Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

Allgemeine Anforderungen an die Bauausführung hier haben wir folgende Forderung aufgemacht: Im Einklang mit der LIGA wollten wir, dass die Baustellen so gesichert werden müssen, dass diese durch jeden Menschen rechtzeitig erkannt werden können.

(Beifall DIE LINKE)

Für eine ausreichende Absicherung der Baustellen muss also auf die Gesamtheit der Bevölkerung abgestellt werden und nicht nur auf die Teile, welche mit all ihren Sinnen die Gestaltung der Baustellenabsicherung wahrnehmen können. Unsere Formulierungsvorschläge sollten die Einhaltung der bestehenden Regelungen erhöhen und damit auch Haftungsfragen bei Verstößen im Hinblick auf die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen konkretisieren.

Zu § 13 - Meldung von Schädlingen: Hier wurde die Meldepflicht von Schädlingen im neuen Gesetzentwurf vorerst gestrichen, aber durch Intervention von der Thüringer Wohnungswirtschaft und der Rechtsanwaltskammer sowie unserem Antrag hatten SPD und CDU Einsicht und nahmen diesen Absatz wieder mit auf.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Das ist ja un- fassbar!)

Werden in Gebäuden Bauteile aus Holz oder anderen organischen Stoffen vom Hausbock, vom echten Hausschwamm oder von Termiten befallen, so haben die für den ordnungsgemäßen Zustand der Gebäude verantwortlichen Personen der unteren

Bauaufsichtsbehörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. Wir beanstanden auch die Streichung der Anbringung von Schneefanggittern auf Dächern mit Dachschrägen zu Verkehrsflächen in § 32, da dies zu einer unzulässigen Haftungsverteilung zwischen Hauseigentümern und Nutzern der Verkehrsflächen führt. Eine Verkehrssicherungspflicht besteht für jeden Hauseigentümer, so dass diesem unzweifelhaft abverlangt werden kann, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zum Schutz Dritter zu realisieren. Auch die Rechtsanwaltskammer hatte für die ersatzlose Streichung kein Verständnis. Gerade in Ortslagen mit enger Bebauung und mit mehrgeschossiger Bebauung an öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen ist es Fußgängern und auch Fahrzeugführern nicht möglich, regelmäßig ohne Missachtung der eigenen Pflichten im Straßenverkehr auf Gefahren durch herabstürzenden Schnee oder Eis zu achten. Wir bedauern, dass diese Sicherungspflicht nicht mehr drinsteht, wie es zum Beispiel die Bauordnung des Landes Brandenburg vorsieht.

In § 33 forderten mehrere Anzuhörende eine Klarstellung bezüglich der Stellen, die Bedenken über den Umfang der Rettungswege äußern könnten. Wir stellten somit den Antrag auf eine Neufassung des § 33 Abs. 3 Satz 2: „Der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr ist nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bei der örtlichen Bauaufsicht bestehen.“ Unverständlicherweise wurde diese notwendige Klarstellung abgelehnt. Das Institut Verkehr und Raum der Fachhochschule Erfurt verwies beim § 34 Treppen - darauf, dass gemäß DIN 18040-1 Treppen mit beidseitigem Handlauf auszustatten sind. Die im Gesetzentwurf enthaltene Einschränkung „soweit die Verkehrssicherheit dies erfordert“ sollte deshalb gestrichen werden, um generell die sichere Nutzbarkeit für alle gewährleisten zu können. Auch diesem Antrag folgte man nicht.

In § 38 - Umwehrungen - folgten wir dem Hinweis der Anhörung, wo die unterschiedlichsten Brüstungshöhen mit 80 cm bis 12 m und 90 cm ab 12 m Absturzhöhe nicht nachzuvollziehen waren. Wir schlugen eine Einheitlichkeit von 90 cm vor - vergebens.

Zu § 48 - Rauchwarnmelder - wurde heute uns hier der Kompromissvorschlag verkündet. Er ist auch so verabschiedet worden im Ausschuss. Wir haben uns dieser Aushandlung enthalten.

Zu § 49 - Stellplätze -: Hier, meine Kolleginnen und Kollegen der Koalition, sind Sie nicht auf der Höhe der Zeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Kollegin Dr. Lukin hat dazu gesprochen. Ihre Hoffnung kann ich nicht teilen, dass es hier noch Einsicht gibt. Ich habe keine mehr, aber ich freue

mich, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier noch mal einen Antrag im Plenum gestellt hat, dem wir auch zustimmen werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zu § 50 - Barrierefreies Wohnen: Ja, hier muss ich noch einmal ein bisschen ausholen. Wir, die Linke, sagt, Maßstab muss die UN-Behindertenrechtskonvention sein, Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht und das steht nicht unter Kostenvorbehalt.

