Protokoll der Sitzung vom 26.06.2014

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich will, dass Hochschulen in Thüringen im bundesweiten Wettbewerb ganz vorn mitspielen können und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen, denn wir starten nicht bei null. Das zeigt uns zum Beispiel ein Blick auf die Erfolge bei der Einwerbung von Drittmitteln. In den vergangen zehn Jahren haben die Thüringen Hochschulen ihre Drittmitteleinnahmen weit mehr als verdoppeln können; von rund 67 Mio. € im Jahr 2003 auf über 160 Mio. € im Jahr 2012. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft als größter Drittmittelgeber bescheinigt in ihrem aktuellen Förderatlas zum Beispiel der Friedrich-Schiller-Universität in der Psychologie deutschlandweit den Platz 1, in den Fächern Astrophysik und Optik die Plätze 2 und 3, ebenso der TU Ilmenau im Fach Elektrotechnik den Platz 2 oder der Bauhaus-Universität Weimar im Bereich Bauwesen und Architektur den Platz 5 bei der Einwerbung von Forschungsmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft. In Thüringer Hochschulen findet in vielen Bereichen Spitzenforschung statt, ich kann hier nur einige wenige Beispiele nennen.

In der Exzellenzinitiative des Bundes ist die Friedrich-Schiller-Universität mit einem Graduiertenkolleg zur mikrobiellen Kommunikation vertreten. Bei den Spitzenuniversitäten war Jena ganz dicht dran, hat aber den Sprung noch nicht geschafft. Im Be

(Minister Matschie)

reich Geisteswissenschaften zum Beispiel haben es unsere Hochschulen geschafft, zwei der deutschlandweit nur zehn renommierten Käte Hamburger Kollegs nach Thüringen zu holen. An den Hochschulen arbeiten aktuell sechs Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Zusammen mit den Universitäten in Halle und Leipzig hat sich die Friedrich-Schiller-Universität erfolgreich durchgesetzt und ein DFG Forschungszentrum zur Biodiversität eingeworben. Thüringer Hochschulen sind also sehr erfolgreich. Mit dem neuen ProExzellenz-Programm unterstützen wir Hochschulen und Forschungseinrichtungen dabei, weitere Spitzenforschung aufzubauen. Dafür haben wir Mittel für die kommenden Jahre bereitgestellt.

Eine weitere Aufgabe ist die bessere Verknüpfung von neuem technischen Wissen, von Innovation und Wirtschaft. Denn was nützt Wissen, das nicht umgesetzt wird?

Das Wirtschaftsministerium und das Wissenschaftsministerium, und hier will ich mich auch bei Kollegen Höhn noch einmal ausdrücklich bedanken, haben gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft die Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen (CRIS 3 Thüringen) erarbeitet. Hochschulen kooperieren mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, mit Firmen und Unternehmen und über Ländergrenzen hinweg. Für unsere exzellenten Kooperationen stehen etwa Großprojekte wie der Forschungscampus InfectoGnostics oder die Großprojekte InfectControlF/2020 oder 3Dsensation, aber auch das Zentrum für Innovationskompetenz Septomics mit dem integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle wichtigen Forschungsvorhaben aufzuführen. Deshalb seien beispielhaft nur diese genannt.

Unsere Hochschulen sind aber auch Gastgeber für internationale wissenschaftliche Kongresse. Ein Blick nur auf die nächsten Monate zeigt gleich drei solcher Kongresse, bei denen die klügsten Köpfe weltweit hier in Thüringen zusammenkommen. Zum Beispiel ein Kongress zur Spektroskopie, einer zur Ingenieurwissenschaft oder zur Religionsgeschichte. Wer sich die Vernetzung der Thüringer Hochschulen anschaut, der stellt fest, dass wir international extrem gute Beziehungen aufgebaut haben. Es gibt allein über 400 bilaterale internationale Vereinbarungen und es gibt über 700 ERASMUS-Vereinbarungen mit Hochschulen weltweit. Thüringer Hochschulen sind aber auch Ansprechpartner, wenn es darum geht, deutsche Studiengänge ins Ausland zu exportieren. Die Friedrich-Schiller-Universität unterhält unter anderem ein Büro in Peking und ab Herbst wird die TU Ilmenau die Verantwortung für den Aufbau einer deutsch-russischen Graduiertenschule an der TU in Kasan tragen.

