Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

Wir haben außerdem noch vereinbart, dass 2019 ein Erfahrungsbericht der Landesregierung vorgelegt werden soll. Ich denke, das ist gute Tradition. Es ist zwar Arbeit für die Landesregierung, aber wir haben das in der Vergangenheit auch so getan. Ich denke, gerade das Baurecht ist ein Punkt, welcher auch immer wieder überprüft werden soll und an die Erfordernisse angepasst werden soll.

Ich denke, im Großen und Ganzen - das hat bereits die mündliche Anhörung gezeigt, wo mit Ausnahme weniger Anzuhörender keine umfassende substanzielle Kritik kam - haben wir hiermit einen sehr zukunftsweisenden, wegweisenden Gesetzentwurf zur Abstimmung und ich bitte Sie herzlich, dem Gesetzentwurf mit den Änderungen aus dem Ausschuss zuzustimmen.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Jennifer Schubert.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Frau Doht, Ihnen ist hoffentlich aufgefallen, dass wir schon in dem noch weitergehenden Änderungsantrag zur letzten Ausschuss-Sitzung die Forderung nach 2017 schon nicht mehr drin haben. Insofern ist es vielleicht auch nicht nötig, hier noch groß darauf einzugehen. Andere Sachen wären uns wichtiger gewesen, aber dazu komme ich dann.

Wir begrüßen das Ende des unwürdigen Spiels, das ja vor allem von der CDU-Fraktion, ausschließlich von der CDU-Fraktion ausging. Immerhin haben wir seit 2008 mehr als 50 Brandtote in Thüringen zu beklagen. Insofern freut es uns sehr, dass sich Herr Mohring nicht durchgesetzt hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Gründlich- keit vor Schnelligkeit!)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist völli- ger Schwachsinn, unterirdisch ist das!)

Das ist eine Änderung, die wir begrüßen, weitere Änderungen sind die - also, Frau Tasch, wenn Sie jetzt mit dem Argument kommen „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, das ist wirklich unredlich.

(Unruhe CDU)

Sie haben tatsächlich dann das letzte halbe Jahr mit der Versicherungswirtschaft jede Woche zusammengesessen - aha, okay. Das erklärt das natürlich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Erleichterung bei der Dämmung, beim Pflegewohnen, bei der privaten Kinderbetreuung, das sind alles Änderungen, die wir auch für gut befinden auch die Verbesserung zur Barrierefreiheit. Ich begrüße deswegen auch den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Dr. Brockhausen, ganz ausdrücklich von dieser Stelle aus.

Die Streichung der Unzumutbarkeitsklausel ist für uns ein Fortschritt und das erklärt auch schon unsere Haltung zum Änderungsantrag der FDP, die diesen Fortschritt im Sinne von mehr Freiheit für in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen oder Menschen, die einen Kinderwagen schieben, wieder rückgängig machen wollen. Ohne Verständnis sind wir allerdings für die Haltung der Koalitionsfraktio