(Beifall DIE LINKE)

Da müssen wir uns noch einmal ein bisschen unterhalten mit dem Kollegen von der FDP. Die vorgesehenen Änderungen der Bauordnung tragen diesen Ansatz nicht und es steht nicht im Einklang mit dieser UN-Behindertenrechtskonvention und dem Thüringer Maßnahmeplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, denn dort steht geschrieben, Punkt 4.3 Bauen, Wohnen, Mobilität: „Hinsichtlich des Handlungsfeldes Bauen, Wohnen, Mobilität orientiert sich der vorliegende Maßnahmeplan an den Artikeln 9, 19, 20 und 28 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. [...] Barrierefreiheit in den Bereichen Bauen und Verkehr ist bundesgesetzlich im Behindertengleichstellungsgesetz sowie auf Landesebene in § 53 der Thüringer Bauordnung und in § 10 des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen festgeschrieben.“

An dieser Stelle möchte ich auch den Änderungsantrag der FDP erwähnen, dem wir unsere Zustimmung geben würden. Wir, DIE LINKE, wollten in § 50 Abs. 1 den Satz 2 wie folgt neu gefasst wissen: „Diese Wohnungen und die dazugehörigen Nebenräume müssen vollständig barrierefrei sein, insbesondere mit dem Rollstuhl zugänglich sein.“ Bei den Regierungsparteien hatten wir hier keine Chance. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Es kam sogar der Hinweis: Was, barrierefrei bis in den Keller und den Balkon? Das ging Ihnen dann wohl doch zu weit.

Zum Schluss noch ein Versäumnis: DIE LINKE wollte, dass zur bisherigen Fassung des § 50, also Barrierefreiheit, eine entsprechende Vorschrift zu Ordnungswidrigkeiten eingeführt wird, denn Verstöße gegen das Gebot der Barrierefreiheit werden bisher nicht geahndet. Auch dabei hatten wir keine Chance, uns durchzusetzen, das wurde von CDU und SPD abgelehnt.

Mein Resümee zu diesem Gesetz ist, außer Spesen nichts gewesen. Wenn Sie die Hinweise bedenken und konstruktive Kritiken der Anzuhörenden und der Opposition nicht ernst nehmen, dann können wir auch diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten.

(Beifall DIE LINKE)

Für die FDP-Fraktion gibt es noch eine Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Bergner.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will jetzt hier kein großes Koreferat halten. Mein Kollege Untermann hat, was uns da umtreibt an vielen Stellen, gesagt. Aber Frau Kollegin Schubert, ich glaube, und das soll jetzt gar kein rhetorischer Schlagabtausch sein, dass Sie unseren Ansatz, was diese Fünf-JahresPflicht anbelangt, völlig falsch verstanden haben, und zwar...

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Im Ausschuss haben Sie es nicht erläutert.)

Warten Sie, ich versuche es Ihnen gerade zu erklären.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Jetzt ist es zu spät.)

Wieso zu spät? Sie können ja jetzt zuhören und sich dann doch noch vernünftig entscheiden.

(Beifall FDP)

Es ist Folgendes: Beim Anzeigeverfahren ist es so, dass es keine Baugenehmigung gibt, sondern der Bauherr teilt über seinen Planer lediglich der Behörde mit, dass er gebaut hat, und zwar nach den Regeln eines Bebauungsplanes. Und dort passiert genau das, dann besteht dauerhaft eine gewisse Rechtsunsicherheit, weil anders als bei einer Baugenehmigung, anders als bei einer Abnahme bei der Baugenehmigung der Bauherr und damit auch dessen Planer nie bestätigt bekommen hat, dass er nach den geltenden Bestimmungen gebaut hat, sondern es ist immer nur die Behauptung des Bauherren gewesen. Dann kann Jahre später die Behörde kommen und sagen, ja, mein Gott, du hast ja doch 10 cm zu hoch gebaut oder die Fenstergröße ist nicht richtig oder es war der falsche Dachbelag oder was auch immer und dann mit Abrissverfügungen kommen. Das heißt, das eigentlich gute Instrument der Bauanzeige wird damit mit einer gewissen Rechtsunsicherheit belastet, die dazu führt, dass dieses Instrument Bauanzeige, was eigentlich Bürokratieabbau darstellen soll, seltener genutzt wird, als man es nutzen könnte, weil es für Bauherren Rechtsunsicherheit bringt und ich erlebe es aus der Praxis als Ingenieurbüro und ich erlebe es auch aus der Praxis der Kommune, dass es seltener genutzt wird, als man es sinnvollerweise nutzen könnte, um auch Verwaltungsabläufe zu vereinfachen, zu straffen und Rechtssicherheit für die Betroffenen zu bringen. Deswegen haben wir gesagt, nehmen

(Abg. Sedlacik)

wir doch eine ganz normale BGB-Frist, die die Haftung eines Planers von fünf Jahren darstellt, und sagen, innerhalb von fünf Jahren muss es möglich gewesen sein für Kommunen, für Behörden festzustellen, ob dort tatsächlich eine so große Abweichung besteht, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit so sehr gefährdet ist, dass man Abrissverfügungen erteilen müsste.

