Christoph Matschie

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Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will zu Beginn noch einmal sagen, ich bin schon überzeugt, Thüringen hat ein leistungsfähiges Bildungssystem, und zwar nicht nur bezogen auf die fachliche Qualifizierung von Schülerinnen und Schülern, sondern auch, wenn es darum geht, wichtige gesellschaftliche Themen aufzugreifen. Wir wissen aus vielen Untersuchungen, am Ende gelingt Schule so gut, so gut Lehrerinnen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen, Erzieherinnen und Erzieher sind. Deshalb glaube ich, macht es zunächst einmal Sinn, zu schauen, welche Instrumente wir eigentlich haben, um mit Problemen umzugehen. Wo können wir ansetzen im bestehenden System, bevor wir anfangen, neue Strukturen zu schaffen, neue Programme über die Schulen zu ziehen? Denn es gibt auch am Ende einen Abnutzungseffekt. Dann geht es heute um die Frage der sexuellen Vielfalt, dann geht es morgen um die gesunde Ernährung, da geht es übermorgen um den Umgang mit Medien, da geht es überübermorgen um mehr Bewegung. Alles wird sozusagen mit zusätzlichen Strukturen diskutiert, manches mit zusätzlichen Fächern, die eingerichtet werden. Das kann am Ende nicht aufgehen.
Deshalb müssen wir schauen, wie wir Schule als Schule, wie wir sie haben, stärken, mit bestimmten Themen umzugehen. Insofern glaube ich, Frau Rothe-Beinlich, auch wenn der Antrag heute hier keine Mehrheit findet, war er doch insofern wichtig, als er die Debatte wieder auf den Weg gebracht hat. Auch
in den Stellungnahmen, die dort gekommen sind, sind viele Anregungen, die wir weiter besprechen und verfolgen können, enthalten. Am Ende muss es uns doch darum gehen, auch in einer sachlichen konstruktiven Art und Weise in dieser Frage weiterzukommen, auch unseren Schülern weiterzugeben, welches Rollenverständnis, welche Vorstellungen von Zusammenleben, vom Umgang miteinander wir vermitteln wollen, wie diese Gesellschaft aussehen soll.
Wir leben in einer pluralen, in einer offenen Gesellschaft und das wollen wir auch an Schulen vermitteln. Das gelingt an vielen Stellen gut, das kann aber an vielen Stellen auch noch besser gemacht werden. Darüber müssen wir weiter diskutieren.
Zunächst möchte ich noch einmal festhalten, dass das Thema „Umgang mit sexueller Vielfalt“ einen festen Platz in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und Lehrerinnen und Lehrern hat. Das Thema hat auch seinen festen Platz in den Lehrplänen. Auch der Bildungsplan - er ist hier eben noch einmal erwähnt worden -, der die Bildungsansprüche aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen formuliert, greift dieses Thema auf. Ich weiß aus einer ganzen Reihe von Gesprächen, dass auch viele Pädagogen sensibilisiert sind für das Thema. Trotzdem passiert es natürlich, dass Schüler ausgegrenzt werden, dass sie von Klassenkameraden verspottet werden, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen. Damit müssen wir umgehen.
Jetzt ist natürlich die Frage: Was steht uns an Mitteln und Möglichkeiten zur Verfügung? Hier rate ich, dass wir uns erst einmal den Instrumentenkasten anschauen, den Schulen zur Verfügung haben. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist eine schulische Aufgabe, und wenn es Anzeichen dafür gibt, dass das Wohl eines Schülers oder einer Schülerin gefährdet ist, sind die Schulen in der Pflicht, dem nachzugehen und zu schauen, wie man das lösen kann. Es gibt eine ganze Reihe von Ansprechpartnern an der Schule. Ich gehe gleich darauf ein. Das Thema ist in der Schulordnung und auch im Schulgesetz verankert. Wir haben die Fachlehrer, wir haben die Klassenlehrer, wir haben besonders ausgebildete Beratungslehrer. Eine herausgehobene Rolle haben Vertrauenslehrer in diesem Zusammenhang. Wir haben Schülervertretungen, die ansprechbar sind, Schulleiter, Mitglieder der Schulkonferenz. Wir haben Schulsozialarbeiter, wir haben die Schulpsychologen. Ich sage, es ist wirklich eine Breite von Möglichkeiten, von Personen, die mit diesen Themen umgehen können und reagieren können. Wir haben gerade auch im Bereich der Schulsozialarbeit mit dem Landesprogramm zur Schulsozialarbeit einen großen Schritt nach vorn gemacht. Ich will mich auch bei Sozialministerin Frau Taubert noch einmal bedanken, die das Programm auf den Weg gebracht hat, weil das
wichtig ist für das Klima an unseren Schulen, für den Umgang genau mit solchen Themen.
Dazu kommt, neben dem, was wir in Lehrplänen verankern, neben den Ansprechpartnern, die wir haben: Wie werden eigentlich auch öffentliche Diskussionen genutzt? Das sind Dinge, die Kinder und Jugendliche sehr genau und sehr wach wahrnehmen. Schule hat viele Möglichkeiten, auf solche öffentlichen Debatten zu reagieren. Manchmal sind Nachrichten schneller am Puls der Zeit, als irgendwelche Lehrbücher oder Lehrpläne es sein können.
Lassen Sie mich einfach mal ein paar Beispiele machen: Das Outing von Thomas Hitzlsperger und die Debatte, die sich über den Profifußball angeschlossen hat, oder der Auftritt von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest oder Proteste von Schwulen- und Lesbenverbänden gegen die Olympischen Spiele in Russland, das sind alles Themen, die sind in den Medien da. Kinder und Jugendliche nehmen das wahr und die können im Unterricht aufgegriffen werden, vom Ethikunterricht über die Sozialkunde bis zum Sportunterricht. Ich weiß aus Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern, dass, wenn so etwas passiert, wenn so etwas in der Schule, im Unterricht aufgegriffen wird, oft die spannendsten Unterrichtsstunden daraus entstehen können, weil ein ganz aktuelles Interesse da ist.
Mir ist wichtig, dass alle, die Schule gestalten, ein sensibles Gespür entwickeln, dass sie auch ein Gefühl haben für die Zwischentöne. Wenn Menschen sich ausgegrenzt fühlen, kann man das oft gar nicht so ganz genau benennen, was es war. Es ist der Ton, den man miteinander trifft, wie man miteinander umgeht. Hier müssen wir natürlich weiter sensibilisieren. Da muss auch eine Einrichtung wie das Thillm mit seinen Weiterbildungsangeboten Lehrerinnen und Lehrern helfen, wachsamer, sensibler zu werden für solche Zwischentöne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schule ist kein Elfenbeinturm, sie ist immer Teil der Gesellschaft und Schüler bringen das in den Unterricht mit, was sie erleben, was sie zu Hause erleben, was sie im Freundeskreis erleben. Frau Hitzing hat das eben auch noch einmal deutlich gemacht und kann das auch aus eigener Erfahrung als Lehrerin sehr gut beschreiben. Mir ist es wichtig, dass es uns gelingt, dann zu zeigen, was die Werte unserer Gesellschaft ausmacht, wie wir mit Menschen umgehen, die andere Entscheidungen für ihr Leben getroffen haben, die anders leben, die anders sind. Trotzdem sind wir eine Gesellschaft, die tolerant miteinander umgehen muss. Für mich ist ein ganz entscheidendes Wort in diesem Zusammenhang: Respekt! Respekt vor dem anderem, egal wie er ist, wie er lebt, welche Entscheidungen er oder sie für ihr Leben getroffen hat. Das muss Ziel der schulischen Arbeit sein. Wir sind hier auf dem Weg.
Ich will an dieser Stelle auch noch mal sagen: Je konstruktiver und sachlicher wir selbst als Politikerinnen und Politiker mit diesem Thema umgehen, desto eher wird es uns gelingen, die notwendige Sensibilität in den Schulen zu erzeugen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste auf der Tribüne! Wir in Thüringen wissen, was Hochschulen für unser Land leisten. Wir wissen, was wir unseren Universitäten und Fachhochschulen verdanken. Vieles von dem, was Thüringen heute so lebenswert macht, ist nicht ohne lebendige Wissenschaft, Forschung und Lehre zu denken, wie sie an unseren Hochschulen zu Hause ist.
Werfen wir nur mal einen Blick auf die wirtschaftliche Lage: Thüringen ist heute ein gefragter Partner, wenn es um Spitzentechnologie geht. 33 Weltmarktführer und 60 europaweite Spitzenreiter haben bei uns in Thüringen ihren Sitz. Das ist auch ein Verdienst unserer Hochschulen in Thüringen. Unternehmen, die dauerhaft Erfolg haben wollen, brauchen wissenschaftliche Impulse. Die bekommen sie durch die Zusammenarbeit mit Hochschulen. Das ist keine neue Erkenntnis, das wusste schon Ernst Abbe, als er vor 125 Jahren die CarlZeiss-Stiftung gegründet hat. Vor wenigen Wochen, Frau Ministerpräsidentin, haben wir gemeinsam an dieses Ereignis erinnert. Bis heute ist die enge Verzahnung von Wirtschaft, Hochschule und angewandter Forschung ein Erfolgsrezept aus Thüringen. Hochschulen sind ein Garant für den Wohlstand unseres Landes und nicht nur in Jena.
Wenn wir in diesem Jahr an 25 Jahre Mauerfall erinnern, dann denken wir auch an die Rolle von Studierenden, von Hochschullehrern. Wichtige Impulse für die Demonstrationen oder öffentliche Debatten kamen auch aus unseren Hochschulen. Wer studiert, wer forscht, wer lehrt, der entwickelt einen kritischen Blick auf die Welt, in der er lebt. Wir brauchen diesen kritischen Blick, wir brauchen dieses Korrektiv. Hochschulen tragen dazu bei, dass wir uns nicht ausruhen, dass wir die Grundlagen unseres Zusammenlebens immer wieder überprüfen, neu diskutieren und weiterentwickeln.
Oder schauen wir uns an, vor welchen demografischen Herausforderungen unser Land heute steht: Geburtenknick und Wegzug haben seit 1990 zu eklatanten Einbrüchen bei den Bevölkerungszahlen in Thüringen geführt. Unsere Hochschulen bilden ein wichtiges Gegengewicht zu dieser Entwicklung. Sie sind zu starken Zuwanderungsmagneten geworden. Aktuell gibt es rund 52.000 Studierende in Thüringen - ein Drittel mehr als noch zur Jahrtausendwende. In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der Studierenden, die von außerhalb zu uns kommen, um die Hälfte gestiegen. Die Zahl der ausländischen Studierenden wuchs in dieser Zeit um mehr als zwei Drittel. Insgesamt studieren der
zeit rund 31.000 junge Leute in Thüringen, die von außerhalb kommen, aus anderen Bundesländern oder aus anderen Staaten. Rund 31.000 junge Leute, das entspricht einer Stadt in der Größe von Altenburg oder - um auch den Westthüringern ein Beispiel zu geben - zweimal Bad Salzungen. Wir brauchen diese jungen Leute, wir brauchen hoch qualifizierte, kluge Köpfe. Hochschulen bringen uns diese Leute ins Land. Hochschulen bilden Fachkräfte aus, Fachkräfte, die nach dem Studium auch in Thüringen bleiben, wenn ihnen hier interessante berufliche Möglichkeiten geboten werden. Hier liegt ein großes Potenzial für die Thüringer Unternehmen, das noch besser als bisher ausgeschöpft werden kann.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Hochschulen sichern Innovation und Wohlstand, Hochschulen sorgen für gesellschaftliche Impulse, Hochschulen sind eine wichtige Antwort auf den demografischen Wandel und Hochschulen sind Entwicklungsmotoren für die Zukunft unseres Landes.
Wie können wir die Thüringer Hochschulen langfristig weiterentwickeln und zukunftssicher gestalten? Das haben wir uns in der Landesregierung 2009 gefragt. Viele erinnern sich, an den Hochschulen brodelte es damals und auch wenn Thüringen sich in den Ausgaben für seine Studierenden stark engagiert hat, so sorgte doch die Umsetzung der Bologna-Reform bundesweit für reichlich Unruhe. Im Herbst 2009 traten auch in Thüringen viele Studierende in einen Bildungsstreik. Ich denke, viele von uns haben die Bilder noch im Kopf: Besetzte Hörsäle, Zelte auf dem Campus in Erfurt, ein großer Protestzug auch hier vor dem Landtag.
Die tagesaktuelle Situation an den Hochschulen war aber nur die eine Seite. Die andere Seite war die Langfristperspektive unserer Hochschulen, nämlich der Umgang mit dem Rückgang der EUFörderung, mit schrumpfenden Länderhaushalten und dem Generationenwechsel bei den Professoren. Zu Beginn der Legislatur war auch klar, dass wir vor neuen, großen Veränderungen im Hochschulbereich stehen. Schon ein Blick auf die längerfristige Entwicklung der Studierendenzahlen machte deutlich: Die Phase der Expansion nähert sich ihrem Ende. Bewahren, was wichtig für uns ist, und besser machen, was wir gut können, das wurde zur neuen, zentralen Aufgabe der Thüringer Hochschulpolitik. Unsere Hochschulen müssen sich weiter profilieren, wenn sie im Wettbewerb bestehen wollen.
Was können wir tun, um diesen Wandel zu gestalten? Wie nutzen wir diese Profilierung für einen neuen Aufbruch in der Hochschulpolitik? Das, werte Kolleginnen und Kollegen, war die Ausgangslage vor rund fünf Jahren. Der Landesregierung war klar, dass schnell etwas geschehen musste. Die Hochschulen sollten wieder zur Ruhe kommen, die
Hochschulen sollten wieder ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen können. Das hatte oberste Priorität. Mir war auch klar, dass eine erfolgreiche Hochschulentwicklung nur gemeinsam und eben nicht gegen die Hochschulen geschehen kann. Hochschulen wissen selbst am besten, wo ihre Stärken liegen und was sie leisten können, um ihr Profil zu schärfen.
Mir war es deshalb wichtig, dass wir ein Gespräch, eine Diskussion auf Augenhöhe mit den Hochschulen führen. Das war die Idee hinter dem Thüringer Hochschuldialog. Der Startschuss dazu war der 1. Thüringer Hochschulgipfel im Februar 2010. Aus diesem Hochschulgipfel sind dann dauerhafte Dialogforen hervorgegangen. Das Dialogforum „Bologna-Reform“ hat zum Beispiel Empfehlungen erarbeitet, wie diese Reform studierendengerechter gestaltet werden kann, wie Studienbedingungen verbessert werden. Das Dialogforum „Hochschulkarrieren“ hat Verbesserungen im Bereich der Karriereperspektiven angeregt. Wir haben diese Impulse aufgenommen und vor Kurzem in die Novellierung des Hochschulgesetzes einfließen lassen. Im Dialogforum „Hochschulentwicklungsplanung“ haben wir in Arbeitsgruppen die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen diskutiert. Im Bereich Gesamtstudienangebot in Thüringen, im Bereich Verwaltung und im Bereich Hochschulbibliotheken liegen Ergebnisse vor, deren Umsetzung mit der „Hochschulstrategie 2020“ jetzt ansteht. Die Dialogforen haben sehr gute Arbeit geleistet und ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei allen Beteiligten bedanken, die sich eingebracht haben in diesem Prozess, den Vertretern der Hochschulen, den Studierenden, den Interessenvertretern der Hochschulbeschäftigten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Hochschulentwicklung als Dialogprozess, das war eine wichtige Grundsatzentscheidung. Die andere wichtige Grundsatzentscheidung war für mich, dass die Hochschulen eine klare finanzielle Perspektive erhalten. Deshalb bestand zu Beginn der Legislaturperiode der nächste Schritt darin, dass wir finanzielle Planungssicherheit für die Hochschulen schaffen. 2011 haben wir zusammen mit den Hochschulen in einer neuen Rahmenvereinbarung die Finanzierung bis 2015 festgelegt. 1,56 Mrd. € fließen nach dieser Finanzierung an die Hochschulen. Das ist im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode ein Plus von 121 Mio. €. Hinzugekommen sind zusätzliche Mittel aus dem Hochschulpakt, weitere 120 Mio. €. Allen Partnern war aber bei der Vertragsunterzeichnung der Rahmenvereinbarung III klar, dass die Steigerungen trotzdem nicht ausreichen würden, um alle Kostensteigerungen in der bestehenden Struktur der Thüringer Hochschulen vollständig auszufinanzieren. Allen Partnern war klar, dass wir Strukturveränderungen benötigen, die die Hochschulen wettbewerbsfähig halten und die
das Land künftig verlässlich finanzieren kann. Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Ich hatte das schon angerissen. Nach gut 20 Jahren Expansion unserer Hochschulen, Steigerungen von Studierendenzahlen und dem Ausbau auf ganzer Linie geht es künftig um die inhaltliche Profilierung unserer Hochschulen und eine Stabilisierung der Studierendenzahlen. Die Hochschullandschaft zukunftsfest zu gestalten, braucht einen kritischen Blick darauf, was sich Hochschulen langfristig leisten können und leisten wollen. Allen Partnern war klar, dass das auch Konsequenzen für die Personalplanung haben würde.
