Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Wie weiter mit der Spielbank Erfurt? - Konsequenzen aus dem Rückzug des Spielbankbetreibers“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/7901

Als Erstes zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Uwe Barth von der FDP-Fraktion. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Presse haben wir in der letzten Woche entnommen, dass der Betreiber der Spielbank Erfurt zum Jahresende seine auslaufende Konzession nicht verlängern wird, was wieder einmal zur Frage nach der Zukunft der Spielbank hier in der Landeshauptstadt führt. Die FDP-Fraktion hat diese Frage der Landesregierung in den letzten Jahren immer wieder mal gestellt und wir haben als Antwort wiederholt zu hören bzw. zu lesen bekommen, „dass die Landesregierung in angemessener Zeit vor Ablauf der aktuellen Konzession entscheiden wird, ob es ein neues Konzessionsverfahren gibt, und der Landtag im Rahmen der Berichterstattung durch die Landesregierung unterrichtet wird“.

Das mit der Berichterstattung hat geklappt - siehe oben, in der Zeitung hat es gestanden. Ob das so gemeint war, lasse ich jetzt mal offen.

(Beifall FDP)

Festhalten können wir, dass die Landesregierung offenbar nichts getan hat, um die Weichen für eine Zukunft der Spielbank zu stellen, sie will den Laden dichtmachen. Für meine Fraktion will ich sagen, wir halten das zumindest für eine vorschnelle Entscheidung.

Es ist richtig, es besteht keine Verpflichtung des Freistaats, eine Spielbank vorzuhalten. Gleichwohl kann es aus Sicht der FDP sinnvoll sein, dass es in Thüringen eine Spielbank gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es steht nämlich nirgends geschrieben, dass das Land deren Betreiber oder auch nur deren größter Sponsor sein muss, wie das in den letzten Jahren gewesen ist.

(Beifall FDP)

Aber eine Spielbank mit einem seriösen Betreiber ist ein Standortfaktor für eine Landeshauptstadt und sie bringt auch Einnahmen. Alle, die jetzt lachen und die sonst so gerne Geld ausgeben hier in diesem Hohen Hause, müssen sich diesem Gedanken zumindest auch einmal nähern.

(Beifall FDP)

Die Frage des Betreibers, meine Damen und Herren, ist in verschiedenen Bundesländern ganz unterschiedlich entschieden. Es gibt staatliche und es gibt auch private Betreiber. In Thüringen hat die landeseigene Spielbankgesellschaft vor vielen Jahren Räumlichkeiten für mehr als 25 €/m² angemietet und diese dann an den Betreiber der Spielbank für 10 €/m² weitervermietet. Dass das zunächst mal nur ein Erfolgsmodell für den Betreiber ist, liegt auf der Hand. Im Laufe der Jahre hat dieses Modell den Freistaat mehr als 2 Mio. € gekostet. Im Gegenzug - hören Sie auch weiter zu, Herr Ramelow sind auch Einnahmen in den Landeshaushalt geflossen. Seit 2007 hat der Freistaat jährlich 1,6 Mio. € vom Bund als Kompensation für die eingeführte Umsatzsteuerpflicht erhalten. Zusammen mit den 700.000 €, die die Spielbank im Schnitt im Jahr an Umsatzsteuer bezahlt hat, und 200.000 € Spielbankabgabe fehlen dem Finanzminister im Jahr ungefähr 2,5 Mio. € in seinem Haushalt. Der eingesparte Mietzuschuss von eben käme noch dazu, wenn man das ordentlich macht. Aus Sicht der FDP-Fraktion, meine Damen und Herren, sollte die Landesregierung aus diesem Grund zumindest ernsthaft darüber nachdenken, diese Konzession neu auszuschreiben und in einem transparenten Verfahren von Interessenten entsprechend Angebote zu erbitten.

(Beifall FDP)

(Präsidentin Diezel)

Klar ist für die FDP erstens, der Freistaat Thüringen darf sich an dieser Spielbank finanziell weder direkt noch indirekt beteiligen. Wenn es einen privaten Investor gibt, der das wirtschaftliche Risiko eines Spielbankbetriebes tragen will, der ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept vorlegt und der natürlich auch die notwendige Zuverlässigkeit nachweisen kann, dann gibt es keinen Grund, eine Konzession nicht zu erteilen.

(Beifall FDP)

Und klar ist für uns zweitens, der Freistaat ist angehalten, der Glücksspielsucht entgegenzuwirken. Die wirksame Maßnahme dazu ist es, Glücksspiel zu kanalisieren, in einem staatlichen Ordnungsrahmen und unter staatlicher Aufsicht anzubieten. Dass dazu der Staat und nur der Staat als Betreiber auftreten müsse, ist keineswegs zwingend.

