Astrid Rothe-Beinlich

Sitzungen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich, dass besagter TOP 13 „Zukunft der Hebammen“ in Drucksache 5/7359 - im Februar eingereicht - in diesem Plenum auf jeden Fall behandelt wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst für die bislang durchaus sachliche Debatte zu diesem Thema bedanken, auch wenn sich mir die Koalitionsdialektik genauso wenig erschließt wie das Attestieren der FDP, dass wir einen guten und richtigen Antrag gestellt haben, dieser aber trotzdem so nicht mitgetragen wird. Aber das müssen Sie selbstverständlich für sich selbst verantworten.
Das eigentliche Problem hinter unserem Antrag ist selbstverständlich eine Haltungsfrage - machen wir uns nichts vor -, nämlich mit wie viel Offenheit, To
leranz, Vielfalt wollen und können wir tatsächlich umgehen und wie befördern wir Diversität, Vielfalt, Toleranz im Alltag. Dazu gehört die Schule eben auch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal kurz erinnern, wir haben den Antrag im November 2013 hier im Thüringer Landtag eingebracht, nachdem wir im September einen Thüringer Regenbogenempfang hier im Landtag durchgeführt hatten, wo das Thema sehr intensiv von Fachleuten, von Betroffenen diskutiert wurde - das Thillm beispielsweise war auch zugegen - und wo wir gebeten wurden, genau dies noch einmal zum Thema eines Antrags auch und gerade mit Blick auf die Schule zu machen. Das haben wir getan.
Was waren die Ziele unseres Antrags? Ich nenne sie noch einmal, damit Sie das vielleicht auch nachvollziehen können. Zum Ersten ging es uns darum, in der Aus- und Fortbildung das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ durch verpflichtende Module in der Lehramtsausbildung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, aber auch bei der berufsbegleitenden Fortbildung für Lehrerinnen und für Erzieherinnen und Erzieher zu verankern.
Zum Zweiten war und ist uns wichtig, das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ in den Thüringer Lehrplänen als Querschnittsthema in allen Fächern und in allen Klassenstufen zu implementieren und die Richtlinien zur Sexualerziehung zu überarbeiten. Ich werde dann auch noch einmal etwas genauer darauf eingehen.
Zum Dritten wollten wir gern mit den Schulbuchverlagen über eine Überarbeitung der in Thüringen verwendeten Schulbücher und Lernmittel ins Gespräch kommen und die in Thüringen verwendeten Lern- und Lehrmittel bezüglich der Verankerung des Themas „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ zu überarbeiten. Auch dazu - es wird sehr spannend sein - gehe ich dann noch mal genauer auf die Anhörung ein.
Zum Vierten wollten wir in der Tat ein systematisches Beschwerdemanagement in Bezug auf Diskriminierung in den Schulamtsbereichen aufbauen. Wir wollten Beratungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler, für Eltern und Lehrkräfte schaffen und diese den Schülerinnen und Schülern und den Eltern auch öffentlich bekannt machen, denn - machen wir uns nichts vor - es gibt auch noch sehr viel Scham im Umgang mit diesem Thema und viele wissen nicht, wohin sie sich vertrauensvoll wenden sollen.
Als Fünftes ging es uns darum - Herr Emde hat das deutlich gemacht, dass er das dezidiert nicht möchte -, ein Landesprogramm gegen Homo- und Transphobie zu schaffen, das Schulen bei ihrem Weg zu mehr Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher
Vielfalt und auch bei ihrer Arbeit gegen Homo- und Transphobie unterstützt.
Herr Möller hat für die Linke auch schon auf die Zusammenfassung der Stellungnahmen verwiesen, denn es ist völlig richtig, wie es in der Berichterstattung auch dargestellt wurde, dieser Antrag wurde an den Ausschuss überwiesen. Das hat uns sehr gefreut. Der Ausschuss hat dann beschlossen, eine schriftliche Anhörung durchzuführen. Selbstverständlich war auch unsere Hoffnung, dass es dann eine echte Debatte gibt. Im Ausschuss hat ein Gespräch stattgefunden - so kann man das nennen zwischen dem Bildungsministerium und mir. Das war nicht unspannend, aber ansonsten hat die Debattenbeteiligung doch sehr zu wünschen übrig gelassen. So zu tun, als ob es eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen im Ausschuss gegeben habe, ist leider nicht ganz redlich, denn die sind dort außer von mir und vom Ministerium, welches der Meinung ist, schon fast alles zu tun, was möglich ist, schlicht nicht diskutiert worden.
Lassen Sie mich auf einige Stellungnahmen kurz eingehen. So hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geantwortet, dass prinzipiell alle Bestrebungen begrüßt werden, die zum Ziel haben, das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ im Bildungswesen zu verankern. Wichtig war diesem auch der Schutz vor Diskriminierung, insbesondere die Qualifizierung der Lehrkräfte und des pädagogischen Personals und - das hat die Antidiskriminierungsstelle noch mal dezidiert ausgeführt - die Problematik, dass Schulbücher die Norm der Zweigeschlechtlichkeit kaum infrage stellen.
Kommen wir zum Verband der Bildungsmedien. Dort ist auch eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgegeben worden, auch die Bereitschaft zum Gespräch signalisiert worden. Zudem findet sich in der Stellungnahme ein sehr bezeichnender Satz und den werde ich jetzt zitieren. Da heißt es nämlich: „Generalisierend lässt sich sagen, dass neue Unterrichtsmaterialien vielfach deswegen nicht in den Unterricht kommen können, weil das Thüringer Lernmittelbeschaffungssystem komplett unterfinanziert ist.“ Vielleicht sollte uns auch das einmal zu denken geben.
Das ist ein echtes Problem und diesen Mangel damit zu begründen, dass man eben mit veralteten Lernmaterialien arbeitet, ist eher ein Armutszeugnis, jedenfalls aus unserer Sicht.
Es gibt noch viele weitere Stellungnahmen, von der Friedrich-Schiller-Universität, dem Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung, vom LSVD, die unseren Antrag unterstützen. Auch der Landesfrauenrat sagt, die Initiative wird ausdrücklich unterstützt, die Landesvereinigung der Gesundheitsför
derung in Thüringen ebenfalls. QUEERFORMAT hat sich positiv auf den Antrag bezogen. Die GEW hat umfangreiche Ausführungen gemacht und unseren Antrag komplett unterstützt. Vielfalt Leben QueerWeg für Jena und Umgebung hat ausgeführt, dass Vielfalt in Schule aufgezeigt werden muss, Bildungsmaterialien dies bislang aber eben nicht tun. Herr Dr. Klocke, der hier eben schon einmal zitiert wurde, aus Berlin hat in seiner Stellungnahme geschrieben: „Lehrkräften ist oft nicht bewusst, welchen Einfluss sie auf das Verhalten und Einstellungen ihrer Schülerinnen und Schüler haben.“ Er führt dann weiter aus: „In jeder Schule sollte eine Person mit den Themen soziale Vielfalt, Prävention von Mobbing, Anti-Mobbing-Leitbild und Antidiskriminierung beauftragt werden. Diese muss niedrigschwellig sein für Schüler.“ Und er sagt, dass ein AntiMobbing-Leitbild für die Schule hier sicher auch sehr hilfreich ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen hier durchaus Handlungsbedarfe und wir sehen vor allem die Notwendigkeit, eine Sensibilisierung zu schaffen und auch offen über dieses Thema zu sprechen. Da können Sie gern den Kopf schütteln, lieber Kollege Primas.
Dass es aber auch anders geht, zeigen uns andere Länder. So hat beispielsweise Baden-Württemberg eine große Online-Befragung auf den Weg gebracht, die ich Ihnen ans Herz legen kann. Hier liegen die ersten Auswertungen seit dem 24.06.2014 vor. Ich zeige Ihnen das gern einmal. Die Überschrift lautet hier: „Für Akzeptanz und gleiche Rechte zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen in BadenWürttemberg“. An dieser Umfrage haben sich 2.200 Menschen beteiligt. Das ist eine sehr hohe Zahl. Wenn Sie wissen, ab wann eine Umfrage als valide eingeschätzt werden kann, kann man bei dieser Umfrage davon ausgehen, dass hier endlich einmal valide Daten vorliegen. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung in Baden-Württemberg hat diese Online-Befragung wie gesagt durchgeführt. In Baden-Württemberg ist das vom Land ausdrücklich unterstützt worden. Diese Online-Befragung ist Bestandteil des Aktionsplans für Akzeptanz und gleiche Rechte in Baden-Württemberg. Einen solchen Aktionsplan wünschen wir uns dezidiert auch für Thüringen. Das Ziel war es, die Situation von LSBTI-Menschen in Baden-Württemberg sowie deren Erfahrungen in verschiedenen Lebens- und Handlungsbereichen zu erfassen und unsere Große Anfrage - Sie erinnern sich vielleicht, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat hierzu umfangreich Fragen gestellt und auch beantwortet bekommen - hat gezeigt, dass der Thüringer Landesregierung so gut wie keine Daten zur Situation
von diesen Menschen hier in Thüringen vorliegen. Wenn Sie mal in die Umfrage aus Baden-Württemberg hineinschauen, ist das sehr spannend, weil die Menschen gefragt wurden, was sie in den letzten Jahren öfter erleben mussten. Das reicht von, dass 60 bis 70 Prozent sagen, sie werden angegafft, sie werden imitiert, sie werden lächerlich gemacht, sie werden nicht ernst genommen, sie werden bloßgestellt, sie werden ausgegrenzt bis zu: es kommt zu körperlichen Übergriffen. Was aber besonders spannend ist, dass sie gerade die Schule, die Berufs- und Fachschule, aber auch Ämter und Behörden als Orte angeben, wo Betroffene immer wieder Diskriminierung erfahren. Ich sage einmal, ich gehe davon aus, dass die Situation in Thüringen leider nicht sehr viel anders ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn Sie sich dann noch anschauen, was konkret formuliert wird, will ich Ihnen auch einige Beispiele benennen. So heißt es hier zum Beispiel, dass Betroffenen in den Schulen deutlich gesagt wurde, dass eben verschiedene sexuelle Orientierungen überhaupt kein Thema sein müssten, dass die Kinder sagen, dass sie das Gefühl haben, dass sie immer wieder von Mitschülern beschimpft werden und die Lehrer eher überfordert reagiert haben oder dies sogar geduldet haben. Auch Äußerungen kamen, wie: Na ja, du bist ja auch ein bisschen anders, damit musst du eben klarkommen. All das macht deutlich, dass es bislang überhaupt keine Normalität im Umgang mit diesem Thema gibt.
Was ist unser Ziel und was wünschen wir uns, auch wenn Sie unseren Antrag heute ablehnen werden? Wir sollten als Politik angesichts von Anfeindungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen im Schulalltag, die leider traurige Realität sind, sehr deutlich machen, dass wir das als Land nicht gutheißen, im Gegenteil, dass wir uns offensiv gegen Diskriminierung stellen. Für uns ist klar, wir müssen die Akzeptanz für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt stärken und fördern und da ist auch das Land gefragt, da kann man sich nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen und sagen, das passiert schon alles irgendwie und das Ministerium nimmt das maximal positiv zur Kenntnis. Wir wissen alle, es wird gewählt und eine andere Politik tut not. Ein Bekenntnis des Landes tut uns allen nicht weh, im Gegenteil, es würde für Klarheit sorgen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es braucht Strategien und Leitbilder, wie wir Vielfalt in unseren Bildungseinrichtungen fördern und wertschätzen können, und dazu zählt auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften im Umgang mit Heterogenität. Wir müssen uns der Aufgabe stellen, Homo- und Transphobie bei Kindern und Jugendlichen abzubauen. Unser Antrag, so meinen wir, ist
dafür ein guter Beitrag. Auf dem Weg zu einem diskriminierungsfreien Schulalltag und einer angemessenen Betrachtung der Thematik LSBTI im Unterricht sind noch viele Anstrengungen notwendig. Vor dem Hintergrund, dass Thüringen in diesem Handlungsfeld erst am Anfang steht, werden wir hier jedenfalls weiterhin für Veränderungen eintreten. Und lassen Sie es sich noch einmal gesagt haben: Homophobie ist heilbar. Es braucht aber immer wieder klare Aussagen auch und gerade vonseiten des Landes, dass wir Vielfalt wertschätzen, dass wir froh sind, dass Thüringen ein buntes Land ist. Ich wünsche mir, dass irgendwann in naher Zukunft vor unserem Landtag auch einmal die Flagge des Regenbogens weht. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Vertreterinnen und Vertreter der Thüringer Hochschulen, die Sie heute hier sind, Vertreter der Studierendenschaften, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Es hat immer positive und negative Seiten, wenn man als letzte Fraktion in einer solchen Debatte zu Wort kommt. Vieles ist schon gesagt, einiges werde sicherlich auch ich noch einmal bemühen und trotzdem müssen wir uns noch einmal vor Augen führen, warum es wohl ausgerechnet heute zu einer Regierungserklärung zur „Hochschulstrategie 2020“ gekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist auch meine Fraktion froh, dass wir überhaupt einmal darüber reden. Man muss das leider in aller Deutlichkeit sagen. Allerdings kann man die Augen nicht davor schließen, dass eine echte Debatte Thomas Hartung hat eben den Begriff der Augenhöhe bemüht - nur bedingt möglich ist, wenn keinerlei Mitsprache mehr an einem Papier gelingen kann, was uns mit vielen Monaten Verspätung dann doch noch erreicht hat. Das kann man schlicht nicht schönreden. Da hilft auch die weichgespülte Koalitionsrhetorik, auf die man sich hier kurz vor der Wahl offenkundig verständigt hat, nicht wirklich weiter. Wir mussten zunächst viele Jahre darum kämpfen, dass es überhaupt eine Planung gibt. Ich will daran erinnern, uns ist vorgeworfen worden, insbesondere auch von Ihnen, lieber Herr Minister Matschie, die Zeit der Fünfjahrespläne wäre vorbei,
wir bräuchten keine solchen Planungen mehr.
