Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/7716 ERSTE BERATUNG

Die Landesregierung wünscht in Person des Justizministers das Wort zur Begründung. Bitte.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zunächst mal herzlichen Dank für die Bereitschaft des Hohen Hauses, die Punkte vorzuziehen. Ich bin morgen in Berlin, weil dort die Richter der Bundesgerichte gewählt werden und der Thüringer Justizminister ist qua Amt auch Mitglied des Richterwahlausschusses. Das ist der Grund, warum ich morgen nicht hier im Hause bin.

Ich möchte mich auch für die bisherige Diskussion hier im Haus bedanken, aber auch für die bisherige Diskussion in den Ausschüssen. Die Landesregierung ist bisher auf breite Zustimmung gestoßen und auch dafür möchte ich mich bedanken.

Nunmehr haben wir ein Gesetz eingebracht, mit dem der Thüringer Landtag dem Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen

Justizvollzugsanstalt zustimmen soll. Mit dem Beschluss über das Zustimmungsgesetz geht eine fast vierjährige Vorbereitungszeit zu Ende. Dieser sollen sich jetzt die konkreten Planungen zum Bau der gemeinsamen Anstalt anschließen, denen der Bau als solcher folgen wird. Nach Beendigung der Bauarbeiten wird dann unser eigentliches Ziel erreicht sein, nämlich der gemeinsame Betrieb einer Justizvollzugsanstalt, in der für Thüringer wie auch für die sächsischen Gefangenen Haftbedingungen herrschen, wie sie unser kürzlich hier in diesem Hohen Haus verabschiedetes modernes Justizstrafvollzugsgesetzbuch vorsieht und für die nicht wie in den jetzigen Anstalten in Gera und Hohenleuben wegen der Notwendigkeit zur Mehrfachbelegung auf eine Ausnahmevorschrift aus dem Jahre 1977 zurückgegriffen werden muss. In der zurückliegenden Zeit wurde geprüft und bewertet, unter anderem ob eine Justizvollzugsanstalt überhaupt gemeinsam betrieben werden kann, welche Vorschriften zu beachten sind, welche Vorschriften geschaffen werden müssen, ob eine gemeinsame Justizvollzugsanstalt unabhängig vom konkreten Standort für beide Freistaaten wirtschaftliche und vollzugliche Vorteile bringt. Erst nachdem diese Vorarbeiten erledigt waren, ging es an die Suche nach dem geeigneten Standort. Danach wurden von jedem Land jeweils drei Standorte vorgeschlagen und diese sechs Standorte im Rahmen einer Nutzwertanalyse in einem Ranking ermittelt. Anschließend wurde an den vier am besten geeigneten Standorten zur genauen Einschätzung des Standorts das sogenannte K1-Gutachten gefertigt und in die Nutzwertanalyse eingepflegt. Im Ergebnis entschieden sich die beiden Landesregierungen für Zwickau-Marienthal als den für die Errichtung und Betrieb einer Anstalt am besten geeigneten Standort.

Vorab hatte die Thüringer Landesregierung ausdrücklich geprüft, ob speziell auch dieser Standort wirtschaftliche Vorteile sowohl gegenüber einem gemeinsam genutzten als auch gegenüber einem allein genutzten Standort in Thüringen hat. Das Ergebnis war eindeutig. Die Sächsische Landesregierung veranschlagt die Bau-, Erschließung- und Grunderwerbskosten der gemeinsamen Anstalt in Zwickau auf 150 Mio. €. Davon hat Thüringen knapp 67,5 Mio. € zu tragen. Würde Thüringen allein bauen, ergäben sich Mehrkosten von 6,5 Mio. €. Bei den Personalkosten ergäben sich Mehrkosten von, ich möchte das betonen, jährlich 6,5 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Staatsvertrag ist vom Gedanken eines gerechten Ausgleichs der Interessen und der Notwendigkeit einer pragmatischen Zusammenarbeit der beiden Freistaaten getragen. Er hat, grob zusammengefasst, folgenden Inhalt: Die gemeinsame Justizvollzugsanstalt wird mit 820 Haftplätzen in Zwickau-Marienthal gebaut. In der gemeinsamen

