Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Frau Ministerin. Die nächste Mündliche Anfrage stellt der Abgeordnete Meyer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/7731.

Vielen Dank, Herr Präsident.

CDU-Wirtschaftsrat fordert Personalabbau an Thüringer Schulen

Der Thüringer Landesverband des CDU-Wirtschaftsrats fordert nach einem Bericht der „Thüringer Allgemeinen“ vom 11. April 2014 einen Personalabbau an Thüringer Schulen. Schließlich sei, so der CDU-Wirtschaftsrat, der Personaleinsatz im Schulbereich volkswirtschaftlich ineffizient und reformbedürftig. Außerdem sei im Koalitionsvertrag mit dem Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Christoph Matschie, eine Reduzierung des Lehrpersonals verbindlich vereinbart worden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der in der Einleitung geschilderten Einschätzung bezüglich des Personaleinsatzes an Thüringer Schulen?

2. Inwiefern leitet sich aus dem zwischen CDU und SPD abgeschlossenen Koalitionsvertrag aus Sicht der Landesregierung ein verbindlicher Auftrag zur Stellenreduzierung an Thüringer Schulen ab?

3. Wie hoch ist der in Vollzeitbeschäftigungseinheiten aktuell prognostizierbare Einstellungsbedarf für den Thüringer Schulbereich für die kommenden fünf Jahre und wie viele Lehrkräfte werden in diesem Zeitraum insgesamt ausscheiden?

4. Wie schätzt die Landesregierung angesichts des Rechtsanspruchs im Schulgesetz auf individuelle Förderung und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention die Personalbedarfe an Thüringer Schulen für die nächsten Jahre ein und wie sieht die konkrete Planung bis 2018 aus?

Für die Landesregierung antwortet der Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Herr Prof. Dr. Merten, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Meyer wie folgt:

Zu Ihrer Frage 1: Die Landesregierung kommentiert üblicherweise keine Presseverlautbarungen von Parteien oder parteinahen Verbindungen.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Sehr gut.)

Das ist so.

Zu Ihrer Frage 2: Aus dem zwischen CDU und SPD abgeschlossenen Koalitionsvertrag leitet sich kein verbindlicher Auftrag zur Stellenreduzierung an Thüringer Schulen ab. Im Koalitionsvertrag heißt es unter Punkt II.3, Finanzen, Unterpunkt Personal und Personalentwicklung, ich zitiere: „Die Koalitionspartner nehmen zur Kenntnis, dass bis 2019 eine Vielzahl Bediensteter im öffentlichen Dienst aus Altersgründen den Landesdienst verlässt. Die Koalitionspartner sind sich einig darüber, dass in diesem Zusammenhang ein Personalabbau stattfinden kann und muss. Die Koalitionspartner legen gemeinsam und einvernehmlich fest, wo und in welchem Umfang neues Personal eingestellt werden muss (Einstellungskorridor)“.

Zu Ihrer Frage 3: Im Juli des vergangenen Jahres wurde das Personalentwicklungskonzept Schule des TMBWK gemeinsam mit den beiden gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen tbb und DGB erstellt und veröffentlicht. Es ist auch auf der Internetseite des TMBWK, so man daran interessiert ist, zu finden. Dort sind die absehbaren Veränderungen im Personalbestand auf der Grundlage zweier Variantenrechnungen detailliert nach Schuljahren dargestellt. Variante 1 berücksichtigt die personengenaue Fortschreibung der Verträge, Ausscheiden nach dem Erreichen der individuellen Rentenaltersgrenze, das heißt bekanntem Vertragsstand. Variante 2 berechnet die Bestandsänderung auf der Basis des bisherigen Austrittsverhaltens. Dabei werden mögliche vorgezogene Austritte aus dem Arbeitsleben entsprechend dem bisherigen Entscheidungsverhalten berücksichtigt. Danach wer