Und erst, nachdem am 21. Juni 2013, also vor einem Jahr, alle Fraktionen gemeinsam beschlossen haben, dass die Landesregierung bis Ende 2013 ein Konzept zur strategischen Entwicklung der Thüringer Hochschulen und eigentlich noch sehr viel weitergehend, meine Kollegin, Frau Dr. Kaschuba, hat es ausgeführt, vorzulegen hat, dann hat tatsächlich auch die Arbeit begonnen. Nun könnte man auch meinen, was lange währt, wird endlich gut. In dem Fall ist es leider nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn ich glaube, es gehört auch zur Ehrlichkeit dazu, dass wir uns diese Hochschulstrategie mit diesem doch recht hochtrabenden Namen einmal genauer anschauen und hinterfragen müssen. Etwas relativiert hat sie eben selbst schon mein Kollege Dr. Hartung aus der SPD-Fraktion, er ist jetzt leider nicht mehr da. Er hat den Satz gesagt: Für die Gesamtstrategie zeigt uns die Hochschulstrategie wichtige Einzelschritte auf. Ja, was denn nun, ist es jetzt eine Strategie oder ist es keine Strategie? Sie müssen gerade schmunzeln. Genauso ging es mir auch. Aber eigentlich ist die Lage schon relativ ernst. Und wenn Herr Dr. Voigt dann in seinem Redebeitrag formuliert hat, wir müssten aber jetzt ganz zügig vorangehen und dürfen keine Zeit verlieren und können uns hier beispielsweise keine Enquetekommission mehr leisten, dann frage ich mich schon, worum es hier eigentlich geht. Geht es darum, jetzt etwas durchzupeitschen, ich sage es einmal so deutlich, und von oben zu verordnen? Das Gegenteil hat Herr Dr. Voigt in seinem Redebeitrag ausgeführt. Er hat gesagt, wir wollen nichts von oben verordnen, wir wollen keine Direktiven geben. Oder geht es hier darum, tatsächlich auf Augenhöhe gemeinsam zu überlegen, wie die hochschulpolitische Strategie für Thüringen aussehen kann? Diese Frage stelle ich hier ganz ernsthaft. Diese Frage stelle ich angesichts eines ausgesprochen dicken Papiers, das wir lediglich zur Kenntnis bekommen, worüber wir heute reden dürfen, aber an dem wir nichts ändern können. Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich schon die Frage stellen, wenn wir es ernst meinen mit dem Miteinander, mit der Einbeziehung selbstverständlich auch der Universitäten, im Übrigen auch über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen hinaus, die sie, glaube ich, viel gekostet haben - ich werde dann im Einzelnen noch einmal darauf eingehen. Dann brauchen wir, glaube ich, tatsächlich den Mut, zu Beginn der neuen Legislatur mit einer Enquetekommission beispielsweise zu starten,
um daraus hervorgehend mit einem guten Gesetz 2016 tatsächlich, ich sage es einmal, auf dem Stand der Debatte zu sein. Denn diese Hochschul
strategie kann, da gebe ich Herrn Dr. Hartung recht, nur ein Schritt auf dem Weg hin zu einer Strategie sein. Da sind aber noch viele weitere Schritte zu tun. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss natürlich auch noch etwas Grundsätzliches zu dieser Hochschulstrategie sagen. Wir glauben, die Landesregierung ist auf dem Weg dahin mehr oder weniger zum Jagen getragen worden. Eine Hochschulstrategie und eine ernst gemeinte Hochschulentwicklungsplanung müssen regelmäßig im Thüringer Landtag diskutiert und auch beschlossen werden. Beschließen werden wir hier heute nichts. Wir reden heute zwar viel darüber, aber es resultiert eigentlich nicht wirklich etwas daraus. Ich möchte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vehement für ein neues demokratisches Miteinander von Parlament, Landesregierung und Hochschulen werben, weil ich glaube, nur gemeinsam können wir an dieser Stelle tatsächlich vorankommen.
Jetzt will ich auf einzelne Punkte noch einmal etwas genauer eingehen. Da ist der wichtigste Punkt immer die Frage der Finanzierung. Die Landesregierung hat sich, ich nenne es einmal vorsichtig, nach langem Ringen - wir hatten gestern den parlamentarischen Abend des Sports - mit Finanzminister Dr. Voß darauf geeinigt, ab 2016 zumindest alle wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen zu übernehmen und ein zusätzliches Strategiebudget das ist auch von meinen Kolleginnen schon angesprochen worden - von einem Prozent Aufwuchs zur Verfügung zu stellen. Damit folgt die Landesregierung zumindest dem Vorschlag des Wissenschaftsrats. Das erkennen wir auch an. Allerdings muss ich auch noch einmal sagen, es war ein Trauerspiel, was die Koalition monatelang abgeliefert hat. Finanzminister Dr. Voß hat sich als Bildungsfinanzierungsbremse erwiesen. Es wurden immer wieder die Schuldzuweisungen von der einen zur anderen Seite getätigt. Und, lieber Christoph Matschie, wenn Sie vorhin in Ihrer Regierungserklärung formuliert haben, ich zitiere: „Ich will, dass die Anzahl der Hochschullehrer Schritt für Schritt erhöht wird“, dann muss das schon wie ein Hohn in den Ohren derjenigen klingen, die an den Thüringer Hochschulen beschäftigt sind. Denn schauen wir einmal in die Ziel- und Leistungsvereinbarung hinein, dann haben wir vor uns im Moment einen massiven Stellenabbau: 300 Stellen sind das in den nächsten Jahren, darunter allein 50 Professuren und die Anzahl der zur Streichung stehenden Studiengänge gilt es auch noch zu erwähnen. Ich mache es noch einmal ganz konkret: An der FriedrichSchiller-Universität werden 125 Stellen wegfallen, an der Technischen Universität Ilmenau sind es 52, an der Uni Erfurt fallen 50 Stellen weg, an der Bauhaus-Uni Weimar 55 Stellen, an der Hochschule für Musik 9,2 Stellen, an der Fachhochschule in Jena 30,6, an der Fachhochschule Erfurt sind es 15 Stellen, in Nordhausen soll man künftig auf 13 Stellen
verzichten und an der Fachhochschule Schmalkalden auf 3 Stellen. So viel Ehrlichkeit hätte ich von Ihnen in Ihrer Regierungserklärung auch einmal erwartet, sehr geehrter Herr Minister, da helfen solche Sätze wie „Ich will, dass die Anzahl der Hochschullehrer Schritt für Schritt erhöht wird.“ nicht wirklich weiter. Hier hätte ich einen ganz konkreten Vorschlag: Die 28 Mio. €, die wir ja nun aufgrund der Kostenübernahme für das BAföG durch den Bund einsparen, könnte man sicher sehr gut in den Erhalt dieser Stellen stecken, wenn man das wollen würde, aber von all dem habe ich weder von Ihnen etwas gehört, geschweige denn etwas lesen können. Wir sagen ganz deutlich: Jede Stellenstreichung ist eine Stellenstreichung zu viel, weil wir nämlich keine schlechteren, sondern bessere Studienbedingungen brauchen und da kann ich auch nur müde lächeln, wenn Sie in Weltmeisterschaftszeiten hier die Champions League bemühen. Unter den realen Bedingungen, das muss allen klar sein, wird es eher schwieriger als besser, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die Streichung von Studiengängen, der zunehmende Personalabbau, der Anstieg prekärer Beschäftigung - darüber können Sie lachen, ich glaube, der Mittelbau hat diesbezüglich nichts zu lachen, wir haben die Große Anfrage zu dem Thema ja recht umfangreich diskutiert, zumindest die Oppositionsfraktionen, im Ausschuss und auch bei der Anhörung - sollte uns zu denken geben. Hinzu kommt eine Raumknappheit an den Hochschulen. Wir sind von einer auskömmlichen Grundfinanzierung der Hochschulen noch meilenweit entfernt, lieber Herr Minister Matschie, und da können Sie auch mit solchen Regierungserklärungen, glaube ich, nicht darüber hinwegtäuschen. Allein um den Durchschnitt der Ausgaben für die Hochschulen der Flächenländer in Westdeutschland zu erreichen, würde es erfordern, dass Thüringen 100 Mio. € jährlich mehr investiert. Das ist vielleicht auch eine Zahl, die man sich immer mal wieder vor Augen führt, wenn man davon träumt, ganz oben oder aber auch in Stanford mitspielen zu können, lieber Herr Dr. Voigt. Investitionen in unsere Hochschulen und in Forschung sind gut angelegtes Geld und jeder Euro, den das Land hier investiert, rechnet sich vielfach. Wir fordern weiterhin eine aufgabengerechte Ausfinanzierung unserer Hochschulen und dafür, das hat Kollegin Hitzing vorhin erwähnt, braucht es endlich die Aufhebung des Kooperationsverbots, allerdings, und das will ich ganz deutlich sagen, für den gesamten Bildungsbereich und nicht nur für die Hochschulen. Hier dürfen wir uns auch kein faules Ei ins Nest legen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich nun ein paar Ausführungen zur prekären Beschäftigung an den Hochschulen machen. Wir erkennen hier, und in der Hochschulstrategie schon gar nicht, keine belastbare Strategie, und wenn dann ein bloßer Verweis auf die Leitlinien der Hochschulrektorenkonferenz erfolgt und auf die Notwendigkeit von Bundesgesetzen, ich nenne hier das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, dann ist das noch lange keine Strategie, die von Thüringen aus irgendetwas Neues oder gar Besseres hervorbringt. Befristungen, Teilzeit, schlechte Bezahlung sind in unseren Hochschulen an der Tagesordnung und haben in den letzten Jahren auch immer mehr zugenommen. Lesen Sie einfach noch einmal die Große Anfrage dazu. Nur rund zwei Drittel des Hochschulpersonals haben überhaupt eine volle Stelle, zwei Drittel der unter 35-jährigen wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in Teilzeit und etwa 94 Prozent, 94 Prozent von ihnen, sind befristet und haben teilweise Befristungen, über die kaum jemand nachdenken möchte, weil sie so kurz sind, dass sie uns die Schamesröte ins Gesicht treiben müssen. Selbstständige Forschung und Lehre ist für den wissenschaftlichen Nachwuchs, der oft bis ins fünfte Lebensjahrzehnt reicht, lieber Herr Minister, dagegen kaum vorgesehen. Wir vermissen belastbare Strategien, wie wir mehr reguläre und unbefristete Arbeitsplätze in der Wissenschaft schaffen können, und genau so etwas gehört selbstverständlich ganz elementar zu einer Hochschulstrategie mit dazu. Außerdem vermissen wir eine grundsätzliche Umsteuerung in der Personalpolitik. Es kann nicht darum gehen, möglichst viel Personal für möglichst wenig Geld einzustellen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass wir mehr reguläre und unbefristete Arbeitsplätze schaffen, vor allem dort, wo dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben erfüllt werden müssen, und da hilft auch kein Verweis auf mögliche Drittmittel, die man irgendwoher auch noch generieren möchte. Wir vermissen verbindliche Vereinbarungen zum Abbau prekärer Arbeitsverhältnisse und für gute Arbeit mit den Hochschulen und da sind die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, das will ich ganz deutlich sagen, viel zu wenig aussagefähig, aber all das findet sich leider in der Hochschulstrategie nicht wieder. Genauso wenig findet sich eine klare Aussage, wie es mit der Entlohnung von bestimmten Beschäftigungsgruppen weiter gehen soll. Ich benenne hier einmal die Lehrkräfte für die besonderen Aufgaben beispielsweise an den Fachhochschulen, die eine sehr hohe Lehrbelastung mitbringen und nur in der Tarifgruppe E 11 entlohnt werden. Ich meine, das muss vielleicht auch jede und jeder noch einmal für sich reflektieren, was das bedeutet und wie es um die Attraktivität dieser Stellen bestellt ist. Auch die Bezahlung oder gar die personalrechtliche Vertretung von studentischen Hilfskräften spielt keine Rolle in Ihren Überlegungen. Für einen Sozialdemokraten, das muss ich so
sagen, ist das insgesamt eine ganz schön schwache Leistung, Herr Minister.
Zum Thema Gleichstellung: Da sind Sie heute auch groß zitiert in einer Thüringer Tageszeitung, Herr Minister, dass Ihnen Gleichstellung so wichtig ist. Wir sind hier mehr oder weniger Schlusslicht, das wissen Sie auch. Der Anteil an weiblichen Professoren liegt gerade einmal bei 16 Prozent und das neu geschaffene „Thüringer Kompetenznetzwerk Gleichstellung“ ist eine der Maßnahmen, die wir durchaus positiv sehen. Es bleibt aber abzuwarten, was hier tatsächlich passiert. Viel mehr findet sich in der Hochschulstrategie dazu leider auch nicht. Es fehlt eine verpflichtende Frauenförderung. In Anbetracht der Tatsache, dass Gleichstellung an den Hochschulen in Thüringen bisher nur eine recht untergeordnete Rolle spielt, fragen wir uns zum Beispiel - das haben wir im Übrigen auch in der Anhörung schon getan und auch in der Debatte im Ausschuss -, warum nicht verbindliche Zielquoten oder das Kaskadenmodell in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen festgeschrieben worden sind. Und: Warum wurden die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten nicht ausgeweitet? Wir haben hier in den Anhörungen erleben müssen, wie sie uns ihr Leid geklagt haben, dass sie kaum Mitsprachemöglichkeiten, geschweige denn Spielräume haben, um sich einzubringen.
Wenn wir gerade bei der Beteiligung sind, bin ich beim Thema „Demokratisierung von Hochschulen“. Auch da Fehlanzeige, sehr geehrter Herr Minister. Was Herr Dr. Voigt darüber denkt, haben wir alle hören können, auch zur Frage der Parität. Ich bedaure das ausdrücklich, ich kann das nicht nachvollziehen. Meines Erachtens dürfen niedrige Wahlquoten niemals dazu führen, dass wir weniger Beteiligung wünschen. Es sollte uns vielmehr dazu auffordern, an den Hochschulen zu Beteiligung einzuladen.