(Beifall FDP)

Wenn diese fünf Jahre verstrichen sind, ohne dass es für irgendjemanden wirklich von nachteiliger Wirkung gewesen ist, haben wir gesagt, dann muss es möglich sein, so ein Bauanzeigeverfahren gleichzustellen mit einer Baugenehmigung. Nicht mehr und nicht weniger. Damit bringen wir mehr Rechtssicherheit für die Betroffenen. Wenn Sie gerade die Fälle aus dem Petitionsausschuss als Argument bringen, wäre es genau in diesem Sinne. Deswegen gibt es eigentlich gar nichts anderes, als diesem Antrag zuzustimmen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Für die Landesregierung hat Minister Carius das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich vielleicht gleich auf den Vortrag von Herrn Bergner zwei Worte sagen darf: Natürlich geht es nicht nur um die Frage „Freies Bauen für freie Bürger“, sondern, so wie Sie vorgetragen haben, um die Frage, wie kann man letztlich das Risiko, was man auf Planer und Bauherren übertragen hat, quasi zeitlich begrenzen. Jetzt will ich Ihnen aber an dieser Stelle sagen, das war ja im Grunde aber gerade die Aufgabe, als wir die Bauordnung erstellt haben, dass wir das Risiko übertragen wollen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Aber doch nicht bis zum Lebensende!)

Der Sinn war, Verfahrensfreiheit zu ermöglichen, damit Bürokratie abzubauen und, damit einhergehend, in Kauf zu nehmen, dass das Risiko letztlich auf Planer und Bauherren übertragen wird. Da geht es im Kern nicht nur um die Frage, Abrissverfügung oder nicht, das ist nicht nur die einzige Maßgabe. Insofern sollten wir uns jetzt auch nicht allein daran üben, sondern ich glaube, dass es sinnvoll war, diese Entscheidung so zu treffen und eben dann nicht zu sagen, wir legalisieren im Nachhinein dann alles, was nach fünf Jahren der Fall ist.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zum einen. Dann will ich zu den Äußerungen von Frau Kollegin Sedlacik noch ein paar Worte sagen. Es macht einen schon einigermaßen sprachlos, was Sie hier so alles an Dingen vortragen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Na dann seien Sie doch ruhig.)

Ja, aber das heißt wiederum nicht, dass man dazu nichts sagen darf. Denn der Ausschuss hat sich sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Wir haben auch als Landesregierung zu jeder Ihrer einzelnen Forderungen Stellung genommen. Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, dass der Ausschuss sich damit im Grunde nicht auseinandergesetzt hat, das halte ich für schon ziemlich skandalös. Das stimmt so in keiner Weise.

(Beifall CDU)

Es ist auch, glaube ich, nicht richtig, wenn man einfach alles, was irgendein Verband einem irgendwo mal aufschreibt, zusammenschreibt und dann versucht, daraus einen Gesetzentwurf zu machen, denn das geht in der Sache völlig fehl. Was passiert denn zum Beispiel, wenn Sie einfach reinschreiben, wir wollen jetzt in jedem Treppenverlauf zwei Handläufe haben. Das heißt doch nicht, dass wir einfach irgendwie zwei Handläufe dranbasteln können und dann irgendwie da rumgepfriemt wird, sondern es heißt vor allen Dingen, dass Bauen teurer wird. Weil sich dann natürlich jeder beim Bauen die Frage stellen muss: Ist meine Treppe eigentlich breit genug? Und wenn sie nicht breit genug ist, weil man überhaupt gar keinen Raum hat, schauen Sie sich doch die Altstadt hier in Erfurt an, da haben Sie mitunter wenig Raum, dann führt es dazu, obwohl es nicht benötigt wird, dass Sie eine Treppe so breit bauen müssen, dass Wohnraum verloren geht, damit Sie die zwei Handläufe hinbekommen.

(Unruhe DIE LINKE)

Thema 2, Barrierefreiheit: Wir sind uns alle völlig einig, dass wir beim Thema Barrierefreiheit ein hohes Schutzgut haben, was wir letztlich auch bauordnungsrechtlich - so weit das möglich ist - umsetzen wollen. Aber es ist genauso wiederum auch klar, dass nicht alles, was dem Thema Barrierefreiheit dient, auch wirklich dem Bauen dient.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir wollen eine Bauordnung schaffen, die auf der einen Seite die wichtigen Ziele der Energiewende, der Barrierefreiheit, auch des Standardabbaus gerecht wird, aber auf der anderen Seite auch ermöglicht, dass nach wie vor gebaut wird. Wenn wir jetzt vorschreiben, wenn Barrierefreiheit für ein Gebäude heißt, dass hier barrierefreie Wohnungen errichtet werden, und dann aber auch heißen soll, dass der Keller,

(Unruhe DIE LINKE)

(Abg. Bergner)