Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags herzlich willkommen, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Als Schriftführer hat Abgeordneter Kowalleck neben mir Platz genommen. Die Rednerliste führt Abgeordneter Meyer.
Für die heutige Sitzung haben sich Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Hellmann, Herr Abgeordneter Höhn, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Recknagel, Frau Abgeordnete Siegensmund und Ministerpräsidentin Frau Lieberknecht entschuldigt.
Am heutigen Tage hat unser Kollege Michael Heym aus der CDU-Fraktion Geburtstag. Ich gratuliere recht herzlich.
Ebenfalls heute Geburtstag hat unser leider erkrankter Kollege Klaus von der Krone. Ich habe ihm im Namen von uns allen gratuliert, herzliche Grüße und Genesungswünsche übermittelt.
Folgender Hinweis zur Tagesordnung: Der TOP 14 wird von der Tagesordnung abgesetzt, da die FDPFraktion ihren Antrag in der Drucksache 5/2288 zurückgezogen hat.
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/2244 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/2334
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat sich Abgeordneter Primas zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter Primas möchte nicht sprechen. Der Herr Minister möchte sprechen. Bitte schön, Herr Minister Reinholz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich nur kurz noch einmal zu Wort melden. Zu dem, was gestern gesagt worden ist, gibt es, glaube ich, nicht mehr viel zu ergänzen. Es bleibt das noch, was Kollegin Hitzing gestern noch einmal in den Raum gestellt hatte. Ich will noch einmal kurz darauf hinweisen, dass die Geschäftsstelle der Stiftung Naturschutz Thüringen in die Landesanstalt für Umwelt und Geologie integriert ist. Sie ist damit natürlich auch mit qualifiziertem Personal der TLUG ausgestattet. Die folgenden Zahlen, die gestern noch einmal erbeten worden sind, beziehen sich auf die Jahre 2009 bzw. 2010, da konkretere Aussagen im Moment noch nicht getroffen werden können. Beschäftigt sind dort sechs Personen, vier Beamte und zwei Tarifbeschäftigte, und das teilweise in Teilzeit. Nach den mir vorliegenden Zahlen betrugen die Personalkosten monatlich rund 17.800 €. Dies stellt einen Gesamtbruttobetrag einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen bei den Tarifbeschäftigten dar. Konkret: Zurechenbare Sachkosten fielen nur in einer Höhe von rund 500 € an. Hier zeigen sich letztendlich Kostenspareffekte durch die Ansiedlung der Geschäftsstelle bei der TLUG, da so zum Beispiel auch Großkundenverträge, z.B. für Kommunikation der Geschäftsstelle mit genutzt werden können in der Stiftung. So viel noch mal zu den Dingen, die gestern noch einmal erbeten worden sind. Ich bitte um positiven Abschluss. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Minister Machnig hat uns gestern Mut gemacht, als er die Koalition als „lernendes System“ bezeichnet hat. Nun glaube ich nicht, dass die Zeit gereicht hat, dass die SPD und die CDU zu neuen Erkenntnissen gekommen sind. Wir haben gestern hier dargelegt, dass es auch gute Gründe gibt, das noch einmal an den Ausschuss zu überweisen und darüber zu sprechen, vor allen Dingen auch über die Probleme, die die Leute, die in der Stiftung arbei
ten, haben. Das kann man vielleicht auch noch an anderer Stelle machen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Dass sich Herr Primas nicht gemeldet hat, ist ja auch ein Zeichen dafür, dass es da keine Veränderung gibt. Insofern bleibt es dabei, dass wir die Ausschussüberweisung beantragen und alles andere - da hat der Minister recht - ist gesagt. Danke schön.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann beende ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Als Erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf und dann über den Entschließungsantrag.
Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 5/2244 in zweiter Beratung. Wer mit dem Gesetzentwurf einverstanden ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Zustimmung bei der FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Wer ist gegen den Gesetzentwurf? Ablehnung bei der Fraktion DIE LINKE. Gibt es Enthaltungen? Ich sehe keine Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf in der Drucksache 5/2244 angenommen.