nen zum Nachweis der Barrierefreiheit. Es müssen bei der Bauaufnahme

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sowieso verschiedene Nachweise erbracht werden. Warum nicht dann auch diesen? Es ist viel einfacher, wenn die Baumaschinen dort noch stehen, das Klo wieder in die Mitte eines Toilettenraumes zu verschieben als am Rand zu lassen, als wenn man dann hinterher sich viel Ärger einhandelt, wenn man es dann nachträglich machen muss. Es kostet viel mehr Geld. Insofern für uns sehr unverständlich, dass diese sehr einfache Änderung nicht mitbedacht wurde, die übrigens auch nicht zu einem Mehr an Ballast unnützer Bürokratie, wie das Herr Carius so wohlfeil formuliert hat, führt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Auch im Sinne der Barrierefreiheit ist die Forderung nach kontrastreichen Anlehnbügeln eine Sache, die überhaupt keinen Mehraufwand bedeutet, auch nicht mehr Kosten. So wie es jetzt ist - sie sind grau und schlecht zu sehen, selbst für Menschen ohne Sehbehinderung im Dunkeln. Auch unverständlich, warum man diesen klugen Vorschlag nicht einfach aufgenommen hat. Aber das zeigt vielleicht auch den Umgang der Koalitionsfraktionen mit diesem Gesetzentwurf, wo es darum geht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden und wenn man sich so lange mit der Rauchmelderpflicht beschäftigt, dann bleibt wenig Zeit für diese anderen Dinge - offensichtlich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fahre fort mit einem Zitat des Thüringer Ministers für Wirtschaft a.D.: „Carsharing verbindet Mobilität mit Individualität und Nachhaltigkeit und ist damit eine sinnvolle Alternative zum eigenen Auto.“ Ich verweise auf einen sehr interessanten Workshop im Thüringer Wirtschaftsministerium, da ging es um E-Mobilität und Carsharing und auch um recht hochfliegende Visionen eines Car-to-go, was man hofft, sich in Erfurt irgendwann einmal einstellt. In der Realität kämpfen viele Städte einerseits mit der Parkplatznot, andererseits gleichzeitig mit der Verpflichtung der Bauordnung zur Stellplatzablöse, mit den überzogenen Verpflichtungen, die nicht unbedingt investitionsfreundlich sind.

Fakt ist, wir haben uns sehr intensiv mit diesem Paragrafen beschäftigt, dass die Kommunen auch anders könnten. Allerdings interpretieren die Kommunen die Verwaltungsvorschrift zur Bauordnung als Verpflichtung und die Landesregierung bzw. die Koalitionsfraktionen haben wenig dazu beigetragen zu erklären, dass sie es ausdrücklich begrüßen, wenn Kommunen hier Gebrauch von der Möglichkeit eigener Satzungen machen, Verkehrskonzepte aufstellen usw. Das ist sehr bedauerlich, denn das wird nichts daran ändern, dass das rechtlich unklar bleibt. Hier bedarf es dringend einer Klärung, denn

(Abg. Doht)

Fakt ist eines, ein Carsharing-Auto kann bis zu 10 weitere ersetzen. Insofern ist Carsharing eines der wichtigsten Mittel für die Probleme mit dem stehenden Kfz-Verkehr. Wir haben dazu einen sehr konkreten Vorschlag gemacht. DIE LINKE verfolgt ein ähnliches Anliegen. Dazu komme ich gleich noch einmal.

Unser konkreter Vorschlag ist, dass ein Bauherr die Ablösebeiträge stunden kann, wenn er CarsharingStellplätze vorhält, genauso wie wir das konkretisieren, was mit diesen Ablösebeiträge geschehen soll, nämlich die Stärkung des Umweltverbunds, Carsharingstellplätze, Bikesharing usw.

Der Gesetzentwurf der Linken will das sicher ähnlich wie wir und inhaltlich unterstützen wir das auch voll, allerdings haben wir uns auch mit der Stellungnahme des ADFC beschäftigt, der einen sehr konkreten Korrekturvorschlag gemacht hat für Ihren Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen der Linken. Das würde vermeiden, dass gegebenenfalls noch mehr Parkdruck im öffentlichen Raum entsteht durch die Formulierung, so wie Sie sie jetzt drin haben. Insofern haben wir uns dazu entschlossen, uns zu enthalten.

Ich komme zum letzten Punkt, die Fünf-Jahres-Frist der FDP lehnen wir auch ab. Herr Untermann, Sie sind ja auch im Petitionsausschuss und Sie wissen, wie lange oft diese Geschichten um Schwarzbauten bzw. illegale Bauten gehen. Und da sind fünf Jahre ziemlich wenig. Wenn nach fünf Jahren es plötzlich bing macht und jemand bekommt das Go.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das ist die normale BGB-Frist.)

Ja, aber die Praxis ist nun leider eine andere. Wie gesagt, wir sitzen im Petitionsausschuss, wir wissen, wie lang gezerrt und wie oft sich bemüht wird, doch noch eine Lösung zu finden, dass jemand seinen Schwarzbau nicht beseitigen muss.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das hat doch damit gar nichts zu tun.)