Thüringen, werte Kolleginnen und Kollegen, spielt in einigen Bereichen heute schon ganz vorn mit. Thüringen muss sich nicht verstecken. Wir sind in der Lage, unsere Ziele zu erreichen. Wir wollen als Wissenschaftsland in der Champions League spielen. Wir wollen, dass die Hochschulen in ihren Profilbereichen zu den besten Adressen weltweit gehören. Mit der „Hochschulstrategie 2020“ setzen wir dafür die notwendigen Rahmenbedingungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister, für die Regierungserklärung. Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen die Aussprache zur Regierungserklärung wünschen. Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Dr. Kaschuba von der Fraktion DIE LINKE.

Guten Morgen, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Gäste auf der Tribüne, wir haben heute eine Regierungserklärung zur „Hochschulstrategie 2020“ vorgelegt bekommen. Es ist ein erstaunlicher Vorgang.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drei Monate vor einer Wahl wird uns dieses Papier vorgelegt. Wir haben aber als Parlament nicht mehr die Möglichkeit, außer unsere Meinung zu sagen, es zur Kenntnis zu nehmen, uns in irgendeiner Weise noch in Diskussionsprozesse einzubringen. Das finde ich außerordentlich bedauerlich,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

noch zumal sich der Landtag vor zwei Jahren verständigt hatte, dass eine Hochschulentwicklungsplanung erarbeitet werden soll - der Minister hat es gesagt -, die im Dezember 2013 zur Diskussion gestellt werden sollte unter Einschluss einer Strategie für Forschung und Innovation. Es gab zahlreiche Anhörungen und Diskussionen dazu, außer zum damaligen Zeitpunkt durch das Ministerium gab es auch keine ablehnenden Äußerungen zu einer strategischen Hochschulentwicklungsplanung. Das Ministerium hatte da Probleme. Aber es ist nun so weit gekommen, dass wir ein umfangreiches Papier vorgelegt bekommen haben und die Regierungserklärung jetzt hören durften. Ich muss sagen, die Regierungserklärung hat sich vor allen Dingen durch eins ausgezeichnet, und zwar durch eine positive Berichterstattung und viel Lyrik.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das war eher Prosa.)

(Minister Matschie)

Das entspricht nicht so ganz dem Gesamttext der Hochschulstrategie für das Jahr 2020. Dort stehen bitte?

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE: Das war eher Prosa als Lyrik.)

Vielleicht war es Prosa, aber ich bleibe bei Lyrik. Lyrik ist doch schöner, seid mal nicht so.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wäre schöner.)

(Zwischenruf Matschie, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Das nächste Mal trage ich gereimt vor.)

Knüppelreim.

(Heiterkeit im Hause)

Wir haben auf jeden Fall in dieser Regierungserklärung erfahren, dass die Hochschulen eine wichtige, zentrale Rolle bei der Entwicklung des Landes Thüringen spielen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass die Forschungszentren Motoren der Landesentwicklung sind und dass wir Fachkräfte ausbilden und halten sollen, und dass auch die Internationalisierung vorangebracht werden soll - ganz wesentliche Punkte.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist alles ganz toll.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird auch in dem umfangreichen Papier darauf verwiesen, das finde ich ganz erstaunlich, dass Hochschulen im Verbund mit den Forschungseinrichtungen auch kulturelle Identitäten schaffen. Das ist natürlich eine großartige Sache. Im Gesamtpapier wird darüber hinaus formuliert, dass Cluster gebildet werden sollen, in denen die Hochschulen eingebunden sind, wo sie zentrale Rollen spielen sollen, dass ihre Profile gestärkt werden sollen, allerdings unter Einsatz der Mittel aus dem Pakt 2020. Das heißt in diesem Falle vorrangig: Abbau von Stellen und Konzentration auf Schwerpunkte an Hochschulen. Ob das der Sinn des Einsatzes der Mittel aus dem „Hochschulpakt 2020“ ist, weiß ich nicht. Ich denke, sie sollten zusätzlich den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Eine ganz erstaunliche Aussage in der Hochschulstrategie fand ich, dass Studierende und Wissenschaftler auch Wohnraum benötigen und damit auch ein Wirtschaftsfaktor sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Jena könnten sie zwar manchmal zu Beginn eines Semesters auch zelten, aber das ist eine ande

re Sache. Es ist auf jeden Fall nachgewiesen, dass jeder Mitteleinsatz in den Hochschulbereich auch wieder zu Effekten führt. Das wollen wir auch nicht bestreiten.

