Protokoll der Sitzung vom 25.03.2010

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sie müssen es aber nicht tun.)

Ich glaube, das muss ganz klar deutlicher formuliert werden.

Außerdem - bei allen nötigen Verbesserungen, die ich begrüße und unterstütze - denke ich nicht, dass alle Rechtsverordnungen, die sich aus dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz ergeben, einer expliziten Zustimmung durch den Landtag bedürfen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Nein, aller wichtigen.)

Aus all diesen Gründen und insbesondere, weil versucht werden soll, Bundesrecht einfach auszuhebeln, können wir dem Dritten Gesetz zur Änderung des Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetzes so nicht zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kanis. Als nächstes spricht Herr Abgeordneter Bergner von der FDPFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte einführend ein paar Worte zur Position der FDP allgemein sagen. Die FDP spricht sich für eine Lockerung der Residenzpflicht aus. Massenunterkünfte für Flüchtlinge sind menschenfeindlich. Flüchtlinge sollen eine menschenwürdige Umgebung und Rechtssicherheit gewährleistet bekommen.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Die FPD-Fraktion fordert zugleich, dass traumatisierte Asylbewerber bei der Erstaufnahme durch speziell ausgebildete ärztliche und psychologische Psychotherapeuten als traumatisiert identifiziert und vor allem betreut werden. Gemeinschaftsunterkünfte sind keine Form der dauerhaften Unterbringung, ich sage mal, über 12 Monate hinaus. Asylbewerbern mit besonderen Bedürfnissen sollte die Möglichkeit gegeben wer

den, in eigener Initiative eine Mietwohnung suchen zu können. Die Kosten sollten sich im Rahmen dessen bewegen, was Empfängern von ALG II an Mietunterstützung zusteht.

Wenn Flüchtlinge nicht abgeschoben werden, dann müssen sie mithilfe adäquater Maßnahmen in die zukünftige Heimat, Gesellschaft integriert werden.

(Beifall FDP)

Jetzt, meine Damen und Herren, zu dem konkreten Gesetzentwurf: Gut gemeint, heißt nicht zwangsläufig gut gemacht. Es gibt sicherlich tatsächlich Probleme in der aktuellen Praxis in Thüringen, zum Beispiel die restriktive Residenzpflicht auch der anerkannten Flüchtlinge. Die Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften sind heute hier bereits genannt worden. Der Gesetzentwurf zeigt aber neben handwerklichen Schwächen, zum Beispiel die unbegründete Normfestschreibung durch DIN 77 800, betreutes Wohnen von älteren Menschen - warum gerade diese Norm? - und fragwürdigen Kausalitäten

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Weil wir keine anderen gefunden haben.)

- Sie haben keine andere gefunden? Na, das ist doch eine Begründung. - die katastrophalen Zustände in Flüchtlingsheimen. Wie die zum Rechtsextremismus führen wollen, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Und erneut natürlich ihr Dogma, dass der Staat immer alles besser kann als die Betroffenen selbst.

Der Gesetzentwurf zeigt unserer Meinung nach, dass DIE LINKE den Flüchtlingen nicht vertraut. Anerkannte Flüchtlinge haben ein Bleiberecht und werden über kurz oder lang Teil dieser Gesellschaft sein. Deswegen sagen wir, Eigeninitiative muss gestärkt werden. Die FDP vertraut den Betroffenen und ist für eine Lockerung der Residenzpflicht und die Möglichkeit, sich aktiv durch Arbeitserlaubnis in ihr zukünftiges gesellschaftliches Umfeld einzubringen.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: … darum geht es überhaupt nicht.)