(Ministerin Taubert)

den auf der Grundlage dieser Modellrechnungen in den fünf Schuljahren 2014/2015 bis 2018/2019 insgesamt mindestens 1.274 und maximal 3.350 Lehrkräfte aus dem staatlichen Schuldienst ausscheiden. Das sind Vollzeitbeschäftigteneinheiten. Falls das jemand definiert haben möchte, werde ich das gern tun. Das versteht nicht jeder auf Anhieb, deswegen erläutere ich das. Daran und auch an der in diesem Konzept begründeten Notwendigkeit zur Entwicklung einer Personalreserve zur Vermeidung von Unterrichtsausfall werden sich die Einstellungsbedarfe in den kommenden Jahren orientieren. Die exakte Zahl wird auch unter Berücksichtigung des Entscheidungsverhaltens der Lehrkräfte nach den oben genannten Varianten in jedem Jahr neu zu berechnen sein. Zu beachten sind dabei auch Unterrichtsfächer und regionale Besonderheiten in den einzelnen Schulamtsbereichen. Aus den genannten Gründen können deshalb für die einzelnen Jahre in der Zukunft auch keine exakten Zahlen genannt werden. Im Übrigen gilt die Ceteris-paribus-Klausel.

Zu Ihrer Frage 4: Dem Thüringer Landtag wurde der Entwicklungsplan Inklusion zugeleitet, darin unter Punkt 3.2 personelle Mindestvoraussetzungen beschrieben, die zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf individuelle Förderung unter den in Thüringen derzeit geltenden und in Zukunft zu entwickelnden Rahmenbedingungen notwendig sind. Zu dem bereits jetzt im gemeinsamen Unterricht eingesetzten Personal in einem Umfang von ca. 900 Vollzeitbeschäftigteneinheiten - auch hier würde ich es wieder erläutern, wenn es gewünscht ist wird auch der in Frage 3 genannte Einstellungskorridor den gestiegenen Anforderungen in quantitativer Hinsicht, aber und vor allem auch in qualitativen Aspekten Rechnung getragen. Zunehmend wird es Bewerber bedürfen, die entweder eine grundständige Förderschulausbildung oder eine sonderpädagogische Zusatzausbildung haben. Zur konkreten Umsetzung gibt es zunächst im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Personalentwicklung an Thüringer Schulen eine Unterarbeitsgruppe, die sich mit der Absicherung der sonderpädagogischen Förderung beschäftigt und für die Schulen die Rahmenbedingungen in grundsätzlichen Regelungen darstellen wird. Die eigentliche konkrete Planung an den Einzelschulen wird allerdings wie bisher auch von jeder Schule selbst im Rahmen der jährlichen Vorbereitung des jeweiligen Schuljahrs unter Einbeziehung der Schülerzahl, der räumlichen und sächlichen Gegebenheiten sowie des sozialen Umfelds der Schule erfolgen.

Es gibt eine Nachfrage durch den Fragesteller.

Herr Staatssekretär, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen 2 bis 4. Zur Beantwortung der Frage 1 die Nachfrage: Ihre apodiktische Haltung zum Thema, wie die Landesregierung zu Pressemeldungen und deren Verlautbarungen steht: Ist das eine abgesprochene Haltung der Landesregierung oder müsste Ihr Kollege aus dem Finanzministerium nicht vielmehr sagen, dass es durchaus auch andere Möglichkeiten gibt, auf so etwas zu reagieren, siehe Presse von gestern und heute?

Werter Herr Abgeordneter, wenn Sie eine Frage diesbezüglich an den Finanzminister haben, so können Sie die gern an ihn adressieren. Sie dürfen davon ausgehen, dass meine Antwort innerhalb der Landesregierung abgestimmt ist. Deshalb antworte ich im Namen der Landesregierung und nicht nur unseres Ministeriums.

Dann gehe ich davon aus, dass diese Frage sozusagen mit Nein zu beantworten ist, denn die Landesregierung handelt in diesem Fall definitiv nicht konsistent.

Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, was Sie jetzt gehört haben oder nicht gehört haben. Ich habe hier eine klare Antwort auf die Frage 1 gegeben, eine klare Antwort auf Ihre Nachfrage, dass das innerhalb der Landesregierung abgestimmt ist, und damit bin ich, glaube ich, eindeutig. Vielen Dank.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Staatssekretär. Die nächste Mündliche Anfrage kommt von der Abgeordneten Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/7733.

Phantomdiskussion „Standardabsenkungen bei den Kitas“

Im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema „Sternstunde darf nicht zur Sternschnuppe werden keine Standardabsenkungen in unseren Kitas“ am 26. Februar 2014 äußerte der Finanzminister Dr. Voß in der Landtagssitzung wörtlich, dass niemand vorhabe, die Standards in den Thüringer Ki

(Staatssekretär Prof. Dr. Merten)

tas abzusenken. So sagte er beispielsweise in der besagten Sitzung: „Es gibt und gab keine Bestrebungen in meinem Haus, weder Planung noch sonst etwas, und auch nicht der Landesregierung, die Qualität der Erziehung hier in Thüringen herabzusetzen.“ Nach meiner Kenntnis regte jedoch ein Vertreter des Thüringer Finanzministeriums in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen am 27. August 2013 an, den Personalschlüssel in Thüringen anzupassen und 30 Prozent der Erzieherstellen mit Sozialassistenten zu besetzen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie erklärt die Landesregierung, dass zwischen den Äußerungen des Finanzministers in der Landtagssitzung am 26. Februar 2014 und den Aussagen des Vertreters des Finanzministeriums in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen am 27. August 2013 erhebliche Unterschiede bestehen?

2. Wie erklärt die Landesregierung, dass der Finanzminister in der Aktuellen Stunde in der Landtagssitzung einerseits von einer Phantomdebatte sprach, anderseits im Beirat für kommunale Finanzen ein Vertreter des Finanzministeriums anregte, einen Anteil von 30 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher durch Sozialassistenten zu ersetzen, und welche Position hat die Landesregierung tatsächlich dazu?

3. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zum ebenfalls in besagter Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen geäußerten Vorschlag aus dem Finanzministerium, den § 14 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes zu ändern, um auch Sozialassistenten, die nicht über das hinreichende Maß an fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen verfügen, als pädagogische Fachkraft anzuerkennen, und wird sie dies unterstützen?

4. Hat es, wie in der Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen angeregt, einen Ländervergleich dahin gehend gegeben, zu eruieren, ob die Standards in Bezug auf den Einsatz pädagogischer Fachkräfte in Thüringen gesenkt werden können, um Einsparungen zu erzielen, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Für die Landesregierung antwortet der Finanzminister. Herr Dr. Voß, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zu dieser Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich. Dieses Thema war in der Tat schon zweimal Inhalt von Behandlungen hier im Plenum. Es hat dazu ei

ne Aktuelle Stunde gegeben in der Februar-Sitzung dieses Jahres und dort haben wir es auch behandelt. Dann gab es eine Mündliche Anfrage, welche im März-Plenum beantwortet wurde. Frau RotheBeinlich, ich bin aber gern bereit und auch verpflichtet, Ihre Mündliche Anfrage noch einmal zu beantworten. Dazu bin ich verpflichtet und auch bereit.

Zu Frage 1: Der kommunale Beirat hat grundsätzlich den Auftrag, das für den Kommunalen Finanzausgleich zuständige Ministerium zu beraten. Er ist nicht Bestandteil der Verwaltung des Ministeriums und ist auch nicht weisungsgebunden. Er arbeitet auf einer eigenen gesetzlichen Grundlage, nämlich dem FAG, er berät unabhängig und ist grundsätzlich frei. Er ist nicht Bestandteil der Landesregierung und ich persönlich bin auch nicht Mitglied im Beirat. Frau Rothe-Beinlich, daraus erklären sich die unterschiedlichen Aussagen.

