Protokoll der Sitzung vom 28.02.2014

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Wo? In den Schutzgebieten?)

Nein, darum geht es nicht. Frau Tasch, vielleicht mal doch an dieser Stelle.

(Unruhe CDU)

Nein, sehen Sie, Herr Mohring sagt es, wir wollen kein Windrad mehr haben. Dann können Sie die Energiewende vergessen. Frau Tasch, die Behauptung, dass gerade die Windräder zum Verlust der Biodiversität in Größenordnungen beitragen würden, das stimmt einfach nicht und das wissen Sie auch.

(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Ja, aber mit Unterschutzstellung.)

Die größten Killer der Biodiversität sind die Landwirtschaft und der überbordende Straßenbau und die Inanspruchnahme von Gewerbeflächen. Das wissen Sie, sollten Sie eigentlich wissen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Um auch etwas Positives zu sagen: Beim ZentraleOrte-System, darüber ist am meisten diskutiert worden, zur Frage der Grundzentren, begrüßen wir den Ansatz, dass Kommunen sich durch interkommunale Zusammenarbeit qualifizieren können. Aber hier musste ich schon über Herrn Untermann schmunzeln, der dann sagte, aber es darf natürlich nicht dazu führen, dass wir in Größenordnungen Grundzentren verlieren.

Mein lieber Herr Untermann, entweder man einigt sich auf Kriterien, die die Kommunen erfüllen müssen. Das ist dann aber ein ergebnisoffener Prozess, wo auch herauskommen kann, dass wir Grundzentren verlieren, denn dann braucht man das nicht machen, dann kann man gleich politisch vorgehen, was auch meine Befürchtung ist, dass dieser gute Ansatz möglicherweise in der Praxis dann gar nicht durchgehalten wird und am Ende das doch wieder politisch entschieden wird. Aber das wird die nahe Zukunft bringen.

Sie hinterfragen die Kriterien für Oberzentren und Mittelzentren nicht ernsthaft. Diese Kritik habe ich auch schon im Ausschuss betont. Das ist ein Widerspruch, wenn Sie einerseits immer sagen, wie polyzentrisch Thüringen doch aufgestellt ist, dann sind Nordhausen und Eisenach aber doch nicht so zentral, als dass man sie bei der Verkehrsplanung ernst nehmen müsste, sondern man braucht natürlich überbordende Straßenausbauten, Vorhaben, mit denen man dann in einer Stunde in Erfurt ist. Das ist dann die sehr zentralistische Verkehrsplanung, die wir auch in anderen Bereichen schon zur Kenntnis genommen haben.

Insgesamt ist das LEP an vielen Stellen zu unverbindlich, das habe ich gerade dargestellt. Das zeigt sich auch daran, wenn man sich einmal die verschiedenen Plansätze ansieht, die Vorgaben können Sie suchen, das hat Herr Untermann auch schon festgestellt, beim Verkehrsbereich. Verbindliche Vorgaben fehlen, um genau die Ziele, die wir auch teilweise hier angesprochen haben - ich gehe nicht auf alles ein -, dann umsetzen zu können.

Deswegen, positive Punkte habe ich genannt, aber, ich glaube, es ist klar geworden, warum wir dem Entwurf insgesamt bzw. der Beschlussempfehlung nicht zustimmen können. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schubert. Das Wort hat jetzt Herr Minister Carius für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf vielleicht eingangs doch zwei, drei Bemerkungen zu dem sagen, was hier in der Debatte aufgetaucht ist. Was die Frage Bedarf an Landestraßen anbelangt und ob man die abstufen soll oder nicht, das haben wir alles herausgenommen und hatten im Ausschuss auch dargestellt, dass wir das herausnehmen. Insofern geht die Kritik, die die FDP-Fraktion an dem Punkt übt, in der Sache ins Leere. Das haben wir von vornherein auch in der letzten Ausschuss-Sitzung noch mal dargestellt. Wir sind jetzt in einem Stadium, wo der Landtag zwar formal dem Zweiten Entwurf des LEP keine weitere Stellungnahme hinzufügt, weil wir angekündigt haben, dass wir jetzt einen dritten Entwurf mit den Änderungen, die dann im Grunde aus der Öffentlichkeitsbeteiligung resultieren, in die Ressortabstimmung geben.

