Protokoll der Sitzung vom 27.06.2014

Wo waren Sie denn da? Nirgendwo. Da gab es einen Gewerkschafter, der hieß Berger. Der hat sich mit Norbert Blüm an einen Tisch gesetzt und die haben es hingekriegt, dass alle Bergleute aus dem Osten in die Knappschaft gekommen sind und heute Bergmannsrente kriegen.

(Beifall CDU)

Keiner von Ihnen hat sich dafür interessiert! Blüm ist es mit der Gewerkschaft Berger gewesen. Deswegen kann ich das nicht immer abtun. Wenn diese Gewerkschaft sich für den Fusionsvertrag eingesetzt hat, kann sie nicht schlecht sein, wie heute

das immer wieder dargestellt wird. Das gibt es einfach nicht. Das sollte Thüringen damals 28 Mio. kosten, diese Knappschaftsgeschichte. Wir waren bereit, Josef Duchac als Ministerpräsident hat von dem Pult im Landtag gesagt: Wir sind bereit, in Thüringen das vorzuschießen, wenn der Bund noch eine Weile braucht, dort einzusteigen. Der Bund ist Gott sei Dank eingestiegen und uns ist es erspart geblieben, diese 28 Mio. dazuzulegen. Aber Thüringen war bereit, für die Kalileute das zu opfern und auch herzugeben. Deshalb ist es immer komisch, wenn im Nachgang die Landesregierung von damals schlechtgemacht wird, als hätte sie für die Kalikumpel überhaupt nichts übrig.

(Beifall CDU)

Ich denke, das ist nicht angemessen, wenn man sich die Fakten vor Augen führt. Was war denn damals? Eine Beschäftigungsgarantie gab es für zwei Jahre vom Bund, dann noch eine vom Land noch ein Jahr dazu. Das, was Herr Ramelow und Herr Trautvetter und der andere Dings ausgehandelt haben, war noch viel besser. Da hätte für die Leute, die Kumpel für zehn Jahre Arbeit vor Ort gesichert werden können. Man hat es nicht angenommen. Das ist die Wahrheit, das ist schiefgegangen, es ist nicht gekommen. Es ist in der Großen Anfrage, danke schön, Herr Minister Höhn, deutlich geworden, am Standort selbst sind 300 Arbeitsplätze, am Standort selbst, Frau Dr. Scheringer-Wright …

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Habe ich gesagt: 318.)

Aber jetzt müssen Sie sich mal vorstellen, was ich hier erzähle.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das hat sie gesagt.)

Es sind in Bischofferode nur 300 entstanden. Ja, was denn, sind denn die Leute aus Bischofferode nicht wie alle anderen in der Lage, in den Nachbarort zu gehen, um zu arbeiten? Ist Ihr Gedankengut wirklich noch beim alten Eichsfeld, wo die Frauen hingegangen sind, haben das Mittagessen zur Arbeit gebracht? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein? Wir verlangen von jedem Mobilität, aber die Eichsfelder in Bischofferode, die können das nicht?

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, der Dichter Storm ist ja durch das Eichsfeld gewandert, Frau Tasch, und hat dann geschrieben: Man soll da schnell über die kahlen Höhen laufen, zieht es im Wind und die Frauen haben Ringelsöckchen an. Aber trotzdem hat er dann ein Museum in Heiligenstadt bekommen; ist schon schön. Aber ganz so ist es heute im Eichsfeld nicht mehr, meine Damen und Herren. Schauen Sie, was war denn damals? Das ist ein Stückchen Hinterlassenschaft auch des Sozialis

mus. Schaut mal in den Norden, wir haben die Kaliindustrie mit Tausenden von Beschäftigten gehabt, wir haben die Textilindustrie und den Schwermaschinenbau. Und alles war nicht mehr wettbewerbsfähig! Keiner wollte mehr den Bagger aus Nordhausen kaufen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Die Spinnen in Leinefelde.)