Insofern ist diese Fünf-Jahres-Frist aus unserer Sicht nicht besonders praxistauglich.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Summe, wir haben ja gesagt, welche Dinge wir als sehr positiv einschätzen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie verhin- dern die Rechtssicherheit für den Bauherrn, das machen Sie damit.)

Herr Abgeordneter Bergner, Sie haben die Möglichkeit …

Sie können ja nach vorn gehen und das noch einmal erläutern, vielleicht hat es Herr Untermann nicht genügend erklärt, aber auch die Tatsache, dass die Koalitionsfraktionen diese Fünf-JahresFrist nicht mal erwähnten, scheint mir ein Hinweis darauf zu sein, dass sie nicht praxistauglich ist.

In Gänze bleibt uns deshalb nur, uns bei dem Gesetzentwurf zu enthalten. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der Fraktion DIE LINKE von der Abgeordneten Sedlacik. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, man stellt sich manchmal die Frage in der Opposition: Warum machen wir uns eigentlich diese Arbeit? Wir machen Anhörungen zu Gesetzentwürfen, wir machen einen Fragenkatalog, dem wir uns dann auch stellen, wir machen Änderungsanträge - Ablehnung, Ablehnung, Ablehnung, das ist manchmal sehr frustrierend. Und wenn nach fast einem Jahr das Gesetz nun heute hier verabschiedet wird, nach langer Wartezeit, nach langen Monaten der Verweigerung im Ausschuss, hier weiter zu diskutieren, das ist noch mehr frustrierend. Wir hatten eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf, zum Glück auch eine mündliche, die ja oft auch abgelehnt wird. Und es gab sehr viele Hinweise, kritische Argumente. Einige davon haben wir in unseren Anträgen aufgegriffen und diese Anträge lagen auch im Ausschuss, monatelang, keiner hat sich damit beschäftigt.

Wir hatten unsere Anträge gestellt und da der Ausschuss ja nicht öffentlich ist, möchte ich diese einfach jetzt hier noch einmal kurz erläutern, wieso wir zu diesen Änderungsanträgen gekommen sind. Ich möchte auch noch einmal mein Bedauern zum Ausdruck bringen, dass viele andere, weitere Hinweise von den Anzuhörenden einfach nur Luft für Sie waren.

Zu § 2 Abs. 4 - Sonderbauten -: Die im Gesetzentwurf vorgenommene Definition von Sonderbauten ab einer bestimmten Personenzahl wird von uns im Ergebnis der Anhörung als nicht praxistauglich angesehen. Deshalb beantragten wir die Streichung dieses Abschnitts.

(Beifall DIE LINKE)

Auch die Wohnheime sollten darunter nicht fallen, entsprechend des Hinweises des Studentenwerks

(Abg. Schubert)

Thüringen, dass Studenten nicht mehr in Wohnheimen, sondern in Wohnungen wohnen. Bei den Tageseinrichtungen für Kinder sind wir der Meinung, dass die Herausnahme von Einrichtungen mit bis zu zehn Kindern aus den Regelungen zu Sonderbauten unter Beachtung der Schutzbedürftigkeit nicht angemessen ist. Wir fordern eine Begrenzung auf fünf zu betreuende Kinder, um die Gefährdungssituation erheblich zu senken.

(Beifall DIE LINKE)

Beim § 3, bei den allgemeinen Anforderungen, fehlte nach wie vor der Bezug zur Barrierefreiheit.

(Beifall DIE LINKE)

Darauf machte auch die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege aufmerksam, aber nein, auch diese wichtigen Hinweise wurden wohlwollend von Ihnen ignoriert. Dabei hätte dies ganz einfach mit dem Verweis auf den § 2 Abs. 9 Thüringer Bauordnung geregelt werden können, wo steht - ich zitiere -: „Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“

Allgemeine Anforderungen an die Bauausführung hier haben wir folgende Forderung aufgemacht: Im Einklang mit der LIGA wollten wir, dass die Baustellen so gesichert werden müssen, dass diese durch jeden Menschen rechtzeitig erkannt werden können.