Mit diesen eben genannten Vorgaben haben wir uns daran gemacht, den strategischen Rahmen abzustecken. Gemeinsam mit den Hochschulen haben wir uns über die Entwicklungsziele bis 2015 verständigt: Wo wollen die einzelnen Hochschulen hin? Wo sehen sie ihre Profile bei den Studienangeboten und in der Forschung? Wie gelingt es, die Qualität der Angebote langfristig zu sichern? Wie lässt sich Gleichstellung an den Hochschulen verwirklichen, wie die Zusammenarbeit der Hochschulen verbessern, untereinander und mit der Wirtschaft? Darüber haben wir uns verständigt und das haben wir mit den einzelnen Hochschulen dann in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen weiter untersetzt. Mit der „Hochschulstrategie 2020“ unternehmen wir jetzt den nächsten Schritt. Wir haben die Weiterentwicklung der gesamten Thüringer Hochschullandschaft in den Blick genommen bis zum Jahr 2020 und auch darüber hinaus. Die „Hochschulstrategie 2020“ hat eine klare Botschaft: Das Land steht fest zu seinen Hochschulen. Die „Hochschulstrategie 2020“ ist eine Zukunftsgarantie für die Hochschulen in Thüringen. Sie trifft klare Aussagen zur zukünftigen Finanzierung. Denn auf die Hochschulen kommen in den nächsten Jahren Mehrkosten zu. Das sind vor allem Aufwüchse im Bereich Betriebskosten, aber auch vor allem im Bereich der Tarifsteigerungen. Das betrifft nicht nur Thüringen. Das ist ein Problem, vor dem Hochschulen überall in Deutschland stehen. Mir war es wichtig, dass wir hier in Thüringen rasch zu einer guten Lösung kommen. Die Hochschulen dürfen mit diesen Mehrkosten nicht allein gelassen werden. Wir sind zu einer Lösung gekommen. Land und Bund werden ab 2016 alle wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen übernehmen. Zusätzlich dazu erhalten die Hochschulen ein Strategiebudget. Dafür werden wir die Mittel für die Hochschulen in der kommenden Förderperiode neben den wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen um einen weiteren Prozentpunkt aufstocken. Unsere Lösung entspricht der Empfehlung des Wissenschaftsrats für die deutsche Hochschullandschaft. Wir wollen damit die Hochschule als tragende Säule des Wissenschaftssystems stärken und neue Aufbrüche in den Hochschulen ermöglichen. Die Landesrektorenkonferenz, die sich intensiv mit der
„Hochschulstrategie 2020“ beschäftigt und dort eingebracht hat, begrüßt diese Regelung ausdrücklich. Ich will aber auch nicht verhehlen, innerhalb der Landesregierung war diese „Hochschulstrategie 2020“ keine einfache Entscheidung. Mehrausgaben in Zeiten von Haushaltskonsolidierung, das ist ein gewaltiger Kraftakt und dafür braucht es intensive Verhandlungen. Deshalb konnte die Hochschulstrategie auch nicht mehr Ende letzten Jahres vorgelegt werden. Ich wollte dem Landtag keine Strategie ohne Finanzierung vorlegen. Denn es hilft uns nicht, gute Ideen zu entwickeln, wenn wir nicht auch sagen, wie wir sie finanzieren wollen.
Deshalb haben wir viele Monate verhandelt, aber dann auch Mitte Mai eine Einigung gefunden, die dem Landtag jetzt vorliegt. Diese Landesregierung ist angetreten mit einem klaren Bekenntnis zu Bildung, zu Forschung und Innovation. Eines ist aber auch klar, wenn wir in diesem Bereich Schwerpunkte setzen, brauchen wir nicht nur gute Ideen. Wir müssen auch Geld in die Hand nehmen. Denn was die Hochschulen vom Land brauchen und was sie zu Recht einfordern, ja einfordern müssen, ist Planungssicherheit. Was nicht geht, sind vage oder widersprüchliche Aussagen. Ich will mit der „Hochschulstrategie 2020“ den Hochschulen ein klares Signal geben. Ich will, dass die Thüringer Hochschullandschaft in ihrer Gesamtheit noch leistungsfähiger wird. Und ich will die Vielfalt der Thüringer Hochschullandschaft erhalten.
Mit mir gibt es keine Diskussion über Standorte, nicht über die Standorte Weimar oder Erfurt und auch nicht über Schmalkalden oder Nordhausen.
Und ich will es auch ganz klar sagen, wir brauchen auch kein Gutachten aus Berlin, um zu wissen, was unsere Hochschulen auch gerade in strukturschwachen Gebieten leisten.
Die Landesregierung hält an allen Hochschulstandorten in Thüringen fest, mit gutem Grund. Die Thüringer Hochschulen sind ein gut differenziertes, komplementäres und im Ergebnis vollständiges Gesamtsystem, das mit seinen Angeboten in Lehre und Forschung im Wettbewerb gut bestehen kann. Es ist auch diese Vielfalt, die die Thüringer Hochschullandschaft so attraktiv für Studierende macht. Und es ist die profilierte Ausrichtung, die unsere Hochschulen leistungsstark macht. Wir wollen Hochschulen, die sich gut ergänzen und gut zusammenarbeiten. Wir wollen, dass starke Partner dabei zusammenarbeiten. Partner sind dann stark, wenn jeder weiß, was er gut kann und das auch
einbringt. Dazu muss man sich aber zuallererst die eigenen Stärken bewusst machen. Wo liegen unsere Schwerpunkte, was ist das Profil, das uns unverwechselbar macht? Was können wir jetzt schon besser als andere? Das haben sich die Hochschulen gefragt. Und die Ergebnisse dieser Debatte liegen jetzt vor. Man kann sie in der „Hochschulstrategie 2020“ nachlesen. Werte Kolleginnen und Kollegen, wer Schwerpunkte setzt, der legt sich fest. Wenn ich in einer Sache wirklich gut werden will, kann ich nicht mit gleicher Kraft zehn andere Felder beackern. Die Entscheidung für etwas ist oft auch die Entscheidung gegen etwas. An vielen Hochschulen war der Profilierungsprozess deshalb begleitet von heftigen Diskussionen. Ich will das ausdrücklich sagen. Ich kann gut verstehen, dass jeder für sein Fach eintritt. Und Wissenschaft lebt ja nicht zuletzt auch von dieser Leidenschaft. Das muss so sein. Und das wissen auch die Gremien, die manchmal schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen - die Hochschulleitung, die Senate und die Hochschulräte. Und aus vielen Gesprächen weiß ich, dass sich niemand diese Entscheidungen leicht gemacht hat. Dass unsere Hochschulen sich aber diesem Prozess der Profilbildung so konstruktiv und auch erfolgreich gestellt haben, zeigt, dass die Hochschulautonomie gut funktioniert.
Werte Kolleginnen und Kollegen, 2006 sind mit der damaligen Novelle des Thüringer Hochschulgesetzes die Hochschulen in die Autonomie entlassen worden. Damit war eine neue Form der Hochschulplanung in Thüringen notwendig. Die Instrumente hat das Thüringer Hochschulgesetz benannt - Rahmenvereinbarungen, Ziel- und Leistungsvereinbarungen, Struktur- und Entwicklungspläne der Hochschulen. Der Prozess musste begonnen und gestaltet werden. Ich habe das eben erläutert, seit 2010 führen wir ihn als strategischen Dialogprozess.
Manche haben in den letzten Monaten gefragt, warum die Hochschulstrategie erst jetzt kommt. Das liegt genau in der Logik dieser notwendigen Planungsschritte. Die unmittelbare Aufgabe zu Beginn der Legislaturperiode war die Rahmenvereinbarung III. Sie wurde noch auf der Grundlage der damals bestehenden Planungsziele verhandelt. Es folgten die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den einzelnen Hochschulen, dann haben die Hochschulen ihre Struktur- und Entwicklungspläne vorgelegt und auf dieser Basis fußt die „Hochschulstrategie 2020“. Damit ist jetzt wieder die Grundlage für die dann folgende Rahmenvereinbarung IV gelegt. Der Prozess der Hochschulentwicklungsplanung geht also jetzt in seine nächste Runde und die strategischen Weichen haben wir mit der „Hochschulstrategie 2020“ gestellt.
Was sind die nächsten Schritte? Das werden die Verhandlungen über die Rahmenvereinbarung IV für die Jahre 2016 bis 2019 und die darauf fußen
den Ziel- und Leistungsvereinbarungen für den gleichen Zeitraum sein.
Was erreichen wir damit, werte Kolleginnen und Kollegen, wie soll die Thüringer Hochschullandschaft 2020 aussehen? Mit der Hochschulstrategie wollen wir an allen neun Hochschulen ein gut aufeinander abgestimmtes Studienangebot bereithalten. Mit der Hochschulstrategie wollen wir, dass Universitäten und Fachhochschulen in Forschung und Lehre ohne Vorbehalte zusammenarbeiten können. Dazu gehören gemeinsame Studiengänge und Kooperationsplattformen und dazu gehört es auch, dass man sich gemeinsam um hoffnungsvolle Nachwuchswissenschaftler kümmert. Mit der Hochschulstrategie wollen wir, dass vielversprechende Nachwuchswissenschaftler in Thüringen planbare Karrierewege beschreiten können und deshalb auch in Thüringen bleiben. Mit der Hochschulgesetznovelle haben wir dafür schon eine wichtige Weiche gestellt. Ich will auch, dass die Anzahl der Hochschullehrer, ihr Anteil an den Wissenschaftlern an der Hochschule in den kommenden Jahren Schritt für Schritt erhöht wird. Erheblicher Handlungsbedarf, das will ich auch nicht verschweigen, besteht weiterhin im Bereich des sogenannten wissenschaftlichen Mittelbaus, insbesondere was die Arbeitsbedingungen und die Vertragslaufzeiten betrifft. Hier brauchen wir eine verbindliche Regelung auf Bundesebene und die Große Koalition im Bund hat eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf ihre Agenda gesetzt. Wir haben aber auch in den letzten Jahren mit den Hochschulen einen intensiven Dialog geführt und Empfehlungen zum Thema „Befristungen“, zum Thema „Wissenschaftlicher Mittelbau“ in die Ziel- und Leistungsvereinbarungen aufgenommen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will einen weiteren wichtigen Punkt benennen: Frauen sind als wissenschaftlich und künstlerisch Beschäftigte im Hochschulbereich immer noch deutlich unterrepräsentiert. Deutschland liegt im europäischen Vergleich auf dem zweitletzten Platz im Ranking der 27 EU-Länder und in Thüringen gibt es hier einen besonderen Nachholbedarf. Bundesweit sind rund 20 Prozent der Professuren mit Frauen besetzt. In Thüringen sind es bislang erst circa 16 Prozent. Mit der Hochschulstrategie haben wir deshalb unsere Erwartungen an die Hochschulen auch noch einmal deutlich gemacht. Die Hochschulen haben sich verpflichtet, kontinuierlich die Gleichstellung an den Hochschulen zu fördern. Das Land wird hier sehr genau darauf achten, dass die Fortschreibung und Umsetzung von Gleichstellungskonzepten auch stattfindet. Wir haben das Thüringer Kompetenznetzwerk Gleichstellung eingerichtet, das die Hochschulen bei der Umsetzung unterstützt. Und dass die Hochschulen hier auf einem guten Weg sind, Frau Ministerpräsidentin, konnten wir gerade jüngst beim Universitätsklinikum sehen, wo die For
schungsstipendien vergeben wurden. Das waren sechs junge Leute, fünf davon waren Frauen. Ich denke, das war ein klares Signal, dass hier Nachwuchsarbeit auch funktioniert.
Mit der Hochschulstrategie wollen wir eine verstärkte Vernetzung von Hochschulen und beruflicher Praxis erreichen. Dazu gehören die Stärkung der bewährten dualen Studiengänge und die Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte. Die duale Hochschule Thüringen ist der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Das Erfolgsmodell Berufsakademie, bei dem Hochschule und Wirtschaft eng zusammenarbeiten, soll auf diese Art und Weise gestärkt werden. Mit der Hochschulstrategie wollen wir, dass Hochschulen im Bereich von Infrastruktur und Service noch besser kooperieren. Rechenzentren, Verwaltungen und Bibliotheken können ihre Kompetenzen bündeln und Synergieeffekte nutzen. Gute Forschung und gute Lehre leben von dem raschen unkomplizierten Zugriff auf Forschungsergebnisse. Wir brauchen eine wissenschaftliche Infrastruktur, die das ermöglicht und sicherstellt.
Die Thüringer Landes- und Universitätsbibliothek erfüllt heute schon zentrale Aufgaben. Ich will, dass wir diese Landes- und Universitätsbibliothek weiterentwickeln. Unter ihrem Dach als eigenständige Struktur sollen erstens die Hochschulbibliotheken der Friedrich-Schiller-Universität und der Ernst-Abbe-Fachhochschule, zweitens die Landesbibliothek und drittens Servicezentren für alle landesweit konzentrierbaren Aufgaben zusammengefasst werden. Im Bereich der wissenschaftlichen Informationstechnologie gilt das Gleiche. Ein gemeinsames Angebot steht für Qualität, Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit, die für eine erfolgreiche Forschung notwendig sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in zentralen Punkten stimmen unsere Eckpunkte damit überein, was der Wissenschaftsrat in seinem Zukunftspakt für das Wissenschaftssystem empfiehlt. Thüringen setzt um, was andere noch diskutieren. Thüringen ist Vorreiter für eine Hochschulpolitik der Zukunft. Mit der „Hochschulstrategie 2020“ haben wir unsere Ziele - ich habe das vorhin erwähnt - auch finanziell untersetzt. Ich halte das für eine strategische Notwendigkeit. In vielen anderen Bundesländern sieht die Perspektive der Hochschulen längst nicht so gut aus. Es gibt sogar Bundesländer, die ihre Hochschulbudgets nominell kürzen. Ich will trotz angespannter Haushaltslage bei den Hochschulen eine Wachstumsstrategie. Das brauchen wir, wenn Thüringen sich in den kommenden Jahren gut entwickeln soll.
Hochschulen sind nicht nur wichtige Bildungs- und Forschungsstätten, sie sind auch unmittelbar ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung hat das vor
Kurzem durchgerechnet. Zum Ersten: Hochschulen generieren einen enormen Nachfrageeffekt. Studierende und Hochschullehrer, Mitarbeiter sind nicht nur an der Hochschule; sie kaufen Bücher, sie brauchen Wohnraum und nehmen Dienstleistungen in Anspruch. Die Hochschulen selbst brauchen Bauten und Ausstattung. Ich will als Beispiel noch einmal das Universitätsklinikum Jena nennen, die größte Baumaßnahme des Freistaats Thüringen in dieser Legislaturperiode. Hier investieren wir mehr als 300 Mio. € und errichten eine der modernsten Kliniken der Bundesrepublik. Das Universitätsklinikum ist heute schon der größte Arbeitgeber der Region mit insgesamt rund 4.800 Beschäftigten. Zum Zweiten: Hochschulen erzielen positive Effekte durch den Wissens- und Technologietransfer in die umliegenden Regionen, zum Beispiel durch Kooperation mit Unternehmen oder auch durch Ausgründungen. Und Drittens: Hochschulen tragen auch indirekt zum Wohlstand einer Region bei durch gesellschaftliches, durch politisches und auch durch kulturelles Engagement.