(Präsidentin Diezel)

Justizvollzugsanstalt stehen dem Freistaat Sachsen 450 Haftplätze und dem Freistaat Thüringen 370 Haftplätze zur Verfügung. Die beiden Freistaaten werden im Verhältnis von 450 zu 370 Eigentümer der neuen Justizvollzugsanstalt. Auch die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Grunderwerb sowie dem Bau und dem Betrieb entstehen, werden im Verhältnis 450 zu 370 aufgeteilt und die Bediensteten der gemeinsamen JVA werden bei Inbetriebnahme im Verhältnis 450 zu 370 durch die Vertragspartner gestellt. Es entsteht daher, wie ich unterstreichen möchte, eine Partnerschaft auf Augenhöhe. So werden die quantitativen und qualitativen Bauanforderungen einvernehmlich erstellt. Die haushaltsmäßige Genehmigung der Bauanforderungen erfolgt einvernehmlich durch die für Finanzen zuständigen Ministerien. Es werden jeweils drei paritätisch besetzte Kommissionen eingerichtet: eine Bau-, eine Vollzugs- und eine Haushaltskommission. Die Wirtschaftspläne der Anstalten werden verbindlich zwischen den Vertragspartnern in der Haushaltskommission abgestimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, am Anfang des laufenden Jahres hat die Landesregierung dem Landtag nach Artikel 67 Abs. 4 der Verfassung des Freistaats Thüringen die Entwürfe des Staatsvertrags und die dazu gehörenden Verwaltungsvereinbarungen zugeleitet. Der Justiz- und Verfassungsausschuss hat den Staatsvertrag in seiner 67. Sitzung am 12. Februar 2014 in öffentlicher Sitzung beraten und zur Kenntnis genommen. Gleiches ist in Sachsen geschehen. Am 15. April 2014 haben die Thüringer Ministerpräsidentin und der Sächsische Ministerpräsident den Staatsvertrag unterzeichnet. Nach Artikel 77 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen bedarf der Staatsvertrag nunmehr der Zustimmung des Landtags. Nach der Beschlussfassung der beiden Landtage wird dann die Ratifikationsurkunde ausgetauscht und der Staatsvertrag soll dann nach seinem Artikel 9 am ersten Tag des Monats in Kraft treten, der auf den Austausch der Ratifikationsurkunde erfolgt.

Ich möchte Ihnen abschließend noch einmal danken für Ihre konstruktive Beratung auch dieses Gesetzentwurfs und bitte Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat Frau Abgeordnete Berninger von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, dass zu einem inhaltlich

modernen Strafvollzug auch die angemessene Ausgestaltung der Unterbringungsbedingungen gehört und dass die Justizvollzugsanstalten Gera und Hohenleuben den aktuell geltenden Maßstäben für einen modernen Justizvollzug nicht mehr entsprechen, das wird wohl niemand hier in diesem Haus ernsthaft bestreiten. Deswegen hat die Fraktion DIE LINKE schon sehr frühzeitig - lange, bevor ich das Thema Justizpolitik übernommen habe - moderne Haftplätze als Ersatz für Hohenleuben und Gera gefordert, wenn wir auch noch nicht an eine länderübergreifende Lösung gedacht hatten. Da Thüringen aber mit anderen Formen der Zusammenarbeit ganz gute Erfahrungen gemacht hat, ist es für die Fraktion DIE LINKE auch denkbar, in diesem Fall eine Länderzusammenarbeit anzustreben. Wir sind demgegenüber grundsätzlich aufgeschlossen.