(Beifall FDP)

Wer so denkt und, beispielsweise wie bei der Erteilung der Konzessionen für Sportwetten, Möglichkeiten, Regeln für gutes Glücksspiel zu setzen, seit mittlerweile zwei Jahren nicht nutzt, der handelt am Ende im Sinne der Suchtbekämpfung kontraproduktiv, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Menschen warten, wenn sie spielen wollen, nämlich nicht auf staatlich lizenzierte, auf legale Angebote, Spieler weichen aus und suchen sich andere Möglichkeiten im Internet. Die Spiele dort sind dann natürlich unreglementiert und auch unkontrolliert, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Blick über die Grenzen

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Da haben sie Pech gehabt.)

- da haben sie Pech gehabt, genau, auch ein guter Ansatz. In Hessen bestehen drei Spielbanken, ebenso in Brandenburg und Sachsen. In SachsenAnhalt hat es im letzten Jahr eine Ausschreibung gegeben, da hat ein privater Investor eine Konzession für bis zu drei Standorte bekommen. Wir finden, was in Hessen, in Sachsen, in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg möglich ist, das sollte in Thüringen doch nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Deshalb wollen wir heute mit dieser Aktuellen Stunde versuchen, zumindest den Appell loszuwerden: Schreiben Sie die Konzession für die Spielbank Erfurt aus und überprüfen Sie dann, wenn Sie Angebote vorliegen haben, ob die Betreiber, die sich bewerben, seriös sind

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

- vielen Dank, Frau Präsidentin, ich bin auch beim letzten Satz -, ob die Betreiber seriös sind und ein staatlich reglementiertes und auch die Spielsucht bekämpfendes Glücksspielangebot anbieten können. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Matthias Hey das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt hat Herr Barth begründet, was Anlass der FDP-Fraktion war, diese Aktuelle Stunde anzusetzen. Wir wissen also, die WestSpiel GmbH zieht sich zurück, es gab rückläufige Besucherzahlen und alle anderen Gründe, die den Betreiber legitimerweise dazu bewogen haben, Erfurt aufzugeben. Aber es ist immer ganz gut, den Titel der Aktuellen Stunde, das ist die Drucksache 5/7901, noch einmal genau zu lesen. Da heißt es: „Wie weiter mit der Spielbank Erfurt?“ und „Konsequenzen aus dem Rückzug des Spielbankbetreibers“. Wenn wir ganz hinten anfangen bei „Konsequenzen aus dem Rückzug des Spielbankbetreibers“, der möchte also in Erfurt dieses Geschäftsmodell nicht fortführen, ist es ganz einfach: Die Spielbank in Erfurt wird geschlossen. Punkt. Das wissen wir jetzt auch aus der Zeitung, Sie haben es vorhin schon so geschildert.

Nun hat das Kabinett - und man kann über die Landesregierung immer geteilter Meinung sein und die Opposition schimpft immer darüber und die Regierungskoalition findet das in der Regel immer ganz toll, was die Minister machen - entschieden, die Konzession für den Zeitraum nach dem 31.12.2014 fortzuführen, nicht mehr zu verlängern. Damit, muss ich sagen, endet ein mehr als zehnjähriges Trauerspiel für diesen Freistaat Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Barth, nehmen Sie es mir nicht übel, aber wir müssen hier auch mal wissen, worüber wir heute eigentlich reden. Wenn Sie mal eine richtige Spielbank sehen wollen, dann fahren Sie bitte nach Baden-Baden, fahren Sie nach Wiesbaden,

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nach Las Vegas.)

fahren Sie nach Bad Homburg. Es gibt Leute, die finden das schön, das ist ein mondäner Auftritt, da gibt es wie im Film diese großen Spieltische, wo man Roulette mit den Croupiers spielen kann, es gibt die Herren im Sakko und mit Fliege und Kra

(Abg. Barth)

watte und im Smoking, die Dame in der Abendgarderobe - das ist ja auch ein schönes Ambiente. Aber dann gehen Sie bitte einmal und kommen in der Realität an, Herr Barth, dann gehen Sie bitte einmal an den Theaterplatz 2 nach Erfurt. Da gibt es überhaupt keinen Roulettetisch. Es gibt ein elektronisches Roulette, es gibt ein paar einarmige Banditen. Wir reden hier über ein besseres Kasino, über eine bessere Spielhalle, darüber reden wir. Und wenn Sie das dann wissen, dann wissen Sie auch, was allein um diese Einrichtung in den letzten zehn Jahren hier in diesem Hohen Hause gestritten und debattiert und diskutiert wurde und wie viel Lebenszeit da draufgegangen ist, eigentlich, wie gesagt, für eine bessere Spielhalle. Mein Kollege Günter Pohl, 2004 hat er vor mehr als zehneinhalb Jahren als Fraktionär der SPD hier vorne gestanden und damals gesagt: Die Einrichtung einer Spielbank steht unter keinem guten Stern. Ich kann das nur unterstreichen, weil Sie das ganze Theater, Herr Barth, auch kennen, mit dem Untersuchungsausschuss, mit dieser damaligen Patronatserklärung, mit dem Zuschuss des Freistaats, 2,2 Mio. € hat das im Prinzip gekostet. Mal geradeso hat sich das gerechnet, Sie haben es eben im Prinzip mit dargestellt. Aber die Erwartungen an diese Spielhalle, die sind in keinem Fall erfüllt worden, weil man damals in einer Art von Großmannssucht in Erfurt auch mal ein bisschen Wiesbaden spielen wollte, auch mal ein bisschen Bad Homburg, und das hat nicht geklappt.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Aber in Halle klappt es.)