Die Studie zeigt für Thüringen, dass das Bruttoinlandsprodukt durch die Hochschulen um 3,78 Mrd. € steigt. Hochschulen sind damit entscheidende Motoren für die Entwicklung unseres Landes und deswegen erhöhen wir die Ausgaben für unsere Hochschulen um rund 4 Prozent pro Jahr. Eine gute Zukunft entsteht durch die richtige Zielsetzung und die dazu notwendigen Investitionen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will, dass Hochschulen in Thüringen im bundesweiten Wettbewerb ganz vorn mitspielen können und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen, denn wir starten nicht bei null. Das zeigt uns zum Beispiel ein Blick auf die Erfolge bei der Einwerbung von Drittmitteln. In den vergangen zehn Jahren haben die Thüringen Hochschulen ihre Drittmitteleinnahmen weit mehr als verdoppeln können; von rund 67 Mio. € im Jahr 2003 auf über 160 Mio. € im Jahr 2012. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft als größter Drittmittelgeber bescheinigt in ihrem aktuellen Förderatlas zum Beispiel der Friedrich-Schiller-Universität in der Psychologie deutschlandweit den Platz 1, in den Fächern Astrophysik und Optik die Plätze 2 und 3, ebenso der TU Ilmenau im Fach Elektrotechnik den Platz 2 oder der Bauhaus-Universität Weimar im Bereich Bauwesen und Architektur den Platz 5 bei der Einwerbung von Forschungsmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft. In Thüringer Hochschulen findet in vielen Bereichen Spitzenforschung statt, ich kann hier nur einige wenige Beispiele nennen.
In der Exzellenzinitiative des Bundes ist die Friedrich-Schiller-Universität mit einem Graduiertenkolleg zur mikrobiellen Kommunikation vertreten. Bei den Spitzenuniversitäten war Jena ganz dicht dran, hat aber den Sprung noch nicht geschafft. Im Be
reich Geisteswissenschaften zum Beispiel haben es unsere Hochschulen geschafft, zwei der deutschlandweit nur zehn renommierten Käte Hamburger Kollegs nach Thüringen zu holen. An den Hochschulen arbeiten aktuell sechs Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Zusammen mit den Universitäten in Halle und Leipzig hat sich die Friedrich-Schiller-Universität erfolgreich durchgesetzt und ein DFG Forschungszentrum zur Biodiversität eingeworben. Thüringer Hochschulen sind also sehr erfolgreich. Mit dem neuen ProExzellenz-Programm unterstützen wir Hochschulen und Forschungseinrichtungen dabei, weitere Spitzenforschung aufzubauen. Dafür haben wir Mittel für die kommenden Jahre bereitgestellt.
Eine weitere Aufgabe ist die bessere Verknüpfung von neuem technischen Wissen, von Innovation und Wirtschaft. Denn was nützt Wissen, das nicht umgesetzt wird?
Das Wirtschaftsministerium und das Wissenschaftsministerium, und hier will ich mich auch bei Kollegen Höhn noch einmal ausdrücklich bedanken, haben gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft die Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen (CRIS 3 Thüringen) erarbeitet. Hochschulen kooperieren mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, mit Firmen und Unternehmen und über Ländergrenzen hinweg. Für unsere exzellenten Kooperationen stehen etwa Großprojekte wie der Forschungscampus InfectoGnostics oder die Großprojekte InfectControlF/2020 oder 3Dsensation, aber auch das Zentrum für Innovationskompetenz Septomics mit dem integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle wichtigen Forschungsvorhaben aufzuführen. Deshalb seien beispielhaft nur diese genannt.
Unsere Hochschulen sind aber auch Gastgeber für internationale wissenschaftliche Kongresse. Ein Blick nur auf die nächsten Monate zeigt gleich drei solcher Kongresse, bei denen die klügsten Köpfe weltweit hier in Thüringen zusammenkommen. Zum Beispiel ein Kongress zur Spektroskopie, einer zur Ingenieurwissenschaft oder zur Religionsgeschichte. Wer sich die Vernetzung der Thüringer Hochschulen anschaut, der stellt fest, dass wir international extrem gute Beziehungen aufgebaut haben. Es gibt allein über 400 bilaterale internationale Vereinbarungen und es gibt über 700 ERASMUS-Vereinbarungen mit Hochschulen weltweit. Thüringer Hochschulen sind aber auch Ansprechpartner, wenn es darum geht, deutsche Studiengänge ins Ausland zu exportieren. Die Friedrich-Schiller-Universität unterhält unter anderem ein Büro in Peking und ab Herbst wird die TU Ilmenau die Verantwortung für den Aufbau einer deutsch-russischen Graduiertenschule an der TU in Kasan tragen.
Thüringen, werte Kolleginnen und Kollegen, spielt in einigen Bereichen heute schon ganz vorn mit. Thüringen muss sich nicht verstecken. Wir sind in der Lage, unsere Ziele zu erreichen. Wir wollen als Wissenschaftsland in der Champions League spielen. Wir wollen, dass die Hochschulen in ihren Profilbereichen zu den besten Adressen weltweit gehören. Mit der „Hochschulstrategie 2020“ setzen wir dafür die notwendigen Rahmenbedingungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will auf einige Punkte aus der Debatte noch einmal eingehen. Ich möchte mit Ihnen beginnen, Frau Rothe-Beinlich. Also was Sie hier vorgetragen haben an Katastrophenszenario, ich glaube, das wird der Thüringer Hochschullandschaft überhaupt nicht gerecht.
Niemand sagt, dass wir im Hochschulsystem keine Probleme mehr zu lösen haben, davon haben wir genug und die Hochschulstrategie selbst nimmt eine ganze Reihe von Problemen in den Blick, aber das, was Sie hier vorgetragen haben, das war kurz vorm Weltuntergang. Ich finde, so kann man auch mit der Thüringer Hochschullandschaft nicht mehr umgehen. Wenn Sie zum Beispiel fordern, die Hochschulräte wieder abzuschaffen, dann kann ich nur sagen,
dann haben Sie das System der Hochschulautonomie gar nicht verstanden, weil Hochschulräte ein ganz elementarer Bestandteil von Hochschulautonomie sind und auch sein müssen, damit das Gesamtsystem vernünftig funktionieren kann. Sie haben sich hier sehr intensiv mit dem Thema Befristung und Teilzeit beschäftigt und haben gesagt, dazu steht in der Hochschulstrategie gar nichts. Ich empfehle mal die Seiten 85 ff. aufzuschlagen,
dort geht es genau um dieses Thema. Dort ist genau beschrieben, warum Befristungen notwendig sind. Dort ist genau beschrieben, wo die Probleme bei den Befristungen liegen und auch was wir in dieser Frage anstreben. Wir haben mit den Hochschulen darüber geredet, dass Befristungen der konkreten Aufgabe, der konkreten Qualifizierungsphase folgen, dass wir möglichst keine kurzfristigen Befristungen haben wollen, aber es gibt auch Anlässe für kurzfristige Befristungen, wenn zum Beispiel ein Projekt verlängert wird um einige Monate, muss auch mal eine Kurzfristbefristung möglich sein.
Man muss sich schon ein bisschen differenzierter mit einer solchen Materie auseinandersetzen,
als hier nur die Katastrophe an die Wand zu malen. Sie wissen auch ganz genau, dass ein Teil der Regelungen, die in diesem Bereich zu treffen sind, auf Bundesebene getroffen werden, zum Beispiel das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Das habe ich hier auch ganz konkret erwähnt.
Die Frage, wie wir mit wissenschaftlichem Nachwuchs umgehen, wie wir mit der Struktur der Beschäftigten im Hochschulsystem umgehen, wird zum Beispiel im Moment intensiv und heiß umkämpft und auch im Wissenschaftsrat diskutiert. Ich finde, es steht uns gut zu Gesicht, ähnlich wie wir das bei der Hochschulstrategie auch gemacht haben, auch mal darauf zu hören, was denn der Wissenschaftsrat zu diesen Fragen empfiehlt, bevor wir endgültige Entscheidungen in diesen Fragen treffen und uns endgültig festlegen.
Ich habe eine Richtung hier deutlich gemacht, ich glaube, es ist für die Zukunft des Wissenschaftssystems richtig, wenn wir sagen, wir wollen in Zukunft mehr Hochschullehrer, wir wollen mehr Professoren als Hochschulbeschäftigte haben. Das ist auch eine Richtung, die im Wissenschaftsrat im Moment diskutiert wird. Das hat nichts mit der aktuellen Situation der Strukturanpassungen zu tun, die wir an den Hochschulen betreiben müssen, sondern hier geht es um die langfristige Frage, wohin sich das Wissenschaftssystem entwickelt.
Einige haben hier noch einmal gesagt, das ist die falsche Reihenfolge - Frau Hitzing, Sie haben das angesprochen, Frau Rothe-Beinlich, auch andere -, man braucht erst die Strategie und dann die Rahmenvereinbarung, dann die Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Aber die Situation war so, dass wir, als die neue Landesregierung ihr Amt angetreten hat, eine Hochschulplanung aus den vergangenen Jahren vorliegen hatten. Auf dieser Hochschulplanung aufbauend ist die Rahmenvereinbarung und sind die Ziel- und Leistungsvereinbarungen gemacht worden. Das waren die notwendigen Schritte. Dann gab es eine intensive Debatte innerhalb der Hochschulen über ihre Struktur- und Entwicklungspläne. Übrigens bevor der Landtag einen Beschluss gefasst hat, dass hier ein entsprechendes Papier vorzulegen sei, waren wir mitten in der Debatte mit den Hochschulen über die zukünftige Entwicklungsstrategie.
Deshalb noch einmal: Die Reihenfolge, die wir gegangen sind, war die notwendige Reihenfolge, in der man die Schritte setzen muss. Die Hochschulstrategie steht jetzt am Ende der Legislaturperiode, aber sie ist der Wegweiser in die nächsten Jahre, in
die kommende Legislaturperiode. Man darf hier auch nicht den Eindruck erwecken, als würde die Hochschulpolitik mit jedem Wechsel der Legislaturperiode völlig neue Ansätze verfolgen können, sondern Hochschulpolitik braucht eine Kontinuität gerade über Legislaturperioden hinaus. Das machen wir mit dieser Hochschulstrategie deutlich.
Die Landesregierung hat diese Hochschulstrategie vorgelegt. Im Übrigen waren Abgeordnete immer eingeladen, sich am Hochschuldialog zu beteiligen und einige Abgeordnete haben das auch wahrgenommen. Es stimmt einfach nicht, Frau Dr. Kaschuba, wenn Sie sagen, der Landtag konnte sich überhaupt nicht einbringen. Natürlich konnten sich die Abgeordneten
in die Debatte der Hochschulstrategie einbringen. Der Landtag wird sich auch zukünftig einbringen können. Der Landtag muss die Haushalte beschließen, der Landtag muss den finanziellen Rahmen für die kommenden Jahre absegnen. Der Landtag muss die Konsequenzen, die wir dann im Hochschulgesetz aus der Hochschulstrategie zu ziehen haben, beschließen - also vielfältige Möglichkeiten des Landtags, sich in die weitere Debatte einzubringen. Dies ist die Hochschulstrategie der Landesregierung. Deshalb hat die Landesregierung sie vorgelegt. Jetzt kann der Landtag, auch der zukünftige Landtag mit dieser Hochschulstrategie arbeiten.
Was die Frage einer Enquetekommission angeht, natürlich ist jeder Landtag frei, Enquetekommissionen einzusetzen. Ich glaube aber, dass wir mit dieser Hochschulstrategie eine gute Grundlage für die kommenden Jahre gelegt haben, eine Grundlage, die auf der Strategiedebatte der Hochschulen selbst fußt. Und das ist doch wichtig. Es macht doch keinen Sinn, wenn wir hier einen umfangreichen Diskussionsprozess mit allen möglichen Beteiligten aufsetzen, ohne dass wir danach fragen, was ist eigentlich in den Hochschulen selbst gewollt. Die Hochschulen selbst sind es doch, die am besten wissen, wo ihre Stärken liegen, wo sie in Zukunft Schwerpunkte setzen müssen. Das muss doch wissenschaftsgetrieben formuliert werden und nicht durch politische Setzungen der Weg verstellt werden. Nein, ich verstehe die Aufgabe von Hochschulpolitik so, dass wir im intensiven Dialog mit den Hochschulen, hörend auf das, was in der Wissenschaft notwendig ist, wo die zukünftigen Schwerpunkte liegen, dann auch unsere Hochschulstrategie auf solchen Elementen aufbauen.
Deutlich will ich auch noch einmal etwas zur Debatte um die BAföG-Mittel sagen. Ich denke, mit dieser Entscheidung, die jetzt vom Bundestag noch zu treffen sein wird, das ist die Vereinbarung der Koalitionsspitzen, gewinnen wir finanziellen Spielraum, um unsere Hochschulstrategie in den nächsten
Jahren auszufinanzieren. Selbstverständlich muss dieses Geld im Hochschulbereich in Zukunft eingesetzt werden. Frau Hennig, wenn Sie hier sagen, das, was wir hier vorgegeben haben mit 4 Prozent, sei viel zu wenig: Mit Verlaub, es ist das, was der Wissenschaftsrat für die Entwicklung des deutschen Hochschulsystems empfiehlt. Viele Hochschulen in Deutschland wären glücklich, wenn sie schon jetzt eine finanzielle Perspektive bis 2020 hätten, in der drinsteht, sie bekommen alle Kostensteigerungen plus 1 Prozent zusätzlich.
Also wenn Sie diese Entscheidung hier versuchen madig zu machen, dann wissen Sie nicht, was in der deutschen Hochschullandschaft gerade diskutiert wird und los ist.
Ich will auch noch einmal auf die Frage des Promotionsrechts für die Fachhochschulen eingehen, da das immer wieder hier zur Debatte steht. Wir haben uns sehr klar entschieden, dass wir sagen, wir wollen Kooperationen zwischen Fachhochschulen und Universitäten, wenn es um das Promotionsrecht geht. Denn an dieser Entscheidung hängen sehr viele weitere Entscheidungen. Meine Grundüberzeugung ist nicht, dass wir die unterschiedlichen Aufgaben und die Grenzen zwischen Fachhochschulen und Universitäten komplett einebnen, sondern ich glaube, eine Stärke unseres Hochschulsystems ist es auch, dass wir unterschiedliche Hochschultypen haben, die ihre Stärken und Profile einbringen in dieses Gesamtsystem, und ich will diese unterschiedlichen Profile auch in Zukunft erhalten und wir wollen ein weiteres Profil unter das Dach des Hochschulgesetzes holen, nämlich das Profil der Berufsakademie, die wir zu einer dualen Hochschule in Thüringen ausbauen wollen. Es macht Sinn, unterschiedliche Hochschultypen zu haben, die mit ihren Stärken das Gesamtsystem stärken können.
Und zum Schluss: Ich will mich an dieser Stelle noch einmal bedanken, eine ganze Reihe von Hochschulvertretern sind auch hier, einige Rektoren sehe ich hier oben sitzen, für die äußerst konstruktive Zusammenarbeit. Ich weiß, das war keine einfache Aufgabe für die Hochschulleitungen, ihre Strategie- und Entwicklungspläne aufzustellen. Das kostet sehr viel Zeit und Energie, intensive Debatten in den Hochschulen, aber die Hochschulen haben diese Aufgabe, wie ich finde, hervorragend gemeistert. Wir haben damit ein strategisches Grundgerüst, auf dem wir die Entwicklung der nächsten Jahre planen können. Ein herzliches Dankeschön auch noch einmal für die gute Zusammenarbeit.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die „Hochschulstrategie 2020“ ist keine Strategie, die auf Dirigismus aufbaut, sondern eine Strategie, die
auf Kooperation aufbaut, die versucht, die notwendige Flexibilität zu halten, die eben deshalb kein fester und inflexibler Fünf-Jahr-Plan ist, sondern eine Planungsgrundlage, die immer wieder dynamisch weiterentwickelt wird. Ich glaube, damit haben wir gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Hochschulen, für Wissenschaft und Forschung in diesem Land gesetzt. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass das ein überflüssiger, ideologisch aufgeladener Streit ist, den wir gerade zum Schluss gehört haben, denn es geht in dem Gesetz darum, dass Menschen, die hier leben, ihre Fähigkeiten, ihre beruflichen Qualifikationen nutzen können, um hier eine Arbeit aufzunehmen, die ihrer Qualifikation entspricht. Hieraus einen Gegensatz zwischen der Anerkennung des Menschen und der ökonomischen Verwertbarkeit seiner Berufsqualifikation zu machen, das ist schlicht abenteuerlich.