(Beifall FDP)

Warum soll das Land Thüringen, die Landkreise, die kreisfreien Städte große Kapazitäten an Unterkunftsplätzen vorhalten, wenn wir einen Wohnungsleerstand in Thüringen, im Jahr 2009 beispielsweise von ca. 30.000 Wohnungen, haben? Die selbstständige Wohnungssuche fördert aktive Integration in die Gesellschaft. Mit Ihrem Konzept, meine Damen und Herren von der LINKEN, wird das aus unserer Sicht weiterhin erschwert. DIE LINKE will aus unserer Sicht lediglich eine Verbesserung in den Heimen und

bleibt damit mit kosmetischen Retuschen eigentlich auf der CDU-Linie.

(Beifall FDP)

Wir sind Ihnen aber dankbar, dass Sie das Thema aufgreifen. Wir meinen auch, dass darüber gesprochen werden muss und deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung an den Innenausschuss. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Bergner. Als Nächste spricht Frau Berninger von der Fraktion DIE LINKE.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter Bergner, Sie haben entweder ganz offensichtlich unseren Gesetzentwurf nicht richtig gelesen oder aber Sie haben intellektuell nicht verstanden, was da drinsteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde nicht auf jeden Unfug eingehen, den jetzt die Vorredner und Vorrednerinnen - mit Ausnahme von Frau Rothe-Beinlich - von sich gegeben haben. Es war eine Menge Unfug dabei und sachlich falsche Dinge wurden hier von Frau Holbe, Frau Abgeordneten Kanis und auch Herrn Bergner gesagt. In der letzten Sitzung des Thüringer Landtags warf uns in der Debatte bezüglich der sozialen Grundsicherung für Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die Frau Abgeordnete Holbe von der CDU vor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Jetzt hat sie gesagt, sie hätte damals oder vor vier Wochen gesagt, wir wollten erst mal abwarten, bis das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgewertet ist. Das haben Sie vor vier Wochen tatsächlich nicht gesagt. Ich kenne das Protokoll und habe Ihre Rede aufmerksam verfolgt. Das sagten Sie nicht. Sie können uns hier nicht Sand in die Augen streuen und uns heute etwas anderes verkaufen als das, was Sie letztens erzählt haben.

Die Absurdität und die Ungeheuerlichkeit des Vorwurfs, wir würden Äpfel mit Birnen vergleichen, zu unserem Antrag, die Grundsätze der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips auf alle hier lebenden Menschen anzuwenden, diese Absurdität ist offenkundig für jede und jeden, die oder der Menschen nicht unterteilt in Gruppen mit unterschiedlichen Grundrechten. Für uns - und es ist schlimm genug, das an dieser Stelle erneut betonen zu müssen - ist die Rechtskategorie des Flüchtlings kein Merkmal, welches Flüchtlinge von anderen Menschen unter

scheidet und sie in der Folge dieser Unterscheidung mit weniger Rechten ausstattet. Und, Frau Holbe, Menschen sind nicht vergleichbar mit Obstsorten.

(Zwischenruf Abg. Holbe, CDU: Das habe ich auch nie gesagt - der Bezug betraf die Gesetzesgrundlagen.)

Tatsächlich aber ist es so, dass Flüchtlinge durch diskriminierende Sondergesetze und die Einordnung in Rechtskategorien stigmatisiert werden und in der Bundesrepublik und gerade eben auch in Thüringen weniger Rechte haben. Meine Fraktionskollegin Martina Renner hat in der Einbringung unseres Gesetzentwurfs Bereiche benannt, in denen Menschen, die geflohen sind, diskriminiert, ausgegrenzt, benachteiligt und in ihrer Freiheit beschnitten werden, nachdem sie Zuflucht gefunden haben wohlgemerkt. In erster Linie regeln europarechtliche und bundesgesetzliche Vorschriften die Aufnahme und die Unterbringung von Flüchtlingen. Das heißt aber keinesfalls, dass die Bundesländer überhaupt keine Entscheidungskompetenzen hätten und das heißt auch nicht, dass die Kommunen sklavisch an die bislang praktizierte Ausgrenzung von Flüchtlingen gebunden wären.