Deshalb frage ich: Wo ist denn die Strategie der Landesregierung, wie wir zu einem neuen Miteinander von Studierenden, von Professorinnen und Professoren, von Mitarbeitenden im Mittelbau gelangen?
Insgesamt fehlen fast alle Wege zu mehr Mitbestimmung in den Hochschulen. Warum bauen wir denn nicht beispielsweise die Kompetenzen und Mitwirkungsrechte des Senats aus? Die Hochschulstrategie deutet das so ein bisschen an, aber festlegen will man sich auch an dieser Stelle nicht. Auch die Hochschulräte müssen in den Blick genommen werden. Wir diskutieren durchaus kontrovers in unserer Partei darüber, Hochschulräte wieder abzuschaffen. Das ist sicher eine Frage, die man auch
hier im Parlament einmal diskutieren müsste, aber auch die wichtige Frage der Profilbildung von Hochschulen, die Schwerpunktsetzung in Forschung und Lehre und die Weiterentwicklung des Studienangebots müssen zurück in die demokratischen internen Hochschulgremien verlegt werden
davon sind wir jedenfalls überzeugt -, auch und gerade, wenn wir es ernst meinen mit Autonomie von Hochschulen. Diese kann nur funktionieren, wenn dort Beteiligung gelebt wird.
Zur dualen Hochschule: Herr Dr. Voigt, Sie haben gesagt, das Bekenntnis zur dualen Hochschule ist so wichtig. Leider geht es über das Bekenntnis aber nicht hinaus. Die Berufsakademie ist zwar aufgenommen worden in das Hochschulgesetz - das unterstützen wir auch, und zwar ausdrücklich -, aber was das genau heißt für die personellen, für die räumlichen und für die finanziellen Rahmenbedingungen, das ist völlig unklar, da bleiben Sie sämtliche Antworten schuldig.
Zur Problematik der Hochschulbibliotheken: Hier habe ich auch eine Mündliche Anfrage gestellt, auf deren Beantwortung ich schon sehr gespannt bin. Es ist eine vollkommen unklare Strategie. Warum wird einerseits auf regionale Verbündete gesetzt, andererseits sollen ortsübergreifende serviceorientierte Dienstleistungsverbünde agieren, die gemeinsame Leistungen anbieten? Zudem soll es unter dem Dach der Friedrich-Schiller-Universität eine rechtliche Teilverselbstständigung der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek geben. Das alles erscheint uns jedenfalls wenig einleuchtend. Warum wird hier nicht das Modell der sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek verfolgt? Wir haben sie mit dem Ausschuss besucht; uns hat das jedenfalls durchaus überzeugt. Ich glaube, auch die Universität in Jena und die Bibliothek würden sich das selbst wünschen. Allerdings hier bleibt man im Vagen, im Ungefähren und bei vielen, vielen Worthülsen. Das ist jedenfalls noch lange keine Strategie. Ähnlich ist das übrigens auch bei den Kooperationen bei Verwaltungen und Rechenzentren. Die sind natürlich längst überfällig, das haben wir hier auch immer wieder gesagt, Thüringen hat schließlich eine relativ überschaubare Hochschullandschaft. Die Frage ist allerdings, wie Synergiepotenziale tatsächlich genutzt werden können, so dass sie auch allen zugute kommen. Dazu finden wir im Text dann wenig.
Frau Hitzing, sie ist jetzt leider nicht hier, ist auf die Problematik der Einschränkung von Fachkombinationen bei der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung eingegangen. Auch ich will dieses Thema noch einmal ansprechen. Die Einschränkungen der Fachkombinationen, so wie sie jetzt vorgesehen sind, halten wir für falsch. Zudem erscheint uns die Einordnung mancher Fächer in die Fächergruppen
mindestens fragwürdig. Vielleicht kann hier noch einmal jemand erklären, im Ausschuss ist dies nicht so recht gelungen, warum zum Beispiel Russisch und Sport in der Fächergruppe 1 einsortiert sind und Musik in der Fächergruppe 2. Das hat sich mir jedenfalls bis jetzt nicht erschlossen. Außerdem müssen wir bedenken, dass selbstverständlich danach geschaut wird, dass wir Lehrerinnen und Lehrer auch und gerade in den Fächern ausbilden, wo wir Mangel haben. Thüringen ist allerdings auch keine einsame Insel. Man muss ein Stück weit über den Tellerrand schauen und kann nicht nur allein für den Bedarf vor Ort ausbilden. Wichtiger ist hier eine umfassende Studienberatung der Studierenden bereits zu Beginn, darauf haben auch die Anzuhörenden übrigens immer wieder hingewiesen, auch und gerade die Vertreterinnen und Vertreter der Lehramtsstudiengänge.
Zum Thema Forschung: Hier besteht die - das ist jetzt Ironie - wegweisende Strategie der Landesregierung im Wesentlichen in einem „Weiter so“. So habe ich das jedenfalls verstanden. Und in der Neuauflage des ProExzellenz-Programms mit der Förderung von Forschungsclustern und ProExzellenz-Professuren, Frau Dr. Kaschuba hat das vorhin in ihrer Rede recht eindrücklich geschildert. Hurra, hurra: die Überraschung ist ausgeblieben. Anders kann ich das leider nicht zusammenfassen. Inwieweit nämlich beispielsweise die in den letzten Jahren neu geschaffenen Innovationszentren wirklich so wegweisend sind, bleibt mindestens noch abzuwarten. Der Beweis wurde hier jedenfalls noch nicht angetreten.
Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätten uns zudem gewünscht, dass für Thüringen insgesamt auch das Thema Nachhaltigkeit in Lehre und Forschung eine größere Rolle spielt. Da geht es zum Beispiel um Strategien, wie eine Wissenschaftskultur in Thüringen gefördert werden kann, die auch über Grenzen der Fachdisziplin hinweg gemeinsam an den großen Zukunftsproblemen der Gesellschaft arbeitet. Da geht es ganz zentral, Frau Dr. Kaschuba hat das völlig zu Recht gesagt, um die Frage des Bildungsbegriffs, der dahintersteht. Welchen Bildungsbegriff haben wir denn? Wohin wollen wir hier? Genau solche Antworten werden Sie allerdings in dieser Hochschulstrategie leider nicht finden.
Ich nenne hier mal ein Vorbild: Baden-Württemberg. Dort sind sogenannte Reallabore eingerichtet worden, die transdisziplinäre Forschungsarbeiten auf regionaler Ebene unterstützen, die konkrete gesellschaftliche Herausforderungen aufgreifen und auch als Innovationskerne fungieren sollen mit einer Anschubfinanzierung durch das Land. Denn klar ist, zum Nulltarif kann es so etwas auch nicht geben.
Abschließend muss ich leider zusammenfassen: Diese Hochschulstrategie enthält insgesamt wenig Wegweisendes. Viele wichtige Baustellen sind schlicht außer Acht gelassen worden. Es bleiben sehr viele Fragen offen, die in der nächsten Legislatur geklärt werden müssen. Wir sind dazu bereit, uns hier ernsthaft zusammenzusetzen, auf Augenhöhe, gern auch in einer Enquetekommission, um für 2016 dann nicht nur so eine Aneinanderreihung von Bestandsanalysen vorlegen zu können, sondern eine Hochschulgesetzesnovelle, die ihren Namen auch verdient und die Demokratie, Nachhaltigkeit und Inklusion als Leitgedanken formuliert. Vielen herzlichen Dank.
Zukunft der Thüringer Hochschulbibliotheken
Das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur formuliert in der „Hochschulstrategie Thüringen 2020“ die Erwartung, „dass das für die wissenschaftlichen Bibliotheken in der Summe zur Verfügung gestellte Mittelvolumen im nationalen Vergleich zu vergleichbaren Standards in der Quantität und Qualität hochwertiger Dienstleistungen“ führe. Dazu solle eine „leistungsfähige, effiziente Informations-Infrastruktur geschaffen werden“. In der Folge ist sowohl von hochschulortbezogenen Verbünden als auch von standortbezogenen Hochschulbibliothekszentren die Rede, welche „hochschulübergreifend und landesweit“ Leistungen anbieten und in „rechtlich untersetzte kooperative Leistungsverbünde überführt werden“ sollen. Parallel dazu „ist eine rechtliche (Teil-)Verselbstständigung der bisherigen ThULB“ geplant, die ab 2016 wirksam werden solle. Die Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena soll unter anderem das „Bibliotheksservicezentrum für landesweit zentral organisierte Aufgaben“ werden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 des Thüringer Bibliotheksgesetzes nimmt die Landesbibliothek als Zentrum für Angelegenheiten des wissenschaftlichen Bibliothekswesens in
Thüringen in Absprache mit den betroffenen Einrichtungen planerische und koordinierende Aufgaben wahr.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Effizienzsteigerung erwartet die Landesregierung von der angekündigten Schaffung einer Vielzahl hochschulortbezogener „Leistungsverbünde“ parallel zu dem einen Bibliotheksservicezentrum für landesweit organisierte Aufgaben an der ThULB?
2. Warum plant die Landesregierung, von einem Gesamtsystem wissenschaftlicher Hochschulbibliotheken ausgehend, eine Vielzahl „kooperative Leistungsverbünde“ im Unterschied zu Sachsen und Bayern, welche das Modell eines kooperativen Leistungsverbundes wissenschaftlicher Bibliotheken mit der entsprechenden koordinierenden Funktion der jeweiligen Staatsbibliothek gesetzlich etabliert haben?
3. Wie soll eine (teil-)verselbständigte Einrichtung der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Rahmen der Hochschulkonkurrenz hochschulübergreifend neutral agieren und warum wird nicht dem Beispiel anderer Bundesländer gefolgt, welche ihre hochschulübergreifenden Leistungszentren von der Bindung an eine Hochschule gelöst haben?
4. Wie verhält sich die im Thüringer Bibliotheksgesetz vorgegebene Aufgabenstellung der Landesbibliothek zu der in der Hochschulstrategie geplanten Moderation des Prozesses durch Externe?
Die zweite Frage lautet: Wie sollen denn nach Vorstellung der Landesregierung künftig Bedingungen für Leistungen im kulturellen Bereich geregelt werden? Ich meine jetzt Leistungen, die von der Bibliothek erbracht werden zum Beispiel für Staatsarchive, Kirchen, Museen etc.
Eine Bitte: Könnten Sie mir das, was Sie vorhin nicht ausführen wollten, vielleicht schriftlich zur Verfügung stellen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir befinden uns bereits in der zweiten Beratung dieses Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE. Ich hatte es schon beim letzten Mal gesagt, unsere bündnisgrüne Fraktion hätte sich hier eine ernsthafte Befassung im Ausschuss gewünscht, weil wir durchaus glauben, dass mit dem Gesetzentwurf ein sehr wichtiges Thema angesprochen ist. Hintergrund dieses Gesetzentwurfs sind die Unterfinanzierung vieler Kommunen und insbesondere die schwierige Situation mit Blick auf die überfällige Sanierung von Schulbauten und Schulsporthallen.
Die Ausschussüberweisung, ich sagte es eben schon, wurde bekanntlich bei der ersten Beratung abgelehnt, obgleich wir das Thema in der Tat für richtig und wichtig halten und sich sowohl der Finanzminister mit Finanzierungsvorschlägen als auch der Bildungsminister mit Finanzierungsvorschlägen in dieser Frage öffentlich zu Wort gemeldet haben.
Wir als bündnisgrüne Fraktion haben deutlich gemacht, dass wir das Anliegen einer Verbesserung im Bereich der Schulbautensanierung keineswegs als Wahlkampfgetöse abtun wollen, sondern ernsthaft damit umgehen sollten. Leider hat das hier in diesem Hause keine Mehrheit gefunden. Eine Diskussion über die Situation der kommunalen Schulträger und den baulichen Sanierungsstand der Schulen sowie eine zukunftsfähige Schulnetzplanung im Land halten wir allerdings für dringend erforderlich. Diese Ernsthaftigkeit erleben wir leider nicht, stattdessen begegnen uns lediglich Forderungen nach mehr Geld. Ich will noch einmal daran erinnern: Von Finanzminister Dr. Voß waren es ab dem Jahr 2015/16 25 Mio. € jährlich mehr, die er gerne bereitstellen möchte. Bildungsminister Matschie spricht von etwa 45 Mio. € jährlich bis etwa 2019 und die Linken wollen mit ihrem Gesetzentwurf für die kommenden zwei Jahre 50 Mio. € mehr bereitstellen. An diesem Überbietungswettbewerb, das sage ich so deutlich, kann man sich aber nicht beteiligen, wenn man es fachlich und sachlich ernst
meint. Uns geht es hier um eine sachliche und fachliche Analyse der Situation. Deshalb kündigen wir schon einmal einen Selbstbefassungsantrag für den nächsten Bildungsausschuss an, wenn es hier keine Bereitschaft gibt, aus dem Plenum einen solchen Gesetzentwurf zu überweisen, was ich allerdings auch heute noch einmal beantrage. Außerdem habe ich bereits bei der letzten Beratung darauf aufmerksam gemacht, dass wir auch die Situation der Städte und Gemeinden und den Sanierungsstand bei den Kitas nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Auch diese haben nämlich einen immensen Sanierungsstau zu bewältigen. Und wir sollten die Diskussion darüber, wie die Schulbauten der Zukunft aussehen sollten, nicht vergessen. In der letzten Beratung ist die Thematik Inklusion angesprochen worden, die Frage, welche baulichen Standards aktuell und zukünftig notwendig sind, aber auch energetische Aspekte für Schulbauprogramme. In diesem Sinne versuche ich es noch einmal und werbe dafür, den Gesetzentwurf und den Entschließungsantrag tatsächlich sowohl in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur als auch in den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen und darf mich ganz herzlich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bedanken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE haben einen Antrag eingebracht, der einen Abschiebestopp in die Balkanstaaten aufgrund der Flutkatastrophe vorsieht. Sie alle wissen vermutlich um die schwierige Situation in den Ländern des Westbalkans und erst vor fünf Tagen hat es eine erneute Flutkatastrophe in Bulgarien gegeben. Es wird noch Monate dauern, bis in diesen Ländern ein halbwegs normales Leben wieder einkehrt. Warum dieser Dringlichkeitsantrag? Ich glaube, es erschließt sich von selbst. Eine solche Extremwetterlage hat extreme Folgen für die Betroffenen und das in ganz besonderer Weise für die Minderheitenangehörigen in diesen Ländern - in Serbien, Mazedonien und in Bosnien. Es ist die schlimmste Flutkatastrophe auf dem Balkan seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und mehr als eine Million Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele Dutzend Menschen haben ihr Leben in den Fluten verloren und zehntausende Häuser und Wohnungen sind im Zusammenhang mit der Flut zerstört worden, Verkehrswege sind kaum passierbar, auch die Landwirtschaftsbetriebe und ganze Ernten sind verloren gegangen, etwa 80.000 Hektar Ackerland wurden überflutet. Auch jetzt sind noch viele Menschen ohne Strom und Frischwasserversorgung. Flut und Erdrutsche in den Landstrichen haben diese faktisch vernichtet. Zehntausende Menschen sind obdachlos geworden und durch das verendete Vieh, was sich an vielen Orten findet, steigt zudem die Gefahr von Seuchen. Außerdem sind die Lebenshaltungskosten in der Region seit der Flut drastisch gestiegen. Es gibt einen Mangel an Medikamenten und Nahrung. Besondere Gefahren entstehen durch die im Zusammenhang mit der Flut verrutschten Landminenfelder. Erst 70 Prozent der Minenfelder in den ehemaligen Kriegsgebieten sind überhaupt gefunden worden.