Es geht hier nicht um ein Gegeneinander, sondern es geht um ein Miteinander.
Selbstverständlich sind Menschen hier anerkannt, aber diese Menschen bringen Berufsqualifikationen mit und die sollen sie einsetzen können, damit sie eine ökonomische Basis für ihr Leben haben. Darum geht es doch.
Integration ist auch Integration in das Berufsleben und das Nutzen der beruflichen Qualifikation. Das steht im Zweck des Gesetzes, in § 1 drin: „... eine qualifikationsnahe Beschäftigung zu ermöglichen“. Ich finde, das ist einerseits ein höchst menschliches Anliegen und andererseits auch ökonomisch vernünftig. Und ja, Thüringen braucht Fachkräfte, Thüringen braucht gut qualifizierte Menschen. Schauen Sie einmal in die Arbeitslosenstatistik der Arbeitsagentur im März dieses Jahres: 15.000 offene Stellen. Schauen Sie in die Studie „Fachkräfteperspektive Thüringen 2025“, dort sehen wir, dass wir einen Einstellungsbedarf bis 2025 von 280.000 Fachkräften haben; ja, wir brauchen gut qualifizierte Men
schen für die Entwicklung dieses Landes. Dazu ist es notwendig, dass wir ein gutes Bildungssystem haben und in dieses Bildungssystem investieren: Kindergärten, Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Weiterbildungsmöglichkeiten. Das alles wird aber gerade kurzfristig nicht ausreichen, wir brauchen Menschen, die bereit sind, nach Thüringen zu kommen, die hier leben, die hier arbeiten wollen. Da sage ich ganz deutlich, jeder, der hierherkommen möchte, muss uns willkommen sein, zunächst auch einmal unabhängig von seiner Qualifikation.
Aber jeder Mensch bringt Qualifikationen mit und die muss er hier nutzen und sinnvoll einsetzen können, auch im beruflichen Leben. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass dieses Gesetz auf den Weg kommt. Unser Land wird davon profitieren.
Das Anerkennungsgesetz bietet ein einheitliches und transparentes Verfahren für eine Vielzahl landesrechtlich geregelter Berufe. Es schafft Rechtsklarheit für Menschen aus unterschiedlichen Teilen der Erde mit unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen, ob das die Lehrerin aus Kolumbien ist, der Erzieher aus Russland oder der Vermessungsingenieur aus China. Sie sollen ein klares Verfahren haben, wie ihre berufliche Qualifikation anerkannt werden kann. Das Gesetz formuliert einen Rechtsanspruch auf Anerkennung der erworbenen Berufsqualifikation, wenn gleichwertige Voraussetzungen vorliegen. Wir lassen aber auch die nicht außen vor, deren Qualifikationen nicht sogleich anerkannt werden können. Auch dafür sieht das Gesetz ein Verfahren vor. Die Anerkennungsbehörden stellen die erworbenen Qualifikationen fest und beschreiben Wege zur Nachqualifizierung.
Ich finde auch die Debatte, ob es eine einzige Anlaufstelle gibt oder mehrere unabhängige Beratungsstellen, eine Debatte um des Kaisers Bart. Es gibt Länder, die haben eine Anlaufstruktur, das ist Hamburg beispielsweise, die hatten das schon vor dieser gesetzlichen Regelung und haben es in Ihr Gesetz aufgenommen. Wir haben die Beratungsangebote, zum Beispiel des Bildungswerks der Thüringer Wirtschaft, die als Anlaufstellen fungieren können, und wir haben die Welcome Center. Warum sollen wir diese Strukturen nicht nutzen, um gute Beratung und Anlaufstellen möglich zu machen?
Dann ist immer wieder diskutiert worden, Interessenten würden durch überhöhte Verwaltungskosten von Anerkennungsverfahren abgehalten. Ich finde, das stimmt nicht. Die Gebühren, die wir hier aufgenommen haben, orientieren sich an dem Musterentwurf, der bundesweit in allen Ländern Anwendung findet. Es war gerade ein Bestreben mit diesem Mustergesetzentwurf, nicht in jedem Bundesland unterschiedliche Verfahren zu bekommen, unter
schiedliche Gebührentatbestände, sondern eine möglichst einheitliche Regelung in der Bundesrepublik. Egal ob hier SPD oder CDU oder Grüne oder Linke in der Regierungsverantwortung stehen, überall sind diese Gebührenstrukturen in die Anerkennungsgesetze übernommen worden. Deshalb bauen Sie hier bitte keinen Popanz auf. Ich denke, das sind Gebühren, die getragen werden können. Hier wird von den zuständigen Stellen erwartet, dass die maximalen Gebühren weit unter der im Gesetz erlaubten Höchstgrenze von 600 € liegen werden. Man geht davon aus, dass es maximal 140 bis 150 € werden und außerdem - und das wissen Sie - sieht das Verwaltungskostengesetz auch vor, dass Verwaltungsgebühren erlassen werden können. Es wird niemand an der Hürde Verwaltungsgebühr scheitern, der hier eine Berufsanerkennung erwerben will.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Internationalität ist ein Erfolgsfaktor für Regionen. Das kann man überall auf der Welt sehen. Dort, wo Menschen zuwandern, ihre Qualifikation einbringen, neue Sichtweisen einbringen, ihre Kultur mitbringen, dort entstehen neue Ideen, dort ist Innovation besonders stark und das muss auch unser Ziel sein. Wir brauchen keine Angst vor Zuwanderung zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Angst müssten wir haben, wenn niemand mehr hierher zu uns kommen möchte, weil die Bedingungen nicht ausreichend sind. Deshalb ist es gut, dass wir dieses Anerkennungsgesetz haben, ein wichtiger Schritt dazu, mehr kluge Köpfe, gut ausgebildete Fachkräfte dauerhaft nach Thüringen zu bringen. Das wird eine bleibende Zukunftsaufgabe sein. Die hängt, das sage ich ganz ausdrücklich, nicht nur an diesem Gesetz. Das ist ein kleiner Baustein darin. Willkommenskultur ist sehr viel mehr. Es bedeutet, auf Menschen zuzugehen, offen zu sein für Neues, sich selbst herausfordern zu lassen. Ich hoffe, dass wir gemeinsam dazu einen Beitrag leisten können.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will zu Beginn noch einmal deutlich machen, diese Novelle des Hochschulgesetzes ist ein Ergebnis des Hochschuldialogs, den wir in den letzten Jahren geführt haben. Ja, Frau Kaschuba, ich habe am Anfang angekündigt, dass wir im Hochschuldialog grundsätzliche Fragen diskutieren. Ich habe nicht von vornherein angekündigt, dass das zu grundsätzlichen Änderungen führt. Ich finde, dieser Hochschuldialog hat sehr klar deutlich gemacht, dass es nicht notwendig ist, das Hochschulgesetz grundlegend zu ändern, dass es aber durchaus sinnvoll ist, das Hochschulgesetz an der einen oder anderen Stelle zu modernisieren und neue Möglichkeiten zu öffnen. Das tun wir mit diesem Gesetz. Auch die Anhörung hat uns noch einmal bestätigt, die Hochschulleitungen haben das klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, es ist gut, dass wir hier ein Stück auf Kontinuität in der Hochschulentwicklung setzen. Und es ist gut, dass nicht jede neue Lan
desregierung ein komplett neues Hochschulgesetz vorlegt, sondern dass wir uns hier in einem Entwicklungsprozess befinden, in dem wir sinnvolle Schritte miteinander abstimmen und dann diese Schritte setzen. Ich jedenfalls setze in der Hochschulentwicklung auf den Dialog mit allen Beteiligten und einen größtmöglichen Konsens bei den Entwicklungsschritten.
Als Zweites möchte ich noch einmal deutlich machen, dass die Hochschulen eine ganz zentrale Bedeutung für die Entwicklung dieses Landes haben. Sie sind ganz wesentlich Zuwanderungsmagnete. Wir haben gerade beim letzten Tagesordnungspunkt darüber diskutiert, wie wichtig es für die Entwicklung dieses Landes ist, dass Menschen hierher nach Thüringen kommen. Die Hochschulen leisten dazu einen ganz wesentlichen Beitrag. Im letzten Wintersemester kamen rund 19 Prozent der Erstsemester aus dem Ausland und fast 40 Prozent aus den alten Bundesländern. Das zeigt, wie attraktiv unsere Hochschulen sind, dass sie angenommen werden, nicht nur von Thüringer Studierenden, sondern dass sie auch international einen guten Ruf haben. Ich bin vor einiger Zeit auf einer Delegationsreise in China gewesen und ich konnte mich dort persönlich in den Gesprächen überzeugen, dass in Peking oder Hangzhou oder anderen Hochschulstädten Namen wie Jena, Erfurt, Ilmenau oder Weimar einen guten Klang haben und dass Studierende sich für unsere Hochschulen interessieren.
Leistungsfähige Hochschulen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und Entwicklungsbedingungen. Deshalb möchte ich noch einmal auf die hier angesprochene Hochschulentwicklungsplanung oder Hochschulstrategie 2020 zurückkommen. Zur Hochschulentwicklungsplanung insgesamt, das habe ich immer wieder deutlich gemacht, gehören verschiedene Schritte. Dazu gehört die Rahmenvereinbarung, die wir mit den Hochschulen abgeschlossen haben, genauso wie die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die mit jeder Hochschule existieren. Dazu gehört aber auch eine Hochschulstrategie 2020, zu der ich im letzten Jahr einen Zwischenbericht vorgelegt habe und die inhaltlich fertiggestellt ist. Ich möchte Ihnen auch sagen, an welchem Punkt es hängt, dass wir diese Strategie bisher nicht im Landtag vorlegen konnten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, dass wir mit einer solchen Hochschulstrategie nicht nur inhaltlich strategische Vorgaben machen, sondern auch, dass wir die Finanzierung für diese Hochschulentwicklung klären. Hier ist mein Ziel, dass wir uns an dem orientieren, was uns der Wissenschaftsrat im letzten Jahr mit seinem Papier zur Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland zur Hochschulfinanzierung empfohlen hat. Dort hat er empfohlen, dass man die wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen plus 1 Prozent zur Grundlage der Finanzierung der Hoch
schulen macht. Wenn man das einmal über einen längeren Zeitraum im Durchschnitt betrachtet, entspricht das einer Größenordnung von vier Prozent Steigerung pro Jahr. Das ist das Ziel, was ich auch mit der Hochschulstrategie 2020 verbinde. Hier gibt es bisher keine Einigung mit der CDU, keine Einigung mit dem Finanzminister. Deshalb liegt die Hochschulentwicklungsplanung 2020 in diesem Hause nicht vor.
Ich werde weiter darum ringen, dass wir auch eine Vereinbarung zu einer verlässlichen Finanzierung für unsere Hochschulen bekommen und bin nicht bereit, eine Strategie vorzulegen, die auf die Finanzierungsfragen verzichtet.
Aber selbstverständlich.
Also wenn es nach mir ginge, ganz schnell. Das nächste Gespräch mit dem Finanzminister dazu steht in der kommenden Woche an. Ich habe jetzt hier in der Debatte gehört, dass der Abgeordnete Voigt auch empfohlen hat, dass wir der Finanzierungsempfehlung des Wissenschaftsrats folgen. Vielleicht wäre es ganz interessant, wenn sich einmal der Abgeordnete Voigt mit dem Parteikollegen
Finanzminister Voß zusammensetzt und ihn davon überzeugt, dass wir eine solche klare Finanzierungsregelung in die Hochschulstrategie hineinschreiben.
Wenn das gelingt, dann können wir sofort, wenn das Okay dafür kommt, die Hochschulstrategie 2020 hier im Hause vorlegen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte gern noch ein paar Sätze sagen, worauf es in dieser Strategie ankommt, die natürlich eine Forschungsstrategie enthält, Frau Kaschuba. Auch eine solche Forschungsstrategie ist nichts, was am grünen Tisch im Ministerium entworfen wird, sondern was in vielen Gesprächen und Diskursen zustande kommt. Zu dieser Strategie gehört zum Beispiel auch, dass die Hochschulen ihre eigenen Schwerpunkte für Forschung und Lehre in Strukturund Entwicklungsplänen festgelegt haben und dass wir versuchen, diese Strategien auch mit der Entwicklung zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Hochschulen zu verbinden. Es ist erst wenige Tage her, da habe ich in Jena mit den Vertretern der Universität und den Vertretern der großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammengesessen, um genau solche Strategieentwicklungen weiter zu diskutieren, denn eines ist klar, dass wir in Zukunft auch bei der Entwicklung des Wissenschaftssystems in ganz Deutschland stärker auf Wissenschaftsregionen setzen werden als auf einzelne Institutionen, seien es Hochschulen oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Das spiegelt sich in unserer Forschungsstrategie hier in Thüringen auch wider. Ich will mit der Hochschulstrategie 2020 dafür sorgen, dass die Hochschulen solche klaren Schwerpunkte definieren, dass sie nicht einen Bauchladen anbieten, in dem alles drin ist, aber nicht so profiliert, dass es auch über den Rand des Bauchladens hinaus sichtbar wäre. Ich will Hochschulen in Thüringen haben, die national und in ihren Spitzenbereichen auch international sichtbar sind und mitmischen können. Das Potenzial haben wir. Ich möchte, dass unsere Hochschulen eng mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten und dass sie untereinander stärker kooperieren. Das betrifft die Lehre genauso wie die Bereiche Hochschulbibliotheken, Rechenzentren oder Hochschulverwaltungen. Wenn uns das gelingt, dann werden wir unsere Hochschullandschaft weiter stärken und noch attraktiver machen können. Das ist mein Ziel, auch mit der Hochschulstrategie 2020. Dass das sofort Diskussionen und Widerstände auslöst, habe ich bereits gemerkt, als wir den Vorschlag diskutiert haben, dass die Bereiche der Politikwissenschaft in Jena und der Staatswissenschaft in Erfurt enger zusammenarbeiten, was auch damit verbunden sein könnte, dass man nicht mehr jede Professur an jeder Hochschule braucht,
sondern durch die Kooperation die Aufgaben gemeinsam gut lösen kann. Jetzt merke ich, Herr Voigt ist auch gleich wieder wach geworden, bei dieser Ankündigung. Da kommt auch von Abgeordneten dann sofort Widerstand, wenn wir solche Kooperationsformen mit den Hochschulen diskutieren, aber Herr Dr. Voigt, glauben Sie mir, es ist sinnvoll, dass wir solche Kooperationsfragen besprechen, auch im Bereich zum Beispiel der Architektur. Denn warum sollen nicht die Bauhaus-Universität in Weimar und die Fachhochschule in Erfurt in diesen Bereichen enger zusammenarbeiten? Warum sollen wir darüber nicht mehr Qualität und mehr Kosteneffizienz erzeugen? Ich finde, solchen Debatten müssen wir uns unvoreingenommen stellen. Auch das gehört zu einer weitsichtigen Hochschulstrategie.
Heute diskutieren wir mit der Novellierung des Hochschulgesetzes aber zwei Schwerpunkte. Das sind Bausteine der weiteren Entwicklung. Das ist nicht die umwälzende neue Strategie, sondern sie sind zwei wichtige Entwicklungsbausteine; der erste ist eine Verbesserung der Karriereperspektiven für junge Wissenschaftler.
Frau Rothe-Beinlich, es ist richtig, wenn Sie sagen, dass wir darüber hinaus nicht nur die Karriereperspektiven für Professuren in den Blick nehmen müssen, sondern insgesamt die Frage stellen müssen: Welche Perspektiven hat wissenschaftlicher Nachwuchs? Wie geht es weiter mit Befristungen? Auch dazu gibt es eine intensive Debatte im Wissenschaftsrat, der sich noch in dieser Woche wenn ich das richtig im Kopf habe, heute Abend mit dieser Frage noch einmal beschäftigen wird und auch eine Empfehlung zum Umgang mit den Perspektiven wissenschaftlichen Nachwuchses abgeben wird. Aber ich bitte darum, dass wir hier wirklich Schritt für Schritt setzen und nicht immer sagen, weil wir einen Schritt machen, fehlt aber noch der zweite, dritte und vierte Schritt. Diese Schritte werden kommen.