Durch die Aufnahmerichtlinie der EU wird die Residenzpflicht eben nicht zwingend vorgeschrieben. Das hieße ja, wenn das so wäre, dass sich alle anderen Mitgliedstaaten der EU nicht richtlinienkonform verhielten. Die Residenzpflicht ist ja erst auf Betreiben der Bundesrepublik in dieser Aufnahmerichtlinie gelandet. Bevor ich Ihnen die Vorschläge unseres Gesetzentwurfs im Einzelnen noch mal erläutere und auch begründe, nur ein kurzer Hinweis, worum es in dieser Debatte geht, meine Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Aber bitte einfach, damit wir es verstehen. Danke.)

Ich bemühe mich, Herr Barth. Es geht darum, wie Menschen im Freistaat Thüringen behandelt werden. Genauer: Es geht nach Angaben der Landesregierung mit Stand vom 15. Dezember 2009 um 2.751 in Thüringen lebende Menschen, um Schutz und Asyl suchende Menschen. Und, Herr Kollege Bergner, es geht eben nicht um anerkannte Flüchtlinge.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen folgende Änderungen vorgenommen werden:

Erstens, die Regelung zu dem Personenkreis, für den das Flüchtlingsaufnahmegesetz gilt, das im Übrigen 17 Jahre alt und meines Erachtens völlig überholt ist, soll überarbeitet werden. Sämtliche Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten haben, aber bislang noch unter den Regelungsbereich dieses Gesetzes fielen, werden ebenso wie die Gruppe der jüdischen Kontingent

flüchtlinge aus dem § 1 gestrichen. Somit fallen diese Menschen künftig unter keine spezialrechtliche Regelung hinsichtlich der Unterbringung mehr und können sich frei und ohne jede Einschränkung auf dem Wohnungsmarkt individuell, Herr Bergner, eine Wohnung suchen. Die Kosten werden im Falle einer Bedürftigkeit - vergleichbar mit SGB-II- oder SGB-XII-Leistungsempfängerinnen - getragen.

Zweiter Vorschlag unseres Gesetzentwurfs: Menschen, die sich absehbar länger als 12 Monate in der Bundesrepublik aufhalten werden bzw. sich tatsächlich aufhalten, sollen in Wohnungen untergebracht werden. Die Wohnungen selbst müssen sich an den vergleichbar anzuwendenden Kriterien des SGB für einen angemessenen Wohnraum und gegebenenfalls auch an kommunalen Richtlinien zu Unterkünften orientieren. Das Wort „sollen“ heißt dabei einerseits, dass eine Schlechterstellung für die Flüchtlinge nur in begründeten - in unserem Gesetzentwurf beschriebenen - Ausnahmefällen möglich ist, andererseits aber auch die Möglichkeit einer dezentralen Unterbringung ohne die Feststellung eines länger als 12 Monate andauernden Aufenthalts besteht. Ausnahmen für die Unterbringung in einer Wohnung - die hat Frau Renner vorhin beschrieben - bestehen dann, wenn die Voraussetzungen nach dem SGB XII vorliegen oder wenn die Unterbringung Ergebnis einer einvernehmlichen Übereinkunft ist. Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Wohnen in diesem Falle aber sind dennoch der Schutz der Privatsphäre und die Ermöglichung einer individuellen Lebensgestaltung auf einem der Würde des Menschen entsprechenden Standard, meine Damen und Herren.

Dass die gegenwärtig vorzufindenden Einrichtungen diese grundlegenden Voraussetzungen nicht erfüllen können, ist für jeden augenscheinlich, der schon einmal eine Gemeinschaftsunterkunft von innen gesehen hat. Frau Holbe, ich empfehle Ihnen, besuchen Sie einmal eine Gemeinschaftsunterkunft. Manchmal reicht auch schon ein Blick von außen,

(Zwischenruf Abg. Sojka, DIE LINKE: Unangekündigt.)

