zu können. Da weiß auch jeder, wie viel Zeit dann tatsächlich für das Studium bleibt.
Die nächste Frage würde lauten: Wie muss eine einheitliche und transparente Forschungsstrategie für Thüringen aussehen? Auch diese Frage ist unbeantwortet.
Eine letzte Frage: Wie können wir eine nachhaltigkeitsrelevante und friedensorientierte Forschung stärken? Ich denke, auch ein spannendes Thema. Auch dazu liegen noch viel zu wenig Erkenntnisse und Aussagen vor.
Abschließend will ich deutlich machen: Wir sind bereit zum konstruktiven Diskurs auch in dieser Frage. Die Landesregierung hingegen muss endlich ihre Hausaufgaben machen, denn das zugesagte Konzept liegt bis heute nicht vor. Es gibt ganz viele offene Fragen, die für eine zukunftsfähige Hochschul- und Forschungsentwicklung geklärt werden müssen. Die aktuellen Kürzungen und Streichungsabsichten, auch wenn sie sich Strukturentwicklungsplanung nennen, jedenfalls halten wir für unvereinbar mit einer zukunftsfähigen Entwicklung unserer Hochschulen. Vielen herzlichen Dank.
Werter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, Hochschulentwicklungsplanung, das ganze Thema Hochschulen hatten wir heute schon einmal in einer anderen Aktuellen Stunde. Da ist deutlich geworden, zwar mit unterschiedlichen Sichtweisen, aber dass wir eine Finanzierung haben, die zumindest den Entwicklungsweg aufzeigt. Was wir aber gemeinschaftlich wollen, und das ist mehrfach schon im Ausschuss deutlich geworden, wir wollen erstens eine gute Entwicklungsstrategie für unsere Hochschullandschaft, wir wollen zweitens eine auskömmliche Finanzierung, weil wir uns darüber im Klaren sind, dass Hochschulen auch Zukunftsmagneten sind hier im Freistaat. Und wenn wir uns das anschauen, dann stellen wir fest, 40 Prozent der Studenten, die an den Thüringer Hochschulen studieren, kommen mittlerweile aus den alten Bundesländern, 17 Prozent sind internationaler Herkunft. Das heißt, es kommen junge Menschen hier in den Freistaat. Insofern ist das Anliegen Ihres Antrags, zu sagen, wir diskutieren heute über die Hochschulentwicklungsplanung, vollkommen richtig. Ob der Weg, eine Enquetekommission dafür aufzulegen, sinnvoll ist, stelle ich mal infrage. Denn das, was wir wollen, ist doch nicht, wieder zehn Fragen zu formulieren, Frau Rothe-Beinlich, sondern wir wollen die Antworten dafür.
Das ist doch etwas, was uns vielleicht gemeinschaftlich eint in der Frage, wir möchten endlich über Hochschulentwicklungsplanung auch in in Text gegossener Form diskutieren. Da finde ich den Vorwurf an das Ministerium nicht passend, zu sagen, es gab keine Beteiligungsmöglichkeiten. Ich glaube, dass mit dem Dialogprozess durchaus Angebote geschaffen worden sind, wo sowohl Experten aus den Hochschulen, aber natürlich auch die Fraktionen eingeladen waren. Trotzdem, und das unterstütze ich, muss es auch eine aktive Diskussion im Parlament geben, im Ausschuss. Ich glaube, diese Chance muss jetzt in aller Intensität genutzt werden. Da gab es ein paar Irritationen, vorletzte Ausschuss-Sitzung, über die Fragestellung, ist das jetzt ein Konzeptpapier, ist es jetzt ein Plan. Ich finde, wir sollten uns nicht an Semantik aufhalten, sondern an den Inhalten, die da drinstehen. Und deswegen:
1. Enquetekommission wird von meiner Fraktion nicht mitgetragen, weil ich glaube, die würde das Problem verlagern. Wir müssen das im Wissenschaftsausschuss diskutieren, da gehört es hin, da hat es seinen Platz.