Wir haben übrigens, indem wir die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz zu befristeten Beschäftigungen in unsere Ziel- und Leistungsvereinbarung übernommen haben, uns schon längst mit den Hochschulen auf den Weg gemacht, deutlich zu sagen: Wir wollen nicht, dass solche Befristungen auf halbe Jahre gemacht werden; wir wollen, dass die Befristung konkret gebunden wird zum Beispiel an die Qualifizierungsphase. Dann macht, wenn ich einen Doktoranden habe, keinen Sinn, nur auf halbe Jahre zu befristen, sondern die Qualifizierungsphase im Blick zu haben. Wir wissen aber auf der anderen Seite auch, dass das Wissenschaftssystem auch befristete Möglichkeiten braucht, damit es flexibel arbeiten und auf neue Herausforderungen reagieren kann. Das ins richtige Gleichgewicht zu bringen, darauf wird es in Zukunft ankommen.
Dazu gehört auch, mal einen Blick auf unsere Struktur zu werfen. Der Anteil unbefristeter Hochschullehrerstellen in Deutschland beträgt weniger als 20 Prozent, in den USA sind das rund 50 Prozent, in Frankreich ist der Prozentsatz noch einmal deutlich höher, und die Berufung auf eine Stelle als Professorin oder Professor erfolgt in Deutschland sehr spät. Das heißt eben, junge Wissenschaftler sind nach der Promotion - und das ist in der Regel eine außerordentlich produktive Zeit - einer großen Unsicherheit in der weiteren Karriereplanung ausgesetzt. Wir müssen dafür sorgen, dass junge Wissenschaftler ihre Karriere, ihre Lebenswege verlässlicher planen können, und damit unsere Hochschulen attraktiver machen. Genau an dieser Stelle setzen wir an, diese Möglichkeit wollen wir bieten, dazu flexibilisieren wir das Berufungs- und Dienstrecht der Hochschulen und geben die Möglichkeit, spezielle Berufungs- und Karrierekonzepte für Professoren zu entwickeln. Aber ich sage auch - und dieser Schritt wird schon im Wissenschaftsrat diskutiert -, wir werden in Zukunft auch darüber nachdenken müssen, ob wir nicht den Anteil an Professuren in unserem Wissenschaftssystem deutlich erhöhen müssen, um auch mehr jungen Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, auf unbefristeten Stellen und unabhängig forschen und lehren zu können.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das zweite Anliegen, das wir mit dem Gesetz verfolgen, ist der Zugang zur Hochschulbildung und der soll erweitert werden. Ich finde, Frau Hitzing, Sie haben das in Ihrem Beitrag eben sehr schön auf den Punkt gebracht. Ja, es geht darum, deutlich zu machen, es gibt keine Sackgasse im Bildungssystem. Ich muss nicht in der vierten Klasse unbedingt die Entscheidung erzwingen, dass ein Kind aufs Gymnasium geht. Es kann auch eine Regelschule besuchen, es kann eine Gemeinschaftsschule besuchen und die Entscheidung zur Hochschule, die steht auch nach der Berufsausbildung noch offen. Ich kann auch, ohne Abitur gemacht zu haben, wenn ich die Leistung bringe und das Zeug dazu habe, den Weg an die Hochschule finden. Diesen Weg machen wir frei und sagen damit eins ganz klar: Im 21. Jahrhundert darf es im Bildungssystem keine Sackgassen mehr geben.
Ich habe gelegentlich in der Debatte gehört: Na ja, wird denn da nicht die Qualität der Hochschulausbildung gefährdet, wenn jetzt jeder an die Hochschule kommen kann? Nein, die Qualitätsanforderungen an ein Studium bleiben die gleichen. Die Anforderungen an einen Hochschulabschluss bleiben die gleichen. Egal, über welchen Weg ich in die Hochschule komme, diesen Anforderungen muss ich mich stellen und die muss ich erfüllen. Qualität bleibt ein wichtiges Siegel der Hochschulausbildung.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich für die konstruktive Debatte zu diesem Hochschulgesetz. Wir gehen damit wichtige Schritte auf dem weiteren Weg der Hochschulentwicklung. Ich hoffe, dass die Hochschulstrategie verbunden mit einer klaren Aussage zu den Finanzierungsperspektiven - dem Hohen Hause in dieser Legislaturperiode vorgelegt werden kann, jedenfalls ist das mein Wille. Ich habe in der Debatte gemerkt, dass alle Fraktionen ein großes Interesse daran haben, dass unsere Hochschulen so attraktiv sind, dass sie auch in Zukunft Zuwanderungsmagnet für Thüringen bleiben. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe auch die Überschrift gesehen, die die FDP für die Aktuelle Stunde gewählt hat, in der sie die Gefahr für eine ganze Schülergeneration an die Wand malt. Wir alle wissen, es geht wahrscheinlich eher um die Gefahr für die FDP, nicht wieder in den Landtag zu kommen, als um die Gefahr für die Schüler in Thüringen.
Wenn Ihnen die Schüler wirklich am Herzen liegen würden, dann würden Sie hier keine Panikmache betreiben, sondern sich an die Fakten halten.
Natürlich ist Unterrichtsausfall ein Problem, das nicht kleingeredet werden darf, sondern das man anpacken muss. Es ist aber auch ein Thema, das den Unterrichtsalltag in Thüringen nicht dominiert. Sie haben alle die Schülerumfrage zitiert. Ich selbst bin oft im Gespräch mit den Schülervertretungen. Wir haben uns auch zu ihrer Umfrage zusammengesetzt und die gemeinsam ausgewertet. Das Erste, was mir die Schüler gesagt haben: Wir waren natürlich neugierig darauf, wie das eigentlich mit der Statistik ist. Da wurde in der Öffentlichkeit immer diskutiert, die Statistik stimmt nicht. Jetzt haben wir selbst nachgeprüft und wir wissen, das Ministerium liefert realistische Zahlen. Das war die erste Aussage, die die Schülervertreter dazu gemacht haben. Ich habe das auch gelesen, das haben Sie heute nicht so wiederholt, Frau Hitzing, aber der Presse gesagt, dass wir die Statistik manipulieren würden und jeder wisse ja, wie das mit den
Statistiken sei usw., die man nicht selbst gefälscht habe.
Das ist im Grunde genommen eine Unterstellung gegenüber den Schulleitern, die sie betreiben, denn die Schulleiter speisen die Statistik. Das läuft an den Zahlen dann nur im Ministerium zusammen. Ich finde, das ist ein Vorwurf,
den man den Schulleitern nicht machen darf.
Wir haben Schulleiter, die darum bemüht sind, erstens ein realistisches Bild ihrer Schule zu zeichnen, auch was den Unterrichtsausfall angeht, und zweitens dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Unterricht ausfällt. Dazu haben wir mit den Schulen ein Prozedere vereinbart, dass, wenn Lehrer ausfallen und Stundenausfall droht, zuerst die Schule schaut, was sie mit den eigenen Ressourcen tun kann, um Unterrichtsausfall zu kompensieren. Zweitens: Wenn sie das nicht kann, wendet sie sich an das Schulamt. Das Schulamt schaut, was man schulübergreifend organisieren kann. Wenn auch das Schulamt keine Lösung findet, wendet es sich an die zuständige Abteilung im Ministerium. Dann schauen wir schulamtübergreifend, ob Lösungen zu finden sind. In den allermeisten Fällen gelingt es auch, über kurz oder lang Lösungen herbeizuführen. Wenn wir die Statistik insgesamt anschauen, dann weiß man auch, es lohnt überhaupt nicht, Panikmache zu betreiben. Wir bewegen uns mit dem Unterrichtsausfall, den wir in Thüringen haben, nach dem, was wir wissen können - es gibt leider keine vergleichbaren Statistiken in der KMK, weil jedes Bundesland andere Statistiken führt -, was man so ungefähr ermitteln kann, im Mittelfeld dessen, was in der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang passiert, nämlich ein ersatzloser Ausfall in der Größenordnung zwischen 3 und 5 Prozent. Wir haben aktuell 3,1 Prozent, gemessen im Frühjahr. Das ist mit der Vergleichszahl des letzten Frühjahrs ein deutlicher Rückgang des ersatzlosen Ausfalls. Ich glaube, es hat auch etwas damit zu tun, dass die ersten Maßnahmen zur besseren Unterrichtsorganisation und natürlich die verstärkten Einstellungen greifen und erste Früchte tragen.
Klar ist aber auch, wenn wir beim ersatzlosen Unterrichtsausfall weiter runterkommen wollen, dann brauchen wir eine Vertretungsreserve. Genau darum kämpfen wir seit einiger Zeit. Wir haben eine solche Vertretungsreserve im Personalentwicklungskonzept mit den Lehrervertretungen verabredet, sowohl mit dem Beamtenbund als auch mit der GEW. Ich würde gern schon in diesem Jahr mit
dem Aufbau einer solchen Vertretungsreserve beginnen, aber hier macht der Koalitionspartner nicht mit. Es wäre durchaus möglich, schon in diesem Jahr statt 400 Lehrern 500 Lehrer einzustellen. Die Spielräume sind nach dem letzten Haushaltsabschluss durchaus gegeben.
Herr Emde, ich muss Ihnen dann nach Ihrem Auftritt hier auch sagen: Das ist schon ein bisschen schizophren. Vielleicht einigen Sie sich mal. Der bildungspolitische Sprecher fordert hier, mehr gegen den Unterrichtsausfall zu tun, und der Finanzminister bremst die zusätzliche Einstellung von Lehrern. Da müssen Sie vielleicht untereinander noch mal ins Gespräch kommen.
Genau. Deshalb verhandeln wir auch in der Regierung über diese Frage. Es gibt bisher in dieser Frage keine Einigung und deshalb kann der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur an der Stelle nicht handeln. Die Einstellung kann nur mit Genehmigung des Finanzministeriums erfolgen. So sind die Regeln und wenn die CDU dort blockiert, gibt es keine zusätzlichen Einstellungen.
Zu dem Vorwurf, der hier auch immer wieder kolportiert wird: Was macht der denn mit dem vielen Geld, es hatte noch nie ein Bildungsminister so viel Geld, was passiert denn damit? Zum einen ist es richtig, dass der Bildungsetat steigt, was schon allein damit zu tun hat, dass Lehrergehälter steigen, dass es Tariferhöhungen gibt. Das haben sich Lehrerinnen und Lehrer auch verdient. Deshalb steigen auch die Ausgaben, selbst wenn man keinen einzigen zusätzlichen Lehrer einstellt.
Zum Zweiten: Wir haben im bundesweiten Vergleich auch so hohe Ausgaben pro Schüler, weil wir immer noch Altlasten finanzieren. Ich sage Ihnen ein Beispiel: Allein in diesem Jahr finanziert mein Haus 1.100 Stellen für Lehrer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit - 1.100 Lehrerinnen und Lehrer, die gar nicht an den Schulen unterrichten, sondern die von der Vorgängerregierung mit einer Altersteilzeitregelung in den Vorruhestand geschickt wurden. Das kostet uns allein in diesem Jahr 66 Mio. €. Da kann ich nur sagen, da rächt sich jetzt mit voller Wucht die kurzsichtige Fehlentscheidung der alten Landesregierung, Lehrer unabhängig vom Bedarf in die Altersteilzeit zu schicken. Die Rechnung bezahlen nicht nur die Steuerzahler, sondern auch Schülerinnen und Schüler, die mit dieser Situation klarkommen müssen.
Man könnte das jetzt genauso andersherum machen und sagen, der Finanzminister sitzt auf einem Schuldenberg von über 16 Mrd. und ist deshalb der Schuldenkönig von Thüringen. Ich würde auf die
Idee nicht kommen, weil ich weiß, dass ist nicht das, was Herr Voß zu verantworten hatte, sondern dass den Schuldenberg die Vorgängerregierungen zu verantworten haben. Genauso fair bitte ich dann aber auch, mit mir in dieser Frage umzugehen und mir zuzuordnen, was ich getan habe, und mir nicht in die Schuhe zu schieben, was Vorgängerregierungen verzapft haben.
Nein, das müssen Sie sich schon mal anhören.
Ein weiterer Grund für den hohen Krankenstand von Lehrerinnen und Lehrern ist das hohe Durchschnittsalter. Wir haben Statistiken - nun regen Sie sich doch mal nicht so auf, Herr Kollege -, die von Kassen gemacht worden sind. Die sagen, dass 55-Jährige fast doppelt so lange krank sind wie 25-Jährige. Wenn wir ein Durchschnittsalter bei unserer Lehrerschaft von über 52 haben, dann zieht das nach sich, dass wir hohe Krankenstände haben.
Jetzt kann man wieder fragen: Warum haben wir ein so hohes Durchschnittsalter? Das hängt mit der Einstellungspolitik der letzten beiden Jahrzehnte zusammen. Ich sage es noch mal, ich habe die Zahlen schon öfter genannt: Im Jahre 2008 hat der Freistaat Thüringen neun Lehrer eingestellt. Ich stelle in diesem Jahr 400 Lehrer ein. Ich habe auch im letzten Jahr 400 Lehrer eingestellt und ich würde in diesem Jahr 500 einstellen, wenn die CDU endlich zustimmen würde.
Jetzt noch mal zu der Frage: Wie wird Unterricht vertreten und ist wirklich fachfremd vertretener Unterricht das große Problem? Zum Ersten, wenn ein Physiklehrer, der auch in Mathe beschlagen ist, die Mathestunde vertritt, so kann man in aller Regel davon ausgehen, dass das ein vernünftig vertretener Matheunterricht ist.
Wenn er Musik vertritt - das ist wahrscheinlich bei Ihnen ausgefallen, sonst hätten Sie ein bisschen mehr Gespür für den richtigen Takt entwickelt.
Ich finde, zum einen kann ein Physiklehrer, der die Befähigung hat, auch Mathe gut vertreten. Das haben auch die Schülervertreter bestätigt. Zum Zweiten macht es oft auch Sinn, wenn man keine Vertretung finden kann, die die Fachkompetenz mitbringt, dann anderen Unterricht, statt Mathe zum Beispiel Deutschunterricht zu erteilen, und zu einem späteren Zeitpunkt dann etwas mehr Matheunterricht wieder in den Stundenplan einzufügen, um das wieder aufzuholen. Das heißt also, die vertrete
nen Stunden sind keinesfalls verlorene Stunden, sondern sie sind sinnvoll erteilter Unterricht.
Nun haben mir die Schülerinnen und Schüler auch gesagt - und das kann man auch ganz offen einräumen -, es passiert manchmal, dass Lehrer Fachunterricht vertreten, die es eben nicht hinbekommen und von dem wir nichts haben. Vielleicht ist es manchmal überlegenswert - das ist aber eine Frage, die Schulleitungen entscheiden und nicht Bildungsminister -, dann statt einer solchen Vertretung den Schülern lieber Stillarbeit zu geben, bei der sie selber Stoff aufarbeiten können. Das haben sie selbst als wirksames Mittel für Unterrichtsausfall in dem Gespräch mit mir beschrieben, dass es durchaus Sinn machen kann, Stillarbeit, Eigenarbeit anzusetzen, um Stoff zu festigen, Stoff zu wiederholen.
Herr Barth, Sie kriegen im Anschluss eine Extrastunde von mir, dann erkläre ich Ihnen das alles noch mal.
Die anderen Kollegen können offensichtlich hier folgen. Ich erkläre es dann noch mal extra für Sie, als fachfremd vertreten, weil ich nicht aus der FDP komme, genau.
Herr Barth, aber zum Ernst der Situation zurück. Es gibt vernünftige Vertretungsregelungen und auch vernünftige Stillarbeit. Das haben mir Schülerinnen und Schüler so bestätigt, die im Übrigen nicht eine so dramatische Situation sehen, wie sie hier von der FDP an die Wand gemalt wird.
Deshalb werden wir uns weiter darum bemühen, Unterrichtsausfall zu minimieren. Dazu gehört auch, Frau Rothe-Beinlich hat es noch mal angesprochen, dass wir etwas für die Verbesserung der Gesundheitssituation von Lehrerinnen und Lehrern tun. Wir haben vor einigen Wochen einen Auftaktkongress zur Lehrergesundheit mit vielen Verantwortlichen aus diesem Bereich gemacht, indem wir Maßnahmen diskutieren, was man dort verstärkt tun kann. Übrigens geht da vieles ohne, dass man zusätzliches Geld investiert, indem man mit bestimmten Problemen anders umgeht, indem Schulleitungen aufmerksamer sind, was Belastungssituationen angeht, indem man vielleicht frühzeitiger auch mal Teilzeit möglich macht, wenn solche Überlastungssituationen drohen, und ähnliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergesundheit.