Ein Abschiebestopp gerade für diskriminierte Minderheitenangehörige ist also dringend vonnöten, weil in den betroffenen Gebieten menschenwürdige und sichere Lebensbedingungen und angemessene Wohnverhältnisse derzeit weder absehbar sind, noch garantiert werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, am Freitag in der letzten Woche war Weltflüchtlingstag. An diesen Tag haben viele erinnert, auch aus diesem Haus, so auch die SPD-Fraktion. Die SPD-Fraktion hat aus Anlass des Weltflüchtlingstages Innenmini
ster Geibert und die Ministerpräsidentin aufgefordert, sich für einen vorläufigen Abschiebestopp für Ägypterinnen und Ägypter sowie für Roma und Aschkali in den Ländern des Westbalkans einzusetzen. Gestatten Sie mir ein Zitat aus der Pressemitteilung der SPD-Fraktion dazu: „‚Es wäre unzumutbar und herzlos, diese Menschen jetzt in eine Region zurückzuschicken,
die gerade von einer verheerenden Flutkatastrophe heimgesucht wurde’, sagt SPD-Flüchtlingspolitikerin Regine Kanis mit Blick auf den morgigen Weltflüchtlingstag. ‚Flüchtlingspolitik darf nicht nur eine Worthülse sein, sie muss konkret werden,
wenn Menschen nachweislich in Not sind oder geraten könnten’, betont Kanis. In der SPD herrsche Einigkeit darüber, dass die oben genannten Menschen wegen der besonderen Umstände in ihrem Heimatland auch besondere Rücksicht verdienten.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben das sehr ernst genommen und deswegen heute diesen Antrag in den Landtag eingebracht. Wir hoffen, dass dieser natürlich auch im Rahmen der Plenarsitzung behandelt wird, denn wie Sie alle wissen, ist die Situation jetzt akut und rechtlich möglich ist es auch, einen solchen Abschiebestopp in Thüringen herbeizuführen. Gemäß § 60 a des Aufenthaltsgesetzes kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen anordnen, dass die Abschiebung von Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für sechs Monate ausgesetzt wird. Insoweit hoffen wir natürlich auf eine breite Unterstützung aus allen Fraktionen und hoffen, ein humanitäres Zeichen aus Thüringen zu setzen. Wir setzen auf Ihre Zustimmung. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist soeben schon viel Richtiges gesagt worden und manchmal muss man in der Tat zurückblicken. Und, sehr geehrte Frau Präsidentin, ich hoffe, Sie gestehen mir jetzt zu, zu zitieren, nämlich die Finanzministerin Birgit Diezel im Jahr 2005. Damals hat sie die Kritik der Landtagsopposition am Mietvertrag für die erste Thüringer Spielbank zurückgewiesen. Zitat: „‚Bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung liegt auch keine Verschwendung von Steuermitteln vor‘, sagte sie am Donnerstag im Landtag in Erfurt. Der Haushalt werde später entlastet und nicht weiter belastet. ‚Abgerechnet wird nach einigen Jahren.‘ Die SPD sieht ein finanzielles Risiko, die PDS sprach von einem ‚faulen Kompromiss.‘“ So weit dieses Zitat aus einer dpaMeldung von 2005.
Was aber ist inzwischen passiert? Auch wir, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sagen, es ist gut so, dass sich diese Spielbank im wahrsten Sinne des Wortes ausgespielt hat, denn gebracht hat sie nie, was sich von ihr versprochen wurde. Es war in der Tat ein Projekt, das ein Stück weit schillerte, das einen Glanz bringen sollte, der mindestens fragwürdig war und welcher vielen die Dollarzeichen in die Augen brachte. Auch hier gestatten Sie mir ein Zitat vom damaligen CDU-Abgeordneten Wolfgang Wehner aus dem Jahr 2005. Er nämlich rechnete mit Einnahmen von mindestens 2,5 Mio. € pro Jahr - Zitat, wie der Abgeordnete damals sagte, „wenn die Thüringer alle gar keine Zocker wären“. Diese 2,5 Mio. € sollen der Stiftung Ehrenamt zugute kommen, die bisher aus dem Etat gespeist wird. Für 2005 waren dann im Haushalt Kasinoeinnahmen von 600.000 € vorgesehen. Wenn wir es ernst meinen damit, dass nach einigen Jahren abgerech
net und bilanziert wird, dann müssen wir uns einmal anschauen, was diese Spielbank tatsächlich gebracht hat. Sie hat nicht einmal ein Zehntel der Erwartungen, die der CDU-Abgeordnete Wehner hier vollmundig verkündet hatte, erfüllt. Deshalb sagen auch wir, es ist in der Tat gut so, dass diese Spielbank zum Jahresende schließt.
Erinnern wir uns aber auch an einen anderen Punkt zurück: Hier wurden Mietverträge gemacht, bei denen nur ein Drittel der Miete vom Betreiber gezahlt wurde. Herr Barth - an der Stelle muss ich Ihnen einmal recht geben - hat tatsächlich richtig formuliert, hier ist nur der Betreiber entlastet worden. Aus unserer Sicht jedenfalls gab es hier ein weiteres Großprojekt der CDU, was lediglich verschleiern sollte - was leider nicht richtig gelang -, nämlich dass wir in Thüringen gar nicht die Grundlage für eine solche Spielbank haben. Wenn wir uns anschauen, welches Problem hinter einer Spielbank steht, nämlich ein ernstes Problem, die Sucht, dann wissen wir, dass eine Spielbank dagegen nicht hilft. Die Menschen, die spielsüchtig sind, gehen ganz bestimmt nicht in die Erfurter Spielbank, sondern spielen an anderen Stellen; beispielsweise sehr unkontrolliert im Internet, sie verzocken zum Teil ihr gesamtes Vermögen und noch viel mehr, sie verschulden sich. Zu glauben, man könnte das staatlich in einer Spielbank kontrollieren, das war ein ganz klarer Fehler.
Insoweit sage ich auch ganz deutlich - wir haben es der Zeitung entnommen, der Betreiber zieht sich nach zehn Jahren endlich zurück -, das Trauerspiel hat ein Ende. Das ist auch gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vielen herzlichen Dank.
Phantomdiskussion „Standardabsenkungen bei den Kitas“
Im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema „Sternstunde darf nicht zur Sternschnuppe werden keine Standardabsenkungen in unseren Kitas“ am 26. Februar 2014 äußerte der Finanzminister Dr. Voß in der Landtagssitzung wörtlich, dass niemand vorhabe, die Standards in den Thüringer Ki
tas abzusenken. So sagte er beispielsweise in der besagten Sitzung: „Es gibt und gab keine Bestrebungen in meinem Haus, weder Planung noch sonst etwas, und auch nicht der Landesregierung, die Qualität der Erziehung hier in Thüringen herabzusetzen.“ Nach meiner Kenntnis regte jedoch ein Vertreter des Thüringer Finanzministeriums in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen am 27. August 2013 an, den Personalschlüssel in Thüringen anzupassen und 30 Prozent der Erzieherstellen mit Sozialassistenten zu besetzen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie erklärt die Landesregierung, dass zwischen den Äußerungen des Finanzministers in der Landtagssitzung am 26. Februar 2014 und den Aussagen des Vertreters des Finanzministeriums in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen am 27. August 2013 erhebliche Unterschiede bestehen?
2. Wie erklärt die Landesregierung, dass der Finanzminister in der Aktuellen Stunde in der Landtagssitzung einerseits von einer Phantomdebatte sprach, anderseits im Beirat für kommunale Finanzen ein Vertreter des Finanzministeriums anregte, einen Anteil von 30 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher durch Sozialassistenten zu ersetzen, und welche Position hat die Landesregierung tatsächlich dazu?
3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zum ebenfalls in besagter Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen geäußerten Vorschlag aus dem Finanzministerium, den § 14 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes zu ändern, um auch Sozialassistenten, die nicht über das hinreichende Maß an fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen verfügen, als pädagogische Fachkraft anzuerkennen, und wird sie dies unterstützen?
4. Hat es, wie in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen angeregt, einen Ländervergleich dahin gehend gegeben, zu eruieren, ob die Standards in Bezug auf den Einsatz pädagogischer Fachkräfte in Thüringen gesenkt werden können, um Einsparungen zu erzielen, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?
Genau genommen habe ich sogar zwei Nachfragen und auch das ist mein gutes Recht, wenn wir schon auf Rechte und Pflichten hinweisen.
Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie selbst nicht Mitglied im Beirat sind und dieser Beirat auch nicht weisungsgebunden arbeitet. Wie jedoch muss ich das Agieren eines Mitarbeiters des Finanzministeriums in diesem Beirat verstehen? Handelt der dort völlig eigenmächtig oder spricht er dort, wenn er dort Vorschläge unterbreitet, im Auftrag des Finanzministeriums oder als Privatperson? Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage, die ich habe: Können Sie bestätigen, dass es ein Papier aus dem Finanzministerium von schon vor einem Jahr, nämlich dem 23. Mai 2013, gibt, aus dem hervorgeht, dass die Maßnahme, Erzieherstellen durch Sozialassistenten zu ersetzen, auch unter finanziellen Aspekten zu begrüßen ist, da Sozialassistenten, so wörtlich, günstiger sind als Erzieher?
Sehr gern. Papier aus dem Thüringer Finanzministerium vom 23. Mai 2013, Sozialassistenten sind günstiger als Erzieher und deswegen auch aus finanzpolitischer Sicht zu begrüßen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, es freut mich immer sehr, wenn der Finanzminister mir zuruft, dass er jetzt genau zuhört. Das schafft doch schon mal Motivation.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf hat die Fraktion DIE LINKE offenkundig wie einige andere, die dieses Thema gerade recht gern im Munde führen, mit Sicherheit einen Nerv getroffen. Und das meine ich völlig ernst, denn die Situation in unseren Schulen ist in der Tat teilweise beschämend. Ich kann es leider nicht anders sagen. Wir alle kennen Schulen, in denen es zwar sehr, sehr viel Engagement von vielen Elterninitiativen, von Fördervereinen, von Schülerinnen und Schülern gibt, die selbstverständlich ihre Klassenräume malern, so auch im Rutheneum in Gera zum Beispiel. All das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Klassenräume rund um eine baufällige Aula befinden, die nicht einmal mehr betreten werden darf. Das sind Zustände, die mit Sicherheit niemanden zufriedenstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und insofern werte ich die Intention, die hin
ter diesem Gesetzentwurf steht, als eine durchaus richtige und wichtige, darüber nachzudenken, wie wir unsere Schulen tatsächlich saniert bekommen.
Wenn wir uns allerdings die Materie etwas genauer anschauen und dazu auch noch die aktuellen Pressemeldungen, die sind hier schon benannt worden von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern, dann hat man ein bisschen den Eindruck, als würde ein Überbietungswettbewerb im Wahlkampf starten, so nach dem Motto: Wir werfen alle mal eine Zahl in den Raum und von jeder Fraktion kommt noch eine höhere. Doch ich versichere Ihnen, ich werde mich daran jetzt nicht beteiligen, weil ich glaube, dass so ein Wettlauf nicht unbedingt redlich ist, wenn es dafür nicht auch die entsprechende Unterfütterung gibt.
An der Stelle muss ich Herrn Barth einmal recht geben. Ich mache das im Sinne der Sache gern, denn auch wir haben, als es um die Haushaltsberatung ging, nicht erst im Jahr 2011, sondern schon vorher Schulbauprogramme gefordert, sie auch entsprechend finanziert und ausgewiesen. Allerdings hat sich die Koalition damals jeweils dagegen entschieden.
Da bleibt es auch mir, noch einmal darauf zu verweisen, dass im Jahr 2012 bekanntlich der Kommunale Finanzausgleich neu gestaltet wurde und im Zuge dessen - das ist hier eben schon mal erwähnt worden, aber ich würde es trotzdem noch einmal wiederholen - die Mittel für Schulsanierung von 22 Mio. auf 15 Mio. reduziert wurden. Das muss man sich noch mal vor Augen führen. Ich bedauere ausdrücklich, dass das Bildungsministerium jetzt hier nicht vertreten ist, denn es geht um unsere Schulen und insofern sollte das Thema auch dieses Ministerium interessieren.