Die Länderzusammenarbeit muss aber immer so ablaufen, dass sich die beteiligten Länder auf gleicher Augenhöhe bewegen. Ganz so einfach und leicht, wie Sie das jetzt dargestellt haben, Herr Minister, ist es nicht. Es gibt immer noch einige Bedenken, die man nicht einfach so von der Hand weisen oder vom Tisch wischen kann. Deswegen ist es für die Fraktion DIE LINKE auch nicht so einfach bzw. nicht denkbar, dass wir diesen Gesetzentwurf zum Staatsvertrag hier in erster und zweiter Beratung hintereinanderweg durchwinken, weil in Sachen Transparenz und Kommunikation im Auswahl- und Entscheidungsverfahren - ich nehme an, Herr Bergner wird da auch noch einiges zu sagen haben - gibt es oder gab es immer noch so manches Fragezeichen hinsichtlich beispielsweise der Auswahlkriterien. Dazu gehörte für uns immer auch die Frage, ob an allen Standorten die Bevölkerung ausreichend in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden war. Es geht uns dabei nicht darum, populistisch laut gewordenen Befürchtungen zu den angeblichen Risiken eines solchen Standortes das Wort zu reden. Man muss schon, wenn man weiß und wir wissen alle, dass es solche Befürchtungen in der Bevölkerung gibt, zumal an Standorten, wo die Bevölkerung noch keine Erfahrungen mit derartigen Einrichtungen hat -, dass es solche Befürchtungen gibt, dann ist die Verantwortung der öffentlichen Stellen für Transparenz und Kommunikation, für ausreichende Information besonders hoch. Ich glaube, da hat es noch Defizite gegeben.

Nach unserer Ansicht wäre es auch weiter kein Problem, wenn das Entscheidungsverfahren schlussendlich dazu führt, dass auch wirklich der geeignetste Standort in dem Auswahlpool landet und am Ende als Bauplatz auserkoren wird. Aber auch dann bleiben hier immer noch gewisse Fragezeichen. Ursprünglich war das Ergebnis herausgekommen, dass der besagte beste Standort Zwickau-Pöhlau sei. Da war es aber dann, das wissen wir alle, zu einer Panne gekommen, nämlich der Panne mit dem Grundstückserwerb. Es wurde

(Minister Dr. Poppenhäger)

plötzlich bekannt, dass es zahlreiche Eigentümer des Geländes gibt und zahlreiche Nutzer mit Rechten, die noch nicht verkauft, abgegeben, ausgelaufen gewesen sind. Dann ist das Auswahlverfahren noch einmal fortgeführt worden und es ist der nächste beste Standort herausgekommen, nämlich der jetzt vorgesehene Standort Zwickau-Marienthal. Wir meinen, hier hätte das Auswahlverfahren noch um eine Runde erweitert werden müssen, damit noch einmal die vorher in der engeren Auswahl gewesenen Standorte unter die Lupe genommen werden können. Was für uns ein bisschen ein Geschmäckle hat, ist, dass man im Internet der Stadt Zwickau eine Beschlussvorlage an den Stadtrat für die Bewerbung um den JVA-Standort findet, in der die Stadtverwaltung Zwickau als Vorzugsstandort für die Errichtung der JVA das Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks im Stadtteil Marienthal benennt. Das Geschmäckle kommt daher, dass die Beschlussvorlage vom 16. August 2011 datiert, also lange, bevor wir überhaupt etwas von Marienthal wussten.

Zwickau-Marienthal ist bei näherem Hinsehen auch nicht wirklich unproblematisch. Natürlich müssen solche Gelände wie ein Reichsbahnausbesserungswerk einer Nachnutzung unterzogen werden, man kann die nicht brachliegen lassen. Aber es gibt bei solchen Standorten den Pferdefuß der Altlastenbelastung. Gerade bei diesem Grundstück ist es so, dass aus unserer Sicht noch nicht ganz klar ist, was denn da für Altlasten auf Sachsen und Thüringen zukommen. Dieses finanzielle Risiko räumt man nicht aus, wenn man sagt, die Anteile liegen zu 450 bei Sachsen, zu 370 bei Thüringen. Klar ist es dann eine gerechte Aufteilung der Risiken, aber wir wissen noch nicht, was da auf uns zukommt. Wir haben keine Verordnung, keinen Verwaltungserlass, wo drinsteht, wo die Obergrenze für solche finanziellen Risiken ist. Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird, bis diese Altlasten beseitigt sind und ob das dann Auswirkungen auf den Zeitablauf und damit noch einmal finanzielle Auswirkungen haben wird.