Dann haben wir eine Reihe von Punkten, die, glaube ich, vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN völlig missverstanden wurden oder absichtlich missverstanden wurden, auch vonseiten der Fraktion DIE LINKE. Frau Scheringer-Wright, was die Frage von Entwicklungskorridoren anbelangt - und das gilt im Grunde auch für die Frage, die Frau Kollegin Schubert hier aufgemacht hat -, die Entwicklungskorridore sind schon ein sinnvolles Instrument. Die sind deswegen ein sinnvolles Instrument, weil wir in unserem Land natürlich generell momentan eher die Situation haben, dass wir rein umweltpolitische Zielstellungen haben und dann kein Abwägungskriterium dagegen haben. Deswegen haben wir dieses neue Instrument gewählt, um nicht messerscharf entlang der Autobahnen zehn Kilometer breite Korridore zu schaffen das ist Aufgabe der Regionalplanung -, sondern um ein Abwägungskriterium innerhalb dieser Korridore zu geben. Mit diesem Abwägungskriterium können dann Kommunen Unternehmen ansiedeln, können Kommunen sagen, wir wollen hier im Wohnungsbau etwas machen oder letztlich in andere Themen investieren, dafür, dass unser Land nachhaltig und attraktiv bleibt, dass Menschen hierherkommen und sagen, wir haben hier eine Zukunft. Das ist doch das Ziel, was wir haben. Es geht hier nicht darum, dass wir den Umweltschutz außen vor lassen wollen und dass wir die Landwirtschaft an den Rand drängen wollen. Wer so etwas so grob

(Abg. Schubert)

missversteht, der scheint die Debatte nicht mit dem nötigen Ernst verfolgt zu haben.

(Beifall CDU)

Auch zum Thema Biodiversität: Sie sind da nicht ehrlich in der Debatte, Frau Schubert. Wenn wir über eingeschränkte Biodiversität reden, dann reden wir nicht über einen Rückgang der Biodiversität, weil Verkehrsinvestitionen stattgefunden haben. Wir reden dann nicht über einen Rückgang von Biodiversität dort, wo überhaupt irgendwie investiert wird, sondern wir reden ernsthafterweise leider auch über einen Rückgang von Biodiversität dort, wo Umweltschutz so praktiziert wird, wie Sie ihn gern wollen, indem Sie alles rundum unter Schutz stellen und der Natur freien Lauf lassen. Wenn wir eben nicht mehr in der Lage sind - ich sage das ganz bewusst...

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie doch in den Nationalpark Hainich. Die Biodiversität geht dort zurück, weil hier in der Kernzone eben nicht mehr gehegt und gejagt werden kann. Das sind doch Dinge, die muss man ernsthaft ansprechen. Ich will nicht sagen, dass das richtig oder falsch ist.

(Beifall CDU)

Ich will Ihnen aber an dieser Stelle deutlich widersprechen, Sie sind...

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Da würde sogar Minister Reinholz widersprechen.)

Nein, Sie gehen hier ideologisch hinein in die Debatte und ich halte das nicht für vernünftig.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen unser Land vernünftig entwickeln

(Beifall CDU)

und da muss man sich mit den Themen doch auch auseinandersetzen und nicht einfach nur ideologisch hineingehen. Dann haben Sie die ganze Straßendebatte - ich bin sie mittlerweile leid. Wenn die Grünen das ernst gemeint hätten, was sie hier sagen, dass wir ständig Maßnahmen, von denen Sie vor Ort sagen, die müssen jetzt alle kommen, und hier sagen, wir müssen das alles überprüfen und dann neue Prioritäten aufstellen,

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja, das nennt man Differen- zierung, Herr Carius.)

wenn Sie das ernst gemeint hätten, dann hätten Sie doch 2003,

(Beifall CDU)

als Sie in Verantwortung waren im Bund unter rotgrüner Mehrheit, einem Bundesverkehrswegeplan

mit den jetzt angemeldeten Maßnahmen, die wir hier angemeldet haben, nie zustimmen dürfen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir waren leider nicht allein in dieser Regierung.)

Ach, das ist doch Ihre Fraktion. Sie sagen hier dieses, dort jenes und meinen dann, das wäre konsequentes Handeln, dabei ist es nur konsequentes Vorspiegeln falscher Tatsachen und damit sollten wir uns hier beim LEP an dieser Stelle nicht begnügen.