bei einigen sogar der Blick auf die Landkarte. Rockensußra kann ich da zum Beispiel erwähnen, wo die Flüchtlinge, ich glaube 80 Flüchtlinge, in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind. Auch die gegenwärtig im Entwurf vorliegende Verordnung bzw. das, was uns und der Landesregierung darüber bekannt ist, für die Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften, diese sogenannten Mindeststandards vermögen diesen Zustand nicht zu verändern. 6 Quadratmeter, Bett, Stuhl, Schrank - das, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sind eben keine Kriterien für menschenwürdiges Wohnen in der Bundesrepublik. 6 Quadratmeter - schon allein

mit diesem sogenannten Standard wird der Begriff „menschenwürdiges Wohnen“ ad absurdum geführt. Wissen Sie, wo man eine solche Vorgabe 6 Quadratmeter, Herr Heym, als verbindlichen Standard bzw. Vorschrift findet - neben dem Formblatt des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften, meine ich -? Es ist recht grotesk und mag vielleicht lächerlich klingen, aber ich sage es Ihnen trotzdem, weil es so beschämend ist, man findet die 6 Quadratmeter in den Vorschriften für die Mindestausstattung bei der Hundehaltung in der Tierschutzhundeverordnung, Herr Heym. In Thüringen des Jahres 2010 sollen 6 Quadratmeter als Wohnfläche für einen Menschen der Standard sein, das ist beschämend, meine Damen und Herren.

In Ermangelung rechtlich verbindlicher Standards haben wir uns in unserem Gesetzentwurf an einer DIN-Vorschrift für betreutes Wohnen von älteren Menschen orientiert, eben weil uns keine andere DIN-Vorschrift für Gemeinschaftsunterbringung bekannt ist. Wenn die FDP eine andere findet, sind wir da sehr offen für Gespräche. Entscheidend wird aber letztlich sein, haben Flüchtlinge einen separaten Wohnbereich, der den Schutzbereich individueller Lebensgestaltung garantiert oder nicht.

Meine Damen und Herren, ebenso wenig wie die Aufnahmerichtlinie der EU die Residenzpflicht zwingend vorschreibt, schreibt das Asylverfahrensgesetz zwingend eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft vor.

Frau Abgeordnete Holbe, es wäre wirklich hilfreich, wenn Sie den gesamten § 53 des Asylverfahrensgesetzes mal lesen würden, nämlich auch den zweiten Satz in Absatz 1.

Eine zwingende Vorschrift zur Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften gibt es nach dieser gesetzlichen Vorschrift nicht, trotzdem haben wir von diesen Gemeinschaftsunterkünften in Thüringen mehr als genug und dort zu einem großen Teil - das hat Frau Rothe-Beinlich vorhin schon beschrieben - katastrophale bauliche und auch hygienische Zustände. Was aber auch nicht verwunderlich ist in Anbetracht dessen, wenn ein ehemaliges Sommerferienlager der Jungen Pioniere oder eine ehemalige NVA-Kaserne zum ganz- und mehrjährigen Lebensort für Menschen umfunktioniert werden, und die bauliche Instandsetzung dieser Baracken teilweise seit 20 Jahren sich auf das absolut Mindeste beschränkt. Dann bleibt zum Teil die Heizung kalt, es gibt eingeschränkte Zeiten für warmes Wasser, es gibt eine ungenügende Wärmeisolierung, Wände schimmeln, und so weiter und so fort. Herr Barth, wenn ich Sie störe, dann können Sie ja auch gerne rausgehen.

Frau Berninger, ich bitte Sie, sich zu mäßigen und solche Bemerkungen mache ich hier oben.