Zum Schluss möchte ich noch einmal sagen: Ich warne etwas davor, dass wir unser Bildungssystem so schlechtreden, wie es die FDP mit der Aktuellen
Stunde versucht hat. Unsere Schülerinnen und Schüler sind in den bundesweiten Leistungsvergleichen und auch in internationalen Leistungsvergleichen gut. Wir haben erst vor Kurzem den Leistungsvergleich der Schüler der Klasse 9 in Mathematik, in den Naturwissenschaften gehabt. Dort liegen die Thüringer Schülerinnen und Schüler auf Platz 2, in der Chemie auf Platz 3, in allen anderen Fächern auf Platz 2. Das zeigt, dass wir ein starkes Schulsystem mit engagierten Lehrerinnen und Lehrern haben, das unseren Schülern gute Bedingungen bietet, ihren Weg im Leben zu gehen. Trotzdem bleibt die Aufgabe für alle Beteiligten, für das Ministerium, für die Schulämter und die Schulleitungen, Unterrichtsausfall zu minimieren. Daran arbeiten wir gemeinsam und das wird auch in den nächsten Jahren so sein. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der Bildungspolitik in diesem Parlament Sternstunden erlebt. Ich denke nur an die gemeinsame Verabschiedung des Kita-Gesetzes. Aber wir erleben auch schwierige Debatten und schwierige Stunden. Der heutige Tag ist sicher keine Sternstunde der Bildungspolitik.
Trotzdem, Frau Rothe-Beinlich, möchte ich an dieser Stelle zunächst mal sagen: Wenn Sie hier mit dem grundsätzlichen Angriff kommen, die SPD könne nichts durchsetzen, schauen Sie sich noch mal an, was in dieser Legislaturperiode alles in diesem Haus beschlossen worden ist, nicht nur das KitaGesetz, auch ein neues Schulgesetz und viele andere Initiativen bis hin zum Hochschulgesetz, das wir in diesem Plenum noch diskutieren werden. Die SPD kann hier in der Bildungspolitik sehr selbstbewusst aus den letzten Jahren Bilanz ziehen und muss sich mit den Ergebnissen nicht verstecken.
Trotzdem ist die heutige Debatte eine schwierige, auch für mich als Bildungsminister, ich will das ganz offen sagen. Ich habe vor fast zwei Jahren einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben. Trotzdem steht die Landesregierung heute ohne ein Ergebnis da, das diesem Parlament vorgelegt werden kann, das liegt nicht an der SPD, das will ich noch mal deutlich sagen. Ich habe in vielen Gesprächen und Verhandlungen den Gesetzentwurf immer wieder angepasst.
Weil es vorhin den Zwischenruf aus den Reihen des Koalitionspartners gab, Zustimmung der Wirtschaft - ja, der erste Gesetzentwurf hatte die Zustimmung der Wirtschaft, weil er eine volle Kompensation vorsah. Es waren die geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die diese Kompensation nicht wollten und damit dafür gesorgt haben, dass die Wirtschaft dann den Gesetzentwurf auch nicht mehr wollte. Wir haben hier viele Schritte miteinander besprochen, den Gesetzentwurf immer wieder angepasst, aber am Ende - das muss man heute resümieren - fehlte dem Koalitionspartner der Mut, das Herz über die Hürde zu werfen und ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen.
Ich halte ein Bildungsfreistellungsgesetz für Thüringen nach wie vor für nötig und ich bin auch davon überzeugt, es wird kommen, auch wenn es heute nicht beschlossen wird. Warum ist es nötig? Weil es arbeitsweltbezogene und gesellschaftspolitische Bildung möglich macht, und zwar als Anspruch der Beschäftigten. Hier ist auch wieder zitiert worden, die Thüringer Unternehmen machen eine Menge für die berufliche und betriebliche Weiterbildung. Ja, das stimmt, das ist auch gut so. Aber es macht auch einen Unterschied, ob ein Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch darauf hat, sich auch gesellschaftspolitisch weiterzubilden oder ob das Unternehmen entscheidet, welche Weiterbildung dem Beschäftigten angeboten wird. Deshalb ist es ganz klar, dass es hier um zwei unterschiedliche Dinge geht, einmal um Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und auf der anderen Seite um Angebote von Unternehmen.
Dass es nicht nur darum geht, sich im Beruf weiterzuqualifizieren, sondern dass es auch darum gehen muss, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesellschaftspolitisch weiterqualifizieren können, das ist doch ein ganz wichtiger Punkt. Es geht doch nicht nur darum, Fachwissen zu haben, sondern es geht auch darum, Welt zu verstehen, Dinge nachvollziehen zu können, sich einmischen zu können, sich einbringen zu können nicht zuletzt in die politische Debatte. Das Bundesverfassungsgericht was in Sachen Bildungsfreistellung schon mal angerufen wurde zu der Frage, darf man es denn Unternehmen zumuten, Arbeitnehmer für so etwas freizustellen wie gesellschaftspolitische Bildung hat klipp und klar gesagt, ja, das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die Unternehmen tragen müssen, und zwar auch ohne dass sie eine Entschädigung dafür bekommen. Wir haben sogar in unserem Gesetzentwurf, letzter Stand, eine Entschädigung für die Wirtschaft vorgesehen, nämlich in dem Umfang, dass man den halben Durchschnittslohn als Entschädigung bekommt. Ich finde, wir gehen damit weiter als viele andere Bundesländer, so dass es eigentlich keinen Grund für die Wirtschaft gibt, hier stur zu bleiben. Da wird ja oft an die Wand gemalt, wenn ein Bildungsfreistellungsgesetz kommt und die jetzt auch noch Bildungsfreistellung gewähren müssen, dann geht doch die Wirtschaft in die Knie. Bringen Sie mir ein einziges Beispiel eines Unternehmens, das an der Bildungsfreistellung kaputtgegangen oder gescheitert ist, ein einziges Beispiel! Ich kenne keines. Denn - das sieht auch unser Gesetzentwurf vor, so ist es in anderen Ländern auch - betriebliche Belange gehen vor. Dringende betriebliche Belange, wenn die anstehen, sind ein Ablehnungsgrund für Bildungsfreistellung. Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten sind von dem Gesetz und seiner Geltung ausgenommen. Dort wird das dringende betriebliche Erfordernis bereits vorausgesetzt, auch das ist Bestandteil meines Gesetzentwurfs und, wie gesagt, die Erstat
tung der Hälfte des in Thüringen im Durchschnitt gezahlten Arbeitsentgelts. Wenn dann so getan wird, als experimentierten wir hier mit der Thüringer Wirtschaft herum, auch darauf ist schon hingewiesen worden, es gibt 12 Bundesländer, die ein Bildungsfreistellungsgesetz haben, zum Teil schon seit vielen Jahren. Die Wirtschaft ist in keinem dieser Bundesländer daran kaputtgegangen. Also gibt es keinen Grund zur Angst, ein solches Bildungsfreistellungsgesetz auf den Weg zu bringen. Trotzdem gibt es heute kein Gesetz, das die Koalition hier mitbeschließen kann.
Liebe Susanne Hennig, der Gesetzentwurf, den die Linke sich als Referentenentwurf rausgezogen hat, ist eben nicht der Gesetzentwurf des Ministers. Mein Gesetzentwurf sieht heute anders aus. Es gibt heute keinen Gesetzentwurf, der zur Abstimmung steht, zu dem die SPD guten Gewissens Ja sagen könnte.
Liebe Frau Hennig, Sie haben das hier mit süßer Stimme vorgetragen. Das hat mich ein bisschen erinnert - Sie kennen das Märchen, da kommt eine Apfelverkäuferin und preist diesen schönen rotbäckigen Apfel an und eine junge Dame kauft den dann und beißt da herzhaft rein und fällt um.
Schneewittchen hieß die Dame.
Nun gibt es aber einen wichtigen Unterschied zwischen der SPD und Schneewittchen: Schneewittchen war noch jung, die SPD ist 150 Jahre alt und lässt sich so nicht mehr an der Nase herumführen.
Deshalb werden wir natürlich in diesen Apfel nicht beißen. Das ist ein Punkt, ich kann Ihnen das nur nahelegen: Wenn man sich auf eine Regierung einlässt, eine gemeinsame Koalition, dann funktioniert das nur, wenn man gemeinsame Regeln festlegt. Dann gehört es zur politischen Seriosität einfach dazu, dass man diese gemeinsamen Regeln auch einhält. Das passt mal dem einen und mal dem anderen Koalitionspartner nicht. Aber da ich gehört habe und in den Medien nachgelesen habe, dass Sie demnächst auch Regierungsverantwortung wollen, wäre es gut, über dieses Prinzip nachzudenken. Also, es macht keinen Sinn, mit solchen vergifteten Äpfeln zu kommen,
sondern es gibt Regeln in einer Regierungszusammenarbeit und ich gehöre zu denjenigen, die sich an solche Regeln halten, weil ich weiß, dass sonst Regierungen gar nicht funktionieren können.
Deshalb gibt es heute keine Zustimmung zu einem der Gesetzentwürfe der Opposition, weder zu dem einen, noch zu dem anderen. Ich bin aber sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen verstanden haben, an wem es hängt, dass wir immer noch kein Bildungsfreistellungsgesetz bekommen, und sie werden sicher Mitte September, wenn sie ihr Kreuz machen, auch darüber nachdenken. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht das erste Mal, dass wir über das Kooperationsverbot hier in diesem Plenum diskutieren. Ob die Lösung wirklich schon näher gerückt ist, kann man auch noch nicht richtig abschätzen. Aber eines hat die Debatte noch einmal deutlich gemacht. Der Antrag der FDP ist das, was man klassischerweise einen Schaufensterantrag nennt.
Als Sie selbst im Bund in der Regierungsverantwortung waren, haben Sie zu dem Thema nichts zustande gebracht.
Ich kann den Phantomschmerz verstehen, wenn man von der Macht weg ist und nicht mehr mitregieren kann.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich kann ja den Phantomschmerz verstehen, wenn man von der Macht getrennt wurde. Aber man muss den nicht unbedingt hier im Thüringer Landtag ausleben. Eines ist klar: Es gibt einen Koalitionsvertrag im Bund, der sieht 9 Mrd. € mehr in dieser Legislaturperiode für Bildung und Forschung vor. Genauso ist klar, dass dazu intensive Gespräche laufen, wie man dieses Programm umsetzt, wie man diese 9 Mrd. € für Bildung und Forschung sinnvoll einsetzen kann. Dazu gibt es mit Sicherheit nicht nur einen Weg, sondern mehrere Wege. Ich will das am Beispiel der hier intensiv diskutierten Frage der Grundfinanzierung der Hochschulen deutlich machen. Denn wenn man dazu etwas sagen will, muss man versuchen, auch einmal präzise nachzulesen, was steht in dem Koalitionsvertrag drin. Dort steht drin, wir werden in den nächsten vier Jahren seitens des Bundes den Hochschulen mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung stellen. Dort steht zum Beispiel nicht, dass das Geld direkt vom Bund in die Hochschulen fließt. Der Weg ist offen geblieben. Es gehört in einer solchen Debatte dazu, dass man das auch noch einmal klar benennt. Natürlich hat es während der Koalitionsverhandlungen im Bund auch eine intensive Debatte darüber gegeben, ob man bei der Frage Aufhebung des Kooperationsverbots miteinander weiterkommt. Es hat keine Einigung zu diesem Thema gegeben und folglich findet sich dazu auch im Koalitionsvertrag nichts wieder. Deshalb sind auch die anderen Formulierungen dort, was man gemeinsam tun will, Bund und Länder, so of
fen gehalten worden, dass unterschiedliche Wege möglich bleiben, um die Vorhaben des Koalitionsvertrags umzusetzen.
Ich persönlich bin der Auffassung, und ich habe das immer wieder deutlich gemacht, dass das Kooperationsverbot fallen muss. Wir brauchen eine vernünftige Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildungspolitik. Das betrifft nach meiner Überzeugung alle Bildungsbereiche. Natürlich weiß ich auch - dazu bin ich lange genug in der Politik -, dass man in Verhandlungen nicht alle Positionen zu 100 Prozent durchsetzen kann. Deshalb sind Verhandlungen notwendig. Und sie sind auch deshalb kompliziert, weil wir nicht nur eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag brauchen, über eine solche würde die jetzige Koalition im Bundestag verfügen, sondern dass wir auch eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat brauchen. Deshalb helfen uns hier keine Schaufensteranträge, die zu etwas auffordern, was längst im Gange ist, nämlich Gespräche zu diesem Thema mit den unterschiedlichen Beteiligten, der Bundesländer untereinander, zwischen Bund und Ländern, um der Lösung dieser Frage ein Stück näher zu kommen. Wichtig ist, unabhängig von der Lösung der Grundgesetzfrage, dass das Bildungssystem in den nächsten Jahren weiter finanziell gestärkt wird. Dazu wurden klare Aussagen im Koalitionsvertrag gemacht. Die werden umgesetzt. Das ist Geld, das wir auch dringend in den Ländern brauchen. Ich habe mit der Hochschulstrategie 2020 deutlich gemacht, dass ich der Überzeugung bin, dass wir mit der nächsten Rahmenvereinbarung eine deutliche Steigerung der Hochschulbudgets vereinbaren müssen. Mein Ziel ist, dass Thüringen seine Forschungslandschaft weiter stärkt. Sie ist ein wichtiger Entwicklungsmotor für dieses Land und ich bin auch der Überzeugung, dass wir eine Forschungs- und Wissenschaftsregion wie Jena in den nächsten Jahren in die Leistungsspitze im Bund bringen können. Wir haben hier eine Aufholjagd zu leisten und dazu brauchen wir auch die Unterstützung des Bundes bei der Finanzierung notwendiger Aufgaben.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich kann verstehen, dass der Einfluss der FDP auf dieses Thema nicht mehr besonders groß ist und dass man deshalb versucht, hier mit dem Thema noch einmal Punkte zu machen. Aber ich kann Ihnen versichern, auch ohne Ihren Antrag laufen die Gespräche, wird das Notwendige zu dem Thema getan und das, was Sie selbst in Ihrer Regierungszeit nicht hinbekommen haben, wird dann vielleicht ohne Sie gelingen.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich erst einmal, dass in dem malerischen Titel eine Einigkeit in diesem Haus zum Ausdruck gebracht wird. Nämlich: Was wir gemeinsam hier im Parlament, gemeinsam in der Landesregierung für den Bereich der frühkindlichen Bildung geleistet haben, war in der Tat eine Sternstunde. Es gibt selten so viel Einmütigkeit in einem Parlament, wie es bei dieser Entscheidung gegeben hat. Gemeinsam haben wir dafür gesorgt, dass Thüringen ein Vorreiter im Kita-Bereich ist. Wir haben die höchste Bildungsbeteiligung im Elementarbereich, jedes zweite Kind unter drei Jahren besucht in Thüringen eine Kita und bei den Drei- bis Sechsjährigen ist es fast jedes Kind. Hier haben wir eine Betreuungsquote von fast 97 Prozent. Als erstes Bundesland haben wir einen Rechtsanspruch auf Betreuung von Kindern ab dem 1. Lebensjahr eingeführt und eine garantierte Betreuungszeit von täglich zehn Stunden. Die Grundlage dafür ist das Thüringer Kita-Gesetz, das wir hier gemeinsam verabschiedet haben. Damit haben wir einen Wunsch von vielen Eltern in Thüringen aufgegriffen und in die Tat umgesetzt. Wir haben gezeigt, dass wir die Lebenswirklichkeit von Menschen hier in Thüringen verstehen, und wir haben gezeigt, dass es uns wichtig ist, Eltern, Frauen und Männer, dabei zu unterstützen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass unsere Jüngsten die besten Chancen haben, in Thüringen gut aufzuwachsen. Ich will mich an dieser Stelle zuerst einmal bei allen bedanken, bei allen Fraktionen hier im Parlament, die dieses Vorhaben mitgetragen haben, aber auch bei allen, die außerhalb des Parlaments in den Jahren davor mit öffentlicher Debatte, mit öffentlichem Einsatz dafür gesorgt haben, dass wir den politischen Schwung bekommen haben, dieses Kita-Gesetz gemeinsam auf den Weg zu bringen.