Wir kommen nun zur Schlussabstimmung. Wer für den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung ist, den bitte ich jetzt, sich von den Plätzen zu erheben. Das sind die FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Danke. Wer ist gegen den Gesetzentwurf? Das ist die Fraktion DIE LINKE. Gibt es Enthaltungen? Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung zugestimmt.
Wir kommen zur Abstimmung des Entschließungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/2334. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist Zustimmung bei den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist gegen den Entschließungsantrag? Das ist Ablehnung bei den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Damit ist der Entschließungsantrag in Drucksache 5/2334 abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Perspektiven für Thüringer Lehrerinnen und Lehrer schaffen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/2299
Wünscht die Fraktion die Begründung? Nein. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Herr Minister Matschie, bitte.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe gern den erbetenen Bericht. Wenn es um die Situation an den Schulen und die Perspektiven für Lehrerinnen und Lehrern geht, müssen wir zunächst eine Bestandsaufnahme machen, welche Situation habe ich in Bezug auf unsere Schulen im Herbst 2009 hinsichtlich des Personals vorgefunden. Ich will das an vier Punkten deutlich machen.
Erstens: Wie Sie wissen, werte Kolleginnen und Kollegen, hat es im Jahr 2006 ein Grundsatzurteil zur Teilzeitarbeit verbeamteter Lehrer gegeben. Wer Vollzeit arbeiten möchte, darf dies tun. Dies führte im Ergebnis zu einem deutlichen Personalüberhang, insbesondere an den Thüringer Gymnasien und Regelschulen. Dieser Umstand verbaut uns faktisch die Möglichkeit von Neueinstellungen junger Lehrerinnen und Lehrer, die wir an den Thüringer Hochschulen ausgebildet haben. Wir können an diesen Schularten nur dort einstellen, wo Mangelfächer vorhanden sind.
Drittens: Der Altersdurchschnitt der Thüringer Lehrer ist innerhalb von zehn Jahren von 46,7 Jahren im Jahr 2001 auf 50,9 Jahre im Jahre 2011 kontinuierlich angestiegen.
Viertens: Das Altersteilzeitmodell stellt uns vor enorme Probleme. Zahlreiche Lehrer sind in der Ruhephase und stehen damit für den Schuldienst nicht mehr zur Verfügung.
Das ist die Situation, wie ich sie vorgefunden habe. Ich habe seitdem aktiv umgesteuert. Die wichtigste Maßnahme war, die Neueinstellung von Lehrern wieder in Gang zu setzen. Wir haben im Jahr 2010 in allen Schularten 151 Lehrer neu eingestellt. Ich plane für dieses Jahr 300 Neueinstellungen für den Thüringer Schuldienst.
Neueinstellungen sind das eine, wichtig ist aber auch die Sicherung des Lehrernachwuchses. Deshalb lege ich großen Wert darauf, dass die Zahl der eingestellten Lehramtsanwärter wächst. Es waren im Jahr 2009 340 Lehramtsanwärter, im letzten Jahr haben wir die Zahl auf 400 erhöht und ab diesem Jahr sollen rund 500 Lehramtsanwärter ausgebildet werden. Damit haben wir die Voraussetzungen geschaffen, dass wir auch in den nächsten Jahren bedarfsgerecht einstellen. Das stellt sicher, dass Schritt für Schritt wieder eine ausgewogene Altersmischung entstehen kann und wir sorgen dafür, dass die Lehramtsabsolventinnen und -absolventen eine Perspektive in Thüringen haben. Mit dieser Personalentwicklung können wir eine hohe Qualität der Arbeit in den Schulen sicherstellen. Ich
