Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Große Anfrage versucht nun, nicht nur nach den Bedingungen des Zustandekommens des Kalifusionsvertrags und des Generalvertrags zu fragen, sie thematisiert auch die Entwicklung der Situation der Menschen und der Wirtschaft vor Ort - meine Vorredner sind darauf eingegangen. Sie fragt auch nach der Bedeutung der Erfahrungen für die Gegenwart. Was die wirtschaftliche Entwicklung der Region um Bischofferode angeht, so hat uns die Landesregierung gezeigt, dass gerade, wenn man schematisch nur so eine kleine Region betrachtet, das ihrer Ansicht nach nicht weit führt, sondern dass wir darüber reden müssen, das anders zu bewerten. Wenn es darum geht, die beruflichen, die individuellen Schicksale der ehemaligen Kalikumpel zu beleuchten, auch da gibt es wenig dezidierte Antworten. Wir lesen, dass sich das Land offenbar auch nicht für die Erinnerung an die bergmännische Tradition in der Region wirklich interessiert. Wenn man bestimmte Aspekte herausgreift und die nachverfolgen will, da laufen leider viele Antworten ins Leere.
Noch einmal: Ich denke, dass hier auch nach der Großen Anfrage viele Fragen übrig bleiben. Ich denke, dass auch die Frage der künftigen Finanzierung und die Frage der Informationsflüsse nicht geklärt sind. Deswegen von uns vollste Unterstützung, dies in der kommenden Legislatur in einem Untersuchungsausschuss gemeinsam zu beraten auf Grundlage von Zeitzeugendokumenten, auf Grundlage dann hoffentlich aller veröffentlichten Verträge und hoffentlich auch so transparent, dass K+S endlich liefern muss und es nicht mehr möglich ist, sich von einem Unternehmen in dieser Art und Weise am Nasenring durch die Arena ziehen zu lassen. Das bleibt von dieser Legislatur nämlich hängen, dass das auch nach 25 Jahren möglich ist. Damit sollte Thüringen Schluss machen und stattdessen vor allen Dingen den Menschen sagen, welche Konsequenzen in den kommenden Jahren noch auf das Land zukommen. Vielen Dank.
Danke schön. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Höhn.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst im Namen der Landesregierung der Familie und den Angehörigen des in der Grube Sollstedt verunglückten Gutachters unser tiefes Mitgefühl und unsere aufrichtige Anteilnahme an dieser Stelle zum Ausdruck bringen.
Die schriftlichen Antworten der Großen Anfrage und die dazugehörigen Anlagen liegen Ihnen vor. Ich bedanke mich auch für die Debatte, die bislang aus meiner Sicht durchaus dem Anliegen angemessen war. Ich kann mich noch sehr gut an die Unterschrift unter diese Große Anfrage erinnern, weil es am Morgen des 19. Dezember letzten Jahres die erste Unterschrift war, die ich in der neuen Funktion als Minister leisten durfte. Deshalb ist mir das noch durchaus präsent.
Vorab, liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Hinweise, die ich Ihnen an der Stelle geben muss. Zum einen ist es ein Bedauern darüber, dass bei der Beantwortung dieser insgesamt 115 Fragen nicht mehr alle erforderlichen Informationen und Unterlagen verfügbar waren, weil für die meisten Vorgänge nur eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren galt und eine Vielzahl der damals Zuständigen nicht gefragt werden konnten. Zum Zweiten habe ich die Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass für eine Weitergabe von Daten insbesondere in Bezug auf die
in den Anlagen genannten Firmen keine Freigabe der beteiligten Unternehmen vorliegt. So weit zu den formalen Dingen.
Meine Damen und Herren, die Geschehnisse, die sich Anfang der 90er-Jahre in Bischofferode ereigneten, sind nicht nur den Menschen dort in der Region, sondern, ich denke, wie auch die Debatte eben gezeigt hat, uns allen noch sehr präsent. Viele Menschen haben damals ihren Arbeitsplatz verloren, eine ganze Branche wurde umstrukturiert, wenn man so will, eine neue Wirtschaftsstruktur musste geschaffen werden. Damit steht zwar Bischofferode nicht allein, sondern ist Teil eines Umstrukturierungsprozesses, den die neuen Länder insgesamt zu bewerkstelligen und zu bewältigen hatten. Wir wissen alle, dass dieser Angleichungsprozess bis heute andauert. Nichtsdestotrotz konnten wir 1993 in Bischofferode beobachten, welche zahlreichen Einzelschicksale diese Anpassungsprozesse gefordert haben. Der Hungerstreik der Kumpel wird uns allen in Erinnerung bleiben und ich habe bis heute allerhöchsten Respekt und allerhöchste Achtung vor der Aktion der Kumpel damals.