Die kommunalen Spitzenverbände übrigens haben in der Anhörung zum Kommunalen Finanzausgleich die regierungstragenden Fraktionen darauf hingewiesen, dass es hier eine extreme Lücke gibt, was den Bedarf bei der Schulbausanierung anbelangt im Gegensatz zur tatsächlichen Mittelbereitstellung, haben allerdings dann die Antwort bekommen, sie könnten doch mehr Mittel aus den allgemeinen Schlüsselzuweisungen entnehmen. Wenn wir uns dann jedoch die tatsächliche Finanzsituation etlicher Kommunen vor Augen führen - und eben ist hier mehrfach Gera, Eisenach beispielsweise in den Raum gerufen worden -, dann muss das in den Ohren der Stadträtinnen und Stadträte schon ein wenig wie Hohn klingen, wenn wir wissen, wie die finanzielle Situation unserer Kommunen teilweise ist.
Allerdings - und auch das muss ich hier sagen - nähert sich der Wahltermin, wir wissen das alle. Nun haben die unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteure das Problem zumindest wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Herr Voß hat am 5. Mai mitgeteilt, dass ab dem nächsten Doppelhaushalt - es ist immer schön, wenn man vom nächsten Haushalt spricht und nicht von diesem oder gar einem Nachtragshaushalt, das könnte man auch machen, wenn es einem wichtig ist, beispielsweise -, jedenfalls ab 2015/16 sollen plötzlich wieder 25 Mio. € für die Schulsanierung und auch für die Schulausstattung zur Verfügung stehen. Herr Matschie hat dann wenige Tage später daraufhin mitgeteilt, dass es 225 Mio. € bis zum Jahr 2019 geben soll, also etwa 45 Mio. im Jahr. Ich zitiere Ihnen hier noch mal den Minister, wenn er schon nicht hier ist: „Die derzeitige Schulbauförderung des Thüringer Bauministeriums reiche hinten und vorne nicht aus, nachdem der Finanzminister den Schulbauetat vor zwei Jahren um ein Drittel gekürzt hat.“ - so Zitat Matschie.
Ich will sehr deutlich sagen, mir ist völlig egal, ob er dabei war oder nicht, Sie tragen beide diese Regierung und dieses Schwarze-Peter-Spiel geht mir, gelinde gesagt, wirklich auf die Nerven.
Ich finde, es ist der Sache nicht dienlich, immer nur zu sagen, das eine Ministerium ist schuld oder das andere Ministerium ist schuld, wir brauchen eine konsistente Politik und wir brauchen eine vernünftige Schulbauplanung. Die liegt definitiv nicht vor.
Schon im Jahr 2008 hatte übrigens der Gemeindeund Städtebund Thüringens die Investitionslücke auf etwa 400 Mio. € geschätzt. Es gibt also in der Tat noch sehr, sehr viel zu tun. Für uns drängt sich trotzdem ein Stück weit der Eindruck auf, dass auch der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ich sage es mal vorsichtig - die kommenden Landtagswahlen im Blick hatte. Nichtsdestotrotz meine ich, wir sollten das Anliegen nicht als Wahlkampfgetöse abtun, sondern ernsthaft damit umgehen.
Es muss uns zu denken geben - und ich mache ein ganz banales Beispiel -, wenn wir Schulen haben, wo die Kinder den Eltern sagen, ich nehme lieber nichts zu Trinken mit, weil ich dann nicht auf die Toilette gehen muss, weil die Toiletten in einem derart schlechten Zustand sind, dass die Kinder sie lieber nicht betreten wollen, als dass sie sie nutzen müssen, weil der Sanierungsstand so ist, wie er ist. Insofern liegt es, glaube ich, an uns allen, eine ernsthafte Debatte zur Situation der kommunalen Schulträger und auch über den baulichen Sanierungsstand der Schulen im Land zu führen. Deswe
gen wünsche ich mir auch eine sachliche und fachliche Analyse der Situation im Bildungsausschuss. Sicherlich muss es auch eine vernünftige Debatte dazu im Finanzausschuss geben.
Worauf ich allerdings auch noch hinweisen möchte, ist, dass wir die Situation der Städte und Gemeinden und natürlich auch der Kitas nicht aus den Augen verlieren dürfen. Denn viele Kitas sind mindestens in einem genauso schlechten Zustand und haben ebenfalls einen immensen Sanierungsstau zu bewältigen. Das weiß man nicht nur in Erfurt, da hat es erst gestern im Stadtrat eine heftige Debatte zu diesem Thema gegeben. Außerdem brauchen wir eine Diskussion darüber, wie die Schulbauten der Zukunft aussehen sollen. Frau Lehmann hatte es benannt. Inklusion ist eine Herausforderung, die sich auch natürlich in der Schulbaupolitik zeigen muss, sprich, welche baulichen Standards wir aktuell haben, ob das zeitgemäß ist auch mit Blick auf Inklusion, aber natürlich auch dahin gehend, dass wir den demografischen Wandel hier nicht außer Acht lassen dürfen.
Wir sind davon überzeugt, dass ein Sanierungsprogramm für Schulen, aber auch für Kitas Sanierung im Plus-Energiestandard beinhalten muss. All das wollen wir gern ernsthaft diskutieren im Bildungsund gern auch im Finanzausschuss und hoffen hier auf eine Überweisung. Vielen herzlichen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Namens meiner Fraktion beantrage ich, den Tagesordnungspunkt 16 „Die Zukunft der Hebammen sichern - Haftpflichtproblematik endlich umfassend lösen!“ in Drucksache 5/7359 in jedem Fall in dieser Plenarsitzung zu behandeln.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich war jetzt etwas irritiert, welche Änderungen der Kollege Grob konkret meint,
da vonseiten der Koalition mitnichten substanzielle Änderungsbedarfe angemeldet oder gar vorgetragen oder eingereicht wurden. Aber vielleicht kommt das noch; die Hoffnung will ich bis zuletzt nicht aufgeben.
Zunächst grundsätzlich zum Gesetzentwurf. Meine Kollegin Sabine Berninger hat schon darauf hingewiesen, dass ich mich bei der ersten Beratung recht kurz gefasst habe, weil zugesagt war, dass wir eine ausführliche Beratung im Ausschuss vornehmen werden. Unter einer ausführlichen Beratung verstehe ich, dass man sich die Stellungnahmen aufgrund der schriftlichen Anhörung und auch der Diskussion im Online-Forum des Thüringer Landtags vornimmt, im Einzelnen durchgeht und die Vorschläge, Anregungen, Kritikpunkte etc. entsprechend würdigt und bewertet.
Allerdings hat dies nur recht einseitig stattgefunden, wenn ich das so sagen darf. Einseitig heißt, dass die Kolleginnen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, also ich selbst, und auch von der Fraktion DIE LINKE durchaus Änderungspunkte benannt haben, auch die Stellungnahmen angesprochen haben, seitens der Koalitionsfraktionen aber faktisch kein Diskussionsbedarf bestand. Unter Debatte verstehe ich etwas anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Fakt ist auch, dass es hier um sehr viele Menschen in unserem Land geht, bundesweit etwa 3 Millionen Menschen, die einen ausländischen Abschluss besitzen, darunter etwa 800.000 Akademikerinnen und Akademiker. Nur ein ganz kleiner Teil dieser Menschen nimmt hier bei uns den erlernten Beruf wieder auf; die Gründe dafür sind vielfältig. Hintergrund dafür ist zum einen, dass es intransparente Verfahren und eine Vielzahl zuständiger Stellen gibt, das ist genau der Punkt, den Herr Grob eben angesprochen hat. Wir waren und sind der Meinung, dass es eine Beratungsstelle mit Lotsenfunktion geben soll, die konsequent denjenigen oder diejenige begleitet, berät und bis zu der Anerkennung des Abschlusses bringt, während von anderen darauf verwiesen wurde, dass es beispielsweise die Welcome Center gäbe und man die Beratung deswegen nicht zentralisieren sollte.
Ein zweiter Punkt sind Defizite in rechtlicher, verfahrenstechnischer und auch in finanzieller Hinsicht - darauf werde ich noch zu sprechen kommen -, denn ein großes Problem, welches dieses Gesetz beinhaltet, ist, dass diejenigen, die sich die Abschlüsse anerkennen lassen wollen, dafür bezahlen müssen. Es sind nicht wenige, bei denen die Anerkennung der Berufsabschlüsse genau daran scheitert, dass sie nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, obgleich uns allen bewusst sein müsste, dass aufgrund insbesondere auch des Fachkräftemangels, den wir in Thüringen verzeichnen, wir über jede und jeden froh sein müssten, der hier, nachdem er oder sie mit seiner Qualifikation anerkannt wurde, auch tätig werden kann, Steuern zahlt und sich die Anerkennung vielfach für die gesamte Gesellschaft rechnet. Deswegen, meinen wir, sollte man diejenigen nicht auch noch mit Gebühren belasten, die vielleicht dazu führen, dass nicht der eigentlich erlernte Ingenieurberuf ausgeübt wird, sondern der- oder diejenige beispielsweise als Taxifahrerin arbeitet, weil er oder sie keine Chance für die Anerkennung sieht.
Ein dritter Punkt, den habe ich schon in meiner Einführung angesprochen, ist, dass die Beratungsmöglichkeiten aus unserer Sicht nicht ausreichen. Wir erleben immer wieder, dass vertröstet wird, dass hinausgeschoben wird und das ist aus unserer
Sicht nicht hinnehmbar. Weiterhin ist wichtig, dass die Zertifizierungsstellen, Brückenmaßnahmen und Anpassungsqualifizierungen relativ schnell angeboten werden, damit nicht lange Hängepartien entstehen.
Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, dass das Anerkennungswesen in seiner Gesamtheit intransparent, ungerecht und undurchlässig ist. Das führt dazu, dass die Abschlüsse nicht qualifikationsentsprechend anerkannt werden und die gesellschaftliche Teilhabe der betroffenen Menschen und die Möglichkeiten der eigenständigen Existenzsicherung, die wir wollen für diese Menschen, deutlich erschwert oder sogar verunmöglicht wird.
Jetzt zum Gesetzentwurf selbst. Herr Grob, wenn Sie hier von zügig reden, finde ich das relativ mutig zu behaupten, dass dieser Gesetzentwurf zügig auf den Weg gebracht wurde.
Ich will noch einmal erinnern, dass bereits am 1. April 2012 im Bund das Anerkennungsgesetz in Kraft getreten ist. Dort ist ein Anspruch auf ein Verfahren zur Bewertung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen für bundeseinheitlich geregelte Berufe geschaffen worden. Und darauf aufbauend, das war relativ zügig, hatten alle 16 Bundesländer ein sogenanntes Mustergesetz abgestimmt, das für die von den Ländern zu erlassenden Ländergesetze als Grundlage dienen sollte. Damit wiederum sollte sichergestellt werden, dass es trotz der Länderzuständigkeiten und 16 eigenen Ländergesetzen bundesweit vergleichbare Standards gibt und eine einheitliche Verfahrensweise bei der Anerkennung der Berufsqualifikation. Ganz zentral war und ist das Ziel, einen besseren Berufszugang für die Menschen zu schaffen, die ihre Berufsqualifikation im Ausland erlangt haben, insbesondere bei Berufen, die im Landesrecht geregelt sind. Außerdem wird mit dem Gesetz der Anspruch geschaffen, dass innerhalb von drei Monaten über die Gleichwertigkeit durch die jeweils zuständigen Stellen des Landes entschieden werden muss.
Jetzt nach Thüringen geblickt: Es ist wirklich schön aber auch überfällig, dass wir es als neuntes Bundesland geschafft haben, ein eigenes Gesetz zur Anerkennung auf den Weg zu bringen. Wenn Sie allerdings den Thüringer Entwurf neben das Mustergesetz legen, muss man sich schon fragen, warum die, ich nenne es so, Kopie des Mustergesetzes auf einen Thüringer Antragsbogen derart lange gedauert hat. Aber nun liegt er vor.
Das ist bedauerlich. Ich habe nicht erkennen können, dass eigene Initiativen aus Thüringen auch nur annähernd Eingang gefunden hätten. Uns geht es darum, dass wir den individuellen Rechtsanspruch auf ein transparentes und schnelles Verfahren zur
Bewertung und Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen verankern. Da ist entscheidend, den Betroffenen die formale Gleichbehandlung auch zu garantieren.
Zum Gesetzentwurf jetzt aus unserer Sicht die Kritikpunkte, von denen meine Kollegin Sabine Berninger schon einige benannt hat und die Auslöser waren, dass wir uns hingesetzt haben, die Anhörung ausgewertet und entsprechende Änderungen auf den Weg gebracht haben. Das sind fünf Punkte, die ich jetzt benennen möchte. Da ist zum einen der erste und ganz zentrale Punkt, nämlich, dass wir wegkommen wollen von dieser rein ökonomischen Sichtweise, die dieses Gesetz ganz maßgeblich prägt.
Wir wollen klarstellen, dass die verbesserte Anerkennung elementar für die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe und der menschenwürdigen Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit ist. All das findet sich in diesem Gesetz bislang überhaupt nicht wieder und das halten wir für einen großen Fehler.
Zum Zweiten geht es, ich hatte es eingangs schon erwähnt, um die Verankerung des Beratungsanspruches bei einer unabhängigen Stelle. Das ist uns sehr wichtig, dass diese Stelle unabhängig und auf der Seite der Beratenden agiert, weil es, wie im Hamburger Anerkennungsgesetz auch verankert, wichtig ist, dass diese in ihren Ängsten, Nöten oder aber auch Bedarfen und Bedürfnissen ernst genommen werden. Durch eine unabhängige Vorabberatung können die Hemmschwellen der Ratsuchenden gesenkt werden. Auch die Durchführung des Anerkennungsverfahrens wird durch eine umfassende Beratung deutlich vereinfacht. Es erschließt sich, denke ich, von selbst, dass die Beratung unabhängig sein muss, weil ansonsten derjenige berät, der am Ende über die Zulassung oder Anerkennung entscheidet, und das sorgt ganz sicher nicht für Offenheit und Vertrauen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zum Dritten: Wir schlagen vor, auf unsinnige Nachweise zu verzichten.