Ein weiteres Fragezeichen, das wir haben und weswegen wir den Gesetzentwurf nicht einfach so durchwinken können, ist die Frage, wie mit den Bediensteten umgegangen wird. Das ist in § 4, glaube ich, geregelt, die Bediensteten werden versetzt, die fallen dann unter den Dienstherrn Freistaat Sachsen. Eventuelle Nachteile, was die Besoldung angeht, werden durch Ausgleichszahlungen geregelt. Der Freistaat Sachsen wird ermächtigt, im Wege einer Verwaltungsvereinbarung diese Ausgleiche festzulegen und auch dafür zu sorgen, dass das ruhegehaltsfeste Ausgleiche sind. Aber uns reicht so eine Ermächtigung nicht. Uns stellt sich die Frage, was ist, wenn der Freistaat Sachsen in einem Dreivierteljahr nach Beginn, nach Inbetriebnahme der Anstalt entscheidet, wir machen das jetzt anders?

Was hat das für Auswirkungen? Was kann das unter Umständen für Auswirkungen auf die Bediensteten haben? Das sind Fragen, die wir sehr gerne noch einmal genauer beantwortet haben möchten. Deswegen bitten wir darum, den Gesetzentwurf noch einmal an den Justiz- und Verfassungsausschuss zu überweisen, damit wir tatsächlich Antworten bekommen können, die uns guten Gewissens dem Gesetzentwurf zustimmen lassen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Manfred Scherer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben vor Kurzem ein neues Strafvollzugsgesetzbuch für Thüringen hier verabschiedet, das umfangreiche Regelungen vor allem in Richtung Resozialisierung enthält. Eine wesentliche Voraussetzung für Resozialisierung ist auch die Unterbringung der Strafgefangenen in einer modernen Strafvollzugsanstalt, das heißt, eine einerseits sichere und effiziente Unterbringung, aber auch eine menschenwürdige und einen Behandlungsvollzug ermöglichende Unterbringung. Dabei ist aber nicht nur an die Strafgefangenen, sondern auch an die Arbeitsbedingungen der Vollzugsbediensteten zu denken.

Diesen Ansprüchen genügen die Haftanstalten in Hohenleuben und Gera nicht mehr, so dass dringend der Neubau einer Haftanstalt erforderlich ist. Ich glaube, dass wir uns in diesem Ziel alle einig sind. Diskussionspunkt ist allenfalls die Frage, wie dieses Ziel umgesetzt wird. Die jetzt zu beschließende Umsetzung durch eine gemeinsame Haftanstalt mit Sachsen ist für uns eine Lösung, die eine optimale Verwirklichung der Ziele eines modernen, humanen Strafvollzugs ermöglicht. Natürlich hat eine solche gemeinsame Haftanstalt auch Nachteile. Das sind in erster Linie weitere Wege - weitere Wege für Vollzugsbedienstete, weitere Wege für Angehörige, die Gefangene besuchen wollen, und auch weitere Wege zu Gerichtsterminen. Demgegenüber stehen aber Vorteile - und damit meine ich nicht in erster Linie wirtschaftliche Gesichtspunkte, die in Form von Einsparungen bestehen, sondern ich meine Vorteile bei der Betreuung, bei der Behandlung und damit letztlich bei der Resozialisierung der Gefangenen. Denn eine größere Anstalt bedeutet zugleich ein umfangreicheres, differenzierteres Angebot an Behandlungsmöglichkeiten, an Arbeitsmöglichkeiten und an Möglichkeiten individueller Gestaltung des Strafvollzugs.