Was für ein Ding, die Spinne? Natürlich auch, die Spinne, für Textil, meinte ich doch damit, die Nähereien, die Spinnereien, das alles dort unten. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass Sie verlangen, dass eine neue Regierung, wo gerade ein Umbruch war, das binnen weniger Monate oder Jahre in den Griff bekommt. Sie ziehen doch die Hose nicht mit der Kneifzange an. Da muss man doch erst mal die Kirche im Dorf lassen und muss ernsthaft darüber reden.

Wissen Sie, ich bin dankbar für Ihre Anfrage, denn sie macht deutlich, wie viel Geld auch in den Norden des Freistaats geflossen ist. Ich will Ihnen nur mal ein paar Zahlen nennen, die in der Großen Anfrage deutlich genannt worden sind: Von 1993 bis zum 30. Juni 2013 181 Mio. an Fördergeldern über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Im gleichen Zeitraum - Wirtschaftsinfrastruktur - wurden 30 Projekte mit einem Zuschussvolumen von 63 Mio. € gefördert, für den Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen 137 Mio. €, 188 Mio. € für die Landstraßen, Kommunalstraßen wurden mit 820.000 € gefördert. Im Zeitraum von 2000 bis 2013

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wann reden Sie wieder zum Thema?)

sind 31,4 Mio. € ESF-Mittel zur Förderung der Ausbildung und Umschulung geflossen. Lassen Sie sich doch mal diese Zahlen nur auf der Zunge zergehen, was da alles geschafft worden ist im Norden. Das macht sich auch deutlich in der Arbeitslosenzahl. Da haben wir nur noch 5 Prozent. Da kann man doch nicht böse sagen, Herr Barth hat es schon gesagt, dass die Leute pendeln. Ja, wir sind doch froh, dass sie Arbeit haben - er hat es auch richtig gesagt -, dass sie nicht an der Grenze stehen und nicht weiterkommen, wie es damals war. Verarbeitendes Gewerbe, Zahl der Unternehmen von 50 auf 105 in dem Bereich gestiegen, Anstieg von 301 Mio. Umsatz auf 1,3 Mrd., die Beschäftigtenzahl stieg von 4.700 auf 8.800, die Exportquote von 10,5 auf 24,1, Industriebeschäftigte je 1.000 Einwohner lag voriges Jahr bei 67 pro Tausend. Das ist spitze! Wo haben wir da noch mehr?

(Beifall CDU)

Im Baugewerbe ist es rückläufig gewesen. Das ist aber überall so, dass die vielen Firmen, die damals zur Wende entstanden sind, natürlich wieder kaputt

gegangen sind. So viele Fliesenleger braucht es nicht und so viele Dachdecker, wie dann die Umschulung gebracht hat. Das war auch so ein Fehler, dass man in diese Bereiche umgeschult hat, wo es keiner brauchte. Das ist schon so.

Tourismus hält sich auch in Grenzen. Aber es ist trotzdem eine Steigerung der Übernachtungen von über 100.000. Am Kalistandort in Bischofferode sind 51 Hektar entwickelt, da sind 25 Unternehmen angesiedelt mit 318 Arbeitsplätzen. Das ist doch eine ganze Menge, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Fast auf dem 12. Parteitag der SED!)

Wir wollen den Fusionsvertrag, da sind wir uns alle einig, im Original einsehen. Herr Kuschel, Sie vielleicht auch oder auch nicht. Wir wollen Klarheit darüber, ob Interessen Thüringens verletzt sind. Herr Ramelow hat immer gesagt - ich habe es noch im Ohr -, der Kalifusionsvertrag schadet uns in Thüringen dramatisch. Das sagt er jetzt nicht mehr. Dann hat er gesagt: Der Fusionsvertrag im Zusammenhang mit dem Altlastenvertrag schadet uns. Inzwischen spricht er nur noch vom Altlastenvertrag, nicht mehr vom Fusionsvertrag.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Von beiden!)

Mal sehen, ich verfolge das über die Sprachführung, die von Woche zu Woche wechselt.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wie sind denn Merkers und Springe in den Betrieb gekommen?)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Was schreit der denn schon wieder so? Egon, lass dich nicht aus der Ruhe bringen!)

Auswirkungen der Treuhandprivatisierungspolitik im Kalisektor waren für Thüringen wirklich verheerend und Aufklärung tut not.