Nach einer guten Zeit der Gültigkeit im Jahre 4 nach der Novellierung des Kita-Gesetzes steht fest,
es ist eine Erfolgsgeschichte. Im vergangenen Jahr gab es eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die uns das bestätigt hat: klare Regelungen beim Personalschlüssel, hohe Anforderungen an das Fachpersonal, konkreter Auftrag zur Weiterbildung und elternfreundliche Öffnungszeiten. Damit setzt unser Kita-Gesetz auch bundesweit Maßstäbe. Nun sind in der Vergangenheit Stimmen laut geworden, die festgeschriebenen Standards im Bereich der frühkindlichen Bildung auf den Prüfstand zu stellen. Es hat eine öffentliche Debatte dazu gegeben. Und ich kann verstehen, wenn in einer solchen Situation Eltern um die Qualität in den Kitas bangen. Zu Beginn der Woche ist die Thüringer Landeselternvertretung für Kindertagesstätten mit einem Brief an die Öffentlichkeit getreten. Eltern wollen nicht, dass Erzieherinnen und Erzieher durch Assistenzkräfte ausgetauscht werden. Eltern wollen nicht, dass unsere Kitas zur Sparbüchse gemacht werden.
Ich sage hier ganz deutlich, ich will das auch nicht. Eine Standardabsenkung im Bereich der pädagogischen Betreuung wird es mit mir nicht geben und wird es deshalb mit dieser Landesregierung auch nicht geben. Für mich sind die Kindertagsstätten keine Aufbewahreinrichtungen, sondern unsere Kitas sind Bildungseinrichtungen, in denen Kinder Anregungen bekommen, in denen sie sich ausprobieren können, in denen sie gefördert werden. Kitas, die mit ihrem Bildungsauftrag Ernst machen, leisten einen ganz wichtigen Beitrag für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungswesen. Wer frühzeitig gefördert wird, geht später mit mehr Selbstvertrauen durchs Leben, dem fällt es leichter, dann die schulischen und beruflichen Herausforderungen zu meistern und höhere Qualifikationen zu erreichen. All das ist gut untersucht, in vielen Studien dokumentiert: Auf den Anfang kommt es an. Und damit wir jedem Kind am Anfang seines Lebensweges gerecht werden können, brauchen wir ausreichend Personal und wir brauchen ausreichend gut ausgebildetes Personal. Beides gehört zusammen und das darf man auch nicht auseinanderdividieren. Wir haben die Personalausstattung deutlich verbessert. Seit 2009 ist die Anzahl der Vollzeitstellen an den Kitas um 40 Prozent gestiegen. Und wir haben bei der Personalausstattung auf hohe Qualität geachtet. Das Bildungsniveau des Personals in den Thüringer Kitas liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Fast 88 Prozent des pädagogischen Personals verfügen über einen Fachschulabschluss, im Bundesdurchschnitt sind es nur etwas über 70 Prozent, und 6 Prozent verfügen mittlerweile über einen Hochschulabschluss, im Bundesdurchschnitt sind das 4,5 Prozent. Klar ist auch, pädagogische Kompetenz erwirbt man nicht auf die Schnelle nebenbei. Pädagogische Kompetenz ist das Ergebnis einer intensiven und anspruchsvollen Ausbildung. Ich will, dass wir bei der Einstellung weiterhin auf
eine hohe Qualifikation bei Erzieherinnen und Erziehern achten. Ich will, dass wir am klaren Fachkräftegebot für die Kitas festhalten und nicht daran rütteln.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, das hat seinen Preis, unsere Kitas haben ihren Preis. Insgesamt sind die Mittel für den frühkindlichen Bereich in dieser Legislaturperiode von knapp 370 Mio. € auf rund 530 Mio. € gestiegen. Das Land, die Kommunen, aber auch die Eltern leisten dazu ihren Beitrag. Damit wir unseren hohen Standard halten und perspektivisch auch Eltern Stück für Stück weiter entlasten können, brauchen wir eine deutliche Unterstützung auch des Bundes für diesen Bereich. Wir haben in der Vergangenheit vom Kita-INVEST-Programm profitiert und viel an Ausbaumaßnahmen darüber finanzieren können. Ich habe mich selbst bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin dafür eingesetzt, dass Länder und Kommunen weiter entlastet werden. In dem Koalitionsvertrag stehen jetzt 6 Mrd. zusätzlich für die Finanzierung von Kitas, Schulen und Hochschulen. Und es steht darin, dass die Kommunen um 5 Mrd. € entlastet werden sollen, damit sie ihre Aufgaben besser erfüllen können. Davon soll auch Thüringen profitieren. Es wird jetzt darüber zu reden zu sein - das wird auf der Fachministerebene genauso wie unter den Ministerpräsidenten passieren -, wie dieses Geld konkret in welche Aufgaben in den Ländern kommt. Wir haben in den vergangenen Jahren im Bereich der frühkindlichen Bildung viel bewegen können. Das zeigt der Blick über die Landesgrenzen und das gute Abschneiden Thüringens bei Bildungsstudien. Die frühkindliche Bildung braucht auch weiterhin unsere Unterstützung. Es ist eine Aufgabe, die anspruchsvoll ist, die Geld kostet und bei der wir neue Schritte zu bewältigen haben. Ich sage nur das Stichwort Inklusion. Auch hier sind unsere Kitas Vorreiter bei der gemeinsamen Betreuung von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung. Dafür braucht es gutes geschultes Fachpersonal. Eine Standardabsenkung wäre der falsche Weg und eine Standardabsenkung wird es deshalb nicht geben. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, ein zugegebenermaßen etwas komplizierter Titel, aber eine durchaus einfach zu erklärende Sache, die sich dahinter verbirgt.
Wir haben in dieser Woche schon über die Hochschulstrategie 2020 diskutiert, mit der wir den Hochschulen eine sichere Perspektive für die kommenden Jahre geben wollen. Das Gesetz, das die Landesregierung heute einbringt, ist ein weiterer Baustein unserer Anstrengungen zu einer guten Hochschulentwicklung. Wozu brauchen wir dieses neue Gesetz? Ganz einfach, wir wollen erstens die Karrierechancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs deutlich verbessern. Wir wollen zweitens einen breiteren Zugang zum Hochschulstudium ermöglichen. Wir wollen drittens die Ausbildung von Fachkräften intensivieren und das Studium besser ausgestalten. Und wir wollen viertens Bildungswege so lange wie möglich offenhalten.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, das neue Gesetz soll attraktive Berufsaussichten für den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs in Thüringen schaffen. Wir verbessern die Chancen qualifizierter Akademiker auf eine dauerhafte Tätigkeit in Thüringen. Die Entscheidung für eine Karriere in der Wissenschaft soll damit besser planbar und auch früher zu treffen sein. Der Berufsweg eines Wissenschaftlers wird damit attraktiver. Und das ist die Voraussetzung dafür, um leistungsfähige Nachwuchswissenschaftler aus dem In- und Ausland für Thüringen zu gewinnen und in Thüringen zu binden. Wenn sich junge Wissenschaftler als Juniorprofessoren hervorragend entwickeln, dann soll die Hochschule die Möglichkeit bekommen, diese Juniorprofessuren direkt in eine dauerhafte Professur zu übernehmen, natürlich nur vor dem Hintergrund einer entsprechenden Evaluierung der Leistungen. Wir flexibilisieren also das Berufungs- und Dienstrecht der Hochschulen und die
Hochschulen haben künftig damit die Möglichkeit, spezielle Berufungs- und Karrierekonzepte für die von ihnen identifizierten Leistungsträger in der Wissenschaft zu entwickeln, eine hervorragende Möglichkeit, gute Wissenschaftler an unsere Hochschulen zu binden.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, in Deutschland hängen die Bildungschancen oft noch sehr stark von der sozialen Herkunft ab. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren verbessert, aber sie ist immer noch ausgeprägter als in vielen anderen Staaten. Auch der Thüringer Bevölkerung gefällt dieser Zustand nicht, das haben wir ja gestern beim aktuellen Thüringen-Monitor diskutiert. Die Mehrzahl der Befragten möchte, dass mehr dafür getan wird, dass junge Leute aus sozial schwachen Familien auch studieren können. Das wollen wir jetzt machen. Wir öffnen die Hochschulen noch stärker für Bewerber, die aus einer klassischen Berufsausbildung kommen, denn Bildungswege dürfen im 21. Jahrhundert keine Sackgassen mehr sein.
Wer sich für mehr Wissen und für ein Studium entscheidet, darf nicht gegen eine Wand laufen, sondern der braucht offene Türen für seine Bildungskarriere. Wir wollen also für Menschen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung haben und auch über Berufserfahrung verfügen, ein Studium auf Probe einführen, daneben gibt es auch die Zulassung zum Studium nach einer entsprechenden Eingangsprüfung. Für viele ist diese Eingangsprüfung aber insofern eine hohe Hürde, als sie sich während des beruflichen Lebens nur schwer auf eine solche große Prüfung vorbereiten können. Sie erhalten die Möglichkeit, mit einem Probestudium einzusteigen und innerhalb des Probestudiums wird festgestellt, ob sie diesen Studiengang absolvieren können. Die Hochschulen regeln dann eigenverantwortlich den Umfang und die Dauer des Probestudiums und auch die Anrechnung erfolgreich erbrachter Leistungen auf das Studium insgesamt.
Ein weiteres offenes Angebot für Berufstätige sind berufsbegleitende grundständige Weiterbildungsstudiengänge. Damit schaffen wir einen parallelen Weg, im Beruf zu bleiben und sich gleichzeitig an der Hochschule weiterzuqualifizieren. Das sind Studiengänge, die vor allem nachfrageorientiert in den wirtschaftsnahen Fächern angeboten werden. Diese Form der akademischen Weiterbildung ist für Berufstätige besonders attraktiv und auch die Wirtschaft zeigt ein hohes Interesse an solchen Angeboten. Ein weiteres Anliegen des Gesetzes ist die vollständige Umsetzung der Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge, die die KMK gemacht hat. Die Studiengänge sind demnach so zu gestalten, dass Zeiträume für Aufenthalte an anderen Hochschulen, auch im Ausland, oder Aufent
halt in der Praxis in die Studiengänge sinnvoll integriert werden können und damit mehr Mobilität für Studierende möglich ist. Zum Zweiten müssen die Masterstudiengänge in neue Profiltypen eingeordnet werden, nämlich entweder anwendungsorientiert oder forschungsorientiert, und damit wird eine neue gemeinsame Systematik geschaffen.
Entsprechend der Lissabon-Konvention werden im In- und Ausland an anderen Hochschulen absolvierte Studienzeiten und Hochschulqualifikationen anerkannt. Auch hier fordern die Studierenden zu Recht klare, verlässliche und vor allem überall gültige Regelungen; die führen wir mit der Änderung des Hochschulgesetzes in Thüringen ein.
Lassen Sie mich die Intention des Gesetzentwurfs noch einmal zusammenfassen: Wir steigern die Attraktivität der Hochschullandschaft und ihre Studienangebote. Wir eröffnen all denen Perspektiven, die Wissenschaft als Beruf wollen und die im Beruf durch ein Studium weiter vorankommen wollen. Wir sorgen damit für einen offenen Zugang zu den Hochschulen und erhöhen die Bildungsbeteiligung für Menschen, die aus sozial schwachen Familien kommen, und fördern Bildungsbiografien ohne Sackgassen. Die Anhörung der Landesregierung hat gezeigt, dass es weitreichenden Konsens zu den Intentionen dieses Gesetzes gibt, bei den Hochschulen genauso wie in der Wirtschaft oder bei den Gewerkschaften. Der überwiegende Teil begrüßt diese Öffnung und Flexibilisierung im Hochschulgesetz ausdrücklich. Ich denke, dieses Gesetz wird dazu beitragen, die Qualität unserer Hochschulen noch weiter zu verbessern. Deshalb wünsche ich mir für dieses Gesetz natürlich eine intensive Beratung hier im Parlament und in den Ausschüssen und eine rasche Verabschiedung. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zur Einbringung des Thüringer Anerkennungsgesetzes ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen. Warum ist dieses Gesetz so wichtig für uns? Vor wenigen Tagen war es wieder in den Medien nachzulesen: Thüringen verliert pro Tag 37 Einwohner. Unsere Gesellschaft wird im Durchschnitt älter und Thüringen wird, wenn die Entwicklung so weiterläuft, in Zukunft weniger Bewohner haben. Es gibt aber auch positive Entwicklungen innerhalb Thüringens. Städte wie Weimar, Erfurt oder Jena haben wieder wachsende Bevölkerungen und wir müssen uns darüber klar werden, welche Erfolgsfaktoren zu einer solchen positiven Entwicklung führen können.
Wir wissen, die Thüringer Wirtschaft braucht zusätzliche Fachkräfte. Man kann das sogar in konkreten Zahlen ausdrücken. Es gibt eine Studie „Fachkräfteperspektive 2020“, die uns für verschiedene Wirtschaftsbereiche deutlich macht, welche Fachkräfte in den kommenden Jahren gebraucht werden. Bis 2020 fehlen danach rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sozialpflegerischen Berufen, gut 12.000 Menschen in Gesundheitsberufen, über 4.000 Ingenieure. Aber auch ohne solche Statistiken weiß jeder, der in den Unternehmen in Thüringen unterwegs ist: Das Thema Fachkräfte ist ein Riesenthema für die Unternehmensentwicklung, egal ob kleine oder große Unternehmen. Unsere Investitionen in gute Bildung, unsere Investitionen in starke Hochschulen, die junge Leute ins Land bringen, sind ein wichtiger Weg, um dafür zu sorgen, dass es auch in Zukunft genügend gut ausgebildete Menschen in Thüringen gibt, die dieses Land voranbringen können.
Aber wir müssen auch über die Potenziale reden, die bisher ungenutzt sind, die Menschen, die aus anderen Ländern hierhergekommen sind mit ihrem beruflichen Wissen und die oft große Hürden haben, dieses berufliche Wissen auch formal anerkannt zu bekommen. Und wir müssen Offenheit zeigen für Menschen, die sich überlegen, vielleicht hier ihren Lebensmittelpunkt zu finden. Es gibt in Thüringen Elektroniker aus Bosnien, Krankenpfleger aus Brasilien oder Erzieher aus Kuba. Anerkannte Fachkräfte in ihren Heimatländern, die hier bei uns leben, die gut ausgebildet sind, die wir brauchen, die aber oft noch keine Berufsanerken
nung bekommen. Deshalb müssen wir weiter um kluge Köpfe werben und Anerkennung möglich machen. Verglichen mit anderen Bundesländern hat Thüringen einen sehr niedrigen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, wie es technisch oft heißt. Wir haben in Thüringen einen Ausländeranteil von lediglich 1,5 Prozent und nur 3 Prozent der bei uns lebenden Menschen haben einen Migrationshintergrund. Das ist im Bundesvergleich sehr wenig. Nehmen wir mal Baden-Württemberg, das Bundesland mit der niedrigsten Arbeitslosenquote ist zugleich das Bundesland mit dem höchsten Migrantenanteil in der Bevölkerung. Mehr als ein Viertel der Menschen in Baden-Württemberg haben einen Migrationshintergrund. Da zeigt sich auch, Internationalität ist ein Standortvorteil. Internationalität stützt das Wachstum. Internationalität sorgt dafür, dass der Arbeitsmarkt besser funktioniert. Unsere Aufgabe ist klar, wir wollen und müssen es Menschen einfacher machen, die bei uns leben, auch hier zu arbeiten. Unsere Wirtschaft ist darauf angewiesen, unser Land profitiert insgesamt davon und ich will es auch angesichts der Zahlen, die wir aus dem Thüringen-Monitor wieder auf den Tisch gelegt bekommen haben, noch einmal klar ansprechen: Angst vor Zuwanderung braucht niemand zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Angst müssten wir bekommen, wenn keiner nach Thüringen kommen will, denn dann hätten wir allen Grund, uns um die Zukunft dieses Landes Sorgen zu machen. Wir wollen und müssen kluge Köpfe, gut ausgebildete Fachkräfte nach Thüringen bringen. Das ist eine wichtige Zukunftsaufgabe und dazu muss Politik wirksame Angebote machen.