Deswegen bleibe ich dabei, das Kabinett hat eine sehr weise Entscheidung getroffen, denn schlussendlich, Herr Barth, ist es so: Damals wurde eine politische Entscheidung hier in diesem Hohen Hause getroffen, die keiner so richtig verstanden hat, mit Geld, das schon damals der Freistaat so gar nicht richtig besessen hat, für eine Spielbank, die eigentlich gar keine war, sondern nur ein besseres Kasino ist, das heute keiner mehr will. In diesem Sinne, denke ich, ist es gut, wenn sich am 31.12. dort zum letzten Mal die Türen öffnen, und wenn wir Silvester feiern, dann feiere ich mit Ihnen auch gerne mit, wie es sich als Sozialdemokrat gehört, auch mit einem Glas „Rotkäppchen“. Ich sage für die Spielbank „Rien ne va plus“, das ist gut so für uns beide, dann „Prost“. In diesem Sinne: Danke fürs Zuhören.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Mike Huster.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Fraktion DIE LINKE begrüßen die angekündigte Schließung des Erfurter Kasinos.

(Beifall DIE LINKE)

Dieser hochsubventionierte Unsinn, den wir allein dem Spieltrieb einer alleinregierenden CDU besonders in den Jahren 1999 bis 2009 zu verdanken haben, wird endlich beendet und wir sind froh, dass dieses Zocken mit Steuergeldern endlich aufhört.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Denn die Kehrseite, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses und vieler anderer CDU-Prestige-Projekte sind unsere hohen Schulden und hohen Zinszahlungen im Land, die unsere derzeitigen und künftigen finanziellen Spielräume mindern.

Bereits seit langer Zeit fordern wir, dass es keine neue Konzession nach 2014 geben soll und es ist gut, wenn die Landesregierung nun offenbar auch zu dieser Einsicht kommt.

Ich erinnere an die unrühmliche Rolle, die das Kasino in einem Untersuchungsausschuss 4/1 in der 4. Legislatur des Landtags spielte. Ich erinnere daran, dass der damalige Finanzminister unter Missachtung des Parlaments eine harte Patronatserklärung ohne haushaltsrechtliche Grundlage abgegeben hat. Damit wurden die hohen Mietzahlungen für zehn Jahre vom Land abgesichert, fast 20.000 € im Monat, Jahr für Jahr. GA-Fördermittel in Millionenhöhe flossen in das Gesamtprojekt „Hotel/Spielbank“, während sich die finanziellen Erwartungen an die Spielbank nie erfüllt haben.

Bei der Beratung des Thüringer Spielbankgesetzes hier im 1. Thüringer Landtag hörte sich das ganz anders an. Am 21.10.1993 führte der damalige Innenminister Schuster, CDU, aus - ich zitiere, Frau Präsidentin -: „Ein solches Gesetz hat natürlich auch eine weitere Triebfeder, nämlich die, dass Spielbanken traditionelle Einnahmequellen des Staates sind. Dies wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass eine mittelgroße Spielbank heute etwa 20 bis 30 Mio. DM jährlich an Gewinnen abwirft.“ Die Realität zeigte, gerade mal ein Zehntel der versprochenen Mittel kamen im Landeshaushalt an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Spielbank konnte nur durch staatliche Subvention betrieben werden. Sobald es kein Geld mehr vom Staat gibt, macht der Betreiber den Laden dicht. Damit wird wieder einmal klar, wie die CDU mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen ist: Sie haben sich verzockt, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Abg. Hey)

Dabei wäre Geld in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft wirklich nötig gewesen und ist weiter nötig - für die Thüringer Kommunen, für Investitionen in Schulen, in unsere Kultur oder in Sporteinrichtungen und in viele andere sinnvolle Bereiche. Dafür, meine Damen und Herren, reicht allerdings die Schließung der Spielbank nicht aus, dafür braucht es einen Politikwechsel in Thüringen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)