(Unruhe DIE LINKE)

Das haben wir immer gesagt. Die Entscheidung zur Fusion in der Kaliindustrie ist richtig. Der Fusionsvertrag, der eine einseitige Belastung für uns war, das sehen wir so, haben wir von Anfang an abgelehnt.

Ich sage jetzt noch einmal etwas zu Bischofferode. Ich habe das das letzte Mal schon gesagt. Bischofferode wird immer dargestellt als das allermodernste Werk. Zielitz war das allermodernste Werk in der ostdeutschen Kaliindustrie. Bischofferode hatte einen sehr hohen Stand, aber es war nicht das Nonplusultra. Gegenüber der westdeutschen Kaliindustrie hat es großen Nachholbedarf. Die Umrüstung wäre sehr, sehr teuer geworden. Wir wissen auch, in Bischofferode - ich habe das schon

mal deutlich gemacht - war der Vorrat auch zu Ende; man hat dann neuen ermittelt, aber nie gefunden. Es hätte für über 50 Mio. € aufgefahren werden müssen. All diese Fragen sind in der damaligen Fusionsdiskussion und beim Hungerstreik gar nicht aufgeworfen worden, aber ich will sie heute auch mal sagen. Was uns noch viel mehr wehgetan hat: Roßleben. Roßleben war wirklich ein ganz anderes Kalidüngemittel, was dort gefunden werden konnte. Preislich viel hochwertiger als das in Bischofferode. Sie hätten trotzdem zehn Jahre gebraucht, um es wirtschaftlich zu machen. Es war damals niemand bereit, nirgendwo in der ganzen Bundesrepublik, der das kreditiert hätte, der dafür Geld gegeben hätte. Roßleben hat uns eigentlich von der Effektivität mehr noch geschadet als - das kann man heute nicht mehr so sagen. Aber ich will es nur mal deutlich machen, wo die Unterschiede und wo die Grenzen sind. Das muss man schon sehen. Bei allem Getöse, Herr Weber - schade, er ist nicht drin -, aber wir können den Dr. Schucht leider nicht mehr fragen. Ich hätte ihn gern gefragt, wie das gewesen ist und wer ihn um Spenden gebeten hat oder andersrum. Die Frage hätte ich gern gestellt. Geht nur leider nicht, ist zu spät. Es bringt uns am Ende auch nichts für die Kalikumpel in Bischofferode. Die Arbeitsplätze kriegen wir nicht zurück. Wenn wir aber weiter so diskutieren, mit Halbwahrheiten, wenn wir weiterhin anonyme Informanten höher schätzen und Märchenerzähler, meine ich, geraten wir in Gefahr, auch die bestehenden Arbeitsplätze noch aufs Spiel zu setzen. Das darf nicht passieren. Da müssen wir jetzt langsam mal aufpassen, dass da die Reißleine gezogen wird, nicht, dass wir noch die jetzige Kaliindustrie, die wir hier bei uns haben, auch noch gefährden. Das darf nicht passieren! Ich sage das nur mal deutlich. Da werden auch die Kalikumpel da unten recht böse und da ist Schluss mit Genosse der Kalikumpel. Dann werden wir anders reden, denke ich mal, dann hört sich das ganz anders an, meine Damen und Herren. 1990 gab es einen Gewerkschaftskongress, Herr Weber - da ist er wieder. Die haben gefordert, wir müssen jetzt die Fusion machen und die haben das Urheberrecht für diese Fusion für sich beansprucht, das muss man mal deutlich sagen. 1992 gibt es ein Schreiben von Herrn Berger von der Gewerkschaft an die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag, wo der noch mal dringend auffordert: Hört jetzt endlich auf, gegen den Fusionsvertrag aufzutreten, wir brauchen das jetzt, sonst geht die gesamte Kaliindustrie Deutschlands unter! Das darf man nicht vergessen, was der Hintergrund dieser Fusion war. Dass wir in Thüringen die Leidtragenden sind, ist die eine Sache. Aber wir dürfen doch dabei nicht die gesamte Kaliindustrie aufs Spiel setzen. Da müssen wir auch mal ein bisschen globaler denken, für Deutschland, und nicht nur kleinstaatlich.