Die sind durchaus vorgesehen, wie zum Beispiel der Nachweis, dass die Menschen, die eine Anerkennung anstreben, in Thüringen eine berufliche Tätigkeit aufnehmen wollen. Ja, was denken Sie denn, warum die Menschen ihre Anerkennung bestätigt haben wollen? Selbstverständlich weil sie eine entsprechende Arbeit suchen. Aber auch das hat im Gesetz bislang keinen Eingang gefunden. Wenn wir davon ausgehen, dass wir uns in der Mitte Europas befinden, und davon gehe ich aus, dann muss es möglich sein, dass Unterlagen so einer
Stelle auch in französischer oder englischer Sprache vorgelegt werden können, auch wenn die Amtssprache Deutsch ist. Wir jedenfalls setzen voraus, dass entsprechende sprachliche Kompetenzen bei den zuständigen Stellen vorliegen. Englisch, Französisch und Deutsch sollten da für die Unterlagen, die beigefügt werden, selbstverständlich keine Hindernisse darstellen.
Zum Vierten geht es uns um die Schaffung einer zentralen Stelle für die Verfahrensbearbeitung. Bisher gibt es, das habe ich auch schon erwähnt, eine Vielzahl unterschiedlicher Anlaufstellen, je nach Berufsgruppe. Wer das durchschauen soll, das kann mir mal jemand versuchen, zu erklären. Ich würde den Zustand als Kompetenzwirrwarr bezeichnen. Hier wollen wir eine einzige zuständige Stelle schaffen, die mit den jeweiligen Fachstellen eng und vertrauensvoll zusammenarbeitet.
Und zum Fünften: Da geht es um die Frage der Finanzierung der Verwaltungsgebühren für die Anerkennung. Ich sage es noch einmal ganz deutlich, weil es für uns neben dem ersten einer der ganz zentralen Punkte ist: Wir Grünen sagen, wenn Thüringen nachweislich von der verbesserten Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse profitiert und mehr Menschen mit ihren Qualifikationen entsprechenden Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, dann sollte es uns das wert sein, dass Thüringen diese Kosten übernimmt,
weil genau diejenigen, und das ist beispielsweise die Gruppe der Flüchtlinge, im Moment von der Anerkennung abgehalten werden. Sie haben schlicht nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, sich ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen. Abschließend muss ich leider sagen, ich wünsche mir, aber vermisse immer noch, eine ernsthafte Debatte. Wir halten das Gesetz in der vorliegenden Fassung für nicht zustimmungsfähig und werben daher für die Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Plenum ist in der Tat sehr bildungslastig, wenn ich das sagen darf. Und: Das ist auch gut, denn Bildung ist schließlich das zentrale Landesthema, was uns bewegt und wo wir entsprechende Weichenstellungen zu treffen haben. Sicher haben viele von Ihnen heute Morgen die Zeitung gelesen und konnten dort - sicher nicht zufällig - einen Artikel nachvollziehen, wo der Ausschussvorsitzende Dr. Mario Voigt seine Erwartungen zumindest via Presse sehr deutlich formuliert hat, wie er sich Hochschulentwicklungsplanung und Hochschulentwicklung in Thüringen vorstellt. Ich bin gespannt, wie seine Rede jetzt gleich hier ausfallen wird. Denn Fakt ist, das Gesetz ist gemeinsam von der Koalition vorgelegt worden und wir meinen, es wird nicht einmal seinem Namen gerecht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will daran erinnern, es ist recht hochtrabend überschrieben, nämlich mit „Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften“. Natürlich kann ich mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass wir hier im Dezember-Plenum auch über Hochschulpolitik diskutierten und darüber sinnierten, ob uns die Hochschulentwicklungsplanung, die uns schon lange zugesagt war, es gibt sogar einen Landtagsbeschluss aller Fraktionen dazu, noch unter dem Weihnachtsbaum ereilt. Wir alle wissen, es ist jetzt fast Ostern, auch als Osterei wird sie wohl kaum daherkommen. Die Hochschulentwicklungsplanung liegt bis heute nicht vor. Wir erleben einmal mehr die Uneinigkeit oder die Unfähigkeit einer sogenannten Großen Koalition, tatsächlich Dinge zu bewegen. Denn wenn wir uns das Gesetz genauer anschauen, wird sehr schnell deutlich, dass es mitnichten um wissenschaftlichen Nachwuchs insgesamt geht. Ich werde das nachher noch im Detail erläutern. Im Prinzip finden sich im Gesetz gerade einmal Regelungen zur Tenure-Track-Professur, die wir alle richtig finden. Das haben wir schon bei der ersten Beratung
hier erwähnt. Es ist mehr oder minder überfällig, dass wir hier in Thüringen diesen Weg beschreiten. Ansonsten - das müssen wir aber ganz deutlich sagen - ist dieses Gesetz seinem Anspruch nicht annähernd gerecht geworden. An den wahren Problemlagen jedenfalls des wissenschaftlichen Nachwuchses - ich benenne hier nur einmal die prekären Arbeitsverhältnisse durch Befristung und Teilzeit und infolge dessen eine schlechte Entlohnung geht das Gesetz leider vollkommen vorbei. Ich muss es noch einmal zuspitzen: Das Gesetz wird nicht einmal seinem Titel gerecht. Es enthält keinerlei verbindliche Regelungen zur Verbesserung des geringen Stellenwerts der Gleichstellung an den Hochschulen, auch ein Thema, was wir hier schon häufiger benannt haben. Wir wissen alle, dass Thüringen hier leider unrühmliches Bundesschlusslicht ist, so muss man das ganz deutlich sagen. Wir hätten erwartet, dass, wenn man hier eine Novellierung oder ein Gesetz mit Blick auf hochschulrechtliche Vorgaben auf den Weg bringt, dass man dann nicht nur, ich nenne es einmal, den Rückzug versucht, indem man erwähnt, dass in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen Gleichstellung eine Rolle spielt, aber sich keinerlei verbindliche Regelungen wiederfinden, auch in diesem Gesetz nicht.
Auch die unzureichende Personalvertretung der Studierenden, wir hatten sie hier in der Debatte beispielsweise bei der großen Anhörung zu prekären Beschäftigungsverhältnissen, ist mitnichten im Gesetz angekommen. Die Regelungen, die das Gesetz enthält, halten wir darüber hinaus größtenteils für untauglich. Ich will das auch im Einzelnen begründen. Da geht es zum Beispiel um die Wiedereinführung des Probestudiums für Menschen ohne Abitur. Aus unserer Sicht baut dieses willkürliche Hürden auf. Auch die Anrechnung der im Probestudium erfolgten Leistungen ist nicht sichergestellt, sondern bleibt im Ermessen der Hochschulen. Wer entscheidet sich denn dann für ein solches Probestudium? Die Koalition hat immerhin einen Punkt aufgenommen, den wir gar nicht falsch finden, nämlich die Beschränkung des Probestudiums auf zwei Semester. Ich kann das Agieren der Koalition durchaus sehr differenziert wiedergeben. Nichtsdestotrotz ist nicht geregelt, ob und wie diese Semester dann im Grundstudium Anerkennung finden - aus unserer Sicht ein großer Fehler. Denn wenn ich nicht weiß, ob diese zwei Semester bei der Gesamtbetrachtung tatsächlich Eingang finden, dann weiß ich nicht, wo hier die tatsächliche Verbesserung sein soll.
Auch die Gebührenregelung zum berufsbegleitenden Weiterbildungsstudium sehen wir kritisch. Ich will das gern genauer begründen, das ist Punkt 7 unseres Änderungsantrags. Denn das Gesetz sieht nach oben offene, kostendeckende Studiengebühren für diese Studiengänge vor. Das halten wir für eine Gefahr von neuen finanziellen Hürden und ha
ben deshalb eine Deckelung in Höhe von 500 € vorgenommen. Sicher kann man diskutieren, ob man sich nicht grundsätzlich für Gebührenfreiheit ausspricht. Ich sage auch, das ist immer charmant, gar keine Frage. Nichtsdestotrotz muss man schauen, wie so etwas bezahlt werden kann. Es geht hier um Weiterbildungsstudiengänge für Menschen, die in einer Beschäftigung stehen. Deswegen halten wir diese 500 € pro Semester durchaus für zumutbar. Sie können sich dann bei unserem Änderungsantrag entscheiden, ob und wie Sie sich dazu verhalten.
Jetzt zu unserem Änderungsantrag - auf einige Punkte muss ich hier noch einmal kurz eingehen:
Zum Ersten, die zweckgebundenen Mittel zur Graduiertenförderung: Wir wollen, dass diese zweckgebunden sind, insbesondere achten wir hierbei auf eine angemessene Entlohnung und eine ausreichend finanzierte Beschäftigungsstelle pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter. Damit greifen wir auch Anregungen seitens der Studierenden auf, konkret der Studierendenvertretungen in dem Anhörungsverfahren, die genau dies an uns herangetragen haben und für wichtig erachten.
Zum Zweiten noch mal die Problematik Probestudium: Hier geht es uns um weniger Hürden und um mehr Sicherheit. Wir wollen eine Neuregelung des Probestudiums für beruflich Qualifizierte ohne Hochschulzugangsberechtigung. Wir meinen auch, dass die mindestens zweijährige Berufsausbildung, die nachgewiesen werden muss, nachvollziehbar ist, weil eine gewisse Berufspraxis selbstverständlich Grundlage sein muss. Warum es dann aber zusätzlich noch eine dreijährige Berufspraxis in dem zum Studiengang fachlich verwandten Bereich braucht, erschließt sich uns nicht. So wird eine berufliche Umorientierung und Weiterbildung eher erschwert. Wir schlagen daher eine Streichung dieser Voraussetzung vor.
Noch einmal will ich kurz darauf hinweisen: Die Anrechnung der im Probestudium erzielten Leistungen auf das reguläre Studium sind nicht verbindlich geregelt. Auch das halten wir für notwendig. Deswegen unser Änderungsantrag.
Zum Punkt 3 noch einmal, die Deckelung der Weiterbildungsstudiengänge: Hier haben wir vorgeschlagen, diese auf maximal 500 € pro Semester zu begrenzen, denn wie gesagt, wenn man das Gesetz so nimmt, wie es die Landesregierung vorlegt, sind die Gebühren im Moment nach oben offen. Das ist ganz sicher kein Abbau von Zugangshemmnissen zur Hochschulbildung.
Was aber hätte ein echter Gesetzentwurf zur Verbesserung der Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses aus unserer Sicht mindestens enthalten müssen?
Das ist zum einen die Beschreibung von Wegen zu mehr regulären und unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Hier fehlt eine grundsätzliche Umsteuerung in der Personalpolitik an unseren Hochschulen. Schließlich muss es uns eigentlich darum gehen, nicht möglichst viel Personal für wenig Geld einzustellen, sondern dafür zu sorgen, dass wir mehr reguläre und unbefristete Arbeitsplätze schaffen, vor allem dort, wo dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben erfüllt werden.
Zum Zweiten sind das verbindliche Regelungen und Vereinbarungen zum Abbau prekärer Beschäftigungsverhältnisse und guter Arbeit mit den Hochschulen. Diese haben überhaupt keinen Eingang im Gesetz gefunden. So etwas muss aber Mindestbestandteil eines tragfähigen Gesetzes sein.
Weiterhin braucht es eine bessere Entlohnung von Lehrkräften für besondere Aufgaben. Diese haben eine hohe Lehrbelastung, das ist uns hier in der Anhörung auch ausgeführt worden, und werden nur mit der Tarifgruppe E11 entlohnt. Das ist aus unserer Sicht jedenfalls nicht vertretbar. Es braucht ebenso einheitliche Regelungen zur Bezahlung studentischer Hilfskräfte und natürlich, ich sagte es vorhin schon, auch eine Einbeziehung von Studierenden in das Personalvertretungsgesetz. Wir wollen es für studentische Beschäftigte öffnen und kündigen das hiermit schon mal an. Bei Personaleinstellung über Drittmittel ist es für uns außerdem selbstverständlich, dass der Personalrat beteiligt wird. Das erscheint sicherlich vielen schlüssig, ist aber im Moment nicht die Realität und im Gesetz auch nicht vorgesehen.
Weiterhin fehlt - das Gleichstellungsthema habe ich vorhin schon erwähnt - die verpflichtende Frauenförderung. In Anbetracht der Tatsache, dass Gleichstellung an den Hochschulen in Thüringen bisher nur eine untergeordnete Rolle spielt, fragen wir uns zum Beispiel, warum nicht längst Quotenoder Kaskadenmodelle in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen festgeschrieben worden sind. Warum sind auch die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten mitnichten ausgeweitet worden? Ein Armutszeugnis!
Ich muss Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine mutige Hochschulpolitik sieht wahrlich anders aus. Ich fürchte, hier wird heute sozusagen der kleinstmögliche Kompromiss verabschiedet und uns als Hochschulgesetznovelle verkauft. Die Hochschulentwicklungsplanung bleibt bis heute Fehlanzeige. Aus unserer Sicht gibt es viel zu tun und wir können diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen. Vielen herzlichen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Wir sind uns vermutlich gar nicht so uneinig in dem Ziel, eine möglichst umfassende und ganzheitliche Hochschulstrategie vorzulegen. Herr Dr. Voigt hat vorhin angekündigt, dass er damit rechnet, dass sie noch in dieser Legislatur kommt, die ist relativ überschaubar. Können Sie uns vielleicht den Zeitplan vorstellen, wann die Hochschulentwicklungsplanung nun die Abgeordneten erreichen möge?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst auch für unsere Fraktion bei der Landesschülervertretung bedanken.