Damit Zuwanderung gelingt, müssen Hürden abgebaut werden und eine dieser Hürden ist die Anerkennung einer beruflichen Qualifikation, die Menschen in ihrem Heimatland erworben haben. Bund und Länder sind sich einig, dass man hier gemeinsam auf beiden Ebenen handeln muss, auf Bundesebene und auf Länderebene. Der Bund hat erst vorgelegt und regelt in seinem Anerkennungsgesetz die Berufe, die in der Kompetenz des Bundes liegen. Das sind zum Beispiel Augenoptiker, Industriemechaniker oder Handwerksberufe, insgesamt über 300 Berufe. Aber in einem föderalen Land gibt es auch eine ganze Zahl von Berufen, die in Landeshoheit geregelt sind, die nicht durch das Anerkennungsgesetz des Bundes abgedeckt sind, zum Beispiel Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen, Vermessungsingenieure, Pflegehelfer. Für all die gilt das Bundesgesetz nicht. Dafür brauchen wir ein Gesetz in Länderkompetenz. Deshalb haben sich die Länder abgesprochen, aufeinander abgestimmt, um die Anerkennungsverfahren nach einheitlichen Kriterien zu regeln und Anerkennungsgesetze auf dieser Basis auszuarbeiten. Sie haben ein Mustergesetz abgesprochen und wir setzen die Eckpunkte dieses Mustergesetzes jetzt nach intensiver Debat
te mit den Beteiligten hier in Thüringen in ein Thüringer Gesetzgebungsverfahren um.
Das Thüringer Anerkennungsgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und ein klares Bekenntnis zur Willkommenskultur. Es erleichtert den Fachkräften aus aller Welt, die wir dringend brauchen, ihre berufliche Qualifikation hier bei uns in Thüringen einzusetzen. Das Gesetz bietet ein einheitliches und transparentes Verfahren für eine Vielzahl landesrechtlich geregelter Berufe. Es schafft Rechtsklarheit für die Lehrerin aus Spanien, den Erzieher aus Russland oder den Vermessungsingenieur aus China. Über die Anerkennung der Qualifikation soll in Thüringen künftig innerhalb von drei Monaten entschieden werden. Ein einheitliches Verfahren, klare Anerkennungskriterien und kurze Bearbeitungsfristen sorgen in Zukunft dafür, dass diese Menschen innerhalb kurzer Zeit eine Beschäftigung bei uns in Thüringen aufnehmen können.
Aber auch in den Fällen, in denen eine Anerkennung nicht unmittelbar ausgesprochen werden kann, wird niemand zurückgelassen. Die Anerkennungsbehörden stellen die im Ausland erworbenen Qualifikationen fest und beschreiben konkrete Wege zur Nachqualifizierung. Damit können sich die Antragsteller gezielt weiterbilden und später eine vollständige Anerkennung erlangen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, dieses Anerkennungsgesetz soll ein Signal an Menschen überall auf der Welt sein. Wenn sie das wünschen, sind sie bei uns willkommen und sie werden mit ihren Fähigkeiten bei uns auch gebraucht. Ich möchte, dass Menschen, die hierherkommen, auch unmittelbar ihre Qualifikationen hier einsetzen können. Ich will es zum Abschluss noch mal sagen: Für mich ist das Gesetz damit ein wichtiger Teil der immer wieder diskutierten Willkommenskultur, die unser Land braucht und die unser Land bereichert. Ich hoffe, dass wir in einer zügigen Beratung dieses Gesetz gemeinsam im Landtag verabschieden können. Es ist ein Gesetz, das für die Zukunft des Landes große Bedeutung hat. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich will vorab zunächst mal sagen: Ich habe Verständnis dafür, wenn Studierende sich für ihre Hochschule und ihre Hochschulentwicklung einsetzen und wenn sie dafür auch auf die Straße gehen. Ich finde, das ist normal und das gehört sich auch so, dass Studierende aktiv sind und alarmiert sind, wenn es um Veränderungen an der Hochschule geht und dass man sie in einen solchen Dialog einbeziehen muss.
Was ich im Gegensatz dazu etwas schwieriger finde, ist, wenn man politisch versucht, auf dieser Welle zu surfen. „Kürzungswelle an den Thüringer Hochschulen“ steht hier auf dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Das ist keine Kürzungswelle, das wissen Sie ganz genau, sondern es ist hier mehrfach deutlich gemacht worden, die Zahlungen an die Hochschulen
wachsen. Es gibt keine Kürzungswelle, also behaupten Sie das nicht in der Öffentlichkeit.
Jetzt muss ich sagen, werte Damen von den Oppositionsfraktionen, es macht keinen Sinn, hier Katastrophenszenarien über die Thüringer Hochschullandschaft an die Wand zu malen. Lassen Sie uns doch mal einen Blick auf die Bilanz unserer Hochschulen in den letzten Jahren werfen. Gerade vor wenigen Tagen ging der Zukunftspreis des Bundespräsidenten an einen Wissenschaftler der FriedrichSchiller-Universität aus Jena, den Physiker Stefan Nolte. Wir haben bei den deutschlandweiten Rankings von CHE, von „Die Zeit“ und „Stern“ für viele Fächer Bestnoten, zum Beispiel die Note Eins in diesem Jahr für Anglistik an der FSU und an der Uni Erfurt, für Architektur an der Fachhochschule Erfurt, für Elektrotechnik an der TU Ilmenau, für Maschinenbau an der TU Ilmenau und der Fachhochschule Schmalkalden. Wir haben hervorragende Ausstattung an unseren Hochschulen, moderne Arbeitsplätze, Bibliotheken und Labore. Allein in diesem Jahr sind zwei Sonderforschungsbereiche an der FSU Jena eingerichtet worden, in den Biound in den Geowissenschaften. Seit letztem Jahr gibt es neu das DFG Forschungszentrum zur Biodiversität zusammen mit den Universitäten in Leipzig und Halle. Auch im Rahmen der Exzellenzinitiative war Jena erfolgreich mit seiner Jena School for Microbial Communication.
Wenn man sich den Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft anschaut, findet man auch dort Thüringer Hochschulen auf den Spitzenplätzen: Platz 1 für die Friedrich-Schiller-Universität bei Drittmitteleinwerbung im Bereich der Psychologie, Platz 2 für Astrophysik, Platz 3 für Optik, Platz 2 für die TU Ilmenau im Bereich der Elektrotechnik, Platz 5 für die Bauhaus-Universität Weimar im Bereich Bauwesen und Architektur. Auch wenn man in die Geisteswissenschaften blickt, wir haben in Thüringen zwei Käte Hamburger Kollegs, in Weimar und in Jena. Das sind Kollegs, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit bis zu 2 Mio. € pro Jahr gefördert werden. Das ist in den Geisteswissenschaften wirklich eine große Menge Geld. Bundesweit gibt es zehn solcher Kollegs, zwei davon in Thüringen - das Internationale Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie und das Imre Kertész Kolleg in Jena.
Sie sehen also, unsere Hochschullandschaft hat sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt, sie ist hoch leistungsfähig auch im Wettbewerb mit anderen Hochschulen, mit anderen Bundesländern.
Wenn man auf die Finanzierung der Hochschulen schaut und die Zahlen 2009 mal vergleicht mit der Zielzahl für 2015 nach der Rahmenvereinbarung,
die jetzt gültig ist, dann steigen die Zuweisungen von 350 Mio. 2009 auf 382 Mio. 2015, eine Steigerung um annähernd 10 Prozent. Herr Voigt hat das auch schon angedeutet: Wenn man einmal die Bundesvergleiche heranzieht, zum Beispiel Finanzausstattung, Thüringen stellt an den Universitäten je Studienplatz rund 9.500 € bereit. Das ist mehr als in Bayern, das ist mehr als in Hessen. Das ist fast genauso viel wie in Baden-Württemberg, die in dieser Frage Spitzenreiter sind. Oder wenn man sich einmal fragt, wo liegen die Hochschulen eigentlich bei den Investitionen, gemessen an unserem Bruttoinlandsprodukt - da liegt Thüringen auf Platz 4 der Bundesländer. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass wir für unsere Hochschulen sehr viel tun. Hochschulen brauchen eine solide Finanzierung und sie brauchen langfristig Planungssicherheit. Deshalb, Frau Rothe-Beinlich, was wir veranstalten, sind nicht Sparorgien, wie Sie das hier genannt haben, sondern wir haben mit einer Rahmenvereinbarung langfristige Finanzierungssicherheit für die Hochschulen geschaffen. Diese Rahmenvereinbarung umfasst über 120 Mio. € mehr als die letzte Rahmenvereinbarung. Da kann man doch nicht von Sparorgien reden, das ist doch völlig unseriös. Diese 121 Mio. mehr für die Hochschulen waren das Ergebnis sehr harter Auseinandersetzungen und Verhandlungen. Sie werden sich erinnern, wir waren damals noch in der Phase der Auswirkung der Finanzkrise und wir haben sehr scharf kalkuliert, was kann das Land in den nächsten Jahren an finanzieller Verantwortung für die Hochschulen stemmen, was können wir seriös zusichern. Und wir haben dann vor fast genau zwei Jahren, im Dezember 2011, die Vereinbarung zur Rahmenvereinbarung III unterzeichnet. Alle Präsidenten und Rektoren haben ihre Unterschrift daruntergesetzt und das Parlament hat davon Kenntnis genommen. Das heißt, spätestens seit diesem Zeitpunkt, diskutiert worden über die Eckzahlen ist ja schon weit früher, spätestens seit diesem Zeitpunkt wusste jeder hier im Parlament, wie die Finanzausstattung unserer Hochschulen in den nächsten Jahren aussieht. Dann kann sich doch heute keiner hinstellen und so tun, als sei jetzt, oh Schreck, oh Schreck, etwas ganz Neues passiert. Plötzlich gibt es eine Sparorgie an den Hochschulen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist, glaube ich, auch unter dem Niveau, was diesem Hause angemessen ist. Sondern hier muss es wirklich um Auseinandersetzung zu den Fakten gehen und nicht um unhaltbare Vorwürfe.
Im Übrigen hat niemand von uns damals verschwiegen, dass diese Finanzierungsrahmenvereinbarung nicht dafür ausreicht, alles unverändert und vollständig weiter zu finanzieren, was bis dahin an den Hochschulen da war. Sondern wir haben im Gegenteil - deutlich gemacht, dass diese Rahmenvereinbarung auch die Hochschulen dazu zwingt, darüber nachzudenken, an welchen Stellen
sie in Zukunft kürzertreten wollen. Es muss nach einer Phase, wo in 20 Jahren nur Ausbau betrieben worden ist, wachsende Studierendenzahlen da waren - den Höchststand an Studienanfängern haben wir 2011 erreicht, seitdem sind sie langsam wieder etwas zurückgegangen und sie werden sich auf einem jetzt gleichbleibenden Niveau einpendeln -, in einer solchen Phase muss die Frage erlaubt sein, ob alles, was in den 20 Jahren gewachsen ist, auch in Zukunft Bestand haben soll, wo die Hochschulen ihre Profile zukünftig sehen und an welchen Stellen sie besser zusammenarbeiten und vielleicht auch Mittel und Stellen einsparen können. Deshalb ist es eben auch nicht richtig, wenn Sie sagen, jede Stellenstreichung ist eine zu viel. Es gibt auch Stellen, die man sinnvoll wegfallen lassen kann, weil man sich auf Aufgaben konzentriert, weil man mit anderen gemeinsam arbeitet und gemeinsam bestimmte Hochschulangebote machen kann.
Frau Hitzing, wir haben gesagt, wir wollen diese Situation für eine sinnvolle Strukturanpassung nutzen. Es passiert eben genau nicht das, was Sie hier beschrieben haben, dass die Professuren, die gerade auslaufen, die Stellen, die gerade auslaufen, wegfallen. Das passiert genau nicht, sondern die Hochschulen erhalten von uns zusätzliche Strukturanpassungsmittel, damit sie sinnvoll Schwerpunkte setzen. Wenn die Professur, die erst in vier Jahren wegfällt, von der die Hochschule aber sagt, wir wollen sie zukünftig nicht mehr, noch vier Jahre weiterlaufen muss, dann finanzieren wir das Auslaufen der Professur und die Hochschule kann das Geld, was sie damit freibekommt, einsetzen, um ihre Schwerpunkte zu finanzieren. Und genau dieser Aufgabe mussten sich die Hochschulen in ihren Strukturund Entwicklungsplänen unterziehen, nämlich zu sagen, wo sind in Zukunft die Schwerpunkte, wo wollen wir kürzertreten, wo wollen wir mit anderen zusammenarbeiten und welche Strukturen halten wir für dauerhaft sinnvoll an unseren Hochschulen.
Diese neue profilierte Struktur der Hochschulen will ich dann verlässlich weiterfinanzieren. Denn es macht doch keinen Sinn, wenn die Hochschulen jetzt Profilschwerpunkte ausbilden und wir in zwei Jahren kommen und sagen, tut uns leid, aber diese Profilschwerpunkte können wir nicht mehr finanzieren. Deshalb ist es für mich zwingend notwendig, dass wir beides miteinander verbinden, den Profilierungsprozess der Hochschulen, der auch mit Einsparungen verbunden ist, und die Zusage, dass diese profilierte Struktur ab 2016 mit einem Aufwuchs von 4 Prozent jedes Jahr ausfinanziert und gefördert wird, damit die Hochschulen bis 2020 eine verlässliche Perspektive haben.
Diese Empfehlung entspricht im Übrigen auch dem Vorgehen, das der Wissenschaftsrat uns nahegelegt hat, der im Sommer seine Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems in
Deutschland abgegeben hat und der klarmacht, wir brauchen in der Forschungslandschaft, in der Hochschullandschaft verlässliche Perspektiven, klare Finanzierungsaussichten, damit Hochschulen, Wissenschaft und Forschung sich in Deutschland gut entwickeln können.
Dann kommt immer der Vorwurf, das kommt alles viel zu spät. Deshalb lassen Sie mich nochmals sagen, in welchen Schritten sinnvolle Hochschulentwicklung hier in Thüringen seit 2009 konzipiert worden ist.
Der erste Schritt war, dafür zu sorgen, dass wir Planungssicherheit für eine neue Rahmenvereinbarung bekommen, nämlich bis 2015. Dazu habe ich eben schon einiges über das finanzielle Ringen zu dieser Rahmenvereinbarung gesagt. Die haben wir vor zwei Jahren unterschrieben. Der nächste Schritt war, diese Rahmenvereinbarung dann mit konkreten Ziel- und Leistungsvereinbarungen für die einzelnen Hochschulen zu untersetzen. Diese Zielund Leistungsvereinbarungen sind dann bis Ende 2012 ausverhandelt, vorgelegt und unterzeichnet worden. Seitdem beschäftigen wir uns intensiv mit der weiteren Perspektive bis 2020. Und das, was wir heute diskutieren, soll ab 2016 greifen. Wir sind heute im Jahre 2013. Wir haben also genug Zeit, uns auf diese Perspektive vorzubereiten, gemeinsam mit den Hochschulen. Mir ist wichtig, dass wir mit der Hochschulstrategie 2020 die wichtigsten Eckpunkte für eine solche Entwicklung beschreiben. Das heißt:
1. eine Standortgarantie für alle Hochschulen. Die Hochschullandschaft, die wir in Thüringen haben, ist sinnvoll ausgerichtet, im Grundsatz gut aufgestellt und ist aus meiner Sicht auch so unverzichtbar.
2. Die Hochschulen schärfen ihre Profile und sagen, wo sie Schwerpunkte setzen, wo sie national und wo sie international sichtbar sein wollen.
3. Die Hochschulen arbeiten künftig enger zusammen. Dazu gehört die Frage gemeinsamer Studienangebote.
4. Die Hochschulen vernetzen sich besser im Service- und Dienstleistungsbereich. Dazu gehören die Hochschulbibliotheken, dazu gehören die Rechenzentren und dazu gehört auch die Hochschulverwaltung.
Mit dieser Hochschulstrategie und einer verbundenen Finanzierungsaussicht von 4 Prozent Steigerung pro Jahr bin ich sicher, dass unsere Hochschulen alle Voraussetzungen haben, um auch in Zukunft erfolgreich im nationalen und internationalen Wettbewerb mithalten zu können und ihren Beitrag dazu zu leisten, dass sich Thüringen insgesamt gut entwickelt, denn ohne gute Hochschulen hat auch Thüringen keine gute Zukunft.