(Heiterkeit FDP)

Dann machen Sie das doch mal, Frau Präsidentin. Auch wenn es Ihnen schwerfällt, zuzuhören, ich muss noch einige prinzipielle Aussagen zum Thema Gemeinschaftsunterkunft machen. Das kann ich Ihnen nicht ersparen. In einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, macht eine individuelle und eigenverantwortliche Lebensgestaltung unmöglich. In einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, führt zu sozialer Ausgrenzung und Isolation. In einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, wirkt insbesondere für Kinder entwicklungshemmend und auch tatsächlich entwicklungsstörend. Es wirft die Kinder in ihrer Entwicklung in vielen Fällen zurück. In einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, bedeutet zum großen Teil weitab sozialer und kultureller Angebote und außerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge zu leben, und weitab politischer oder auch religiöser Betätigungsmöglichkeiten zu sein. In einer Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen, bedeutet endindividualisiert leben zu müssen. Endindividualisierung findet dann statt, wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft, die oftmals verschiedene Sprachen sprechen und unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen entstammen, zusammen in einem Zimmer zu leben gezwungen sind. Endindividualisierung findet dann statt, wenn sich Flüchtlinge Toilette oder Küche mit bis zu 20 fremden Personen teilen müssen. Und Endindividualisierung findet auch statt, wenn Flüchtlinge ihre Wäsche nicht selbst waschen dürfen, und der Tausch der Bettwäsche aller zwei Wochen dienstags von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr stattzufinden hat. Oder wann wechseln Sie Ihre Wäsche, Herr Günther, Ihre Bettwäsche wohlgemerkt? Sicherlich dann, wenn Sie möchten, und nicht dienstags aller zwei Wochen zwischen 10.00 Uhr und 12.00 Uhr.

Zu dieser Auswahl an negativen Lebensbedingungen für Flüchtlinge kommt dann noch hinzu, dass die ohnehin nicht vorhandenen Mindeststandards durch das Landesverwaltungsamt nicht in ausreichendem Maße kontrolliert werden, wie die Antwort auf eine Kleine Anfrage ergeben hat. 2.751 Flüchtlinge leben in Thüringen, davon lediglich 1.137, das sind gerade mal 41,3 Prozent, in Wohnungen. Demzufolge lebt der Rest, 1.614 Flüchtlinge, in Thüringen in einer Gemeinschaftsunterkunft. Darunter sind 157 Familien mit 284 Kindern, nach Angaben der Landesregierung vom Dezember 2009.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Holbe, bezogen auf den Kostenfaktor, den Sie ja vorhin angesprochen haben, ließe sich die derzeitige Thüringer Unterbringungspolitik etwas anders beschreiben, als Sie das vorhin dargestellt haben, nämlich zynisch könnte man sagen, die Landesregierung lässt sich diese Einschränkung von Menschenrechten richtig was kosten. Nicht, dass Sie mich missverstehen oder irgendwann mal aus dem Zusammenhang heraus mit diesem Satz zitieren: Für DIE LINKE ist die Frage nach der Art der Unterbringung keine Frage der Kosten, meine Damen und Herren, aber wenn die durchschnittlichen für die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um fast 500 € pro Jahr über den Kosten für die Unterbringung in einer Wohnung liegen, dann ist doch diese Frage zu stellen: Warum gibt die Landesregierung dieses zusätzliche Geld aus und beabsichtigt sogar die Kostenerstattungsverordnung dahin gehend zu ändern, dass der Anteil von 155 € pro Flüchtling auf 175 € pro Flüchtling allein für die Unterbringung angehoben werden soll?

Nur noch einmal zur Verdeutlichung: Die durchschnittlichen monatlichen Kosten je Flüchtling in einer Einzelunterbringung betragen 150 €, die für die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft betragen 190 €. Rechnen Sie einmal mit, Frau Holbe, 190 € minus 150 € ergibt 40 €. 40 € mal 12 Monate - Herr Grob, wollen Sie weiter mitmachen - ergeben 480 € Mehrkosten pro untergebrachtem Flüchtling. Die ganze Rechnung, bezogen dann auf alle in Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Flüchtlinge, lautet, diese 40 € mal 12 Monate sind 480 €, das Ganze dann mal 1.614 Personen. Wir kommen dann pro Jahr auf 774.720 € Mehrkosten gegenüber der Wohnungsunterbringung pro Jahr, Herr Heym.