Bedanken dafür, dass sie in der Tat einmal stichhaltige Summen der Stunden geliefert hat, was das Ausmaß an Unterrichtsausfall anbelangt. Ich glaube, da kann auch das Ministerium nur dankbar sein, wenn solche Zahlen geliefert werden, wenn sich Schülerinnen und Schüler die Mühe machen, diese Stunden zu erfassen und sich nicht darüber freuen, dass eine Freistunde mehr im Stundenplan steht, sondern sich wünschen, dass sie Unterricht haben. Das ist ein durchaus positives Signal. Ich glaube, wir sind uns auch einig, dass selbstverständlich jede Stunde Unterrichtsausfall eine Stunde zu viel ist. Wenn in Thüringen jede achte Schulstunde, wenn man das einmal so rechnet, außerplanmäßig stattfindet oder nicht stattfindet, dann kann man, glaube ich, auch in der Tat nicht zufrieden sein. Auch da sind wir uns, denke ich, weitgehend einig. Insofern ist ganz klar: Auch wir sagen, der Unterrichtsausfall, den wir verzeichnen müssen, ist zu hoch, weil jede ausgefallene Stunde natürlich eine zu viel ist, selbst wenn wir uns statistisch im bundesdeutschen Mittel bewegen. Wenn sich allerdings dann der Eindruck verfestigt, dass hier ein Stück weit Panikmache stattfindet - der Titel Ihrer Aktuellen Stunde war schon ein wenig reißerisch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP -,
halten wir das hier für ziemlich fehl am Platz. Wir glauben, dass es eine sachliche Diskussion über die Ursachen und auch über die Schlussfolgerungen braucht, die wir als Politik aus dem Stundenausfall ziehen müssen.
Wenn dann jemand von „stets bemüht“ spricht, wissen wir auch, was das heißt. Alle Pädagoginnen und Pädagogen, die schon einmal Zeugnisse geschrieben haben, die diesen Satz schreiben, „er hat sich stets bemüht, gute Leistungen zu erzielen“, wissen genau, was das im Klartext bedeutet. Insofern habe ich das jetzt auch als eine leise Kritik verstanden. Natürlich kann man es immer noch besser machen als bisher. Da reicht es uns nicht, wenn wir
davon reden, dass wir endlich diesen Vertretungspool aufbauen müssen, sondern er muss zum Einsatz kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dieser Vorschlag ist nicht neu. Wir diskutieren jetzt, glaube ich, schon seit drei Jahren im Thüringer Landtag, dass wir dringend diese Vertretungsreserve brauchen. Auch das Ministerium hat sie in Aussicht gestellt. Nur kommt sie immer noch nicht zum Einsatz. Ich denke, die Umsetzung ist in der Tat überfällig. Die Ergebnisse der Schülerinnen- und Schülerumfrage haben die bisherigen Erkenntnisse, die wir hatten mit Blick auf den Unterrichtsausfall so will ich es einmal sagen - weitgehend bestätigt. So möchte ich mein Augenmerk insbesondere auf die fachfremde Vertretung richten. Denn diese Problematik kommt aus meiner Sicht mitunter schon zu kurz. Wir Grünen halten fachfremde Vertretung durchaus für problematisch. Ich habe mir einmal den IQB-Ländervergleich 2012 am Beispiel der mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe I vorgenommen. Da kann man sehr gut ablesen, wie wichtig der Zusammenhang vom Fachstudium der Lehrkraft auf der einen Seite und der Schülerkompetenz auf der anderen Seite ist. Lassen Sie mich zwei Zahlen benennen: So erreichen nämlich Schülerinnen und Schüler in Mathematik im Durchschnitt bei einer fachfremden Lehrkraft 18 Leistungspunkte weniger, das ist mehr als ein halbes Jahr Leistungsunterschied. Noch dramatischer ist es im Fachbereich Biologie. Da schneiden Jugendliche im Durchschnitt um 25 Punkte und in Physik um 32 Punkte besser ab, wenn die Fachlehrkraft über eine Lehrbefähigung im Fach verfügt. Das entspricht einem Lernzuwachsunterschied von etwa einem Jahr. Ich glaube, dieser Zusammenhang wird immer noch zu wenig berücksichtigt. Man muss natürlich auch schauen, was die Ursachen dafür sind, dass wir so viel fachfremde Vertretung haben. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sind auch Sie in der Verantwortung, das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen. Ich habe es hier schon mehrmals benannt, es hat über viele Jahre faktisch keine Neueinstellungen gegeben.
Die Ursachen waren vielfältig, keine Frage. Aber wir wissen alle, dass genau dort Ursachen dafür liegen, dass es so viel fachfremde Vertretung gibt. Hinzu kommt noch der hohe Altersdurchschnitt der Thüringer Lehrkräfte von mittlerweile 53 Jahren, hohe Krankenstände usw. Das ist alles keine Überraschung.
Wir fragen uns jedenfalls, warum die Thüringer CDU, insbesondere Finanzminister Voß, diese Vertretungsreserve weiterhin blockiert. Genauso erleben wir das, sonst wäre sie längst im Einsatz. Ich
frage aber auch, lieber Herr Minister Matschie, wo denn die angekündigten Maßnahmen zur gesundheitlichen Vorsorge von Lehrkräften sind. Wenn Sie sich nämlich mal den Landeshaushalt im Einzelplan 04 anschauen, dann werden Sie dazu nichts finden. Wir wissen aber alle, das kostet Geld. Der einzige Haushaltstitel übrigens im Einzelplan 04, der den Begriff „Gesundheitsschutz“ enthält, befindet sich beim Landesamt für Denkmalpflege. Das sollte uns zu denken geben.
Abschließend: Wir brauchen schnelle und wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergesundheit. Wir brauchen ganz klar Steigerungen bei den Neueinstellungen und wir brauchen jetzt die Vertretungsreserve für flexible Krankheitsvertretungen. Lassen Sie uns das gemeinsam angehen. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Interessierte, in der Tat ist es schon eine sehr lange Geschichte, die uns hier beschäftigt, denn bereits im Jahr 2011 hat meine Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf für ein Bildungsfreistellungsgesetz vorgelegt. Das war auch mitnichten vorschnell, denn eigentlich hatte die Koalition schon zu Beginn der Legislatur angekündigt, einen solchen Gesetzentwurf einzubringen. Natürlich muss ich auch noch einmal darauf verweisen, dass mir das Ministerium auf insgesamt drei Anfragen für die Landesregierung immer wieder mitgeteilt hat, dass ein entsprechender Entwurf der Landesregierung in Kürze folgt. Wir wissen heute, es gibt ihn nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss doch gleich zu Beginn etwas zum Kollegen Emde sagen: Es ist nicht nur so, dass Zwischenrufe sehr verräterisch sind; bei der Rede vom Kollegen Döring hatte Herr Emde die Krokodilstränen kommen
tiert. In der Tat, es gibt keine bei der CDU, denn die CDU, das muss man ganz offen sagen, will ein solches Gesetz gar nicht.
Ich kann der FDP nur hoch anrechnen, dass sie wenigstens ehrlich sagten, was sie nicht wollen. Die CDU tut hingegen so, als ob sie ein Interesse an einem solchen Gesetz hätte, bringt aber schlichtweg gar nichts zustande außer Blockade.
Da bin ich schon ein Stück weit getroffen, das will ich auch ganz ehrlich sagen, weil ich es unredlich finde, Herr Emde, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und sagen, Sie könnten unserem Gesetzentwurf beispielsweise nicht zustimmen, weil Ihnen die eine oder andere Regelung viel zu weit geht, weil dies oder jenes Ihnen nicht gefällt. Sie von der CDU haben es aber in den drei Jahren nicht einmal zustande gebracht haben, auch nur einen einzigen Änderungsvorschlag zu unserem Gesetz zu machen.
Natürlich weiß ich das. Im Gegensatz zu Mike Mohring sitze ich nämlich im Bildungsausschuss,
wo die CDU nicht eine einzige substanzielle Änderung, einen einzigen substanziellen Vorschlag gemacht hat. Im Gegenteil, sie hat permanent, von der SPD unterstützt, Verschiebebahnhof gespielt,
angekündigt, so getan, als ob da noch etwas kommen würde, aber es kam nichts.
Und Blech klingt hohl, das hört man gerade, lieber Herr Mohring.
Das muss ich wohl so deutlich sagen. Das kam allerdings von Ihnen. Ich kann das nur so zurückgeben.
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Döring hatte es soeben ausgeführt.
Ich werde jetzt nichts kommentieren, was normalerweise passiert, wenn man die Handlungen der Präsidentin kommentiert - aber gut, das wissen wir auch alle, lieber Herr Mohring -, sondern ich werde zur Sache sprechen. Es geht um eine sehr wichtige
Sache, nämlich das Bildungsfreistellungsgesetz. Herr Döring, ich nehme Ihnen ab, dass es Ihnen wirklich weh tut, dass Sie offenkundig, warum auch immer, nicht so können, wie Sie angeblich schon seit 23 Jahren wollen. Ich bewundere Ihre sprachlichen Pirouetten - das meine ich wirklich ernst -, „das Feigenblatt, ein Blatt der Feigen“. Dann beweisen Sie doch heute, dass Sie nicht feige sind, beugen Sie sich nicht länger der Koalitionsräson und stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu,
der Ihren Intentionen am nächsten kommt. Sie haben sogar jetzt noch die Zeit, Änderungsanträge zu stellen. So Sie es ernst meinen, würde ich dafür sogar eine Sitzungsunterbrechung beantragen, damit Sie die noch schriftlich fixieren können und wir dann über einen Gesetzentwurf abstimmen, der tatsächlich auch von der SPD getragen werden kann. Denn machen wir uns nichts vor: Es ist in der Tat traurig und es ist bitter, dass im Land Thüringen noch immer kein
Freistellungsgesetz auf den Weg gebracht wurde, dass wir seit 23 Jahren nach gemeinsamen Wegen suchen, um hier eine Regelung zu treffen und das bis jetzt ohne Erfolg. Dass in großen Koalitionen manches niemals gelingt, konnten wir uns schon 1994 anschauen. Auch der Koalitionsvertrag von 1994 zwischen SPD und CDU hat die Einführung eines Bildungsfreistellungsgesetzes vorgesehen. Auch das wurde leider nie umgesetzt - eine traurige, aber vielleicht auch nicht zufällige Analogie zur jetzigen Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren. Bereits damals hat sich beispielhaft gezeigt, dass die SPD es zwar ab und an schafft, politische Vorhaben in Koalitionsverträgen zu verankern, die politische Kraft oder das notwendige Rückgrat, wenn ich es so nennen darf, zur tatsächlichen Umsetzung fehlt ihr jedoch. Da helfen auch so markige Feigenblattsprüche nicht wirklich weiter, lieber Kollege Döring.
Wie ist denn nun die aktuelle Situation? Thüringen gehört, das haben Sie hier schon mehrfach ausgeführt bekommen, zu den vier Bundesländern in Deutschland, die noch keine gesetzliche Regelung für eine bezahlte Auszeit zur Weiterbildung gefunden haben. Ja, für uns Grüne war es in der Tat so, dass wir einen umfassenden Bildungsbegriff zur Grundlage unseres Gesetzes gemacht haben, ganz bewusst. Uns geht es auch um politische, um kulturelle, um individuelle Weiterbildung. Es ist im Übrigen in der Debatte von 1992 - ich werde am Ende meiner Rede noch daraus zitieren -, die hier vor 22 Jahren im Thüringer Landtag stattgefunden hat, auch sehr deutlich geworden, dass die politische Kultur und der Bildungsstand sehr wohl etwas miteinander zu tun haben und man sich schon damals eigentlich - zumindest in einigen Fraktionen - einig
war, dass Bildung auch in Form eines Bildungsfreistellungsgesetzes zu einer verbesserten politischen Kultur beitragen könnte. Ich glaube, die hat Thüringen auch heute noch nötig. Deswegen streiten wir auch heute noch dafür.
Auf jeden Fall haben wir einen eigenen Entwurf für ein Bildungsfreistellungsgesetz erarbeitet und ihn im November 2011 eingereicht, das ist mittlerweile zweieinhalb Jahre her. Herr Matschie hat in der Landtagssitzung im November 2011 angekündigt das war die erste Ankündigung -, dass ein Gesetzentwurf der Landesregierung in Kürze fertig sei. Auf Demonstrationen ist es ja so, dass nach drei Ankündigungen in der Regel tatsächlich etwas passiert.
Entschuldigung, aber dieser Vergleich fiel mir gerade ein. Hier ist auch nach vier oder fünf Ankündigungen bis heute nichts passiert, meine sehr geehrten Damen und Herren, was gewiss nicht für die Verlässlichkeit dieser Landesregierung spricht.
Wir haben uns dann im Glauben an das Gute immer wieder bereit erklärt - da sind wir in der Tat ein Stück weit im Bildungsausschuss vorgeführt worden -, im Sinne der Sache unseren Gesetzentwurf in der Beratung so lange zurückzustellen, bis der Monat für Monat angekündigte Entwurf der Regierung hinzukommt. Eine gemeinsame Beratung hat es nie gegeben, weil das Gesetz bis heute nicht vorliegt.
Es sind inzwischen 30 Monate seit der ersten Ankündigung vergangen, das ist ein wahres Armutszeugnis, meine sehr geehrten Damen und Herren. Woran das liegt, ist auch ganz einfach zu erklären: Es liegt einzig und allein daran, dass diese schwarz-rote Koalition politisch handlungsunfähig ist. Sie kann sich nicht einmal auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf einigen, der in anderen Ländern, in 12 Ländern wohlgemerkt, längst geübte Praxis ist. Weil vorhin übrigens der Einwurf kam, dass wir es uns tatsächlich herausgenommen haben, in unserem Vorschlag auch die Erwerbslosen mit zu bedenken, weil wir meinen, auch sie sollten einen Anspruch auf Weiterbildung haben, kann ich Sie beruhigen. In Sachsen-Anhalt ist dies beispielsweise erfolgreich Praxis.