will, dass die Schulen so ausgestattet sind, dass die Arbeit dort funktionieren kann, dass wir gute Lehrerteams an den Schulen haben, motivierte Lehrerteams und dass Schritt für Schritt wieder eine bessere Altersmischung entsteht. Sie wissen, wir haben uns in der Bildung eine Menge vorgenommen. Mein Ziel ist es, Thüringen zum Bildungsland Nummer 1 zu machen, dabei hat die Ausbildung an den Schulen einen ganz herausragenden Stellenwert. Die Lehrerinnen und Lehrer stehen dabei vor großen Herausforderungen. Wir haben neue Lehrpläne eingeführt in den Grundschulen, wir werden das in den weiterführenden Schularten in den kommenden Jahren tun. Wir haben ein neues Schulgesetz verabschiedet, was die individuelle Förderung eines jeden Schülers in den Mittelpunkt stellt, und haben damit hohe Anforderungen an die Weiterentwicklung der Schulen gestellt. Aus diesem Grund überlasse ich es auch nicht dem Zufall, wie sich die Personalsituation künftig entwickelt, sondern wir tun alles, um neue, junge Lehrer in den Schuldienst zu bringen. Dazu werden alle vorhandenen Möglichkeiten ausgenutzt und ausgeschöpft. Ich will mich an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich bedanken bei den vielen engagierten Lehrerinnen und Lehrern, die eine gute Arbeit an den Schulen machen, die dafür sorgen, dass Thüringer Schülerinnen und Schüler gute Unterrichtsbedingungen haben. Für diesen Einsatz möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bedanken.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich frage: Wird die Beratung zum Sofortbericht gewünscht? Ich sehe, die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die SPD und die CDU wünschen die Beratung. Dann eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht gleichzeitig mit der Aussprache zu Nummer II des Antrags. Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren - ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich -, liebe Lehrerinnen und Lehrer in Thüringen, natürlich auch liebe Schülerinnen und Schüler! Wir haben diesen Antrag hier im Landtag eingebracht, weil wir davon überzeugt sind, dass es tatsächlich höchste Zeit ist, sich dieser Thematik ernsthaft anzunehmen. Ich bedanke mich für die neue Transparenzinitiative des Thüringer Bildungsministeriums, zunächst über die Presse über das Berichtsersuchen umfänglich zu berichten und dann auch hier im Thüringer Landtag etwas ver
kürzt noch einmal eine Zusammenfassung, die man schon vor zwei Tagen in der Thüringischen Landeszeitung nachlesen konnte, abzuliefern. Ich sage das durchaus nicht nur ironisch, sondern ich glaube, dass wir tatsächlich eine öffentliche Diskussion brauchen, denn wir alle wissen, dass die Situation der Lehrerinnen und Lehrer und ihre Altersstruktur, aber auch die beruflichen Perspektiven nicht nur eine spezifisch thüringische Problematik sind, auch kein allein deutsches Phänomen, sondern eine Herausforderung mit europäischer Dimension. Nichtsdestotrotz - das wissen wir alle - ist Bildungspolitik originäre Ländersache und dafür ist unsere Koalition auch recht ambitioniert angetreten. Insofern erwarten wir von der Landesregierung Antworten, auch wenn, wie Herr Minister Matschie eben formulierte, er natürlich eine bestimmte Situation vorgefunden hat, so haben Sie es eben ausgedrückt, das darf man natürlich nicht vergessen. Ich will trotzdem noch einmal ein bisschen die Geschichte reflektieren und zuvorderst Danke sagen an die Lehrerinnen und Lehrer, die tagtäglich eine hervorragende Arbeit an ganz vielen Schulen hier in Thüringen leisten, und zwar in allen Schularten. Ich will auch sagen, damit dieses Thema nicht so ein Geschmäckle von Altersdiskriminierung bekommt,