Meine Damen und Herren, ich will mich jetzt nicht weiter einlassen, dazu haben wir noch Zeit. Ich denke, wir werden im Umweltausschuss am 7. in der Sondersitzung fertig, und dann können wir im Juli hier noch mal ausführlich die ganze Geschichte werten. Ich freue mich richtig darauf. Eins ist für mich allerdings heute schon sicher: Die Gebrüder Grimm würden blass, die würden neidisch angesichts der vielen Märchenerzähler und Märchenschreiber, die wir hier in diesem Thema erleben, meine Damen und Herren. So weit die Ausführungen zur Großen Anfrage. Recht herzlichen Dank noch mal, Herr Minister, auch Ihren Leuten für die Beantwortung und ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ende der SED-Diktatur, das war zum einen der Beginn unser aller politischen Freiheit. Heute ist, frei nach Hannah Arendt, Politikfreiheit. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da muss es auch gestattet sein zu sagen, wir wollen uns auf die Suche nach der Wahrheit begeben. So habe ich meine Vorredner, insbesondere Herrn Weber, auch verstanden. Ich bin froh darum, dass es das Bekenntnis gab, diesen Untersuchungsausschuss in der kommenden Legislatur einzurichten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin Herrn Weber deswegen auch dankbar für die nachdenklichen Worte, weil man einen Transformationsprozess, wie er in den letzten 25 Jahren in Gang gekommen ist, nicht einfach wegwischen darf, indem hier und da subjektive Erinnerungen vorgetragen und als die alleinige Wahrheit verkauft werden können, sondern weil ich, nennen Sie es Gnade der späten Geburt, zu der Generation gehöre, die nun mal Bischofferode nicht eins zu eins miterlebt hat und die, wie viele andere meiner Generation oder nachfolgender Generationen, darauf angewiesen ist, dass es Zeitzeugendokumente gibt, mit denen man sich auseinandersetzen kann, und dass es eine wissenschaftliche Aufarbeitung mit diesen Zeitzeugendokumenten gibt und dass es die Möglichkeit gibt, für diejenigen, denen Thüringen am Herzen liegt, diesen Teil der Thüringer Geschichte nicht nur aufgearbeitet zu bekommen, sondern sich selbst ein Bild dazu zu machen. Deswegen kann ich Ihnen sagen, ich habe hohen Respekt vor allen, die sich damals engagiert haben, und

(Abg. Primas)

werde den Teufel tun und sagen, der eine hat sich mehr oder weniger engagiert, der eine hat mehr oder weniger Wahrheit in seinem Beitrag hier gerade im Plenum vorgetragen, sondern ich werde Ihnen sagen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass meine und nachfolgende Generationen es verdient haben, dass wir hier einen Beitrag dazu leisten, dass sie zumindest den Weg in Richtung Wahrheit bereitet bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort „Bischofferode“ und die Kumpel, die sich am Ende des Jahres 1993 zum Hungerstreik als letzter Ausdrucksmöglichkeit ihres Protests gedrängt sahen, stehen eben für viele Thüringerinnen und Thüringer für den Beginn der 90er-Jahre und gehören zum Teil des Transformationsprozesses dieses Landes. Neben vielen anderen Geschichten prägte dies den Beginn. Deswegen, finde ich, gehört es sich auch, der Fraktion der Linken dafür zu danken, dass sie die Große Anfrage thematisiert hat und wir auch noch mal darüber sprechen können, was das Ganze heißt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, Dokumente, die dazu beitragen, so dass all jene, die sich Gedanken darüber machen wollen oder die sich dafür interessieren, einfach nachlesen können, was damals passiert ist. Ich will mal einen kurzen Absatz, Frau Präsidentin, mir Ihrer Erlaubnis vortragen, der vielleicht ein Puzzleteil dieses riesengroßen Mosaiks ist, das definitiv in einer Aussprache mit einer Redezeit von 10, 15 oder 20 Minuten auch nicht in Gänze aufgearbeitet werden kann. Aber da schreibt beispielsweise ein Zeitzeuge seinen Eindruck. Es geht los mit folgenden Worten: „Ein schöner Deal. Die Vereinigung Deutschlands“ so Kali+Salz-Chef Bethke im April 1993 zu seinen sehr geehrten Aktionären - „eröffnet die historisch einmalige Chance, durch die Zusammenführung der K+S-Aktivitäten von K+S West und MDK Ost die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern. Von Hilfe für den Osten ist keine Rede mehr, denn“ - so formuliert Bethke - „natürlich konnten keine Einzelinteressen bei diesem Konzept berücksichtigt werden und auch der unvermeidliche Kapazitätsund Arbeitsplatzabbau führt für die Betroffenen zweifellos zu Härten.“ Ein Puzzleteil, und dann musste sich dazu verhalten werden. Der Hungerstreik und das, was am Ende diejenigen durchlitten haben, kann nur eine Konsequenz dieses Zitates sein. Womöglich gab es da noch viele, viele, viele andere.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen tut Aufklärung not. Viele Fragen aus der Großen Anfrage sind nicht gänzlich beantwortet. Die Frage, wie die Bergleute bis dahin behandelt wurden, ob sie gehen mussten, weil die Qualität des von ihnen abgebauten Rohstoffes am Ende