Es ist also gar nicht so utopisch, es ist auch nicht irgendwo herbeigezogen, sondern, ich glaube, das hat ganz viel mit der Anerkennung von Lebensrealitäten in unserem Land zu tun. Wenn wir auf der einen Seite Flexibilisierung und permanentes lebenslanges Lernen vor allem fordern, dann müssen wir auch allen die Chance dazu geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Was jedenfalls deutlich wurde, ist, dass selbst so ein überschaubares Reformvorhaben wie ein Bildungsfreistellungsgesetz, vonseiten der CDU bis heute infrage gestellt wird und dass - das ist viel schlimmer, finde ich - dies dazu führt, dass, obgleich wir einen SPD-Bildungsminister haben, die Koalition sich der CDU unterwirft. Man könnte es auch so sagen, dass CDU und SPD in Sachen Bildungspolitik einfach nicht zusammenpassen, aber vielleicht adle ich da sogar die SPD zu sehr. Ich weiß nicht, ich jedenfalls kann das Rückgrat schlichtweg nicht erkennen - das muss ich ganz deutlich sagen -, tatsächlich einmal für eine Sache zu streiten, die Ihnen von der SPD auch so am Herzen liegt, wie Sie es dargestellt haben. Bei HansJürgen Döring weiß ich, dass er seit 22 Jahren nachlesbar - in diesem Parlament für dieses Ziel gestritten hat. Ich bin auf Ihr Abstimmverhalten übrigens sehr gespannt. Wir werden namentliche Abstimmung zu unserem Gesetzentwurf beantragen.
Die Leidtragenden dieser Scheinehe, wenn ich es so nennen darf, aus CDU und SPD sind einmal mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat, die bis heute keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung zu Weiterbildungszwecken haben.
Was sind noch einmal die wichtigsten Eckpunkte zu unserem Gesetzentwurf? Bildungsfreistellung für was? Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zur Teilnahme an anerkannten Weiterbildungsveranstaltungen - nur um auch mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. Es sind vorhin einige Punkte benannt worden, die immer gern aufs Tapet gehoben werden, wenn man sich lächerlich machen will über solche Bildungsangebote. Das schließt sowohl die allgemeine politische, kulturelle und berufsweltbezogene Weiterbildung ein, aber auch die Schulung für die Wahrnehmung des Ehrenamts. Ich glaube, genau an der Stelle haben wir gezeigt, dass wir im Gegensatz zu anderen sehr lernfähig sind. Susanne Hennig hat vorhin die 13 Stellungnahmen erwähnt, die wir bekommen haben. Wir haben sie nicht nur genau gelesen und ausgewertet, sondern wir haben daraus auch einen Änderungsantrag gemacht und zu unserem Gesetz selbst Änderungen vorgenommen, weil auch wir sagen, sicherlich gab es da noch einiges zu verbessern, zu verändern.
Wie gesagt, unser Angebot galt immer und gilt auch heute noch, dass, wenn Sie es ernst meinen, dass wir Änderungen aufgreifen, damit wir zu einem gemeinsam getragenen Gesetz kommen.
Wer hat Anspruch? Möglichst viele Menschen, so unsere Idee, unsere Intention, also alle Arbeiterinnen, Arbeiter, Angestellte, Auszubildende, auch Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen,
Menschen, die in Werkstätten für Behinderte tätig sind, arbeitslose Personen, all diese sollten einen umfassenden Anspruch haben. Ab wann soll der Anspruch gelten? Der Anspruch entsteht nach dem sechsmonatigen Bestehen des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses. Die Dauer der Bildungsfreistellung - so haben wir uns entschieden, so ist es auch in vielen anderen Ländern geregelt - beläuft sich auf insgesamt zehn Arbeitstage in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren. Für die gesamte Zeit, in der der Beschäftigte zur Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen freigestellt ist, ist natürlich das Arbeitsentgelt ohne Minderung fortzuzahlen.
Die große, spannende Frage, ob Arbeitergeber/Arbeitgeberinnen die Bildungsfreistellung ablehnen können: Ja, natürlich ist das möglich, wenn es dafür beispielsweise betriebliche Gründe gibt oder die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer so frühzeitig wie möglich mitzuteilen, ob der beantragte Bildungsurlaub gewährt wird oder nicht.
Jetzt kommen wir zur spannenden Frage des finanziellen Ausgleichs, denn das haben wir sehr genau in unserem Gesetzentwurf geregelt. Hier sind wir auch anderer Auffassung als die Linke, weil wir uns die Unternehmerlandschaft in Thüringen schon sehr genau anschauen und wissen, dass wir überwiegend Kleinst- und Kleinunternehmen haben. Hier wollen wir einen finanziellen Ausgleich durch den Freistaat gewährt wissen. Deswegen haben wir auch seit 2011 in allen Haushaltsberatungen jeweils beantragt, im Jahr 2 Mio. € im Haushalt dafür einzustellen. Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sollen nach unseren Vorstellungen für jeden Tag der Bildungsfreistellung 100 Prozent erhalten. Es geht immer um die durchschnittlichen Arbeitsentgelte je Tag. Und Kleinbetriebe von 10 bis 49 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erhalten 50 Prozent. Damit werden wir zum einen der kleinteiligen Wirtschaftsstruktur in Thüringen gerecht. 88 Prozent der Betriebe in Thüringen haben weniger als zehn Mitarbeiterinnen und 9 Prozent der Betriebe weniger als 50 Mitarbeiterinnen. Das ist einer der Kritikpunkte übrigens, die wir am Gesetz haben, welches die Linke aus dem Bildungsministerium gekapert hat, dass die Klein- und Kleinstbetriebe nicht entsprechend, wie wir meinen, tatsächlich auch den Anspruch gewähren können. Damit haben nach unserem Gesetz 97,4 Prozent der Betriebe in Thüringen Anspruch auf Lohnersatz. Gibt es eine Härtefallregelung? Ja, auch die haben wir vorgesehen, dass auf Antrag ein Zuschuss zu den Kosten, die durch die Teilnahme entstehen, gewährt wird.
Nochmals zu dem Entwurf aus dem Hause Matschie. Kreativ fanden und finden wir die Art der Einbringung nicht unbedingt, aber es gibt jetzt zwei Gesetzentwürfe, aus denen heute zumindest die
Abgeordneten der SPD wählen können. Noch einmal zum Änderungsantrag. Wie gesagt, wir haben etliche Punkte aufgegriffen aus der schriftlichen Anhörung. Da ging es um kleinere Fehler, das kann sicherlich passieren bei der Gesetzesformulierung, die wir bereinigt haben, und es ging insbesondere um die Klarstellung, dass wir nicht betriebliche Weiterbildung bei der Bildungsfreistellung berücksichtigt wissen wollen, sondern berufsweltbezogene Weiterbildung. Das war ein Kritikpunkt seitens der Gewerkschaften am Begriff „berufliche Bildung“. Das haben wir selbstverständlich gern aufgenommen und entsprechend geändert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal sagen, was wir kritisch sehen am Gesetzentwurf aus dem Hause Matschie. Hier wird die Bildungsfreistellung lediglich auf arbeitsweltbezogene und gesellschaftspolitische Bildung bezogen. Aus unserer Sicht greift das ein wenig zu kurz, auch und gerade, wenn wir uns im innenpolitischen Diskurs befinden, wenn wir über Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, über Demokratiebildung sprechen, glaube ich, dass hier viele einen hohen Bildungsbedarf haben.
Die arbeitslosen Personen haben keinen Anspruch auf Bildungsfreistellung im Gesetzentwurf, den die Linke eingebracht hat. Auch gibt es, wie bereits ausgeführt, keine Kompensationsregelung für Klein- und Kleinstunternehmen.
Wir wollen mit unserem Bildungsfreistellungsgesetz endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, die es Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen ermöglichen, an allgemeiner, politischer, kultureller und berufsweltbezogener Weiterbildung sowie an Schulungen zur Wahrnehmung des Ehrenamtes teilzunehmen, und sind davon überzeugt, dass davon tatsächlich alle profitieren, dass Fachkräfte, die auf dem aktuellen Wissensstand sind, auch die Unternehmen bereichern. Die Unternehmen profitieren von motivierten und qualifizierten Mitarbeitern. Gesellschaftliche Weiterbildung wiederum liegt im Interesse des Allgemeinwohls und die Förderung von Mitsprache und Mitverantwortung ist in einem demokratischen Staat eine wichtige Grundlage für mehr Demokratie und Transparenz und bürgerschaftliches Engagement.
Jetzt kommt das angekündigte Zitat aus der Sitzung der 1. Wahlperiode, 47. Sitzung am 12. März 1992, ich darf meinen geschätzten Kollegen HansJürgen Döring zitieren: „Herr Präsident, meine Damen und Herren, nur wer politisch interessiert ist, wird sich für das Gemeinwohl einsetzen. Dazu bedarf es der politischen Bildung und diese braucht Zeit. Durch die Koalition der Unvernunft von Regierung und Arbeitgebern wird es in Thüringen diese Zeit, nämlich einen Bildungsurlaub, nicht geben, vorerst.“ Ich bedauere das sehr. Sie haben die Chance, heute zu beweisen, dass Sie im Sinne der
Sache entscheiden können. Stimmen Sie für Bildungsfreistellung für die Thüringerinnen und Thüringer. Herzlichen Dank.
Das ist auch heute noch völlig richtig. Namens meiner Fraktion beantragen wir namentliche Abstimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden hier einmal mehr über die Frage: Wie stehen wir zum Kooperationsverbot? In der Tat hat es hier immer wieder ganz spannende Auseinandersetzungen gegeben, weil das ist durchaus auch zu Recht angeführt worden es zwar immer wieder sehr eindeutige Positionierungen, beispielsweise auch von unserem Bildungsminister, zum Thema Kooperationsverbot gegeben hat. Daraus ist aber, ich sage es so hart, nichts gefolgt.
Ich kann Ihnen nicht ersparen, das jetzt auch noch mal zu referieren. Lieber Kollege Dr. Hartung, ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich wenig von Arro
ganz in so einer Debatte halte. Anderen vorzuwerfen, sie würden hier Nachhilfeunterricht geben wollen, finde ich aus pädagogischer Sicht ganz besonders zweifelhaft. Sicher können wir alle in bestimmten Themen auch mitunter Nachhilfe gebrauchen, aber eine Verhaltensstarre damit zu begründen, dass man sagt, ich brauche keine Nachhilfe, das finde ich ein relativ schwaches Argument.
Der Antrag der FDP hat die Landesregierung aufgefordert, sich einer Abschaffung des Kooperationsverbots des Bundes im Bereich der Hochschulen im Bundesrat nicht länger zu verweigern und eine schnelle Änderung des Grundgesetzes zu unterstützen oder über eine eigene Bundesratsinitiative herbeizuführen. Es wird jetzt sicher nicht viele überraschen, ich werde das sehr differenziert begründen, warum wir uns dem Antrag letzten Endes nicht anschließen werden.
Wie aber ist unsere grundsätzliche Position zum Kooperationsverbot? Es wird Sie auch nicht wundern, wir sind schon seit Langem - eigentlich schon seit der Einführung - davon überzeugt, dass das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern für den Bereich der Bildung ein ganz grundlegender Fehler war und wirklichen Fortschritt behindert. Deshalb sagen wir, das Kooperationsverbot muss fallen, allerdings für den gesamten Bildungsbereich. Das Kooperationsverbot, wenn wir es uns genau anschauen, erweist sich immer wieder als ein Hindernis bei der Wahrnehmung der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die Finanzierung von Bildungsinvestitionen. Deswegen fand ich auch vorhin die Frage an Frau Hitzing von Herrn Dr. Voigt, ob sie jetzt möchte, dass der Bund mitfinanziert oder ob sie möchte, dass das Grundgesetz verändert wird, ein bisschen irreführend, muss ich sagen, weil es natürlich beides impliziert, wenn man es mit der Abschaffung des Kooperationsverbots ernst meint.
Das meinen wir, deshalb streben wir eine Aufhebung des Kooperationsverbots und eine Neuregelung der gesamtstaatlichen Bildungsverantwortung im Grundgesetz an. Positive Beispiele für Bundesunterstützung gibt es, auch das will ich hier noch mal benennen, wie das sogenannte Zukunftsinvestitionsprogramm, das aus vielen Gründen einen solch sperrigen Namen tragen musste, um irgendwie dieses Kooperationsverbot zu umgehen. Dabei ging es um den Ausbau der Ganztagsschulen. Programme wie diese jedenfalls belegen, dass Kooperation zwischen Bund und Ländern durchaus gelingen kann, wenn man es will, und dass gute Bildung und Chancengleichheit, Qualität, Kontinuität und die dafür nötigen Mittel benötigen. Dafür müssen wir alle in ein Boot. Wir jedenfalls wollen die rechtli
chen Voraussetzungen für gemeinsame Investitionen in die Zukunft schaffen.
Was ist hier in den letzten Jahren passiert? Auch das will ich noch mal referieren. Frau Kaschuba hatte auf eine unserer Initiativen schon hingewiesen. Sie stammte übrigens sogar schon aus dem Jahr 2010 und war überschrieben mit dem Titel „Gemeinsame Bildungsverantwortung für gute Schulen und Hochschulen - Für eine Abschaffung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Bundesländern“. Da haben wir eine Bundesratsinitiative zur Aufhebung des Kooperationsverbots von der Landesregierung gefordert. Sie erinnern sich vielleicht, der Antrag wurde abgelehnt. Am 14. März 2012 haben wir wiederum einen Antrag unserer Fraktion behandelt. Dieser war überschrieben mit „Für einen kooperativen, leistungsstarken und vertrauensvollen Bildungsföderalismus“. Darin hatten wir die Einberufung eines Reformkonvents vorgesehen und die entsprechenden Grundgesetzänderungen, die auch schon erwähnt wurden, der Artikel 91 und 104 auch mit thematisiert. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Interessanterweise immer mit dem Verweis darauf, dass die Koalition sich selbst noch dazu verhalten will und etwas auf den Weg bringt. Das habe ich hier heute jedenfalls wiederum noch nicht gesehen.