(Abg. Berninger)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das stimmt aber pauschal nicht immer.)

Zur konkreten Ausgestaltung: Natürlich werden wir einen geringeren Einfluss auf die Organisation und Abläufe in der JVA haben, als wenn wir die Haftanstalt allein betreiben würden. Es kann nicht über jedes Problem eine Abstimmung der beiden Länder geben, das heißt, bei Alltagsfragen hat Sachsen sozusagen den Hut auf. Aber es gibt für wichtige Fragen gemeinsame Abstimmungen und Entscheidungen. Es wird eine einvernehmliche quantitative und qualitative Bedarfsanforderung geben, gemeinsame Baukommission und Haushaltskommission sind ebenso vorgesehen wie eine Vollzugskommission für den laufenden Betrieb. Alles jeweils paritätisch zwei zu zwei besetzt mit Einstimmigkeitsgrundsatz.

Noch ein Wort zu den Bediensteten: Natürlich bringt eine solche gemeinsame Haftanstalt in Zwickau auch Probleme bei unseren Bediensteten mit sich. Wir erwarten, dass das Justizministerium mit Fingerspitzengefühl individuelle Lösungen findet und dadurch Unzuträglichkeiten weitgehend vermieden werden. Wir werden das beobachten und uns auch einschalten, wenn es hier zu Härten kommen sollte, denn ein guter Strafvollzug ist nur mit motivierten und engagierten Bediensteten möglich.

Insgesamt werden die Errichtung und der Betrieb einer gemeinsamen Haftanstalt von Sachsen und Thüringen von uns begrüßt, wenn sich das Verfahren auch schon lange hingezogen hat. Es kann ein Pilotprojekt für andere gemeinsame Projekte sein, die zu einer effizienteren zukunftsfähigen Wahrnehmung staatlicher Aufgaben beitragen. Wir stimmen deshalb dem Staatsvertrag zu. Auf besonderen Wunsch - ich will nicht sagen eines einzelnen Herrn, er lacht aber schon - wollen wir uns aber auch einer Überweisung an den Ausschuss nicht widersetzen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Fraktion der FDP spricht der Abgeordnete Bergner. Bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, heute soll gemäß der Vorlage die Zustimmung zum Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen JVA in Zwickau erteilt werden. Wir haben von Anfang an ein sorgfältigeres Vorgehen eingefordert. Nach unserer Auffassung wurde der Sorgfaltspflicht gegenüber unseren Bürgern, den Bediensteten und Steuerzahlern nicht Genüge getan.

(Beifall FDP)

Es geht hier, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nicht um Peanuts, sondern immerhin um Kosten in Höhe von 67 Mio. €. Wie hoch die Kosten am Ende wirklich sind, steht noch in den Sternen. Wir alle wissen, meine Damen und Herren, dass sich öffentliche Bauherren gern einmal verschätzen, vor allem dann, wenn die Summen hoch genug sind. Das Beispiel Elbphilharmonie ist ein abschreckendes Beispiel, bei der Grundlagenermittlung waren noch 77 Mio. € veranschlagt worden, nach meinem Kenntnisstand sollen es jetzt schlappe 789 Mio. € sein. Weitere Beispiele gäbe es viele.

Das K1-Gutachten, in dem die Baukosten der JVA geschätzt wurden, ist nicht viel mehr als eine Grundlagenermittlung. Ich erinnere dabei an die Antwort auf meine Anfrage. Es ist auch noch nicht abschließend ersichtlich, welche Kosten - Frau Kollegin Berninger hat es angesprochen - durch die Altlastensanierung auf dem neuen Grundstück zu erwarten sind, welche Kosten dort auf uns zukommen werden, auch wenn inzwischen Erkundungen stattgefunden haben. Ich erinnere da an unsere Debatte. Aber es ist natürlich auch so, dass das immer punktuelle Aufnahmen sind und dazwischen immer eine Risikostreuung möglich ist.