ältere Lehrerinnen und Lehrer sind mitnichten schlechtere Lehrerinnen und Lehrer, ganz und gar nicht. Das Problem ist aber, dass wir im Schnitt überwiegend nur noch ältere Lehrerinnen und Lehrer, insbesondere an den staatlichen Schulen haben und hier müssen wir aktiv werden, um tatsächlich auch da eine gute Mischung von jungen und älteren Kolleginnen und Kollegen hinzubekommen. Schon im Jahr 2003 hat die OECD dringenden Handlungsbedarf ausgemacht und betont auch in ihrer 2009 veröffentlichten Studie „Teaching and Learning International Survey“ den Hinweis darauf, dass jeder dritte Lehrer älter als 50 Jahre ist, in Österreich und Norwegen sind es über 40 Prozent, in Italien über 50 Prozent. Nur 15 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer in Europa waren, wenn man diese Studie nachliest, jünger als 30 Jahre. Da sieht man, dass es nicht nur ein deutsches Problem ist. Bemerkenswert ist, dass sich Deutschland ebenso wie die USA, Japan, Frankreich und Großbritannien leider nicht an der Studie beteiligen, da die Kultusminister die Studie abgelehnt haben, weil sie keine Erkenntnisse erwarteten, die die weitere Qualitätsentwicklung des Unterrichts voranbringen könnten. In Deutschland und Italien waren laut OECD im Jahr 2003 fast 50 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer im Sekundarbereich älter als 50 Jahre und in Schweden, Island, den Niederlanden, Norwegen, Finnland und Neuseeland ist noch mehr als ein Drittel der Lehrerschaft älter als 50. Für Deutschland gibt es natürlich auch Analysen, die auf einen dringenden Handlungsbedarf in der
Bildungspolitik hinweisen. Im Juni des vorletzten Jahres hat der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm darauf hingewiesen, dass sich bis 2020 rund 460.000 deutsche Pädagoginnen in den Ruhestand verabschieden. Diese Zahl muss man einfach im Hinterkopf haben, wenn wir wissen, dass wir heute immer wieder auch von einem Lehrerüberhang hören. Pro Jahr kommen aber deutschlandweit nur etwa 26.000 junge Lehrerinnen und Lehrer nach. Selbst bei zurückgehenden Schülerzahlen reicht das nach Klemms Berechnungen mitnichten aus, um den Standard von heute zu halten, geschweige denn ihn zu verbessern. Dass wir in Thüringen einiges vorhaben, wissen wir nicht erst seit der Novellierung des Schulgesetzes, in dem beispielsweise der Rechtsanspruch auf individuelle Förderung enthalten ist.
Thüringen ist in besonderer Weise betroffen, denn der Altersdurchschnitt der Thüringer Lehrerinnen und Lehrer liegt aktuell bei über 50 Jahren, nach Angaben des Bildungsministeriums genau bei 50,9 Jahren. Von den 20.414 Lehrerinnen und Lehrern in Thüringen sind etwa ein Drittel dieser Lehrerinnen und Lehrer älter als 55. Da die dominante Alterskohorte der Endfünfziger in fünf bis zehn Jahren in einem Schwung in den Ruhestand geht, wird in fünf Jahren aus dem Lehrerüberfluss, über den wir heute immer wieder hören, ganz dezidiert ein Lehrermangel. Das müssen wir natürlich vorausschauend im Blick behalten. Wir meinen, dass es dafür politische Antworten und Ansätze einer vorsorgenden Personalpolitik braucht, die nicht erst auf eine Problemsituation reagiert, wenn sie eingetroffen ist, sondern die vorsorgt und nachhaltig agiert.
Schauen wir noch einmal in den allseits beliebten Koalitionsvertrag hier in Thüringen. Darin können wir lesen, dass beide Seiten einem drohenden Lehrermangel in Thüringen frühzeitig begegnen wollen und sich die Koalitionspartner einig seien, dass bis 2015 ein Ersatzbedarf im Umfang von 2.500 Vollbeschäftigteneinheiten besteht. Um diesen Bedarf zu decken, werden die Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht erhöht und die Einstellungskorridore erweitert. Die Koalitionspartner seien sich weiterhin einig, dass durch geeignete Maßnahmen der kurzfristige Bedarf in den Grundschulen zu decken ist. Für uns ist das natürlich ein guter Anlass, einmal nachzufragen, wie weit denn die Landesregierung mit der Umsetzung dieses sich selbst gegebenen Auftrags aus dem Koalitionsvertrag tatsächlich ist.