(Beifall CDU)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie laufen doch überall herum, im ganzen Land, ich sehe es doch. Am laufenden Band sollen wir Prioritätenlisten völlig neu überarbeiten, irgendwelche Maßnahmen herausschmeißen, damit irgendwas kommt. Sie bekommen keinen Euro mehr, wenn Sie eine Maßnahme rausschmeißen, überhaupt nicht. Auf der anderen Seite wollen Sie dann, dass wir ständig neue Verkehrsprognosen machen. Das ist auch richtig, das müssen wir auch machen und wir passen es doch dann auch an. Aber dass wir jetzt von uns aus einfach sagen, wir streichen die Hälfte der Ortsumgehungen, Geld für die anderen bekommen wir damit zwar nicht, aber Ihrer Argumentation würden wir damit Rechnung tragen. Ich halte davon wenig.

Herr Minister Carius, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, an dieser Stelle nicht.

Nein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will jetzt aber auch zum LEP kommen. Ich glaube, wir befinden uns jetzt mit dem LEP auf der Zielgeraden, und zwar auf einer Zielgeraden, die für das Land wichtig ist, denn wir haben uns zum Ziel gesetzt, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen des Landes zu sichern. Außerdem ermöglichen wir hier entgegen anderen Behauptungen wichtige Maßnahmen für die Energiewende, auch für den demografischen Wandel und insgesamt thüringengerechte Lösungen. Die heutige Befassung

(Minister Carius)

ist deswegen auch ein wichtiger Meilenstein in diesem Prozess und ich möchte mich auch bei aller Kritik, die ich eben geäußert habe, trotzdem für die sehr konstruktive Auseinandersetzung im Gesamtzusammenhang mit dem LEP sowohl auf den Regionalkonferenzen als auch hier im Landtag in dem entsprechenden Ausschuss bedanken.

Ich möchte kurz auf das zurückliegende Verfahren eingehen. Wir haben als Landesregierung einen ersten Entwurf im Juli 2011 beschlossen. Im Anschluss erfolgte die erste Beteiligung der Öffentlichkeit. 1.235 öffentliche Stellen sind beteiligt worden, 400 Stellungnahmen haben uns dazu erreicht mit 4.100 Einzeläußerungen und von diesen Sachäußerungen konnte rund die Hälfte bei der Überarbeitung des LEP 2025 vollständig oder dann zumindest teilweise berücksichtigt werden. Insofern, glaube ich, haben wir einen sehr breiten Abstimmungsprozess hinter uns gebracht, der gesichert hat, dass viele Belange der Thüringerinnen und Thüringer auch ordentlich berücksichtigt wurden.

Am 16. Juli 2013, also zwei Jahre danach, hat die Landesregierung den zweiten Entwurf beschlossen, im Anschluss daran die erneute Beteiligung der Öffentlichkeit, noch einmal 3.200 Sachäußerungen wurden dazu abgegeben, so dass ich sagen kann: Das war ein von Anfang an sehr offener und sehr breiter, auch sehr transparent gestalteter Prozess, den wir hier durchgeführt haben. Ich glaube, das rückblickend sagen zu können, wenn man das selbstkritisch sagt, auch mit Blick darauf, wie wir in die Diskussion eingestiegen sind und wie wir jetzt herauskommen, hat es der Qualität überhaupt nicht geschadet, sondern wir haben an der einen oder anderen Stelle auch beim Thema Grundzentren das LEP deutlich weiterentwickeln können.

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, auf einige inhaltliche Punkte einzugehen, die aus meiner Sicht von besonderem Gewicht sind: Kulturerbestandorte. Hier geht es nicht darum, dass wir die Energiewende verhindern wollen, sondern es geht darum, dass wir die Energiewende auch mit einem kulturlandschaftlichen Antlitz versehen wollen, das es erleichtert, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaats akzeptieren können, dass sie damit auch besser leben können. Wir müssen leider feststellen, dass es da in unserem Land Handlungsbedarf gibt. Es gibt viele Menschen, die sich zu Recht über manche Anlage ärgern, die viel zu nah an den Bebauungen ist, Beleuchtung, Befeuerung. Das sind alles Themen, die uns umtreiben.