Das heißt also, dass wir noch gar nicht wissen, welche Kosten auf uns zukommen werden, meine Damen und Herren. Trotzdem können Sie schon genau sagen, dass die Einsparungen zum Eigenbau in Thüringen ca. 6 Mio. € betragen werden, also auf derzeitiger Basis eine Streuung von 10 Prozent, das ist schon bemerkenswert.

(Beifall FDP)

Ich weiß auch nicht, woher man solche Aussagen nimmt und in welche Glaskugel die Landesregierung dabei geschaut hat, um diese Einsparungen zu prognostizieren. Auf dieser Grundlage schon von Einsparungen zu reden, halte ich für - höflich ausgedrückt - riskant, um nicht zu sagen für unverantwortlich.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch noch mal einen kleinen Abriss zum JVA-Neubau geben oder - wie ich es auch gerne nenne - zur Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Alles begann damit, dass den Standortbewerbern unzutreffende Eingangsdaten angegeben wurden, da zwischenzeitlich die Belegungszahlen nach unten korrigiert werden mussten. Wesentlicher Bestandteil im Bewerbungsverfahren oder, besser gesagt, Bewertungsverfahren der JVA-Standorte war nach Auskunft des Justizministers eine Bewertungsmatrix, von der allerdings nur geredet wurde, anstatt sie transparent und prüfbar darzulegen. Eine solche Änderung der Grundlagen einer Ausschreibung würde im VOB-Bereich zwingend zur Aufhebung

(Abg. Scherer)

der Ausschreibung führen - auch das will ich an dieser Stelle noch mal klar und deutlich sagen.

(Beifall FDP)

Nachdem bis auf Aga und Großenstein alle Thüringer Standorte verworfen wurden und man sich im Dezember 2012 öffentlich für Zwickau-Pöhlau entschieden hatte, stellte man dann verdutzt fest, dass das Grundstück einen Eigentümer hat, der wohl noch nicht gefragt wurde, ob er das Grundstück verkaufen will, geschweige denn, dass das Grundstück gesichert wurde.

Meine Damen und Herren, ich äußere Verständnis für die sächsische Seite, an deren Stelle hätte ich auch zugegriffen. Aber ich meine schon, dass diese Dinge auch auf unserer Seite vom TJM hätten geprüft werden müssen. Da die Kosten des Grundstücks plötzlich aus - ich sage mal - nicht nachvollziehbaren Gründen gestiegen sind, hat man vom bisher favorisierten Standort abgesehen und nunmehr den bisher drittplatzierten Standort ZwickauMarienthal auf Platz 1 gesetzt. Aber auch hier - und das will ich nicht verschweigen - gibt es auf einmal erhebliche Proteste durch Bürgerinitiativen, die gegen das Projekt mobilmachen. Ich will an der Stelle auch sagen, diese Bürgerinitiativen umfassen mehr Mitglieder als Aga, Großenstein und Hohenleuben zusammen überhaupt Einwohner haben. Auch das darf man nicht vergessen.

(Beifall FDP)

Darüber hinaus scheint das Grundstück zwar möglicherweise grundsätzlich geeignet, aber es liegen Altlasten darauf. Ich will ganz klar sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Gemeinden hätten sich über eine Ansiedlung gefreut, da solche Standorte in der Region für Investitionen sorgen, für Arbeitsplätze, für Aufträge und damit für eine positive Bevölkerungsentwicklung. Gerade davon sind wir in Ostthüringen weit entfernt.

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Minister, ist auch meine Kritik. Die Landesregierung schießt eigene Standorte ins Aus, ohne sich für einen Thüringer Standort starkzumachen oder vorher zu klären, wie die Situation der eigenen Standorte vor Ort ist.