Jetzt haben wir in diesem 150-seitigen Gesamtpapier Aussagen und Angebote, die, wie ich finde, durchaus diskussionswürdig gewesen wären, auch für dieses Parlament, und die man nicht einfach so zur Kenntnis nehmen kann. Sie haben darauf verwiesen - das haben Sie auch gemacht - dass Sie in Dialogforen viele Dinge mit den Hochschulen unter Einbeziehung vieler Akteure diskutiert haben. Aber ich glaube, dass Sie, wenn Sie das Drei-ProzentZiel zur Stärkung der Hochschulstandorte und zum Erhalt der Ausbildungskapazitäten wirklich erreichen wollen, mit uns hätten diskutieren müssen und vielleicht auch mit den Hochschulen, wie man bestimmte Prozesse effektivieren kann und wie man sie ausrichten kann. Sie haben darauf verwiesen, dass es keines Gutachtens aus Berlin bedurft hätte. Dies bezog sich sicher, davon gehe ich aus, auf unser Gutachten zum Campus Thüringen. Aber ich glaube, dass der sogenannte fremde Blick häufig auch Potenziale und Möglichkeiten zeigt, die man mit dem internen Blick nicht so direkt sehen kann oder sehen will. Das muss nicht alles der Weisheit letzter Schluss sein. Wir haben dieses Gutachten in die öffentliche Diskussion gegeben und wir erhoffen uns darauf auch partielle Anregungen und Antworten. Sie sagen, Sie wollen alle Hochschulen erhalten, Sie wollen die Standorte aller Hochschulen erhalten, Sie wollen eine duale Hochschule bilden. Das wollen wir auch und an einigen Stellen treffen sich Ihre Aussagen durchaus mit unseren. Wenn Sie das ernsthaft gelesen haben - davon gehe ich aus, Sie sind ein ernsthafter Mensch, Herr Minister -, dann wissen Sie, dass auch wir eine duale Hochschule fordern, dass wir sie auch im Verbund mit Schmalkalden-Meiningen und der TU Ilmenau eventuell vorschlagen - aber das sind offene Diskussionsprozesse -, dass wir auch die Kooperationsbeziehungen zwischen Erfurt und Weimar stärken wollen, also die der Hochschulen - Sie haben da sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie das aussehen soll - in der Architekturausbildung, in der Lehrerausbildung. Und wir haben auch Vorschläge gemacht - die sind ja alle nicht neu, das steht in Ihrem Gutachten -, dass sich die Hochschulentwicklungsstrategie vor allen Dingen in der Konzentration auf Verwaltung, Formulieren von Ausbildungsschwerpunkten und an der Entwicklung eines gemeinsamen Rechenzentrums und einer Umstrukturierung der Bibliotheken orientiern soll. Das sagen wir seit drei Jahren, aber auf den Weg gebracht davon ist sehr, sehr wenig. Insbesondere was die Diskussion zu der Bibliothek oder den Bibliotheken anbelangt, glaube ich, dass das ein hochkomplexer Diskussionsprozess ist. Da hätte ich erwartet, dass Sie auch sagen, wie es denn eigentlich steht, wo die Widerstände sind, wo keine sind und wo es

wirklich voran geht. Aber diese Aussage fehlt hier deutlich. Sie haben selbst gesagt, dass Sie dem Landtag keine Strategie vorlegen wollen, die nicht finanziell untersetzt ist. Es entsteht natürlich der Eindruck, dass die Hochschulstrategie sich vor allen Dingen an fiskalischen Bedingungen orientiert, Rahmenvereinbarung III, Ziel- und Leistungsvereinbarungen, KLUG. Wenn ich mir die Zahlen in Ihrem umfangreichen Papier richtig anschaue, dann stecken bei KLUG die eigentlichen Mittel zur Verhandlungsmasse und zur Verfügungsmasse drin. Die Mittel sind relativ groß, sehr umfangreich und damit können Sie natürlich sehr gut handeln und variieren im Umgang mit den Hochschulen. Das ist wie so eine Art Manövriermasse.

Sie wollen, das hatte ich schon gesagt, vorrangig strukturbildende Maßnahmen mit den Mitteln aus dem HSP 2020 entwickeln, aber ich glaube und das diskutieren wir ja hier seit fünf Jahren, der Anteil der Landesmittel steigt nur bedingt, der unmittelbaren Landesmittel, und die Mittelaufwüchse kommen aus den Mitteln des „Hochschulpaktes 2020“. Nach meiner oder unserer Auffassung war die ursprüngliche Intention dieses Hochschulpaktes, die Mittel zusätzlich an die Hochschulen für die sogenannten Haltezahlen zu geben. Das hätte ich mir gewünscht und dass der Aufwuchs aus den Landesmitteln kommt, aber das ist nicht so.