Zu Frage 2: Der kommunale Beirat berät unabhängig. Dabei wurde das Thema Einsatz von Sozialassistenten in Kindertageseinrichtungen meines Wissens in der August-Sitzung 2013 erörtert. Bereits in der Februar-Sitzung habe ich erläutert, dass es seitens der Landesregierung keine Bestrebungen gab und gibt, die Qualität der Erziehung in Thüringen herabzusetzen. Gern möchte ich das hier noch einmal bekräftigen und wiederholen. Es gab und gibt keine derartigen Bestrebungen. Es gab keine Beschlussfassung im FAG-Beirat und es gab auch keine Empfehlung an das Finanzministerium, die ich mir hätte zu eigen machen können und damit noch einmal, Frau Rothe-Beinlich, ein Unterschied. Natürlich gibt es viele Gremien und viele Diskussionen, aber politisch wird es doch nur erst dann relevant, wenn sich ein Regierungsmitglied oder ein Haus Dinge zu eigen macht und damit ein Baustein der Politik des Hauses wird. Ich glaube, ich habe hinlänglich deutlich gemacht, dass es dazu nicht gekommen ist und insofern habe ich auch in der Februar-Sitzung von einer Phantomdiskussion geredet. Das ist sie nämlich in Wahrheit auch. Sie haben den Wahlkampf bei diesem Thema neu entdeckt, aber ich kann Ihnen das nur so sagen, wie ich es jetzt ausdrücke und dabei bleibe ich auch.

Zu Frage 3: Im Rahmen der angesprochenen Sitzung des Beirats für kommunale Finanzen vom 27. August 2013 wurde auch ausgeführt, dass der Beruf des Sozialassistenten als berufliche Grundqualifikation für Erzieher gilt. Dies wird in allen Ländern gemäß der KMK-Rahmenvereinbarung über Fachschulen so praktiziert. Sozialassistenten sind demzufolge allerdings keine Fachkräfte im Sinne des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes. Eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften dahin gehend, dass Sozialassistenten als Fachkräfte anerkannt werden, beabsichtigt die Landesregierung nicht. Sie sind auch nicht in Planung.

(Abg. Rothe-Beinlich)

Die Frage 4 bezieht sich auf einen Ländervergleich. In der Tat, so meine Auskunft, hat es einen Wunsch der Mitglieder des kommunalen Beirats gegeben, Ländervergleiche durchzuführen. Ergebnisse hierzu liegen noch nicht vor und das Thema ist auch, ich betone, nach dem 27. August nicht weiterbehandelt und -beraten worden. Dass Sie jetzt das Thema mit einer Verzögerung von etwa einem Dreivierteljahr öffentlichkeitswirksam entdecken, nehme ich Ihnen nicht übel. Schönen Dank.

Es gibt eine Nachfrage durch die Fragestellerin.

Genau genommen habe ich sogar zwei Nachfragen und auch das ist mein gutes Recht, wenn wir schon auf Rechte und Pflichten hinweisen.

Aber auf jeden Fall.

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie selbst nicht Mitglied im Beirat sind und dieser Beirat auch nicht weisungsgebunden arbeitet. Wie jedoch muss ich das Agieren eines Mitarbeiters des Finanzministeriums in diesem Beirat verstehen? Handelt der dort völlig eigenmächtig oder spricht er dort, wenn er dort Vorschläge unterbreitet, im Auftrag des Finanzministeriums oder als Privatperson? Das ist meine erste Frage.

Die zweite Frage, die ich habe: Können Sie bestätigen, dass es ein Papier aus dem Finanzministerium von schon vor einem Jahr, nämlich dem 23. Mai 2013, gibt, aus dem hervorgeht, dass die Maßnahme, Erzieherstellen durch Sozialassistenten zu ersetzen, auch unter finanziellen Aspekten zu begrüßen ist, da Sozialassistenten, so wörtlich, günstiger sind als Erzieher?

Herr Präsident, dann will ich mal antworten. Der Mitarbeiter des Finanzministeriums agiert in dem Gremium als Mitglied des Gremiums, ganz einfach.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Verzeihung, was soll das denn heißen?)