2. Ich will auf ein paar Punkte hinweisen, warum ich bisher immer dafür plädiert habe, dass wir uns hätten etwas näher am Hochschulgesetz orientieren sollen, das sagt, Hochschulentwicklungsplanung, dann Rahmenvereinbarung, dann Ziel- und Leistungsvereinbarung. Ich mache mal ein Beispiel. Die Hochschulen sind jetzt in einem intensiven Profilierungsprozess. Das ist etwas, das hat der Minister vorhin in aller Umfänglichkeit ausgeführt, auch an vielen Stellen sehr positiv. Gleichzeitig entstehen aber auch Fragestellungen, wo wir uns zumindest über die Zielsetzung solcher Ziel- und Leistungsvereinbarungen und den Profilierungsprozess an den Hochschulen mal unterhalten sollen. Ich nehme mal ein Beispiel, Politikwissenschaften in Jena. Da ist jetzt in der Struktur- und Entwicklungsplanung an der FSU in Jena vorgesehen, 30 Prozent der Lehrund Forschungskapazitäten einzusparen. Auf die gesamte Universität sind es 10 Prozent. Das heißt, dass hier ein Institut deutlich das Dreifache an Kapazitäten einbüßt im Vergleich zum Gesamteinsparvolumen der Friedrich-Schiller-Universität. Zwei der vier klassischen Teildisziplinen der Politikwissenschaften sollen an der einzigen Landesuniversität im Freistaat wegfallen. Wenn das tatsächlich unser Anliegen ist, dann brauchen wir uns hier im Parlament nicht zu unterhalten über Programme gegen Extremismus und für Demokratie,
dann brauchen wir hier im Landtag auch nicht darüber zu sprechen, dass wir europäische Studien weil wir es an der Universität abschaffen, aber gleichzeitig hier eine eigene Europakompetenz in allen Ausschüssen einführen. Ich finde, da muss man klar benennen, dass das Land auch eine gesamtplanerische Komponente hat. Ich finde, an diesem Punkt sollte man in aller Ruhe im Ausschuss diskutieren, damit nicht Schneeballeffekte entstehen, die dann am Ende dazu führen, dass bestimmte Angebote, die wir für das gesamte Land brauchen, letztlich nicht mehr vorgehalten werden. Deswegen klar, Hochschulentwicklungsplanung muss in den Ausschuss, muss dort diskutiert werden, und ich bin eher dafür, dass wir nicht nur Fragen benennen, sondern auch konkrete Maßstäbe und Antworten formulieren. Und die können für mich bedeuten:
1. die Studentenanzahl hier im Freistaat zu halten, das heißt, diese 50.000/52.000 Studenten zu halten und zu stärken, vor allen Dingen die Absolventenquote so zu erhöhen, dass nicht 53 Prozent der Thüringer Studenten am Ende den Freistaat verlas
2. ein aktiverer Forschungstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um am Ende auch Wachstum und wieder neue Arbeitsplätze zu schaffen;
6. - etwas, was ich hier schon seit Jahren fordere stärkere Kooperation auch zwischen den Infrastrukturangeboten. Ich bin sehr froh, dass im nächsten Hochschulentwicklungsplan auch das Thema Kooperation im Bibliothekswesen drin ist und wir dort auch Aspekte aufgenommen haben.
Studienangebote besser abzustimmen, das war ein Thema, was wir auch im letzten Wissenschaftsausschuss hatten, wo wir festgestellt haben...
Sofort, zwei Sätze. Wir bilden 14-mal BWL im Freistaat aus, da kann man sich jetzt die Frage stellen, Stichwort Ökonomisierung ist vorhin genannt worden, duale Hochschule einführen, mehr internationale Sichtbarkeit und am Ende einfach auch eine Hochschullandschaft, die weiterhin zukunftsfähig bleibt. Schönen Dank.