Dann habe ich natürlich eine Frage. Der Bund hat jetzt beschlossen, dass die BAföG-Mittel an die Länder durchgereicht werden, und da wäre natürlich meine Frage: Wohin geht das Geld? Geht es unmittelbar an die Hochschulen? Kommt es zu den bereitgestellten Mitteln dazu oder verschwindet es irgendwo im allgemeinen Haushalt? Das wäre meine Frage. Was wird mit diesen BAföG-Mitteln? Vielleicht können Sie uns das beantworten.

Vor vielen Jahren, als wir hier das Hochschulgesetz diskutiert haben, ging es in der Diskussion vorrangig um die Entwicklung von Demokratie und Autonomie an den Hochschulen. Davon finde ich wenig wieder in der Hochschulstrategie des Landes Thüringen. Der Minister selbst war damals noch Abgeordneter und hat das Hochschulgesetz in dieser Form stark kritisiert und sich auch gewünscht, dass diese Dinge eingebracht werden und diskutiert werden. Vielleicht können wir oder können Sie im September oder Oktober dieses Jahres die ursprünglichen Ideen zur Demokratisierung der Hochschulen in einer anderen Koalition verwirklichen. Das wäre natürlich ein Erfolg für alle. Sie haben in Ihrem Papier den Studierenden mehr Rechte eingeräumt, das will ich durchaus zubilligen, das haben Sie getan. Sie haben erstaunlicherweise auch formuliert, dass die Rechte des Senats mehr gestärkt werden müssen, als sie bisher waren. Es war ein ursprünglicher Diskussionspunkt, wo der Senat ist und welche Rolle er spielt. Ich glaube, da haben Sie schon einige Dinge auf den Weg gebracht. Aber das hat

noch längst nicht das Gesamtportfolio einer demokratisierten Hochschule, sondern da sind noch viele andere Dinge notwendig.

Sie haben sich zum Gesundheitscampus geäußert, ähnlich wie wir in unserem Gutachten, und auch zur Fachhochschule Nordhausen. Ich will eines sagen: Wir haben in unserem Gutachten sehr deutlich herausgehoben, dass es auch notwendig ist, zwischen Hochschulen auch länderübergreifende Kooperationen zu entwickeln. Da war unser Vorschlag zum Beispiel, die Diskussion zu führen über Möglichkeiten der Zusammenarbeit der Fachhochschule Nordhausen und der Hochschule Harz.

Aber das sind Punkte, die haben Sie gar nicht aufgenommen. Sie bleiben sozusagen im Rahmen des Bestehenden und versuchen, im Rahmen des Bestehenden die Hochschulen so aufzustellen, dass sie über Schwerpunktbildung alle erhalten bleiben, fordern aber gleichzeitig auch Kooperationen. Ich will auch eines sagen: Sie fordern nicht nur Kooperationen, Sie fordern eigentlich von den Hochschulen auch im Zuge der Autonomiediskussion - ich gehe immer von dem langen Papier aus -, da finden wir immer kursiv gedruckte Teile, darin steht dann, die Hochschule hat das und das zu tun. Das liegt in der Eigenverantwortung der Hochschule. Die Autonomie sieht dann so aus, dass das Ministerium die Forderung aufmacht und die Hochschule darf autonom umsetzen, wie es denn gehen kann im Rahmen Ihrer Bedingungen. Und die Bedingungen verändern Sie nicht sehr.

Was ich sehr positiv finde, ist, dass Sie aufgenommen haben, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und Hochschulen sehr gestärkt werden soll und muss. Aber die Frage ist, wie. Sie haben auch gesagt, dass Großforschungseinrichtungen fehlen, die also von der 90-prozentigen Förderung des Bundes profitieren. Aber Sie haben nichts dazu gesagt, wie es passieren soll. Wie kommen die her? Wie macht man das? Wie schaffen wir das? Die Diskussion geht seit Jahren um Helmholtz-Institute und ähnliche Einrichtungen. Das funktioniert einfach nur begrenzt.