Meine Damen und Herren, um den notwendigen Strukturwandel in dieser Region durchzuführen, wurden seitens der Landesregierung - man kann sagen, seitens der Landesregierungen - auch mit Unterstützung des Bundes und der EU zahlreiche Maßnahmen unternommen, Unternehmen anzusiedeln, die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu stärken. Es galt, eine Infrastruktur zu etablieren, die den alten Worbiser Kreis nicht von den starken Wirtschaftsregionen in Thüringen, Hessen und Niedersachsen abschneidet. Insgesamt flossen in die Region Mittel aus der GRW in Höhe von mehr als 240 Mio. €, davon mehr als 60 Mio. € für den Aufbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur.
Über einen Sonderfonds wurden dem Kreis Worbis in den Jahren 1993 und 1994 im Rahmen des GVFG - wer das nicht mehr weiß, was das ist: Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - Mittel in Höhe von mehr als 3 Mio. € zur Verfügung gestellt. Außerdem wurde der Aufbau des regionalen ÖPNV landesseitig gefördert. Es wurden zahlreiche Vereine und Kultureinrichtungen unterstützt sowie die Kinderbetreuung ausgebaut. Das ist nur ein kleiner Abriss dessen, was Landes- und Bundesregierung sowie der Landkreis gemeinsam zur Weiterentwicklung der Region beigetragen haben.
Aus den Eckdaten, die ich Ihnen genannt habe, wird jedoch sehr deutlich, welche Anstrengungen seit den 90er-Jahren unternommen wurden, um die Region wirtschaftlich wieder auf starke Beine zu stellen. Ein Teil davon hat Kollege Primas eben schon hier vorgetragen.
Es ist deutlich sichtbar, mithilfe der damals neu gegründeten Entwicklungsgesellschaft Südharz wurden mehr als 140 Unternehmen in den Landkreisen
der ehemaligen Kalistandorte angesiedelt. Allein auf dem am alten Kalistandort Bischofferode entwickelten Gewerbegebiet Am Ohmberg sind es 25 Unternehmen mit über 300 Beschäftigten. Die Zahl der Unternehmen der Region im verarbeitenden Gewerbe hat sich mehr als verdoppelt, von 50 auf 105. Der Umsatz hat sich mehr als vierfacht, von rund 300 Mio. € auf etwa 1,3 Mrd. €, und die Zahl der Beschäftigten hat sich fast verdoppelt von ca. 4.800 auf 8.800, genau wie die Exportquote, die von 10 auf 24 Prozent gestiegen ist. Gleichwohl, meine Damen und Herren, steckt in der gesamten Region noch enormes Entwicklungspotenzial, vor allem mit dem Südharz, der sich neben Thüringen ebenso auf Sachsen-Anhalt und Niedersachen erstreckt.
Das Wirtschaftsministerium hat in den letzten Jahren klare Trends und Entwicklungen aufgezeigt. Dafür möchte ich exemplarisch den Trendatlas nennen. Weil das vorhin von der Frau Abgeordneten Scheringer-Wright kritisiert worden ist: Es gibt schon eine Landestourismuskonzeption, die seit 2011 und noch bis 2015 gilt, und auch diese Region ist dort enthalten.
Die Infrastrukturentwicklung und -förderung oder die Förderung auch von Unternehmen ist natürlich noch längst nicht abgeschlossen. Ich hatte es erwähnt, wir sind noch mitten im Angleichungsprozess. Wie wir alle wissen, beginnt jetzt in der nächsten Woche am 1. Juli eine neue Förderperiode auch nicht zuletzt in der GRW-Förderung. Auch hier werden wir den besonderen Fokus auf nachhaltige Investitionen und Arbeitsplätze richten. Die Details dazu kann ich mir jetzt an dieser Stelle ersparen, die habe ich in diesem Haus hier bei der
letzten Plenumssitzung dargelegt. Weiterhin wären noch zu nennen, es gibt noch ein paar weitere Instrumente, die die Regionen in der Region stützen. Thüringen International sei da genannt oder das Thüringer ClusterManagement, beides bei der Landesentwicklungsgesellschaft angesiedelt, oder aber das Regionalmanagement. Ich kann nur an dieser Stelle alle Unternehmen und Wirtschaftspartner ermutigen, diese Angebote auch wahrzunehmen. Damit wird auch gewährleistet, dass die Entwicklung dieser, aber eben nicht nur dieser Region im Norden unseres Freistaats auch eine weiterhin erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung erfährt.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt und schließe auch unsere heutige Sitzung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich möchte Sie wieder einladen zu unserer letzten planmäßigen Sitzung am 16., 17. und 18. Juli, wünsche Ihnen allen einen guten Nachhauseweg und ein gutes Wochenende. Vielen Dank.