sozusagen umgekehrte Psychologie - zu gut war, ob tatsächlich potenzielle Investoren auf politischen Druck hin behindert wurden - viele, viele Fragen benötigen eine gründliche Aufarbeitung. Ich glaube, dass die Debatte hier dafür nur ein Anfang sein kann.

Seit 1999 zahlt Thüringen jedes Jahr etwa 20 Mio. €. Und es ist davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren noch erhebliche Kosten der Altlastensanierung anstehen. Die Frage steht im Raum, auch - ich weise noch einmal darauf hin im Sinne kommender Generationen: Was heißt das für die kommenden Jahre? Noch einmal, ich beanspruche nicht, dass diese Generationen, die in den kommenden Jahren dafür geradestehen müssen, um die Ereignisse im Detail wissen. Darum geht es nicht, aber es geht sehr wohl um die Frage, welche Konsequenzen das Ganze hat, inwieweit muss der Bund hier noch einmal einspringen, wer hat mit wem wann geredet, inwieweit können wir Transparenz herstellen und wo muss noch einmal nachverhandelt werden. Wir haben dazu auch unsere Bundestagsfraktion gebeten, einmal zu recherchieren. Die Antwort des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages lautet erst einmal: Der Bund sieht sich im Augenblick nicht in der Verantwortung. Wir erwarten einfach von der Landesregierung, dass sie alle politischen Möglichkeiten prüft, ausschöpft und ergreift, natürlich weiter verhandelt und im Sinne Thüringens, im Sinne kommender Generationen sich hier auch einsetzt und so Bischofferode nicht nur einerseits aufklärt, sondern zum anderen auch zum Teil einer Geschichte werden lässt, wo klar ist, wenn Fehler gemacht wurden, dann kann man die auch beheben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Große Anfrage versucht nun, nicht nur nach den Bedingungen des Zustandekommens des Kalifusionsvertrags und des Generalvertrags zu fragen, sie thematisiert auch die Entwicklung der Situation der Menschen und der Wirtschaft vor Ort - meine Vorredner sind darauf eingegangen. Sie fragt auch nach der Bedeutung der Erfahrungen für die Gegenwart. Was die wirtschaftliche Entwicklung der Region um Bischofferode angeht, so hat uns die Landesregierung gezeigt, dass gerade, wenn man schematisch nur so eine kleine Region betrachtet, das ihrer Ansicht nach nicht weit führt, sondern dass wir darüber reden müssen, das anders zu bewerten. Wenn es darum geht, die beruflichen, die individuellen Schicksale der ehemaligen Kalikumpel zu beleuchten, auch da gibt es wenig dezidierte Antworten. Wir lesen, dass sich das Land offenbar auch nicht für die Erinnerung an die bergmännische Tradition in der Region wirklich interessiert. Wenn man bestimmte Aspekte herausgreift und die nachverfolgen will, da laufen leider viele Antworten ins Leere.