Sie haben auch formuliert, das Hochschulsystem soll als Gesamtsystem im Wettbewerb der Wissenschaftslandschaft in Deutschland bestehen und gemeinsam mit Unternehmen und Hochschulen sollen Strategien zur Gewinnung von Studierenden und Fachkräften entwickelt werden, nicht nur auf die Rekrutierung von Nachwuchs für die Einrichtungen selbst abgehoben werden. Das ist ein Anspruch, den man hier hätte diskutieren müssen. Wie entwickelt man die Strategie in einem Bildungssystem? Entwickelt man sie zuallererst gemeinsam mit Unternehmen oder entwickelt man sie mit dem Anspruch, dass Hochschulbildung auch ein gesellschaftlicher Motor ist? Sie haben selbst gesagt, die Kritik an der DDR ging auch vorrangig von den

Hochschulen aus. Vielleicht können wir auch ein bisschen Dampf gebrauchen und andere Blicke und Aspekte für die Entwicklung von Gesellschaften. Das ist möglich, es ist nicht alles perfekt. Insofern würde ich sagen, wäre dieser Bildungsbegriff zu diskutieren.

Sie haben an einer anderen Stelle - ich glaube auf der Seite 60 Ihres Gutachtens - noch einmal formuliert, dass vorrangig ausgebildet werden soll entsprechend den Bedürfnissen der Industrie, des Mittelstandes, also für Fachkräfte und Ähnliches. Das kann meiner Meinung nach nicht der Sinn und Zweck von Hochschulbildung sein.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Bildung muss viel umfangreicher sein, das wissen Sie auch, da handeln Sie oder der, der es aufgeschrieben hat, handelt einfach dann so, wie er denkt. Aber Hochschulbildung kann doch nicht sein, dass man jemanden ausbildet, der die entsprechenden fachlichen Fertigkeiten hat, sondern Bildung muss doch auch Kreativität, Freiheit, Phantasie, geistige Freiheit zulassen, erst dann schafft man wirklich auch Spitzenpotenziale. Nur durch Verschulung kann man das nicht schaffen. Dazu brauchen die Hochschulen auch die Freiheit und dazu brauchen sie auch die Freiheit in der Definition ihrer eigenen Ansprüche. Dass das mit Geld zusammenhängt, ist eine ganz andere Sache. Aber darüber muss man reden, wie man diese Freiheit garantiert. Vielleicht kann man Mittel auch einfach budgetieren und muss nicht über KLUG und ähnliche Manövriermassen dort in diese Prozesse eingreifen, das ist möglich. Ganz interessant finde ich das Projekt „RIS 3 Thüringen“. Das ist ein Superprojekt vom Anspruch her - Regionale Forschungsund Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen, Vision für Thüringen. Wird vielfach erwähnt im Gutachten, aber meine Frage ist: Wann kommt es zum Tragen und welche Projekte sind bereits definiert? Ich glaube, die Definition dieser Dinge hält sich wirklich in Grenzen - soweit ich das überblicke, aber Sie können mich da gerne korrigieren.

Zu den Beschäftigten- und Studierendenzahlen an den Hochschulen wird meine Kollegin Susanne Hennig noch etwas sagen. Aber es ist natürlich wirklich ein kläglicher Zustand, wie der Mittelbau in Thüringen ausgerichtet ist, wie er agiert. Das wissen wir alle auch aus der Anhörung. Wir wissen auch - das steht auch in Ihrem Gutachten -, dass 24 Prozent der Arbeitsverträge aus Drittmitteln finanziert werden. Das sind dann auch immer Zeitverträge. Und Sie sagen selbst im Gutachten, dass man den Drittmittelanteil nicht noch weiter über 30 Prozent erhöhen sollte. Da ist natürlich die Frage: Wo werben die Hochschulen ihre Mittel ein? Welche Hochschule hat welche Potenziale? Und

wir haben hier einmal erfragt, welche Auftraggeber es im Drittmittelbereich von verschiedenen Ministerien und militärischen Einrichtungen gibt. Die Antworten waren ganz erstaunlich. Ich finde, Forschung an Hochschulen und auch an außeruniversitären Einrichtungen sollte die Freiheit haben zu definieren, wozu sie forscht. Normalerweise sagen Ihnen die Forscher: „Die Forschung forscht.“, aber das ist natürlich nicht möglich, wenn ich im Rahmen von Geld forsche und von speziellen und gezielten Aufträgen. An dieser Stelle wäre hier wirklich viel Diskussionsbedarf gewesen.